L 8 R 876/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 188 R 5274/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 876/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 197/17 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. September 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind die teilweise Aufhebung einer Leistungsbewilligung und die Erstattung überzahlter Leistungen.

Der Kläger ist im Juli 1943 geboren worden. Durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 9. Februar 2005 - das im Ausdruck vorgegebene Datum "04.02.2005" auf der ersten Seite des Bescheides ist handschriftlich durchgestrichen, daneben ein Stempelaufdruck "09. Feb. 2005" angebracht - bewilligte ihm die Beklagte antragsgemäß Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Teilzeitarbeit ab 1. März 2005. Für den Zeitpunkt des Rentenbeginns errechnete sie Rangwerte von 1,2406 persönlichen Entgeltpunkten und 50,2744 persönlichen Entgeltpunkten (Ost), entsprechend einem anfänglichen Wert des monatlichen Rechts auf Rente von 1.187,22 EUR. Tatsächlich wurde die Rente aufgrund von Rangwerten von 1,2403 persönlichen Entgeltpunkten und 52,2695 Entgeltpunkten (Ost), entsprechend einem anfänglichen Wert des monatlichen Rechts auf Rente von 1.210,07 EUR gewährt, weil Kontenklärungsbescheide aus den Jahren 1998 und 2001, in denen unzutreffende Entgelte berücksichtigt worden waren, wegen Ablaufs der maßgeblichen Fristen nicht mehr zurückgenommen werden konnten (Zahlbetrag nach Abzug der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung 1.107,22 EUR). Insoweit wies die Beklagte in einem Schreiben vom 2. Februar 2005 darauf hin, dass die sich aus den rechtswidrig anerkannten Zeiten ergebende Rente solange gewährt werde, bis die sich rechtmäßig errechnende Rente einschließlich der Rentenanpassungen deren Betrag erreiche.

Auf den Seiten 3 und 4 des Rentenbescheids vom 9. Februar 2005 war unter der Überschrift "Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten" unter anderem ausgeführt, dass die Altersrente sich bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen könne, sofern erzieltes Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschreite. Als Einkommen in diesem Sinne war unter anderem "Arbeitsentgelt (Bruttoverdienst aus Beschäftigung)" genannt. Die Hinzuverdienstgrenze betrage ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, dies seien bei Beginn der laufenden Zahlung 345,- EUR. Änderungen erfolgten jeweils zum 1. Januar eines Jahres. Unmittelbar anschließend heißt es dann (Seite 3 des Bescheides): "Es besteht bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, uns die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bzw. den Bezug von vergleichbarem Einkommen in entsprechende Höhe unverzüglich mitzuteilen ...". Im weiteren Text wurde wegen der Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen auf die dem Bescheid beigefügte Anlage 19 verwiesen. Dort heißt es unter der Überschrift "Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen":

"Eine Rente wegen Alters kann bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres bei gleichzeitiger Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nur geleistet werden, wenn das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) sich im Rahmen der gesetzlichen vorgegebenen Hinzuverdienstgrenzen hält. Entsprechendes gilt bei Bezug von Entschädigung als Abgeordneter, Bezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (z.B. für Minister, Senatoren und Parlamentarische Staatssekretäre) und vergleichbarer Einkommen. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenze, die davon abhängig ist, ob die Altersrente als Vollrente oder als Teilrente geleistet wird, wird auf dieser Anlage dargestellt. Die Hinzuverdienstgrenze beträgt bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße. Bei einer Rente wegen Alters als Teilrente ergibt sich die Hinzuverdienstgrenze, indem die Entgeltpunkte der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch 1,5 Entgeltpunkte, mit einem Vielfachen des aktuellen Rentenwerts vervielfältigt werden. Der Berechnung der Hinzuverdienstgrenze zugrundeliegende Entgeltpunkte 2,5142".

Unmittelbar anschließend wurde betreffend die Rente wegen Alters in Höhe der Vollrente ausgeführt, dass für die Zeit ab 1. März 2005 die monatliche Hinzuverdienstgrenze in den alten und in den neuen Bundesländern 345,00 EUR betrage. Mit Wirkung zum 1. Mai 2005 schloss der Kläger mit der Firma Clemens Kleine GmbH Gebäudeservice (im Folgenden: Arbeitgeber) einen nach dem Vertragstext bis zum 30. Oktober 2005 befristeten Arbeitsvertrag. Unter Nummer 2 - "Arbeitsentgelt, Arbeitszeit, Verpflichtung zur Mehrarbeit" des Vertragsformulars waren zu Nummer 2.1 – "Arbeitsentgelt" – Angaben zu Stunden- und Zimmerlöhnen offengelassen. Unmittelbar danach heißt es: "Bei Zahlung von "Objektlohn/Pauschallohn" wird vereinbart: Für die vom Arbeitgeber festgelegten Objekte/Reviere beträgt der monatliche Objektlohn/Pauschallohn bis max. 400,- EUR". Unter Nummer 2.2 – "Arbeitszeit" war zu Nummer 2.2.1 angegeben: "Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ohne Pause beträgt 12 Stunden bei einer 4-Tage-Arbeitswoche. Unter Nummer 3 – "Geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV" (Sozialgesetzbuch Viertes Buch) – war das Markierungsfeld für die Vereinbarung einer geringfügigen Beschäftigung (Nummer 3.1) freigelassen worden. Ebenso waren keine Angaben zu weiteren Arbeitsverhältnissen (Nummer 3.4) gemacht worden. Nach den einzelnen Vertragsklauseln (Nummern 1.1 bis 8.5) enthielt der Arbeitsvertrag vor der für das Vertragsdatum (26. Mai 2005) und die Unterschriften vorgesehenen Zeile in Fettdruck unter anderem den Passus "Vorstehenden Vertragstext habe ich gelesen und verstanden. Er wird von mir vollinhaltlich anerkannt".

Im Februar 2008 wurde der Beklagten durch die Meldung eines Arbeitsentgelts von 4.994,- EUR für das Kalenderjahr 2007 bekannt, dass der Kläger jedenfalls im Kalenderjahr 2007 Verdienste aus einer Beschäftigung erzielt hatte. Nach den vom Arbeitgeber auf Anforderung der Beklagten ausgestellten Entgeltbescheinigungen ergaben sich ab Aufnahme der Beschäftigung bis einschließlich Februar 2008 folgende Bruttoverdienste

Kalenderjahr Monat Betrag in EUR 2005 Mai 337,50 Juni 336,- Juli 336,- August 336,- September 728,- Oktober 337,20 November 337,20 Dezember 337,20 2006 Januar 337,- Februar 674,- März 672,- April 365,- Mai 337,20 Juni 336,- Juli 346,70 August 400,- September 348,- 2006 (Forts.) Oktober 350,- November 364,- Dezember 350,- 2007 Januar 350,- Februar 340,- März 342,- April 350,- Mai 800,- Juni 705,84 Juli 350,- August 350,- September 360,- Oktober 350,- November 346,28 Dezember 350,- 2008 Januar 350,- Februar 350,-

Durch Schreiben vom 13. Juni 2008 gab die Beklagte dem Kläger unter Bezug auf eine beigefügte "Probeberechnung" ihre Absicht bekannt, die Rentenbewilligung vom "4." Februar 2005 für die Monate September 2005, April 2006, August 2006, November 2006, Mai und Juni 2007 sowie September 2007 teilweise aufzuheben und "die Überzahlung für die Zeit vom 01.09.2005 bis zum 30.06.2008" in Höhe von 2.570,75 EUR zurückzufordern. Es sei dem Kläger bekannt, dass eine Altersvollrente nur erbracht werde, wenn bestimmte Hinzuverdienstgrenzen eingehalten würden. Unter bestimmten Voraussetzungen dürften diese Grenzen zweimal im Jahr bis zum Doppelten des jeweils maßgeblichen Betrags überschritten werden, wobei keine höhere als die bisherige Rente entstehen dürfe. Weil für die genannten Zeiträume nur noch ein Anspruch auf eine Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente bestehe, sei die Überzahlung entstanden. Die Voraussetzungen für die beabsichtigte Entscheidung seien erfüllt, weil der Kläger seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei, sowie auch deshalb, weil er Einkommen erzielt habe, das zum Wegfall oder zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe.

Der Kläger hat sich dahingehend eingelassen, dass seinem Arbeitgeber die Hinzuverdienstgrenzen bekannt gewesen seien und deren Einhaltung Bestandteil arbeitsvertraglicher Nebenabsprachen gewesen sei. Er überprüfe deshalb die Abrechnungen. Die Rückforderung von 2.570,75 EUR angesichts der geringfügigen Überschreitung in Höhe von insgesamt 232,84 EUR in sieben von 34 Monaten sei unverhältnismäßig. Seine Mitteilungspflichten betrachte er als nicht verletzt, weil er "zunächst zu keinem Zeitpunkt" eine Beschäftigung aufgenommen habe, bei der der vereinbarte Verdienst die Hinzuverdienstgrenze überschreiten sollte. Er habe keine Mitteilung darüber erhalten, wie sich die Hinzuverdienstgrenze tatsächlich verändert habe. Weil die Bundesknappschaft (als "Minijobzentrale") die Lohnhöhe gekannt habe, sei es für ihn selbstverständlich gewesen, dass sie auch der Beklagten bekannt sei. Die Zahlungen habe er im guten Glauben verbraucht. Er sei bereit, den Teil des Lohns zu erstatten, der "ohne sein Wissen" die Hinzuverdienstgrenze überschritten habe.

Der Kläger hat in der Folge "Korrektur"-Bescheinigungen seines Arbeitgebers vorgelegt, in denen die Bruttoverdienste für die Monate September 2005 (mit 690,- EUR), April und November 2005 (jeweils 350,- EUR, Mai und Juni 2007 (jeweils 700,- EUR) und September 2007 (350,- EUR) abweichend angegeben wurden und bezogen auf den Abrechnungsmonat Juli 2008 ein Negativsaldo für das infolge der Korrekturen – nach Abzug von Lohnsteuern – zu zahlende Entgelt (- 179,18 EUR) errechnet wurde. Der Arbeitgeber erklärte hierzu gegenüber der Beklagten, diese Regelung sei "guter Wille" gewesen. Eine schriftliche, vor September 2005 abgeschlossene Vereinbarung über eine Begrenzung des Arbeitsentgelts gebe es nicht. Der Kläger habe auch nicht mitgeteilt, dass er Rentenbezieher sei.

Durch Bescheid vom 29. Oktober 2008 hob die Beklagte der Sache nach den Rentenbescheid vom 9. Februar 2005 für die Monate September 2005, April, August und November 2006, Mai und Juni 2007 sowie September 2007 auf, bewilligte dem Kläger für diese Monate statt einer Altersrente in Höhe der Vollrente eine Altersrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente und setzte einen Erstattungsbetrag von 2.531,60 EUR fest. Die Rente sei (unter anderem deshalb) neu zu berechnen, seit sich der "Umfang der Rente" (Vollrente bzw. Teilrente) geändert habe. In der Anlage 10 zu dem Bescheid führte sie aus, der Rentenbescheid vom "04." Februar 2005 werde hinsichtlich der Rentenhöhe "mit Wirkung ab" dem 1. September 2005 "nach § 48 SGB X" aufgehoben. Ein "Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - 4 SGB X" sei gegeben. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides berufen. Er sei darin eindeutig auf die Rechtsfolgen eines Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze hingewiesen worden. In dem Bescheid sei auch das Siebtel der monatlichen Bezugsgröße entsprechend 345,- EUR genannt worden. Der Kläger habe die Hinzuverdienstgrenzen deshalb wenigstens kennen müssen und sei seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen. Er habe nicht wirksam - nämlich vor der erstmaligen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze - auf Teile des Arbeitsentgelts verzichtet. Die Berichtigung der Entgeltbescheinigungen durch den Arbeitgeber sei deshalb unbeachtlich. Die Beklagte habe nichts von der Beschäftigung gewusst, anderenfalls würde es nicht zu der Überzahlung gekommen sein. Um die Mitteilung werde in erster Linie gebeten, damit die Beklagte unabhängig von dem Rentenbescheid konkrete Hinweise zum zulässigen Hinzuverdienst geben könne, sofern dies gewünscht sei oder benötigt werde. Die Entgeltmeldungen des Arbeitgebers könnten die Mitteilung nicht ersetzen, zumal sie keine Erkenntnisse über die Verteilung der Entgelte auf die einzelnen Monate lieferten. Der Kläger könne sich auch nicht auf seinen Arbeitgeber verlassen. Die Mitteilungspflichten seien die höchstpersönliche Aufgabe des Klägers. Auch wenn er sie delegiere, müsse er sich Fehler anrechnen lassen.

Mit seinem Widerspruch hat der Kläger weiter die Auffassung vertreten, dass es mit seinem Arbeitgeber eine Nebenabsprache über die Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze gegeben habe. Der Arbeitgeber habe auch gewusst, dass er eine Rente beziehe. Die Rechtsfolgen bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze gingen aus dem Rentenbescheid nicht eindeutig hervor. Er habe davon ausgehen müssen, dass sich die Rente nur um den Betrag mindere, der über der Hinzuverdienstgrenze liege. Der Aspekt der unbilligen Härte werde im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Sein Arbeitgeber spreche in einem Schreiben an ihn vom 25. Juni 2008 im Übrigen von einer korrigierten "Überzahlung", nicht von einem von ihm angestrebten freiwilligen Lohnverzicht.

Die Beklagte forderte in der Folge nochmals Lohnabrechnungen für die Zeit ab 2005 an. Sie enthielten unter anderem für die Monate, für die die Rentenbewilligung teilweise aufgehoben worden war, keine Änderungen gegenüber den bereits bekannten Daten.

Durch Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2009 wies die Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung des Ausgangsbescheides zurück. Ein Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4 SGB X sei gegeben. Die weiteren vom Kläger genannten Gründe seien bei der Vertrauensschutzprüfung beachtet worden und nicht geeignet gewesen, von der Bescheidaufhebung abzusehen.

Mit seiner am 30. Oktober 2009 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die angefochtenen Bescheide seien zu unbestimmt, weil sie sich auf einen Rentenbescheid vom 4. Februar 2005 bezögen, den es nicht gebe. In dem Rentenbescheid sei dieses Datum durchgestrichen und durch das Datum 9. Februar 2005 ersetzt worden. In der Sache hat er seinen Vortrag wiederholt und vertieft, dass das Arbeitsverhältnis von vornherein darauf angelegt gewesen sei, die Hinzuverdienstgrenzen nicht zu übersteigen, und dass er seine Mitwirkungspflichten gegenüber der Beklagten nicht verletzt habe. Es habe entsprechende Abreden jedenfalls mündlich gegeben. Schriftliche Vereinbarungen seien entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich. Er habe Hinzuverdienstgrenzen, die dem Arbeitgeber im Übrigen bekannt gewesen seien, auch nicht überschritten. Der "Hinweis" der Beklagten zu einer möglichen Reduzierung der Vollrente habe dazu geführt, dass der Arbeitgeber festgestellt habe, für einige Monate keine vertragsgerechten Lohnabrechnungen erstellt zu haben und er - der Kläger - deshalb zu viel Lohn erhalten habe. Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass überhaupt eine Änderung in den leistungserheblichen Verhältnissen vorliege, so sei sie nicht wesentlich. Die Hinzuverdienstgrenze sei in einem Zeitraum von 34 Monaten insgesamt sechs Mal um durchschnittlich 30,47 EUR und damit um weniger als 10 % überschritten worden. Die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze habe er nicht bemerkt und dementsprechend etwaige Mitwirkungspflichten auch nicht wenigstens grob fahrlässig verletzt. Jedenfalls habe die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht bzw. nicht hinreichend ausgeübt.

Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide verteidigt. Ergänzend hat sie ausgeführt, es sei kaum glaubhaft, dass der Kläger versehentlich in sechs Monaten mehr Entgelt ausgezahlt bekommen habe, als ihm vertraglich und nach der erbrachten Arbeitsleistung zugestanden habe. Offenkundig habe er mehr Geld erhalten, weil er zeitweilig mehr gearbeitet habe. Ermessen sei bei der Rücknahmeentscheidung nicht auszuüben gewesen, weil kein sogenannter "atypischer Fall" vorgelegen habe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 17. September 2013 hat der Kläger ausweislich der – auf seinen Antrag hin teilweise berichtigten – Sitzungsniederschrift weiter ausgeführt, dass er den Arbeitgeber mehrfach aufgefordert habe, die Hinzuverdienstgrenze einzuhalten. Es sei dessen Fehler gewesen, der im Nachhinein korrigiert worden sei. Die Lohnabrechnungen seien nicht nachvollziehbar gewesen, weil nicht ganz klar gewesen sei, was er tatsächlich pro Stunde verdiene. Im schriftlichen Arbeitsvertrag sei eine Höchstgrenze von 400,- EUR vereinbart gewesen. Wie sich der Lohn letztlich berechne, sei aus dem Vertrag aber nicht zu erkennen. Er kenne aber die Stundenverschiebungen auf diesem Gebiet und wisse, wie in dem Gewerbe gerechnet werde.

Durch Urteil vom 17. September 2013 hat das Sozialgericht die Klage, die nach dem ausdrücklich gestellten Antrag darauf gerichtet war, "den Bescheid vom 29.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2009 für die Monate September 2005, April 2006, August 2006, November 2006, Mai 2007, Juni 2007 und September 2007 aufzuheben", abgewiesen. Die Kammer gehe davon aus, dass es sich bei dem angegebenen Datum des Rentenbescheides (4. Februar 2005) um einen offenkundigen Schreibfehler handle. Die Voraussetzungen für eine teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung in dem von der Beklagten vorgenommenen Umfang seien erfüllt. Nach Erlass des Rentenbescheides vom 9. Februar 2005 sei eine Änderung in den Verhältnissen insofern eingetreten, als der Kläger Einkommen erzielt habe, durch das die Hinzuverdienstgrenze überschritten worden sei. In den Monaten September 2005, April 2006, August 2006, November 2006, Mai 2007, Juni 2007 und September 2007 habe ihm deshalb nur noch eine Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente zugestanden. Nach den anwendbaren Vorschriften habe ein Anspruch auf eine Vollrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur bestanden, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. Diese betrage bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, entsprechend 345,- EUR im Jahr 2005 und 350,- EUR in den Jahren 2006 und 2007, bei einer Rente wegen Alters als Teilrente das 11,7fache des aktuellen Rentenwerts, vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens mit 1,5 Entgeltpunkten. Außer Betracht bleibe das zweimalige Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe dieser Hinzuverdienstgrenze. Dem Kläger habe danach eine Vollrente nicht fortlaufend zugestanden. Die zeitlich ersten Überschreitungen der Hinzuverdienstgrenze in den Monaten Februar und März des Kalenderjahres 2006 habe die Beklagte zutreffend als unbeachtlich angesehen (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 6. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R -, in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 4-2600 § 96a Nr. 9). Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, die Aufhebung der Rentenbewilligung auf den Teil des Entgelts zu beschränken, mit dem die Hinzuverdienstgrenze überschritten werde. Durch die gesetzlichen Regelungen sei klar zum Ausdruck gebracht, dass die Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze den Rentenanspruch selbst berühre. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit lägen ebenfalls vor. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze, die zum Wegfall der Vollrente geführt habe, sei ein mitteilungspflichtiger Umstand gewesen. Der Kläger habe insoweit wenigstens grob fahrlässig im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gehandelt. Er sei in dem Bescheid vom 9. Februar 2005 ausdrücklich auf seine Mitteilungspflichten bei Aufnahme einer Beschäftigung, durch welche die Hinzuverdienstgrenze überschritten werde, hingewiesen worden. Die Kammer gehe davon aus, dass diese Hinweise ausführlich und verständlich gewesen seien. Dem Kläger müsse hinreichend deutlich geworden sein, dass ihm mit dem Überschreiten des entsprechenden Monats-Einkommensbetrags die bezogene Altersrente als Vollrente nicht mehr zustehe. Auf die von ihm vorgetragene Handhabung bzw. Zusage seines Arbeitgebers habe er sich nicht verlassen und von den Hinweisen der Beklagten abweichen dürfen. Der Kläger habe selbst vorgetragen, dass er den Arbeitgeber mehrfach auf die Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze hingewiesen habe. Dies zeige, dass er Kenntnis von Einkünften über der Hinzuverdienstgrenze gehabt habe und dass die Zahlungen für die Rentenberechnung von Bedeutung seien. Der Kläger sei sich auch der Unzuverlässigkeit seines Arbeitgebers bewusst gewesen, wenn dieser trotz Aufforderungen die Lohnabrechnungen oder den Arbeitsvertrag nicht geändert und damit die vom Kläger vorgetragene Absprache nicht eingehalten habe. Der Kläger habe deshalb nach Ansicht der Kammer die Beklagte über Verdienste oberhalb der Hinzuverdienstgrenze informieren müssen, zumal eine Absprache zur Meldung höherer Verdienste nicht getroffen worden sei. Der Kläger habe außerdem selbst angegeben, einen Vertrag mit einer monatlichen Pauschale von höchstens 400,- EUR abgeschlossen zu haben. Dieser Verdienst liege unabhängig von bestehenden Absprachen über der Hinzuverdienstgrenze. Einen atypischen Fall könne die Kammer nicht daraus herleiten, dass der Arbeitgeber die "überzahlten" Entgelte letztlich mit dem Gehalt für den Monat Juli 2008 verrechnet habe. Die Hinzuverdienstgrenze sei für jeden Kalendermonat anhand der in diesem Monat tatsächlich erzielten Verdienste zu prüfen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R -). Die nachträgliche Verrechnung könne deshalb zu keinem anderen Ergebnis führen. Abgesehen davon habe im Juli 2008 trotz der Verrechnung ein Hinzuverdienst von 350,- EUR vorgelegen. Ein atypischer Fall lasse sich auch nicht aus der mit der rückwirkenden Änderung verbundenen Rückzahlungspflicht herleiten, weil sie die zwangsläufige Folge der Aufhebungsentscheidung sei. Ob der Kläger den überzahlten Betrag verbraucht habe, könne deshalb allenfalls ihm Rahmen der Rückzahlungsmodalitäten beachtlich sein.

Mit seiner Berufung hat der Kläger sein Anliegen weiterverfolgt. Er trägt vor, dass er unverzüglich die Lohnabrechnungen und Überzahlungen des Arbeitgebers moniert und gefordert habe, der abgerechnete und gezahlte Lohn müsse sich entsprechend der vertraglichen Vereinbarung innerhalb der Hinzuverdienstgrenzen bewegen. Sein Arbeitgeber habe ihm dies trotz mehrfacher Mahnungen zunächst verweigert. Erst nachdem ihm das Anhörungsschreiben der Beklagten zugeleitet worden sei, sei es zu einer Korrektur gekommen. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Rentenbewilligung in den streitigen Monaten lägen nicht vor. Es sei keine Änderung in den leistungserheblichen Verhältnissen eingetreten, weil die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze auf einem arbeitsvertragswidrigen Verhalten des Arbeitgebers beruht habe. Er habe dies nicht verhindern können. Er sei nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten einen quasi aufgedrängten rechtswidrigen Zustand zu melden und habe von daher auch keine Mitteilungspflichten verletzt. Die Belehrung in dem Rentenbescheid vom 9. Februar 2005 besage konkret auch nur, dass er die Aufnahme einer über den Rahmen der Hinzuverdienstgrenze hinausgehende Beschäftigung habe anzeigen müssen. Eine solche habe er nicht aufgenommen, weil nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Hinzuverdienstgrenze gerade nicht habe überschritten werden sollen. Er habe deshalb in jedem Fall auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Grobe Fahrlässigkeit scheide ferner deshalb aus, weil der vorliegende Sachverhalt von den Hinweisen in dem Bescheid vom 9. Februar 2005 nicht erfasst werde. Im Übrigen reiche nicht jeder Verstoß gegen Mitteilungspflichten aus, sondern diese müsse die Leistungserbringung im konkreten Fall verhindern (Hinweis auf BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 58/05 R -). Die Verletzung einer Mitteilungspflicht führe im vorliegenden Fall aber nicht zum Wegfall, sondern nur zu einer Reduzierung des Rentenanspruchs.

Auf Anforderung des Senats hat der Kläger Kopien des zwischen ihm und dem Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrags vom 26. Mai 2005 sowie der Lohnabrechnungen für die streitigen Kalendermonate vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13. April 2017 hat sich der Kläger ergänzend geäußert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 17. September 2013 wird der Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2009 für die Monate September 2005, April 2006, August 2006, November 2006, Mai 2007, Juni 2007 und September 2007 und hinsichtlich der geforderten Erstattung aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend.

Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.

Der Bescheid vom 29. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2009 ist nicht aus formalen Gründen rechtswidrig. Im Besonderen ist er hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]; dazu stellvertretend BSG, Urteil vom 6. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R -, SozR 4-2600 § 96a Nr. 9). Dieses Erfordernis bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung. Es gilt nicht für die Begründung, die jedoch zur Auslegung des Verfügungssatzes ebenso herangezogen werden kann wie dem Bescheid beigefügte Unterlagen oder früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte. Aus dem Verfügungssatz muss danach für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Diesen Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot entsprechen die angefochtenen Bescheide. Aus ihnen ergibt sich, dass die Bewilligung einer Altersrente als Vollrente für bestimmte – die hier streitigen – Monate aufgehoben worden ist, dass an Stelle des Anspruchs auf Vollrente für diese Monate ein Anspruch auf eine Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente weiterbesteht, welche Differenzbeträge sich zwischen dem tatsächlich bislang gewährten und dem aus der Sicht der Beklagten rechtmäßig zustehenden Rentenanspruch ergeben und welcher Erstattungsbetrag sich in der Folge errechnet. Keine Bedeutung hat unabhängig von, ob es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 38 SGB X handelte, dass das Datum des Rentenbescheides, der aufgehoben werden sollte, in dem angefochtenen Bescheid unzutreffend wiedergegeben worden war. Welcher Bescheid gemeint war, ergibt sich schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers daraus, dass es nur einen Bescheid vom Februar 2005 gibt, der Verfügungen über die Bewilligung einer Rente und deren Höhe trifft.

Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Die Beklagte kann sich für eine rückwirkende Aufhebung der Verfügungssätze über die Rentenhöhe in dem Bescheid vom 9. Februar 2005 in dem geschehenen Umfang auf § 48 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X stützen, auf die sich die erforderliche Anhörung (§ 24 SGB X) auch bezog.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach Satz 2 Nr. 2 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Nach Satz 2 Nr. 4 soll er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

Es steht nicht in Frage, dass es sich bei einer "Rentenbewilligung" um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt. Eine wesentliche Änderung in den für die Leistungsbewilligung erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen war in den Monaten, für die der Bescheid vom 9. Februar 2005 teilweise aufgehoben worden ist, eingetreten.

Dem Kläger, der die für ihn maßgebliche Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Vollendung des 65. Lebensjahres und damit im Juli 2008 erreicht hat (§ 235 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]), war antragsgemäß eine vorher einsetzende Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Teilzeitarbeit (§ 237 SGB VI) bewilligt worden.

Wie die Beklagte und das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt haben, besteht nach dem in den streitigen Jahren 2005 bis 2007 unverändert geltenden § 34 Abs. 2 SGB VI (in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Nachhaltigkeitsgesetz -, vom 21. Juli 2004, BGBl. I 1791; im Folgenden ohne Zusatz zitiert) Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird (Satz 1). Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in § 34 Abs. 3 SGB VI genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 3 SGB VI im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt (Satz 2). Die in Abs. 2 Satz 2 genannten Einkünfte werden zusammengerechnet (Satz 3). Nicht als Arbeitsentgelt gilt das Entgelt, das (1.) eine Pflegeperson von dem Pflegebedürftigen erhält, wenn es das dem Umfang der Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld im Sinne des § 37 des Elften Buches nicht übersteigt, oder (2.) ein behinderter Mensch von dem Träger einer in § 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Einrichtung erhält (Satz 4).

Die Hinzuverdienstgrenze betrug gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI (1.) bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, (2.) bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von (a) einem Drittel der Vollrente das 23,3fache, (b) der Hälfte der Vollrente das 17,5fache, (c) zwei Dritteln der Vollrente das 11,7fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten.

Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze berührt bei Altersrenten jedenfalls nach der seit 1996 geltenden Fassung des § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI den Rentenanspruch an sich und stellt sich deshalb als wesentliche Änderung in den leistungserheblichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X dar (BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R -, SozR 4-2600 § 34 Nr. 2, in "Juris" Rn 16). Ob eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze vorliegt, ist monatsweise anhand der erzielten Arbeitsentgelte oder des erzielten Arbeitseinkommens zu ermitteln (BSG a.a.O., in "Juris" Rn 20).

Der Kläger hat danach die Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI in den streitigen Monaten September 2005, April, August und November 2006 sowie Mai, Juni 2007 und September 2007 überschritten.

Gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV ist Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Dieses Durchschnittsentgelt belief sich gemäß der Anlage 1 zum SGB VI im Jahr 2003 auf 28.938,- EUR (aufgerundet 420 x 69 = 28.980,- EUR), im Jahr 2004 auf 29.060,- EUR und im Jahr 2005 auf 29.202,- EUR (aufgerundet jeweils 420 x 70 = 29.400,- EUR). Daraus errechnete für das Kalenderjahr 2005 eine monatliche Bezugsgröße von 2.415,- EUR (hieraus 1/7 entsprechend 345,- EUR, § 2 Abs. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2005 vom 29. November 2004, BGBl. I S. 3098) und für die Kalenderjahre 2006 und 2007 von 2.450,- EUR (hieraus 1/7 entsprechend 350,- EUR, § 2 Abs. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2006 vom 21. Dezember 2005, BGBl. I S. 3627, und § 2 Abs. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößengesetz 2007 vom 2. Dezember 2006, BGBl. I S. 2742, 2746).

Der Kläger hatte in den streitigen Monaten Arbeitsentgelt oberhalb der Hinzuverdienstgrenze erzielt. Arbeitsentgelt sind nach der gesetzlichen, für den Bereich des Sozialversicherungsrechts geltenden Definition des § 14 Abs. 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen (Brutto-)Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Maßgeblich ist im Regelfall nicht, ob und wann eine Zahlung zugeflossen ist, sondern nur, ob ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf die Zahlung des (ggf. um Steuer- und Sozialversicherungsanteile geminderten) Arbeitsentgelts bestanden hat. Auf einen Zufluss kommt es nur an, soweit einem Arbeitnehmer etwas ohne einen wirksamen (tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen) Anspruch zugewendet wird, oder ihm mehr zugewendet wird, als ihm tariflich oder einzelvertraglich zusteht (stellvertretend BSG, Urteil vom 3. Juni 2009 - B 12 R 12/07 R -, SozR 4-2400 § 23a Nr. 5, in "Juris" Rn 17 m.w.Nachw.).

Danach hat der Kläger für die streitigen Monate Arbeitsentgelt im Sinne des Gesetzes oberhalb der Hinzuverdienstgrenze erzielt. Wie seinem eigenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13. April 2017 zu entnehmen ist, hat er die Vergütung für den abgelaufenen Monat jeweils an dessen Ende erhalten. Es ist mit anderen Worten für und in den streitigen Monaten zu tatsächlichen Zahlungen an ihn oberhalb der Hinzuverdienstgrenze auf der Grundlage der Bruttoverdienste gekommen, wie sie der Arbeitgeber in dem vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Verdienstbescheinigungen angegeben hatte. Diese Angaben stimmen mit denen überein, wie sie der Arbeitgeber gegenüber der Beklagten im Verwaltungsverfahren gemacht hatte, bevor im Juli 2008 eine "Korrektur" erfolgt war.

Ob das Urteil des BSG vom 23. März 1995 - 13 RJ 39/94 -, SozR 3-1300 § 48 Nr. 37 im vorliegenden Fall beachtlich sein kann, kann der Senat dahingestellt sein lassen. Es war noch zu dem bis Ende 1991 geltenden Rentenrecht ergangen (für den Bereich der Rentenversicherung der Arbeiter die Reichsversicherungsordnung [RVO], für den Bereich der Rentenversicherung der Angestellten das Angestelltenversicherungsgesetz [AVG]). Dieses sah die Gewährung von Altersrenten (nach damaliger Begrifflichkeit: Altersruhegeld) als Teilrenten nicht vor. Der Anspruch auf ein Altersruhegeld bestand neben einer laufenden oder wiederkehrenden Beschäftigung gegen Entgelt oder neben einer Erwerbstätigkeit nur, wenn das Entgelt oder Einkommen "durchschnittlich" im Monat einen bestimmten Betrag (zuletzt 1.000,- DM) nicht überschritt (§§ 1248 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b) RVO, 25 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b) AVG), wobei der Anspruch mit Beginn des Monats (zeitlich unbegrenzt) wegfiel, in dem die Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit den gesetzlichen Grenzwert überschritt (§§ 1248 Abs. 4 Satz 4, 25 Abs. 4 Satz 4 AVG). Hierzu hatte das BSG entschieden, dass eine Überschreitung der maßgeblichen Verdienstgrenze dann nicht vorliege, "wenn die vertraglichen Vereinbarungen des Klägers mit seinem Arbeitgeber dahin gegangen wären, dass unabhängig von Tariferhöhungen oder einzelnen Überstunden monatlich nur 1.000,00 DM gezahlt werden sollten, die überschießenden Beträge also dem Kläger nach dem Arbeitsvertrag gar nicht zustanden, vielmehr nur irrtümlich ausgezahlt und vom Kläger deshalb zurückgezahlt wurden. In einem solchen Fall wäre die Grundlage der Aufhebung des Rentenbescheides entfallen", wobei das BSG hinzugefügt hatte, dass eine derartige Vertragsgestaltung unter Umständen auch gegen Tarifrecht verstoßen könne (und damit unbeachtlich ist).

Es muss nicht entschieden werden, ob diese Rechtsprechung des BSG auf das hier anzuwendende Recht des SGB VI möglicherweise schon deshalb nicht übertragen werden kann, weil sie dadurch motiviert gewesen sein könnte, dass nach dem bis Ende 1991 geltenden Recht auch geringfügige Überschreitungen der damaligen Verdienstgrenze zu deutlich weiterreichenden Rechtsfolgen führen konnten (der Anspruch auf Altersruhegeld konnte nach dem oben Ausgeführten nur "ganz oder gar nicht" bestehen und entfiel ab der ersten Überschreitung der Verdienstgrenze jedenfalls solange, wie der Durchschnittsverdienst nicht wieder das Niveau der Verdienstgrenze einhielt). Ebenso wenig muss die Frage beantwortet werden, ob ein Rentenberechtigter nach dieser Rechtsprechung die Rechtsfolgen des § 48 SGB X auch dann vermeiden kann, wenn als "irrtümlich" erkannte Überzahlungen bereits lange zurückliegen, er sich zu einer konkreten Rückerstattung an den Arbeitgeber aber erst dann entschließt, wenn eine Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Rentenversicherungsträger wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze konkret in Aussicht steht.

Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass das Urteil des BSG vom 23. März 1995 unter der Geltung des vorliegend anwendbaren Rechts beachtlich ist, so ist doch nicht der Nachweis dafür erbracht, dass es zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber eine rechtlich beachtliche vertragliche Vereinbarung gab, nach der unabhängig von sonstigen Umständen (wie im Besonderen der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden) monatlich nur ein Arbeitsentgelt bis zur Höhe der berücksichtigungsfrei bleibenden Hinzuverdienstgrenzen arbeitsvertraglich geschuldet war.

Der vom Kläger mit dem Arbeitgeber geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag, der nach dem eigenen Vortrag des Klägers auch nach dem Ablauf der Befristung weiterlief, enthielt gerade keine Vereinbarung zur Einhaltung von Hinzuverdienstgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Vielmehr war der monatliche "Pauschallohn" auf eine Grenze von "max. 400,00 EUR" festgelegt. Dies ist die bis Ende 2012 geltende Verdienstgrenze, bis zu der entgeltliche Beschäftigungen geringfügig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV waren. Sie war in den hier streitigen Zeiträumen gerade nicht identisch mit der Hinzuverdienstgrenze bei Altersrenten. Mit seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er habe "auf den Betrag von 400 Euro nicht so genau geguckt" kann der Kläger die Rechtswirksamkeit der Vergütungsregelung schon deshalb nicht in Frage stellen, weil er durch seine Unterschrift unter den Vertragstext ausdrücklich bestätigt hatte, dass er ihn gelesen und verstanden habe und er ihn vollinhaltlich anerkenne.

Ein Nachweis dafür, dass der Kläger mit seinem Arbeitgeber mündlich eine abweichende Vereinbarung geschlossen hat, die die Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen vorsah, ist nicht erbracht. Der Arbeitgeber hat dies in seinen schriftlichen Auskünften an die Beklagte nicht bestätigt und die im Juli 2008 durchgeführte Anrechnung als Ausdruck guten Willens, mit anderen Worten nicht als rechtliche Verpflichtung bezeichnet. Aber auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass es zu einer solchen Vereinbarung gekommen ist. Zwar hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich erklärt, dass mit der Objektleiterin des Arbeitgebers vereinbart worden sei, dass die "Nebenverdienstgrenze" nicht überschritten werde und dass sogar der – ihm bekannte – Betrag von 345,- EUR im Gespräch mit ihr genannt worden sei. Ein Indiz dafür, dass die Hinzuverdienstgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses jedenfalls nicht von vornherein bedeutungslos sein sollten, ergibt sich auch daraus, dass die dokumentierten Arbeitsverdienste in den meisten Monaten bis zur Aufhebungsentscheidung durch die Beklagte jeweils knapp unter der oben dargestellten Hinzuverdienstgrenze lagen oder sie gerade erreichten.

Ein Beleg für die Vereinbarung, dass die Hinzuverdienstgrenzen – seitens des Arbeitgebers – "unter allen Umständen" (einschließlich der zweimaligen jährlichen Überschreitung um bis zum Doppelten der Hinzuverdienstgrenze) einzuhalten seien, ergibt sich jedoch nicht. Schon dem Vortrag des Klägers im Verlauf des Rechtsstreits war nicht zu entnehmen, dass der von ihm tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung unter allen Umständen nur ein Arbeitsentgelt in Höhe von maximal der "Hinzuverdienstgrenze" gegenüberstehen sollte. Mit anderen Worten hatte der Kläger gerade nicht behauptet, es sei eine vertragliche Vereinbarung getroffen worden, die beinhaltet, dass er in Monaten mit relativ vielen Arbeitsstunden einen im Verhältnis dazu relativ geringen – möglicherweise sogar die Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB], dazu ausführlich Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Oktober 2012 – 5 AZR 792/11 –, Amtliche Entscheidungssammlung [BAGE] 143, 212) unterschreitenden "Stundenlohn" in Kauf nehmen wollte, nur damit die Hinzuverdienstgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung eingehalten werden können.

Bestätigt hat sich dies durch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Danach hatte sich der Kläger einen "fiktiven Stundenlohn" errechnet. Unabhängig davon, ob Berechnungsgrundlage die (einfache) Hinzuverdienstgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung oder die schriftliche arbeitsvertragliche Regelung zum Pauschallohn (auf die er "nicht so genau geguckt" haben will) gewesen ist, so wird doch deutlich, dass der Kläger einen Bezug zwischen der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und dem zu erwartenden Arbeitsentgelt erwartete. Wenn er – wie er ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hatte – aufgrund der monatlich im Voraus erstellten Arbeitsplanungen jedenfalls überschlagen konnte, welchen Verdienst er zu erwarten hatte, so können die aus den Abrechnungen des Arbeitgebers hervorgehenden Beträge nur bedeuten, dass den abgerechneten Arbeitsentgelten entsprechende Arbeitsleistungen zugrunde lagen. Anders gesagt spricht vieles dafür, dass die abgerechneten Entgelte jedenfalls dem Grunde nach gerade einer vom Kläger erwarteten gleichförmigen Vergütung von Arbeitszeit entsprachen. Ob der Vortrag des Klägers möglicherweise eher dahin zu verstehen sein könnte, dass er auch in seinem Fall die von ihm als "branchenüblich" bezeichnete Abrechnungsweise anstrebte, abzurechnende Arbeitsstunden in andere Monate zu "verschieben", speziell um eine Beschäftigung nicht versicherungspflichtig werden zu lassen oder tarifliche bzw. anderweitige (Mindest )Lohnvorgaben formal einzuhalten, kann dahingestellt bleiben. Unabhängig davon, ob eine solche Verfahrensweise überhaupt arbeits- und sozialversicherungsrechtlich rechtmäßig sein könnte, kann ein Verstoß des Arbeitgebers gegen eine mit dem Kläger getroffene Vereinbarung jedenfalls nicht darin bestehen, dass er entsprechend den allgemeinen Vorgaben des § 612 BGB, aber auch zur Vermeidung eines sittenwidrigen Arbeitsentgelts, eine tatsächliche Arbeitsleistung angemessen vergütet.

Das Überschreiten einer Hinzuverdienstgrenze hat zur Folge, dass das sogenannte Rentenstammrecht – je nachdem, in welchem Umfang es ursprünglich zuerkannt und in welcher Höhe Hinzuverdienst erzielt worden ist – ganz oder teilweise entfällt (s. bereits BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 55/98 R -, SozR 3-2600 § 34 Nr. 1, in "Juris" Rn 14ff). Hierbei wird zugunsten der Versicherten berücksichtigt, dass dann, wenn die Gewährung einer Rente als Voll- oder Teilrente zulässig ist (wie bei der Altersrente, § 42 Abs. 1 SGB VI), das Stammrecht auf eine Teilrente erhalten bleibt, die unter Berücksichtigung des Umfangs des Hinzuverdienstes rechtmäßig in Anspruch genommen werden kann. Bei der hier ursprünglich bewilligten Vollrente ist dies eine Teilrente im Umfang von zwei Dritteln der Vollrente (s. § 42 Abs. 2 SGB VI).

Bezogen auf den vorliegenden Fall ist deshalb das durch den Bescheid vom 9. Februar 2005 zuerkannte Stammrecht auf Altersrente als Vollrente für die streitigen Monate September 2005, April, August und November 2006 sowie Mai, Juni 2007 und September 2007 weggefallen. Die Beklagte hat dies in der erforderlichen formalen Weise dadurch umgesetzt, dass sie den Bescheid vom 9. Februar 2005 als den das Stammrecht zuerkennenden Bescheid für die streitigen aufgehoben hat, soweit durch ihn eine Altersrente im Umfang von mehr als zwei Dritteln einer Vollrente zuerkannt worden war (s. auch insoweit BSG a.a.O., in "Juris" Rn 16).

Die Beklagte und das Sozialgericht sind ferner zutreffend davon ausgegangen, dass in den genannten Monaten kein Einkommen erzielt worden ist, das wegen "privilegierten Überschreitens" nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI unbeachtlich ist. Im September 2005 überstieg der Hinzuverdienst den Grenzbetrag von 345,- EUR um mehr als das Doppelte. Für das Kalenderjahr 2006 war die Privilegierung durch die in den Monaten Februar und März 2006 erzielten Einkünfte aufgebraucht. Im Kalenderjahr 2007 schließlich überstiegen die Einkünfte in den Monaten Mai und Juni 2007 den Betrag von 350,- EUR jeweils um mehr als das Doppelte und ließen den Anspruch auf Vollrente entfallen. Die zahlenmäßig dritte Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze im September 2007 unterfällt nicht etwa deshalb § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, weil es sich um die erste in diesem Kalenderjahr handelt, welche nach der Höhe der Überzahlung beachtlich sein kann. Das Gesetz will insgesamt nur eine zweimalige und zudem "maßvolle" Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze je Kalenderjahr privilegieren (zu den weiteren Beschränkungen des Anwendungsbereichs des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI s. BSG, Urteil vom 26. Juni 2008, wie oben, in "Juris" Rn 20ff).

Weil das Rentenstammrecht durch den angefochtenen Bescheid nur insoweit aufgehoben worden ist, als es in Höhe der Vollrente zuerkannt war, dagegen verfügt wurde, dass es in den streitigen Monaten im Umfang der höchstmöglichen Teilrente von zwei Dritteln der Vollrente bestehe, war mangels eines den Kläger insoweit belastenden Verwaltungsaktes nicht zu prüfen, ob die Einkünfte die für diese Teilrente maßgebliche Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c) SGB VI überschritten haben.

Die Aufhebungsvoraussetzungen sind weiter insoweit erfüllt, als der Kläger einer gesetzlichen Mitteilungspflicht nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Auch insoweit zutreffend hat das Sozialgericht bereits ausgeführt, dass den Kläger hinsichtlich seines Nebenverdienstes eine Mitteilungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch traf. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Wie sich aus den vorausgehenden Ausführungen ergibt, handelt es sich jedenfalls beim Erzielen von Hinzuverdienst, der die maßgebliche Grenze übersteigt, um eine - sogar wesentliche - Änderung in den leistungserheblichen Verhältnissen.

Der Kläger ist dieser Mitteilungspflicht in Bezug auf die streitigen Monate mindestens grob fahrlässig nicht nachgekommen. Grob fahrlässig handelt nach der auch für § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X maßgeblichen Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Nr. 3 letzter Teilsatz SGB X, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; ständige Rechtsprechung des BSG, s. stellvertretend Urteile vom 1. Juli 2010 - B 13 R 77/09 R -, SozR 4-1300 § 48 Nr. 18, in "Juris" Rn 32 m.w.Nachw., und vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R -, SozR 3-1300 § 45 Nr. 45, in "Juris" Rn 23 m.w.Nachw.). Bezugspunkt für die grobfahrlässige Nichtbeachtung ist schon nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X eine gesetzliche Mitteilungspflicht. Dass den Kläger eine Mitteilungspflicht jedenfalls bei einem "rentenschädlichen" Hinzuverdienst traf, konnte er ohne Weiteres und auf allgemeinverständliche Weise dem Rentenbescheid vom 9. Februar 2005 entnehmen. Auch wenn - zwangsläufig - nur die genaue monatliche Hinzuverdienstgrenze für das Kalenderjahr 2005 genannt wurde und die Rechtsfolgen bei Überschreitung umfangreich dargestellt worden und deshalb möglicherweise im Detail nicht einfach zu erfassen waren, so ergab sich doch in nicht zu missverstehender Weise, dass eine Hinzuverdienstgrenze, die im Jahr 2005 345,- EUR monatlich betrug und zum ersten Januar eines jeden Kalenderjahres angepasst wird, Auswirkungen auf die gezahlte Rente hat. Dies gilt unabhängig davon, ob - wie der Kläger anzunehmen schien - nur eine "Anrechnung" des Hinzuverdienstes zu erwarten war oder - wie es der Rechtslage entspricht - der Rentenanspruch teilweise oder ganz entfällt. Der Hinweis in der Anlage 19 ist dazu eindeutig; der Kläger verfügt für den Senat erkennbar über das erforderliche Einsichtsvermögen.

Gerade dann, wenn der eigene Vortrag des Klägers berücksichtigt wird, musste er aufgrund einfachster Überlegungen zu dem Ergebnis gelangen, dass er für die streitigen Monate mitteilungspflichtiges, weil die Hinzuverdienstgrenze tatsächlich oder voraussichtlich erreichendes Arbeitsentgelt erzielt hatte. Die Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen war ihm so wichtig, dass hierüber nach seinen Ausführungen eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen worden war und er den Arbeitgeber - vor dem Anhörungsschreiben der Beklagten aus dem Jahr 2008 ohne Erfolg - zur "Berichtigung" der die Hinzuverdienstgrenzen nicht berücksichtigenden Entgeltabrechnungen angehalten hatte. Diese Verhaltensweise setzt zwangsläufig voraus, dass dem Kläger bewusst war, dass es eine Hinzuverdienstgrenze gibt und dass sie Auswirkungen auf seine Rentenleistung haben kann. Von daher folgerichtig hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, dass ihm sowohl die (zu Beginn seiner Beschäftigung geltende) Hinzuverdienstgrenze von 345,- EUR wie die Möglichkeit einer zweimal jährlichen Überschreitung bekannt gewesen seien.

Selbst wenn unterstellt würde, dass der Kläger gutgläubig annahm, dass es mit dem Arbeitgeber eine rechtlich wirksame Vereinbarung gab, wonach der Arbeitsverdienst die Hinzuverdienstgrenze nicht überschreiten solle, stünde dies der Annahme grober Fahrlässigkeit nicht entgegen. Die gesetzliche Mitteilungspflicht bezieht sich auf Tatsachen. Dementsprechend hatte der Kläger nur zu erkennen, welches Arbeitsentgelt abgerechnet worden war und ob es zumindest den in dem Bescheid vom 9. Februar 2005 genannten Betrag von 345,- EUR erreichte oder nicht. Von ihm wurde und wird mit anderen Worten keine rechtliche Bewertung des Handelns seines Arbeitgebers erwartet. Etwas anderes konnte der Kläger den Ausführungen über Mitteilungspflichten in dem Bescheid vom 9. Februar 2005 nicht entnehmen und hat es seinem eigenen Vortrag nach im Übrigen auch nicht getan. Sonst ließe sich nicht nachvollziehbar erklären, warum er gegenüber seinem Arbeitgeber von Beginn an die Beachtung der Hinzuverdienstgrenze zur Sprache gebracht haben will, obwohl deren Überschreitung anfangs gar nicht in Aussicht gestanden haben soll.

Ein geringerer Sorgfaltsmaßstab galt ferner nicht deshalb, weil ihm die Beklagte für die Jahre nach 2005 die aktuelle Hinzuverdienstgrenze nicht mitgeteilt hatte. Die Beklagte hatte erkennbar darauf hingewiesen, dass sich die Hinzuverdienstgrenzen immer zum Beginn eines Jahres änderten. Nicht dagegen hatte sie in Aussicht gestellt, den Kläger darüber auch jeweils in Kenntnis zu setzen. Wenn der Kläger Zweifel daran gehabt hätte, ob der Betrag von 345,- EUR noch maßgeblich ist, wäre es deshalb an ihm gewesen, hierüber bei fachkundiger Stelle - vor allem der Beklagten selbst oder einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherungsträger - Erkundigungen einzuziehen.

Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit wird ferner nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Rechtsfolgen einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze aus Sicht des Klägers andere waren als die nach dem Gesetz tatsächlich vorgesehenen. Wie ausgeführt knüpft § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X allein an die Mitwirkungspflicht an. Schließlich ist unbeachtlich, dass der Arbeitgeber seinerseits verpflichtet war, nach für ihn geltenden Vorschriften (im Besonderen §§ 28a ff SGB IV) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bei Trägern der Sozialversicherung zu melden. Es handelt sich insoweit nicht um Mitteilungspflichten auf der Grundlage des § 60 SGB X. Eine etwaige Kenntnis eines Trägers der Sozialversicherung von einem Umstand, der von einem Leistungsberechtigten selbst mitzuteilen gewesen wäre, beseitigt dessen Mitteilungspflicht nicht.

Letztlich aus den gleichen Gründen wie zu § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X sind auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt. Nach dieser Vorschrift soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Wie der Kläger selbst vorgetragen hat, waren ihm die Hinzuverdienstgrenzen bekannt. Ihm ist auch eine jedenfalls auf einem besonders schweren Sorgfaltsverstoß beruhende (wiederum also grob fahrlässige) Unkenntnis vom Wegfall des Anspruchs auf Vollrente wegen Alters in den streitigen Monaten vorzuwerfen. Zwar knüpft § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X im Gegensatz zu § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X nicht an eine Mitwirkungspflicht an, sondern an die Kenntnis bzw. Unkenntnis einer gesetzlichen Rechtsfolge. Auch insoweit kann der Kläger nicht damit gehört werden, er sei davon ausgegangen, dass im Fall des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nur der darüber liegende Anteil des erzielten Arbeitsentgelts zu erstatten sei. Aus dem Rentenbescheid vom 9. Februar 2005 ergab sich unmissverständlich, dass das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze die Minderung oder sogar den Wegfall des Anspruchs auf Altersrente zur Folge haben konnte. Seine Auffassung fand deshalb in dem Rentenbescheid keine Grundlage. Hätte er Zweifel gehabt, wäre es ihm jedenfalls zuzumuten gewesen, sich an die Beklagte zu wenden, um eine verbindliche Auskunft zu erhalten.

Auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X war die Beklagte im Übrigen zwar nur, aber unabhängig von einem dem Kläger vorwerfbaren Verhalten berechtigt, die Leistungsbewilligung im Umfang des (Brutto-) Mehrverdienstes aufzuheben, der als erzieltes Einkommen zum Wegfall des Anspruchs auf Vollrente in den streitigen Monaten geführt hat (s. auch insoweit BSG wie oben in SozR 3-1300 § 48 Nr. 37). Dies entspricht für den Monat September 2005 einer Aufhebung in Höhe von (728 - 690 [erste Überschreitung in 2005] =) 38,- EUR, für den Monat April 2006 in Höhe von (365 - 350 =) 15,- EUR, für den Monat August 2006 in Höhe von (400 - 350 =) 50,- EUR, für den Monat November 2006 in Höhe von 364 - 350 =) 14,- EUR, für den Monate Mai 2007 in Höhe von (800 - 700 [erste Überschreitung in 2007] =) 100,- EUR, für den Monat Juni 2007 in Höhe von (705,84 - 700 [zweite Überschreitung in 2007] =) 5,84 EUR und für den Monat September 2007 in Höhe von (360 - 350 =) 10,- EUR (Gesamtsumme 232,84 EUR). Wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, ist ein Verwaltungsakt in den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X regelhaft ("soll") zwingend aufzuheben. Lediglich dann, wenn ein sogenannter atypischer Fall vorliegt, ist von dem Leistungsträger Ermessen auszuüben, wobei die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, als Vorfrage nicht selbst im Ermessen steht (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 - B 5 RE 1/15 R -, SozR 4-1300 § 48 Nr. 33, Rn 23ff m.w.Nach.). Ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nach dem Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X und nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Diese müssen im Hinblick auf die mit der rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsakts verbundenen Nachteile, insbesondere der aus § 50 Abs. 1 SGB X folgenden Pflicht zur Erstattung der erbrachten Leistungen, vom Normalfall derart abweichen, dass der betroffene Leistungsempfänger deutlich schlechter dasteht, als es beim Vorliegen eines Normalfalles der einschlägigen Regelung des § 48 Abs. 1 S 2 SGB X der Fall wäre (BSG a.a.O. Rn 26). Schon daraus ergibt sich, dass die mit dem "Normalfall" regelmäßig verbundene Rechtsfolge einer Aufhebung der Leistungsbewilligung im gesetzlich vorgesehenen Umfang und dem Eintritt einer Erstattungspflicht nach § 50 Abs. 1 SGB X für sich genommen keinen atypischen Fall darstellen kann. Dafür, dass dem Kläger ein darüber hinausgehendes "Sonderopfer" abverlangt würde, im Besonderen dadurch, dass in den streitigen Monaten Sozialhilfebedürftigkeit eingetreten wäre, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Auch ein Missverhältnis zwischen Mehrverdienst und Rentenhöhe, das der Kläger geltend macht, begründet keinen atypischen Fall (BSG, Urteil vom 23. März 1995 – 13 RJ 39/94).

Die weiteren materiellen Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X liegen gleichfalls vor. Absolute Aufhebungsfristen (§ 48 Abs. 4 Satz 1 i.V. mit § 45 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB X) waren nicht zu beachten. Die Rücknahmefrist von einem Jahr seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X), war gewahrt, zumal sie regelmäßig erst mit der Anhörung zu der Aufhebungsentscheidung beginnt (s. insoweit stellvertretend BSG, Urteil vom 31. Januar 2008 - B 13 R 23/07 R -, in "Juris" Rn 23ff.).

Die Rechtmäßigkeit des in dem angefochtenen Bescheid enthaltenen Verwaltungsaktes über die Erstattung überzahlter Leistungen folgt – soweit sie auf der Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X beruht – aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Höhe der Erstattungsforderung ist vom Kläger nicht in Frage gestellt worden und auch nach eigener Prüfung durch den Senat nicht zu beanstanden. Soweit eine Aufhebung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X beruhen kann, ist der Verwaltungsakt über die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 232,84 EUR rechtmäßig.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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