Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 151/14 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 11/18 R
Datum
Kategorie
Urteil
Der Bescheid des Beklagten vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erlass einer Richtlinie zur Erprobung der Proteomanalyse BPA/UPA zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms - CC – als add-on-Diagnostik unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Erprobung einer neuen Untersuchungsmethode.
Der Kläger stellte am 31. Januar 2013 bei dem Beklagten einen Antrag zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 137e Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für den DiaPat®-CC Test, der letztmalig am 28. Juni 2013 aktualisiert wurde. Dieser Test ist als In-Vitro-Diagnostikum beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information registriert. Er basiert auf einer Proteomanalyse im Gallensekret (BPA) und im Urin (UPA), mit der aufgrund sich ergebender charakteristischer Proteinmuster erkannt werden soll, ob bei Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) bereits ein bösartiges Gallengangskarzinom (CC) vorliegt. Der Nutzen des Tests liege darin, dass die verlässliche Früherkennung eines CC unabdingbar sei, da eine kurative Therapie nur möglich sei, solange sich der Tumor noch in einem sehr frühen Stadium befinde. Auch bestehe die Notwendigkeit, vor einer Lebertransplantation das Vorliegen eines in einem fortgeschrittenen Stadium befindlichen CC auszuschließen, da die wegen der Transplantation erfolgenden Immunsuppression ein beschleunigtes Tumorwachstum auslöse. Die Überwachung des Zustands erfolge bisher mittels invasiver Endoskopie der Gallenwege (ERCP). Diese sei nur bedingt aussagekräftig und diagnosesicher nur bei 36 bis 46 % der Patienten, wohingegen der kombinierte BPA/UPA Test diagnosesicher bei mehr als 90 % der Versicherten sei. Die Klägerin bezog sich zum Nachweis des Potenzials ihres Verfahrens auf drei Studien, eine von Lankisch aus dem Jahre 2011 mit 94 Patienten und zwei von Metzger aus dem Jahr 2013 mit 164 und 87 Patienten. Sie wies darauf hin, dass gegenwärtig eine weitere Studie laufe und noch eine weitere geplant sei.
Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 19. September 2013 den Antrag ab, weil die Voraussetzungen für die Feststellung eines hinreichenden Potenzials aus den eingereichten Unterlagen nicht hervorgingen. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17. April 2014 zurück. Das Vorliegen eines hinreichenden Potenzials dürfe nicht nur dann abgelehnt werden, wenn die Unwirksamkeit und Schädlichkeit einer Methode positiv festgestellt worden sei. Es komme auch nicht auf die Einschätzung einzelner Fachgesellschaften oder Forschungskreise an, sondern allein auf die vorgelegten Unterlagen. Der Antrag habe sich auf den Einsatz des DiaPat®-CC Tests zur Erkennung eines CCs bezogen. Aber auch die anderen für ein Potenzial der Methode in Betracht kommenden Aussagen in dem Antrag seien bewertet worden. Die Angaben zur diagnostischen Güte der Methode seien nicht nachvollziehbar. Es sei schon unklar, worauf sich der angebliche Zugewinn beziehe. Der Antrag liefere zudem keine hinreichende Definition eines zur Bewertung der Testgüte notwendigen Komparators. Die eingereichten Studien seien nicht geeignet, die Testgüte für die genannte Zielpopulation zu belegen. Die Studien lieferten keine verlässlichen Daten dazu, inwieweit durch den DiaPat®-CC Test die diagnostische Güte gegenüber der bisherigen Standarddiagnostik einschließlich ERCP tatsächlich erhöht werde. Auch fehlten Angaben dazu, welche konkreten Änderungen des therapeutischen Managements sich aus der Anwendung des DiaPat®-CC Test ergeben würden. Es seien keine Aussagen darüber möglich, ob durch den DiaPat®-CC Test perkutane Leberbiopsien vermieden werden könnten. Die vorgelegten Studien würden ebenso wenig Aussagen dazu enthalten, ob der DiaPat®-CC Test zum Ausschluss eines CC vor einer Lebertransplantation geeignet sei. Soweit die Klägerin das Ziel verfolge, mit dem Einsatz des DiaPat®-CC Tests eine Änderung des diagnostischen oder therapeutischen Managements zu erreichen, müsse eine Studie vorgelegt werden, aus der sich der Nutzen für die definierte Zielgruppe ergebe. Die Klägerin sehe gegenwärtig noch selbst Verbesserungsbedarf an ihrem Verfahren. Ohne hinreichendes Potenzial könne der Erprobungsantrag nicht angenommen werden.
Mit der am 8. Mai 2014 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Klage hat die Klägerin zunächst begehrt, den Widerspruchsbescheid des Beklagten aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Antrag auf Erprobung der kombinierten Proteomanalyse des Gallensekrets und des Urins zur Erkennung eines Gallengangskarzinoms gemäß § 137e Abs. 7 SGB V stattzugeben. Sie - die Klägerin - habe einen Antrag zur Bewertung eines Medizinprodukts gestellt, in dem ein Antrag auf Erprobung einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode liege. Der Beklagte habe das Potenzial der Methode mit sachfremden und falschen Erwägungen verkannt. Sie - die Klägerin - sei als Herstellerin eines Medizinproduktes antragsberechtigt. Der Antrag sei bezogen auf die technische Anwendung und den Einsatz des von ihr hergestellten Medizinproduktes gestellt worden. Er sei formgerecht gewesen, strukturiert unter Verwendung der hierfür vorgesehenen Formulare gestellt worden. Der Beklagte habe keine weiteren Unterlagen angefordert. Die auf das Medizinprodukt bezogene Untersuchungs- und Behandlungsmethode stelle einen zulässigen Antragsgegenstand nach § 137e Abs. 7 SGB V dar, da die Methode neu sei. Eine Methode sei eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liege, das ihre systematische Anwendung in der Untersuchung und Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertige. Das Verfahren zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms unterscheide sich methodisch-wissenschaftlich von den bisherigen invasiven endoskopischen oder bildgebenden Verfahren. Nach den einschlägigen Abrechnungsregelungen sei die neue Methode nicht bereits als GKV-Leistung abrechenbar. Der Antrag sei von dem Beklagten nicht innerhalb der vorgesehenen Bearbeitungsfrist von drei Monaten bearbeitet worden. Sie - die Klägerin - habe das Potenzial der Methode hinreichend dargelegt. Der Beklagte habe zu prüfen gehabt, ob die neue Methode bei Vorliegen eines hinreichenden Nutzenbelegs von Leistungsanspruch der GKV umfasst werde und ob etwas ihrer Erbringung im Rahmen der Erprobung und als Regelleistung entgegenstehe. Die Erprobung erweitere den Versorgungsumfang der GKV. Der Beklagte habe keine Potenzialbewertung durchgeführt, sondern einen Evidenznachweis analog dem Zulassungsverfahren für Medikamente gefordert. Die Voraussetzungen für den Evidenznachweis seien im Rahmen des § 137e SGB V zu hoch angesetzt. Zwar dürfe der Beklagte seine Prüfung auf die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen beschränken. Er müsse aber den richtigen Maßstab anlegen. Ein Potenzial sei festzustellen, wenn sich aus der aktuellen Erkenntnislage die wissenschaftlich fundierte Erwartung ableiten lasse, dass mit der Erprobung ein relevanter Vorteil gegenüber dem bisherigen Forschungsstandard nachgewiesen werde und die wissenschaftlichen Untersuchungen schon so weit aussagefähig seien, um auf ihrer Grundlage eine zur abschließenden Bewertung geeignete Studie zu planen. Die Proteom Analyse im Gallensekret und im Urin sei die erste anwendungsreife Analysemethode, die erkenne, ob bei Patienten mit unklarer Veränderung der Gallenwege, insbesondere mit einer primär sklerosierenden Cholangitis, ein bösartiges Cholangiokarzinom vorliege. Ohne den Einsatz der Proteom-Analyse im Gallensekret und im Urin würde die Methode ihr theoretisch-wissenschaftliches medizinisches Vorgehen verlieren. Für die Bestimmung der Therapieform sei eine genaue Unterscheidung zwischen primär sklerosierenden Cholangitis und Cholangiokarzinom erforderlich. Ein Patient mit einem nicht erkannten Cholangiokarzinom werde nach einer Lebertransplantation wegen der verabreichten Immunsuppressiva versterben, die das Tumorwachstum unkontrollierbar beförderten; auch gehe das Spenderorgan für einen anderen Patenten verloren. Ein erkanntes Cholangiokarzinom könne dagegen kurativ behandelt werden. Die primär sklerosierende Chonlangitis sei der größte Risikofaktor für die Entstehung eines Cholangokarzinoms. Der Test basiere auf einer Technologie, nach der die Gesamtheit der Proteine einer Körperflüssigkeit kapillarelektrophoretisch aufgetrennt und massenspektrometrisch analysiert würden. Sie ermögliche erstmals konkrete Vergleiche mit krankheitsspezifischen Referenzmustern. Die Proteom-Muster-Analyse sei die einzige diagnostische Methode, die aus Körperflüssigkeiten ein Proteininformationssystem analysiere und die Zuordnung zu einem krankheitsspezifischen Reaktionsmuster ermögliche. Die primär sklerosierende Cholangitis gehöre zu den seltenen Erkrankungen mit schweren Verlaufsformen. Soweit andere therapeutische Maßnahmen nicht möglich seien, erfolge eine Lebertransplantation. Vor der Aufnahme in die Warteliste für Transplantation und während der Wartezeit müsse das extrahepatitische Tumorwachstum ausgeschlossen sein. Der Beklagte sei zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit verpflichtet. Die erheblich verbesserte Erkennung des Cholangokarzinoms rette nicht nur Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis das Leben stiftende Transplantat, sondern rette auch den Patienten mit bisher nicht erkanntem Cholangokarzinom das Leben allein durch die Vermeidung der Transplantation. Das Instrument der Erprobungsrichtlinie diene der Vermeidung eines Systemversagens innerhalb des Sachleistungssystems der Krankenversicherung. Deswegen greife die Begründung des Beklagten nicht, wonach sich der Nikolausbeschluss nur auf den Einzelfall beziehe. Sie – die Klägerin – habe mehrere Studien der Phase III und der Phase IV und sonstige Studien vorgelegt. In dem möglichen Anwendungsbereich des Tests lägen orphan diseases vor. Die unklaren Erkrankungen der Gallenwege nähmen deutlich zu.
Rechtswidrig leite der Beklagte aus ihrem – der Klägerin - Bemühen um weitere Verbesserung der Methode ab, dass noch kein abgeschlossen validiertes Diagnostikprodukt vorliege. Damit widerspreche er seinen eigenen formalen Voraussetzungen zur Antragstellung. Es müsse nur ein Nachweis für das erste Inverkehrbringen eines Medizinprodukts vorliegen. Der DiaPat®-CC Test in Kombination mit der BPA/UPA sei beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information registriert. Auch für angemeldete und in den Verkehr gebrachte Produkte würden stets weitere Studien zum Beleg der Wertigkeit durchgeführt. Deswegen könne aber nicht die Ernsthaftigkeit des gestellten Antrags in Frage gestellt werden. Der Beklagte setze fälschlicherweise die Voraussetzungen des § 137e SGB V mit denen des § 135 SGB V gleich. Zwar seien auch die Voraussetzungen des § 135 SGB V erfüllt. Tatsächlich habe die Beklagte aber nur das Bestehen eines hinreichenden Potenzials festzustellen gehabt. Eine reduzierte Studienanforderung sei auch geboten, weil analog zur Medikamentenbewertung ein orphan drug bzw. orphan disease Status vorliege. Je geringer die Anzahl der betroffenen Patienten und je größer die Wahrscheinlichkeit sei, mit der innovativen Therapie die Mortalität zu vermeiden oder herauszuzögern, desto geringer seien die Studienanforderungen. Nach den Regeln liege eine orphan drug bzw. disease bei einem Krankheitsfall von 0,5 pro Tausend vor. Bei der CC seien 0,04 Krankheitsfälle pro Tausend Versicherte gegeben. Die jährlich 4.000 Patienten würden auf den Verdacht eines Gallengangskrebs mit einer Endoskopie untersucht. Von 10 Patienten mit einem CC würden nur 6 richtig klassifiziert. Die zusätzliche BPA/UPA verbessere die CC-Diagnostik um mindestens 30- 40 Prozent. Durch die Endoskopie-Diagnostik seien 50 Todesfälle pro Jahr zu beklagen, weitere 4-7 Prozent der endoskopierten Patienten würden schwerwiegende Komplikationen ausbilden. Mit der BPA/UPA sei eine Methode zu bewerten, die genauere Therapieentscheidungen ermögliche, das Versterben von CC-Patienten verhindere und das Erhalten von Lebertransplantaten ermögliche. Der Widerspruchsbescheid enthalte keine korrekte Bewertung der Güte der vorhandenen Tests zur Bestimmung des CC. Falsch sei insbesondere die Angabe, die Klägerin habe selbst vorgetragen, dass die diagnostische Genauigkeit von MCRP (bildgebendes Verfahren) und Endoskopie zusammen bei 70 bis 80 Prozent lägen. Die UPA ziele auf einen weitestgehenden Verzicht auf die invasive ERCP ab. Durch die BPA/UPA könnten im Gegensatz zur MCRP auch die nicht sichtbaren Tumormassen diagnostiziert werden. Bei Zugrundelegung der vom Beklagten angegebenen Maximalwerte ergebe sich immer noch ein diagnostischer Zugewinn von 17 bis 24 % in der Erkennung des CC. Es gebe in der CC-Surveillance keinen diagnostischen Test, der sowohl eine hohe Sensivität als auch eine hohe Spezifität ausweise. Die diagnostische Genauigkeit bildgebender und endoskopischer Verfahren würde zwischen den publizierten klinischen Studien erheblich variieren. Wegen der diagnostischen Einschränkungen bildgebender Verfahren sei eine eindeutige Identifizierung eines CC mittels bildgebender Verfahren oftmals schwierig. Sie stellten nur einen Teil der möglichen Ausprägungen eines CC dar, erfassten nur späte Tumorstadien und seien im Hinblick auf die Differenzierung zu benignen Strukturen sehr anspruchsvoll. Die bevorzugte Bewertung der bildgebenden Verfahren durch den Beklagten sei nicht zu rechtfertigen. Eine seriöse Bewertung hätte den Vorteil der BPA/UPA erkennen und das diagnostische Defizit der bestehenden Methoden darstellen müssen. Der DiaPat®-CC Test bestehe aus der Proteomanalyse in Gallensekret (BPA) und Urin (UPA) zur Diagnose einen CC. Eine Beschränkung auf den UPA Test bei der Bewertung sei weder beantragt noch angemessen. Im Gegensatz zu der kombinierten BPA/UPA Proteom-Analyse sei mit den Standardverfahren derzeit nur bei 36 - 46 Prozent die Diagnose eines CC zu stellen. Zudem sei mit der nicht invasiven UPA erstmals ein Verlaufsmonitoring möglich. Die Beklagte kenne die Defizite der derzeitigen medizinischen Praxis nicht oder ignoriere sie. Bei positivem Befund in der UPA würden die entsprechenden Patienten einer Folge-ERCP zugeführt. BPA und UPA sei als ganzheitliches proteomeisches Verfahren zur Diagnose eines CC zum Zeitpunkt der Erst-ERCP und im Verlauf der Surveillance anzusehen. Der Beklage habe diesen zusammenhängenden methodischen Ansatz nicht erwägt. Für die UPA sei eine Sensitivität von 83% und eine Spezifität von 79 Prozent bei einem Cut-Off von 0,89 festgestellt. Der ermittelte Grenzwert von 0,89 werde als Referenzwert für die Diagnosestellung eines CC mittels UPA herangezogen. Bei einer Prävalenz von 12% für die Entwicklung eines CC auf dem Boden einer progressiven Cholestase über den mittleren Zeitraum zwischen Erst-ERCP und Durchführung der Lebertransplantation von drei Jahren ergebe sich bei diesem Cut-Off ein für die genaue Erkennung eines CC ausschlaggebender hoher negativer Prädikativwert von 0.90. Die Wahrscheinlichkeit für ein falsches negatives Testergebnis in zwei aufeinander folgenden UPA-Analysen liege bei 4%. Die ebenfalls hohe Spezifität von 79% zeige, dass die Anzahl der aufgrund eines falsch positiven UPA-Ergebnisses durchgeführten ERCPs bei einer Prävalenz von 12 Prozent lediglich bei 18 Prozent liege. Die nach einem positiven UPA-Test durchgeführte Folge ERCP ermögliche die Erkennung eines CC mit einem positiven Prädiktivwert von 0,90 und einem negativen von 0,92. Der Test solle die anderen nicht oder minimal-invasiven Methoden nicht gänzlich ersetzen. Das sei zu einer Erprobung gem. § 137e SGB V auch nicht erforderlich. Die UPA ermögliche auch in der labormedizinisch indifferenten Patientengruppe eine exakte Differenzierung zwischen Patienten mit CC und solchen mit einer benignen Struktur. Ein Vergleich der Testgüte lediglich über die Sensitivitäts- und Spezifitätswerte zwischen einzelnen diagnostischen Verfahren sei weder sinnvoll noch zu verantworten. Die in den bisher veröffentlichten klinischen Studien zur Proteomanalyse berücksichtigten Patientengruppen stellten einen repräsentativen Querschnitt der Zielpopulation dar. Die von dem Beklagten vorgenommene Einschränkung der Zielpopulation sei daher falsch. Die unselektive Verwendung der Validierungskohorte von 123 Patienten erkläre sich aus dem Konzept, die klinische Praxis weitgehend abzubilden. Der Beklagte fordere in seinem Widerspruchsbescheid mit der Anwendung des Bootstrappings zur Festlegung des Trennwerts ein untaugliches und nicht akzeptiertes Verfahren. Der Trennwert der UPA sei in der Zwischenauswertung der momentan laufenden Studie zur Erkennung eines CC in PSC-Patienten während der Surveillance ebenfalls an einem unabhängigem Testkollektiv validiert worden. Die beiden proteomischen Tests seien mittels logistischer Regression kombiniert worden. Der optimale Trennwert des kombinierten BPA/UPA Tests sei mit -0,5 bestimmt worden. Dieser Trennwert sei mittlerweile durch Klassifizierung weiterer Patienten bestätigt. Die kombinierte BPA/UPA-Diagnostik werde zur Diagnose eines CC bei Patienten mit unklaren Gallenwegsbeschwerden und erhöhten Leberenzym- und Cholestasewert im Bluttest im Verlauf einer Erst-ERCP durchgeführt. Die ERCP mit nachfolgender histologischer Darstellung verfüge über einen hohen positiven Prädikativwert, aber über einen niedrigen negativen Prädikativwert. Aufgrund dieser diagnostischen Lücke und dem hohen Risiko der Entwicklung eines CC müssten Patienten mit negativem Befund in der Erst-ERCP und progredientem Krankheitsverlauf weiter überwacht werden. Über den Zeitraum bis zur Lebertransplantation würden sich somit im Mittel drei bis vier Folge-ERCPs ergeben. Im ungünstigsten Fall würden in 18% der Fälle bei der UPA eine Folge-ERCP aufgrund eines falsch-positiven Befunds durchgeführt. Dieser Zahl stehe eine höhere Zahl an ERCPs gegenüber, die durch die UPA eingespart werden könnten. Die Einschätzung des Beklagten, dass der BPA/UPA nichts zur ärztlichen Therapieentscheidung beitragen könne, beruhe auf rechtsfehlerhaften Annahmen. Einen vorhandenen medizinischen status quo als Goldstandard gebe es nämlich nicht. Falsch sei die Behauptung, dass die BPA/UPA Anwendung nicht zu Einsparungen führen würde. Tatsächlich würden durch Anwendung der UPA-Methode 1575 Endoskopien in zwei Jahren des Modellversuchs eingespart. Bei einem falschen Befund seien korrektive Maßnahmen vorgesehen, die mit einer anderen Methode nicht möglich seien. Im Wege der Endoskopie sei oftmals eine Gewebeentnahme nicht möglich. Es könnten auch perkutane Leberbiopsien eingespart werden, wenn diese nur nach einem positiven Befund in der UPA durchgeführt würden. In der Erprobungsstudie solle geklärt werden, in welchen zeitlichen Abständen eine UPA in der klinischen Praxis angewandt werden solle. Der DiaPat®-CC Test ersetze die bestehenden Diagnoseverfahren nicht vollständig, sondern verbessere sie. Die Diagnose eines sekundären CC sei für Patienten, die sich aufgrund einer fortschreitenden Sklerose auf der Warteliste für eine Lebertransplantation befänden, von allergrößter Bedeutung. Falsche negative Befunde in der ERCP träten relativ häufig auf. Der Beklagte bezweifle den Nutzen der Proteomanalyse, selbst wenn der Zugewinn an diagnostischer Genauigkeit belegt sei. Bereits jetzt habe aber die BPA/UPA in den Kliniken Einfluss auf das weitere therapeutische Vorgehen. Deswegen sei ihr Einsatz in der täglichen medizinischen Praxis erforderlich.
Am 3. April 2017 hat die Klägerin einen Zeitschriftenartikel von Voigtländer et al (UEG Journal 2017, 1ff) vorgelegt, wonach sich mittels BPA und UPA eine CC-Diagnose mit größerer Genauigkeit als mit den bisherigen Methoden stellen lasse. Die Klägerin hat weiter ausgeführt, der Rechtsstreit leide daran, dass der Beklagte keinen fachärztlichen Rat aus der Gastroenterologie einhole und die Studien über die BPA/UPA falsch und willkürlich interpretiere. Der Beklagte bewerte die Methoden auf einer inkompetenten Grundlage. Die von 8 führenden Kliniken und ihren renommierten Fachärzten gestellte Anfrage zur Proteum-Analyse im Urin als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie unterstützt werde, belege den Bedarf für den Einsatz der Proteum-Analyse zur Diagnose eines CC und stelle den Common Sense da. Der Beklagte ignoriere, dass die Gastroenterologie-Ärzteschaft nur NUB-Anträge stelle, wenn objektivierbare Studienbelege vorliegen würden. Weil für die Ärzte die Rettung des Lebens ihrer Patienten an erster Stelle stehe, werde sich kein Arzt finden, der eine Studie wie von dem Beklagten gefordert beantrage oder durchführe. Die Proteomanalyse sei auf der Grundlage des Nikolausbeschlusses allen betroffenen Versicherten zu ermöglichen. Der Beklagte lasse offen, was genau mit den RCT-Studien erforscht werden solle. In der rechtsverbindlichen EU-Transplantationsrichtlinie und der Richtlinie der Bundesärztekammer sei von RCT-Studien nirgendwo die Rede. Nach der EU-Richtlinie dürften Transplantate nicht für eine RCT-Studie zur Verfügung gestellt werden, deren Gegenstand das Überleben nach einer Transplantation sei. Es stehe dem Sinn und dem Wortlaut der §§ 135, 137e SGB V entgegen, darauf abzustellen, dass der UPA/BPA Test nicht als Behandlungsstandard etabliert sei. Soweit der Beklagte darauf verweise, dass in der Transplantationsrichtlinie der Bundesärztekammer eine Pilotstudie vorgesehen sei, erwähne sie nicht, dass in Europa Lebertransplantationen bei CC ausgeschlossen seien. Diese Studie habe keine Bedeutung für die Proteomanalyse Diagnostik BPA/UPA. Der Beklagte wolle suggerieren, dass im Rahmen einer RCT die billigende Inkaufnahme des Ablebens und des Verlusts des Transplantats üblich sei. Seinem Verhalten seien mittlerweile mehrere hundert Menschen zum Opfer gefallen. Ziel der vorliegend in Frage stehenden Methode sei einzig, mittels einer weiteren Diagnostik einen Gallengangskrebs auszuschließen, damit die Transplantation das Überleben des Patienten ermögliche und das Transplantat wirksam eingesetzt werden könne. Bei einer auf das Überleben nach einer Transplantation ausgerichteten RCT wäre die Erkenntnis allein auf die Qualität der Operation, die Qualität des Spenderorgans und andere übliche Verzerrungen gerichtet. Dass ein Patient mit einer CC versterben werde, sei bereits Bestand des medizinischen Wissens. Der Beklagte wolle nur für die Proteomanalyse eine Studie erbracht sehen. Das sei willkürlich und wettbewerbsverzerrend. Bei der Bewertung anderer Innovationen würden erheblich geringere Anforderungen an die Studienbelege gestellt. Das sei auf Interessenkollisionen des Beklagten und seiner stimmberechtigten Mitglieder zurückzuführen. Neben dem Interesse, das Upcoding wie bei der chronischen Nierenerkrankung bei Diabetikern im parallelen Verfahren und die geförderten Innovationen des Innovationsfonds des Beklagten zu sichern, bestünde auch ein eigenes Interesse der Krankenkassen etwa aus der Kooperation und Beteiligung mit dem Biotechinvestor Early Bird. Angesichts der undurchschaubaren Interessenlage seien klare und rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechende Kriterien erforderlich. Der Gesetzgeber habe Studienbelege mit hohem evidenzbasierten Level als zwingende Voraussetzung vermeiden wollen, um den betroffenen Patienten schneller den Vorzug der Innovationen zu ermöglichen. Der vom Beklagten für erforderlich gehaltene RCT zum Nachweis des hinreichenden Potenzials sei rechtswidrig und auch nach strafrechtlichen Grundsätzen ausgeschlossen. Nach den internationalen Standards sei ein Nutzenbeleg von Diagnostika nur im Vergleich von innovativen Diagnostika gegen Diagnostika des status quo zu erbringen. Solche Studien seien bereits vorgelegt worden. Entgegen den Behauptungen des Beklagten habe sich die Studie Voigtländer et al 2017 auf einen repräsentativen Querschnitt der Zielgruppe bezogen. Aus den Ergebnissen gehe eine signifikante Verbesserung der Diagnostik klar hervor. Die Ergebnisse der Studie seien ebenso wie die von Lankisch 2011 und Metzger 2013 in der Fachwelt weitgehend anerkannt, was sich an der Zahl der Zitierungen zeige. Soweit der Beklagte behaupte, dass die Voigtländer et al Studie ungeeignet wäre, die notwendigen Erkenntnisse zu generieren und dass die Surveillance von PSC Patienten mittels UPA/BPA Test nicht untersucht worden seien, habe er die Studie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden. Die Behauptung des Beklagten, dass die Studie keine Erkenntnisse liefere zur Verbesserung der Diagnostik bei Patienten mit unklaren Gallenwegsprozessen, widerspreche dem Umstand, dass mit der UPA 9 CC-Patienten zusätzlich erkannt worden seien. Bei den verbleibenden 3 Patienten konnte die Diagnose nach ERCP ebenfalls gesichert werden. Die Genauigkeit der allein auf ERCP basierten CC Diagnose liege bei 60 Prozent. Falsch sei auch die Behauptung der Beklagten, dass 14 der 16 CC-Patienten extrahepatische Metastasen aufgewiesen hätten. Die Entwicklung eines extrahepatischen Tumors habe nichts mit einer Metastasierung des primären Tumorherdes zu tun. Werde bei einer ERCP auch das Ergebnis des BPA/UPA Tests berücksichtigt, führe das anhand der ermittelten Testgenauigkeit in der prospektiven Studiengruppe Voigtländer 2017 zu einer hohen Sicherheit, schon in der ersten ERCP ein CC zu erkennen. Ein durchgängig negativer Befund in der UPA bei der Surveillance eines PSC-Patienten mit progredientem cholestatischem Krankheitsverlauf gewährleiste die Durchführung einer Lebertransplantation ohne Gefahr eine unentdeckten CCs.
Aus der Bejahung eines hinreichenden Potenzials ergebe sich zwingend die Durchführung einer Erprobungsstudie. Die aus dem Innovationsfonds nach § 92a SGB V geförderten innovativen Methoden würden mit den nach § 137e SGB V zu erprobenden Methoden konkurrieren. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Anspruch von einem Versicherten oder durch einen Antragsteller nach § 137e SGB V geltend gemacht werde. Der Anspruch der Patienten auf die Methode ergebe sich aus § 2 Abs. 1a SGB V. Die rechtswidrige Verkürzung der Leistungsansprüche der Versicherten verletze sie – die Klägerin – in ihren Grundrechten aus Art. 3, 5, 12 und 14 GG. In der Rechtsprechung des BSG sie anerkannt, dass im Falle eines Systemversagens auch ohne entsprechende Anwendungsempfehlung ein Leistungsanspruch bestehen könne. Ein solcher Fall des Systemversagens liege vor, weil der Beklagte ethisch unvertretbare Studien verlange.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihren Antrag auf Erlass einer Richtlinie zur Erprobung der Proteomanalyse BPA/UPA zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms als add on Diagnostik unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seine Entscheidung sei rechtmäßig. Die im 2. Kapitel § 20 Abs. 2 VerfO geregelten Annahmevoraussetzungen für den von der Klägerin gestellten Antrag lägen nicht vor. Verfahrensgegenstand sei nicht der Einsatz der alleinigen Proteomanalyse im Urin im Rahmen der Surveillance, sondern die Methode der Proteomanalyse zur Erkennung des cholangiozellulären Karzinoms, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz des Medizinprodukts DiaPat®-CC basiere. Der DiaPat®-CC-Test sei definiert als Kombination von UPA und der Proteomanalyse im Gallensekret. Darauf beziehe sich auch die Registrierung des Medizinprodukts beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Für die Entscheidung über den gestellten Antrag komme es darauf an, ob nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Erkenntnissen ein Potenzial naheliege und nur noch ein letzter Nachweis durch eine abschließende Studie erforderlich sei. Eine Erprobung nach § 137e SGB V solle dem Gewinn der für eine abschließende Methodenbewertung notwendigen Erkenntnisse dienen. Das Verfahren zur Ermittlung des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse werde durch die Verfahrensordnung konkretisiert. Insbesondere sei der Nutzen der Methode durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Die Kernfragestellung sei, ob die zu erprobende Methode gegenüber den vorhandenen Methoden tatsächlich den mit dem behaupteten Potenzial versprochenen Vorteil habe. Für andere Fragen sei daneben keinen Raum. Dagegen spreche schon der Grundsatz des wirtschaftlichen Einsatzes von Beitragsmitteln. Der patientenrelevante Nutzen der Methode könne sich erst aus ihrer Kombination im Rahmen der diagnostisch-therapeutischen Behandlungskette ergeben. Deswegen müssten sich aus den vorgelegten Studien Daten über die Möglichkeit einer Verbesserung der Behandlung durch die Anwendung der konkreten Methode ergeben. Es reiche nicht, den Nutzen einer Behandlungsmethode theoretisch darzulegen, wenn es an Daten dazu fehle, ob diese Vorteile sich tatsächlich einstellen. Die von der Klägerin vorgelegten Erkenntnisse würden kein Potenzial belegen, dass die Planung einer Erprobungsstudie rechtfertige. Daran ändere auch die zuletzt an der medizinischen Hochschule Hannover erstellte Studie (Voigtländer 2017) nichts. Auf den Potenzialbericht des IQWiG werde Bezug genommen. Insbesondere fehle es an einer auf die Zielpopulation bezogenen Studie. Es komme nicht auf das Evidenzniveau der vorgelegten Studien, sondern auf deren Fragestellung an. Nach den Angaben der Klägerin beziehe sich das Potenzial auf die sichere und frühzeitige Erkennung eines Gallengangkarzinoms bei Patienten ohne akute Symptomatik, aber mit unklaren Gallenwegsprozessen oder einer primär sklerosierender Cholangitis. Die beiden vorgelegten maßgeblichen Studien würden sich auf dieses Patientenklientel nicht beziehen. Es fehle auch an einer hinreichenden Validierung des BPA/UPA Tests. Die Bestätigung im anvisierten Einsatzgebiet stehe nämlich noch aus. Das zeige sich auch an dem noch gestellten Förderantrag für eine speziell der Validierung dienenden Testgütestudie. Auf die Frage, ob die bestehende Datenlage nach dem Medizinproduktegesetz ausreichend sei, komme es daneben nicht an. Die Zwecksetzung des MPG und die Vorgaben zur Methodenbewertung im SGB V seien zu unterschiedlich. Weiter gebe es keine Daten zur Erkennung speziell früher Stadien. Es fehlten auch Erkenntnisse zur behaupteten Verbesserung der therapeutischen Ergebnisse. Schließlich fehlten Daten zu tatsächlichen Einsparungen invasiver Diagnostik im konkreten Diagnostik bzw. Surveillance-Setting. Aus der Verletzung der Entscheidungsfrist von drei Monaten seien keine weiteren Rechtsfolgen abzuleiten. Die Erprobung nach § 137e SGB V diene zudem nicht der Verhinderung eines Systemversagens. Die auf die in der Studie befindlichen Patienten beschränkte Erprobung diene vielmehr allein dem Erkenntnisgewinn. Auch würden die Anforderungen des § 135 SGB V nicht durch eine vorherige Erprobungsstudie reduziert. Die Aussagen der Klägerin zum Nutzen ihrer Methode seien bloße Behauptungen, die nicht belegt seien. Er – der Beklagte - sei zu eigenen Literaturrecherchen nicht verpflichtet. Auch könnten weder Einzelexperten noch ein Expertenkonsens das Fehlen wissenschaftlicher Evidenz kompensieren. Das gelte auch für die sog. Seltenheitsfälle. Im Übrigen seien die Erkrankungen PSC und Gallengangskarzinom auch nicht so selten, dass ihre Erforschung ausgeschlossen erscheine. Entgegen der Darstellung der Klägerin halte er – der Beklagte – die bestehenden diagnostischen Möglichkeiten keineswegs für ausreichend und bevorzuge auch keineswegs bildgebende Verfahren. Das Fehlen von Behandlungsalternativen belege aber noch nicht das Potenzial einer Methode. Es sei nicht zweifelhaft, dass die antragsgegenständliche Methode maßgeblich auf einem Medizinprodukt beruhe. Erst die auf der Proteomanalyse basierenden Tests gäben der Methode ihr eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept. Die Durchführung randomisierter kontrollierter Studien sei nicht gänzlich ausgeschlossen. Deren ethische Zulässigkeit könne nur fraglich sein, wenn der Nutzen der neuen Methode bereits hinreichend belegt sei. Dass eine Studie auf einen oder mehrere Endpunkte als Untersuchungsziel abstellen solle, bedeute nicht, dass damit das Versterben von Patienten gemeint sei. Aus der Anerkennung der Proteom-Muster-Analyse folge noch nicht das Potenzial für die antragsgegenständliche Studie.
Die Annahme eines Antrags zur Erprobung setze allein voraus, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative habe. Die Annahme sei nur eine Voraussetzung auf dem Weg zu einer Erprobungsrichtlinie, die zusätzlich eine Auswahlentscheidung sowie das Erfüllen weiterer Bedingungen erfordere. Wäre ein Nutzen bereits belegt, was Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 135 SGB V wäre, komme eine Erprobung nach § 137e SGB V nicht mehr in Betracht. Der Nichterlass der begehrten Richtlinie greife nicht in die Grundrechte der Klägerin ein. Art. 12 GG gebe keinen Anspruch auf Ausweitung des Leistungskatalogs der GKV. Es werde nicht in einen bestehenden Zustand eingegriffen. Auch fehle es an einer Ungleichbehandlung, weil weder das Produkt eines direkten Konkurrenten oder eine konkurrierende Methode empfohlen oder erprobt werde. Die behauptete Diskriminierung des Innovationsbereichs Biotechnologie sei nicht substantiiert dargelegt. Auf einfach gesetzlicher Ebene ergäben sich ebenso wenig subjektive öffentlichen Rechte der Klägerin. § 137e SGB V gebe nur ein Recht auf Antragstellung, nicht auf die Durchführung einer Erprobung. Das folge bereits aus den Gesetzesmaterialien. Die in § 137e SGB V geregelte Drei-Monats-Frist beziehe sich allein auf die Bewertung des Potenzials, nicht auf die Entscheidung über die Durchführung einer Erprobung. Jedenfalls sei der Klageantrag unbegründet, weil das erforderliche Potenzial der gegenständlichen Methode nach wie vor nicht belegt sei. Das gelte auch unter Berücksichtigung der Studie Voigtländer et al von 2017. Entscheidungsgrundlage seien allein die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen. Die Klägerin habe schon versäumt darzulegen, welchen Stellenwert der DiaPat®-CC Test neben der Standarddiagnostik habe und welche therapeutischen Konsequenzen aus dem Testergebnis abzuleiten seien. Er – der Beklagte – fordere nicht die Durchführung von RCTs, sondern allein die Vorlage aussagekräftiger und objektivierbarer Daten. Expertenmeinungen reichten nicht aus. Um das Potenzial einer neuen Diagnosemethode zu belegen, müssten Erkenntnisse aus Studien vorliegen, welche einen Vergleich zwischen den bereits etablierten und der neuen Methode ermöglichten. Liege der angebliche Nutzen wie hier in der Möglichkeit, ein Krankheitsbild besser und schneller zu erkennen, könne sich der Nutzen nur aus einer Verbesserung patientenrelevanter Endpunkte wie Morbidität, Mortalität und Lebensqualität ergeben. Es handele sich nicht um ein unethisches Humanexperiment, wenn eine Vergleichsgruppe weiter nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft behandelt werde. Diese Frage könne sich erst stellen, wenn das Potenzial der neuen Methode bereits belegt sei. Das sei vorliegend aber noch nicht der Fall.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Mit Recht begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 und die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Der Bescheid vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 ist rechtswidrig, weil der Beklagte die für die Annahme eines Antrags auf Erprobung einer neuen Methode maßgeblichen Voraussetzungen verkennt. Nach § 137e Abs. 7 SGB V kann der Hersteller eines Medizinprodukts, auf dessen Einsatz die technische Anwendung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode maßgeblich beruht, beim Beklagten beantragen, dass dieser eine Richtlinie nach § 137e Abs. 1 SGB V zur Erprobung der neuen Methode beschließt. Nach § 137e Abs. 1 SGB V kann der Beklagte unter Aussetzung eines Bewertungsverfahrens eine Richtlinie zur Erprobung beschließen, um die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen, wenn er bei der Prüfung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu der Feststellung gelangt, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend erforscht ist. Gemäß § 137e Abs. 7 Satz 2 und 3 SGB V hat der Antragsteller aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, aus denen das hinreichende Potenzial der Methode für eine Erprobung hervorgeht und eine Verpflichtungserklärung über die Übernahme der Kosten der Erprobung im angemessenen Umfang vorzulegen.
Ergänzende Regelungen enthält die nach § 91 Abs. 6 SGB V rechtsverbindliche Verfahrensordnung des Beklagten. Nach § 20 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung ist der Antrag anzunehmen, wenn 1. er von einem Antragsberechtigten nach § 17 gestellt wurde, 2. das Antragsformular nach Anlage I vollständig gemäß § 18 in der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses eingereicht wurde, 3. die neue Methode bei Vorliegen eines hinreichenden Belegs des Nutzens nach § 135 oder § 137c SGB V vom Leistungsanspruch des gesetzlich Krankenversicherten umfasst wäre, 4. der Erbringung der Methode im Rahmen der Erprobung oder als Regelleistung der GKV keine rechtlichen Gründe entgegenstehen und 5. der Antragsteller mit dem Antrag durch aussagekräftige Unterlagen darstellt, dass die Methode das hinreichende Potenzial nach den Kriterien gemäß § 14 Absatz 3 und 4 für eine Erprobung bietet.
Der Beklagte hat über einen Antrag nach § 20 Abs. 1 Satz 1 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung zu entscheiden. Das ist allerdings eine bloße Ordnungsvorschrift, aus deren Verletzung sich noch nicht die Rechtswidrigkeit eines verspätet ergangenen Bescheides ergibt.
Mit der Annahme des Antrags ist gem. § 20 Abs. 3 des 2 Kapitels der Verfahrensordnung das Potenzial einer Erprobung festgestellt. Ein angenommener positiv beschiedener Antrag wird in zwei Haushaltsaufstellungen nach Absatz 4 Satz 2 berücksichtigt. Die Annahme des Antrags begründet keinen Anspruch auf eine Erprobung nach § 137e SGB V. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet einmal jährlich im Rahmen seiner Haushaltsaufstellung für das Folgejahr entsprechend 1. Kapitel § 5 Absatz 1 nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der weiteren vorliegenden Potenzialfeststellungen über die Einleitung eines Beratungsverfahrens zu einer entsprechenden Erprobungs-Richtlinie. Für die Entscheidung über die Verfahrenseinleitung ist der Vergleich der Potenziale der untersuchten Methoden und die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Erprobung maßgeblich. Die Entscheidung ist unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu treffen; § 137c Absatz 1 Satz 3 SGB V bleibt unberührt.
Gegenstand des Antrags der Klägerin ist die Erprobung des DiaPat®-CC Tests zum Nachweis eines Gallengangskarzinoms. Der DiaPat®-CC Test ist ein Medizinprodukt. Die Klägerin ist als Herstellerin dieses Medizinproduktes antragsberechtigt. Gegenstand der von ihr zur Bewertung gestellten Methode ist ausweislich des Antragsinhalts die Diagnose bzw. der Ausschluss eines Gallengangskarzinoms bei Patienten mit unklaren Gallengangsprozessen, die früher und treffgenauer als mit den bisherigen Methoden erfolgen soll. Als therapeutische Konsequenz der besseren Untersuchungsergebnisse sollen die Möglichkeiten zur kurativen Therapie eines Gallengangskarzinoms verbessert werden sowie eine Lebertransplantation in den Fällen ausgeschlossen werden, in denen sie wegen eines bestehenden Gallengangskarzinoms kontraindiziert ist. Die von der Klägerin vorgestellten Diagnosemöglichkeit fußt auf der Proteomanalyse des Urins und Gallengangssekrets und damit auf einem eigenen theoretisch-wissenschaftlichem Konzept. Eine Untersuchungsmethode im Sinne des § 135 SGB V liegt demnach vor, die Gegenstand einer Erprobung sein könnte. Diese Untersuchungsmethode ist auch neu. Denn die Proteomanalyse des Urins und Gallengangssekrets zur Diagnose eines Gallengangskarzinoms ist bisher nicht im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung enthalten. Der Antrag ist formal ordnungsgemäß gestellt worden. Bei Beleg des hinreichenden Nutzens müsste die von der Klägerin entwickelte neue Untersuchungsmethode von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein, ohne dass dem rechtliche Gründe entgegenstehen würden. Das ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Streitig ist indessen das hinreichende Potenzial der Methode.
Nach § 14 Abs. 3 und 4 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung des Beklagten kann sich das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative ergeben, wenn sie aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreich einsetzbare Methoden ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann. Bei Bewertungen nach § 137c SGB V ergibt sich das fehlende Potenzial insbesondere dann, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Grundlage der vorliegenden Evidenz positiv feststellt, dass sie schädlich oder unwirksam ist. Das Potenzial einer Erprobung ergibt sich positiv dagegen etwa dann, wenn zumindest so aussagefähige wissenschaftliche Unterlagen vorliegen, dass auf dieser Grundlage eine Studie geplant werden kann, die eine Bewertung des Nutzens der Methode auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisniveau erlaubt.
Aus diesen Regelungen, insbesondere aus § 20 Abs. 4 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung des Beklagten ergibt sich zunächst, dass der Beklagte über die Anträge nach § 137e Abs. 7 SGB V in einem zweistufigen Verfahren zu entscheiden hat. Auf der ersten Stufe ist darüber zu befinden, ob der Antrag auf Erprobung einer Methode angenommen wird. Das setzt die Einhaltung bestimmter formaler Erfordernisse sowie die Feststellung eines hinreichenden Potenzials voraus. Auf der zweiten Stufe hat der Beklagte dann eine Auswahlentscheidung zu treffen, welche angenommenen Anträge zu neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden tatsächlich in die Erprobung gehen. Diese Entscheidung ist unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und nach einer vergleichenden Bewertung der den verschiedenen neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden jeweils zuzubilligenden Potenziale zu treffen.
Aus dieser Zweistufigkeit lässt sich ableiten, dass es sachlich nicht gerechtfertigt ist, die Anforderungen an die Annahme des Antrags allzu hoch anzusetzen. Allein aus der Annahme eines Antrags ergibt sich nämlich noch nicht die Verpflichtung zur Durchführung einer Erprobung. Denn auch der angenommene Antrag muss sich noch der Konkurrenz mit anderen neuen Behandlungsmethoden und -konzepten stellen. Die Nichteinstellung einer Methode in den Vergleich, dessen Ergebnis unter Berücksichtigung der zur Erprobung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gefunden werden muss, ist vor diesem Hintergrund nur gerechtfertigt, wenn die Methode ohne jedes Potenzial erscheint, so dass ihre weitere Erprobung unter keinen Umständen als gerechtfertigt erscheint. Wenn in der Verfahrensordnung des Beklagten davon die Rede ist, dass die Auswahlentscheidung auch unter Berücksichtigung eines Vergleichs der verschiedenen Potenziale der angenommenen Methoden getroffen werden kann, wird damit vorausgesetzt, dass das geringere Potenzial einer Methode noch kein Argument gegen ihre Annahme ist.
Aus der Verfahrensordnung des Beklagten ergibt sich, auf welche Art und Weise der wissenschaftliche Beweis der Wirksamkeit einer Methode geführt werden kann. Nach § 11 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung erfolgt die Auswertung der Unterlagen im Wege einer Evidenzklassifizierung nach den Absätzen 2 bis 4 und einer Qualitätsbewertung nach den Absätzen 5 bis 7. Bei der Klassifizierung der Unterlagen zu diagnostischen Methoden gelten nach Abs. 2 folgende Evidenzstufen:
I a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe I b I b Randomisierte kontrollierte Studien I c Andere Interventionsstudien II a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien zur diagnostischen Testgenauigkeit der Evidenzstufe II b II b Querschnitts und Kohortenstudien, aus denen sich alle diagnostischen Kenngrößen zur Testgenauigkeit (Sensitivität und Spezifität, Wahrscheinlichkeitsverhältnisse, positiver und negativer prädiktiver Wert) berechnen lassen III Andere Studien, aus denen sich die diagnostischen Kenngrößen zur Testgenauigkeit (Sensitivität und Spezifität, Wahrscheinlichkeitsverhältnisse) berechnen lassen IV Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, u. ä.; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Expertinnen und Experten, Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen.
Die Klägerin will ausweislich ihres gestellten Antrags die Diagnostik eines Gallengangskarzinoms verbessern. Sie hat zu ihrem Antrag mit den Berichten von Lankisch, Metzger und Voigtländer Studien der Evidenzklasse III vorgelegt. Zudem kann sie sich für die Wirksamkeit der von ihr angebotenen diagnostischen Möglichkeiten auf die Meinungen von Experten berufen, die allerdings nicht mit Studien belegt sind. Diese Einordung der von der Klägerin vorgelegten Wirksamkeitsnachweise bezweifelt auch der Beklagte nicht. Die Berichte des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, auf die er verweist, bestätigen vielmehr ausdrücklich, dass es sich bei den Studien, auf die sich die Klägerin beruft, um solche der Evidenzklasse III handelt. Der Beklagte stellt allerdings die Validität dieser Studien in Frage, weil sie nicht nachweisen würden, dass die diagnostische Methode gerade in der Zielgruppe, bei der sie nach dem gestellten Antrag eingesetzt werden solle, zu verbesserten Ergebnissen führe. Darauf kommt es nach der Rechtsauffassung des Senats indessen nicht an.
Für die an einen hinreichenden Nachweis zu stellenden Anforderungen ist davon auszugehen, dass der Verfahrensordnung des Beklagten nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, welchen Validitäts-Anforderungen die von einem Hersteller vorgelegten Studien genügen müssen, um das hinreichende Potenzial einer neuen Methode belegen zu können. Die Verfahrensordnung verlangt lediglich, dass die vorliegenden wissenschaftlichen Unterlagen so aussagefähig sind, dass auf ihrer Grundlage eine Studie geplant werden kann, die eine Bewertung des Nutzens der Methode auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisniveau erlaubt. Wenn das ausreichend sichere Erkenntnisniveau demnach erst durch die Erprobungsstudie erreicht werden soll, kann es nicht schon Voraussetzung dafür sein, dass mit einer Erprobung überhaupt begonnen werden kann. Die abschließende Feststellung des Nutzens einer Untersuchungsmethode ist das mögliche Ergebnis einer Erprobungsregelung, nicht aber schon ihre Voraussetzung.
Ein hinreichendes Potenzial setzt offensichtlich noch keine Gewissheit voraus, jedoch auch mehr als bloße Vermutungen. Ohne Erfolg wirft der Beklagte der Klägerin aber unter Berufung auf die Darlegungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen vor, dass sich aus den vorgelegten Studien keinerlei Aussagen zu den behaupteten Potenzialen ableiten lasse, weil die Zielgruppe der von der Klägerin angebotenen Diagnostik nicht identisch sei mit dem Patientenklientel, das in den vorliegenden Studien beschrieben und ausgewertet worden sei. Der Beklagte begründet diesen Vorwurf damit, dass die Diagnostik nach der im Antrag vorgestellten Konzeption bei Patienten ohne akute Symptomatik eingesetzt werden solle, die Studien sich dagegen beziehen würden auf Patienten, bei denen entweder die Behandlungsbedürftigkeit bereits bekannt oder die Diagnose eines CC gesichert sei. Damit verkennt der Beklagte indessen, dass sich jedenfalls ein erster Hinweis auf die diagnostischen Möglichkeiten der in Frage stehenden Methode auch ergibt, wenn sie in bereits bekannten Fällen von Gallenkrebs eingesetzt wird und dann zu einer höheren Bestätigungsquote der bekannten Diagnose führt als andere diagnostische Methoden. Dass sich die von der Klägerin angebotene Diagnostik unter bestimmten Bedingungen als erfolgreich herausgestellt hat, ist zwar kein auf Erfahrung beruhender Beweis dafür, dass derselbe Erfolg ebenso unter anderen Bedingungen eintreten würde, insbesondere auch bei Patienten ohne akute Symptomatik. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich das für die Annahme ausreichende hinreichende Potenzial einer Untersuchungsmethode nach § 14 Abs. 3 des 2. Kapitels der VerfO des Beklagten aber aus dem Wirkprinzip einer Methode und den zu ihr bereits vorhandenen Erkenntnissen. Der Hinweis auf das Wirkprinzip als theoretische Grundlage der in Frage stehenden Methode wäre überflüssig, wenn die Annahme eines hinreichenden Potenzials voraussetzen würde, dass die Methode sich in allen ihren wesentlichen Anwendungsbereichen, die der jeweilige Antrag beschreibt, in der Praxis bereits bewährt und valide Ergebnisse gezeigt hat. Demnach reicht für die Bejahung eines hinreichenden Potenzials auch die auf dem Wirkprinzip beruhende Annahme aus, dass eine diagnostische Methode sich in den ihr zugedachten Anwendungsbereichen als erfolgreich erweisen kann, wenn das Wirkprinzip als solches durch die Praxis bereits bestätigt worden ist. Sofern nach dem theoretischen Prinzip die Übertragbarkeit der Wirkung einer neuen Untersuchungsmethode auf einen weiteren Anwendungsbereich nahe liegt, fehlt das hinreichende Potenzial für diesen Anwendungsbereich nur, wenn sich auch unter den Bedingungen, unter denen eine neue Untersuchungsmethode bisher erprobt worden ist, noch keine nachweisbare Funktionalität gezeigt hat. Letzteres ist bei der von der Klägerin zur Bewertung gestellten Untersuchungsmethode aber nicht der Fall. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat zudem bestätigt, dass das theoretische Konzept der von der Klägerin entwickelten Proteomanalyse zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms als solches nachvollziehbar sei. Insoweit ist nicht erkennbar, was dagegen sprechen sollte, dass der Nachweis eines Gallengangskarzinoms im Wege der Proteomanalyse auch bei Patienten ohne akute Symptomatik möglich ist.
Der Beklagte stellt zudem nicht in Frage, dass eine weitere Erprobung der Methode der Klägerin unter Bedingungen durchgeführt werden könnte, die hinreichend objektive Rückschlüsse auf die Wirksamkeit in dem der Methode zugedachten Anwendungsbereich ermöglichen würden. Er hält allerdings die von der Klägerin in ihrem Antrag genannten Eckpunkte einer Erprobungsstudie für unzureichend. Darauf kommt es aber schon deswegen nicht an, weil das Design der Erprobungsstudie nicht notwendiger Inhalt des Antrags nach § 137e Abs. 7 SGB V ist. Darüber hat nach § 22 Abs. 1 des 2. Kapitels der VerfO nämlich der Beklagte selbst zu entscheiden. Schließlich ergibt sich auch kein entscheidendes Argument gegen die Annahme des Antrags daraus, dass der Beklagte nach seiner Darstellung insbesondere aus der mündlichen Verhandlung wegen der Unvollständigkeit der bisher vorhandenen Erkenntnisse mehrere Studien auflegen müsste, ehe er abschließend die Wirksamkeit der Untersuchungsmethode der Klägerin beurteilen könnte. Weder dem Gesetz noch der Verfahrensordnung des Beklagten ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass Voraussetzung für die Annahme eines Antrags auf Erprobung einer Methode ist, dass die noch offenen Fragen abschließend in einer Studie beantwortet werden können. § 20 Abs. 4 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung formuliert zwar, dass ein Potenzial insbesondere dann vorliegen kann, wenn auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse eine Studie geplant werden kann, die eine Bewertung des Nutzens der Methode auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisniveau erlaubt. Das spricht zwar dafür, dass die abschließende Erprobung grundsätzlich in einer einzigen Studie durchgeführt werden soll. Aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt sich aber auch, dass noch andere Fälle denkbar sind, in denen ein hinreichendes Potenzial vorliegt. Da die Voraussetzung der Notwendigkeit nur einer weiteren Studie eine wesentliche Einschränkung der Möglichkeiten einer Erprobung darstellt, hätte der Normgeber sie ausdrücklich und uneingeschränkt formulieren müssen, wenn er ihre Geltung gewollt hätte. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung bedeutet deswegen, dass der Beklagte aus der von ihm selbst aufgestellten Beschränkung nichts herleiten kann. Zu Unrecht hat der Beklagte danach den Antrag der Klägerin abgelehnt, weil dieser kein hinreichendes Potenzial aufwies.
Bei Bejahung eines hinreichenden Potenzials hat der Beklagte unter Abwägung mit anderen Methoden und unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er eine Erprobungsrichtlinie in Bezug auf die kombinierte Proteomanalyse des Gallensekrets und des Urins zur Erkennung eines Gallengangskarzinoms beschließt. Diese Frage ist zurzeit noch nicht spruchreif, weil der Beklagte den von dieser neuen Methode zu erwartenden Nutzen noch nicht mit dem Nutzen verglichen hat, der von der Anwendung anderer Methoden zu erwarten ist, deren Erprobung ebenfalls in Frage steht. Demgemäß kann der Beklagte nur zur Neubescheidung verurteilt werden. Bei der Neubescheidung wird der Beklagte nach Auffassung des Senats nicht nur den durch die Erprobung der Methode der Klägerin entstehenden besonderen Aufwand zu berücksichtigen haben, sondern auch den von ihr für die Versicherten zu erwartenden Nutzen.
Nach alledem war der angefochtene Bescheid aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung zu verurteilen. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm § 154 VwGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Erprobung einer neuen Untersuchungsmethode.
Der Kläger stellte am 31. Januar 2013 bei dem Beklagten einen Antrag zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 137e Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für den DiaPat®-CC Test, der letztmalig am 28. Juni 2013 aktualisiert wurde. Dieser Test ist als In-Vitro-Diagnostikum beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information registriert. Er basiert auf einer Proteomanalyse im Gallensekret (BPA) und im Urin (UPA), mit der aufgrund sich ergebender charakteristischer Proteinmuster erkannt werden soll, ob bei Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) bereits ein bösartiges Gallengangskarzinom (CC) vorliegt. Der Nutzen des Tests liege darin, dass die verlässliche Früherkennung eines CC unabdingbar sei, da eine kurative Therapie nur möglich sei, solange sich der Tumor noch in einem sehr frühen Stadium befinde. Auch bestehe die Notwendigkeit, vor einer Lebertransplantation das Vorliegen eines in einem fortgeschrittenen Stadium befindlichen CC auszuschließen, da die wegen der Transplantation erfolgenden Immunsuppression ein beschleunigtes Tumorwachstum auslöse. Die Überwachung des Zustands erfolge bisher mittels invasiver Endoskopie der Gallenwege (ERCP). Diese sei nur bedingt aussagekräftig und diagnosesicher nur bei 36 bis 46 % der Patienten, wohingegen der kombinierte BPA/UPA Test diagnosesicher bei mehr als 90 % der Versicherten sei. Die Klägerin bezog sich zum Nachweis des Potenzials ihres Verfahrens auf drei Studien, eine von Lankisch aus dem Jahre 2011 mit 94 Patienten und zwei von Metzger aus dem Jahr 2013 mit 164 und 87 Patienten. Sie wies darauf hin, dass gegenwärtig eine weitere Studie laufe und noch eine weitere geplant sei.
Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 19. September 2013 den Antrag ab, weil die Voraussetzungen für die Feststellung eines hinreichenden Potenzials aus den eingereichten Unterlagen nicht hervorgingen. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17. April 2014 zurück. Das Vorliegen eines hinreichenden Potenzials dürfe nicht nur dann abgelehnt werden, wenn die Unwirksamkeit und Schädlichkeit einer Methode positiv festgestellt worden sei. Es komme auch nicht auf die Einschätzung einzelner Fachgesellschaften oder Forschungskreise an, sondern allein auf die vorgelegten Unterlagen. Der Antrag habe sich auf den Einsatz des DiaPat®-CC Tests zur Erkennung eines CCs bezogen. Aber auch die anderen für ein Potenzial der Methode in Betracht kommenden Aussagen in dem Antrag seien bewertet worden. Die Angaben zur diagnostischen Güte der Methode seien nicht nachvollziehbar. Es sei schon unklar, worauf sich der angebliche Zugewinn beziehe. Der Antrag liefere zudem keine hinreichende Definition eines zur Bewertung der Testgüte notwendigen Komparators. Die eingereichten Studien seien nicht geeignet, die Testgüte für die genannte Zielpopulation zu belegen. Die Studien lieferten keine verlässlichen Daten dazu, inwieweit durch den DiaPat®-CC Test die diagnostische Güte gegenüber der bisherigen Standarddiagnostik einschließlich ERCP tatsächlich erhöht werde. Auch fehlten Angaben dazu, welche konkreten Änderungen des therapeutischen Managements sich aus der Anwendung des DiaPat®-CC Test ergeben würden. Es seien keine Aussagen darüber möglich, ob durch den DiaPat®-CC Test perkutane Leberbiopsien vermieden werden könnten. Die vorgelegten Studien würden ebenso wenig Aussagen dazu enthalten, ob der DiaPat®-CC Test zum Ausschluss eines CC vor einer Lebertransplantation geeignet sei. Soweit die Klägerin das Ziel verfolge, mit dem Einsatz des DiaPat®-CC Tests eine Änderung des diagnostischen oder therapeutischen Managements zu erreichen, müsse eine Studie vorgelegt werden, aus der sich der Nutzen für die definierte Zielgruppe ergebe. Die Klägerin sehe gegenwärtig noch selbst Verbesserungsbedarf an ihrem Verfahren. Ohne hinreichendes Potenzial könne der Erprobungsantrag nicht angenommen werden.
Mit der am 8. Mai 2014 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Klage hat die Klägerin zunächst begehrt, den Widerspruchsbescheid des Beklagten aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Antrag auf Erprobung der kombinierten Proteomanalyse des Gallensekrets und des Urins zur Erkennung eines Gallengangskarzinoms gemäß § 137e Abs. 7 SGB V stattzugeben. Sie - die Klägerin - habe einen Antrag zur Bewertung eines Medizinprodukts gestellt, in dem ein Antrag auf Erprobung einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode liege. Der Beklagte habe das Potenzial der Methode mit sachfremden und falschen Erwägungen verkannt. Sie - die Klägerin - sei als Herstellerin eines Medizinproduktes antragsberechtigt. Der Antrag sei bezogen auf die technische Anwendung und den Einsatz des von ihr hergestellten Medizinproduktes gestellt worden. Er sei formgerecht gewesen, strukturiert unter Verwendung der hierfür vorgesehenen Formulare gestellt worden. Der Beklagte habe keine weiteren Unterlagen angefordert. Die auf das Medizinprodukt bezogene Untersuchungs- und Behandlungsmethode stelle einen zulässigen Antragsgegenstand nach § 137e Abs. 7 SGB V dar, da die Methode neu sei. Eine Methode sei eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liege, das ihre systematische Anwendung in der Untersuchung und Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertige. Das Verfahren zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms unterscheide sich methodisch-wissenschaftlich von den bisherigen invasiven endoskopischen oder bildgebenden Verfahren. Nach den einschlägigen Abrechnungsregelungen sei die neue Methode nicht bereits als GKV-Leistung abrechenbar. Der Antrag sei von dem Beklagten nicht innerhalb der vorgesehenen Bearbeitungsfrist von drei Monaten bearbeitet worden. Sie - die Klägerin - habe das Potenzial der Methode hinreichend dargelegt. Der Beklagte habe zu prüfen gehabt, ob die neue Methode bei Vorliegen eines hinreichenden Nutzenbelegs von Leistungsanspruch der GKV umfasst werde und ob etwas ihrer Erbringung im Rahmen der Erprobung und als Regelleistung entgegenstehe. Die Erprobung erweitere den Versorgungsumfang der GKV. Der Beklagte habe keine Potenzialbewertung durchgeführt, sondern einen Evidenznachweis analog dem Zulassungsverfahren für Medikamente gefordert. Die Voraussetzungen für den Evidenznachweis seien im Rahmen des § 137e SGB V zu hoch angesetzt. Zwar dürfe der Beklagte seine Prüfung auf die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen beschränken. Er müsse aber den richtigen Maßstab anlegen. Ein Potenzial sei festzustellen, wenn sich aus der aktuellen Erkenntnislage die wissenschaftlich fundierte Erwartung ableiten lasse, dass mit der Erprobung ein relevanter Vorteil gegenüber dem bisherigen Forschungsstandard nachgewiesen werde und die wissenschaftlichen Untersuchungen schon so weit aussagefähig seien, um auf ihrer Grundlage eine zur abschließenden Bewertung geeignete Studie zu planen. Die Proteom Analyse im Gallensekret und im Urin sei die erste anwendungsreife Analysemethode, die erkenne, ob bei Patienten mit unklarer Veränderung der Gallenwege, insbesondere mit einer primär sklerosierenden Cholangitis, ein bösartiges Cholangiokarzinom vorliege. Ohne den Einsatz der Proteom-Analyse im Gallensekret und im Urin würde die Methode ihr theoretisch-wissenschaftliches medizinisches Vorgehen verlieren. Für die Bestimmung der Therapieform sei eine genaue Unterscheidung zwischen primär sklerosierenden Cholangitis und Cholangiokarzinom erforderlich. Ein Patient mit einem nicht erkannten Cholangiokarzinom werde nach einer Lebertransplantation wegen der verabreichten Immunsuppressiva versterben, die das Tumorwachstum unkontrollierbar beförderten; auch gehe das Spenderorgan für einen anderen Patenten verloren. Ein erkanntes Cholangiokarzinom könne dagegen kurativ behandelt werden. Die primär sklerosierende Chonlangitis sei der größte Risikofaktor für die Entstehung eines Cholangokarzinoms. Der Test basiere auf einer Technologie, nach der die Gesamtheit der Proteine einer Körperflüssigkeit kapillarelektrophoretisch aufgetrennt und massenspektrometrisch analysiert würden. Sie ermögliche erstmals konkrete Vergleiche mit krankheitsspezifischen Referenzmustern. Die Proteom-Muster-Analyse sei die einzige diagnostische Methode, die aus Körperflüssigkeiten ein Proteininformationssystem analysiere und die Zuordnung zu einem krankheitsspezifischen Reaktionsmuster ermögliche. Die primär sklerosierende Cholangitis gehöre zu den seltenen Erkrankungen mit schweren Verlaufsformen. Soweit andere therapeutische Maßnahmen nicht möglich seien, erfolge eine Lebertransplantation. Vor der Aufnahme in die Warteliste für Transplantation und während der Wartezeit müsse das extrahepatitische Tumorwachstum ausgeschlossen sein. Der Beklagte sei zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit verpflichtet. Die erheblich verbesserte Erkennung des Cholangokarzinoms rette nicht nur Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis das Leben stiftende Transplantat, sondern rette auch den Patienten mit bisher nicht erkanntem Cholangokarzinom das Leben allein durch die Vermeidung der Transplantation. Das Instrument der Erprobungsrichtlinie diene der Vermeidung eines Systemversagens innerhalb des Sachleistungssystems der Krankenversicherung. Deswegen greife die Begründung des Beklagten nicht, wonach sich der Nikolausbeschluss nur auf den Einzelfall beziehe. Sie – die Klägerin – habe mehrere Studien der Phase III und der Phase IV und sonstige Studien vorgelegt. In dem möglichen Anwendungsbereich des Tests lägen orphan diseases vor. Die unklaren Erkrankungen der Gallenwege nähmen deutlich zu.
Rechtswidrig leite der Beklagte aus ihrem – der Klägerin - Bemühen um weitere Verbesserung der Methode ab, dass noch kein abgeschlossen validiertes Diagnostikprodukt vorliege. Damit widerspreche er seinen eigenen formalen Voraussetzungen zur Antragstellung. Es müsse nur ein Nachweis für das erste Inverkehrbringen eines Medizinprodukts vorliegen. Der DiaPat®-CC Test in Kombination mit der BPA/UPA sei beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information registriert. Auch für angemeldete und in den Verkehr gebrachte Produkte würden stets weitere Studien zum Beleg der Wertigkeit durchgeführt. Deswegen könne aber nicht die Ernsthaftigkeit des gestellten Antrags in Frage gestellt werden. Der Beklagte setze fälschlicherweise die Voraussetzungen des § 137e SGB V mit denen des § 135 SGB V gleich. Zwar seien auch die Voraussetzungen des § 135 SGB V erfüllt. Tatsächlich habe die Beklagte aber nur das Bestehen eines hinreichenden Potenzials festzustellen gehabt. Eine reduzierte Studienanforderung sei auch geboten, weil analog zur Medikamentenbewertung ein orphan drug bzw. orphan disease Status vorliege. Je geringer die Anzahl der betroffenen Patienten und je größer die Wahrscheinlichkeit sei, mit der innovativen Therapie die Mortalität zu vermeiden oder herauszuzögern, desto geringer seien die Studienanforderungen. Nach den Regeln liege eine orphan drug bzw. disease bei einem Krankheitsfall von 0,5 pro Tausend vor. Bei der CC seien 0,04 Krankheitsfälle pro Tausend Versicherte gegeben. Die jährlich 4.000 Patienten würden auf den Verdacht eines Gallengangskrebs mit einer Endoskopie untersucht. Von 10 Patienten mit einem CC würden nur 6 richtig klassifiziert. Die zusätzliche BPA/UPA verbessere die CC-Diagnostik um mindestens 30- 40 Prozent. Durch die Endoskopie-Diagnostik seien 50 Todesfälle pro Jahr zu beklagen, weitere 4-7 Prozent der endoskopierten Patienten würden schwerwiegende Komplikationen ausbilden. Mit der BPA/UPA sei eine Methode zu bewerten, die genauere Therapieentscheidungen ermögliche, das Versterben von CC-Patienten verhindere und das Erhalten von Lebertransplantaten ermögliche. Der Widerspruchsbescheid enthalte keine korrekte Bewertung der Güte der vorhandenen Tests zur Bestimmung des CC. Falsch sei insbesondere die Angabe, die Klägerin habe selbst vorgetragen, dass die diagnostische Genauigkeit von MCRP (bildgebendes Verfahren) und Endoskopie zusammen bei 70 bis 80 Prozent lägen. Die UPA ziele auf einen weitestgehenden Verzicht auf die invasive ERCP ab. Durch die BPA/UPA könnten im Gegensatz zur MCRP auch die nicht sichtbaren Tumormassen diagnostiziert werden. Bei Zugrundelegung der vom Beklagten angegebenen Maximalwerte ergebe sich immer noch ein diagnostischer Zugewinn von 17 bis 24 % in der Erkennung des CC. Es gebe in der CC-Surveillance keinen diagnostischen Test, der sowohl eine hohe Sensivität als auch eine hohe Spezifität ausweise. Die diagnostische Genauigkeit bildgebender und endoskopischer Verfahren würde zwischen den publizierten klinischen Studien erheblich variieren. Wegen der diagnostischen Einschränkungen bildgebender Verfahren sei eine eindeutige Identifizierung eines CC mittels bildgebender Verfahren oftmals schwierig. Sie stellten nur einen Teil der möglichen Ausprägungen eines CC dar, erfassten nur späte Tumorstadien und seien im Hinblick auf die Differenzierung zu benignen Strukturen sehr anspruchsvoll. Die bevorzugte Bewertung der bildgebenden Verfahren durch den Beklagten sei nicht zu rechtfertigen. Eine seriöse Bewertung hätte den Vorteil der BPA/UPA erkennen und das diagnostische Defizit der bestehenden Methoden darstellen müssen. Der DiaPat®-CC Test bestehe aus der Proteomanalyse in Gallensekret (BPA) und Urin (UPA) zur Diagnose einen CC. Eine Beschränkung auf den UPA Test bei der Bewertung sei weder beantragt noch angemessen. Im Gegensatz zu der kombinierten BPA/UPA Proteom-Analyse sei mit den Standardverfahren derzeit nur bei 36 - 46 Prozent die Diagnose eines CC zu stellen. Zudem sei mit der nicht invasiven UPA erstmals ein Verlaufsmonitoring möglich. Die Beklagte kenne die Defizite der derzeitigen medizinischen Praxis nicht oder ignoriere sie. Bei positivem Befund in der UPA würden die entsprechenden Patienten einer Folge-ERCP zugeführt. BPA und UPA sei als ganzheitliches proteomeisches Verfahren zur Diagnose eines CC zum Zeitpunkt der Erst-ERCP und im Verlauf der Surveillance anzusehen. Der Beklage habe diesen zusammenhängenden methodischen Ansatz nicht erwägt. Für die UPA sei eine Sensitivität von 83% und eine Spezifität von 79 Prozent bei einem Cut-Off von 0,89 festgestellt. Der ermittelte Grenzwert von 0,89 werde als Referenzwert für die Diagnosestellung eines CC mittels UPA herangezogen. Bei einer Prävalenz von 12% für die Entwicklung eines CC auf dem Boden einer progressiven Cholestase über den mittleren Zeitraum zwischen Erst-ERCP und Durchführung der Lebertransplantation von drei Jahren ergebe sich bei diesem Cut-Off ein für die genaue Erkennung eines CC ausschlaggebender hoher negativer Prädikativwert von 0.90. Die Wahrscheinlichkeit für ein falsches negatives Testergebnis in zwei aufeinander folgenden UPA-Analysen liege bei 4%. Die ebenfalls hohe Spezifität von 79% zeige, dass die Anzahl der aufgrund eines falsch positiven UPA-Ergebnisses durchgeführten ERCPs bei einer Prävalenz von 12 Prozent lediglich bei 18 Prozent liege. Die nach einem positiven UPA-Test durchgeführte Folge ERCP ermögliche die Erkennung eines CC mit einem positiven Prädiktivwert von 0,90 und einem negativen von 0,92. Der Test solle die anderen nicht oder minimal-invasiven Methoden nicht gänzlich ersetzen. Das sei zu einer Erprobung gem. § 137e SGB V auch nicht erforderlich. Die UPA ermögliche auch in der labormedizinisch indifferenten Patientengruppe eine exakte Differenzierung zwischen Patienten mit CC und solchen mit einer benignen Struktur. Ein Vergleich der Testgüte lediglich über die Sensitivitäts- und Spezifitätswerte zwischen einzelnen diagnostischen Verfahren sei weder sinnvoll noch zu verantworten. Die in den bisher veröffentlichten klinischen Studien zur Proteomanalyse berücksichtigten Patientengruppen stellten einen repräsentativen Querschnitt der Zielpopulation dar. Die von dem Beklagten vorgenommene Einschränkung der Zielpopulation sei daher falsch. Die unselektive Verwendung der Validierungskohorte von 123 Patienten erkläre sich aus dem Konzept, die klinische Praxis weitgehend abzubilden. Der Beklagte fordere in seinem Widerspruchsbescheid mit der Anwendung des Bootstrappings zur Festlegung des Trennwerts ein untaugliches und nicht akzeptiertes Verfahren. Der Trennwert der UPA sei in der Zwischenauswertung der momentan laufenden Studie zur Erkennung eines CC in PSC-Patienten während der Surveillance ebenfalls an einem unabhängigem Testkollektiv validiert worden. Die beiden proteomischen Tests seien mittels logistischer Regression kombiniert worden. Der optimale Trennwert des kombinierten BPA/UPA Tests sei mit -0,5 bestimmt worden. Dieser Trennwert sei mittlerweile durch Klassifizierung weiterer Patienten bestätigt. Die kombinierte BPA/UPA-Diagnostik werde zur Diagnose eines CC bei Patienten mit unklaren Gallenwegsbeschwerden und erhöhten Leberenzym- und Cholestasewert im Bluttest im Verlauf einer Erst-ERCP durchgeführt. Die ERCP mit nachfolgender histologischer Darstellung verfüge über einen hohen positiven Prädikativwert, aber über einen niedrigen negativen Prädikativwert. Aufgrund dieser diagnostischen Lücke und dem hohen Risiko der Entwicklung eines CC müssten Patienten mit negativem Befund in der Erst-ERCP und progredientem Krankheitsverlauf weiter überwacht werden. Über den Zeitraum bis zur Lebertransplantation würden sich somit im Mittel drei bis vier Folge-ERCPs ergeben. Im ungünstigsten Fall würden in 18% der Fälle bei der UPA eine Folge-ERCP aufgrund eines falsch-positiven Befunds durchgeführt. Dieser Zahl stehe eine höhere Zahl an ERCPs gegenüber, die durch die UPA eingespart werden könnten. Die Einschätzung des Beklagten, dass der BPA/UPA nichts zur ärztlichen Therapieentscheidung beitragen könne, beruhe auf rechtsfehlerhaften Annahmen. Einen vorhandenen medizinischen status quo als Goldstandard gebe es nämlich nicht. Falsch sei die Behauptung, dass die BPA/UPA Anwendung nicht zu Einsparungen führen würde. Tatsächlich würden durch Anwendung der UPA-Methode 1575 Endoskopien in zwei Jahren des Modellversuchs eingespart. Bei einem falschen Befund seien korrektive Maßnahmen vorgesehen, die mit einer anderen Methode nicht möglich seien. Im Wege der Endoskopie sei oftmals eine Gewebeentnahme nicht möglich. Es könnten auch perkutane Leberbiopsien eingespart werden, wenn diese nur nach einem positiven Befund in der UPA durchgeführt würden. In der Erprobungsstudie solle geklärt werden, in welchen zeitlichen Abständen eine UPA in der klinischen Praxis angewandt werden solle. Der DiaPat®-CC Test ersetze die bestehenden Diagnoseverfahren nicht vollständig, sondern verbessere sie. Die Diagnose eines sekundären CC sei für Patienten, die sich aufgrund einer fortschreitenden Sklerose auf der Warteliste für eine Lebertransplantation befänden, von allergrößter Bedeutung. Falsche negative Befunde in der ERCP träten relativ häufig auf. Der Beklagte bezweifle den Nutzen der Proteomanalyse, selbst wenn der Zugewinn an diagnostischer Genauigkeit belegt sei. Bereits jetzt habe aber die BPA/UPA in den Kliniken Einfluss auf das weitere therapeutische Vorgehen. Deswegen sei ihr Einsatz in der täglichen medizinischen Praxis erforderlich.
Am 3. April 2017 hat die Klägerin einen Zeitschriftenartikel von Voigtländer et al (UEG Journal 2017, 1ff) vorgelegt, wonach sich mittels BPA und UPA eine CC-Diagnose mit größerer Genauigkeit als mit den bisherigen Methoden stellen lasse. Die Klägerin hat weiter ausgeführt, der Rechtsstreit leide daran, dass der Beklagte keinen fachärztlichen Rat aus der Gastroenterologie einhole und die Studien über die BPA/UPA falsch und willkürlich interpretiere. Der Beklagte bewerte die Methoden auf einer inkompetenten Grundlage. Die von 8 führenden Kliniken und ihren renommierten Fachärzten gestellte Anfrage zur Proteum-Analyse im Urin als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie unterstützt werde, belege den Bedarf für den Einsatz der Proteum-Analyse zur Diagnose eines CC und stelle den Common Sense da. Der Beklagte ignoriere, dass die Gastroenterologie-Ärzteschaft nur NUB-Anträge stelle, wenn objektivierbare Studienbelege vorliegen würden. Weil für die Ärzte die Rettung des Lebens ihrer Patienten an erster Stelle stehe, werde sich kein Arzt finden, der eine Studie wie von dem Beklagten gefordert beantrage oder durchführe. Die Proteomanalyse sei auf der Grundlage des Nikolausbeschlusses allen betroffenen Versicherten zu ermöglichen. Der Beklagte lasse offen, was genau mit den RCT-Studien erforscht werden solle. In der rechtsverbindlichen EU-Transplantationsrichtlinie und der Richtlinie der Bundesärztekammer sei von RCT-Studien nirgendwo die Rede. Nach der EU-Richtlinie dürften Transplantate nicht für eine RCT-Studie zur Verfügung gestellt werden, deren Gegenstand das Überleben nach einer Transplantation sei. Es stehe dem Sinn und dem Wortlaut der §§ 135, 137e SGB V entgegen, darauf abzustellen, dass der UPA/BPA Test nicht als Behandlungsstandard etabliert sei. Soweit der Beklagte darauf verweise, dass in der Transplantationsrichtlinie der Bundesärztekammer eine Pilotstudie vorgesehen sei, erwähne sie nicht, dass in Europa Lebertransplantationen bei CC ausgeschlossen seien. Diese Studie habe keine Bedeutung für die Proteomanalyse Diagnostik BPA/UPA. Der Beklagte wolle suggerieren, dass im Rahmen einer RCT die billigende Inkaufnahme des Ablebens und des Verlusts des Transplantats üblich sei. Seinem Verhalten seien mittlerweile mehrere hundert Menschen zum Opfer gefallen. Ziel der vorliegend in Frage stehenden Methode sei einzig, mittels einer weiteren Diagnostik einen Gallengangskrebs auszuschließen, damit die Transplantation das Überleben des Patienten ermögliche und das Transplantat wirksam eingesetzt werden könne. Bei einer auf das Überleben nach einer Transplantation ausgerichteten RCT wäre die Erkenntnis allein auf die Qualität der Operation, die Qualität des Spenderorgans und andere übliche Verzerrungen gerichtet. Dass ein Patient mit einer CC versterben werde, sei bereits Bestand des medizinischen Wissens. Der Beklagte wolle nur für die Proteomanalyse eine Studie erbracht sehen. Das sei willkürlich und wettbewerbsverzerrend. Bei der Bewertung anderer Innovationen würden erheblich geringere Anforderungen an die Studienbelege gestellt. Das sei auf Interessenkollisionen des Beklagten und seiner stimmberechtigten Mitglieder zurückzuführen. Neben dem Interesse, das Upcoding wie bei der chronischen Nierenerkrankung bei Diabetikern im parallelen Verfahren und die geförderten Innovationen des Innovationsfonds des Beklagten zu sichern, bestünde auch ein eigenes Interesse der Krankenkassen etwa aus der Kooperation und Beteiligung mit dem Biotechinvestor Early Bird. Angesichts der undurchschaubaren Interessenlage seien klare und rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechende Kriterien erforderlich. Der Gesetzgeber habe Studienbelege mit hohem evidenzbasierten Level als zwingende Voraussetzung vermeiden wollen, um den betroffenen Patienten schneller den Vorzug der Innovationen zu ermöglichen. Der vom Beklagten für erforderlich gehaltene RCT zum Nachweis des hinreichenden Potenzials sei rechtswidrig und auch nach strafrechtlichen Grundsätzen ausgeschlossen. Nach den internationalen Standards sei ein Nutzenbeleg von Diagnostika nur im Vergleich von innovativen Diagnostika gegen Diagnostika des status quo zu erbringen. Solche Studien seien bereits vorgelegt worden. Entgegen den Behauptungen des Beklagten habe sich die Studie Voigtländer et al 2017 auf einen repräsentativen Querschnitt der Zielgruppe bezogen. Aus den Ergebnissen gehe eine signifikante Verbesserung der Diagnostik klar hervor. Die Ergebnisse der Studie seien ebenso wie die von Lankisch 2011 und Metzger 2013 in der Fachwelt weitgehend anerkannt, was sich an der Zahl der Zitierungen zeige. Soweit der Beklagte behaupte, dass die Voigtländer et al Studie ungeeignet wäre, die notwendigen Erkenntnisse zu generieren und dass die Surveillance von PSC Patienten mittels UPA/BPA Test nicht untersucht worden seien, habe er die Studie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden. Die Behauptung des Beklagten, dass die Studie keine Erkenntnisse liefere zur Verbesserung der Diagnostik bei Patienten mit unklaren Gallenwegsprozessen, widerspreche dem Umstand, dass mit der UPA 9 CC-Patienten zusätzlich erkannt worden seien. Bei den verbleibenden 3 Patienten konnte die Diagnose nach ERCP ebenfalls gesichert werden. Die Genauigkeit der allein auf ERCP basierten CC Diagnose liege bei 60 Prozent. Falsch sei auch die Behauptung der Beklagten, dass 14 der 16 CC-Patienten extrahepatische Metastasen aufgewiesen hätten. Die Entwicklung eines extrahepatischen Tumors habe nichts mit einer Metastasierung des primären Tumorherdes zu tun. Werde bei einer ERCP auch das Ergebnis des BPA/UPA Tests berücksichtigt, führe das anhand der ermittelten Testgenauigkeit in der prospektiven Studiengruppe Voigtländer 2017 zu einer hohen Sicherheit, schon in der ersten ERCP ein CC zu erkennen. Ein durchgängig negativer Befund in der UPA bei der Surveillance eines PSC-Patienten mit progredientem cholestatischem Krankheitsverlauf gewährleiste die Durchführung einer Lebertransplantation ohne Gefahr eine unentdeckten CCs.
Aus der Bejahung eines hinreichenden Potenzials ergebe sich zwingend die Durchführung einer Erprobungsstudie. Die aus dem Innovationsfonds nach § 92a SGB V geförderten innovativen Methoden würden mit den nach § 137e SGB V zu erprobenden Methoden konkurrieren. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Anspruch von einem Versicherten oder durch einen Antragsteller nach § 137e SGB V geltend gemacht werde. Der Anspruch der Patienten auf die Methode ergebe sich aus § 2 Abs. 1a SGB V. Die rechtswidrige Verkürzung der Leistungsansprüche der Versicherten verletze sie – die Klägerin – in ihren Grundrechten aus Art. 3, 5, 12 und 14 GG. In der Rechtsprechung des BSG sie anerkannt, dass im Falle eines Systemversagens auch ohne entsprechende Anwendungsempfehlung ein Leistungsanspruch bestehen könne. Ein solcher Fall des Systemversagens liege vor, weil der Beklagte ethisch unvertretbare Studien verlange.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihren Antrag auf Erlass einer Richtlinie zur Erprobung der Proteomanalyse BPA/UPA zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms als add on Diagnostik unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seine Entscheidung sei rechtmäßig. Die im 2. Kapitel § 20 Abs. 2 VerfO geregelten Annahmevoraussetzungen für den von der Klägerin gestellten Antrag lägen nicht vor. Verfahrensgegenstand sei nicht der Einsatz der alleinigen Proteomanalyse im Urin im Rahmen der Surveillance, sondern die Methode der Proteomanalyse zur Erkennung des cholangiozellulären Karzinoms, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz des Medizinprodukts DiaPat®-CC basiere. Der DiaPat®-CC-Test sei definiert als Kombination von UPA und der Proteomanalyse im Gallensekret. Darauf beziehe sich auch die Registrierung des Medizinprodukts beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Für die Entscheidung über den gestellten Antrag komme es darauf an, ob nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Erkenntnissen ein Potenzial naheliege und nur noch ein letzter Nachweis durch eine abschließende Studie erforderlich sei. Eine Erprobung nach § 137e SGB V solle dem Gewinn der für eine abschließende Methodenbewertung notwendigen Erkenntnisse dienen. Das Verfahren zur Ermittlung des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse werde durch die Verfahrensordnung konkretisiert. Insbesondere sei der Nutzen der Methode durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Die Kernfragestellung sei, ob die zu erprobende Methode gegenüber den vorhandenen Methoden tatsächlich den mit dem behaupteten Potenzial versprochenen Vorteil habe. Für andere Fragen sei daneben keinen Raum. Dagegen spreche schon der Grundsatz des wirtschaftlichen Einsatzes von Beitragsmitteln. Der patientenrelevante Nutzen der Methode könne sich erst aus ihrer Kombination im Rahmen der diagnostisch-therapeutischen Behandlungskette ergeben. Deswegen müssten sich aus den vorgelegten Studien Daten über die Möglichkeit einer Verbesserung der Behandlung durch die Anwendung der konkreten Methode ergeben. Es reiche nicht, den Nutzen einer Behandlungsmethode theoretisch darzulegen, wenn es an Daten dazu fehle, ob diese Vorteile sich tatsächlich einstellen. Die von der Klägerin vorgelegten Erkenntnisse würden kein Potenzial belegen, dass die Planung einer Erprobungsstudie rechtfertige. Daran ändere auch die zuletzt an der medizinischen Hochschule Hannover erstellte Studie (Voigtländer 2017) nichts. Auf den Potenzialbericht des IQWiG werde Bezug genommen. Insbesondere fehle es an einer auf die Zielpopulation bezogenen Studie. Es komme nicht auf das Evidenzniveau der vorgelegten Studien, sondern auf deren Fragestellung an. Nach den Angaben der Klägerin beziehe sich das Potenzial auf die sichere und frühzeitige Erkennung eines Gallengangkarzinoms bei Patienten ohne akute Symptomatik, aber mit unklaren Gallenwegsprozessen oder einer primär sklerosierender Cholangitis. Die beiden vorgelegten maßgeblichen Studien würden sich auf dieses Patientenklientel nicht beziehen. Es fehle auch an einer hinreichenden Validierung des BPA/UPA Tests. Die Bestätigung im anvisierten Einsatzgebiet stehe nämlich noch aus. Das zeige sich auch an dem noch gestellten Förderantrag für eine speziell der Validierung dienenden Testgütestudie. Auf die Frage, ob die bestehende Datenlage nach dem Medizinproduktegesetz ausreichend sei, komme es daneben nicht an. Die Zwecksetzung des MPG und die Vorgaben zur Methodenbewertung im SGB V seien zu unterschiedlich. Weiter gebe es keine Daten zur Erkennung speziell früher Stadien. Es fehlten auch Erkenntnisse zur behaupteten Verbesserung der therapeutischen Ergebnisse. Schließlich fehlten Daten zu tatsächlichen Einsparungen invasiver Diagnostik im konkreten Diagnostik bzw. Surveillance-Setting. Aus der Verletzung der Entscheidungsfrist von drei Monaten seien keine weiteren Rechtsfolgen abzuleiten. Die Erprobung nach § 137e SGB V diene zudem nicht der Verhinderung eines Systemversagens. Die auf die in der Studie befindlichen Patienten beschränkte Erprobung diene vielmehr allein dem Erkenntnisgewinn. Auch würden die Anforderungen des § 135 SGB V nicht durch eine vorherige Erprobungsstudie reduziert. Die Aussagen der Klägerin zum Nutzen ihrer Methode seien bloße Behauptungen, die nicht belegt seien. Er – der Beklagte - sei zu eigenen Literaturrecherchen nicht verpflichtet. Auch könnten weder Einzelexperten noch ein Expertenkonsens das Fehlen wissenschaftlicher Evidenz kompensieren. Das gelte auch für die sog. Seltenheitsfälle. Im Übrigen seien die Erkrankungen PSC und Gallengangskarzinom auch nicht so selten, dass ihre Erforschung ausgeschlossen erscheine. Entgegen der Darstellung der Klägerin halte er – der Beklagte – die bestehenden diagnostischen Möglichkeiten keineswegs für ausreichend und bevorzuge auch keineswegs bildgebende Verfahren. Das Fehlen von Behandlungsalternativen belege aber noch nicht das Potenzial einer Methode. Es sei nicht zweifelhaft, dass die antragsgegenständliche Methode maßgeblich auf einem Medizinprodukt beruhe. Erst die auf der Proteomanalyse basierenden Tests gäben der Methode ihr eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept. Die Durchführung randomisierter kontrollierter Studien sei nicht gänzlich ausgeschlossen. Deren ethische Zulässigkeit könne nur fraglich sein, wenn der Nutzen der neuen Methode bereits hinreichend belegt sei. Dass eine Studie auf einen oder mehrere Endpunkte als Untersuchungsziel abstellen solle, bedeute nicht, dass damit das Versterben von Patienten gemeint sei. Aus der Anerkennung der Proteom-Muster-Analyse folge noch nicht das Potenzial für die antragsgegenständliche Studie.
Die Annahme eines Antrags zur Erprobung setze allein voraus, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative habe. Die Annahme sei nur eine Voraussetzung auf dem Weg zu einer Erprobungsrichtlinie, die zusätzlich eine Auswahlentscheidung sowie das Erfüllen weiterer Bedingungen erfordere. Wäre ein Nutzen bereits belegt, was Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 135 SGB V wäre, komme eine Erprobung nach § 137e SGB V nicht mehr in Betracht. Der Nichterlass der begehrten Richtlinie greife nicht in die Grundrechte der Klägerin ein. Art. 12 GG gebe keinen Anspruch auf Ausweitung des Leistungskatalogs der GKV. Es werde nicht in einen bestehenden Zustand eingegriffen. Auch fehle es an einer Ungleichbehandlung, weil weder das Produkt eines direkten Konkurrenten oder eine konkurrierende Methode empfohlen oder erprobt werde. Die behauptete Diskriminierung des Innovationsbereichs Biotechnologie sei nicht substantiiert dargelegt. Auf einfach gesetzlicher Ebene ergäben sich ebenso wenig subjektive öffentlichen Rechte der Klägerin. § 137e SGB V gebe nur ein Recht auf Antragstellung, nicht auf die Durchführung einer Erprobung. Das folge bereits aus den Gesetzesmaterialien. Die in § 137e SGB V geregelte Drei-Monats-Frist beziehe sich allein auf die Bewertung des Potenzials, nicht auf die Entscheidung über die Durchführung einer Erprobung. Jedenfalls sei der Klageantrag unbegründet, weil das erforderliche Potenzial der gegenständlichen Methode nach wie vor nicht belegt sei. Das gelte auch unter Berücksichtigung der Studie Voigtländer et al von 2017. Entscheidungsgrundlage seien allein die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen. Die Klägerin habe schon versäumt darzulegen, welchen Stellenwert der DiaPat®-CC Test neben der Standarddiagnostik habe und welche therapeutischen Konsequenzen aus dem Testergebnis abzuleiten seien. Er – der Beklagte – fordere nicht die Durchführung von RCTs, sondern allein die Vorlage aussagekräftiger und objektivierbarer Daten. Expertenmeinungen reichten nicht aus. Um das Potenzial einer neuen Diagnosemethode zu belegen, müssten Erkenntnisse aus Studien vorliegen, welche einen Vergleich zwischen den bereits etablierten und der neuen Methode ermöglichten. Liege der angebliche Nutzen wie hier in der Möglichkeit, ein Krankheitsbild besser und schneller zu erkennen, könne sich der Nutzen nur aus einer Verbesserung patientenrelevanter Endpunkte wie Morbidität, Mortalität und Lebensqualität ergeben. Es handele sich nicht um ein unethisches Humanexperiment, wenn eine Vergleichsgruppe weiter nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft behandelt werde. Diese Frage könne sich erst stellen, wenn das Potenzial der neuen Methode bereits belegt sei. Das sei vorliegend aber noch nicht der Fall.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Mit Recht begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 und die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Der Bescheid vom 19. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2014 ist rechtswidrig, weil der Beklagte die für die Annahme eines Antrags auf Erprobung einer neuen Methode maßgeblichen Voraussetzungen verkennt. Nach § 137e Abs. 7 SGB V kann der Hersteller eines Medizinprodukts, auf dessen Einsatz die technische Anwendung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode maßgeblich beruht, beim Beklagten beantragen, dass dieser eine Richtlinie nach § 137e Abs. 1 SGB V zur Erprobung der neuen Methode beschließt. Nach § 137e Abs. 1 SGB V kann der Beklagte unter Aussetzung eines Bewertungsverfahrens eine Richtlinie zur Erprobung beschließen, um die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen, wenn er bei der Prüfung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu der Feststellung gelangt, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend erforscht ist. Gemäß § 137e Abs. 7 Satz 2 und 3 SGB V hat der Antragsteller aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, aus denen das hinreichende Potenzial der Methode für eine Erprobung hervorgeht und eine Verpflichtungserklärung über die Übernahme der Kosten der Erprobung im angemessenen Umfang vorzulegen.
Ergänzende Regelungen enthält die nach § 91 Abs. 6 SGB V rechtsverbindliche Verfahrensordnung des Beklagten. Nach § 20 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung ist der Antrag anzunehmen, wenn 1. er von einem Antragsberechtigten nach § 17 gestellt wurde, 2. das Antragsformular nach Anlage I vollständig gemäß § 18 in der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses eingereicht wurde, 3. die neue Methode bei Vorliegen eines hinreichenden Belegs des Nutzens nach § 135 oder § 137c SGB V vom Leistungsanspruch des gesetzlich Krankenversicherten umfasst wäre, 4. der Erbringung der Methode im Rahmen der Erprobung oder als Regelleistung der GKV keine rechtlichen Gründe entgegenstehen und 5. der Antragsteller mit dem Antrag durch aussagekräftige Unterlagen darstellt, dass die Methode das hinreichende Potenzial nach den Kriterien gemäß § 14 Absatz 3 und 4 für eine Erprobung bietet.
Der Beklagte hat über einen Antrag nach § 20 Abs. 1 Satz 1 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung zu entscheiden. Das ist allerdings eine bloße Ordnungsvorschrift, aus deren Verletzung sich noch nicht die Rechtswidrigkeit eines verspätet ergangenen Bescheides ergibt.
Mit der Annahme des Antrags ist gem. § 20 Abs. 3 des 2 Kapitels der Verfahrensordnung das Potenzial einer Erprobung festgestellt. Ein angenommener positiv beschiedener Antrag wird in zwei Haushaltsaufstellungen nach Absatz 4 Satz 2 berücksichtigt. Die Annahme des Antrags begründet keinen Anspruch auf eine Erprobung nach § 137e SGB V. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet einmal jährlich im Rahmen seiner Haushaltsaufstellung für das Folgejahr entsprechend 1. Kapitel § 5 Absatz 1 nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der weiteren vorliegenden Potenzialfeststellungen über die Einleitung eines Beratungsverfahrens zu einer entsprechenden Erprobungs-Richtlinie. Für die Entscheidung über die Verfahrenseinleitung ist der Vergleich der Potenziale der untersuchten Methoden und die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Erprobung maßgeblich. Die Entscheidung ist unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu treffen; § 137c Absatz 1 Satz 3 SGB V bleibt unberührt.
Gegenstand des Antrags der Klägerin ist die Erprobung des DiaPat®-CC Tests zum Nachweis eines Gallengangskarzinoms. Der DiaPat®-CC Test ist ein Medizinprodukt. Die Klägerin ist als Herstellerin dieses Medizinproduktes antragsberechtigt. Gegenstand der von ihr zur Bewertung gestellten Methode ist ausweislich des Antragsinhalts die Diagnose bzw. der Ausschluss eines Gallengangskarzinoms bei Patienten mit unklaren Gallengangsprozessen, die früher und treffgenauer als mit den bisherigen Methoden erfolgen soll. Als therapeutische Konsequenz der besseren Untersuchungsergebnisse sollen die Möglichkeiten zur kurativen Therapie eines Gallengangskarzinoms verbessert werden sowie eine Lebertransplantation in den Fällen ausgeschlossen werden, in denen sie wegen eines bestehenden Gallengangskarzinoms kontraindiziert ist. Die von der Klägerin vorgestellten Diagnosemöglichkeit fußt auf der Proteomanalyse des Urins und Gallengangssekrets und damit auf einem eigenen theoretisch-wissenschaftlichem Konzept. Eine Untersuchungsmethode im Sinne des § 135 SGB V liegt demnach vor, die Gegenstand einer Erprobung sein könnte. Diese Untersuchungsmethode ist auch neu. Denn die Proteomanalyse des Urins und Gallengangssekrets zur Diagnose eines Gallengangskarzinoms ist bisher nicht im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung enthalten. Der Antrag ist formal ordnungsgemäß gestellt worden. Bei Beleg des hinreichenden Nutzens müsste die von der Klägerin entwickelte neue Untersuchungsmethode von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein, ohne dass dem rechtliche Gründe entgegenstehen würden. Das ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Streitig ist indessen das hinreichende Potenzial der Methode.
Nach § 14 Abs. 3 und 4 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung des Beklagten kann sich das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative ergeben, wenn sie aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreich einsetzbare Methoden ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann. Bei Bewertungen nach § 137c SGB V ergibt sich das fehlende Potenzial insbesondere dann, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Grundlage der vorliegenden Evidenz positiv feststellt, dass sie schädlich oder unwirksam ist. Das Potenzial einer Erprobung ergibt sich positiv dagegen etwa dann, wenn zumindest so aussagefähige wissenschaftliche Unterlagen vorliegen, dass auf dieser Grundlage eine Studie geplant werden kann, die eine Bewertung des Nutzens der Methode auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisniveau erlaubt.
Aus diesen Regelungen, insbesondere aus § 20 Abs. 4 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung des Beklagten ergibt sich zunächst, dass der Beklagte über die Anträge nach § 137e Abs. 7 SGB V in einem zweistufigen Verfahren zu entscheiden hat. Auf der ersten Stufe ist darüber zu befinden, ob der Antrag auf Erprobung einer Methode angenommen wird. Das setzt die Einhaltung bestimmter formaler Erfordernisse sowie die Feststellung eines hinreichenden Potenzials voraus. Auf der zweiten Stufe hat der Beklagte dann eine Auswahlentscheidung zu treffen, welche angenommenen Anträge zu neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden tatsächlich in die Erprobung gehen. Diese Entscheidung ist unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und nach einer vergleichenden Bewertung der den verschiedenen neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden jeweils zuzubilligenden Potenziale zu treffen.
Aus dieser Zweistufigkeit lässt sich ableiten, dass es sachlich nicht gerechtfertigt ist, die Anforderungen an die Annahme des Antrags allzu hoch anzusetzen. Allein aus der Annahme eines Antrags ergibt sich nämlich noch nicht die Verpflichtung zur Durchführung einer Erprobung. Denn auch der angenommene Antrag muss sich noch der Konkurrenz mit anderen neuen Behandlungsmethoden und -konzepten stellen. Die Nichteinstellung einer Methode in den Vergleich, dessen Ergebnis unter Berücksichtigung der zur Erprobung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gefunden werden muss, ist vor diesem Hintergrund nur gerechtfertigt, wenn die Methode ohne jedes Potenzial erscheint, so dass ihre weitere Erprobung unter keinen Umständen als gerechtfertigt erscheint. Wenn in der Verfahrensordnung des Beklagten davon die Rede ist, dass die Auswahlentscheidung auch unter Berücksichtigung eines Vergleichs der verschiedenen Potenziale der angenommenen Methoden getroffen werden kann, wird damit vorausgesetzt, dass das geringere Potenzial einer Methode noch kein Argument gegen ihre Annahme ist.
Aus der Verfahrensordnung des Beklagten ergibt sich, auf welche Art und Weise der wissenschaftliche Beweis der Wirksamkeit einer Methode geführt werden kann. Nach § 11 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung erfolgt die Auswertung der Unterlagen im Wege einer Evidenzklassifizierung nach den Absätzen 2 bis 4 und einer Qualitätsbewertung nach den Absätzen 5 bis 7. Bei der Klassifizierung der Unterlagen zu diagnostischen Methoden gelten nach Abs. 2 folgende Evidenzstufen:
I a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe I b I b Randomisierte kontrollierte Studien I c Andere Interventionsstudien II a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien zur diagnostischen Testgenauigkeit der Evidenzstufe II b II b Querschnitts und Kohortenstudien, aus denen sich alle diagnostischen Kenngrößen zur Testgenauigkeit (Sensitivität und Spezifität, Wahrscheinlichkeitsverhältnisse, positiver und negativer prädiktiver Wert) berechnen lassen III Andere Studien, aus denen sich die diagnostischen Kenngrößen zur Testgenauigkeit (Sensitivität und Spezifität, Wahrscheinlichkeitsverhältnisse) berechnen lassen IV Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, u. ä.; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Expertinnen und Experten, Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen.
Die Klägerin will ausweislich ihres gestellten Antrags die Diagnostik eines Gallengangskarzinoms verbessern. Sie hat zu ihrem Antrag mit den Berichten von Lankisch, Metzger und Voigtländer Studien der Evidenzklasse III vorgelegt. Zudem kann sie sich für die Wirksamkeit der von ihr angebotenen diagnostischen Möglichkeiten auf die Meinungen von Experten berufen, die allerdings nicht mit Studien belegt sind. Diese Einordung der von der Klägerin vorgelegten Wirksamkeitsnachweise bezweifelt auch der Beklagte nicht. Die Berichte des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, auf die er verweist, bestätigen vielmehr ausdrücklich, dass es sich bei den Studien, auf die sich die Klägerin beruft, um solche der Evidenzklasse III handelt. Der Beklagte stellt allerdings die Validität dieser Studien in Frage, weil sie nicht nachweisen würden, dass die diagnostische Methode gerade in der Zielgruppe, bei der sie nach dem gestellten Antrag eingesetzt werden solle, zu verbesserten Ergebnissen führe. Darauf kommt es nach der Rechtsauffassung des Senats indessen nicht an.
Für die an einen hinreichenden Nachweis zu stellenden Anforderungen ist davon auszugehen, dass der Verfahrensordnung des Beklagten nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, welchen Validitäts-Anforderungen die von einem Hersteller vorgelegten Studien genügen müssen, um das hinreichende Potenzial einer neuen Methode belegen zu können. Die Verfahrensordnung verlangt lediglich, dass die vorliegenden wissenschaftlichen Unterlagen so aussagefähig sind, dass auf ihrer Grundlage eine Studie geplant werden kann, die eine Bewertung des Nutzens der Methode auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisniveau erlaubt. Wenn das ausreichend sichere Erkenntnisniveau demnach erst durch die Erprobungsstudie erreicht werden soll, kann es nicht schon Voraussetzung dafür sein, dass mit einer Erprobung überhaupt begonnen werden kann. Die abschließende Feststellung des Nutzens einer Untersuchungsmethode ist das mögliche Ergebnis einer Erprobungsregelung, nicht aber schon ihre Voraussetzung.
Ein hinreichendes Potenzial setzt offensichtlich noch keine Gewissheit voraus, jedoch auch mehr als bloße Vermutungen. Ohne Erfolg wirft der Beklagte der Klägerin aber unter Berufung auf die Darlegungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen vor, dass sich aus den vorgelegten Studien keinerlei Aussagen zu den behaupteten Potenzialen ableiten lasse, weil die Zielgruppe der von der Klägerin angebotenen Diagnostik nicht identisch sei mit dem Patientenklientel, das in den vorliegenden Studien beschrieben und ausgewertet worden sei. Der Beklagte begründet diesen Vorwurf damit, dass die Diagnostik nach der im Antrag vorgestellten Konzeption bei Patienten ohne akute Symptomatik eingesetzt werden solle, die Studien sich dagegen beziehen würden auf Patienten, bei denen entweder die Behandlungsbedürftigkeit bereits bekannt oder die Diagnose eines CC gesichert sei. Damit verkennt der Beklagte indessen, dass sich jedenfalls ein erster Hinweis auf die diagnostischen Möglichkeiten der in Frage stehenden Methode auch ergibt, wenn sie in bereits bekannten Fällen von Gallenkrebs eingesetzt wird und dann zu einer höheren Bestätigungsquote der bekannten Diagnose führt als andere diagnostische Methoden. Dass sich die von der Klägerin angebotene Diagnostik unter bestimmten Bedingungen als erfolgreich herausgestellt hat, ist zwar kein auf Erfahrung beruhender Beweis dafür, dass derselbe Erfolg ebenso unter anderen Bedingungen eintreten würde, insbesondere auch bei Patienten ohne akute Symptomatik. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich das für die Annahme ausreichende hinreichende Potenzial einer Untersuchungsmethode nach § 14 Abs. 3 des 2. Kapitels der VerfO des Beklagten aber aus dem Wirkprinzip einer Methode und den zu ihr bereits vorhandenen Erkenntnissen. Der Hinweis auf das Wirkprinzip als theoretische Grundlage der in Frage stehenden Methode wäre überflüssig, wenn die Annahme eines hinreichenden Potenzials voraussetzen würde, dass die Methode sich in allen ihren wesentlichen Anwendungsbereichen, die der jeweilige Antrag beschreibt, in der Praxis bereits bewährt und valide Ergebnisse gezeigt hat. Demnach reicht für die Bejahung eines hinreichenden Potenzials auch die auf dem Wirkprinzip beruhende Annahme aus, dass eine diagnostische Methode sich in den ihr zugedachten Anwendungsbereichen als erfolgreich erweisen kann, wenn das Wirkprinzip als solches durch die Praxis bereits bestätigt worden ist. Sofern nach dem theoretischen Prinzip die Übertragbarkeit der Wirkung einer neuen Untersuchungsmethode auf einen weiteren Anwendungsbereich nahe liegt, fehlt das hinreichende Potenzial für diesen Anwendungsbereich nur, wenn sich auch unter den Bedingungen, unter denen eine neue Untersuchungsmethode bisher erprobt worden ist, noch keine nachweisbare Funktionalität gezeigt hat. Letzteres ist bei der von der Klägerin zur Bewertung gestellten Untersuchungsmethode aber nicht der Fall. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat zudem bestätigt, dass das theoretische Konzept der von der Klägerin entwickelten Proteomanalyse zur Bestimmung des Gallengangskarzinoms als solches nachvollziehbar sei. Insoweit ist nicht erkennbar, was dagegen sprechen sollte, dass der Nachweis eines Gallengangskarzinoms im Wege der Proteomanalyse auch bei Patienten ohne akute Symptomatik möglich ist.
Der Beklagte stellt zudem nicht in Frage, dass eine weitere Erprobung der Methode der Klägerin unter Bedingungen durchgeführt werden könnte, die hinreichend objektive Rückschlüsse auf die Wirksamkeit in dem der Methode zugedachten Anwendungsbereich ermöglichen würden. Er hält allerdings die von der Klägerin in ihrem Antrag genannten Eckpunkte einer Erprobungsstudie für unzureichend. Darauf kommt es aber schon deswegen nicht an, weil das Design der Erprobungsstudie nicht notwendiger Inhalt des Antrags nach § 137e Abs. 7 SGB V ist. Darüber hat nach § 22 Abs. 1 des 2. Kapitels der VerfO nämlich der Beklagte selbst zu entscheiden. Schließlich ergibt sich auch kein entscheidendes Argument gegen die Annahme des Antrags daraus, dass der Beklagte nach seiner Darstellung insbesondere aus der mündlichen Verhandlung wegen der Unvollständigkeit der bisher vorhandenen Erkenntnisse mehrere Studien auflegen müsste, ehe er abschließend die Wirksamkeit der Untersuchungsmethode der Klägerin beurteilen könnte. Weder dem Gesetz noch der Verfahrensordnung des Beklagten ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass Voraussetzung für die Annahme eines Antrags auf Erprobung einer Methode ist, dass die noch offenen Fragen abschließend in einer Studie beantwortet werden können. § 20 Abs. 4 des 2. Kapitels der Verfahrensordnung formuliert zwar, dass ein Potenzial insbesondere dann vorliegen kann, wenn auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse eine Studie geplant werden kann, die eine Bewertung des Nutzens der Methode auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisniveau erlaubt. Das spricht zwar dafür, dass die abschließende Erprobung grundsätzlich in einer einzigen Studie durchgeführt werden soll. Aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt sich aber auch, dass noch andere Fälle denkbar sind, in denen ein hinreichendes Potenzial vorliegt. Da die Voraussetzung der Notwendigkeit nur einer weiteren Studie eine wesentliche Einschränkung der Möglichkeiten einer Erprobung darstellt, hätte der Normgeber sie ausdrücklich und uneingeschränkt formulieren müssen, wenn er ihre Geltung gewollt hätte. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung bedeutet deswegen, dass der Beklagte aus der von ihm selbst aufgestellten Beschränkung nichts herleiten kann. Zu Unrecht hat der Beklagte danach den Antrag der Klägerin abgelehnt, weil dieser kein hinreichendes Potenzial aufwies.
Bei Bejahung eines hinreichenden Potenzials hat der Beklagte unter Abwägung mit anderen Methoden und unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er eine Erprobungsrichtlinie in Bezug auf die kombinierte Proteomanalyse des Gallensekrets und des Urins zur Erkennung eines Gallengangskarzinoms beschließt. Diese Frage ist zurzeit noch nicht spruchreif, weil der Beklagte den von dieser neuen Methode zu erwartenden Nutzen noch nicht mit dem Nutzen verglichen hat, der von der Anwendung anderer Methoden zu erwarten ist, deren Erprobung ebenfalls in Frage steht. Demgemäß kann der Beklagte nur zur Neubescheidung verurteilt werden. Bei der Neubescheidung wird der Beklagte nach Auffassung des Senats nicht nur den durch die Erprobung der Methode der Klägerin entstehenden besonderen Aufwand zu berücksichtigen haben, sondern auch den von ihr für die Versicherten zu erwartenden Nutzen.
Nach alledem war der angefochtene Bescheid aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung zu verurteilen. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm § 154 VwGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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