L 33 R 715/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 284/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 715/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 1. Juli 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Berücksichtigung zusätzlicher Zahlungen als Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).

Die Klägerin ist die Witwe des 1948 geborenen und 2017 verstorbenen Versicherten. Sie lebte mit dem Versicherten im Zeitpunkt seines Todes in einem Haushalt.

Der Versicherte absolvierte vom 1. September 1964 bis 31. August 1966 eine Lehre als Betriebsschlosser in der Betriebsschule des VEB Braunkohlenkombinat (BKK) Lauchhammer und war danach bis 13. September 1966 bei dem VEB BKK Lauchhammer beschäftigt. Nach einem Studium (Pflichtversicherung für Studierende vom 14. September 1966 bis 22. Juli 1969) erwarb er am 8. Juli 1969 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieur für BergbautechnikTagebau zu führen (Urkunde der Ingenieurschule für Elektrotechnik, Maschinenbau und Bergbautechnik "Ernst Thälmann" Senftenberg vom selben Tag). Anschließend war er - unterbrochen durch Wehr- und Reservedienst - vom 4. August 1969 bis 14. Januar 1971 als Schichtingenieur im Tagebau Klettwitz beim VEB BKK Lauchhammer, vom 18. Januar 1971 bis 31. Januar 1984 als Ingenieurgeologe im VEB Braunkohlenbohrungen und Schachtbau (BuS) Welzow sowie vom 1. Februar 1984 bis 31. März 1991 als Berginspektor bei der Bergbehörde Senftenberg beschäftigt (danach weitere Beschäftigungen im öffentlichen Dienst bis zum Eintritt in die Altersrente). Mit Wirkung vom 1. Februar 1984 wurde er in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates aufgenommen. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 15. November 2000 für den Versicherten Daten nach dem AAÜG fest, und zwar nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) vom 4. August 1969 bis 31. Januar 1984 (mit Unterbrechungen 1971 und 1972 wegen Wehr- und Reservedienst) sowie der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 1. Februar 1984 bis 30. Juni 1990. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See bewilligte dem Versicherten mit Bescheid vom 5. Dezember 2012 Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Januar 2013 unter Berücksichtigung der Daten nach dem AAÜG.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2012 beantragte der Versicherte am 17. Juli 2012 bei der Beklagten die Einbeziehung des Bergmanntreuegeldes und weiterer Prämien in die Rentenberechnung. Seine Anwartschaft auf Bergmanntreuegeld habe am 1. September 1964 begonnen und bis 1990 ohne Unterbrechung bestanden. Anders als bei der Jahresendprämie habe es beim Bergmanntreuegeld gesetzliche Regelungen gegeben. Hinsichtlich der Prämienzahlungen könne er nur für den Zeitraum von 1986 bis 1989 einen Nachweis beibringen. Es handele sich um die handschriftliche Handakte des ehemaligen Leiters der Bergbehörde Senftenberg und betreffe alle damaligen Mitarbeiter. Der Versicherte legte u.a. handschriftliche Notizen die Jahre 1986-1989 betreffend sowie Arbeits- und Änderungsverträge vom 16. Juni 1969, 3. September 1970, 18. Januar 1971, 1. Dezember 1977 und 1. Februar 1984 vor. Mit Bescheid vom 20. September 2012 lehnte die Beklagte den Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vom 17. Juli 2012, unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 ER) höhere Arbeitsverdienste anzuerkennen, ab. Der Bescheid vom 15. November 2000 sei rechtmäßig. Hiergegen erhob der Versicherte am 15. Oktober 2012 Widerspruch und legte eine Bescheinigung der DISOS GmbH über Arbeitsverdienste und Beschäftigungszeiten betreffend den Zeitraum vom 4. August 1969 bis 31. Januar 1984 vor. Die Beklagte holte eine Auskunft der Vattenfall Europe Business Services GmbH ein (dort lägen im Archiv keine Lohnunterlagen mehr vor) und stellte mit Bescheid vom 23. Januar 2013 die Daten nach dem AAÜG neu fest. Dabei berücksichtigte sie neben den ursprünglich festgestellten Entgelten für die Zeit vom 1. Januar 1986 bis 31. Dezember 1989 weitere zusätzliche Zahlungen als glaubhaft gemacht gemäß § 6 Abs. 6 AAÜG zu fünf Sechsteln (je weitere 200,00 M für 1986, 308,33 M für 1987, 441,67 M für 1988, 316,67 M für 1989). Zugleich hob sie ihren Bescheid vom 15. November 2000 in der Fassung des Bescheides vom 20. September 2012 insoweit auf und lehnte für die Zeiträume vom 4. August 1969 bis 30. April 1971 und vom 6. November 1972 bis 30. Juni 1990 die Berücksichtigung der geltend gemachten Belohnung ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Versicherte Widerspruch und legte ein Schreiben der Betriebsgewerkschaftsleitung der Bergbehörde Senftenberg vom 11. Juli 1990 sowie ein Schreiben des Personalrats M vom 23. Januar 1991 vor. Die Beklagte wies den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 zurück. Die Gewährung und die Höhe der zusätzlichen Belohnung für Werktätige im Bergbau seien gemäß der Verordnung vom 10. August 1950 von Bedingungen abhängig, die ohne Nachweis nicht mehr zweifelsfrei nachvollziehbar seien. Aufgrund der vom BSG vorgegebenen objektiven Beweislast könnten zusätzliche Geldleistungen nur festgestellt werden, wenn nachgewiesen sei, dass der Versicherte die Zahlungen erhalten habe und in welcher Höhe (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 4/06 R). Die Ermittlungen seien ohne Erfolg geblieben. Der Versicherte verfüge nicht über entsprechende Nachweise. Aus den von ihm vorgelegten Schreiben könne nur entnommen werden, dass eine zusätzliche Belohnung für Mitarbeiter im Bergbau gezahlt worden sei.

Hiergegen hat der Versicherte am 28. Mai 2013 bei dem Sozialgericht (SG) Cottbus Klage erhoben mit dem Begehren, die zusätzliche Belohnung für Bergleute für bestimmte Zeiträume in bestimmter Höhe (5, 8 bzw. 10% des Bruttoentgelts des Vorjahres) zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2013 hat der Versicherte am 3. Juni 2013 bei der Beklagten die Berücksichtigung einer Jahresendprämie für die Zeit seiner Beschäftigung als Ingenieurgeologe beim VEB BuS Welzow beantragt und sich dabei auf die von ihm beigefügte Erklärung vom 26./11. April 2010 der Herren P und Dr. W (Generaldirektor und Direktor Ökonomie des VE BKK Senftenberg) bezogen. Mit Schreiben vom 30. Juni 2013 hat der Versicherte eine Berechnung der Jahresendprämie auf der Grundlage der von der DISOS GmbH bescheinigten Entgelte und der in der Erklärung aus April 2010 genannten Prozentsätze vorgelegt. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 5. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2013 den Überprüfungsantrag vom 3. Juni 2013 abgelehnt mit der Begründung, dass der Bescheid vom 20. September 2013 in der Fassung des Bescheides vom 23. Januar 2013 rechtmäßig sei. Zusätzliche Zahlungen seien nicht nachgewiesen.

Daraufhin hat der Versicherte bei dem SG Cottbus am 20. August 2013 im Wege der Klageerweiterung auch die Berücksichtigung einer Jahresendprämie für die Jahre 1972 bis 1984 begehrt. Im Klageverfahren hat der Versicherte u.a. vorgelegt: Schriftliche Zeugenerklärungen des Dr. H (Oberinspektor bei der Obersten Bergbehörde) vom 24. März 2015 und des K (Mitarbeiter bei der Obersten Bergbehörde) vom 23. März 2015 betreffend den Zeitraum von Februar 1984 bis Juni 1990, Beurteilungen bzw. Leistungseinschätzungen vom 13. Januar 1971, 23. Mai 1974 und 21. April 1989 sowie Urkunden vom 7. Oktober 1975, 26. November 1983 und 30. Juni 1988 über die Verleihung des Ehrentitels "Aktivist der sozialistischen Arbeit".

Das SG Cottbus hat mit Urteil vom 1. Juli 2016 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei - auch hinsichtlich der Erweiterung - zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Zahlung von Zusatzprämien sei nach § 6 Abs. 6 AAÜG und § 23 Abs. 1 bis 6 SGB X nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen. Die Zahlung des jeweiligen Bergmanntreuegeldes und der Jahresendprämie in seiner konkreten Höhe sei vom Kläger weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 28. Juli 2016 zugestellte Urteil hat der Versicherte am 26. August 2016 Berufung eingelegt, die nach seinem Tod 2017 durch seine Witwe als Klägerin fortgeführt wird. Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass das SG in keiner Weise dem angebotenen Zeugenbeweis für die Zahlung des Bergmanntreuegeldes und der Jahresendprämie nachgegangen sei. Der Versicherte sei seit dem 1. September 1964 bis zum 2. Oktober 1990 ununterbrochen im Bergbau der DDR tätig gewesen. Die zusätzliche Belohnung für Bergleute sei Arbeitsentgelt iS des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG. Die Voraussetzungen und die Höhe der zusätzlichen Belohnung seien eindeutig durch die Bergbau-Verordnung festgelegt. Vom 1. September 1964 an habe die ununterbrochene Beschäftigungszeit des Versicherten im Bergbau begonnen. Im September 1969 sei dementsprechend die 5-jährige Beschäftigungszeit erreicht worden. Das erste Bergmanntreuegeld sei im Juli 1970 gezahlt worden (8% vom Bruttoverdienst des Vorjahres). Auch in den Zeiten der Beschäftigung bei der Bergbehörde Senftenberg habe der Versicherte regelmäßig die Zahlung des Bergmanntreuegeldes erhalten. Anspruchsgrundlage sei hier § 1 Abs. 4 Buchstabe b Bergbau-Verordnung. Versagungsgründe für die Zahlung des Bergmanntreuegeldes hätten nicht vorgelegen. Auch mache der Versicherte die Einbeziehung von höheren Entgelten resultierend aus seinen Jahresendprämien für den Zeitraum seiner Tätigkeit bei dem VEB BuS Welzow geltend. Aufgrund der beruflichen Vita des Versicherten gebe es keine Zweifel an den tatsächlich erfolgten Zahlungen. Versagungsgründe für die Zahlung der Jahresendprämie hätten nicht bestanden. In einer Parallelentscheidung des Sozialgerichts Altenburg (Urteil vom 1. Dezember 2009, S 18 R 2711/07) seien dem dortigen Kläger die beantragten Leistungen zuerkannt worden. Auf die bereits vorgelegten Erklärungen der Zeugen Dr. H und K werde Bezug genommen. Die Beurteilung vom 13. Januar 1971, die Leistungseinschätzungen vom 23. Mai 1974 und 21. April 1989 sowie die mehrfach verliehenen Ehrentitel "Aktivist der sozialistischen Arbeit" würden die außerordentlich guten Leistungen des Versicherten belegen und damit den Anspruch auf Bergmanntreuegeld und Jahresendprämie. Der Sachverhalt unter-scheide sich von dem im Verfahren L 22 R 588/13 (LSG Berlin-Brandenburg). Der dortige Kläger habe selbst nichts zum Erhalt und zur Höhe einer zusätzlichen Belohnung im Bergbau vorgetragen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 1. Juli 2016 aufzuheben und 1. a) für den Zeitraum 4. August 1969 bis zum 31. Dezember 1969 ein zusätzliches Arbeitsentgelt in Höhe von 5 % des Bruttoarbeitsentgeltes des jeweiligen Vorjahres festzustellen, b) für den Zeitraum 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1977 ein zusätzliches Arbeitsentgelt in Höhe von 8 % des Bruttoarbeitsentgeltes des jeweiligen Vorjahres festzustellen und c) für den Zeitraum 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1989 ein zusätzliches Arbeitsentgelt in Höhe von 10 % des Bruttoarbeitsentgeltes des jeweiligen Vorjahres festzustellen. 2. Den Bescheid vom 23. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2013 insoweit abzuändern. 3. Für die Zeit vom 18. Januar 1971 bis 31. Dezember 1984 in die Zusatzversorgung des Versicherten die nachfolgenden höheren Entgeltbeträge aus Jahresendprämien einzubeziehen: - 1972 200,88 DM - 1973 120,02 DM - 1974 734,61 DM - 1975 923,75 DM - 1976 974,02 DM - 1977 1.033,80 DM - 1978 974,68 DM - 1979 1.174,46 DM - 1980 1.136,31 DM - 1981 1.182,85 DM - 1982 1.243,14 DM - 1983 1.222,32 DM - 1984 1.137,98 DM und den Bescheid vom 5. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2013 sowie den Bescheid vom 20. September 2012 in der Fassung des Bescheides vom 23. Januar 2013 abzuändern, soweit er dem entgegensteht.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, dass der vom BSG in den Entscheidungen vom 10. Juni 1992 (4 BA 22/92) und vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) zum Ausdruck gebrachte Beweismaßstab weder in Bezug auf den Anspruch auf Jahresendprämie noch in Bezug auf die Forderung von Bergmanntreuegeld erreicht bzw. erfüllt werde. In Bezug auf die Jahresendprämie seien die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der §§ 117, 118 des Arbeitsgesetzbuches der DDR nicht nachgewiesen. Die vom Versicherten vorgenommene Berechnung, die sich an die Zahlen in den Erklärungen der Herren P und Dr. W anlehne, sei als Entscheidungsgrundlage untauglich. Außerdem habe sich Herr P von seiner Erklärung distanziert, was sich aus seinem Schreiben an das SG Cottbus vom 3. Februar 2015 ergebe. Die anspruchsbegründenden Tatsachen für das Bergmanntreuegeld seien nicht in Gänze nachgewiesen. Dieses sei nicht als feststehender Betrag ausgezahlt worden, sondern von Jahr zu Jahr anhand einer Vielzahl von persönlichen und sachlichen Faktoren bestimmt worden. So sei unklar, ob und ggf. wie sich der Betriebswechsel des Versicherten ausgewirkt habe, welchen Einfluss seine Delegierung zum Fernstudium im Jahr 1988 gehabt habe, welche Auswirkungen die Zugehörigkeit des Versicherten zum Rahmenkollektivvertrag (RKV) Örtliche Staatsorgane statt zum RKV Kohle gehabt habe und ob das Bergmanntreuegeld überhaupt für Personen gezahlt wurde, die der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates beigetreten waren (hier am 1. Februar 1984). Aus dem Beschluss über die Aufhebung gesetzlicher Bestimmungen vom 17. Juli 1968 ergebe sich, dass die 5. Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter [ ] vom 9. April 1964, welche den Anspruch auf zusätzliche Belohnung auf in den Bergbehörden tätige Beschäftigte erweitert habe, eingeschränkt worden sei. § 1 Abs. 4 Buchst. b der 5. Verordnung habe demnach nur noch für Arbeitsrechtsverhältnisse gegolten, die bis zum 31. Juli 1968 eingegangen worden seien. Für das erst am 1. Februar 1984 mit der Bergbehörde Senftenberg begründete Arbeitsrechtsverhältnis gelte das mithin nicht.

Die Beklagte hat u.a. vorgelegt: Auszug aus dem GBl. der DDR vom 1. August 1968, Teil II Nr. 83 (Verordnung vom 17. Juli 1968); 5. Verordnung vom 9. April 1964; Schreiben der Bevollmächtigten des Herrn P vom 27. Februar 2015 an das SG Cottbus im Verfahren S 28 R 436/14.

Das Gericht hat Herrn Dr. G (Vorgesetzter des Versicherten bei dem VEB BuS Welzow) zur Zahlung und Höhe des Bergmanntreuegeldes vernommen. Wegen der Einzelheiten der Aussage wird auf die Anlage zum Protokoll vom 6. März 2018 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin hat als Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) keinen Anspruch gemäß §§ 8, 6 AAÜG auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Form einer zusätzlichen Belohnung für Werktätige im Bergbau (im Klageverfahren als Bergmanntreuegeld bezeichnet) für die Zeit vom 4. August 1969 bis 31. Dezember 1989 und einer Jahresendprämie für die Jahre 1972 bis 1984. Das Urteil des SG Cottbus vom 1. Juli 2017 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2013 sowie der Überprüfungsbescheid vom 5. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2013 sind rechtmäßig. Über die Rentenhöhe war im Berufungsverfahren nicht zu entscheiden. Da die Beklagte auf den ersten Überprüfungsantrag zunächst mit Bescheid vom 20. September 2012 eine Überprüfungsentscheidung nach § 44 SGB X getroffen hatte, auf den hiergegen erhobenen Widerspruch jedoch mit Bescheid vom 23. Februar 2013 eine erneute vollständige Entscheidung über die Datenfeststellung nach dem AAÜG unter Korrektur des ursprünglichen Feststellungsbescheides vom 15. November 2000 sowie des Überprüfungsbescheides vom 20. September 2012 getroffen hat, ist über den Anspruch auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Form einer zusätzlichen Belohnung für Werktätige im Bergbau im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu entscheiden. Über die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Form der Jahresendprämie ist dagegen im Rahmen eines Zugunstenverfahrens zu entscheiden (siehe dazu BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R -, juris). Denn die Beklagte hat auf den zweiten Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 5. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2013 eine Überprüfungsentscheidung nach § 44 SGB X nur hinsichtlich der Jahresendprämie getroffen. Der Überprüfungsbescheid vom 5. Juni 2013 ist nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens gegen den Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2013, sondern im Wege einer zulässigen Erweiterung der Klage (§ 99 Abs. 1 SGG) einbezogen worden. Da weitere Arbeitsentgelte in Form einer Jahresendprämie für die Jahre 1972 bis 1984 nicht zu berücksichtigen sind, erweist sich der Überprüfungsbescheid vom 5. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2013 als rechtmäßig.

Als Anspruchsgrundlage für die begehrten rechtlichen Feststellungen kommt allein § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat die Beklagte dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs. 2 aaO bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat u.a. "das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" (= Arbeitsverdienste) zu enthalten. Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der DDR (Anlage 1 zum ÄÄUG) zuzuordnen sind, ist § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 aaO) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrundezulegen. Der Begriff des Arbeitsentgelts iS des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt sich nach § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R -, juris, Rn. 12f).

Aufgrund des insoweit nicht angegriffenen Feststellungsbescheides vom 23. Januar 2013 stehen die Zugehörigkeit des Versicherten zur AVItech vom 4. August 1969 bis 31. Januar 1984 (mit Unterbrechungen 1971 und 1972 wegen Wehr- und Reservedienst) sowie zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 1. Februar 1984 bis 30. Juni 1990, das daraus erzielte Arbeitsentgelt und die Arbeitsausfalltage (siehe Seite 2 unten bis Seite 3 oben den Bescheides) fest. Zwar dürften die Voraussetzungen für die Feststellung der Zughörigkeit des Versicherten zur AVItech während seiner Beschäftigung bei dem VEB BuS Welzow vom 18. Januar 1971 bis 31. Januar 1984 nicht vorliegen, weil dieser VEB kein Produktionsbetrieb iS der AVItech war (siehe LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2018, L 22 R 78/14, juris), jedoch ist das Gericht im Rahmen der Berufung der Klägerin nicht befugt, diese rechtswidrig begünstigende Feststellung zu Lasten der Klägerin zu korrigieren. Sollte der Versicherte für die Zeit seiner Beschäftigung bei dem VEB BuS Welzow nicht in das Versorgungssystem der AVItech einzubeziehen sein, würde dies allerdings die Berücksichtigung zusätzlicher Entgelte - über den von der Beklagten festgestellten Umfang hinaus - ausschließen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Juni 2011 - L 31 R 986/10 -, Rn. 38, juris). Rechtsgrundlage für die zusätzliche Belohnung für Werktätige im Bergbau war § 3 der "Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR" (Bergbau-VO) vom 10. August 1950 (DDR-GBl. Nr. 91 S. 832) in der Fas-sung (idF) von § 1 der "Fünften Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR" (5. Bergbau-VO) vom 9. April 1964 (DDR-GBl. II Nr. 43 S. 313). Die Höhe der zusätzlichen Belohnung hing von mehreren Faktoren (u.a. Einsatz unter oder über Tage, Dauer der Beschäftigungszeit, Fehlschichten, Höhe des Bruttoverdienstes) ab. Beschäftigte über Tage mit Ausnahme von Lehrlingen erhielten nach § 3 Abs. 3 Buchst. c Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO nach zweijähriger Beschäftigungszeit 5 %, nach fünfjähriger Beschäftigungszeit 8 % und nach zwölfjähriger Beschäftigungszeit 10 % des jährlichen Bruttoverdienstes (§ 3 Abs. 14 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO). Die Auszahlung erfolgte gemäß § 3 Abs. 17 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau-VO am "Tag des deutschen Bergmanns" (erster Sonntag im Monat Juli; siehe dazu ausführlich Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Januar 2018, aaO, Rn. 30). Bisher ist - soweit ersichtlich - nicht höchstrichterlich entschieden, ob die zusätzliche Belohnung für Werktätige im Bergbau als Arbeitsentgelt iS des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG berücksichtigungsfähig ist. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird dies nicht einheitlich beurteilt (offen gelassen in LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. März 2014 - L 3 R 590/13 -, Rn. 24, juris; bejahend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. November 2015 - L 22 R 588/13 -, Rn. 67, juris, Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Januar 2018 - L 5 RS 400/16 -, Rn. 31, juris; verneinend LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. März 2017 - L 3 RS 27/15 -, Rn. 14, juris). Im hier zu entscheidenden Fall kann dies aus den nachfolgenden Gründen dahinstehen.

Die Zahlung der zusätzlichen Belohnung für Werktätige im Bergbau ist im streitgegenständlichen Zeitraum nicht nachgewiesen. Entsprechende Unterlagen (z.B. Abrechnungen, Quittungen, Belege, ein bei der Auszahlung der zusätzlichen Belohnung auszuhändigendes Anerkennungsschreiben gemäß § 3 Abs. 18 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO) liegen nicht vor. Der Versicherte selbst verfügte nach seinem Vorbringen im Überprüfungsantrag vom 17. Juli 2012 "hinsichtlich der Prämienzahlungen" nur über die von ihm vorgelegte handschriftliche Notiz und keine weiteren Unterlagen. Die Vattenfall Europe Business Service GmbH verfügt über keine Lohnunterlagen (Auskunft vom 14. Januar 2013). Das Fehlen von Unterlagen ist im Hinblick auf den Zeitablauf und die Lohnsteuer- sowie Beitragsfreiheit zur Sozialversicherung der zusätzlichen Belohnung nach dem Recht der DDR (§ 3 Abs. 17 Satz 3 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO) nicht überraschend. Die Aufbewahrungsfristen für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR sind abgelaufen (31. Dezember 2011, vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV). In Bezug auf die Beschäftigung bei der Bergbehörde Senftenberg hätte eine listenmäßige Erfassung des begünstigten Personenkreises vorliegen müssen (§ 3 Abs. 4 Buchst. b Satz 2 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO). Der vom Gericht gehörte Zeuge Dr. G (Vorgesetzter bei dem VEB BuS Welzow) war an der Auszahlung der zusätzlichen Belohnung nicht beteiligt und konnte keine konkreten Beträge nennen. Die schriftlichen Zeugenerklärungen der Herren K vom 23. März 2015 und Dr. H vom 24. März 2015 (beide Beschäftigte der Bergbehörde Senftenberg) sind zum Nachweis der Zahlung der zusätzlichen Belohnung nicht geeignet. Sie enthalten keinerlei Realkennzeichen in Bezug auf die Höhe und die tatsächliche Zahlung der zusätzlichen Belohnung.

Auch ist die Zahlung der zusätzlichen Belohnung nicht glaubhaft gemacht. Die Möglichkeit zur Glaubhaftmachung kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Oktober 2014 - L 33 R 151/13 -, unter Bezugnahme auf BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, beide juris). Hiervon ausgehend ist die Zahlung der zusätzlichen Belohnung im Bergbau nicht glaubhaft gemacht. Voraussetzung für die Gewährung dem Grunde nach war der Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrages in einem Bergbaubetrieb, die Erfüllung der Anwartschaftszeit und das Fehlen von Fehlschichten (siehe auch Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Januar 2018, aaO, Rn. 42). Zunächst ist glaubhaft gemacht, dass der Versicherte in den geltend gemachten Zeiträumen vom 4. August 1969 bis 31. Dezember 1989 in einem Bergbaubetrieb bzw. während seiner Tätigkeit bei der Bergbehörde als Berechtigter iS von § 3 Abs. 4 Buchst. b Satz 1 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO beschäftigt war und die Anwartschaftszeit erfüllte. So war der Versicherte vom 1. September 1964 (Beginn seiner Lehre) bis 31. Januar 1984 in Bergbaubetrieben iS des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO beschäftigt. Hiermit korrespondiert, dass in seinem Arbeitsvertrag mit dem VEB BuS Welzow vom 18. Januar 1971 als Beginn der Bergbauzugehörigkeit der 1. September 1964 angegeben ist. Soweit die Beschäftigungen in einem Bergbaubetrieb durch das Studium sowie Wehr- und Reservedienst unterbrochen wurden, ist dies für die Erhaltung der Anwartschaft unschädlich (§ 3 Abs. 6 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO). Die Qualifizierung dieser Beschäftigungsbetriebe als Bergbaubetriebe ergibt sich auch aus der Bezugnahme auf den RKV der Kohlenindustrie in den Arbeitsverträgen vom 16. Juni 1969 (VEB BKK Lauchhammer) und 18. Januar 1971 (VEB BuS Welzow). Die Bergbehörde Senftenberg (Beschäftigungsbetrieb vom 1. Februar 1984 bis 30. Juni 1990) ist dagegen kein Bergbaubetrieb iS von § 3 Abs. 1 und Abs. 2 BergbauVO idF der 5. Bergbau VO. Dies folgt bereits aus der Bezugnahme auf den RKV der örtlichen Staatsorgane im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1984. Allerdings ordnete § 3 Abs. 4 Buchst. b Satz 1 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO an, dass ingenieurtechnisches Personal, Wirtschaftler und Angestellte mit verantwortlicher Tätigkeit in übergeordneten staatlichen Organen, die nur für den Bergbau tätig sind, die zusätzliche Belohnung nach Abs. 3 Buchst. c erhalten. Dass der Versicherte bei der Bergbehörde Senftenberg nur für den Bergbau tätig war, sieht der Senat mit Blick auf das Gesamtbild seiner Tätigkeit als glaubhaft an. Die Anwendung des § 3 Abs. 4 Buchst. b Satz 1 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO ist auch nicht durch dem Beschluss vom 14. Juli 1968 (DDR-GBl. II Nr. 83 S. 661) ausgeschlossen, denn der darin genannte Stichtag (nach dem 31. Juli 1968 eingegangene Arbeitsrechtsverhältnisse) bezieht sich nach der Systematik des § 3 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO auf die erstmalige Begründung eines Arbeitsrechtsverhältnisses mit Anspruch auf zusätzlichen Belohnung im Bergbau (hier: 1. September 1964 im VEB BKK Lauhammer). Ob auch das Fehlen von unentschuldigten Fehlschichten iS von § 3 Abs. 8 Bergbau-VO idF der 5. Bergbau VO glaubhaft gemacht ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass die hierzu ergangene offenbar ständige Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen LSG (siehe nur Urteile vom 24. April 2018 - L 5 RS 895/16 -, vom 16. Januar 2018 - aaO -, vom 28. März 2017 - L 5 RS 216/16 -, alle juris) Resultat einer freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist und den erkennenden Senat nicht binden könnte.

Jedenfalls ist die Höhe der zusätzlichen Belohnung im Bergbau nicht glaubhaft gemacht. Die im Bescheid vom 23. Januar 2013 festgestellten Arbeitsentgelte iS von § 14 SGB VI bzw. das von der DISOS GmbH am 10. Januar 2001 bescheinigte Bruttoarbeitsentgelt (tatsächliches sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt) sind nicht identisch mit dem Bruttoverdienst iS von § 3 Abs. 14 BergbauVO idF der 5. Bergbau VO (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Januar 2018, aaO, Rn. 48). Die von dem Versicherten bzw. der Klägerin vorgenommene Berechnung der zusätzlichen Belohnung (Schriftsatz vom 15. Juli 2013) stellt sich damit letztlich als eine Schätzung der Höhe der zusätzlichen Belohnung dar. Eine derartige Schätzungsbefugnis besteht jedoch im Anwendungsbereich des § 6 AAÜG nicht (siehe BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R -, Rn. 16 ff, juris). Zwar war vom BSG im Urteil vom 15. Dezember 2015 über die Berücksichtigung einer Jahresendprämie zu entscheiden, der darin vorgegeben Beweismaßstab betrifft jedoch den Zufluss von jeglichen Entgeltbestandteilen (siehe Rn. 14 aaO).

Rechtsgrundlage für die Zahlung der Jahresendprämie für die Jahre 1972 bis 1984 waren die §§ 117, 118 Arbeitsgesetzbuch (AGB) der DDR. Durch das BSG ist höchstrichterlich entschieden, dass eine Jahresendprämie als Arbeitsentgelt iS des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG berücksichtigungsfähig ist (vgl. BSG, Urteile vom 15. Dezember 2016, aaO, vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R -, vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R -, alle juris). Die Zahlung der Jahresendprämie im streitgegenständlichen Zeitraum ist nicht nachgewiesen. Entsprechende Unterlagen liegen nicht vor. In seinem ersten Überprüfungsantrag vom 17. Juli 2012 hatte der Versicherte angegeben, dass er die Jahresendprämie nicht nachweisen könne. Zudem ist die Zahlung der Jahresendprämie weder dem Grunde noch der Höhe nach glaubhaft gemacht. Die schriftliche Erklärung der Zeugen P vom 26. April 2010 und des inzwischen verstorbenen Dr. W vom 11. April 2010 enthält lediglich die Aussage, dass nach dem darin genannten RKV die Zahlung einer Jahresendprämie an die Beschäftigten festgelegt worden sei. Das entspricht der damaligen gesetzlichen Vorgabe der §§ 117, 118 AGB DDR. Unabhängig davon, dass der VEB BKK Lauchammer in der Erklärung nicht als Kombinatsbetrieb des VE BKK Senftenberg (Stammbetrieb) erwähnt wird, ist die Erklärung der Zeugen zur Zahlung einer Jahresendprämie allgemein gehalten. Ob und in welchen Jahren dem Versicherten eine Jahresendprämie ausgezahlt wurde, ergibt sich daraus nicht. Der vom Gericht gehörte Zeuge Dr. G konnte zur konkreten Zahlung der Jahresendprämie nichts aussagen. Zudem ist die Höhe der Jahresendprämie nicht glaubhaft gemacht. Die vom Versicherten bzw. der Klägerin begehrten Beträge sind das Ergebnis einer eigenen Berechnung des Versicherten (Schreiben vom 21. Juni 2013), welche die von der DISOS GmbH unter dem 10. Januar 2001 bescheinigten (sozialversicherungspflichtigen) Bruttoarbeitsentgelte und die in der Erklärung des Zeugen P genannten Prozentsätze aufgreift. Diese "verbindlichen Prozentsätze" (Erklärung des Zeugen P vom 26. April 2010) sind das Ergebnis einer nachträglich erfolgten Ermittlung durch ehemalige Beschäftigte des VE BKK Senftenberg. Der Zeuge P selbst war an dieser Ermittlung nicht beteiligt (Erklärung ohne Datum für das SG Cottbus im Verfahren S 28 R 436/14). Der Zeuge Dr. G hat zur Höhe der Jahresendprämie ausgesagt, dass diese zwischen ungefähr 90-110% des durchschnittlichen Monatslohns des Vorjahres lag. Dies stimmt nur bedingt mit den in der Erklärung des Zeugen P genannten Prozentsätzen überein. Letztlich verbleiben erhebliche Zweifel an der Validität der "verbindlichen Prozentsätze" mit der Folge, dass sich die Berechnung des Versicherten als Schätzung erweist. Ob dieser Berechnung zudem ein zutreffendes durchschnittliches monatliches Bruttogehalt des Vorjahres zugrunde gelegt wurde, bedarf hier keiner weiteren Entscheidung. Da eine Schätzungsbefugnis im Anwendungsbereich des § 6 AAÜG nicht besteht (siehe BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - aaO), ist die Höhe der Jahresendprämie nicht glaubhaft gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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