Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 12562/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 2531/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2017 und der Bescheid des Beklagten vom 16. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2016 geändert und der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 30. September 2011 Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich weiteren 318,23 Euro zu gewähren. Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten für den gesamten Rechtsstreit zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für Juni bis September 2011.
Der 1959 geborene Kläger bezog von dem Beklagten Arbeitslosengeld II (Alg II). Er bewohnte auch im hier streitigen Zeitraum eine 3-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 63 m² zu einer monatlichen Warmmiete von 815,- Euro (Kaltmiete 620,- Euro, Betriebskostenvorauszahlung 101,- Euro, Heizkostenvorauszahlung 94,- Euro). Er war im streitigen Zeitraum selbständig tätig.
Der Kläger hatte schon während eines vergangenen Leistungsbezuges eine Kostensenkungsaufforderung vom 7. März 2006 von dem Beklagten erhalten, mit der er darauf hingewiesen worden war, dass seine Miete zu hoch sei und er seine Bemühungen zur Kostensenkung bis zum 10. April 2006 nachweisen müsse bei einer maximal anzuerkennenden Bruttowarmmiete von monatlich 360,- Euro. Ab dem 1. August 2007 wurden dem Kläger von dem Beklagten nur noch die aus seiner Sicht angemessenen KdU in Höhe von monatlich 353,47 Euro gewährt. Ab Oktober 2008 bis zum 31. Januar 2010 war der Kläger abhängig beschäftigt, im Anschluss daran bezog er bis zum 30. September 2010 Alg I.
Der Beklagte hatte dem Kläger auf dessen Antrag vom 4. Oktober 2010 mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 für den Zeitraum vom 4. Oktober 2010 bis zum 31. März 2011 Alg II vorläufig bewilligt. KdU hatte er bewilligt in Höhe von 514,80 Euro für Oktober 2010 (unter Berücksichtigung einer Betriebs- und Heizkostennachforderung) und ab November 2010 in Höhe von monatlich 378,- Euro. Der Widerspruch hiergegen war ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011).
Während des den Zeitraum vom 4. Oktober 2010 bis zum 31. März 2011 betreffenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Berlin (S 147 AS 11276/11) gewährte der Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vorläufig Alg II mit Bescheid vom 22. Juni 2011 für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 und ging erneut von einem Bedarf für KdU in Höhe von monatlich 378,- Euro aus.
Währenddessen brachte der Beklagte in Erfahrung, dass sich bei dem Kläger zeitweise seine 1997 geborene Tochter aufhielt. Insoweit erklärte der Prozessbevollmächtigte im gerichtlichen Verfahren S 129 AS 8465/11 (Untätigkeitsklage), die Tochter des Klägers halte sich so oft bei dem Kläger auf, dass er entsprechenden Wohnraum bereithalten müsse. Mit dieser Begründung legte der Kläger auch Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Juni 2011 ein. Hierzu reichte er auch einen Beschluss des Amtsgerichts vom 7. August 2003 zu den Akten, in dem das Umgangsrecht des Klägers mit seiner Tochter eingehend geregelt worden ist (). Der Beklagte half dem Widerspruch gegen seinen Bescheid vom 22. Juni 2011 insoweit ab, als er mit Bescheid vom 5. Dezember 2011 – weiter vorläufig – KdU in Höhe von monatlich 444,- Euro für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 bewilligte. Insoweit legte er nunmehr bei der Bestimmung des Bedarfs für KdU einen 2-Personen-Haushalt zugrunde.
Mit Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 5. Dezember 2011 teilte der Beklagte Folgendes mit:
"[ ]
Nunmehr werden 444,00 Euro für einen 2-Personen Haushalt nach der AV-Wohnen als Kosten der Unterkunft und Heizung im streitgegenständlichen Zeitraum berücksichtigt. Sofern in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Aktenzeichen S 147 AS 11276/11 (K377/11) höhere Mietaufwendungen zugesprochen werden, erfolgt ebenfalls eine Berücksichtigung für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011.
Bezug nehmend auf das mit Ihnen geführte Telefonat Mitte November 2011 hätte sich aus Ihrer Sicht damit der o.g. Widerspruch erledigt. Für die Erledigungserklärung bzw. weitere Stellungnahme habe ich mir den 20.12.2011 vorgemerkt.
[ ]"
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte mit Schreiben an den Beklagten vom 6. Dezember 2011:
"[ ]
in der o. g. Sache soll so verfahren werden, wie von Ihnen mit Schreiben vom 5.12.2011 mitgeteilt. Damit ist das Widerspruchsverfahren, den Leistungszeitraum 1.4. bis 30.9.2011 betreffend, erledigt.
Hinsichtlich der endgültigen Bewilligung der Kosten der Unterkunft und Heizung für den Leistungszeitraum 1.4. bis 30.9.2011 bleibt der Ausgang des Verfahrens, AZ: S 147 AS 11276/11 abzuwarten."
In dem Klageverfahren S 147 AS 11276/11 hat das Sozialgericht den Beklagten durch rechtskräftiges Urteil vom 30. November 2015 dazu verurteilt, an den Kläger weitere Leistungen für KdU zu zahlen und zwar 390,23 Euro anteilig für Oktober 2010, monatlich 406,- Euro für November und Dezember 2010 und monatlich 417,- Euro für Januar bis März 2011. Dabei hat es offen gelassen, ob die Kostensenkungsaufforderung aus dem Jahr 2007 (gemeint 2006) wirksam gewesen sei, wogegen allerdings Bedenken bestünden. Jedenfalls habe die Kostensenkungsaufforderung bei erneutem Eintritt in den Leistungsbezug keine sofortige Wirkung mehr entfaltet. Dem Kläger hätten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) abermals sechs Monate zugestanden, um seine Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß zu reduzieren. Allerdings teile die Kammer die Auffassung des Beklagten, der Kläger habe durch den Bescheid vom 28. Oktober 2010 Kenntnis von der weiter bestehenden Unangemessenheit der KdU gehabt. Insgesamt sei die Kammer der Auffassung, dass sechs Monate zur Kostensenkung ausreichten und eine neue Kostensenkungsaufforderung nicht mehr erforderlich gewesen sei. Darauf komme es aber vorliegend nicht an, weil die ersten sechs Monate seit Wiedereintritt in den Leistungsbezug streitig seien. Zu übernehmen seien die tatsächlichen KdU (das Sozialgericht ist von 795,- Euro monatlich ausgegangen) seit dem 1. Januar bis zum 31. März 2011. Für die Zeit davor sei dieser Betrag um Aufwendungen für Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von monatlich 11,- Euro zu reduzieren.
Unter Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 1. Februar 2016 mit, das Urteil so zu deuten, dass für einen Übergangszeitraum von sechs Monaten die tatsächlichen Unterkunftskosten zu übernehmen seien, dass aber die hinreichende Kenntnis, die diese Frist auslöse, bereits mit dem Bescheid vom 28. Oktober 2010 eingetreten sei, so dass die tatsächlichen Unterkunftskosten bis zum 30. April 2011 zu berücksichtigen seien.
Der Kläger reichte eine abschließende Erklärung zu seinem im Zeitraum von April bis September 2011 erzielten Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ein, ausweislich der er innerhalb seiner Wohnung keine Fläche gewerblich genutzt und er Einnahmen im April und Mai 2011 in Höhe von 95,20 Euro monatlich, im Juni 2011 in Höhe von 9,50 Euro und im September 2011 in Höhe von 59,50 Euro erzielt hatte. Betriebsausgaben – namentlich auch Kosten für gewerblich genutzten Raum - machte er nicht geltend.
Der Beklagte erließ unter dem 16. März 2016 einen endgültigen Bewilligungsbescheid für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011. KdU bewilligte er bis einschließlich Mai 2011 in Höhe von monatlich 795,- Euro und ab dem 1. Juni 2011 nur noch in Höhe von monatlich 444,- Euro. Einkommen aus selbständiger Tätigkeit des Klägers berücksichtigte der Beklagte nicht, da der Kläger kein anzurechnendes Einkommen hatte. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 1. August 2016 zurück. Hierin äußerte der Beklagte Zweifel daran, dass sich die Tochter des Klägers teilweise bei diesem aufhält. Außerdem habe der Kläger einen Untermieter, Herrn B (B), bei sich beherbergt.
Hiergegen hat der Kläger am 1. September 2016 Klage erhoben. Sein Anspruch ergebe sich schon aus der Zusicherung des Beklagten mit Schreiben vom 5. Dezember 2011. Ihm sei bei seinem Leistungsantrag im März 2011 wie auch bei der Bescheiderteilung am 22. Juni 2011 nicht bekannt gewesen, dass der Beklagte die tatsächlichen Wohnkosten für unangemessen gehalten habe. Er bestreitet, einen Untermieter beherbergt zu haben. Soweit ein Untermietvertrag aktenkundig sei, stamme die darin befindliche Unterschrift nicht von ihm.
Der Kläger hat eine Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 27. April 2017 in dem Verfahren S 144 AS 11530/13 zu den Akten gereicht, in der die Tochter des Klägers als Zeugin zu ihrem Aufenthalt bei dem Kläger und zu einem etwaigen Aufenthalt des B bei dem Kläger befragt worden ist. Zu dem dort streitigen Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 hat sie erklärt, sich nicht daran erinnern zu können, wie oft sie bei dem Kläger übernachtet habe. Sie hat auch erklärt, B nicht zu kennen, der Kläger habe keinen Mitbewohner gehabt. Der Kläger hat in diesem Termin erklärt, B zwar zu kennen, doch habe dieser nicht bei ihm gewohnt. B habe lediglich mit Einverständnis des Klägers dessen Adresse als Postadresse angegeben. In Ansehung des Sitzungsprotokolls hat der Beklagte die Behauptung eines Untermietvertrages zwischen dem Kläger und B im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 14. August 2017 fallen gelassen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2017 den Beklagten zur Übernahme von weiteren KdU in Höhe von monatlich 32,77 Euro für den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2011 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen vorgetragen, eine Bindung an das Urteil der 147. Kammer vom 30. November 2015 bestehe nicht, weil sich diesem Urteil keine Bestimmung zum abstrakten Angemessenheitswert entnehmen lasse, sondern nur, dass mit erneutem Leistungsbezug eine neue Kostensenkungsaufforderung mit der Regelfrist von sechs Monaten hätte ergehen müssen. Insoweit habe der Beklagte sein Schreiben vom 5. Dezember 2011 eingelöst, als er die tatsächlichen Unterkunftskosten bis einschließlich Mai 2011 übernommen habe. Mit Ablauf der Frist zur Kostensenkung habe nur noch ein Anspruch auf den angemessenen Bedarf bestanden. Ein höherer Bedarf aufgrund besonderer Umstände habe nicht bestanden. Solche hätten sich auch nicht aus der Wahrnehmung des Umgangsrechts des Klägers mit seiner Tochter ergeben. Dieser habe er kein eigenes Zimmer eingerichtet, was sich aus deren Zeugenaussage gegenüber der 144. Kammer ergeben habe, wonach sie auf einem Sofa im Wohnzimmer übernachtet habe. Somit sei nur von einem Ein-Personen-Haushalt auszugehen. Der angemessene monatliche Bedarf für KdU betrage insgesamt 476,77 Euro.
Gegen das ihm am 27. November 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Dezember 2017 Berufung eingelegt. Er und der Beklagte hätten im Dezember 2011 einen Unterwerfungsvergleich geschlossen, den der Beklagte nicht vollständig erfüllt habe. Die Kostensenkungsaufforderung von März 2006 entfalte keine rechtlichen Wirkungen. Der Bescheid vom 28. Oktober 2010 enthalte keine Kostensenkungsaufforderung. Er kläre weder auf noch erfülle er eine Warnfunktion. Der in ihm ausgewiesene Bedarf für KdU in Höhe von monatlich 378,- Euro sei zu niedrig. Zudem sei er durch das Urteil vom 30. November 2015 in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 aufgehoben worden. Ihm stehe aufgrund des Bestehens einer temporären Bedarfsgemeinschaft mit seiner Tochter ein KdU-Bedarf für einen 2-Personen-Haushalt zu. Dies habe der Beklagte mit seinem Bescheid vom 5. Dezember 2011 auch anerkannt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 3. Juli 2018 gemäß § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem Berichterstatter übertragen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2017 abzuändern und den Beklagten unter entsprechender Änderung seines Bescheides vom 16. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2016 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 30. September 2011 Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich weiteren 318,23 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Berufung des Klägers für unbegründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Beiakten, die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin S 191 AS 506/12 und S 147 AS 11276/11 sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist unzutreffend. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid über die endgültige Leistungsfestsetzung vom 16. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2016 ist für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2011 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Ihm stehen KdU in Höhe der geltend gemachten 795,- Euro monatlich für den hier streitigen Zeitraum zu, wovon die von dem Beklagten bereits bewilligten (444,- Euro) sowie die vom Sozialgericht zuerkannten (32,77 Euro) Beträge abzusetzen sind, woraus sich der nunmehr tenorierte Betrag von monatlich 318,23 Euro ergibt.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich bereits aus der zwischen den Beteiligten am 5. und 6. Dezember 2011 geschlossenen Vereinbarung. Es handelt sich bei dieser Vereinbarung um einen so genannten Unterwerfungsvergleich, der seine rechtliche Grundlage vorliegend in § 54 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) hat. Ein Unterwerfungsvergleich ist wirksam, wenn durch ihn ein Streit zwischen Beteiligten im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Vorliegend sind die Erklärungen der Beteiligten darauf gerichtet gewesen, die bestehende Ungewissheit über die Rechtslage - konkret über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen nach § 22 SGB II - teilweise beizulegen und das hierzu offene Widerspruchsverfahren zu beenden. Dies ist im Wege gegenseitigen Nachgebens geschehen (vgl. Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 12. Oktober 2017 - B 4 AS 37/16 R – juris). Zweifel an der Wirksamkeit der in Rede stehenden Vereinbarung bestehen nicht. Der Unterwerfungsvergleich ist hier auch so auszulegen wie dies der Kläger für richtig erachtet.
Der Inhalt des Unterwerfungsvergleichs vom 5. und 6. Dezember 2011 ist nach den Regeln zu bestimmen, wie sie bei der Auslegung eines jeden anderen Vertrages Anwendung finden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - B 9 VS 1/08 R - juris). Die Auslegung der vertraglichen Regelung erfolgt nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die gemäß § 61 Satz 2 SGB X entsprechend heranzuziehen sind (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 - B 7a AL 62/05 R – juris).
Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen sind nach den Grundsätzen des § 133 BGB auszulegen. Hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Maßgebend ist dabei nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. nur Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. März 2010 - L 34 AS 615/09 – juris). Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Für die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen ist in erster Linie der Wortlaut des Vertrags und der dem Vertrag zu entnehmende objektiv erklärte Wille oder im Fall einer planwidrigen Vertragslücke der objektiv zu ermittelnde hypothetische Wille der Vertragsparteien maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2017 - B 3 KR 31/15 R – juris).
Die hier maßgebliche Bestimmung, die da lautet "Sofern in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Aktenzeichen S 147 AS 11276/11 (K377/11) höhere Mietaufwendungen zugesprochen werden, erfolgt ebenfalls eine Berücksichtigung für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011.", spricht ihrem Wortlaut nach für den Kläger. Denn das Sozialgericht hat in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 tatsächlich dem Kläger höhere "Mietaufwendungen" zuerkannt. Dabei ist es – mit Ausnahme des Monats Oktober 2010, in dem auch eine Betriebs- und Heizkostennachforderung fällig geworden ist – von einem monatlichen Bedarf für KdU in Höhe von 795,- Euro ausgegangen, den es nur für die Monate Oktober bis Dezember 2010 um die so genannte Pauschale für Warmwasserbereitung gekürzt hat. Bei – allerdings wegen der unterschiedlichen Bewilligungsbeträge im Urteil des Verfahrens S 147 AS 11276/11 wertender – Betrachtung des Wortlauts der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung ist hier davon auszugehen, dass der Beklagte dem Kläger auch für die hier streitigen Monate Juni bis September 2011 KdU in Höhe der geltend gemachten 795,- Euro bewilligen muss. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass in der Vereinbarung von einer "Berücksichtigung" die Rede ist. Damit sollte wohl die Möglichkeit einer Anrechnung von Einkommen des Klägers aus dessen selbständiger Tätigkeit auf den KdU-Bedarf offen gehalten werden. Bei dem hier vorliegenden sehr geringen und nicht bedarfsmindernden Einkommen kann dieser Begriff indes nur synonym zu den Begriffen "bewilligen" oder "gewähren" verstanden werden. Die Möglichkeit, trotz stattgebenden Urteils des Sozialgerichts im Verfahren S 147 AS 11276/11 KdU im Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 nicht in Höhe von monatlich 795,- Euro zu gewähren, sieht der Wortlaut (wenn man von der hier nicht realisierten Möglichkeit eines bedarfsmindernden Einkommens absieht) nicht vor. Entsprechende Formulierungen (die etwa hätten eingeleitet werden können mit einem "es sei denn" oder "Dies gilt nicht für den Fall, dass ") enthält die Vereinbarung nicht.
Eine das vorstehende Ergebnis in Frage stellende ergänzende Vertragsauslegung kommt hier nicht in Betracht.
Eine ergänzende Vertragsauslegung hat den Zweck, Lücken der vertraglichen Regelung zu schließen; sie knüpft an die im Vertrag objektivierten Regelungen an und versteht diese als eine selbständige Rechtsquelle, aus der Regelungen für die offen gebliebenen Punkte abgeleitet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 1996 - 3 RK 2/96 – juris m. w. N.). Dieses aus dem Zivilrecht (§ 157 BGB) stammende Auslegungsverfahren ist auch für den hier vorliegenden öffentlich-rechtlichen Vertrag einsetzbar. Es setzt eine Regelungslücke voraus. Die vertragliche Regelung ist dann für den Bereich der Lücke durch Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens zu ergänzen. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung Ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei ist an den Vertrag, an die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, seinen Sinn und Zweck, zugleich aber auch an Treu und Glauben sowie die Verkehrssitte anzuknüpfen. Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich innerhalb des Rahmens der Vereinbarung halten, darf also den Vertragsgegenstand nicht erweitern und nicht zu einer freien richterlichen Rechtsschöpfung ausufern. Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem Gesamtzusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch zu dem nach dem Inhalt des Vertrags tatsächlich Vereinbarten stehen würde. Zudem darf – wie bereits ausgeführt - die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhalts führen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15. Oktober 2014 - XII ZR 111/12 - NZM 2015, 211).
Die demnach erforderliche Regelungslücke liegt hier nicht vor. Sie ist zu bejahen, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 - VII ZR 194/13 - NJW 2017, 2025). Dies ist hier nicht der Fall.
Zwar haben die Beteiligten mit der Möglichkeit, dass das Sozialgericht in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 dem Kläger zwar KdU-Leistungen von monatlich 795,- Euro zuerkennt, in seiner Begründung aber von einer zeitlichen Begrenzung dieses Anspruchs auf sechs Monate – wohl ab Kenntnis des Bescheides vom 28. Oktober 2010 – ausgeht, erkennbar nicht gerechnet. In dem Verfahren S 147 AS 11276/11 ging es, was sich den Schriftsätzen der Beteiligten in diesem Verfahren entnehmen lässt, mindestens vor Abschluss der hier in Rede stehenden Vereinbarung vom 5./6. Dezember 2011 vor allem darum, ob dem Kläger ein höherer Wohnbedarf aufgrund der Ausübung seines Umgangsrechts mit seiner Tochter zustand. Weniger – aber auch – ging es um die allerdings an sich vorrangige Frage, ob dem Kläger die hinreichende Kenntnis von seiner Obliegenheit zur Kostensenkung durch das Schreiben des Beklagten vom 7. März 2006 und die tatsächliche Kostensenkung zum 1. August 2007 vermittelt wurde. Denn dieser Aspekt ist von dem Beklagten in seinem Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011 angeführt worden.
Haben die Beteiligten also im skizzierten Sinne einen Punkt übersehen, so lässt der Vertrag aber gleichwohl keine Bestimmung vermissen, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen. Es liegt auch kein Fall vor, in dem ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre.
Die Beteiligten haben hier eine sehr knappe und schlichte Regelung getroffen. So wie im Verfahren S 147 AS 11276/11 entschieden, so sollte es auch für den Folgezeitraum sein. Die Beteiligten sind also davon ausgegangen, dass das Sozialgericht in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 dem Kläger entweder Recht gibt – dann sollte er auch im Folgezeitraum die von ihm begehrten KdU erhalten –, oder dass die Klage abgewiesen wird – dann sollte der Kläger auch im Folgezeitraum keine höheren als die ihm vom Beklagten zuerkannten KdU erhalten. Mit einem "Ja, aber" in dem Urteil zum Verfahren S 147 AS 11276/11 haben die Beteiligten also nicht gerechnet. Entscheidend sollte aber nach der Vereinbarung der Urteilstenor sein. Eine Art Urteils-Exegese wollten sich die Beteiligten mit ihrer Regelung erkennbar nicht zumuten. Dies gilt hier umso mehr, als die Ausführungen des Sozialgerichts in dem dem Unterwerfungsvergleich zugrunde liegenden Urteil, auf die sich der Beklagte beruft, für die Entscheidung letztlich nicht tragend gewesen sind. Streitig war dort der Zeitraum 4. Oktober 2010 bis März 2011. Aus Sicht des Sozialgerichts musste der Kläger für diesen Zeitraum schon deshalb obsiegen, weil die Kostensenkungsaufforderung aus dem Jahr 2006 – wenn überhaupt - allenfalls erst mit einer "Verzögerung" von sechs Monaten Wirkung entfalten konnte. Das Sozialgericht hätte es bei dieser Feststellung belassen können. Dass es sich tatsächlich zu dem Bescheid vom 28. Oktober 2010 und der aus seiner Sicht durch ihn vermittelten Kenntnis über die Obliegenheit zur Kostensenkung geäußert hat, war streng genommen also überflüssig. Die Heranziehung nicht tragender Entscheidungsgründe bei unmissverständlichem Urteilstenor würde dem Regelungsplan der Beteiligten aber auch in Ansehung der knappen und einfachen Formulierung in der Vereinbarung vom 5./6. Dezember 2011 nicht entsprechen. Hätten die Beteiligten einen entsprechenden Regelungsplan gehabt, hätte dieser in der Vereinbarung seinen Niederschlag finden müssen (etwa durch die Formulierung "unter Heranziehung der rechtlichen Erwägungen des Sozialgerichts" o. ä.). Aus Vorstehendem ergibt sich auch, dass eine Vervollständigung der Vereinbarung hier nicht notwendig ist, um eine angemessene, interessengerechte Lösung zu finden.
Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht ein etwaiges Untermietverhältnis mit B entgegen. Der Senat teilt nach eigener Prüfung in Ansehung der Beweisaufnahme in dem Verfahren S 144 AS 11530/13 die Einschätzung des Beklagten, dass ein solches Untermietverhältnis auch im streitigen Zeitraum nicht bestanden hat. B hat im streitigen Zeitraum auch nicht bei dem Kläger gewohnt.
Wie bereits ausgeführt, mindert sich der Anspruch des Klägers auch nicht durch Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, weil der Kläger im streitigen Zeitraum kein anrechenbares Einkommen erzielt hat.
Ergibt sich der Anspruch des Klägers also bereits aus dem zwischen den Beteiligten vereinbarten Unterwerfungsvergleich, kommt es nicht darauf an, ob hier eine wirksame Kostensenkungsaufforderung des Beklagten vorliegt und ob und gegebenenfalls inwieweit die KdU des Klägers unangemessen waren. Unmaßgeblich ist auch, ob hier ein 1- oder 2-Personenhaushalt zugrunde zu legen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Streitig sind Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für Juni bis September 2011.
Der 1959 geborene Kläger bezog von dem Beklagten Arbeitslosengeld II (Alg II). Er bewohnte auch im hier streitigen Zeitraum eine 3-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 63 m² zu einer monatlichen Warmmiete von 815,- Euro (Kaltmiete 620,- Euro, Betriebskostenvorauszahlung 101,- Euro, Heizkostenvorauszahlung 94,- Euro). Er war im streitigen Zeitraum selbständig tätig.
Der Kläger hatte schon während eines vergangenen Leistungsbezuges eine Kostensenkungsaufforderung vom 7. März 2006 von dem Beklagten erhalten, mit der er darauf hingewiesen worden war, dass seine Miete zu hoch sei und er seine Bemühungen zur Kostensenkung bis zum 10. April 2006 nachweisen müsse bei einer maximal anzuerkennenden Bruttowarmmiete von monatlich 360,- Euro. Ab dem 1. August 2007 wurden dem Kläger von dem Beklagten nur noch die aus seiner Sicht angemessenen KdU in Höhe von monatlich 353,47 Euro gewährt. Ab Oktober 2008 bis zum 31. Januar 2010 war der Kläger abhängig beschäftigt, im Anschluss daran bezog er bis zum 30. September 2010 Alg I.
Der Beklagte hatte dem Kläger auf dessen Antrag vom 4. Oktober 2010 mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 für den Zeitraum vom 4. Oktober 2010 bis zum 31. März 2011 Alg II vorläufig bewilligt. KdU hatte er bewilligt in Höhe von 514,80 Euro für Oktober 2010 (unter Berücksichtigung einer Betriebs- und Heizkostennachforderung) und ab November 2010 in Höhe von monatlich 378,- Euro. Der Widerspruch hiergegen war ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011).
Während des den Zeitraum vom 4. Oktober 2010 bis zum 31. März 2011 betreffenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Berlin (S 147 AS 11276/11) gewährte der Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vorläufig Alg II mit Bescheid vom 22. Juni 2011 für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 und ging erneut von einem Bedarf für KdU in Höhe von monatlich 378,- Euro aus.
Währenddessen brachte der Beklagte in Erfahrung, dass sich bei dem Kläger zeitweise seine 1997 geborene Tochter aufhielt. Insoweit erklärte der Prozessbevollmächtigte im gerichtlichen Verfahren S 129 AS 8465/11 (Untätigkeitsklage), die Tochter des Klägers halte sich so oft bei dem Kläger auf, dass er entsprechenden Wohnraum bereithalten müsse. Mit dieser Begründung legte der Kläger auch Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Juni 2011 ein. Hierzu reichte er auch einen Beschluss des Amtsgerichts vom 7. August 2003 zu den Akten, in dem das Umgangsrecht des Klägers mit seiner Tochter eingehend geregelt worden ist (). Der Beklagte half dem Widerspruch gegen seinen Bescheid vom 22. Juni 2011 insoweit ab, als er mit Bescheid vom 5. Dezember 2011 – weiter vorläufig – KdU in Höhe von monatlich 444,- Euro für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 bewilligte. Insoweit legte er nunmehr bei der Bestimmung des Bedarfs für KdU einen 2-Personen-Haushalt zugrunde.
Mit Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 5. Dezember 2011 teilte der Beklagte Folgendes mit:
"[ ]
Nunmehr werden 444,00 Euro für einen 2-Personen Haushalt nach der AV-Wohnen als Kosten der Unterkunft und Heizung im streitgegenständlichen Zeitraum berücksichtigt. Sofern in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Aktenzeichen S 147 AS 11276/11 (K377/11) höhere Mietaufwendungen zugesprochen werden, erfolgt ebenfalls eine Berücksichtigung für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011.
Bezug nehmend auf das mit Ihnen geführte Telefonat Mitte November 2011 hätte sich aus Ihrer Sicht damit der o.g. Widerspruch erledigt. Für die Erledigungserklärung bzw. weitere Stellungnahme habe ich mir den 20.12.2011 vorgemerkt.
[ ]"
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte mit Schreiben an den Beklagten vom 6. Dezember 2011:
"[ ]
in der o. g. Sache soll so verfahren werden, wie von Ihnen mit Schreiben vom 5.12.2011 mitgeteilt. Damit ist das Widerspruchsverfahren, den Leistungszeitraum 1.4. bis 30.9.2011 betreffend, erledigt.
Hinsichtlich der endgültigen Bewilligung der Kosten der Unterkunft und Heizung für den Leistungszeitraum 1.4. bis 30.9.2011 bleibt der Ausgang des Verfahrens, AZ: S 147 AS 11276/11 abzuwarten."
In dem Klageverfahren S 147 AS 11276/11 hat das Sozialgericht den Beklagten durch rechtskräftiges Urteil vom 30. November 2015 dazu verurteilt, an den Kläger weitere Leistungen für KdU zu zahlen und zwar 390,23 Euro anteilig für Oktober 2010, monatlich 406,- Euro für November und Dezember 2010 und monatlich 417,- Euro für Januar bis März 2011. Dabei hat es offen gelassen, ob die Kostensenkungsaufforderung aus dem Jahr 2007 (gemeint 2006) wirksam gewesen sei, wogegen allerdings Bedenken bestünden. Jedenfalls habe die Kostensenkungsaufforderung bei erneutem Eintritt in den Leistungsbezug keine sofortige Wirkung mehr entfaltet. Dem Kläger hätten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) abermals sechs Monate zugestanden, um seine Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß zu reduzieren. Allerdings teile die Kammer die Auffassung des Beklagten, der Kläger habe durch den Bescheid vom 28. Oktober 2010 Kenntnis von der weiter bestehenden Unangemessenheit der KdU gehabt. Insgesamt sei die Kammer der Auffassung, dass sechs Monate zur Kostensenkung ausreichten und eine neue Kostensenkungsaufforderung nicht mehr erforderlich gewesen sei. Darauf komme es aber vorliegend nicht an, weil die ersten sechs Monate seit Wiedereintritt in den Leistungsbezug streitig seien. Zu übernehmen seien die tatsächlichen KdU (das Sozialgericht ist von 795,- Euro monatlich ausgegangen) seit dem 1. Januar bis zum 31. März 2011. Für die Zeit davor sei dieser Betrag um Aufwendungen für Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von monatlich 11,- Euro zu reduzieren.
Unter Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 1. Februar 2016 mit, das Urteil so zu deuten, dass für einen Übergangszeitraum von sechs Monaten die tatsächlichen Unterkunftskosten zu übernehmen seien, dass aber die hinreichende Kenntnis, die diese Frist auslöse, bereits mit dem Bescheid vom 28. Oktober 2010 eingetreten sei, so dass die tatsächlichen Unterkunftskosten bis zum 30. April 2011 zu berücksichtigen seien.
Der Kläger reichte eine abschließende Erklärung zu seinem im Zeitraum von April bis September 2011 erzielten Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ein, ausweislich der er innerhalb seiner Wohnung keine Fläche gewerblich genutzt und er Einnahmen im April und Mai 2011 in Höhe von 95,20 Euro monatlich, im Juni 2011 in Höhe von 9,50 Euro und im September 2011 in Höhe von 59,50 Euro erzielt hatte. Betriebsausgaben – namentlich auch Kosten für gewerblich genutzten Raum - machte er nicht geltend.
Der Beklagte erließ unter dem 16. März 2016 einen endgültigen Bewilligungsbescheid für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011. KdU bewilligte er bis einschließlich Mai 2011 in Höhe von monatlich 795,- Euro und ab dem 1. Juni 2011 nur noch in Höhe von monatlich 444,- Euro. Einkommen aus selbständiger Tätigkeit des Klägers berücksichtigte der Beklagte nicht, da der Kläger kein anzurechnendes Einkommen hatte. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 1. August 2016 zurück. Hierin äußerte der Beklagte Zweifel daran, dass sich die Tochter des Klägers teilweise bei diesem aufhält. Außerdem habe der Kläger einen Untermieter, Herrn B (B), bei sich beherbergt.
Hiergegen hat der Kläger am 1. September 2016 Klage erhoben. Sein Anspruch ergebe sich schon aus der Zusicherung des Beklagten mit Schreiben vom 5. Dezember 2011. Ihm sei bei seinem Leistungsantrag im März 2011 wie auch bei der Bescheiderteilung am 22. Juni 2011 nicht bekannt gewesen, dass der Beklagte die tatsächlichen Wohnkosten für unangemessen gehalten habe. Er bestreitet, einen Untermieter beherbergt zu haben. Soweit ein Untermietvertrag aktenkundig sei, stamme die darin befindliche Unterschrift nicht von ihm.
Der Kläger hat eine Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 27. April 2017 in dem Verfahren S 144 AS 11530/13 zu den Akten gereicht, in der die Tochter des Klägers als Zeugin zu ihrem Aufenthalt bei dem Kläger und zu einem etwaigen Aufenthalt des B bei dem Kläger befragt worden ist. Zu dem dort streitigen Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 hat sie erklärt, sich nicht daran erinnern zu können, wie oft sie bei dem Kläger übernachtet habe. Sie hat auch erklärt, B nicht zu kennen, der Kläger habe keinen Mitbewohner gehabt. Der Kläger hat in diesem Termin erklärt, B zwar zu kennen, doch habe dieser nicht bei ihm gewohnt. B habe lediglich mit Einverständnis des Klägers dessen Adresse als Postadresse angegeben. In Ansehung des Sitzungsprotokolls hat der Beklagte die Behauptung eines Untermietvertrages zwischen dem Kläger und B im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 14. August 2017 fallen gelassen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2017 den Beklagten zur Übernahme von weiteren KdU in Höhe von monatlich 32,77 Euro für den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2011 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen vorgetragen, eine Bindung an das Urteil der 147. Kammer vom 30. November 2015 bestehe nicht, weil sich diesem Urteil keine Bestimmung zum abstrakten Angemessenheitswert entnehmen lasse, sondern nur, dass mit erneutem Leistungsbezug eine neue Kostensenkungsaufforderung mit der Regelfrist von sechs Monaten hätte ergehen müssen. Insoweit habe der Beklagte sein Schreiben vom 5. Dezember 2011 eingelöst, als er die tatsächlichen Unterkunftskosten bis einschließlich Mai 2011 übernommen habe. Mit Ablauf der Frist zur Kostensenkung habe nur noch ein Anspruch auf den angemessenen Bedarf bestanden. Ein höherer Bedarf aufgrund besonderer Umstände habe nicht bestanden. Solche hätten sich auch nicht aus der Wahrnehmung des Umgangsrechts des Klägers mit seiner Tochter ergeben. Dieser habe er kein eigenes Zimmer eingerichtet, was sich aus deren Zeugenaussage gegenüber der 144. Kammer ergeben habe, wonach sie auf einem Sofa im Wohnzimmer übernachtet habe. Somit sei nur von einem Ein-Personen-Haushalt auszugehen. Der angemessene monatliche Bedarf für KdU betrage insgesamt 476,77 Euro.
Gegen das ihm am 27. November 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Dezember 2017 Berufung eingelegt. Er und der Beklagte hätten im Dezember 2011 einen Unterwerfungsvergleich geschlossen, den der Beklagte nicht vollständig erfüllt habe. Die Kostensenkungsaufforderung von März 2006 entfalte keine rechtlichen Wirkungen. Der Bescheid vom 28. Oktober 2010 enthalte keine Kostensenkungsaufforderung. Er kläre weder auf noch erfülle er eine Warnfunktion. Der in ihm ausgewiesene Bedarf für KdU in Höhe von monatlich 378,- Euro sei zu niedrig. Zudem sei er durch das Urteil vom 30. November 2015 in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 aufgehoben worden. Ihm stehe aufgrund des Bestehens einer temporären Bedarfsgemeinschaft mit seiner Tochter ein KdU-Bedarf für einen 2-Personen-Haushalt zu. Dies habe der Beklagte mit seinem Bescheid vom 5. Dezember 2011 auch anerkannt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 3. Juli 2018 gemäß § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem Berichterstatter übertragen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2017 abzuändern und den Beklagten unter entsprechender Änderung seines Bescheides vom 16. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2016 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 30. September 2011 Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich weiteren 318,23 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Berufung des Klägers für unbegründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Beiakten, die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin S 191 AS 506/12 und S 147 AS 11276/11 sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist unzutreffend. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid über die endgültige Leistungsfestsetzung vom 16. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2016 ist für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2011 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Ihm stehen KdU in Höhe der geltend gemachten 795,- Euro monatlich für den hier streitigen Zeitraum zu, wovon die von dem Beklagten bereits bewilligten (444,- Euro) sowie die vom Sozialgericht zuerkannten (32,77 Euro) Beträge abzusetzen sind, woraus sich der nunmehr tenorierte Betrag von monatlich 318,23 Euro ergibt.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich bereits aus der zwischen den Beteiligten am 5. und 6. Dezember 2011 geschlossenen Vereinbarung. Es handelt sich bei dieser Vereinbarung um einen so genannten Unterwerfungsvergleich, der seine rechtliche Grundlage vorliegend in § 54 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) hat. Ein Unterwerfungsvergleich ist wirksam, wenn durch ihn ein Streit zwischen Beteiligten im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Vorliegend sind die Erklärungen der Beteiligten darauf gerichtet gewesen, die bestehende Ungewissheit über die Rechtslage - konkret über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen nach § 22 SGB II - teilweise beizulegen und das hierzu offene Widerspruchsverfahren zu beenden. Dies ist im Wege gegenseitigen Nachgebens geschehen (vgl. Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 12. Oktober 2017 - B 4 AS 37/16 R – juris). Zweifel an der Wirksamkeit der in Rede stehenden Vereinbarung bestehen nicht. Der Unterwerfungsvergleich ist hier auch so auszulegen wie dies der Kläger für richtig erachtet.
Der Inhalt des Unterwerfungsvergleichs vom 5. und 6. Dezember 2011 ist nach den Regeln zu bestimmen, wie sie bei der Auslegung eines jeden anderen Vertrages Anwendung finden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - B 9 VS 1/08 R - juris). Die Auslegung der vertraglichen Regelung erfolgt nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die gemäß § 61 Satz 2 SGB X entsprechend heranzuziehen sind (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 - B 7a AL 62/05 R – juris).
Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen sind nach den Grundsätzen des § 133 BGB auszulegen. Hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Maßgebend ist dabei nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. nur Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. März 2010 - L 34 AS 615/09 – juris). Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Für die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen ist in erster Linie der Wortlaut des Vertrags und der dem Vertrag zu entnehmende objektiv erklärte Wille oder im Fall einer planwidrigen Vertragslücke der objektiv zu ermittelnde hypothetische Wille der Vertragsparteien maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2017 - B 3 KR 31/15 R – juris).
Die hier maßgebliche Bestimmung, die da lautet "Sofern in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Aktenzeichen S 147 AS 11276/11 (K377/11) höhere Mietaufwendungen zugesprochen werden, erfolgt ebenfalls eine Berücksichtigung für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011.", spricht ihrem Wortlaut nach für den Kläger. Denn das Sozialgericht hat in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 tatsächlich dem Kläger höhere "Mietaufwendungen" zuerkannt. Dabei ist es – mit Ausnahme des Monats Oktober 2010, in dem auch eine Betriebs- und Heizkostennachforderung fällig geworden ist – von einem monatlichen Bedarf für KdU in Höhe von 795,- Euro ausgegangen, den es nur für die Monate Oktober bis Dezember 2010 um die so genannte Pauschale für Warmwasserbereitung gekürzt hat. Bei – allerdings wegen der unterschiedlichen Bewilligungsbeträge im Urteil des Verfahrens S 147 AS 11276/11 wertender – Betrachtung des Wortlauts der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung ist hier davon auszugehen, dass der Beklagte dem Kläger auch für die hier streitigen Monate Juni bis September 2011 KdU in Höhe der geltend gemachten 795,- Euro bewilligen muss. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass in der Vereinbarung von einer "Berücksichtigung" die Rede ist. Damit sollte wohl die Möglichkeit einer Anrechnung von Einkommen des Klägers aus dessen selbständiger Tätigkeit auf den KdU-Bedarf offen gehalten werden. Bei dem hier vorliegenden sehr geringen und nicht bedarfsmindernden Einkommen kann dieser Begriff indes nur synonym zu den Begriffen "bewilligen" oder "gewähren" verstanden werden. Die Möglichkeit, trotz stattgebenden Urteils des Sozialgerichts im Verfahren S 147 AS 11276/11 KdU im Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 nicht in Höhe von monatlich 795,- Euro zu gewähren, sieht der Wortlaut (wenn man von der hier nicht realisierten Möglichkeit eines bedarfsmindernden Einkommens absieht) nicht vor. Entsprechende Formulierungen (die etwa hätten eingeleitet werden können mit einem "es sei denn" oder "Dies gilt nicht für den Fall, dass ") enthält die Vereinbarung nicht.
Eine das vorstehende Ergebnis in Frage stellende ergänzende Vertragsauslegung kommt hier nicht in Betracht.
Eine ergänzende Vertragsauslegung hat den Zweck, Lücken der vertraglichen Regelung zu schließen; sie knüpft an die im Vertrag objektivierten Regelungen an und versteht diese als eine selbständige Rechtsquelle, aus der Regelungen für die offen gebliebenen Punkte abgeleitet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 1996 - 3 RK 2/96 – juris m. w. N.). Dieses aus dem Zivilrecht (§ 157 BGB) stammende Auslegungsverfahren ist auch für den hier vorliegenden öffentlich-rechtlichen Vertrag einsetzbar. Es setzt eine Regelungslücke voraus. Die vertragliche Regelung ist dann für den Bereich der Lücke durch Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens zu ergänzen. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung Ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei ist an den Vertrag, an die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, seinen Sinn und Zweck, zugleich aber auch an Treu und Glauben sowie die Verkehrssitte anzuknüpfen. Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich innerhalb des Rahmens der Vereinbarung halten, darf also den Vertragsgegenstand nicht erweitern und nicht zu einer freien richterlichen Rechtsschöpfung ausufern. Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem Gesamtzusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch zu dem nach dem Inhalt des Vertrags tatsächlich Vereinbarten stehen würde. Zudem darf – wie bereits ausgeführt - die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhalts führen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15. Oktober 2014 - XII ZR 111/12 - NZM 2015, 211).
Die demnach erforderliche Regelungslücke liegt hier nicht vor. Sie ist zu bejahen, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 - VII ZR 194/13 - NJW 2017, 2025). Dies ist hier nicht der Fall.
Zwar haben die Beteiligten mit der Möglichkeit, dass das Sozialgericht in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 dem Kläger zwar KdU-Leistungen von monatlich 795,- Euro zuerkennt, in seiner Begründung aber von einer zeitlichen Begrenzung dieses Anspruchs auf sechs Monate – wohl ab Kenntnis des Bescheides vom 28. Oktober 2010 – ausgeht, erkennbar nicht gerechnet. In dem Verfahren S 147 AS 11276/11 ging es, was sich den Schriftsätzen der Beteiligten in diesem Verfahren entnehmen lässt, mindestens vor Abschluss der hier in Rede stehenden Vereinbarung vom 5./6. Dezember 2011 vor allem darum, ob dem Kläger ein höherer Wohnbedarf aufgrund der Ausübung seines Umgangsrechts mit seiner Tochter zustand. Weniger – aber auch – ging es um die allerdings an sich vorrangige Frage, ob dem Kläger die hinreichende Kenntnis von seiner Obliegenheit zur Kostensenkung durch das Schreiben des Beklagten vom 7. März 2006 und die tatsächliche Kostensenkung zum 1. August 2007 vermittelt wurde. Denn dieser Aspekt ist von dem Beklagten in seinem Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011 angeführt worden.
Haben die Beteiligten also im skizzierten Sinne einen Punkt übersehen, so lässt der Vertrag aber gleichwohl keine Bestimmung vermissen, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen. Es liegt auch kein Fall vor, in dem ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre.
Die Beteiligten haben hier eine sehr knappe und schlichte Regelung getroffen. So wie im Verfahren S 147 AS 11276/11 entschieden, so sollte es auch für den Folgezeitraum sein. Die Beteiligten sind also davon ausgegangen, dass das Sozialgericht in dem Verfahren S 147 AS 11276/11 dem Kläger entweder Recht gibt – dann sollte er auch im Folgezeitraum die von ihm begehrten KdU erhalten –, oder dass die Klage abgewiesen wird – dann sollte der Kläger auch im Folgezeitraum keine höheren als die ihm vom Beklagten zuerkannten KdU erhalten. Mit einem "Ja, aber" in dem Urteil zum Verfahren S 147 AS 11276/11 haben die Beteiligten also nicht gerechnet. Entscheidend sollte aber nach der Vereinbarung der Urteilstenor sein. Eine Art Urteils-Exegese wollten sich die Beteiligten mit ihrer Regelung erkennbar nicht zumuten. Dies gilt hier umso mehr, als die Ausführungen des Sozialgerichts in dem dem Unterwerfungsvergleich zugrunde liegenden Urteil, auf die sich der Beklagte beruft, für die Entscheidung letztlich nicht tragend gewesen sind. Streitig war dort der Zeitraum 4. Oktober 2010 bis März 2011. Aus Sicht des Sozialgerichts musste der Kläger für diesen Zeitraum schon deshalb obsiegen, weil die Kostensenkungsaufforderung aus dem Jahr 2006 – wenn überhaupt - allenfalls erst mit einer "Verzögerung" von sechs Monaten Wirkung entfalten konnte. Das Sozialgericht hätte es bei dieser Feststellung belassen können. Dass es sich tatsächlich zu dem Bescheid vom 28. Oktober 2010 und der aus seiner Sicht durch ihn vermittelten Kenntnis über die Obliegenheit zur Kostensenkung geäußert hat, war streng genommen also überflüssig. Die Heranziehung nicht tragender Entscheidungsgründe bei unmissverständlichem Urteilstenor würde dem Regelungsplan der Beteiligten aber auch in Ansehung der knappen und einfachen Formulierung in der Vereinbarung vom 5./6. Dezember 2011 nicht entsprechen. Hätten die Beteiligten einen entsprechenden Regelungsplan gehabt, hätte dieser in der Vereinbarung seinen Niederschlag finden müssen (etwa durch die Formulierung "unter Heranziehung der rechtlichen Erwägungen des Sozialgerichts" o. ä.). Aus Vorstehendem ergibt sich auch, dass eine Vervollständigung der Vereinbarung hier nicht notwendig ist, um eine angemessene, interessengerechte Lösung zu finden.
Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht ein etwaiges Untermietverhältnis mit B entgegen. Der Senat teilt nach eigener Prüfung in Ansehung der Beweisaufnahme in dem Verfahren S 144 AS 11530/13 die Einschätzung des Beklagten, dass ein solches Untermietverhältnis auch im streitigen Zeitraum nicht bestanden hat. B hat im streitigen Zeitraum auch nicht bei dem Kläger gewohnt.
Wie bereits ausgeführt, mindert sich der Anspruch des Klägers auch nicht durch Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, weil der Kläger im streitigen Zeitraum kein anrechenbares Einkommen erzielt hat.
Ergibt sich der Anspruch des Klägers also bereits aus dem zwischen den Beteiligten vereinbarten Unterwerfungsvergleich, kommt es nicht darauf an, ob hier eine wirksame Kostensenkungsaufforderung des Beklagten vorliegt und ob und gegebenenfalls inwieweit die KdU des Klägers unangemessen waren. Unmaßgeblich ist auch, ob hier ein 1- oder 2-Personenhaushalt zugrunde zu legen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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