Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 22 AL 286/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 264/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 02. September 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit einem Geschäftspartner in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Geschäftszweck der Unternehmensberatung ab dem 18. Juni 2012.
Der 1982 geborene Kläger hat Betriebswirtschaft studiert und war zwecks Fertigung seiner Promotion vom 15. Februar 2009 bis zum 31. Januar 2012 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Universität P am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, Schwerpunkt Finanzierung und Banken, beschäftigt. Vom 01. Februar 2012 bis zum 17. Juni 2012 war der Kläger mit Ausnahme einer Dozententätigkeit am 11. April 2012 arbeitslos und erhielt von der Beklagten Arbeitslosengeld I (Alg) i.H.v. 24,64 Euro täglich.
Am 29. Februar 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung eines GZ zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab dem 18. Juni 2012 als Unternehmensberater in Potsdam. Er legte die befürwortende Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 25. Mai 2012 sowie eine eigene Stellungnahme vom 31. Mai 2012 bei, in der er mitteilte, seine Tätigkeit am Lehrstuhl der Universität Potsdam für Finanzen und Banken habe ihm nicht ermöglicht, bis zur Arbeitslosigkeit ab 01. Februar 2012 finanzielle Rücklagen zu bilden, daher stünden ihm als Startkapital für die selbständige Tätigkeit nur 3.500,00 Euro zur Verfügung. Sein Unternehmen solle zusammen mit seinem Studienkollegen Herrn N D als "D & K Unternehmensberatung" als Partnergesellschaft gegründet werden. Das Geschäftsergebnis weise im Gründungsjahr 2012 weder Verlust noch Gewinn aus, sodass der Lebensunterhalt nicht durch die Selbstständigkeit gedeckt werden könne. Eine bei der Universität P beantragte Förderung sei nicht gewährt worden und sein Promotionsvorhaben ziehe sich noch bis zum April 2012 hin. Aufgrund seiner vorwiegend akademischen Ausrichtung, seiner mangelnden Berufserfahrung und seines Alters sei es aussichtslos, eine Beschäftigung zu finden. Er habe auch von der Agentur für Arbeit keine passenden Stellenangebote erhalten.
Laut einem Vermerk der Arbeitsvermittlerin der Beklagten vom 29. Februar 2012 wurde dem Kläger der Vermittlungsvorrang (§ 4 SGB III) erläutert. Bei einem Suchlauf in der Jobbörse seien 20 Seiten Stellenangebote gefunden worden. Der Kläger habe erklärt, dass er sich "nicht bundesweit aufstellen" möchte, da die Gründung der GbR mit dem Zeugen N D zum Mai 2012 geplant sei.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2012 lehnte die Beklagte die Gewährung eines GZ ab. Zwar seien die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 93 Abs. 2 SGB III erfüllt, dies begründe jedoch keinen Rechtsanspruch auf die Förderung, da es sich beim GZ um eine Ermessensleistung handele. Die Interessensabwägung sei nicht zu Gunsten des Klägers ausgefallen. Insbesondere sei bei der Prüfung, ob ein GZ als eine Leistung der aktiven Arbeitsmarktförderung (§ 3 Abs. 5 SGB III) zu gewähren sei, der Vorrang der Arbeitsvermittlung nach § 4 SGB III zu berücksichtigen. Der Arbeitsmarkt für Betriebswirte (Schwerpunkt Finanzen und Banken) sei gegeben, allein über die Jobbörse seien 20 Seiten mit Stellenangeboten gefunden und dem Kläger unterbreitet worden. Der Kläger habe jedoch bereits im Vorfeld gemeinsam mit einem Kollegen die Selbstständigkeit aus dem Beschäftigungsverhältnis heraus geplant. Er habe frühzeitig mit dem potenziellen Geschäftspartner an einem Existenzgründerseminar teilgenommen und über die Universität P ein Gründungsstipendium beantragt. Weitergehende Bewerbungsaktivitäten zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung habe er nicht unternommen, da für ihn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit bereits festgestanden habe. Es bestehe daher ein Vermittlungsvorrang nach § 4 Abs. 2 SGB III, sodass der GZ nicht zu gewähren sei.
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er habe sich schon frühzeitig nach der akademischen Anstellung wegen der Schwierigkeiten einer nachfolgenden Arbeitsplatzsuche auch Gedanken über eine selbstständige Tätigkeit gemacht, dies insbesondere auch wegen der Frist des 150-tägigen Restanspruchs. Er habe sich auch weiterhin bemüht, im akademischen Bereich tätig zu sein. Die Betreuerin Frau B habe immer mitgeteilt, dass seine Bewerberaktivitäten ausreichten. Die Stellenangebote hätten nicht auf sein Profil gepasst. Im Übrigen sei seinem Gründungspartner der GZ bewilligt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04. September 2012 unter Verweis auf die gesetzlichen Grundlagen und die erforderliche Ermessensausübung, die insbesondere auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigen müsse (§ 69 Abs. 2 SGB IV), als unbegründet zurück. Die Vermittlung in Arbeit habe grundsätzlich Vorrang vor der Gewährung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, zu denen der GZ gehöre (§§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 SGB III). Für eine Tätigkeit als Betriebswirt seien bundesweit mehr als 200 zu besetzende Stellen gemeldet. Dem Vortrag des Klägers, die Stellenangebote entsprächen nicht seinem Profil, könne nicht gefolgt werden. Es habe sich um zumutbare Beschäftigungen i.S.d. § 140 SGB III gehandelt. Die bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung erforderliche individuelle Betrachtungsweise verbiete Vergleiche mit ähnlich gelagerten Fällen, wie im Fall des Geschäftspartners Herrn D.
Mit seiner beim Sozialgericht Potsdam (SG) am 07. September 2012 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren fort. Er habe sich bei vielen Arbeitgebern beworben, seine Gründungsvorbereitung hingegen erst im Mai 2012 in Angriff genommen. Die Stellenangebote der Beklagten verlangten u.a. Kenntnisse des Verwaltungsrechts, des Marketings, des Personalwesens und der Wirtschaftsmathematik und bezögen sich teilweise auch auf Politikwissenschaftler. Dafür sei er nicht qualifiziert. Auch von Frau B sei ihm dies mitgeteilt worden, sodass er auf weitere Bewerbungen verzichtet habe. Der Kläger hat ablehnende Schreiben zu eigenen Bewerbungen eingereicht, auf die Bezug genommen wird.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02. September 2014 abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung des GZ. Zwar seien die tatbestandlichen Voraussetzungen unstreitig erfüllt, jedoch stehe die Gewährung des GZ gemäß § 93 SGB III im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, welches diese in rechtmäßiger Weise ausgeübt habe. Der Vermittlungsvorrang (§ 4 Abs. 2 SGB III) sei ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Ausübung des Ermessens, denn er berücksichtige eine gesetzliche Vorgabe. Er gelte auch für die Gewährung eines GZ, denn auch dieser sei eine Leistung der aktiven Arbeitsförderung (vgl. § 3 Abs. 4 SGB III). Ebenso wenig liege eine Ermessensunter- oder -überschreitung vor. Die Beklagte habe einen legitimen, der Teleologie des § 93 SGB III entsprechenden Zweck*verfolgt und damit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt, indem sie darauf abgestellt habe, ob der Kläger voraussichtlich auch ohne die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre. Denn der GZ könne nur gewährt werden, wenn die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führen würde (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2014, L 18 AL 236/13; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.11.2013, L 9 AL 81/13 juris, Rn. 42 mwN). Angesichts der von der Beklagten dargestellten Lage auf dem überregionalen Stellenmarkt sei die Beklagte zu Recht bei ihrer Prognose davon ausgegangen, dass der Kläger in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, ohne dass hierfür die Förderung der Selbstständigkeit notwendig gewesen wäre. Bereits beim Gespräch am 29. Februar 2012 sei dem Kläger der Vermittlungsvorrang erläutert und 20 Seiten mit Stellenangeboten für Betriebswirte mit der Hochschulqualifikation im Bereich Bank- und Finanzdienstleistungen gefunden worden. Soweit der Kläger mitgeteilt habe, sich nicht bundesweit aufstellen zu mögen, da die Gründung zum Mai 2012 geplant sei, habe er tatsächliche Hemmnisse in Bezug auf eine bundesweite Vermittlung nicht mitgeteilt. Der Einschätzung des Kläger, die Stellenangebote entsprächen nicht seinem konkreten beruflichen Profil könne nicht gefolgt werden; bei den Stellenangeboten habe es sich um solche als Betriebswirt gehandelt, die ihm gemäß § 140 SGB III zumutbar gewesen seien. Auch die vom Kläger eingereichten Absagen führten zu keiner anderen Einschätzung. Denn unter Berücksichtigung der ausgedruckten 50 Stellenangebote ergebe sich eine große Zahl an potentiellen Arbeitsmöglichkeiten, so dass auch eine Reihe von Ablehnungen auf Bewerbungen erfolgen könnten. Der Kläger habe lediglich 7 Ablehnungen mitgeteilt. Schließlich liege auch kein Abwägungsfehler der Beklagten vor. Ein für die Bewilligung sprechender Gesichtspunkt, der mindestens ebenso gewichtig wäre, wie der für die Ablehnung maßgebliche Gesichtspunkt der ausreichenden Vermittlungschancen sei nicht erkennbar. Insbesondere habe die Beklagte die Gewährung eines GZ nicht zugesagt oder im Wege einer Eingliederungsvereinbarung sich auf eine entsprechende selbständige Tätigkeit als Eingliederungsziel festgelegt.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 09. Oktober 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben und sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterverfolgt. Die Beklagte habe nicht den Nachweis ausreichender offener, für ihn passender Stellenangebote erbracht und zudem bei ihrer Ermessensausübung vorrangig fehlerhaft fiskalische Interessen berücksichtigt. Er habe nicht erklärt, dass er aufgrund der anstehenden Gründung seiner Firma nicht umziehen wolle, sondern vielmehr den Wunsch geäußert, in der Umgebung weiterhin wohnen zu bleiben und tätig sein zu dürfen. Die Erstellung seiner Homepage sei erst im Juni 2012 erfolgt. Er habe auf alle ihm unterbreiteten Stellenangebote eine Bewerbung abgegeben, die immer abgelehnt worden sei. Unterlagen über seine Bewerbungsbemühungen habe er bis auf die zur Akte gereichten Ablehnungen nicht mehr. Nie seien ihm 200 Stellen angeboten worden, die Ergebnisse der Suchläufe seien ihm nicht mitgeteilt worden. Er habe sich auch über Kontakte aus der Uni-Zeit beworben und dies auch mitgeteilt. Er sei nicht bereits bei Aushändigung der Unterlagen am 29. Februar 2012 endgültig entschlossen gewesen, auf jeden Fall in die Selbständigkeit zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt habe er zwar intensiv über die geplante Gesellschaftsgründung nachgedacht, wenn sich jedoch eine seinen Qualifikationen entsprechende Stelle gefunden hätte, hätte er sie genommen. Andererseits sei ja auch eine Frist zu beachten und ein Businessplan zu erstellen. Frau B habe ihn auch nie darauf hingewiesen, dass seine Bewerbungsaktivitäten nicht ausreichend seien. Ein Abschlussgespräch habe es nicht gegeben, sie habe ihm auch nicht mitgeteilt, dass sie den Antrag auf GZ ablehnen werde.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 02. September 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Bescheide und das angefochtene Urteil und hält ihre Ermessensentscheidung für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat am 29. Mai 2018 und 26. September 2018 Erörterungstermine durchgeführt und die Arbeitsvermittlerin, Frau B, und den Geschäftspartner des Klägers, Herrn N D, als Zeugen vernommen. Bezüglich des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift vom 26. September 2008 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten betreffend den Geschäftspartner des Klägers, Herrn N D, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet.
Streitgegenstand ist entsprechend dem vom Kläger gestellten Antrag sein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen GZ-Antrag. Die insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Bescheidungsklage erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines GZ-Antrags.
Nach § 93 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Beduinen wurden in Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen GZ erhalten. Ein GZ kann nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Alg hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruht, der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und seine Kenntnisse und Fähigkeit zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt. Nach § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen.
Der Kläger hatte einen Anspruch auf Alg i.S. eines Zahlungsanspruchs und verfügte damit über einen Restanspruch auf Alg von mehr als 150 Tagen. Der Kläger hatte auch die Tragfähigkeit der Existenzgründung durch die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle nachgewiesen und seine Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dargelegt. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die vom Kläger begehrte Gewährung des GZ gemäß § 93 SGB III steht im Ermessen der Beklagten. Das Gericht kann die Entscheidung der Beklagten daher nur daraufhin überprüfen, ob die Beklagte ihr Ermessen entsprechend den Vorgaben von § 39 Abs. 1 S. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) rechtmäßig ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegt und der Kläger hierdurch beschwert ist. Das Gericht hat jedoch keine eigenen Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl, § 54 Rdnr. 28).
Anhaltspunkte für eine sog. Ermessensreduzierung auf Null in dem Sinne, dass jede andere Entscheidung der Beklagten, als den GZ zu gewähren, ermessensfehlerhaft wäre, bestehen nicht. Davon geht auch der Kläger, der lediglich die Neubescheidung begehrt, nicht aus.
Es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung, weil die Beklagte das ihr nach § 93 Abs. 1 SGB III zustehende Ermessen rechtmäßig, d.h. entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessen (§ 39 Abs. 1 S. 1 SGB I, § 54 Abs. 2 S. 2 SGG) ausgeübt hat. Insoweit kann zunächst auf die Ausführungen im Bescheid vom 28. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. September 2012 sowie auf die Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte war sich bewusst, dass die Bewilligung des GZ in ihrem Ermessen stand. Sie hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Sie hat Sinn und Zielrichtung der Vorschrift des § 93 SGB III und die Qualität des GZ als eine Leistung der aktiven Arbeitsmarktförderung nach § 3 Abs. 5 SGB III, und den in diesem Bereich zu beachtenden Vorrang der Vermittlung in Beschäftigung (§ 4 Abs. 2 SGB III) optisch von der zunächst erfolgten Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 SGB III abgehoben. Es kann daher eine Vermischung von diesen nicht im Ermessen stehenden Fördervoraussetzungen mit Ermessensgesichtspunkten ausgeschlossen werden.
Die Ermessenserwägung der Beklagten, der GZ könne nur dann gewährt werden, wenn die Vermittlung in Beschäftigung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung eines Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt führen würde (vgl. § 4 Abs. 2 SGB III), ist nicht zu beanstanden. Denn die Prognose, dass ein Arbeitsloser auch ohne Förderung der Selbstständigkeit bei Inanspruchnahme der Vermittlungsbemühungen der Beklagten in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, verfolgt einen legitimen, der Teleologie des § 93 SGB III entsprechenden Zweck. Für das Gericht ist die Prognose erfolgreicher Vermittlung in Beschäftigung als Teil der Ermessensentscheidung der Beklagten ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar. Die Annahme der Beklagten, der Kläger als Betriebswirt könne angesichts der Lage auf dem für ihn in Betracht kommenden regionalen bzw. überregionalen Stellenmarkt bald in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden, ist daher nicht zu beanstanden. Der am 29. Februar 2012 durchgeführte Suchlauf soll zwanzig Seiten mit mehr als zweihundert Stellenangeboten ergeben haben, wobei etliche durchaus auch zur Qualifikation des Klägers als Betriebswirt (Schwerpunkt: Finanzierung und Banken) gepasst hätten (Vermerk der Beklagten vom 20. Juni 2012). Der Senat verkennt nicht, dass die Ergebnisse des damaligen Suchlaufs leider nicht dokumentiert sind, sondern nur diejenigen des vor Bescheiderstellung am 18. Juni 2012 vorgenommenen Suchlaufs, von dem fünf Seiten zu den Akten genommen sind. Jedoch wurde der Suchlauf nach Angaben der Zeugin Blume vom konkreten Bewerberprofil vorgenommen, wobei nicht nur die Berufsbezeichnung, sondern die vom Kläger hervorgehobene Spezialisierung beachtet worden sei. In die Suchkriterien wurden die Begriffe Betriebswirt (Hochschule), Bank und Diplom (Uni), Finanzdienstleistungen eingegeben. Infolge des Zeitablaufs zwischen dem ersten und dem zweiten Suchlauf (rund viereinhalb Monate) sind möglicherweise einige Stellenangebote weggefallen, aber auch neue Angebote dazugekommen. Nach den nachvollziehbar dokumentierten Teilen des Suchlaufs beinhalten jedenfalls einige Angebote auch den vom Kläger angegebenen Bereich Bank- und Finanzdienstleistungen. Selbst wenn die Beschäftigungsaussichten in der speziellen Branche "Finanzdienstleistungen" infolge der damaligen "Bankenkrise" nicht allzu gut gewesen sein mögen, ist die Betriebswirtschaftslehre so breit gefächert, dass nicht einleuchtet, weshalb ein Betriebswirt nicht auch in anderen Bereichen, etwa Personalführung, Rechnungswesen, Management etc., eingesetzt werden könnte. Die Stellenangebote für Betriebswirte waren für den Kläger auch durchaus zumutbar, d.h. nicht unter seiner Qualifikation. Eine passgenaue Vermittlung ist schwer möglich und von der Beklagten nicht zu verlangen.
Bei Würdigung der bekannt gewordenen Umstände fasste der Kläger jedoch nach seiner Arbeitslosmeldung am 06. Dezember 2011 und nachdem sich seine Hoffnung auf Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Universität Potsdam nicht erfüllt hatte, alsbald den Entschluss, sich gemeinsam mit dem Zeugen N D selbstständig zu machen. Insbesondere lässt sich seine Bereitschaft, in nichtselbstständige Arbeit vermittelt zu werden, im Sinne seiner subjektiven Verfügbarkeit nicht allein aus der bestandskräftigen Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012 bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 18. Juni 2012 schließen. Die durch Bestandskraft des Bewilligungsbescheids eingetretene Bindungswirkung erstreckt sich lediglich auf den festgestellten Restanspruch auf Alg. Die Erklärung im Alg-Antrag, er sei bereit gewesen, jede Beschäftigung anzunehmen und auszuüben, ist nicht so zu verstehen, dass der Kläger ab Eintritt seiner Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012 auch (noch) bereit war, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben. Für die Zeit ab Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012 gibt es keine überzeugenden Hinweise darauf, dass der Kläger das Ziel der Selbstständigkeit zurückgestellt hätte, wenn sich eine zumutbare, versicherungspflichtige Anschlussbeschäftigung ergeben hätte. Dabei kann auch die zeitliche Abfolge (Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012, Antrag auf GZ am 29. Februar 2012) nicht unberücksichtigt bleiben. Insgesamt spricht einiges dafür, dass es dem Kläger trotz der von ihm erklärten Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme entscheidend darum ging, formal die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und die anschließende Gewährung eines GZ zu schaffen. Dies belegt auch der Inhalt des ersten Gesprächs mit der Zeugin B am 29. Februar 2012, in dem die geplante Existenzgründung thematisiert wurde, gleich nachdem sich für den Kläger abgezeichnet hatte, dass es nicht zu der Verlängerung seines Beschäftigungsverhältnisses an der Universität P kommen werde. Dass es bei diesem Erstgespräch im wesentlichen um die Selbstständigkeit ging, zeigt auch, dass die Zeugin Blume dem Kläger an diesem Tag die Unterlagen betreffend den GZ ausgereicht und diesen Tag als Antragsdatum in das Antragsformular aufgenommen hat. Denn, wie die Zeugin angegeben hat, verfährt sie auf diese Weise nur dann, wenn das Thema Selbstständigkeit beherrschend im Raum stehe. Mittelbar hat dies auch der Kläger mit seiner Angabe, Frau B habe ihm die Unterlagen zunächst gar nicht aushändigen wollen, bestätigt. Auch nahm der Kläger frühzeitig an einem Existenzgründungsseminar teil und beantragte zunächst ein Gründungsstipendium bei der Universität, welches dann abgelehnt wurde. Der Kläger scheint auch nicht wesentlich von der Möglichkeit des Zugriffs auf sein Bewerberprofil in der Jobbörse Gebrauch gemacht zu haben, denn er hat nur wenige Absagen, vorrangig im Bankenbereich, vorgelegt. Auch der Umstand, dass er seine Bewerbungsbemühungen, u.a. auch durch Zurückgreifen auf die während der Universitätszeit geknüpften Kontakte, nicht dokumentiert hat, spricht ebenfalls für ein eher halbherziges Bemühen, in nichtselbstständige Arbeit zu kommen. Der mangelnde Nachweis der behaupteten erfolglosen Bemühungen geht zu Lasten des Klägers. Nicht zu beanstanden ist es daher, dass die Beklagte von weitergehenden Bemühungen abgesehen hat, denn eine erfolgversprechende Vermittlungstätigkeit wäre ohnehin nicht mehr zu erwarten gewesen. Der Zeitraum zwischen der Antragstellung auf Alg am 06. Dezember 2011 und der wohl endgültigen Entscheidung des Klägers, die jedenfalls am 29. Februar 2012 dokumentiert ist, war insofern zu kurz bemessen, um eindeutig und abschließend festzustellen, dass eine Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Vermittlung in eine Beschäftigung nicht möglich gewesen wäre.
Die Beklagte hat sich auch im Widerspruchsbescheid vom 04. September 2012 mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass der Geschäftspartner des Klägers, der Zeuge N D, bei vergleichbarem Sachverhalt von der Arbeitsagentur Neuruppin den beantragten GZ erhalten hat, weil die dortige Sachbearbeiterin den Vermittlungsvorrang sehr schnell verneint hat (Vermerk vom 11. Juni 2012 des dortigen Vorgangs). Zwar teilt der Senat die von Frau B in ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung geäußerte Auffassung, der Umstand einer geplanten Gesellschaft spiele in ihrer Ermessensausübung keine Rolle, in dieser Eindeutigkeit nicht. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit in Form einer GbR mit einem aus dem Studium gut bekannten Kollegen derselben Fachrichtung bietet durch die Doppelung des Wissens, der jeweiligen Kontakte und des einsetzbaren Kapitals weniger wirtschaftliche Risiken als eine allein aufgenommene selbstständige Tätigkeit. Insoweit hat sich die Beklagte lediglich mit der formelhaften Wendung der erforderlichen individuellen Betrachtungsweise eines jeden Lebenslaufes, die Vergleiche mit vermeintlich ähnlich gelagerten Fällen verbiete, begnügt (S. 3 des Widerspruchsbescheids). Gleichwohl dürfte auch in Fallkonstellationen, in denen ein Gesellschafter für die Unternehmensgründung einen GZ bewilligt bekommen hat und der andere nicht, unter Gleichbehandlungserwägungen (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) keine Ermessenseinschränkung dergestalt bestehen, dass dem abgelehnten Gesellschafter der GZ selbst bei Fehlen der Voraussetzungen für dessen Bewilligung aus Gleichbehandlungsgründen auch zu gewähren sei. Es gilt hier der Grundsatz, dass kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht (vgl. ebenso, allerdings nicht entscheidungstragend LSG Hamburg, Urteil vom 14. Juni 2017, L 2 AL 34/16, juris, Rn. 20). Dem Verwaltungsvorgang der Arbeitsagentur Neuruppin betreffend den GZ des Zeugen D lassen sich auch keine - auf den Fall des Klägers übertragbaren - Erkenntnisse entnehmen, dass die Vermittlung des Zeugen D in Beschäftigung aussichtslos erschienen wäre. Aus dem Vorgang ergeben sich keine Erkenntnisse, wie viele Bewerbungen Herr D vorgenommen hat und ob und welche Angebote ihm gemacht worden sind. Der Zeuge hat sich ebenso wie der Kläger arbeitslos gemeldet, nachdem sich seine Hoffnung auf Verlängerung des Vertrags mit der Universität nicht erfüllt hatte. Auch er hatte sich zum Teil initiativ, zum Teil über Ausschreibungen und über Kontakte aus dem Universitätsnetzwerk überwiegend auf Stellen im Finanzunternehmensbereich beworben. Die Entscheidung der Beklagten, die Gewährung des GZ an den Zeugen D bei vergleichbarem Sachverhalt als nachrangig anzusehen, kann daher nicht als Ermessensfehlgebrauch angesehen werden. Bei mehreren Ermessensgesichtspunkten obliegt der Behörde die Entscheidung, auf welchen sie vorrangig abstellt.
Weitere Umstände, die in das Ermessen hätten einbezogen werden müssen, etwa persönliche oder gesundheitliche Hindernisse, die einer Vermittlung in Arbeit entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Schließlich hat die Beklagte einen GZ weder mündlich zugesagt noch sich im Wege einer Eingliederungsvereinbarung auf eine selbständige Tätigkeit des Klägers als Eingliederungsziel festgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit einem Geschäftspartner in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Geschäftszweck der Unternehmensberatung ab dem 18. Juni 2012.
Der 1982 geborene Kläger hat Betriebswirtschaft studiert und war zwecks Fertigung seiner Promotion vom 15. Februar 2009 bis zum 31. Januar 2012 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Universität P am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, Schwerpunkt Finanzierung und Banken, beschäftigt. Vom 01. Februar 2012 bis zum 17. Juni 2012 war der Kläger mit Ausnahme einer Dozententätigkeit am 11. April 2012 arbeitslos und erhielt von der Beklagten Arbeitslosengeld I (Alg) i.H.v. 24,64 Euro täglich.
Am 29. Februar 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung eines GZ zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab dem 18. Juni 2012 als Unternehmensberater in Potsdam. Er legte die befürwortende Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 25. Mai 2012 sowie eine eigene Stellungnahme vom 31. Mai 2012 bei, in der er mitteilte, seine Tätigkeit am Lehrstuhl der Universität Potsdam für Finanzen und Banken habe ihm nicht ermöglicht, bis zur Arbeitslosigkeit ab 01. Februar 2012 finanzielle Rücklagen zu bilden, daher stünden ihm als Startkapital für die selbständige Tätigkeit nur 3.500,00 Euro zur Verfügung. Sein Unternehmen solle zusammen mit seinem Studienkollegen Herrn N D als "D & K Unternehmensberatung" als Partnergesellschaft gegründet werden. Das Geschäftsergebnis weise im Gründungsjahr 2012 weder Verlust noch Gewinn aus, sodass der Lebensunterhalt nicht durch die Selbstständigkeit gedeckt werden könne. Eine bei der Universität P beantragte Förderung sei nicht gewährt worden und sein Promotionsvorhaben ziehe sich noch bis zum April 2012 hin. Aufgrund seiner vorwiegend akademischen Ausrichtung, seiner mangelnden Berufserfahrung und seines Alters sei es aussichtslos, eine Beschäftigung zu finden. Er habe auch von der Agentur für Arbeit keine passenden Stellenangebote erhalten.
Laut einem Vermerk der Arbeitsvermittlerin der Beklagten vom 29. Februar 2012 wurde dem Kläger der Vermittlungsvorrang (§ 4 SGB III) erläutert. Bei einem Suchlauf in der Jobbörse seien 20 Seiten Stellenangebote gefunden worden. Der Kläger habe erklärt, dass er sich "nicht bundesweit aufstellen" möchte, da die Gründung der GbR mit dem Zeugen N D zum Mai 2012 geplant sei.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2012 lehnte die Beklagte die Gewährung eines GZ ab. Zwar seien die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 93 Abs. 2 SGB III erfüllt, dies begründe jedoch keinen Rechtsanspruch auf die Förderung, da es sich beim GZ um eine Ermessensleistung handele. Die Interessensabwägung sei nicht zu Gunsten des Klägers ausgefallen. Insbesondere sei bei der Prüfung, ob ein GZ als eine Leistung der aktiven Arbeitsmarktförderung (§ 3 Abs. 5 SGB III) zu gewähren sei, der Vorrang der Arbeitsvermittlung nach § 4 SGB III zu berücksichtigen. Der Arbeitsmarkt für Betriebswirte (Schwerpunkt Finanzen und Banken) sei gegeben, allein über die Jobbörse seien 20 Seiten mit Stellenangeboten gefunden und dem Kläger unterbreitet worden. Der Kläger habe jedoch bereits im Vorfeld gemeinsam mit einem Kollegen die Selbstständigkeit aus dem Beschäftigungsverhältnis heraus geplant. Er habe frühzeitig mit dem potenziellen Geschäftspartner an einem Existenzgründerseminar teilgenommen und über die Universität P ein Gründungsstipendium beantragt. Weitergehende Bewerbungsaktivitäten zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung habe er nicht unternommen, da für ihn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit bereits festgestanden habe. Es bestehe daher ein Vermittlungsvorrang nach § 4 Abs. 2 SGB III, sodass der GZ nicht zu gewähren sei.
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er habe sich schon frühzeitig nach der akademischen Anstellung wegen der Schwierigkeiten einer nachfolgenden Arbeitsplatzsuche auch Gedanken über eine selbstständige Tätigkeit gemacht, dies insbesondere auch wegen der Frist des 150-tägigen Restanspruchs. Er habe sich auch weiterhin bemüht, im akademischen Bereich tätig zu sein. Die Betreuerin Frau B habe immer mitgeteilt, dass seine Bewerberaktivitäten ausreichten. Die Stellenangebote hätten nicht auf sein Profil gepasst. Im Übrigen sei seinem Gründungspartner der GZ bewilligt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04. September 2012 unter Verweis auf die gesetzlichen Grundlagen und die erforderliche Ermessensausübung, die insbesondere auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigen müsse (§ 69 Abs. 2 SGB IV), als unbegründet zurück. Die Vermittlung in Arbeit habe grundsätzlich Vorrang vor der Gewährung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, zu denen der GZ gehöre (§§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 SGB III). Für eine Tätigkeit als Betriebswirt seien bundesweit mehr als 200 zu besetzende Stellen gemeldet. Dem Vortrag des Klägers, die Stellenangebote entsprächen nicht seinem Profil, könne nicht gefolgt werden. Es habe sich um zumutbare Beschäftigungen i.S.d. § 140 SGB III gehandelt. Die bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung erforderliche individuelle Betrachtungsweise verbiete Vergleiche mit ähnlich gelagerten Fällen, wie im Fall des Geschäftspartners Herrn D.
Mit seiner beim Sozialgericht Potsdam (SG) am 07. September 2012 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren fort. Er habe sich bei vielen Arbeitgebern beworben, seine Gründungsvorbereitung hingegen erst im Mai 2012 in Angriff genommen. Die Stellenangebote der Beklagten verlangten u.a. Kenntnisse des Verwaltungsrechts, des Marketings, des Personalwesens und der Wirtschaftsmathematik und bezögen sich teilweise auch auf Politikwissenschaftler. Dafür sei er nicht qualifiziert. Auch von Frau B sei ihm dies mitgeteilt worden, sodass er auf weitere Bewerbungen verzichtet habe. Der Kläger hat ablehnende Schreiben zu eigenen Bewerbungen eingereicht, auf die Bezug genommen wird.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02. September 2014 abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung des GZ. Zwar seien die tatbestandlichen Voraussetzungen unstreitig erfüllt, jedoch stehe die Gewährung des GZ gemäß § 93 SGB III im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, welches diese in rechtmäßiger Weise ausgeübt habe. Der Vermittlungsvorrang (§ 4 Abs. 2 SGB III) sei ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Ausübung des Ermessens, denn er berücksichtige eine gesetzliche Vorgabe. Er gelte auch für die Gewährung eines GZ, denn auch dieser sei eine Leistung der aktiven Arbeitsförderung (vgl. § 3 Abs. 4 SGB III). Ebenso wenig liege eine Ermessensunter- oder -überschreitung vor. Die Beklagte habe einen legitimen, der Teleologie des § 93 SGB III entsprechenden Zweck*verfolgt und damit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt, indem sie darauf abgestellt habe, ob der Kläger voraussichtlich auch ohne die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre. Denn der GZ könne nur gewährt werden, wenn die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führen würde (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2014, L 18 AL 236/13; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.11.2013, L 9 AL 81/13 juris, Rn. 42 mwN). Angesichts der von der Beklagten dargestellten Lage auf dem überregionalen Stellenmarkt sei die Beklagte zu Recht bei ihrer Prognose davon ausgegangen, dass der Kläger in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, ohne dass hierfür die Förderung der Selbstständigkeit notwendig gewesen wäre. Bereits beim Gespräch am 29. Februar 2012 sei dem Kläger der Vermittlungsvorrang erläutert und 20 Seiten mit Stellenangeboten für Betriebswirte mit der Hochschulqualifikation im Bereich Bank- und Finanzdienstleistungen gefunden worden. Soweit der Kläger mitgeteilt habe, sich nicht bundesweit aufstellen zu mögen, da die Gründung zum Mai 2012 geplant sei, habe er tatsächliche Hemmnisse in Bezug auf eine bundesweite Vermittlung nicht mitgeteilt. Der Einschätzung des Kläger, die Stellenangebote entsprächen nicht seinem konkreten beruflichen Profil könne nicht gefolgt werden; bei den Stellenangeboten habe es sich um solche als Betriebswirt gehandelt, die ihm gemäß § 140 SGB III zumutbar gewesen seien. Auch die vom Kläger eingereichten Absagen führten zu keiner anderen Einschätzung. Denn unter Berücksichtigung der ausgedruckten 50 Stellenangebote ergebe sich eine große Zahl an potentiellen Arbeitsmöglichkeiten, so dass auch eine Reihe von Ablehnungen auf Bewerbungen erfolgen könnten. Der Kläger habe lediglich 7 Ablehnungen mitgeteilt. Schließlich liege auch kein Abwägungsfehler der Beklagten vor. Ein für die Bewilligung sprechender Gesichtspunkt, der mindestens ebenso gewichtig wäre, wie der für die Ablehnung maßgebliche Gesichtspunkt der ausreichenden Vermittlungschancen sei nicht erkennbar. Insbesondere habe die Beklagte die Gewährung eines GZ nicht zugesagt oder im Wege einer Eingliederungsvereinbarung sich auf eine entsprechende selbständige Tätigkeit als Eingliederungsziel festgelegt.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 09. Oktober 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben und sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterverfolgt. Die Beklagte habe nicht den Nachweis ausreichender offener, für ihn passender Stellenangebote erbracht und zudem bei ihrer Ermessensausübung vorrangig fehlerhaft fiskalische Interessen berücksichtigt. Er habe nicht erklärt, dass er aufgrund der anstehenden Gründung seiner Firma nicht umziehen wolle, sondern vielmehr den Wunsch geäußert, in der Umgebung weiterhin wohnen zu bleiben und tätig sein zu dürfen. Die Erstellung seiner Homepage sei erst im Juni 2012 erfolgt. Er habe auf alle ihm unterbreiteten Stellenangebote eine Bewerbung abgegeben, die immer abgelehnt worden sei. Unterlagen über seine Bewerbungsbemühungen habe er bis auf die zur Akte gereichten Ablehnungen nicht mehr. Nie seien ihm 200 Stellen angeboten worden, die Ergebnisse der Suchläufe seien ihm nicht mitgeteilt worden. Er habe sich auch über Kontakte aus der Uni-Zeit beworben und dies auch mitgeteilt. Er sei nicht bereits bei Aushändigung der Unterlagen am 29. Februar 2012 endgültig entschlossen gewesen, auf jeden Fall in die Selbständigkeit zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt habe er zwar intensiv über die geplante Gesellschaftsgründung nachgedacht, wenn sich jedoch eine seinen Qualifikationen entsprechende Stelle gefunden hätte, hätte er sie genommen. Andererseits sei ja auch eine Frist zu beachten und ein Businessplan zu erstellen. Frau B habe ihn auch nie darauf hingewiesen, dass seine Bewerbungsaktivitäten nicht ausreichend seien. Ein Abschlussgespräch habe es nicht gegeben, sie habe ihm auch nicht mitgeteilt, dass sie den Antrag auf GZ ablehnen werde.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 02. September 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Bescheide und das angefochtene Urteil und hält ihre Ermessensentscheidung für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat am 29. Mai 2018 und 26. September 2018 Erörterungstermine durchgeführt und die Arbeitsvermittlerin, Frau B, und den Geschäftspartner des Klägers, Herrn N D, als Zeugen vernommen. Bezüglich des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift vom 26. September 2008 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten betreffend den Geschäftspartner des Klägers, Herrn N D, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet.
Streitgegenstand ist entsprechend dem vom Kläger gestellten Antrag sein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen GZ-Antrag. Die insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Bescheidungsklage erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines GZ-Antrags.
Nach § 93 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Beduinen wurden in Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen GZ erhalten. Ein GZ kann nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Alg hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruht, der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und seine Kenntnisse und Fähigkeit zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt. Nach § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen.
Der Kläger hatte einen Anspruch auf Alg i.S. eines Zahlungsanspruchs und verfügte damit über einen Restanspruch auf Alg von mehr als 150 Tagen. Der Kläger hatte auch die Tragfähigkeit der Existenzgründung durch die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle nachgewiesen und seine Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dargelegt. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die vom Kläger begehrte Gewährung des GZ gemäß § 93 SGB III steht im Ermessen der Beklagten. Das Gericht kann die Entscheidung der Beklagten daher nur daraufhin überprüfen, ob die Beklagte ihr Ermessen entsprechend den Vorgaben von § 39 Abs. 1 S. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) rechtmäßig ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegt und der Kläger hierdurch beschwert ist. Das Gericht hat jedoch keine eigenen Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl, § 54 Rdnr. 28).
Anhaltspunkte für eine sog. Ermessensreduzierung auf Null in dem Sinne, dass jede andere Entscheidung der Beklagten, als den GZ zu gewähren, ermessensfehlerhaft wäre, bestehen nicht. Davon geht auch der Kläger, der lediglich die Neubescheidung begehrt, nicht aus.
Es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung, weil die Beklagte das ihr nach § 93 Abs. 1 SGB III zustehende Ermessen rechtmäßig, d.h. entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessen (§ 39 Abs. 1 S. 1 SGB I, § 54 Abs. 2 S. 2 SGG) ausgeübt hat. Insoweit kann zunächst auf die Ausführungen im Bescheid vom 28. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. September 2012 sowie auf die Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte war sich bewusst, dass die Bewilligung des GZ in ihrem Ermessen stand. Sie hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Sie hat Sinn und Zielrichtung der Vorschrift des § 93 SGB III und die Qualität des GZ als eine Leistung der aktiven Arbeitsmarktförderung nach § 3 Abs. 5 SGB III, und den in diesem Bereich zu beachtenden Vorrang der Vermittlung in Beschäftigung (§ 4 Abs. 2 SGB III) optisch von der zunächst erfolgten Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 SGB III abgehoben. Es kann daher eine Vermischung von diesen nicht im Ermessen stehenden Fördervoraussetzungen mit Ermessensgesichtspunkten ausgeschlossen werden.
Die Ermessenserwägung der Beklagten, der GZ könne nur dann gewährt werden, wenn die Vermittlung in Beschäftigung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung eines Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt führen würde (vgl. § 4 Abs. 2 SGB III), ist nicht zu beanstanden. Denn die Prognose, dass ein Arbeitsloser auch ohne Förderung der Selbstständigkeit bei Inanspruchnahme der Vermittlungsbemühungen der Beklagten in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, verfolgt einen legitimen, der Teleologie des § 93 SGB III entsprechenden Zweck. Für das Gericht ist die Prognose erfolgreicher Vermittlung in Beschäftigung als Teil der Ermessensentscheidung der Beklagten ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar. Die Annahme der Beklagten, der Kläger als Betriebswirt könne angesichts der Lage auf dem für ihn in Betracht kommenden regionalen bzw. überregionalen Stellenmarkt bald in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden, ist daher nicht zu beanstanden. Der am 29. Februar 2012 durchgeführte Suchlauf soll zwanzig Seiten mit mehr als zweihundert Stellenangeboten ergeben haben, wobei etliche durchaus auch zur Qualifikation des Klägers als Betriebswirt (Schwerpunkt: Finanzierung und Banken) gepasst hätten (Vermerk der Beklagten vom 20. Juni 2012). Der Senat verkennt nicht, dass die Ergebnisse des damaligen Suchlaufs leider nicht dokumentiert sind, sondern nur diejenigen des vor Bescheiderstellung am 18. Juni 2012 vorgenommenen Suchlaufs, von dem fünf Seiten zu den Akten genommen sind. Jedoch wurde der Suchlauf nach Angaben der Zeugin Blume vom konkreten Bewerberprofil vorgenommen, wobei nicht nur die Berufsbezeichnung, sondern die vom Kläger hervorgehobene Spezialisierung beachtet worden sei. In die Suchkriterien wurden die Begriffe Betriebswirt (Hochschule), Bank und Diplom (Uni), Finanzdienstleistungen eingegeben. Infolge des Zeitablaufs zwischen dem ersten und dem zweiten Suchlauf (rund viereinhalb Monate) sind möglicherweise einige Stellenangebote weggefallen, aber auch neue Angebote dazugekommen. Nach den nachvollziehbar dokumentierten Teilen des Suchlaufs beinhalten jedenfalls einige Angebote auch den vom Kläger angegebenen Bereich Bank- und Finanzdienstleistungen. Selbst wenn die Beschäftigungsaussichten in der speziellen Branche "Finanzdienstleistungen" infolge der damaligen "Bankenkrise" nicht allzu gut gewesen sein mögen, ist die Betriebswirtschaftslehre so breit gefächert, dass nicht einleuchtet, weshalb ein Betriebswirt nicht auch in anderen Bereichen, etwa Personalführung, Rechnungswesen, Management etc., eingesetzt werden könnte. Die Stellenangebote für Betriebswirte waren für den Kläger auch durchaus zumutbar, d.h. nicht unter seiner Qualifikation. Eine passgenaue Vermittlung ist schwer möglich und von der Beklagten nicht zu verlangen.
Bei Würdigung der bekannt gewordenen Umstände fasste der Kläger jedoch nach seiner Arbeitslosmeldung am 06. Dezember 2011 und nachdem sich seine Hoffnung auf Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Universität Potsdam nicht erfüllt hatte, alsbald den Entschluss, sich gemeinsam mit dem Zeugen N D selbstständig zu machen. Insbesondere lässt sich seine Bereitschaft, in nichtselbstständige Arbeit vermittelt zu werden, im Sinne seiner subjektiven Verfügbarkeit nicht allein aus der bestandskräftigen Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012 bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 18. Juni 2012 schließen. Die durch Bestandskraft des Bewilligungsbescheids eingetretene Bindungswirkung erstreckt sich lediglich auf den festgestellten Restanspruch auf Alg. Die Erklärung im Alg-Antrag, er sei bereit gewesen, jede Beschäftigung anzunehmen und auszuüben, ist nicht so zu verstehen, dass der Kläger ab Eintritt seiner Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012 auch (noch) bereit war, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben. Für die Zeit ab Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012 gibt es keine überzeugenden Hinweise darauf, dass der Kläger das Ziel der Selbstständigkeit zurückgestellt hätte, wenn sich eine zumutbare, versicherungspflichtige Anschlussbeschäftigung ergeben hätte. Dabei kann auch die zeitliche Abfolge (Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01. Februar 2012, Antrag auf GZ am 29. Februar 2012) nicht unberücksichtigt bleiben. Insgesamt spricht einiges dafür, dass es dem Kläger trotz der von ihm erklärten Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme entscheidend darum ging, formal die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und die anschließende Gewährung eines GZ zu schaffen. Dies belegt auch der Inhalt des ersten Gesprächs mit der Zeugin B am 29. Februar 2012, in dem die geplante Existenzgründung thematisiert wurde, gleich nachdem sich für den Kläger abgezeichnet hatte, dass es nicht zu der Verlängerung seines Beschäftigungsverhältnisses an der Universität P kommen werde. Dass es bei diesem Erstgespräch im wesentlichen um die Selbstständigkeit ging, zeigt auch, dass die Zeugin Blume dem Kläger an diesem Tag die Unterlagen betreffend den GZ ausgereicht und diesen Tag als Antragsdatum in das Antragsformular aufgenommen hat. Denn, wie die Zeugin angegeben hat, verfährt sie auf diese Weise nur dann, wenn das Thema Selbstständigkeit beherrschend im Raum stehe. Mittelbar hat dies auch der Kläger mit seiner Angabe, Frau B habe ihm die Unterlagen zunächst gar nicht aushändigen wollen, bestätigt. Auch nahm der Kläger frühzeitig an einem Existenzgründungsseminar teil und beantragte zunächst ein Gründungsstipendium bei der Universität, welches dann abgelehnt wurde. Der Kläger scheint auch nicht wesentlich von der Möglichkeit des Zugriffs auf sein Bewerberprofil in der Jobbörse Gebrauch gemacht zu haben, denn er hat nur wenige Absagen, vorrangig im Bankenbereich, vorgelegt. Auch der Umstand, dass er seine Bewerbungsbemühungen, u.a. auch durch Zurückgreifen auf die während der Universitätszeit geknüpften Kontakte, nicht dokumentiert hat, spricht ebenfalls für ein eher halbherziges Bemühen, in nichtselbstständige Arbeit zu kommen. Der mangelnde Nachweis der behaupteten erfolglosen Bemühungen geht zu Lasten des Klägers. Nicht zu beanstanden ist es daher, dass die Beklagte von weitergehenden Bemühungen abgesehen hat, denn eine erfolgversprechende Vermittlungstätigkeit wäre ohnehin nicht mehr zu erwarten gewesen. Der Zeitraum zwischen der Antragstellung auf Alg am 06. Dezember 2011 und der wohl endgültigen Entscheidung des Klägers, die jedenfalls am 29. Februar 2012 dokumentiert ist, war insofern zu kurz bemessen, um eindeutig und abschließend festzustellen, dass eine Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Vermittlung in eine Beschäftigung nicht möglich gewesen wäre.
Die Beklagte hat sich auch im Widerspruchsbescheid vom 04. September 2012 mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass der Geschäftspartner des Klägers, der Zeuge N D, bei vergleichbarem Sachverhalt von der Arbeitsagentur Neuruppin den beantragten GZ erhalten hat, weil die dortige Sachbearbeiterin den Vermittlungsvorrang sehr schnell verneint hat (Vermerk vom 11. Juni 2012 des dortigen Vorgangs). Zwar teilt der Senat die von Frau B in ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung geäußerte Auffassung, der Umstand einer geplanten Gesellschaft spiele in ihrer Ermessensausübung keine Rolle, in dieser Eindeutigkeit nicht. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit in Form einer GbR mit einem aus dem Studium gut bekannten Kollegen derselben Fachrichtung bietet durch die Doppelung des Wissens, der jeweiligen Kontakte und des einsetzbaren Kapitals weniger wirtschaftliche Risiken als eine allein aufgenommene selbstständige Tätigkeit. Insoweit hat sich die Beklagte lediglich mit der formelhaften Wendung der erforderlichen individuellen Betrachtungsweise eines jeden Lebenslaufes, die Vergleiche mit vermeintlich ähnlich gelagerten Fällen verbiete, begnügt (S. 3 des Widerspruchsbescheids). Gleichwohl dürfte auch in Fallkonstellationen, in denen ein Gesellschafter für die Unternehmensgründung einen GZ bewilligt bekommen hat und der andere nicht, unter Gleichbehandlungserwägungen (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) keine Ermessenseinschränkung dergestalt bestehen, dass dem abgelehnten Gesellschafter der GZ selbst bei Fehlen der Voraussetzungen für dessen Bewilligung aus Gleichbehandlungsgründen auch zu gewähren sei. Es gilt hier der Grundsatz, dass kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht (vgl. ebenso, allerdings nicht entscheidungstragend LSG Hamburg, Urteil vom 14. Juni 2017, L 2 AL 34/16, juris, Rn. 20). Dem Verwaltungsvorgang der Arbeitsagentur Neuruppin betreffend den GZ des Zeugen D lassen sich auch keine - auf den Fall des Klägers übertragbaren - Erkenntnisse entnehmen, dass die Vermittlung des Zeugen D in Beschäftigung aussichtslos erschienen wäre. Aus dem Vorgang ergeben sich keine Erkenntnisse, wie viele Bewerbungen Herr D vorgenommen hat und ob und welche Angebote ihm gemacht worden sind. Der Zeuge hat sich ebenso wie der Kläger arbeitslos gemeldet, nachdem sich seine Hoffnung auf Verlängerung des Vertrags mit der Universität nicht erfüllt hatte. Auch er hatte sich zum Teil initiativ, zum Teil über Ausschreibungen und über Kontakte aus dem Universitätsnetzwerk überwiegend auf Stellen im Finanzunternehmensbereich beworben. Die Entscheidung der Beklagten, die Gewährung des GZ an den Zeugen D bei vergleichbarem Sachverhalt als nachrangig anzusehen, kann daher nicht als Ermessensfehlgebrauch angesehen werden. Bei mehreren Ermessensgesichtspunkten obliegt der Behörde die Entscheidung, auf welchen sie vorrangig abstellt.
Weitere Umstände, die in das Ermessen hätten einbezogen werden müssen, etwa persönliche oder gesundheitliche Hindernisse, die einer Vermittlung in Arbeit entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Schließlich hat die Beklagte einen GZ weder mündlich zugesagt noch sich im Wege einer Eingliederungsvereinbarung auf eine selbständige Tätigkeit des Klägers als Eingliederungsziel festgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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