L 10 AS 2081/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 14822/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 2081/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015. Er ist 1958 geboren, geschieden und übt seit 1991 eine selbständige Tätigkeit als Handelsvertreter für einen Marktführer für Nachtwäsche, Home- und Leisure-Ware für Herren, Damen und Kinder aus. Für diese Tätigkeit hat der Kläger ein Büro, einen Kellerraum und einen Stellplatz unter der im Rubrum angegebenen Adresse im H Weg 25, G von Frau G G angemietet, die unter der angegebenen Adresse lebt. Frau G Gist Eigentümerin eines Pkws mit dem amtlichen Kennzeichen , den sie dem Kläger aufgrund eines Nutzungsvertrages entgeltlich zur Verfügung stellt.

Für seine frühere, im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten gelegene Wohnung in der S Straße in B (im Folgenden: alte Wohnung) hatte er in der Zeit von Januar 2015 bis Juni 2015 eine Bruttowarmmiete in Höhe von monatlich 452,50 EUR zu zahlen. Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 teilte die Vermieterin dem Kläger mit, dass die Betriebskostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 01. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 ein Guthaben iHv 172,60 EUR ergeben habe, welches mit der Mietzahlung für den Monat Juli 2015 zu verrechnen sei. Nachdem seine Vermieterin den Mietvertrag für die alte Wohnung wegen rückständiger Mieten für April 2015 und August 2015 bereits im August 2015 fristlos (iS von § 543 Abs 1, Abs 2 Satz 1 Nr 3b Bürgerliches Gesetzbuch) gekündigt hatte, gab das Amtsgericht (AG) Mitte ihrer Klage auf Räumung und Herausgabe der alten Wohnung und Zahlung der hierfür rückständig gebliebenen Mieten bzw Nutzungsentschädigungen für April 2015, August 2015, September 2015 und Oktober 2015 samt Zinsen statt (rechtskräftig gewordenes Urteil vom 23. März 2016 - 11 C 267/15). Zudem bewilligte das AG Mitte dem Kläger eine Räumungsfrist von zwei Monaten; die gegen die Räumungsfrist erhobene sofortige Beschwerde des Klägers blieb erfolglos (Landgericht Berlin, Beschluss vom 25. Mai 2016 – 67 T 88/16). Der Kläger blieb bis Juni 2016 in seiner alten Wohnung. Wo er seit seinem Auszug aus der alten Wohnung lebt, ist unklar. Seither ist er jedenfalls weder in B noch in G polizeilich gemeldet. Im November 2014 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld II für die Zeit von Januar 2015 bis Juni 2015 und reichte hierzu eine Erklärung über sein prognostiziertes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (im Folgenden EKS) in dem Zeitraum von Januar 2015 bis Juni 2015 ein. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2014 forderte der Beklagte den nicht vorgelegten Mietvertrag über Geschäfts-/Lagerräume in Kopie, eine Kopie des aktuellen Nutzungsvertrages für das Mietfahrzeug, den letzten Zahlungsbeleg für die Kfz-Miete und Raummiete sowie einen Nachweis über betrieblich veranlasste Telefonkosten von 70,00 EUR monatlich, eine Kopie der letzten Umsatzsteuer-Voranmeldung und einen Nachweis über die bisherige Umsatzsteuerlast in 2014 sowie die Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2013 an. Der Kläger reichte die Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2013 ein und vertrat die Auffassung, weitere Unterlagen seien nicht vorhanden bzw es bestehe keine Verpflichtung, diese vorzulegen. Mit Schreiben vom 06. Januar 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass über den Antrag noch nicht entschieden werden könne, da auf der Grundlage der in der Anlage EKS gemachten Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit davon auszugehen sei, dass er mit diesem Einkommen seinen Lebensunterhalt decken könne. Hinsichtlich der angegebenen voraussichtlichen Betriebsausgaben für Raumkosten iHv 2.040,00 EUR, der laufenden Kfz-Kosten iHv 3.300,00 EUR, der betrieblichen Telefonkosten iHv 420,00 EUR und über Umsatzsteuerzahlungen iHv 1.200,00 EUR seien Unterlagen angefordert worden. Da der Kläger mitgeteilt habe, dass hierüber keine Unterlagen existierten, könnten die Ausgaben nicht berücksichtigt werden. Sofern die Einnahmen und Ausgaben nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem 30. Juni 2015 nachgewiesen seien, werde das Einkommen entsprechend der vorläufigen Angaben für eine abschließende Entscheidung geschätzt werden. Bereits am 31. Dezember 2014 hatte der Kläger beim Sozialgericht (SG) Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt (S 91 AS 30300/14 ER). Mit Beschluss vom 17. Februar 2015 verpflichtete das SG Berlin den Beklagten, dem Kläger für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30. Juni 2015, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv monatlich 32,61 EUR zu bewilligen und auszuzahlen. Dabei ging das SG von einem zu deckenden monatlichen Bedarf des Klägers iHv 851,50 EUR aus. Dem stehe ein anrechenbares Einkommen aus selbständiger Tätigkeit gegenüber. Ausgehend von den in der EKS angegebenen Einnahmen im Bewilligungszeitraum iHv 8.300,00 EUR seien die von dem Beklagten bereits anerkannten betriebsbezogenen Aushaben iHv 1.319,58 EUR sowie weitere im Einzelnen angeführte Betriebsausgaben iHv 1.452,46 EUR, insgesamt 2.771,94 EUR abzuziehen. Das voraussichtliche Einkommen aus selbständiger Tätigkeit betrage 5.528,06 EUR, der sich daraus ergebende monatlichen Einkommensmittelwert 921,34 EUR. Nach Abzug der Kosten der Arbeitslosenversicherung ihv 72,45 EUR und der Versicherungspauschale verbleibe ein Einkommen zur Bedarfsdeckung iHv 818,89 EUR. Mit – nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen - Bescheid vom 24. Februar 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit von Januar 2015 bis Juni 2015 vorläufig monatliche Leistungen iHv 32,61 EUR. Der Bescheid hat folgenden Zusatz: "Der Bescheid ergeht in Ausführung des Beschlusses vor dem Sozialgericht Berlin vom 17.02.2015/S 91 AS 30300/14 ER)." Die vom Kläger erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des SG Berlin wurde mit Beschluss vom 06. Mai 2015 zurückgewiesen (Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg - L 31 AS 527/15 B ER). Der vom Kläger gegen den Bescheid vom 24. Februar 2015 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05. März 2015 als unzulässig verworfen; der angefochtene vorläufige Bewilligungsbescheid setze lediglich den Beschluss um, der im einstweiligen Rechtschutzverfahren S 91 AS 30300/14 ER ergangen sei. Hiergegen erhob der Kläger am 13. März 2015 Klage vor dem SG Berlin (S 91 AS 5530/15), mit der er ausweislich der Klageschrift zunächst vorläufige Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 in Höhe des Regelbedarfes iHv 399,00 EUR monatlich und Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 452,50 EUR monatlich geltend machte. Am 01. Juli 2015 reichte der Kläger beim Beklagten eine abschließende EKS für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 ein und beantragte die Erstellung eines endgültigen Bescheides zum abgelaufenen Bewilligungszeitraum. Der Kläger gab Betriebseinnahmen im Bewilligungszeitraum iHv 9.237,98 EUR und Betriebsausgaben iHv 9.416,72 EUR an. Mit Urteil vom 11. Januar 2016 wies das SG in dem Klageverfahren S 91 AS 5530/15 die Klage ab und legte dabei den im zuvor durchgeführten Erörterungstermin gestellten Antrag des Klägers zugrunde, den Beklagten zu verurteilen, ihm endgültige, hilfsweise vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II iHv von wenigstens 851,50 EUR monatlich für den Zeitraum Januar bis Juni 2015 zu gewähren und festzustellen, dass sich sein gewöhnlicher Aufenthaltsort in der S Straße in B befinde. Die Klage sei insgesamt unzulässig. Soweit der Kläger sich gegen den Bescheid vom 24. Februar 2015 wende und die Gewährung endgültiger Leistung begehre, sei die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage unzulässig. Der Beklagte habe bisher nur über die Gewährung vorläufiger Leistungen entschieden. Die Erbringung vorläufiger Leistungen sei gegenüber der Erbringung endgültiger Leistungen kein "Weniger", sondern eine Leistung eigener Art; materiell handele es sich um zwei verschiedene Ansprüche. Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte davon ausgehe, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht vorlägen, könne er sich unmittelbar mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auch gegen die vorläufige Bewilligung wenden. Seinem Begehren könne auch keine auf die Entscheidung über die Gewährung endgültiger Leistungen gerichtete Untätigkeitsklage entnommen werden, denn er habe trotz des Hinweises des Gerichts darauf bestanden, ein unmittelbar auf die Gewährung von Leistungen gerichtetes Begehren zu verfolgen. Auch die mit dem Hilfsantrag verfolgte Klage auf Gewährung höherer vorläufiger Leistungen sei unzulässig. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums bestehe kein Rechtsschutzinteresse für eine weitere vorläufige Festsetzung mehr, da die Tatsachen objektiv feststünden und damit die Voraussetzungen für eine vorläufige Gewährung nicht mehr vorlägen. Rechtschutzlücken entstünden nicht, da der Betroffene einen Antrag auf endgültige Festsetzung stellen, die endgültige Bewilligungsentscheidung abwarten und sodann Rechtschutz gegen die endgültige Bewilligungsentscheidung suchen könne. Unzulässig sei auch der Antrag auf Feststellung, dass sich sein gewöhnlicher Aufenthaltsort unter der im seinerzeitigen Rubrum befindlichen Adresse befinde, insoweit handele es sich um eine unzulässige Klageänderung. Der Beklagte habe in die Änderung nicht eingewilligt; die Klageänderung sei auch nicht sachdienlich. Gegen das Urteil des SG Berlin vom 11. Januar 2016 (S 91 AS 5530/15) legte der Kläger sodann Berufung ein, die beim LSG unter dem Aktenzeichen L 31 AS 418/16 geführt wurde. Mit Bescheid vom 14. Juli 2016 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld II für den Bewilligungszeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 mangels Hilfebedürftigkeit ab. Der Kläger habe laut der Angabe in der abschließenden EKS Einnahmen im Bewilligungszeitraum iHv 9.237,98 EUR erzielt. Hinzuzurechnen sei die vereinnahmte Umsatzsteuer iHv 694,08 EUR und Zuwendungen Dritter iHv 500,00 EUR, so dass sich Betriebseinnahmen iHv 10.432,06 EUR ergäben. Betriebsausgaben seien nur iHv 2.098,76 EUR nachgewiesen worden, so dass sich ein Gewinn im Bewilligungszeitraum iHv 8.333,30 EUR, damit iHv monatlich 1.388,88 EUR ergebe. Mit diesem Einkommen könne der Lebensunterhalt gedeckt werden. Mit weiterem Bescheid vom 14. Juli 2016 setzte der Beklagte für den Bewilligungszeitraum von Januar 2015 bis Juni 2015 einen Erstattungsbetrag iHv 195,66 EUR (monatlich 32,61 EUR) fest. Den gegen beide Bescheide mit e-mail vom 21. Juli 2016 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit an den Kläger unter der Büroadresse adressiertem Widerspruchsbescheid vom 03. August 2016 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 09. August 2016 entsprechend der Rechtsmittelbelehrung Klage vor dem SG Frankfurt (Oder) erhoben (S 25 AS 1403/16). Mit Beschluss vom 14. September 2016 hat das SG Frankfurt (Oder) den Rechtsstreit an das SG Berlin verwiesen (Aktenzeichen dort S 101 AS 14822/16). Das SG Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04. Oktober 2018 abgewiesen. Soweit der Kläger beantrage, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungs- und Erstattungsbescheides vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. August 2016 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren, stehe der Klage das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegen (§ 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 17 Abs 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Durch die Erhebung der Klage gegen den Bescheid über die vorläufige Gewährung von Leistungen vom 24. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. März 2015 sei die Streitsache bereits beim SG bzw beim LSG rechtshängig geworden. Denn der Ablehnungs- und Erstattungsbescheid sei nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des dortigen Verfahrens geworden. Eine endgültige Bewilligung ersetze die vorläufige Bewilligung und werde nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand eines Klageverfahrens, dessen Gegenstand eine vorläufige Bewilligung sei. Dies gelte auch für den Erstattungsbescheid, da dieser mit dem Ablehnungsbescheid eine rechtliche Einheit bilde. Soweit der Kläger die Feststellung der wahren Anzahl der Leistungen der Grundsicherung betreffenden Klageverfahren begehre, sei die Feststellungklage mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses unzulässig.

In der dem Gerichtsbescheid vom 04. Oktober 2018 angefügten Rechtsmittelbelehrung wird auf die Möglichkeit hingewiesen, Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg schriftlich, in elektronischer Form oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Weiter heißt es dort wörtlich: "Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und entweder von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 65a Abs 4 Sozialgerichtsgesetz eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV). Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden."

Gegen den ihm unter der Büroadresse in G durch Niederlegung am 20. Oktober 2018 zugestellten Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 04. Oktober 2018, der dem Kläger ausweislich seines elektronisch übermittelten Schreibens an das SG vom 24. Oktober 2018 jedenfalls an diesem Tag bereits tatsächlich zugegangen war, hat der Kläger durch am 12. November 2018 an das EGVP des LSG übermittelte elektronische Dokumente vom selben Tag Berufung eingelegt. Die dabei verwendete qualifizierte elektronische Signatur bezog sich nach dem Transfervermerk nicht auf das elektronische PdF-Dokument – die Berufungsschrift - selbst, sondern auf den Nachrichtencontainer (so genannte Container-Signatur) mit den Inhaltsdaten "nachricht.xml, nachrichts.xsl, visitenkarte.xsl, herstellerinformation.xml" und dem Anhang "Berufung GB zu Az S 101 AS 14822 16.pdf".

In dem im Anhang übermittelten PdF-dokument - der Berufungsschrift - beantragt der Kläger in der Sache (nur noch) die Aufhebung des Ablehnungs- und Erstattungsbescheides vom 14. Juli 2016 und die sofortige Zahlung von endgültigen Leistungen entsprechend seinem Antrag vom 19. November 2014 für den Bewilligungszeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015. Mit gerichtlichem Schreiben vom 19. November 2018 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Zweifel an der formgerechten Einlegung der Berufung bestünden, da die Berufungsschrift entgegen § 4 Abs 2 der ERVV in der seit 01. Januar 2018 geltenden Fassung zusammen mit mehreren elektronischen Dokumenten mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt worden sei. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass auch die bildliche Wiedergabe der Unterschrift innerhalb eines Dokuments nicht zur Wahrung der Schriftform führe. Am 20. November 2018 hat sich der Kläger nochmals über das EGVP an das Gericht gewandt und den Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 19. November 2018 bestätigt. Bislang sei die Einlegung der Berufung nie beanstandet worden; die verwandte Signaturkarte sei bis September 2020 gültig. Am 21. November 2018 hat der Kläger sich erneut über das EGVP an das Gericht gewandt. In der im Anhang übermittelten PdF-Datei befand sich die vom Kläger unterschriebene Berufungsschrift vom 12. November 2018. Die dabei verwendete qualifizierte elektronische Signatur bezog sich nach dem Transfervermerk wiederum nicht auf das elektronische PdF-Dokument selbst, sondern auf den Nachrichtencontainer (so genannte Container-Signatur) mit den Inhaltsdaten "nachricht.xml, nachrichts.xsl, visitenkarte.xsl, herstellerinformation.xml" und dem Anhang "Berufung GB zu Az S 101 AS 14822 16 mit eigenhändiger Unterschrift.pdf".

Mit Beschluss vom 29. Dezember 2018 hat das LSG Berlin-Brandenburg (L 31 AS 418/16) die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Berlin vom 11. Januar 2016 zurückgewiesen. Die Berufung des Klägers habe keinen Erfolg. Sie sei unbegründet, denn die gegen den Ausführungsbescheid vom 24. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05. März 2015 gerichtete Klage sei aus den in der erstinstanzlichen Entscheidung genannten Gründen, auf die nach § 153 Abs 2 SGG verwiesen werde, unzulässig. Der während des Berufungsverfahrens ergangene Bescheid vom 14. Juli 2016 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 03. August 2016 seien nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehle. Denn gemäß der allein in Betracht kommenden Norm des § 96 Abs 1 SGG werde ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen sei und den angefochtenen Verwaltungsakt abändere oder ersetze. Die Vorschrift gelte auch im Berufungsverfahren. Sofern beide Bescheide jedoch keine Schnittmenge aufwiesen, weil sie in den Verfügungssätzen differierten und unterschiedliche Anordnungen träfen, werde der später ergangene Bescheid nicht gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens. Der Bescheid vom 14. Juli 2016 sei zwar nach der Klageerhebung vom 13. März 2015 ergangen, er ändere aber den angefochtenen Ausführungsbescheid vom 24. Februar 2015 nicht ab oder ersetze ihn. Bei dem Bescheid vom 24. Februar 2015 handele es sich ausdrücklich lediglich um einen so genannten Ausführungsbescheid. Durch einen solchen vorläufig erlassenen Ausführungsbescheid wolle die Behörde in der Regel der ihr durch gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung ungeachtet der noch nicht eingetretenen Rechtskraft entsprechen. Mit einem derartigen Ausführungsbescheid treffe die Behörde ausdrücklich keine verbindliche Regelung, soweit die Behörde nur der in der gerichtlichen Entscheidung auferlegten Verpflichtung entspreche. Damit bestehe zwischen dem Ausführungsbescheid und dem Bescheid vom 14. Juli 2016 keine relevante Schnittmenge. Soweit das SG Berlin in dem Gerichtsbescheid vom 04. Oktober 2018 in dem Verfahren S 101 AS 14822/16 die Einschlägigkeit des § 96 Abs 1 SGG bejaht habe, beruhe dies darauf, dass die Rechtsnatur des Ausführungsbescheides vom 24. Februar 2015 nicht berücksichtigt worden sei. Das SG habe bei der Begründung seiner Entscheidung nur auf die Bezeichnung des Bescheides als "vorläufig" abgestellt und den maßgeblichen Satz auf Seite 2 des Bescheides übersehen.

In der am 27. März 2019, nach dem Fernbleiben des Klägers einseitig gebliebenen mündlichen Verhandlung hat der Senat den Vertreter des Beklagten darauf hingewiesen, dass er die am 12. November und 21. November 2018 elektronisch übermittelten Dokumente wegen einer fehlerhaften Signatur als nicht formwirksam (Bezugnahme auf Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 09. Mai 2018 - B 12 KR 26/18 B, juris RdNr 5f) erachte.

Der Kläger beantragt – ausweislich der "Berufungsschrift" – in der Sache ausdrücklich, "die Aufhebung des Ablehnungs- und Erstattungsbescheids vom 14. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. August 2016 – Antragszeitraum 01. Januar 2015 bis 30. Juni 2015 und die sofortige Zahlung von endgültigen Leistungen nach dem SGB II gemäß vollumfänglichen Hartz IV Antrag vom 19. November 2014".

Der Beklagte beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie zurückzuweisen.

Der Auffassung des 31. Senats des LSG, der Ablehnungsbescheid sei nicht Gegenstand des dort anhängig gewesenen Verfahrens geworden, sei zuzustimmen. Mit dem Ablehnungsbescheid sei erstmals über den Fortzahlungsantrag des Klägers entschieden worden. Die 101. Kammer des SG sei gehalten gewesen, die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides zu überprüfen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die beigezogene Verfahrensakten S 91 AS 30300/14 ER (3 Bände) und S 91 AS 5530/15 (3 Bände) und die den Kläger betreffenden Behelfsakten des Beklagten (Band XI bis XX) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden (§ 126 SGG, dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, RdNr 4 zu § 126), weil er in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen. Sie ist zwar statthaft, aber nicht innerhalb der Berufungsfrist wirksam erhoben.

Bei verständiger Würdigung seines Vorbringens (§ 123 SGG) und unter Berücksichtigung des so genannten Meistbegünstigungsprinzips (vgl BSG, Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 38/93, juris RdNr 15f mwN; Urteil vom 26. August 2008 – B 8/9b SO 18/07 R, juris RdNr 22) ist das Begehren des Klägers so auszulegen, dass er beantragt, den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 04. Oktober 2018 und die Bescheide des Beklagten vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. August 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 dem Grunde nach Arbeitslosengeld II nach dem SGB II zu gewähren (vgl zur Zulässigkeit eines Grundurteils: BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 – B 11b AS 3//06 R, juris RdNr 18; Urteil des Senats vom 13. Januar 2016 – L 10 AS 480/12, juris RdNr 27). Den erstinstanzlich noch gestellten Feststellungsantrag verfolgt der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr.

Die Berufung ist nach § 143 SGG statthaft, ohne dass es einer Zulassung bedürfte. Insbesondere liegen die Voraussetzungen von § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG – die Rückausnahme des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG ist ersichtlich nicht gegeben – nicht vor. Hiernach bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Wenn - wie hier - sowohl erst- als auch zweitinstanzlich kein bezifferter Antrag gestellt und der Erlass eines Grundurteils begehrt wird, muss das Gericht den Wert ermitteln, wobei eine überschlägige Berechnung ausreicht (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, RdNr 15b zu § 144 "ausreichen kann"). Hier ist zu berücksichtigen, dass der Kläger Leistungen für sechs Monate begehrt bei einem monatlich zu deckenden Bedarf iHv 851,50 EUR und aus seiner Sicht fehlendem anrechenbarem Einkommen, so dass der Wert von 750,00 EUR offenkundig überschritten ist.

Der Kläger hat die Berufung nicht innerhalb der insoweit geltenden Monatsfrist nach Zustellung des Gerichtsbescheides (§ 105 Abs 2 SGG iVm § 151 Abs 1 und 2 SGG) wirksam eingelegt (dazu 1). Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt auch nicht wegen einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung gemäß § 66 Abs 2 Satz 1 SGG ausnahmsweise ein Jahr, da die erteilte Rechtsmittelbelehrung weder unterblieben noch unrichtig ist (dazu 2). Dem Kläger war nicht hinsichtlich der versäumten Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 SGG), denn ihn trifft im Hinblick auf die Versäumung der Frist Verschulden und eine Verletzung der gerichtlichen Fürsorgepflicht liegt nicht vor (dazu 3).

1. Die Berufung gegen einen Gerichtsbescheid muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim SG oder beim LSG Berlin-Brandenburg eingelegt werden (vgl § 105 Abs 2 iVm § 151 Abs 1 und Abs 2 SGG). Die einmonatige Berufungsfrist ist hier spätestens am Montag, den 26. November 2018 abgelaufen (§ 64 Abs 1 SGG iVm § 64 Abs 2 Satz 1 SGG iVm § 64 Abs 3 SGG). Denn der Gerichtsbescheid des SG ist ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Zustellungsurkunde am 20. Oktober 2018 in einen Briefkasten unter der Büroadresse des Klägers gelegt worden und war dem Kläger ausweislich der Gerichtsakte jedenfalls am 24. Oktober 2018 tatsächlich zugegangen, da er selbst eine Kopie des Gerichtsbescheides seinem am 24. Oktober 2018 übermittelten Schreiben beifügte. Mit dem tatsächlichen Zugang ist ein eventueller Mangel im Zustellungsverfahren jedenfalls nach § 189 der Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 63 Abs 2 Satz 1 SGG geheilt (BSG, Beschluss vom 15. November 2010 – B 8 SO 71/10 B, juris RdNr 6). Ausgehend von einem Fristbeginn am 24. Oktober 2018 lief die Frist nicht am Samstag, dem 24. November 2018, sondern erst am Montag, dem 26. November 2018, ab. Bis zum 26. November 2018 ist aber weder beim SG Berlin noch beim LSG Berlin-Brandenburg formwirksam eine Berufung eingelegt worden, denn weder das vom Kläger am 12. November 2018 noch das vom Kläger am 21. November 2018 an das EGVP übermittelte PdF-Dokument hat die notwendige Form gewahrt, weil der Kläger unzureichender Weise nur eine Container-Signatur verwandt hat.

Nach § 151 Abs 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Sie kann gemäß § 65a Abs 1 SGG in der ab 01. Januar 2018 geltenden Fassung nach Maßgabe der Abs 2 bis 6 aber auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein (§ 65a Abs 2 Satz 1 SGG). Das elektronische Dokument muss zudem mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 65a Abs 3 und 4 SGG). Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf lediglich auf einem sicheren Übermittlungsweg oder an das EGVP übermittelt werden (§ 4 Abs 1 ERVV). Mehrere elektronische Dokumente dürfen hingegen nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden (§ 4 Abs 2 ERVV). Durch diese Einschränkung soll verhindert werden, dass nach der Trennung eines elektronischen Dokuments vom Nachrichtencontainer die Container-Signatur nicht mehr überprüft werden kann (BR-Drs 645/17, S 15). Nach Maßgabe dieser normativen Vorgaben für die Übermittlung elektronischer Dokumente hat der Kläger die Berufung weder am 12. November 2018 noch am 21. November 2018 formwirksam eingelegt. Das Rechtsmittel ist als elektronisches PdF-Dokument nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg iSd § 4 Abs 1 Nr 1 ERVV iVm § 65a Abs 4 SGG, sondern über das EGVP iSd § 4 Abs 1 Nr 2 ERVV eingereicht worden. Die im EGVP-Übermittlungsverfahren eingesetzte qualifizierte elektronische Signatur, die sich nicht auf das einzelne elektronische Dokument, sondern auf den mehrere Dateien umfassenden Nachrichtencontainer bezieht, genügt aber seit dem 01. Januar 2018 nicht (mehr) den Anforderungen des § 65a Abs 2 Satz 2, Abs 3 SGG iVm § 4 Abs 2 ERVV, wonach eine solche Container-Signatur nicht verwendet werden darf (vgl hierzu ausführlich BSG, Beschluss vom 09. Mai 2018 – B 12 KR 26/18 B, juris RdNr 5f und Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss vom 15. August 2018 – 2 AZN 269/18, juris).

Zwar soll das Verbot der Container-Signatur nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg (Beschluss vom 06. März 2018 – 13 WF 45/18, juris) einer auf sein Regelungsziel bezogenen einschränkenden Auslegung bedürfen, um nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 Grundgesetz zu verstoßen. Nach dieser Entscheidung ist die Beschränkung des Zugangs zu den Gerichten jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn sich die Container-Signatur nur auf elektronische Dokumente bezieht, die sämtlich ein Verfahren betreffen und bei nicht elektronisch geführten Akten mit dem Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier ausgedruckt würden. Werde das Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier ausgedruckt und zu den Akten genommen, bleibe die Container-Signatur bis zur Vernichtung der Papierakte überprüfbar und sei die § 4 ERVV zugrunde liegende Überprüfbarkeit der Authentizität und Integrität der elektronischen Dokumente gegeben (vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen, Zwischenurteil vom 10. Oktober 2018 – L 2 R 117/18, juris).

Dieser Beurteilung schließt sich der Senat nicht an. Ihr steht zunächst der Umstand entgegen, dass sie Absender elektronischer Dokumente in Abhängigkeit davon ungleich behandelt, ob das empfangende Gericht elektronische oder (auch) Papier-Akten führt (vgl Plum, Gerichtliche Hinweispflicht bei unzulässiger Verwendung eine Container-Signatur, NJW 2018, 2222, 2224) und der Absender nur dann in die Lage versetzt ist, formunwirksame Eingänge zu vermeiden, wenn er Kenntnis von der Art der gerichtlichen Aktenführung hat. Weiter ist angesichts der fehlenden Verpflichtung, Schriftsätze als elektronische Dokumente an das Gericht zu übermitteln und dem Vorhandensein bekannter alternativer Übermittlungsmöglichkeiten, kein besonderer Schutzbedarf gegenüber den Absendern elektronischer Dokumenten erkennbar.

Ob die Container-Signatur ein Dokument oder mehrere Dokumente signieren soll, ist aus dem beim Gericht erstellten Transfervermerk nicht zu ersehen. Genau diese Erschwerung bei der Bearbeitung elektronischer Dokumente durch das Gericht soll der neu gefasste § 4 ERVV verhindern. Nach der Verordnungsbegründung zu § 4 ERVV schließt die Bestimmung "es künftig aus, mehrere elektronische Dokumente mit einer einzigen qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen" (BR-Drs 645/17, S 15). Nach der Begründung zu § 5 Absatz 1 Nummer 5 ERVV kann "die qualifizierte elektronische Signatur entweder in die jeweilige Datei eingebettet (,Inline-Signatur‘) oder der Datei beigefügt werden (,Detached-Signatur‘)". "Würde hingegen die Datei mit der qualifizierten elektronischen Signatur umhüllt (,Container-‘ oder ,Envelope-Signatur‘), könnte dies die Verarbeitung durch das Gericht erheblich erschweren" (vgl BR-Drs 645/17, S 17). Dies spricht dafür, dass nach der Vorstellung des Verordnungsgebers die Container-Signatur ab dem 01. Januar 2018 für die Übermittlung von Schriftsätzen generell nicht mehr verwandt werden kann (BSG, Beschluss vom 09. Mai 2018 – B 12 KR 26/18 B juris RdNr 5f). Das gilt auch dann, wenn sich die Container-Signatur nur auf elektronische Dokumente bezieht, die sämtlich ein Verfahren betreffen und bei nicht elektronisch geführten Akten mit dem Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier ausgedruckt würden (BAG, Beschluss vom 15. August 2018 – 2 AZN 269/18, juris).

Die Berufung ist auch nicht - ungeachtet des Fehlens der besonderen Voraussetzungen nach § 65a SGG - deshalb als formgerecht zu werten, weil die am 12. November 2018 bzw am 21. November 2018 elektronisch übermittelten Dateien noch am jeweiligen Tag beim LSG ausgedruckt wurden. Allein der Ausdruck eines elektronisch über das EGVP als Datei übermittelten Schriftsatzes entspricht nicht den Anforderungen des § 151 Abs 1 SGG an die Schriftform einer Berufungsschrift (vgl BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 - B 4 AS 1/16 R, juris RdNr 16 ff). Dies gilt unabhängig davon, ob die übermittelte Datei - wie hier - eine Unterschrift bzw Namensangabe enthält oder auf welche Weise die Unterschrift generiert wurde. Denn wenn ein Absender zur Übermittlung eines bestimmenden Schriftsatzes als prozessualen Weg die elektronische Übermittlung eines Dokuments wählt, sind für die Beurteilung der Formrichtigkeit allein die hierfür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen maßgebend. Ein Rückgriff auf Rechtsprechungsgrundsätze, die entwickelt wurden, um bei Nutzung technischen Übermittlungsformen wie Telefax oder Computerfax die Einhaltung der Schriftform begründen zu können, kommt zur "Heilung" von Mängeln der elektronischen Übermittlung iS von § 65a SGG nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 1/16 R, juris).

2. Die Berufungsfrist beträgt nicht mit Blick auf § 66 Abs 2 Satz 1 SGG ein Jahr. Nach dieser Vorschrift ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres zulässig, wenn die Rechtsmittelbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist. Die Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es ist eine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden und diese ist auch nicht unrichtig.

Unrichtig iS des § 66 Abs 2 S 1 SGG ist jede Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht zumindest diejenigen Merkmale zutreffend wiedergibt, die § 66 Abs 1 SGG als Bestandteile der Belehrung ausdrücklich nennt: (1) den statthaften Rechtsbehelf als solchen (also seine Bezeichnung der Art nach), (2) die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, (3) deren bzw dessen Sitz und (4) die einzuhaltende Frist (BSG, Urteil vom 14. März 2013 – B 13 R 19/12 R, juris RdNr 15). Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus sind nach ihrem Sinn und Zweck, den Beteiligten ohne Gesetzeslektüre die ersten Schritte zur (fristgerechten) Wahrung ihrer Rechte zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 06. Dezember 1996 – 13 RJ 19/96, juris und es ist (5) eine Belehrung über den wesentlichen Inhalt der bei Einlegung des Rechtsbehelfs zu beachtenden Formvorschriften erforderlich (stRspr, BSG, Urteil vom 14. März 2013 – B 13 R 19/12 R, juris RdNr 16 mwN). In diesem Sinne muss die Rechtsmittelbelehrung vollständig und richtig sein und über den Rechtsbehelf, das Gericht, die einzuhaltende Frist und Form der Einlegung des Rechtsbehelfs belehren. Weiter muss über den wesentlichen Inhalt der Formvorschriften belehrt werden, wobei zu vermeiden ist, dass die Rechtsmittelbelehrung inhaltlich überfrachtet wird und wegen ihres Inhalts und ihrer Kompliziertheit Verwirrung stiftet (zum Überfrachtungsverbot: BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 3 P 24/07 B, juris RdNr 12). Hier ist neben der Möglichkeit, die Berufung schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen, auch auf die seit 01. Januar 2018 ohne die vorherige Zulassung durch Rechtsverordnung eröffnete Möglichkeit einer Einlegung in elektronischer Form hingewiesen worden. Im Hinblick auf das Überfrachtungsverbot ist nicht zu fordern, dass auf alle Einzelheiten der Übermittlung elektronischer Dokumente hingewiesen wird. Vorliegend werden die beiden Wege nach § 65a SGG in der ab 01. Januar 2018 geltenden Fassung (qualifizierte elektronische Signatur oder Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg nach § 65a Abs 4) aufgeführt. Durch den Hinweis auf die "weiteren Voraussetzungen", die in der ERVV zu finden seien, genügt die Rechtsmittelbelehrung ihrer Hinweispflicht, denn der Beteiligte wird in ausreichendem Maße in die richtige Richtung gelenkt (zur Wegweiserfunktion der Rechtsmittelbelehrung: BSG, Urteil vom 07. Juli 1999 – B 3 P 4/99 R, juris RdNr 4). Dabei ist es nicht erforderlich, dass auf die Einzelheiten, dh die Art der Anbringung der qualifizierten Signatur oder der Hinweis, dass die Anbringung einer Containersignatur nicht ausreicht, mitgeteilt wird, denn es erfolgt der Hinweis auf weitere Voraussetzungen, so dass hier auch nicht der Eindruck entstehen kann, der Hinweis auf die beiden Wege enthalte bereits alle zu beachtenden Formerfordernisse.

3. Dem Kläger ist wegen der Versäumung der Berufungsfrist nicht nach § 67 Abs 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Danach ist demjenigen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Verfahrensfrist zur Einlegung der Berufung einzuhalten. Ohne Verschulden iS dieser Vorschrift ist eine Frist nur versäumt, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaft Prozessführenden angesichts der gesamten Umstände des Einzelfalls nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (BSG, Beschluss vom 07. Oktober 2004 – B 3 KR 14/04 R, juris RdNr 15). Im vorliegenden Fall war es dem Kläger, der die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit gewählt hat, die Berufung in elektronischer Form einzulegen, in diesem Sinne zumutbar, sich ausgehend von der Rechtmittelbelehrung des angefochtenen Gerichtsbescheides über die Voraussetzungen der zugelassenen Dateiformate und der qualifizierten Signatur im Einzelnen in der in der Rechtsmittelbelehrung genannten ERVV zu informieren.

Wiedereinsetzung ist unabhängig vom Verschulden des Beteiligten zu gewähren, wenn dies wegen einer Verletzung der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichts geboten ist. In solchen Fällen tritt ein in der eigenen Sphäre des Beteiligten liegendes Verschulden hinter das staatliche Verschulden zurück (BSG, Beschluss vom 09. Mai 2018 – B 12 KR 26/18 B, juris RdNr 3 mwN). Ohne Verschulden "verhindert" eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ein Beteiligter auch dann, wenn ein Verschulden des Beteiligten zwar vorgelegen hat, dieses aber für die Fristversäumnis nicht ursächlich gewesen ist oder ihm nicht zugerechnet werden kann, weil die Frist im Fall pflichtgemäßen Verhaltens einer anderen Stelle gewahrt worden wäre (BSG, aaO, RdNr 3 mwN). Das ist hier indes nicht der Fall.

Es liegt kein Verstoß gegen die Hinweispflicht aus § 65a Abs 6 Satz 1 SGG vor, wonach der Absender über den Eingang eines zur Bearbeitung nicht geeigneten Dokuments unverzüglich zu informieren ist. Die Containersignatur betrifft nicht die Eignung zur "Bearbeitung", sondern die "Übermittlung" (BSG, Beschluss vom 09. Mai 2018 – B 12 KR 26/18, juris RdNr 9). Ebenso wie die Eingangsfiktion des § 65a Abs 6 Satz 2 SGG greift auch die Mitteilungspflicht nicht bei bearbeitungsfähigen, jedoch fehlerhaft signierten elektronischen Dokumenten.

Es liegt auch kein Verstoß gegen die prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts vor, wonach das Gericht eine Partei nach Möglichkeit vor den fristbezogenen Folgen eines bereits begangenen Fehlers zu bewahren hat. Ein Prozessbeteiligter kann daher erwarten, dass ein unzulässig eingelegtes Rechtsmittel in angemessener Zeit bemerkt wird und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um ein drohendes Fristversäumnis zu vermeiden (vgl BSG, Beschluss vom 17. November 2015 – B 1 KR 130/14 B, juris RdNr 5 mwN). Dabei entspricht es der Fürsorgepflicht, bei eindeutig erkennbaren Mängeln der Berufungseinlegung den Betroffenen auf seinen Fehler aufmerksam zu machen und ihm Gelegenheit zu geben, diesen zu korrigieren. Die Hinweispflicht verpflichtet das Gericht indes nicht dazu, den Prozessbeteiligten die verschiedenen Möglichkeiten und Voraussetzungen des elektronischen Rechtsverkehrs zu erläutern. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht, indem es auf die Fehlerhaftigkeit der Berufungseinlegung hinweist; die prozessuale Fürsorgepflicht gebietet es nicht, dem Beteiligten zu erläutern, wie er zulässigerweise Berufung einlegen kann, da sich dies bereits aus der (wie bereits ausgeführt hier zutreffenden und insoweit ausreichenden) Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung ergibt. Der prozessualen Fürsorgepflicht ist hier entsprochen worden. Der Kläger ist mit gerichtlichem Schreiben vom 19. November 2018 auf die fehlerhafte Verwendung einer Container-Signatur - als digitales Gegenstück zur eigenhändigen Unterschrift - hingewiesen worden. Daraus ergibt sich auch, dass die zweite Übermittlung der Berufungsschrift über das EGVP unter Verwendung einer Containersignatur keine erneute Hinweispflicht ausgelöst hat.

Behebt der Einreicher den Mangel – wie hier – auch auf den Hinweis des Gerichts nicht oder nicht vollständig, bleibt es bei der Unwirksamkeit (Ulrich/Schmieder, Die elektronische Einreichung in der Praxis, NJW 2019, 113, 114).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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