Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 169/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 36/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Januar 2018 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin zu 2) als Schlossführerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin zu 1) steht.
Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit der Klägerin zu 1) ist die Erbringung von Dienstleistungen für die Stiftung P B-B. Unter anderem organisiert die Klägerin zu 1) auch Schlossführungen. Die Klägerin zu 2) ist für verschiedene Auftraggeber im touristischen Bereich tätig. Seit dem 6. Februar 2008 wurde sie in unregelmäßigen Abständen für die Klägerin zu 1) als Schlossführerin tätig. Vorher hatte sie nach einer vierstündigen Schulung sie von der Klägerin zu 1) eine Schlossführerlizenz erworben. Die Klägerin zu 2) wurde für die Klägerin zu 1) jeweils auf der Grundlage eines "Führungsauftrags" tätig. In diesem schriftlichen Vertrag war u.a. bestimmt, dass der Auftragnehmer sich bereit erklärt, Schlossführungen zu übernehmen. Deren Ablauf richte sich nach den Vorgaben der Stiftung P B-B. Für die Tätigkeit werde gegen Rechnungsstellung ein Honorar von 13,50 EUR die Stunde einschließlich Mehrwertsteuer gezahlt. Bei Krankheit oder sonstiger Leistungsverhinderung sollte nach dem Vertrag kein Vergütungsanspruch bestehen, die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass kein Abhängigkeitsverhältnis und kein Arbeitsverhältnis begründet werde. Auf der Grundlage dieser Verträge war die Klägerin zu 2) im Jahr 2008 für die Klägerin zu 1) tätig im Januar, März, April, Mai, September und Dezember gegen ein Honorar von insgesamt 975,- EUR. Im Jahr 2009 arbeitete die Klägerin zu 2) als Schlossführerin im Juli, November und Dezember und erhielt dafür 891,- EUR. Während des Jahres 2010 war die Klägerin zu 2) tätig im Januar, April, Juli/August, September und Oktober für 855,- EUR. Im Jahr 2011 war die Klägerin zu 2) tätig für die Klägerin zu 1) am 13. August 2011 und 24. September 2011 gegen ein Honorar von insgesamt 182,25 EUR. Im Verlaufe des Jahres 2012 übernahm die Klägerin zu 2) Führungen am 29. Januar 2012 und am 24. März 2012 und erhielt dafür 189,00 EUR. Im Jahr 2013 kam es nur zu einer Führung am 15. Oktober 2013 für 67,50 EUR. Im Jahr 2014 arbeitete die Klägerin zu 2) dann für die Klägerin zu 1) am 23. Februar 2014, 5. November 2014, 23. November 2014, 7. Dezember 2014 und 21. Dezember 2014 gegen ein Honorar von 411,75 EUR. Während des Jahres 2015 übernahm die Klägerin zu 2) Schlossführungen am 14. März 2015, 14. April 2015, 10. Mai 2015, 15. Juli 2015 und 25. Juli 2015 gegen ein Honorar von 533,25 EUR.
Am 23. Juli 2015 stellten die Klägerinnen zu 1) und 2) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status mit dem Ziel, das Nichtvorliegen einer Beschäftigung feststellen zu lassen. Im Rahmen der Anhörung der Beteiligten machte die Klägerin zu 1) geltend, dass die Klägerin zu 2) nicht in ihre Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Sie entscheide selbst, ob sie für sie - die Klägerin zu 1) - tätig werde, arbeite auch für andere Auftraggeber und sei deswegen wirtschaftlich nicht abhängig.
Durch Bescheid vom 16. Dezember 2015 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1) seit dem 6. Februar 2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe in der Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung Versicherungsfreiheit und keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung wegen Geringfügigkeit. In der Rentenversicherung habe bis zum 31. Dezember 2012 Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit bestanden. Seit dem 1. Januar 2013 bestehe Versicherungspflicht. Für eine abhängige Beschäftigung würde sprechen, dass die Führungen persönlich durchgeführt würden und sich nach den Vorgaben der Stiftung P B-Brichteten, die Aufträge der Kunden vom Auftraggeber der Klägerin zu 2) angenommen würden, das Honorar vom Auftraggeber vorgegeben werde, bei Ausübung der Tätigkeit kein unternehmerisches Risiko bestehe und die Bezahlung pro Stunde erfolge, im Rahmen einer Lizenzprüfung eine Testführung stattfinde, die Führungen nur während der vorgeschriebenen Führungszeiten durchgeführt würden und dass bei dem Auftraggeber auch festangestellte Besucherführer tätig seien. Für eine selbständige Tätigkeit spreche dagegen, dass die Führungen frei von Weisungen ausgeübt würden und eine eigene Gewichtung der Inhalte möglich sei. Es werde jeweils eine konkrete Führung vereinbart, die Auftragsannahme sei frei. Bei der anzustellenden Gesamtwürdigung würden die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwiegen. Bis zum 31. Dezember 2012 bestehe Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Entgeltgeringfügigkeit. Seit dem 1. Dezember 2013 bestehe aufgrund einer Gesetzesänderung Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für geringfügig entlohne Beschäftigungen und nur noch im Übrigen Versicherungsfreiheit. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht ab der Bekanntgabe der Statusfeststellungsentscheidung komme nicht in Betracht, da der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt worden sei. Das Vorbringen im Rahmen der Anhörung sei berücksichtigt worden, habe aber zu keiner anderen Entscheidung geführt.
Mit ihren Widersprüchen machten die Klägerin zu 1) und 2) geltend, dass die Klägerin zu 2) ein eigenes touristisches Gewerbe betreibe und für verschiedene Auftraggeber tätig sei. Sie sei frei in ihrer Entscheidung, Aufträge der Klägerin zu 1) anzunehmen, und trage das Risiko, keine weiteren Aufträge zu erhalten. Die Klägerin zu 2) werde nicht in Dienstpläne einbezogen oder in sonstige innerbetriebliche Belange involviert. Die Klägerin zu 2) sei frei in der Gestaltung ihrer Führungen, die Lizenzerteilung sollte nur absichern, dass sie über das notwendige Grundwissen verfüge. Sie sie auch frei darin gewesen, das ihr angebotene Honorar abzulehnen oder anzunehmen. Auch selbständige Dienstleister würden häufig nach Stunden bezahlt. Die Führungszeiten würden nicht vorgegeben, sondern seien von den Öffnungszeiten der Schlösser abhängig. Selbständige Schlossführer würden auch nur in Ausnahmefällen, etwa bei Krankheiten der fest angestellten Besucherführer oder besonders großer Nachfrage, eingesetzt.
Die Beklagte wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2016 zurück. Die Durchführung der Schlossführungen auf der Grundlage einer Lizenz lasse darauf schließen, dass die freie Gestaltung gerade nicht im Vordergrund stehe. Auch wenn die Klägerin zu 2) die Übernahme einzelner Führungen ablehnen könne, sei sie doch in die betrieblichen Abläufe eingegliedert, wenn sie sich zur Übernahme entschlossen habe. Ihre Weisungsgebundenheit sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie weitere Vertragsverhältnisse mit anderen Auftraggebern eingegangen sei. Die Klägerin zu 2) arbeite an einem vorgegebenen Ort. Sie erhalte eine feste nach Stunden bemessene Vergütung und trage damit kein Unternehmerrisiko.
Dagegen richtet sich die vorliegende, am 7. Juni 2016 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene von der Klägerin zu 1) erhobene Klage. Zu diesem Verfahren ist durch Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 19. September 2016 die von der Klägerin zu 2) am 8. Juni 2016 erhobene Klage verbunden worden. Die Klägerinnen haben zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und auf ein zu Museumsführern ergangenes Urteil des LSG Baden-Württemberg v. 24. Februar 2015 – L 11 R 5165/13 hingewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 26. Januar 2018 hat die Beklagte anerkannt, dass auch in der Rentenversicherung Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit über den 1. Januar 2013 hinaus bestehe.
Das Sozialgericht hat der Klage durch Urteil vom 26. Januar 2018 teilweise stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit die Beklagte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat. Die Beklagte sei nicht ermächtigt, eine verbindliche Entscheidung über bloße Tatbestandsmerkmale einer Sozialversicherungspflicht, nämlich über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, zu treffen. Die angefochtenen Bescheide würden sich auf die Feststellung beschränken, dass die Klägerin zu 2) in einem Beschäftigungsverhältnis für die Klägerin zu 1) tätig werde. Das Vorliegen einer Beschäftigung dürfe aber nicht isoliert zum Gegenstand eines Statusfeststellungsverfahrens gemacht werden. Auf die Rechtsprechung des BSG zum Statusverfahren (Hinweis auf Urt. v. 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R) werde Bezug genommen. Hinsichtlich der begehrten Feststellung sei die Klage unzulässig, da das Vorliegen oder Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht Gegenstand eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses sein könne. Das gelte auch, soweit bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses Versicherungsfreiheit aufgrund weiterer Tatbestände eintreten würde.
Gegen das ihr am 5. März 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. März 2018 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Sie sei durch das Urteil beschwert, da ihr Pauschbeiträge vorenthalten würden. Das Sozialgericht habe ignoriert, dass sie ausdrücklich Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung festgestellt habe. Es dürfe nicht unentschieden bleiben, ob grundsätzlich Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung vorliege, die lediglich aufgrund besonderer Tatbestände von Versicherungsfreiheit überlagert werde. Versicherungsfreiheit sei ebenso wie eine Versicherungsbefreiung ohne die zugrunde liegende Versicherungspflicht nicht denkbar. Das BSG habe bereits verdeutlicht, dass der erforderlichen Prüfung von Versicherungspflicht auch die Möglichkeit zur Prüfung von Versicherungsfreiheit immanent sei (Hinweis auch auf BSG v. 4. Juni 2009 – B 12 R 6/08 R). Dem habe sich zwischenzeitlich das LSG Niedersachsen-Bremen ausdrücklich angeschlossen (Hinweis auf Urt. v. 28. Februar 2018 – L 2 R 488/17). Da in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der ausgeübten Beschäftigung festgestellt worden sei, handele es sich nicht um eine bloße Elementenfeststellung. Anders als in dem von dem erkennenden Senat am 15. Juli 2011 entschiedenen Sachverhalt (L 1 KR 206/09 – Honorarkräfte im Besucherdienst des Bundesrats) sei die Klägerin zu 2) nicht im maßgeblichen Kern ihrer Tätigkeit frei gewesen. Nach § 1 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung habe sich der Ablauf der Führungen nach den Vorgaben der Klägerin zu 1) zu richten gehabt. Hingewiesen werde auch auf das Urteil des Bayerischen LSG v. 16. Mai 2018 – L 16 R 5119/16.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Januar 2018 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin zu 1) beantragt im Wege der Anschlussberufung,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Januar 2018 zu ändern und festzustellen, dass eine aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV begründete Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Schlossführerin bei der Klägerin zu 1) seit dem 6. Februar 2008 nicht besteht.
Der Tenor des sozialgerichtlichen Urteils sei richtig, soweit der Klage stattgegeben worden sei. Zwar sei fraglich, ob die Beklagte eine unzulässige isolierte Feststellung des Elements der Beschäftigung vorgenommen habe. Die Klägerin zu 2) übe bei ihr - der Klägerin zu 1) - aber keine Beschäftigung aus. Es bestehe bereits keine Versicherungspflicht wegen des Fehlens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Zulässigkeit der Anschlussberufung ergebe sich daraus, dass der bisherige Streitgegenstand lediglich konkretisiert werde. Es liege auch ein ´feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien vor, da sie - die Klägerin zu 1) - geklärt haben wolle, ob das Rechtsverhältnis "Versicherungspflicht" wegen Fehlens einer abhängigen Beschäftigung nicht bestehe. Die Rechtsprechung des BSG stehe dem nicht entgegen. Sie sei so zu verstehen, dass lediglich die von einem konkreten Auftragsverhältnis unabhängige abstrakte Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Beschäftigungsverhältnisses unzulässig sei. Das berechtigte Interesse an der Feststellung ergebe sich daraus, dass sie – die Klägerin zu 1) – im Falle einer bloßen Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung verpflichtet wäre, Pauschalbeiträge für die Kranken- und Rentenversicherung abzuführen. Für das Nichtbestehen einer Beschäftigung werde auf die Ausführungen aus der ersten Instanz verwiesen. Unter Berücksichtigung der gelebten vertraglichen Beziehung nehme die Klägerin zu 1) keinen Einfluss auf den Inhalt der Führungen. Die Klägerin zu 2) sei frei, ihr obliege die individuelle Gestaltung, die Wahl der Schwerpunkte und die Ausrichtung an den individuellen Interessen der Teilnehmer. Eine Weisungsgebundenheit wie in dem von der Beklagten zitierten, vom Bayerischen LSG entschiedenen Fall eines Rundgangsleiters habe es vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin zu 2) hat sich im Berufungsverfahren bisher nicht geäußert und keinen Antrag angekündigt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2016 und des Anerkenntnisses vom 26. Januar 2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Die Klägerin zu 2) stand ab dem 6.Februar 2008 an den einzelnen Tagen, an denen sie für die Klägerin zu 1) Schlossführungen ausführte, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin zu 1). Indessen war die Klägerin zu 2) in dieser Beschäftigung wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts beinhalten die Bescheide der Beklagten nicht eine unzulässige Elementenfeststellung. Die Beklagte hat in ihren Bescheiden nicht nur über das Vorliegen einer Beschäftigung, sondern auch zur Frage der Versicherungspflicht entschieden. Sie hat das Vorliegen von Versicherungspflicht für die Klägerin zu 2) nämlich ausdrücklich verneint, weil es sich um eine geringfügige Beschäftigung handele. Das Rechtsschutzinteresse der Beteiligten an der Durchführung des gerichtlichen Verfahrens trotz bereits angenommener Versicherungsfreiheit ergibt sich daraus, dass für eine geringfügige Beschäftigung der Klägerin zu 2) jeweils Pauschbeiträge (§§ 249b SGB V, 172 Abs. 3 SGB VI) von der Klägerin zu 1) zu entrichten wären.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken , Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).
Auszugehen für die Einordnung der Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Schlossführerin ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Maßgebend sind hier die jeweils für die einzelnen Einsätze erteilten Führungsaufträge, die als Muster zu den Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakte gelangt sind. Es ist nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht vorgetragen, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2) für die Klägerin zu 1) zu anderen Zeiten unter inhaltlich abweichenden vertraglichen Vorgaben erfolgte. Nach dem Inhalt der jeweiligen Führungsaufträge ist eindeutig, dass der Willen der Beteiligten darauf gerichtet war, keine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung einzugehen. Das ergibt sich aus der vereinbarten Festlegung, dass keine Abhängigkeit und kein Arbeitsverhältnis begründet werden sollte.
Allerdings muss die von den Beteiligten gewollte Einordnung auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen nicht allein der auf Vermeidung des Eintritts von Sozialversicherungspflicht gerichtete Willen der Parteien, sondern (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17). Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört auch die aus vertraglichen Positionen herrührende Rechtsmacht, solange sie nicht wirksam abbedungen ist.
Nach diesen Maßstäben ist hier von einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin zu 2) bei der Klägerin zu 1) auszugehen. Entscheidend für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht, dass die Klägerin zu 2) schon nach den Regelungen der Führungsaufträge verpflichtet war, inhaltliche Vorgaben zu beachten, die ihr in Bezug auf ihre Tätigkeit bei den Führungen gemacht wurden. Denn es war in § 1 Satz 2 des Führungsauftrags ausdrücklich bestimmt, dass der Ablauf der Führungen sich nach den Vorgaben der Stiftung P B-B zu richten habe. Die damit vertraglich eingeräumte Möglichkeit zur einseitigen Formulierung verbindlicher Vorgaben für den Ablauf der Führungen ging über die Festlegung von Zeit und Ort der Führung hinaus. Denn diese grundsätzlichen Einsatzbedingungen wurden vertraglich ausdrücklich vereinbart und die Verbindlichkeit dieser Vereinbarung in § 1 Satz 1 des Führungsauftrags nochmals herausgestellt. § 1 Satz 2 kann daher nur den Inhalt haben, dem Auftraggeber weitergehende Einflussmöglichkeiten gegenüber dem Auftragnehmer zu sichern. In dieser vertraglich eingeräumten umfassenden Weisungsbefugnis liegt der entscheidende Unterschied zu dem von der Klägerin zu 1) zitierten und von dem erkennenden Senat am 15. Juli 2011 entschiedenen Fall der Führer im Besucherdienst des Bundesrates (L 1 KR 206/09). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, ob und in welchem Ausmaß der Klägerin zu 2) tatsächlich Weisungen in Bezug auf ihre Tätigkeit durch die Klägerin zu 1) oder eine von ihr dazu vertraglich ermächtigte Stelle erteilt worden sind. Ausreichend ist nämlich die rechtliche Möglichkeit dazu. Im Übrigen verweist der Senat auf die bisherige Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg, wonach die Abnahme von Prüfungen, von deren Bestehen die Erteilung von Aufträgen zur Schlossführung abhängig gemacht wird, ein Indiz für die Annahme von Weisungsgebundenheit ist, weil auf diesem Wege maßgebender Einfluss auf den Inhalt der Schlossführungen genommen wird (LSG Berlin-Brandenburg v. 14. Juni 2006 – L 24 KR 11/04 R – juris Rn 32).
Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht weiter, dass die Klägerin zu 2) kein Unternehmerrisiko trug. Eigenes Kapital oder eigene Arbeitsmittel hat sie für die Ausführung der von der Klägerin zu 1) angenommenen Aufträge nicht eingesetzt. Die Klägerin zu 2) setzte ihre Arbeitskraft auch nicht mit der Gefahr ein, keine Vergütung zu erhalten. Die pro Stunde und ohne Rücksicht auf einen Erfolg der Tätigkeit gewährte Honorierung verhinderte das. Der Klägerin zu 2) war nur frei in der Entscheidung, ob sie einen ihr angebotenen Führungsauftrag annehmen wollte oder nicht. Nach Übernahme hatte sie keine entscheidende Einflussmöglichkeit auf die organisatorische Ausgestaltung der Tätigkeit mehr. Rechtlich hätte sie nicht verhindern können, dass ihr bis einzelne gehende Vorgaben für die Durchführung der Führungen gemacht wurden.
Mit Recht hat die Beklagte indessen festgestellt, dass nach den §§ 27 Abs. 2 SGB III, 7 SGB V; 5 Abs. 2, 230 Abs. 8 SGB VI wegen Entgeltgeringfügigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung eingetreten war. Aus diesem Grund war die Beklagte auch nicht verpflichtet, die einzelnen Beschäftigungszeiträume mit der in diesen bestehenden Versicherungspflicht jeweils tageweise festzustellen (vgl. dem Grunde nach zu dieser Verpflichtung BSG v. 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R – juris Rn 27).
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Potsdam aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die von der Klägerin zu 2) erhobene Anschlussberufung konnte dagegen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG. An dem Rechtsstreit war in beiden Instanzen mit der Klägerin zu 2) eine der in § 183 SGG benannten Personen beteiligt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin zu 2) als Schlossführerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin zu 1) steht.
Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit der Klägerin zu 1) ist die Erbringung von Dienstleistungen für die Stiftung P B-B. Unter anderem organisiert die Klägerin zu 1) auch Schlossführungen. Die Klägerin zu 2) ist für verschiedene Auftraggeber im touristischen Bereich tätig. Seit dem 6. Februar 2008 wurde sie in unregelmäßigen Abständen für die Klägerin zu 1) als Schlossführerin tätig. Vorher hatte sie nach einer vierstündigen Schulung sie von der Klägerin zu 1) eine Schlossführerlizenz erworben. Die Klägerin zu 2) wurde für die Klägerin zu 1) jeweils auf der Grundlage eines "Führungsauftrags" tätig. In diesem schriftlichen Vertrag war u.a. bestimmt, dass der Auftragnehmer sich bereit erklärt, Schlossführungen zu übernehmen. Deren Ablauf richte sich nach den Vorgaben der Stiftung P B-B. Für die Tätigkeit werde gegen Rechnungsstellung ein Honorar von 13,50 EUR die Stunde einschließlich Mehrwertsteuer gezahlt. Bei Krankheit oder sonstiger Leistungsverhinderung sollte nach dem Vertrag kein Vergütungsanspruch bestehen, die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass kein Abhängigkeitsverhältnis und kein Arbeitsverhältnis begründet werde. Auf der Grundlage dieser Verträge war die Klägerin zu 2) im Jahr 2008 für die Klägerin zu 1) tätig im Januar, März, April, Mai, September und Dezember gegen ein Honorar von insgesamt 975,- EUR. Im Jahr 2009 arbeitete die Klägerin zu 2) als Schlossführerin im Juli, November und Dezember und erhielt dafür 891,- EUR. Während des Jahres 2010 war die Klägerin zu 2) tätig im Januar, April, Juli/August, September und Oktober für 855,- EUR. Im Jahr 2011 war die Klägerin zu 2) tätig für die Klägerin zu 1) am 13. August 2011 und 24. September 2011 gegen ein Honorar von insgesamt 182,25 EUR. Im Verlaufe des Jahres 2012 übernahm die Klägerin zu 2) Führungen am 29. Januar 2012 und am 24. März 2012 und erhielt dafür 189,00 EUR. Im Jahr 2013 kam es nur zu einer Führung am 15. Oktober 2013 für 67,50 EUR. Im Jahr 2014 arbeitete die Klägerin zu 2) dann für die Klägerin zu 1) am 23. Februar 2014, 5. November 2014, 23. November 2014, 7. Dezember 2014 und 21. Dezember 2014 gegen ein Honorar von 411,75 EUR. Während des Jahres 2015 übernahm die Klägerin zu 2) Schlossführungen am 14. März 2015, 14. April 2015, 10. Mai 2015, 15. Juli 2015 und 25. Juli 2015 gegen ein Honorar von 533,25 EUR.
Am 23. Juli 2015 stellten die Klägerinnen zu 1) und 2) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status mit dem Ziel, das Nichtvorliegen einer Beschäftigung feststellen zu lassen. Im Rahmen der Anhörung der Beteiligten machte die Klägerin zu 1) geltend, dass die Klägerin zu 2) nicht in ihre Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Sie entscheide selbst, ob sie für sie - die Klägerin zu 1) - tätig werde, arbeite auch für andere Auftraggeber und sei deswegen wirtschaftlich nicht abhängig.
Durch Bescheid vom 16. Dezember 2015 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1) seit dem 6. Februar 2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe in der Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung Versicherungsfreiheit und keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung wegen Geringfügigkeit. In der Rentenversicherung habe bis zum 31. Dezember 2012 Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit bestanden. Seit dem 1. Januar 2013 bestehe Versicherungspflicht. Für eine abhängige Beschäftigung würde sprechen, dass die Führungen persönlich durchgeführt würden und sich nach den Vorgaben der Stiftung P B-Brichteten, die Aufträge der Kunden vom Auftraggeber der Klägerin zu 2) angenommen würden, das Honorar vom Auftraggeber vorgegeben werde, bei Ausübung der Tätigkeit kein unternehmerisches Risiko bestehe und die Bezahlung pro Stunde erfolge, im Rahmen einer Lizenzprüfung eine Testführung stattfinde, die Führungen nur während der vorgeschriebenen Führungszeiten durchgeführt würden und dass bei dem Auftraggeber auch festangestellte Besucherführer tätig seien. Für eine selbständige Tätigkeit spreche dagegen, dass die Führungen frei von Weisungen ausgeübt würden und eine eigene Gewichtung der Inhalte möglich sei. Es werde jeweils eine konkrete Führung vereinbart, die Auftragsannahme sei frei. Bei der anzustellenden Gesamtwürdigung würden die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwiegen. Bis zum 31. Dezember 2012 bestehe Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Entgeltgeringfügigkeit. Seit dem 1. Dezember 2013 bestehe aufgrund einer Gesetzesänderung Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für geringfügig entlohne Beschäftigungen und nur noch im Übrigen Versicherungsfreiheit. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht ab der Bekanntgabe der Statusfeststellungsentscheidung komme nicht in Betracht, da der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt worden sei. Das Vorbringen im Rahmen der Anhörung sei berücksichtigt worden, habe aber zu keiner anderen Entscheidung geführt.
Mit ihren Widersprüchen machten die Klägerin zu 1) und 2) geltend, dass die Klägerin zu 2) ein eigenes touristisches Gewerbe betreibe und für verschiedene Auftraggeber tätig sei. Sie sei frei in ihrer Entscheidung, Aufträge der Klägerin zu 1) anzunehmen, und trage das Risiko, keine weiteren Aufträge zu erhalten. Die Klägerin zu 2) werde nicht in Dienstpläne einbezogen oder in sonstige innerbetriebliche Belange involviert. Die Klägerin zu 2) sei frei in der Gestaltung ihrer Führungen, die Lizenzerteilung sollte nur absichern, dass sie über das notwendige Grundwissen verfüge. Sie sie auch frei darin gewesen, das ihr angebotene Honorar abzulehnen oder anzunehmen. Auch selbständige Dienstleister würden häufig nach Stunden bezahlt. Die Führungszeiten würden nicht vorgegeben, sondern seien von den Öffnungszeiten der Schlösser abhängig. Selbständige Schlossführer würden auch nur in Ausnahmefällen, etwa bei Krankheiten der fest angestellten Besucherführer oder besonders großer Nachfrage, eingesetzt.
Die Beklagte wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2016 zurück. Die Durchführung der Schlossführungen auf der Grundlage einer Lizenz lasse darauf schließen, dass die freie Gestaltung gerade nicht im Vordergrund stehe. Auch wenn die Klägerin zu 2) die Übernahme einzelner Führungen ablehnen könne, sei sie doch in die betrieblichen Abläufe eingegliedert, wenn sie sich zur Übernahme entschlossen habe. Ihre Weisungsgebundenheit sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie weitere Vertragsverhältnisse mit anderen Auftraggebern eingegangen sei. Die Klägerin zu 2) arbeite an einem vorgegebenen Ort. Sie erhalte eine feste nach Stunden bemessene Vergütung und trage damit kein Unternehmerrisiko.
Dagegen richtet sich die vorliegende, am 7. Juni 2016 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene von der Klägerin zu 1) erhobene Klage. Zu diesem Verfahren ist durch Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 19. September 2016 die von der Klägerin zu 2) am 8. Juni 2016 erhobene Klage verbunden worden. Die Klägerinnen haben zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und auf ein zu Museumsführern ergangenes Urteil des LSG Baden-Württemberg v. 24. Februar 2015 – L 11 R 5165/13 hingewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 26. Januar 2018 hat die Beklagte anerkannt, dass auch in der Rentenversicherung Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit über den 1. Januar 2013 hinaus bestehe.
Das Sozialgericht hat der Klage durch Urteil vom 26. Januar 2018 teilweise stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit die Beklagte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat. Die Beklagte sei nicht ermächtigt, eine verbindliche Entscheidung über bloße Tatbestandsmerkmale einer Sozialversicherungspflicht, nämlich über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, zu treffen. Die angefochtenen Bescheide würden sich auf die Feststellung beschränken, dass die Klägerin zu 2) in einem Beschäftigungsverhältnis für die Klägerin zu 1) tätig werde. Das Vorliegen einer Beschäftigung dürfe aber nicht isoliert zum Gegenstand eines Statusfeststellungsverfahrens gemacht werden. Auf die Rechtsprechung des BSG zum Statusverfahren (Hinweis auf Urt. v. 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R) werde Bezug genommen. Hinsichtlich der begehrten Feststellung sei die Klage unzulässig, da das Vorliegen oder Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht Gegenstand eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses sein könne. Das gelte auch, soweit bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses Versicherungsfreiheit aufgrund weiterer Tatbestände eintreten würde.
Gegen das ihr am 5. März 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. März 2018 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Sie sei durch das Urteil beschwert, da ihr Pauschbeiträge vorenthalten würden. Das Sozialgericht habe ignoriert, dass sie ausdrücklich Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung festgestellt habe. Es dürfe nicht unentschieden bleiben, ob grundsätzlich Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung vorliege, die lediglich aufgrund besonderer Tatbestände von Versicherungsfreiheit überlagert werde. Versicherungsfreiheit sei ebenso wie eine Versicherungsbefreiung ohne die zugrunde liegende Versicherungspflicht nicht denkbar. Das BSG habe bereits verdeutlicht, dass der erforderlichen Prüfung von Versicherungspflicht auch die Möglichkeit zur Prüfung von Versicherungsfreiheit immanent sei (Hinweis auch auf BSG v. 4. Juni 2009 – B 12 R 6/08 R). Dem habe sich zwischenzeitlich das LSG Niedersachsen-Bremen ausdrücklich angeschlossen (Hinweis auf Urt. v. 28. Februar 2018 – L 2 R 488/17). Da in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der ausgeübten Beschäftigung festgestellt worden sei, handele es sich nicht um eine bloße Elementenfeststellung. Anders als in dem von dem erkennenden Senat am 15. Juli 2011 entschiedenen Sachverhalt (L 1 KR 206/09 – Honorarkräfte im Besucherdienst des Bundesrats) sei die Klägerin zu 2) nicht im maßgeblichen Kern ihrer Tätigkeit frei gewesen. Nach § 1 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung habe sich der Ablauf der Führungen nach den Vorgaben der Klägerin zu 1) zu richten gehabt. Hingewiesen werde auch auf das Urteil des Bayerischen LSG v. 16. Mai 2018 – L 16 R 5119/16.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Januar 2018 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin zu 1) beantragt im Wege der Anschlussberufung,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Januar 2018 zu ändern und festzustellen, dass eine aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV begründete Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Schlossführerin bei der Klägerin zu 1) seit dem 6. Februar 2008 nicht besteht.
Der Tenor des sozialgerichtlichen Urteils sei richtig, soweit der Klage stattgegeben worden sei. Zwar sei fraglich, ob die Beklagte eine unzulässige isolierte Feststellung des Elements der Beschäftigung vorgenommen habe. Die Klägerin zu 2) übe bei ihr - der Klägerin zu 1) - aber keine Beschäftigung aus. Es bestehe bereits keine Versicherungspflicht wegen des Fehlens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Zulässigkeit der Anschlussberufung ergebe sich daraus, dass der bisherige Streitgegenstand lediglich konkretisiert werde. Es liege auch ein ´feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien vor, da sie - die Klägerin zu 1) - geklärt haben wolle, ob das Rechtsverhältnis "Versicherungspflicht" wegen Fehlens einer abhängigen Beschäftigung nicht bestehe. Die Rechtsprechung des BSG stehe dem nicht entgegen. Sie sei so zu verstehen, dass lediglich die von einem konkreten Auftragsverhältnis unabhängige abstrakte Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Beschäftigungsverhältnisses unzulässig sei. Das berechtigte Interesse an der Feststellung ergebe sich daraus, dass sie – die Klägerin zu 1) – im Falle einer bloßen Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung verpflichtet wäre, Pauschalbeiträge für die Kranken- und Rentenversicherung abzuführen. Für das Nichtbestehen einer Beschäftigung werde auf die Ausführungen aus der ersten Instanz verwiesen. Unter Berücksichtigung der gelebten vertraglichen Beziehung nehme die Klägerin zu 1) keinen Einfluss auf den Inhalt der Führungen. Die Klägerin zu 2) sei frei, ihr obliege die individuelle Gestaltung, die Wahl der Schwerpunkte und die Ausrichtung an den individuellen Interessen der Teilnehmer. Eine Weisungsgebundenheit wie in dem von der Beklagten zitierten, vom Bayerischen LSG entschiedenen Fall eines Rundgangsleiters habe es vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin zu 2) hat sich im Berufungsverfahren bisher nicht geäußert und keinen Antrag angekündigt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2016 und des Anerkenntnisses vom 26. Januar 2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Die Klägerin zu 2) stand ab dem 6.Februar 2008 an den einzelnen Tagen, an denen sie für die Klägerin zu 1) Schlossführungen ausführte, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin zu 1). Indessen war die Klägerin zu 2) in dieser Beschäftigung wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts beinhalten die Bescheide der Beklagten nicht eine unzulässige Elementenfeststellung. Die Beklagte hat in ihren Bescheiden nicht nur über das Vorliegen einer Beschäftigung, sondern auch zur Frage der Versicherungspflicht entschieden. Sie hat das Vorliegen von Versicherungspflicht für die Klägerin zu 2) nämlich ausdrücklich verneint, weil es sich um eine geringfügige Beschäftigung handele. Das Rechtsschutzinteresse der Beteiligten an der Durchführung des gerichtlichen Verfahrens trotz bereits angenommener Versicherungsfreiheit ergibt sich daraus, dass für eine geringfügige Beschäftigung der Klägerin zu 2) jeweils Pauschbeiträge (§§ 249b SGB V, 172 Abs. 3 SGB VI) von der Klägerin zu 1) zu entrichten wären.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken , Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).
Auszugehen für die Einordnung der Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Schlossführerin ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Maßgebend sind hier die jeweils für die einzelnen Einsätze erteilten Führungsaufträge, die als Muster zu den Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakte gelangt sind. Es ist nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht vorgetragen, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2) für die Klägerin zu 1) zu anderen Zeiten unter inhaltlich abweichenden vertraglichen Vorgaben erfolgte. Nach dem Inhalt der jeweiligen Führungsaufträge ist eindeutig, dass der Willen der Beteiligten darauf gerichtet war, keine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung einzugehen. Das ergibt sich aus der vereinbarten Festlegung, dass keine Abhängigkeit und kein Arbeitsverhältnis begründet werden sollte.
Allerdings muss die von den Beteiligten gewollte Einordnung auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen nicht allein der auf Vermeidung des Eintritts von Sozialversicherungspflicht gerichtete Willen der Parteien, sondern (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17). Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört auch die aus vertraglichen Positionen herrührende Rechtsmacht, solange sie nicht wirksam abbedungen ist.
Nach diesen Maßstäben ist hier von einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin zu 2) bei der Klägerin zu 1) auszugehen. Entscheidend für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht, dass die Klägerin zu 2) schon nach den Regelungen der Führungsaufträge verpflichtet war, inhaltliche Vorgaben zu beachten, die ihr in Bezug auf ihre Tätigkeit bei den Führungen gemacht wurden. Denn es war in § 1 Satz 2 des Führungsauftrags ausdrücklich bestimmt, dass der Ablauf der Führungen sich nach den Vorgaben der Stiftung P B-B zu richten habe. Die damit vertraglich eingeräumte Möglichkeit zur einseitigen Formulierung verbindlicher Vorgaben für den Ablauf der Führungen ging über die Festlegung von Zeit und Ort der Führung hinaus. Denn diese grundsätzlichen Einsatzbedingungen wurden vertraglich ausdrücklich vereinbart und die Verbindlichkeit dieser Vereinbarung in § 1 Satz 1 des Führungsauftrags nochmals herausgestellt. § 1 Satz 2 kann daher nur den Inhalt haben, dem Auftraggeber weitergehende Einflussmöglichkeiten gegenüber dem Auftragnehmer zu sichern. In dieser vertraglich eingeräumten umfassenden Weisungsbefugnis liegt der entscheidende Unterschied zu dem von der Klägerin zu 1) zitierten und von dem erkennenden Senat am 15. Juli 2011 entschiedenen Fall der Führer im Besucherdienst des Bundesrates (L 1 KR 206/09). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, ob und in welchem Ausmaß der Klägerin zu 2) tatsächlich Weisungen in Bezug auf ihre Tätigkeit durch die Klägerin zu 1) oder eine von ihr dazu vertraglich ermächtigte Stelle erteilt worden sind. Ausreichend ist nämlich die rechtliche Möglichkeit dazu. Im Übrigen verweist der Senat auf die bisherige Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg, wonach die Abnahme von Prüfungen, von deren Bestehen die Erteilung von Aufträgen zur Schlossführung abhängig gemacht wird, ein Indiz für die Annahme von Weisungsgebundenheit ist, weil auf diesem Wege maßgebender Einfluss auf den Inhalt der Schlossführungen genommen wird (LSG Berlin-Brandenburg v. 14. Juni 2006 – L 24 KR 11/04 R – juris Rn 32).
Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht weiter, dass die Klägerin zu 2) kein Unternehmerrisiko trug. Eigenes Kapital oder eigene Arbeitsmittel hat sie für die Ausführung der von der Klägerin zu 1) angenommenen Aufträge nicht eingesetzt. Die Klägerin zu 2) setzte ihre Arbeitskraft auch nicht mit der Gefahr ein, keine Vergütung zu erhalten. Die pro Stunde und ohne Rücksicht auf einen Erfolg der Tätigkeit gewährte Honorierung verhinderte das. Der Klägerin zu 2) war nur frei in der Entscheidung, ob sie einen ihr angebotenen Führungsauftrag annehmen wollte oder nicht. Nach Übernahme hatte sie keine entscheidende Einflussmöglichkeit auf die organisatorische Ausgestaltung der Tätigkeit mehr. Rechtlich hätte sie nicht verhindern können, dass ihr bis einzelne gehende Vorgaben für die Durchführung der Führungen gemacht wurden.
Mit Recht hat die Beklagte indessen festgestellt, dass nach den §§ 27 Abs. 2 SGB III, 7 SGB V; 5 Abs. 2, 230 Abs. 8 SGB VI wegen Entgeltgeringfügigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung eingetreten war. Aus diesem Grund war die Beklagte auch nicht verpflichtet, die einzelnen Beschäftigungszeiträume mit der in diesen bestehenden Versicherungspflicht jeweils tageweise festzustellen (vgl. dem Grunde nach zu dieser Verpflichtung BSG v. 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R – juris Rn 27).
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Potsdam aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die von der Klägerin zu 2) erhobene Anschlussberufung konnte dagegen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG. An dem Rechtsstreit war in beiden Instanzen mit der Klägerin zu 2) eine der in § 183 SGG benannten Personen beteiligt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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