L 9 KR 292/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 61/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 292/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 1. August 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu er-statten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von weiteren Kosten für die häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege) in Spanien in der Zeit vom 01. Oktober 2015 bis zum 21. Oktober 2015. Die 1954 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert und leidet unter einer amyotrophen Lateralsklerose (ALS). Sie ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen G, aG, H und RF anerkannt. Ausweislich des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin Brandenburg e.V. vom 9. Juli 2008 zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß dem Sozialgesetzbuch/ Elftes Buch (SGB XI) besteht bei ihr ein Zeit-bedarf für Körperpflege von 86 Minuten am Tag, für Ernährung von 36 Minuten am Tag, für Mobilität von 40 Minuten am Tag sowie ein Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung i.H.v. 7,5 Stunden in der Woche, mithin 64 Minuten pro Tag. Basierend auf diesem Gutachten wurde bei der Klägerin die Pflegestufe II anerkannt. Sie erhielt im streitigen Zeitraum von der Pflegekasse Pflegegeld.

Seit dem Jahr 2008 hält sich die Klägerin in den Wintermonaten in der Regel im Ausland auf, wo sie nach eigenen Angaben die ihr verordneten therapeutischen Leistungen in Anspruch nimmt. Während ihrer Auslandsaufenthalte beauftragt die Klägerin verschiedene Pflegefirmen mit der Erbringung der ärztlich verordneten häuslichen Krankenpflege. In den Jahren 2008 bis 2014 erstattete die Beklagte die von der Klägerin verauslagten Kosten, wobei sie der Berechnung den Stundensatz des Pflegeunternehmens zugrunde legte, welches die Klägerin in Berlin betreut.

Am 31. August 2015 verordnete der die Klägerin behandelnde Vertragsarzt Dr. H häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege) für die Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. August 2016 im Umfang von 24 Stunden täglich, 7 Tage die Woche. Die häusliche Krankenpflege wurde ab dem 1. September 2015 in Berlin vom APBA Pflegezentrum erbracht. Die Klägerin hielt sich in der Zeit vom 01. Oktober 2015 bis zum 21. Oktober 2015 in Mallorca auf. Mit Schreiben vom einen 20. Oktober 2015 übersandte die Klägerin eine Rechnung der SPM, ausgestellt für Krankenpflege im Rahmen der Verordnung häuslicher Krankenpflege nach dem SGB V mit Pflegedokumentationen im Anhang für den Zeitraum 1. Oktober 2015 bis zum 21. Oktober 2015 zu einem Gesamtpreis von 14.880 EUR. Die Hilfe wurde für 20 Tage täglich zu je 24 Stunden, damit insgesamt 480 Stunden zu einem Stundensatz von jeweils 30 EUR angegeben. Daraus ergab sich ein Betrag von 14.400 EUR. Darüber hinaus listete die Rechnung Kosten für die zweimal tägliche An-fahrt für 20 Tage von 12 EUR, insgesamt 480 EUR auf. Die Rechnung enthält den Vermerk, "Betrag dankend erhalten E P, SP, 21. Oktober 2015". Die Klägerin teilte ergänzend mit, der Pflegedienst sei ausschließlich mit der Behandlungspflege beauftragt gewesen und bat um Erstattung des Betrages.

Die Beklagte erklärte, ausweislich der Leistungsnachweise seien Mundpflege bei Beatmung und Lagerung als Maßnahmen der Grundpflege verzeichnet. Sofern Leistungen der Grundpflege und häusliche Krankenpflege vom selben Leistungserbringer durchgeführt würden, verdränge der Zeitaufwand der Grundpflege den Anspruch auf häusliche Krankenpflege zur Hälfte gemäß dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Juni 2010. Die Beklagte beabsichtige daher, bei der Ermittlung des Erstattungsbetrages die genannten Leistungen der Grundpflege hälftig in Abzug zu bringen und gab Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin teilte mit, das Geld aus der Erstattung für den Aufenthalt in Spanien werde dringend benötigt für die Vorfinanzierung der Pflege weiterer anstehender Auslandsaufenthalte.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2015 bewilligte die Beklagte einen Gesamterstattungsbetrag i.H.v. 13.161,88 EUR für die aufgewendeten Kosten während des Aufenthaltes in Mallorca. Gemäß der eingereichten Pflegedokumentation seien u.a. Leistungen der Grund- und Behandlungspflege (z.B. Mundpflege und Lagerung etc.) er-bracht worden. Bei gleichzeitiger Erbringung von häuslicher Krankenpflege, haus-wirtschaftlicher Versorgung und Grundpflege durch dieselbe Fachkraft sei eine Kostenaufteilung zwischen Krankenkassen und Pflegekassen vorzunehmen. Vom Gesamtumfang der Hilfeleistungen seien die von der Pflegekasse geschuldeten Maß-nahmen zu erfassen. Der so ermittelte Zeitwert sei nicht vollständig, sondern zur Hälfte vom Anspruch auf die ärztlich verordnete rund-um-die-Uhr erforderliche Behandlungspflege abzuziehen. Die Kosten der in Spanien erbrachten häuslichen Krankenpflege seien zudem um die berechneten Fahrtkosten i.H.v. 480 EUR zu reduzieren. Die Erstattung habe nach den im Inland geltenden Grundsätzen zu erfolgen, daher seien Fahrtkosten einer speziellen 24-stündigen Krankenbeobachtung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nicht gesondert vergütungsfähig, sondern Bestandteil des Stundensatzes. Der Anspruch auf Krankenpflege in Spanien erfasse für den Aufenthalt insgesamt 476 Stunden zu je 30 EUR pro Stunde, damit 14.280 EUR. Nach den eingereichten Pflegedokumentationen sei sowohl Grund- als auch Behandlungs-pflege erbracht worden. Gemäß dem zuletzt erstellten Pflegegutachten vom 7. Juli 2008 erfolge Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in einem täglichen Zeitumfang von 226 Minuten, also hälftig 113 Minuten täglich. Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege betrage daher 22,12 Stunden oder 92,17 %. Ausgehend von dem geltend gemachten Erstattungsbetrag von 14.280 EUR ergebe sich die genannte Erstattungssumme. Von dem Erstattungsbetrag sei analog § 13 Abs. 4 SGB V ein Verwaltungskostenabschlag vorzunehmen, dieser betrage 9 % der Erstattungssumme, maximal 48 EUR. Um diesen Betrag minimiere sich der Erstattungsbetrag, sodass letztlich der Betrag von 13.113,88 EUR zur Auszahlung angewiesen werde.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 29. Dezember 2015 ohne vorheriges Widerspruchsverfahren am 12. Januar 2016 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben und eine weitere Erstattung i.H.v. 1119,12 EUR für die häusliche Krankenpflege in Spanien begehrt.

Die Beklagte hat den in der Klage liegenden Widerspruch im Wesentlichen mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2015 zurückgewiesen. Es sei allerdings eine Summe von 13.141,53 EUR, anstelle der bisher ermittelten 13.113,88 EUR auszuzahlen. Die Nachzahlung i.H.v. 27,65 EUR erfolge auf das Konto der Klägerin. Im Übrigen hätte die Beklagte auf Basis der vorgelegten Unterlagen keine Kosten erstatten dürfen. Die zur Erstattung vorgelegten Unterlagen belegten nicht hinreichend, dass die Klägerin dem Pflegedienst SP den Rechnungsbetrag bezahlt habe. Der auf der eingereichten Rechnung allein enthaltene Vermerk "Betrag dankend er-halten" lasse nicht erkennen, wann und in welcher Form eine Zahlung erfolgt sei. Weder liege eine Quittung über eine Barzahlung vor noch ein Nachweis einer Überweisung oder eine Kreditkartenabrechnung über die Rechnungssumme. Eine Rücknahme des die Klägerin begünstigenden Bescheides scheide jedoch aus rechtlichen Gründen aus.

Mit der Klage vor dem Sozialgericht macht die Klägerin geltend, dass die Beklagte die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Zusammentreffen von Grund- und Behandlungspflege unzutreffend anwende. Sie sei demgemäß nicht berechtigt, von dem Rechnungsbetrag des Pflegedienstes Teile abzuziehen. Das BSG habe ausgeführt, der Anspruch des Pflegebedürftigen auf häusliche Krankenpflege umfasse auch dann nicht die Grundpflege, wenn die Behandlungspflege ununterbrochen rund um die Uhr geleistet werden müsse. Außerdem sei die Frist § 13 Abs. 3a SGB V abgelaufen, wegen Fristablaufs werde die geforderte zusätzliche Erstattung geschuldet. Schließlich sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, in wessen Namen er ergangen sei und welche Satzung zur Anwendung gekommen sei. Der Widerspruchsausschuss sei nicht entsprechend den Vorgaben der Gesetze und Satzungen besetzt gewesen. Es sei für die Erstattung unerheblich, wie die Rechnungen bezahlt worden seien. Die Beklagte habe in den vergangenen Jahren 2008 – 2014 ohne Rückfragen die eingereichten Rechnungen mit gleicher Dokumentation und Zahlungsnachweisen erstattet, dieses Verfahren könne nicht rückwirkend geändert wer-den, es bestehe insoweit Vertrauensschutz.

Das Sozialgericht hat die Klägerin aufgefordert, die tatsächliche Zahlung auf die Rechnung der Firma SP nachzuweisen. Bei dem Betrag von 14.880 EUR reiche allein der Vermerk auf der Rechnung des Pflegedienstes nicht aus, insbesondere weil aus dem Verfahren S 28 KR 953/14 und den dazu beigezogenen Strafakten bekannt geworden sei, dass zum damaligen Zeitpunkt eine Pflegekraft gegenüber den Strafverfolgungsbehörden angegeben habe, dass eine geringere Vergütung gezahlt worden sei als sie quittiert habe. Die Klägerin ist um nähere Angaben zum Zeitpunkt der Zahlung, zur Stückelung der Zahlung sowie zur Vorlage von entsprechenden Kontoauszügen gebeten worden. Gleichzeitig hat das Sozialgericht die Inhaberin des Pflegedienstes SP, Frau P, um nähere Erläuterung gebeten, wann und in welcher Form sie den Rechnungsbetrag erhalten habe und weshalb keine unbare Zahlung erfolgt sei.

Frau P hat mitgeteilt, Rechnungsstellung und Zahlung sei entsprechend dem spanischen Recht erfolgt, die Rechnungen seien in bar in verschiedenen Tranchen bezahlt worden. Es seien keine Ansprüche offen. Vorauszahlungen oder Barzahlungen seien bei ausländischen Kunden nicht unüblich. Das Sozialgericht hat des Weiteren das Pflegegutachten vom 9. Juli 2008 über die Klägerin von der Beklagten beigezogen.

Mit Urteil vom 1. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Versicherte seien gemäß § 13 Abs. 4 SGB V berechtigt, auch Leistungserbringer u.a. in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen. Ein derartiger Kostenerstattungsanspruch setze jedoch voraus, dass Versicherte mit den Kosten der Behandlung belastet seien, entweder weil sie einer Forderung ausgesetzt seien oder eine wirksame Zahlungsverpflichtung bereits erfüllt hätten. Soweit die Klägerin geltend mache, der Leistungserbringerin einen Betrag in Höhe von 14.880 EUR gezahlt zu haben, sei das nicht nachgewiesen. Zwar habe sie eine Rechnung des Pflegedienstes vorgelegt, die auch den Vermerk "Betrag dankend erhalten" trage. Eine solche Bestätigung könne auch durchaus ausreichend sein, um den Vollbeweis einer Kostenbelastung zu erfüllen, wenn es um kleinere Beträge gehe, die regelmäßig in bar entrichtet würden. Hier gehe es jedoch um einen fünfstelligen Betrag, bei dem eine Barzahlung jedenfalls bei legalen Geschäften nicht nur unüblich sei, sondern auch praktische Schwierigkeiten aufweise, da der Zahlende sich regelmäßig zunächst einen hohen Barbetrag verschaffen müsse. Dies gelte umso mehr, als die geltend gemachte Barzahlung im Ausland erfolgt sein soll. Die Mitnahme von Barbeträgen von mehr als 10.000 EUR ins europäische Ausland sei auf Befragen anmeldepflichtig, auch das Abheben an Geldautomaten sei aufgrund der Begrenzungen der täglich abhebbaren Beträge schwierig. Abgesehen davon sprächen gegen das Mitführen derartig hoher Barbeträge auch Sicherheitsbedenken. Darüber hinaus habe die Kammer aus einem geführten Parallelverfahren Hinweise auf falsche Abrechnung mit Pflegediensten erhalten. In diesem Parallelverfahren hätten der Kammer Unterlagen vorgelegen, nach welchen im Jahr 2009 die Pflegekraft K den Erhalt von 17 EUR pro Stunde quittiert habe, obwohl die Klägerin nur 10 EUR pro Stunde gezahlt habe. Die Pflegekraft sei wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt worden. Seien in der Vergangenheit Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung aufgetreten, seien für eine Überzeugungsbildung höhere Anforderungen zu stellen als gewöhnlich. Die Anfragen des Gerichts an die Klägerin und die Inhaberin des Pflegedienstes auf Mallorca zu den näheren Umständen der Zahlungen seien ohne Ergebnis verlaufen. So habe die Inhaberin des Pflegedienstes nicht angegeben, wie sie selbst mit den hohen Barbeträgen verfahren sei, außerdem sei nicht erklärbar, weshalb ein derartig hoher Betrag nicht z.B. mit dem in Europa möglichen mehrkostenfreien SEPA-Verfahren überwiesen worden sei. Die Klägerin selbst habe keine Angaben zu den dezidierten Fragestellungen des Gerichts gemacht, obwohl sie auf die möglichen Folgen der fehlenden Angaben zu der Frage, wie sie sich die Bargeldbeträge beschafft habe, hingewiesen worden sei. Eine Vernehmung der Zeugin P sei nicht geboten gewesen, dazu hätte es eines schlüssigen Vortrages der Klägerin bedurft, wie sie sich die Barmittel beschafft habe. Ein Freistellungsanspruch bestehe nicht, denn die Klägerin müsse sich an ihrem Vortrag festhalten lassen, wonach sie die Rechnung vollständig bezahlt habe. Darüber hinaus bestätige auch die Zeugin P in ihrer schriftlichen Zeugenaussage, dass sie gegen die Klägerin keine Forderung mehr geltend mache.

Gegen das ihr am 16. August 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Sep-tember 2018 Berufung eingelegt.

Der Richter des Sozialgerichts Wi habe allein entschieden, die ehrenamtlichen Richter seien nur physisch anwesend gewesen. Das Gericht habe einen Sachverhalt geklärt, der nicht Teil der Klage sei. Klageanspruch sei, dass die Beklagte nicht mit der Begründung aus dem Drachenflieger Urteil des BSG von der Behandlungspflege Teile der Erstattungsforderung abziehen könne. Diese Fragestellung werde vom Sozialgericht nicht angesprochen. Die Klägerin habe den Nachweis für die Zahlung er-bracht, das Sozialgericht hätte ein Sachverständigengutachten zum Zahlungsverkehr einholen müssen. Es sei nicht klar, welchen Vortrag das Sozialgericht erwartet habe, zumal es nicht wisse, wie hoch das tägliche Limit der Klägerin zu Abhebungen bei ihrer Bank gewesen sei. Richtig sei, dass die Krankenschwester K 2009 wegen Beihilfe zu einem versuchten Betrug zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei; ein versuchter Betrug sei aber niemals festgestellt worden. Die Krankenschwester K sei von der Beklagten zu einer Falschaussage erpresst worden. Das Amtsgericht Tiergarten habe sie auf Anweisung des kommissarischen Reichsjustizministers Dr. Sch zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil des Amtsgerichts sei rechtswidrig und nichtig. Zweifel, ob das Sozialgericht Berlin nicht eine Verwaltungsbehörde und kein Gericht sei, tauchten seit 2005 immer wieder auf. Zeitweise seien 50 % der urteilenden Richter solche auf Probe. Es sei zu vermuten, dass die Sozialgerichte unter neuem Namen die Tätigkeit der Versicherungsämter fortsetzten. Die Barmer Ersatzkasse sei seiner-zeit 1937 rechtswidrig auf Führer-Erlass entschädigungslos ins Vermögen des Reiches überführt worden. Daher sei sie weiter eine privatrechtliche Organisation und seien die ordentlichen Gerichte zuständig.

Sie beantragt wörtlich,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. August 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 1119,12 EUR+ Zinsen und Schmerzensgeld zu zahlen.

Das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen zur Entscheidung, ob das obige Urteil eine Entscheidung eines Richters im Sinne des Grundgesetzes ist.

Das Verfahren zu verweisen an ein Gericht, welches den Ansprüchen des Grundgesetzes und Europäischen Menschenrechtskonvention Art. 6 genügt.

Das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen zur Entscheidung, ob das Sozialgericht Berlin ein Gericht ist im Sinne des Grundgesetzes.

Das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen zur Entscheidung, dass die entschädigungslose Enteignung der Barmer 1937 durch den NS- Staat mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.

Das Verfahren zu verweisen an ein Zivilgericht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung.

Die Klägerin ist auch im Berufungsverfahren aufgefordert worden, die näheren Um-stände der Barzahlung der Pflegeleistungen auf Mallorca darzulegen, sie ist auf die bestehende Beweislast verwiesen worden.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.

II.

Der Senat darf über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten vom 8. März 2019 durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung von weiteren Kosten für die Behandlungspflege für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 21. Oktober 2015 in Höhe von 1.119,12 EUR.

Nach eigener Sachprüfung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen überwiegend auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zu ergänzen bleibt, auch unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin in der Berufung und ihrer erweiterten Anträge:

1. Eine Verweisung an das Zivilgericht war schon deshalb nicht geboten, weil das Berufungsgericht nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Gerichtsverfassungsgesetz – GVG). Unabhängig davon ist das Sozialgericht - entgegen der Ansicht der Klägerin – ein zur Entscheidung über ihren Anspruch berufenes Gericht, da sachlich und örtlich zuständig. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung. Um eine solche handelt es sich bei dem geltend gemachten Erstattungsanspruch, der sich auf Normen des Sozialgesetzbuches/Fünftes Buch (SGB V) stützt. Das würde auch in dem Fall gelten, in dem gemäß der Auffassung der Klägerin die Beklagte eine privatrechtliche Organisation sein sollte. Nach § 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privat-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Außerdem entscheidet nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG das Gericht des zulässigen Rechtsweges unter allen in Betracht kommenden Gesichts-punkten.

2. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auf weitere Erstattung von Kosten für die Behandlungspflege ist gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen; es hat die beklagte Krankenkasse als zuständige Behörde gehandelt. Dies lässt sich dem Bescheid auch hinreichend deutlich entnehmen. Zweifel an der ordnungsgemäßen Besetzung des Widerspruchsausschusses bestehen auch in Anbetracht des Alters seiner Mitglieder nicht.

Der Bescheid ist zudem materiell rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der weiteren Kosten für die in der Zeit ihres Mallorca-Aufenthaltes er-brachten Pflegeleistungen. Ein solcher folgt nicht bereits aus der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V. Zwar hat die Beklagte über den Antrag der Klägerin auf Kostenerstattung vom 21. Oktober 2015 erst mit Schreiben vom 03. Dezember 2015 und damit außer-halb der drei Wochenfrist des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V entschieden. Jedoch ist § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 8. März 2016, B 1 KR 25/15 R und vom 26. September 2017, B 1 KR 8/17 R, jeweils juris) auf Kostenerstattungsansprüche, die von vorherein auf eine Geldleistung aus-gerichtet sind, nicht anwendbar. Der Anspruch der Klägerin war in Bezug auf die notwendigen Pflegeleistungen in Mallorca/Spanien gemäß § 13 Abs. 4 SGB V von Anfang an auf eine Geldleistung gerichtet. § 13 Abs. 4 SGB V stellt insoweit eine Ausnahme von dem in § 16 SGB V geregelten Grundsatz dar, dass der Anspruch auf Leistungen ruht, wenn sich Versicherte im Ausland aufhalten.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung ergibt sich - wie das Sozialgericht zutreffend dar-gelegt hat - nicht. Nach Auffassung des Senates kommt es dabei auf die Frage, ob die Beklagte die Grundpflegeleistungen zu Recht von den Zeiten der Behandlungs-pflege abziehen durfte und damit auf die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, ob bei ihrer schweren Erkrankung die zeitgleiche Erbringung von Grund- und Behandlungspflege überhaupt möglich sei, gar nicht an. Die Klägerin hat bereits nicht nach-gewiesen, dass ihr für die erbrachten Pflegeleistungen überhaupt Kosten entstanden sind, die von der Beklagten erstattet werden könnten.

Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V setzt – wie auch der auf § 13 Abs. 3 SGB V basierende – voraus, dass Kosten tatsächlich entstanden sind (Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 13 SGB V, Rn. 82). Wird nicht nur die Freistellung von in Rechnung gestellten Kosten, sondern deren Erstattung geltend gemacht, haben Versicherte darzulegen und ggf. zu beweisen, wodurch ihnen Kosten entstanden sind und – sofern nachvollziehbare Zweifel bestehen – mit welchen finanziellen Mitteln sie die Rechnung bezahlt haben. Die Klägerin trägt auch in einem auf Amtsermittlung ausgerichteten Verfahren die Feststellungslast dafür, dass der Umstand, auf den sie sich stützt, nicht festgestellt werden kann. Dies betrifft auch die tatsächliche Zahlung des Betrages an die Pflegeeinrichtung, dessen Erstattung vorliegend begehrt wird, bzw. die Kostenbelastung der Klägerin.

Der Senat ist vorliegend nicht davon überzeugt, dass die Klägerin den Pflegedienst bezahlt hat und ihr daher Kosten in Höhe der vorgelegten Rechnung entstanden sind. Im Hinblick auf die Höhe der Rechnung erscheint auch eine Kostenübernahme Dritter nicht unwahrscheinlich. Die Zahlung der Rechnung durch und auf Kosten eines Dritten löst den Kostenerstattungsanspruch des § 13 Abs. 4 SGB V nicht aus. Entgegen der klägerischen Ansicht ergibt sich ihre Kostenbelastung nicht aus dem Rechnungsvermerk "Betrag dankend erhalten" mit Unterschrift, Stempel der Leistungserbringerin sowie Datum und Ort. Allein daraus lässt sich nicht ableiten, dass die Klägerin selbst diese Rechnung bezahlt hat. Auch die nur dürftigen Angaben der vom Sozialgericht befragten Zeugin P belegen keine Zahlung durch die Klägerin, denn ihre schriftlich erfolgten Angaben, wonach die Zahlungen in bar und in mehreren Tranchen erfolgt seien und dies in Spanien nicht ungewöhnlich sei, lassen Fragen offen. Angesichts des Zeitpunktes der gerichtlichen Anfrage (Oktober 2015) hätte es der Leistungserbringerin 2018 anhand ihrer Unterlagen möglich sein müssen, die Einzahlung der Einzeltranchen, deren Dokumentation sowie ihre Buchung als Betriebseinnahmen näher darzulegen.

Außerdem hat die Klägerin trotz Kenntnis von den Zweifeln an der Bezahlung, die bereits die Beklagte im Widerspruchsbescheid hinreichend deutlich gemacht hat, keinerlei Nachweise und Belege dafür vorgelegt, dass sie selbst diese Rechnung bezahlt hat. Dies müsste ihr jedoch unproblematisch möglich sein, denn angesichts der Summe der Rechnungsbeträge von über 14.000 EUR, müssten entweder den Kontoauszügen oder Kreditkartenabrechnungen der Klägerin entsprechende Buchungen oder Bargeldabhebungen zu entnehmen sein, die eine Bezahlung durch sie belegen könnten. Eine reine Barzahlung erscheint angesichts der Höhe der Summe – wie das Sozialgericht zutreffend ausführt – unrealistisch. Zudem hätte die Klägerin darlegen können, wie sie während des Aufenthalts in Spanien an einen solch hohen Barbetrag gelangt ist. Falls sie diesen Betrag in Spanien von einem Konto abgehoben hat, hätte sie – was ihr ohne weiteres möglich wäre – nur dieses Konto (Kontonummer, konto-führende Bank) benennen und einen Beleg für die Barauszahlung beifügen müssen. Falls sie diesen Betrag in bar bereits bei ihrer Einreise nach Spanien mit sich führte, hätte sie die erforderliche Anmeldung der Einführung von Barbeträgen über 10.000 EUR vorlegen müssen und auch die Barauszahlung im Inland belegen können.

Ebenso ergibt sich ein Anspruch der Klägerin nicht bereits aus Vertrauensschutzgesichtspunkten allein aus der Kostenerstattung in den Jahren zuvor. Nach § 13 Abs. 4 SGB V muss ein Anspruch auf Erstattung jeweils mit den konkret entstandenen Kosten begründet und ggf. auch belegt werden.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens gemäß § 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der erst im Berufungsverfahren wie-der erhoben wurde, da es – wie dargelegt – bereits an einem rechtswidrigen Verhalten der Beklagten fehlt.

Eine Vorlage des Verfahrens an das Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) war auch unter Berücksichtigung des klägerischen Begehrens nicht geboten. Die Voraussetzungen des Art. 100 Grundgesetz (GG) liegen nicht vor, da die Entscheidung nicht auf einem Gesetz beruht, welches der Senat für verfassungswidrig hält. Die weiteren von der Klägerin aufgeworfenen Fragen rechtfertigen keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, da der Senat sie selbst beantworten kann und darf. Auch eine Verletzung von Art. 6 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) in Gestalt des Rechts auf ein faires Verfahren kommt nicht in Betracht. Entscheidend ist allein der fehlende Nachweis einer Kostenbelastung der Klägerin durch die in Spanien/Mallorca erbrachten Pflegeleistungen. Die Klägerin erhielt dazu sowohl seitens des Sozialgerichts als auch des Senates ausreichend Gelegenheit, um den Nachweis für die Kostenlast bei Gericht einzureichen.

Schließlich war trotz der Darlegungen der Klägerin die Beiladung der Pflegekasse zum vorliegenden Verfahren gemäß § 75 Abs. 2 SGG nicht geboten, da ein Anspruch dieser gegenüber nicht ernsthaft in Betracht kommt. Aus der von der Beklagten erfolgten Kürzung der 24-Stundenpflege um Zeiten der Grundpflege folgt kein weitergehender Anspruch der Klägerin gegenüber der Pflegekasse nach dem Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI), da die Pflegekasse ihre Leistungsverpflichtung durch die Zahlung des Pflegegeldes gemäß § 37 SGB XI vollumfänglich erbracht hat. Eine weitergehende Übernahme von Leistungen der häuslichen Pflege nach § 36 SGB XI kommt daneben nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010, B 3 KR 7/09 R, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht bestehen. Eine Abweichung zur Entscheidung des BSG vom 17. Juni 2010 (B 3 KR 7/09 R) liegt bereits deshalb nicht vor, weil der Senat mangels nachgewiesener Kostenbelastung nicht zu bewerten hatte, ob die Beklagte zu Recht im Hinblick auf die vom BSG geforderte Kostenteilung zwischen Kranken- und Pflegekasse von dem geltend gemachten Erstattungsbetrag für die Behandlungspflege einen Abzug vorgenommen hat.
Rechtskraft
Aus
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