L 18 AS 347/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 12211/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 347/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen. Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine von dem Beklagten geltend ge-machte Erstattungsforderung nach endgültiger Festsetzung von Leistungen zur Si-cherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit von Dezember 2017 bis Mai 2018 iHv insge-samt 370,70 EUR (Bescheid vom 27. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 10. Oktober 2018), wobei sie höhere endgültige Leistungen für den Monat März 2018 unter Berücksichtigung eines monatlichen Durchschnittseinkom-mens iHv 606,18 EUR anstatt von 894,88 EUR begehrt.

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2019 verurteilt, für den Monat März 2019 ein monatliches Durch-schnittseinkommen von 516,42 EUR zugrunde zulegen und die Erstattungsentscheidung entsprechend zu ändern. Der von den zur Entscheidung berufenen ehrenamtlichen Richtern und dem Kammervorsitzenden handschriftlich unterzeichnete Urteilstenor enthält keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung. In den Entscheidungs-gründen des vom Kammervorsitzenden unterschriebenen schriftlichen Urteils heißt es im letzten Absatz, der entscheidungserheblichen Rechtsfrage komme grundsätzli-che Bedeutung zu, "so dass die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eröffnet ist".

Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil und geht von einer wirksamen Zulassung der Berufung aus.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist unzulässig und war nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und Anhörung der Beteiligten durch Beschluss ohne mündliche Verhand-lung als unzulässig zu verwerfen (vgl § 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Berufung ist mangels Erreichens eines Beschwerdewerts von mehr als 750,- nicht zulässig, weil die Klage einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistun-gen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und vom SG auch nicht zugelassen worden ist. Die Verwendung einer entsprechenden Rechtsmittelbeleh-rung genügt nicht (st Rspr, vgl die Nachweise in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl § 144 Rn 40). Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 3 SGG tritt nicht durch eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung ein, sondern nur durch Berufungszulassung in der Urteilsformel; ausnahmsweise auch durch eine eindeutig ausgesprochene Zulassung in den Entscheidungsgründen (Bundessozialgericht (BSG) vom 29. Juli 1977 = SozR 1500 § 161 Nr 16; BSG, Ur-teil vom 26. April 1989 - 7 RAr 124/88 - juris) oder einen eindeutigen Zusatz in der formularmäßigen Rechtsmittelbelehrung. Schon Letzteres ist vorliegend nicht der Fall, weil ein Hinweis darauf, dass die Berufung "eröffnet ist", keine eindeutige Zulas-sungsentscheidung darstellt. Hinzu kommt aber, dass sich aus dem Wortlaut des Urteils nicht ergibt, dass das zur Entscheidung berufene SG in voller Kammerbesetzung, nicht nur der Kammervorsit-zende, die Zulassung beschlossen hat (vgl BSG, Urteil vom 18. Januar 1990 – 4 RA 40/89 – juris – Rn 11). Eine Zulassungsentscheidung lässt sich dem von allen Kam-mermitgliedern handschriftlich unterzeichneten, schriftlich fixierten Urteilstenor nicht entnehmen, sondern allenfalls dem (gemäß § 134 Abs. 1 SGG) vom Kammervorsit-zenden unterschriebenen Urteil. Dies genügt indes nicht als Nachweis einer eindeu-tigen Zulassungsentscheidung aller Kammermitglieder (vgl BGH, Urteil vom 20. April 2012 – LwZR 5/11 = NJW-RR 2012, 879-880). Diese setzt vielmehr bei einem Kolle-gialgericht voraus, dass (auch insoweit) eine Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter in einer für das Berufungsgericht nachprüfbaren Weise dokumentiert ist, was hier nicht der Fall ist und auch nicht durch eine nachträgliche Befragung des Kammervor-sitzenden – wie von dem Beklagten angeregt - ersetzt werden kann. Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen. Eine Umdeutung der unzuläs-sigen Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht (st Rspr, vgl die Nachweise bei Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl § 144 Rn 45). Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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