L 15 SO 142/14

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 50 SO 825/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 142/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Fehlt ein schlüssiges Konzept des Sozialhilfeträgers zu den Kosten der Unterkunft, welches in Anwendung des § 35a SGB XII besondere Bedarfe älterer Menschen berücksichtigt, sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete als Bedarfe anzusetzen. Die Spruchreife zum Begriff der angemessenen Kosten kann im SGB XII anders als im SGB II nicht durch Anwendung eines qualifizierten Mietspiegels oder des Wohngeldgesetzes mit einem pauschalierten Aufschlag hergestellt werden.

Bei den Heizkosten kann den besonderen Bedarfen älterer Menschen dagegen dadurch Rechnung getragen werden, dass erst eine erhebliche Überschreitung des Produkts aus angemessener Wohnfläche und dem Grenzwert nach einem Heizkostenspiegel zur Unangemessenheit führt (nicht angenommen bei einer Überschreitung von weniger als 20 %).
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2014 wird aufgehoben. Die Bescheide des Beklagten vom 14. Juni 2012 – dieser, soweit er den Kläger zu 1) betrifft – und vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 sowie des Teilanerkenntnisses vom 31. März 2014 werden geändert und der Beklagte verurteilt, den Klägern für den Kalendermonat Dezember 2011 pro Person weitere 178,50 EUR und für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 30. November 2012 monatlich jeweils pro Person weitere 151,60 EUR zu zahlen. Ferner werden die Bescheide des Beklagten vom 22. Februar und 8. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 und vom 5. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 geändert und der Beklagte verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 ebenfalls monatlich jeweils pro Person weitere 151,60 EUR zu zahlen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger für den gesamten Rechtsstreit. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (im Folgenden: Grundsicherung) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs/Zwölftes Buch (SGB XII) für die Zeit von Dezember 2011 bis einschließlich Mai 2013, konkret in Gestalt eines höheren Bedarfs für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH).

Der im Dezember 1938 geborene Kläger zu 1) und die im Juni 1944 geborene Klägerin zu 2) sind verheiratet. Seit 1974 bewohnen sie gemeinsam in B-F den im selben Jahr fertiggestellten Anbau zu einem bereits vorhandenen Wohnhaus, dem Elternhaus des Klägers zu 1). Der Kläger zu 1) verkaufte das zuvor in seinem Eigentum stehende Hausgrundstück, auf dem er seinen Angaben nach mit kurzen Unterbrechungen seit seiner Geburt gewohnt hatte, nach 2004 angeordneter Zwangsversteigerung im Jahr 2005. Der Erwerber war der Lebensgefährte einer Tochter der Kläger. Die Tochter und ihr Lebensgefährte bewohnten bis zum Eigentumsübergang als Mieter, danach aufgrund Eigentumsrechts eine Wohnung in dem Wohnhaus.

Mit Wirkung ab 1. September 2005 schlossen beide Kläger mit dem Erwerber einen Mietvertrag über die bis dahin von ihnen aufgrund Eigentumsrechts des Klägers zu 1) bewohnten Räumlichkeiten. Nach diesem Mietvertrag umfasst die Wohnung eine Fläche von insgesamt 120 m², davon entfallend 76 m² auf Wohnräume und 44 m² auf Nutzflächen (Boden- und Kellerräume). Die Wohnräume teilen sich nach dem Mietvertrag in 2 ½ Zimmer, Küche, Bad und Diele auf. Als Mietzins ohne Kosten für Heizung und Warmwasser waren und sind 600,- EUR zuzüglich eines Vorschusses von 125,- EUR auf die sogenannten kalten Betriebskosten und von 115, EUR auf die Heizkosten (ohne Warmwasserkosten) vereinbart. Nach Angaben der Kläger muss der Keller unter dem Anbau durch die Art der Heizungsanlage zwingend mitbeheizt werden. Die Raumheizung erfolgt zentral mittels Heizöl als Energieträger, die beheizte Gesamtwohnfläche des Wohnhauses mit dem Anbau beträgt 191 m². Warmwasser wird dezentral elektrisch erzeugt.

Erstmals 2007 beantragte der Kläger zu 1) bei der Beklagten ergänzende Leistungen der Grundsicherung. Zu diesem Zeitpunkt bezog er eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Zahlbetrag von monatlich 587,83 EUR, die Klägerin zu 2) Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II). Der zuständige Leistungsträger nach dem SGB II berücksichtigte als Bedarf für KdUH die Hälfte der nach dem Mietvertrag zu entrichtenden Bruttomiete, entsprechend 420,- EUR. In gleicher Weise berücksichtigte der Beklagte diesen Betrag als Bedarf für KdUH im Rahmen der erstmaligen Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2007 (Bescheid vom 29. August 2007).

Mit einem Schreiben vom 29. August 2007 wies der Beklagte den Kläger zu 1) darauf hin, dass für einen Zweipersonenhaushalt eine Bruttowarmmiete in Höhe von 444, EUR angemessen sei und dass Empfänger von Grundsicherung verpflichtet seien, die Aufwendungen durch Wohnungswechsel, Vermieten oder auf andere Weise zu senken. Die derzeitige Bruttowarmmiete werde nur noch für die nächsten sechs Monate berücksichtigt, weil davon auszugehen sei, dass innerhalb dieses Zeitraums die Aufwendungen gesenkt werden könnten. Die Frist werde verlängert, sofern dies trotz intensiver, nachgewiesener Bemühungen nicht möglich sei. Ein ähnliches Schreiben erhielt die Klägerin zu 2) vom Jobcenter jedenfalls im Januar 2008.

Nachdem der Kläger ebenfalls im Januar 2008 auf seinen Gesundheitszustand als Folge eines im April 2007 erlittenen Herzinfarkts sowie auf die lange Wohndauer hin-gewiesen hatte, berücksichtigte der Beklagte auch in den Leistungsbewilligungen für die Zeit ab Januar 2008 die KdUH in Höhe der Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen, in gleicher Weise das Jobcenter bei der Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II für die Klägerin zu 2). Gemäß einem Aktenvermerk vom 12. Februar 2008 war nach Rücksprache zwischen dem Beklagten und dem Jobcenter von "einem Umzug abgesehen" worden, weil der Kläger zu 1) 69 Jahre alt sei, seit 33 Jahren in der Wohnung wohne und zudem herzkrank sei.

Mit Wirkung ab Januar 2008 waren beim Kläger zu 1) nach dem Recht der Teilhabe ein Grad der Behinderung von 70 und das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen G festgestellt worden (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – Berlin vom 30. Juli 2008).

Mit Schreiben vom 8. Januar 2009 wiederholte der Beklagte dann gegenüber dem Kläger zu 1) die Aufforderung, die KdUH zu senken. Die derzeit berücksichtigte Bruttowarmmiete von 840,- EUR übersteige die angemessenen Aufwendungen für einen Zweipersonenhaushalt von 444,- EUR. Sie werde deshalb nur noch für die nächsten sechs Monate bis 31. Juli 2009 berücksichtigt. Der Kläger zu 1) äußerte sich hierauf nicht.

Die Klägerin zu 2) schied im Juni 2009 aus dem Leistungsbezug nach dem SGB II aus. Seit Juli 2009 bezog sie aus der gesetzlichen Rentenversicherung Regelaltersrente, deren Zahlbetrag anfangs bei 83,58 EUR lag. Der Beklagte verfügte darauf hin, dass die Miete in tatsächlicher Höhe bis 31. Dezember 2009 anzuerkennen sei, da die ebenfalls grundsicherungsberechtigte Klägerin zu 2) über die Aufforderung zum Wohnungswechsel nicht informiert worden sei. Durch zwei wortgleiche Schreiben vom 23. Juni 2009 wies der Beklagte dann beide Kläger jeweils darauf hin, dass die bisher berücksichtigte Bruttomiete sozialhilferechtlich nicht angemessen sei und nur noch für die nächsten sechs Monate (ohne konkreten Endpunkt) als Bedarf berücksichtigt werde. Sofern die Kläger sich nicht intensiv um den Wechsel in eine sozialhilferechtlich angemessene Wohnung bemühten oder die Bemühungen nicht nachwiesen, werde nach Ablauf der Frist nur noch eine sozialhilferechtlich als angemessen angesehene Bruttomiete von 444,- EUR als Bedarf bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs berücksichtigt werden.

Die Kläger äußerten sich hierzu nicht. Der Beklagte bewilligte beiden ab 1. Juni 2009 Leistungen der Grundsicherung, bei denen er als Bedarf für KdUH weiterhin jeweils die Hälfte der Miete in tatsächlicher Höhe von 840,- EUR berücksichtigte. Der Bedarf in gleicher Höhe wurde dann auch den Leistungsbewilligungen für das Kalenderjahr 2010 zugrunde gelegt.

Nachdem der Beklagte bei der Leistungsbewilligung ab Januar 2011 dann bei beiden Klägern jeweils nur noch KdUH in Höhe von (444: 2 =) 222,- EUR brutto berücksichtigt hatte, kam es beim SG Berlin zu einem Klageverfahren (Az. S 51 SO 622/11) gegen die darauf beruhende Ablehnung von Leistungen für den Kläger zu 1) durch Bescheid vom 8. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2011 bzw. Festsetzung der Höhe der Leistungen für die Klägerin zu 2) durch Bescheid vom 5. Januar 2011 in der Gestalt des weiteren Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2011 sowie zeitgleich zu einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. S 51 SO 622/11 ER).

In den Widerspruchsbescheiden hatte der Beklagte im Wesentlichen ausgeführt: Den Klägern sei bereits seit langem bekannt, dass die von ihnen bewohnte Wohnung sozialhilferechtlich unangemessen sei. Sie seien auch mehrfach zur Kostensenkung aufgefordert worden. Daraus, dass zwischenzeitlich trotzdem die tatsächlichen KdUH berücksichtigt worden seien, könnten sie keine Rechte herleiten. Allein der Umstand, dass sie in der Wohnung bereits seit 1974 lebten, führe ebenfalls nicht dazu, dass sozialhilferechtlich unangemessene Kosten weiterhin berücksichtigt werden könnten. Durch den Verkauf des Hauses an den Lebensgefährten der Tochter im Jahr 2005 sei eine gravierende Änderung eingetreten. Obwohl der Kläger zu 1) zu diesem Zeit-punkt bereits Altersrente und die Klägerin zu 2) Leistungen nach dem SGB II bezogen habe, sei die bisher als Eigentümer bewohnte Wohnung für die Warmmiete von 840,- EUR angemietet worden. Es habe von den Klägern aber erwartet werden können, dass sie bei einer Neuanmietung ihre aktuellen finanziellen Verhältnisse berücksichtigten. Ihnen habe bewusst sein müssen, dass die Mietzahlungen aufgrund der geringen Einkünfte zum überwiegenden Teil durch den Träger der Sozialhilfe würden sichergestellt werden müssen. Dessen Aufgabe sei es aber nicht, über mehrere Jahre hinweg einen Lebensstandard sicherzustellen, der sich angesichts der Einkommensverhältnisse und der sozialhilferechtlich angemessenen Miethöhe als völlig unverhältnismäßig darstelle. Bisher sei auch nicht nachgewiesen worden, dass der Kläger zu 1) aufgrund des anerkannten Grades der Behinderung und des Merkzeichens G nicht zu einem Umzug in eine sozialhilferechtlich angemessene Wohnung in der Lage sei. Soweit bei ihm ein Pflegebedarf entstehe, könne ein Leistungsantrag bei der zuständigen Pflegeversicherung gestellt werden. Abgesehen davon könne auch davon ausgegangen werden, dass sich Ehegatten im Bedarfsfall gegenseitig unter-stützten und dass die bei ihnen wohnende Tochter die Kläger bei einer Wohnungs-suche unterstützen und bei einem Umzug behilflich sein werde. Ausgehend davon, dass sowohl der Tochter der Kläger als auch ihrem Lebensgefährten die finanziellen Verhältnisse bekannt gewesen seien, sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund von Anfang an eine Miete in derartiger Höhe abverlangt worden sei. Auch durch die Reduzierung der Unterkunftskosten durch den Vermieter könnten die Angemessenheitskriterien erfüllt werden. Die Ersparnis für den Sozialhilfeträger durch Berücksichtigung nur der angemessenen KdUH belaufe sich binnen zwei Jahren auf mehr als 9.500,- EUR. Selbst wenn durch einen Umzug nochmals von ihm zu tragende Kosten entstünden, erweise er sich vor diesem Hintergrund auch wirtschaftlich als sinnvoll.

Nachdem der Beklagte den angefochtenen Bescheid zunächst verteidigt hatte, er-kannte er die Klageansprüche nach einem telefonisch gegebenen Hinweis der Vor-sitzenden der 51. Kammer des SG Berlin vom 6. Mai 2011 an (Bescheide vom 13. und 19. Mai 2011). Gemäß dem Aktenvermerk des Beklagten über das Telefonat hatte ihn die Kammervorsitzende gebeten, den Vorgang nochmals mit Blick darauf zu überdenken, dass nach der Kostensenkungsaufforderung im Sommer 2009 nichts unternommen und die Leistung in unveränderter Höhe anerkannt worden sei, sowie dass für die Kostensenkungsaufforderung ein Standardschreiben verwendet worden sei, welches nicht auf die Mitteilung des Klägers zu 1) (von Anfang 2008) eingegangen sei. Den Klägern habe verdeutlicht werden müssen, dass die Aufforderung zur Kostensenkung ernst gemeint sei und die bisher eingereichten Unterlagen nicht als entgegenstehender Grund anerkannt würden. Die derzeitige Miete werde "unbestritten" auch vom Sozialgericht als unangemessen angesehen.

Während des anhängigen Klageverfahrens wandten sich die Kläger mit einem Schreiben vom 11. April 2011 an den Beklagten. In ihm führten sie unter anderem aus, dass die von ihnen gezahlte Miete ortsüblich sei. Eine solche sei auch vom jetzigen Eigentümer gezahlt worden, solange er Wohnungsmieter im Haus gewesen sei. Für ein Abweichen von der ortsüblichen Miete habe es keinen Grund gegeben. Steuerrechtlich sei eine Mietminderung erst dann unschädlich, wenn ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter bestehe. Das sei nicht der Fall, weil zwischen dem Eigentümer und der Tochter der Kläger nicht wenigstens ein Verlöbnis bestehe. Bei der vorgenommenen Fremdfinanzierung des Kaufpreises werde außer-dem ein angemessener Mieterlös für den Rentabilitätsnachweis gefordert, der die volle steuerliche Abzugsfähigkeit der Werbungskosten beinhalten müsse. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei außerdem für die Angemessenheit der Miete auch von Belang, ob bei einem Wohnungswechsel ein langjährig vertrautes Umfeld verloren gehe. Beachtlich sei im Fall der Kläger, dass die behandelnden Ärzte fußläufig erreichbar seien. Die bisher möglich gewesene nachbarschaftliche Hilfe der mit im Haus wohnenden Tochter sei ihr angesichts ihrer langen Arbeitszeiten auch nicht mehr zuzumuten, wenn ihr zusätzliche Anfahrtswege entstünden. Das im Mietvertrag angegebene halbe Zimmer bestehe aus einer fensterlosen Essecke. Das habe der Prüf- und Ermittlungsdienst des Beklagten anlässlich einer Besichtigung im Februar 2009 auch bereits feststellen können. Die Wohnungsgröße sei aus dem Einheitswertbescheid von 1975 unverändert fortgeschrieben worden. Es sei zudem nicht ihre Absicht gewesen, von Sozialleistungen den Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Kläger zu 1) sei bis Ende 2006 mit der Abwicklung seines (zuletzt in Insolvenz befindlichen) Betriebs, eines Holzfachmarkts in Berlin-Neukölln, beschäftigt gewesen. Ab Mai 2007 habe er eine bereits fest vereinbarte freiberufliche Teilzeitbeschäftigung aufnehmen wollen, die ihm zusammen mit seiner Altersrente ein gutes Auskommen gesichert hätte. Die Tätigkeit habe er nach dem im April 2007 erlittenen Herzinfarkt jedoch absagen müssen. Um die einkommenslose Zeit zu überbrücken, habe sich die Klägerin zu 2) beim Jobcenter arbeitslos gemeldet. Eine Beschäftigung habe ihr jedoch wegen ihres Alters nicht mehr vermittelt werden können.

Mit einem Schreiben vom 17. Mai 2011 an die Kläger wiederholte der Beklagte dann seine Auffassung, dass eine Bruttowarmmiete von 840,- EUR für einen Zwei-Personen-Haushalt unangemessen hoch sei und die sozialhilferechtlich angemessenen Aufwendungen mit 444,- EUR anzusetzen seien. Die Kläger seien deshalb verpflichtet, die Aufwendungen durch einen Wohnungswechsel, Vermietung oder auf andere Weise zu senken. Die derzeitige Bruttowarmmiete werde nur noch bis Ende November 2011 als Bedarf berücksichtigt. Es sei davon auszugehen, dass bis dahin eine Senkung der Aufwendungen auf eine angemessene Höhe zu erreichen sei. Die von den Klägern bisher vorgetragenen Argumente bezüglich der Wohndauer und des Gesundheitszustandes des Klägers zu 1) rechtfertigten nicht, die unangemessenen Kosten dauerhaft zu übernehmen. Eine ärztliche Einschätzung, dass der Kläger zu 1) nicht umzugsfähig sei, liege nicht vor. In diesem Fall könnten außerdem Leistungen in Form der Übernahme von Umzugskosten zu gewähren sein.

Hierzu erwiderten die Kläger mit Schreiben vom 17. Juni 2011, der Beklagte solle berücksichtigen, dass seinem Einlenken in den kürzlich abgeschlossenen Verfahren nach ihrer Kenntnis ein unmissverständlicher Hinweis des Gerichts vorausgegangen sei, wonach die vom Beklagten vertretene Position zur Miethöhe nach mehreren Ur-teilen des BSG keinen Bestand haben könne. Das solle auch künftig Maßstab seines Handelns sein, um Folgeprozesse zu vermeiden.

Der Beklagte übersandte den Klägern daraufhin ein zur Vorlage bei möglichen Vermietern bestimmtes Schreiben über eine "Mietgarantie" in Höhe von 444,- EUR und führte im Übrigen aus, es treffe nicht zu, dass die Rechtsstreite wegen der Miethöhe Erfolg gehabt hätten (Schreiben vom 19. Juli 2011). Vielmehr sei diese weiterhin "unbestritten" unangemessen hoch. Der Betrag von 444,- EUR bruttowarm sei als Richtwert anzusehen, an dem sich die Kläger orientieren sollten. Diese entgegneten, dass die Unangemessenheit der Miethöhe nicht als unbestritten angesehen werden könne (Schreiben vom 13. Oktober 2011). Der Beklagte lasse unberücksichtigt, dass die angewendeten Ausführungsvorschriften für die KdUH (AV Wohnen) nach gerichtlichen Entscheidungen zur Bestimmung der sozialhilferechtlich angemessenen Unterkunftskosten ungeeignet seien. In Internet-Immobilienanzeigen und bei zwei Mak-lern sei außerdem keine Wohnung angeboten worden, welche den Vorgaben des Beklagten entsprochen habe. Die Kläger wiederholten außerdem den Hinweis auf ihr Alter, die lange Wohndauer, den Gesundheitszustand des Klägers zu 1) sowie das langjährig vertraute Umfeld. Sie führten abschließend aus, dass der Vermieter zu einer Senkung der Nettokaltmiete um maximal 5 % auf 570,- EUR bereit sei, wenn dadurch eine langfristige Einigung mit dem Beklagten erzielt werden könne. Der Beklagte entgegnete hierauf, dass die Miete auch in der vorgeschlagenen Höhe unangemessen sei (Schreiben vom 4. November 2011).

Ab 1. Juli 2011 betrug der monatliche Zahlbetrag der Altersrente des Klägers zu 1) 620,40 EUR, der der Klägerin zu 2) 84,13 EUR.

Ab 1. Juli 2012 betrug der monatliche Zahlbetrag der Altersrente des Klägers zu 1) 633,95 EUR, der der Klägerin zu 2) 85,97 EUR.

Ab 1. Januar 2013 schließlich betrug der monatliche Zahlbetrag der Altersrente des Klägers zu 1) 633,25, der der Klägerin zu 2) 85,88 EUR.

Durch zwei Bescheide vom 14. November 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 2) Leistungen der Grundsicherung für die Zeit vom 1. November 2011 bis zum 30. November 2012 und lehnte gegenüber dem Kläger zu 1) die Gewährung von Grundsicherung für die Zeit ab 1. November 2011 ab. Seinen Berechnungen legte der Beklagte in beiden Bescheiden einen Bedarf an KdUH in Höhe von jeweils anteilig 222,- EUR bruttowarm zugrunde, mit Ausnahme des Monats Dezember 2011, in dem vom Gesamtbetrag ein Abzug von jeweils (10,56: 2 =) 5,26 EUR wegen einer Betriebs-kosten-Rückerstattung gemacht worden war. Bei der Berechnung der Leistung der Klägerin zu 2) wurde neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Folge ein errechneter Einkommensüberhang aus der Hilfebedarfsprüfung des Klägers zu 1) in Höhe von 12,38 EUR berücksichtigt. In beiden Bescheiden wurde aus-geführt, dass entsprechend der mehrfachen Ankündigung nur noch die Miete in sozialhilferechtlich angemessener Höhe berücksichtigt worden sei. Bezüglich der Einlassungen hiergegen werde auf das Schreiben vom 4. November 2011 Bezug genommen.

Beide Kläger legten gegen die sie betreffenden Bescheide jeweils Widerspruch ein und bezogen sich auf ihre Ausführungen zur Begründung des Widerspruchs und der Klage im vorangegangenen Rechtsstreit vor der 51. Kammer des SG Berlin sowie auf ihr Schreiben vom 11. April 2011. Sie machten zusammenfassend geltend, dass der Beklagte die Höhe der sozialhilferechtlich angemessenen Miete nicht zutreffend festgestellt und zudem weder die nach seinen eigenen Informationsschriften gegebenen Möglichkeiten noch die von ihnen mit Hinweis auf Rechtsprechung mehrfach vorgetragenen Gründe berücksichtigt habe, um auch höhere Mieten als Bedarfe zu berücksichtigen. Der Beklagte habe auch nie darauf hingewiesen, dass die Gründe, welche zunächst zur vorbehaltlosen Leistungsgewährung geführt hätten, nun nicht mehr gelten würden. Die Kostensenkungsaufforderungen seien schließlich inhaltlich nicht ausreichend gewesen. Ergänzend führten sie aus, dass sich der sozialhilfe-rechtliche Richtwert an der Realität orientieren müsse. Für eine Wohnung, welche den Vorgaben des Beklagten zur Zimmerzahl für Zweipersonenhaushalte (zwei) und den Bedürfnissen des Klägers zu 1) als schwerbehinderter Mensch (Erdgeschoss) entspreche sowie gemäß der Rechtsprechung des BSG im vertrauten Umfeld gelegen sei, habe sich nur ein Angebot finden können, bei dem bereits die Kaltmiete höher liege als bei der bisherigen Wohnung. Hierzu haben die Kläger den Ausdruck eines Wohnungsangebots auf der Internetplattform Immobilienscout24.de vom 18. November 2011 für eine im Berliner Bezirk Reinickendorf, Ortsteil Frohnau, gelegene Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 79 m² vorgelegt, für die bei einer Kaltmiete von 650,- EUR eine Gesamtmiete von 860,- EUR ausgewiesen war.

Der Beklagte nahm seinerseits Ausdrucke von insgesamt 11 Vermietungsangeboten auf den Internetplattformen immobilienscout24.de (Stand 12. und 16. Februar 2012) und immowelt.de (Stand 16. Februar 2012) zur Verwaltungsakte, alle im Bezirk R, Ortsteile R, T, W und W gelegen und Zweizimmerwohnungen mit Wohnflächen ab 50 m² bis ca. 59 m² betreffend. In allen Fällen lag die Bruttowarmmiete unter 500,- EUR.

Durch zwei inhaltsgleiche Widerspruchsbescheide vom 24. Februar 2012, zugestellt am 1. März 2012, wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Die im Rahmen der Grundsicherung zu berücksichtigenden Bedarfe für KdUH seien grundsätzlich längstens für sechs Monate in tatsächlicher Höhe anzusetzen, soweit sie sozialhilferechtlich unangemessen seien. Den Klägern sei dies durch mehrfache Kostensenkungsaufforderungen – beim Kläger zu 1) seit 2009, bei der Klägerin zu 2) seit "2006" (durch das Jobcenter) – bekannt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sie inner-halb eines Zeitraums von mehr als sechs Monaten lediglich ein Wohnungsangebot gefunden hätten, der Beklagte dagegen innerhalb weniger Tage elf. Gerade die erhebliche Überschreitung der Angemessenheitsgrenze führe dazu, dass die weitere Übernahme der Miete in tatsächlicher Höhe auch nicht mit Blick auf die langjährige Wohndauer und das Alter gerechtfertigt sei. Die Sozialhilfe diene nicht dazu, erworbenen Wohlstand zu erhalten. Die mögliche Mietminderung um 5 %, auf die sich der Vermieter im Fall einer langfristigen Einigung mit dem Beklagten einlassen wolle, ändere an der erheblichen Überschreitung der Angemessenheitsgrenzen nichts und könne deshalb nicht zu einer anderen Entscheidung führen. Bislang sei auch nicht nachgewiesen worden, dass der Kläger zu 1) aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die KdUH durch einen Wohnungswechsel zu senken. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Fall eines Umzugs Hilfestellung durch den Beklagten geboten werde. Im Übrigen werde auf die Widerspruchsbescheide vom 25. Februar 2011 verwiesen. Im Fall des Klägers zu 1) führe dies zur Ablehnung des Leistungsantrags, weil das vorhandene Einkommen die sozialhilferechtlich berücksichtigungsfähigen Bedarfe decke (bei beiden Klägern neben den KdUH in der vom Beklagten als an-gemessen angesehenen Höhe von 222,- EUR: Regelbedarf nach der Regelbedarfs-gruppe 2, Mehrbedarf bei dezentraler Warmwasserversorgung, beim Kläger zu 1) außerdem: Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen, welche die Feststellung des Merkzeichens G nachgewiesen haben).

Mit ihren am 30. März 2012 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klagen haben die Kläger ihr Anliegen weiterverfolgt, ihnen Leistungen der Grundsicherung unter Berücksichtigung eines Bedarfs für KdUH in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren und dem durch Anerkenntnis beendeten Vorprozess wiederholt: Der Beklagte habe seine Auffassung zu den berücksichtigungsfähigen KdUH plötzlich geändert, nachdem er diese über Jahre hinweg zunächst beanstandungslos anerkannt habe. Er berufe sich auf die Werte der AV-Wohnen, obwohl ihm bekannt sei, dass diese nach der Rechtsprechung des BSG und der Instanzgerichte ungeeignet sei, um die angemessenen Mietkosten festzustellen. Abgesehen davon sehe gerade die AV-Wohnen vor, dass schwere Krankheit, Behinderung und Lebensalter in der Regel dazu führten, dass ein Umzug nicht verlangt werden dürfe. Auch nach der Rechtsprechung des BSG sei dem Recht älterer Menschen auf Verbleib im vertrauten Umfeld in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Das Jobcenter habe der Klägerin zu 2) im Februar 2008 auch ausdrücklich mitgeteilt, dass von einem Umzug abgesehen und die Miete weiterhin in vollem Umfang übernommen wer-de. Die KdUH seien dementsprechend selbst dann zu übernehmen, wenn sie unangemessen sein sollten. Die Kostensenkungsaufforderung erfülle nicht die an sie zu stellenden formalen Anforderungen.

Der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.

Während des laufenden Klageverfahrens hat der Beklagte durch Bescheid vom 14. Juni 2012 dem Kläger zu 1) mit Wirkung ab 1. Januar 2012 bis zum 30. November 2012 Leistungen der Grundsicherung überhaupt gewährt und der Klägerin zu 2) höhere Leistungen bewilligt. Für die Monate Januar bis April 2012 beruhte dies - bei unverändert nur abgesenkt berücksichtigten KdUH - auf der Erhöhung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2012, für die Monate ab Mai 2012 auf der Anwendung des Richtwertes von 477,- EUR als angemessene Bruttowarmmiete gemäß der Anlage 2, Tabelle A ("Bedarfsgemeinschaft" von 2 Personen, Gebäudefläche 100 - 250 m², Beheizung mit Energieträger Heizöl), der Berliner Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung [WAV] vom 3. April 2012, GVBl. S. 99). Für die Zeit ab Juli 2012 waren als Einkommen außerdem die erhöhten Zahlbeträge der Altersrenten berücksichtigt worden.

Mit ihrem – entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung – gegen den Bescheid eingelegten Widerspruch haben die Kläger darauf hingewiesen, dass auf sie zwei Tatbestände zuträfen, die schon nach der WAV einen Zuschlag von 10 % auf den angewendeten Richtwert begründeten. Im Übrigen bleibe es bei ihrer Auffassung, dass die tatsächlichen KdUH zu übernehmen seien.

Durch Bescheid vom 12. September 2012 hat der Beklagte die Leistungshöhe für die Zeit vom 1. September bis zum 30. November 2012 gegenüber beiden Klägern erneut neu festgesetzt. Der Sache nach ergab sich nur für den Monat September 2012 ein höherer Zahlbetrag, weil ein Versicherungsbeitrag einkommensmindernd zu berücksichtigen war. Auch gegen diesen Bescheid legten die Kläger entsprechend der Rechtsmittelbelehrung Widerspruch ein.

Durch Bescheid vom 6. November 2012 hat der Beklagte den Klägern schließlich Grundsicherung ab dem 1. Dezember 2012 bis zum 28. Februar 2013 bewilligt. Auch im Rahmen dieser Leistungsbewilligung setzte er als angemessene KdUH einen Betrag von 477,- EUR an, ausgenommen den Monat Dezember 2012, in dem er um den Betrag von 8,67 EUR infolge einer Rückerstattung von Nebenkosten verringert wurde. Hiervon berücksichtigte er wiederum bei jedem der Kläger die Hälfte als anteiligen Bedarf für KdUH.

Ihren Widerspruch gegen diesen Bescheid haben die Kläger ausdrücklich gegen die Höhe der KdUH gerichtet. Sie haben darauf hingewiesen, dass der 36. Senat des LSG Berlin-Brandenburg inzwischen entschieden habe, dass die WAV auf Bedarfe wegen KdUH im Bereich der Sozialhilfe nicht anwendbar sei.

Durch Bescheid vom 24. Januar 2013 hat der Beklagte die Leistungsbewilligung ab 1. Januar 2013 bis 28. Februar 2013 wegen der Erhöhung der Regelbedarfe und der zugleich verringerten Renteneinkünfte geändert. Der berücksichtigte Bedarf für KdUH ist unverändert geblieben. Auch hiergegen haben die Kläger – entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung – Widerspruch eingelegt und auf ihre Begründung betreffend den Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 6. November 2012 verwiesen.

Durch ebenfalls mit Widerspruch angefochtenem Bescheid vom 5. Februar 2013 hat der Beklagte den Klägern dann Grundsicherung für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2013 gewährt. Bei der Berechnung der Leistungshöhe berücksichtigte er als Bedarf an KdUH nunmehr einen Betrag von insgesamt 536,80 EUR (= 488,- EUR + 10 %, wobei sich der Betrag von 488,- EUR gemäß Anlage 2 zur WAV Tabelle B, "Bedarfsgemeinschaft" mit 2 Personen, errechnete aus 477,- EUR [Richtwert für Bruttowarmmieten mit Beheizung durch den Energieträger Heizöl und einer Gebäudefläche von 100 - 250 m²] zuzüglich 11,- EUR [Zuschlag für zentrale Warmwasserversorgung, welche jedoch in der Wohnung nicht vorhanden ist]), entsprechend hälftig 264,90 EUR bei jedem der beiden Kläger.

Durch Bescheid vom 22. Februar 2013 hat der Beklagte den Widersprüchen gegen die Bescheide vom 14. Juni 2012, "29. Juni 2012", 12. September und 6. November 2012 insoweit abgeholfen, als er auch für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 einen Betrag von insgesamt 536,80 EUR als Bedarf für angemessene KdUH berücksichtigt hat.

In gleicher Weise hat der Beklagte durch Bescheid vom 8. März 2013 dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Januar 2013 bezüglich der Monate Januar und Februar 2013 abgeholfen.

Durch zwei Widerspruchsbescheide vom 12. April 2013 hat der Beklagte zum einen die Widersprüche gegen die Bescheide vom 14. Juni, 12. September und 6. November 2012 (der Bescheid vom 24. Januar 2013 wird nicht erwähnt), zum anderen den Widerspruch gegen den Bescheid vom 5. Februar 2013 zurückgewiesen, soweit er den Rechtsbehelfen nicht abgeholfen hatte. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Mietaufwendungen als Bedarf für KdUH bestehe nicht, weil diese unangemessen seien. Die Teilabhilfe beruhe auf der Anwendung der Vorschriften der WAV über besondere Härtefälle.

Mit den zugleich mit der Klage anhängig gemachten Anträgen, den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, überhaupt (Kläger zu 1) bzw. höhere (Klägerin zu 2) Leistungen der Grundsicherung unter Berücksichtigung der tat-sächlichen Aufwendungen für KdUH zu gewähren, sind die Kläger ohne Erfolg geblieben (Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2012 – S 50 SO 825/12 ER –, Beschluss des Senats vom 20. Juni 2012 – L 15 SO 132/12 B ER –). Nach den aktenkundigen Kontoauszügen bestehen gleichwohl keine Mietrückstände, die Miete von 840,- EUR wird monatlich abgebucht, das auf den Namen der Klägerin zu 2) lau-fende Konto, auf den auch die Leistungen des Beklagten überwiesen werden, befindet sich im Haben.

Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2013 haben die Kläger die Klage auf die Gewährung von Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für KdUH auch für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 unter Änderung der diesen Zeitraum betreffenden Bescheide des Beklagten in der Fassung der Widerspruchs-bescheide vom 12. April 2013 erweitert. Die Klageforderung belaufe sich dement-sprechend (für beide zusammen) auf 396,- EUR für den Monat Dezember 2011 und monatlich 303,20 EUR für die Monate Januar 2012 bis Mai 2013. Der Beklagte hat der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 26. Juli 2013 zugestimmt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 31. März 2014 hat der Beklagte betreffend den Monat November 2011 die tatsächlichen Aufwendungen für die KdUH als Bedarf anerkannt, für den Monat Dezember 2011 in Höhe von 483,- EUR. Ob ein Ausführungsbescheid ergangen ist, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht.

Durch Urteil vom 31. März 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Streitgegenstand seien – entsprechend dem Klageantrag – Leistungen der Grundsicherung unter Berücksichtigung von Bedarfen für KdUH in tatsächlicher Höhe der Aufwendungen für den Zeitraum 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2013. Hierzu sei zu-nächst die Höhe der angemessenen Aufwendungen zu bestimmen. Die WAV sei hierfür nicht heranzuziehen, weil sie im Bereich des SGB XII keine Anwendung finde. Anwendbar sei auch nicht die AV Wohnen. Nach der vom BSG entwickelten Produkttheorie sei zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheit die angemessene Wohnfläche mit der Summe aus angemessener Kaltmiete je m² und angemessenen kalten Betriebskosten zu ermitteln. Für zwei Personen sei danach grundsätzlich eine Wohnung bis zu einer Gesamtwohnfläche von 60 m² angemessen. Zur Bestimmung des angemessenen Mietzinses für den Monat Dezember 2011 sei der qualifizierte Mietspiegel für das Land Berlin vom Mai 2011 und insoweit der Mittelwert für Wohnungen in einfacher Wohnlage, jedoch ohne die Werte für Wohnungen mit unter-durchschnittlicher Ausstattung und ohne die Abschläge für Wohnungen mit weit unterdurchschnittlichen Ausstattungen heranzuziehen. Dies ergebene für Wohnungen von 40 bis "unter" 60 m² einen abstrakt angemessenen Kaltmietwert von 4,91 EUR/m². Zur Ermittlung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten werde auf die von der Berliner Senatsverwaltung ermittelten Betriebskostenvorauszahlungs-Werte zu-rückgegriffen. Die darin enthaltenen Durchschnittswerte berücksichtigten zwar weder die Wohnlage noch die Ausstattung der Wohnung. Um Verzerrungen durch die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes zu vermeiden, werde nach dem sogenannten Schifferdecker-Modell eine Gewichtung vorgenommen, die einen Wert von 1,54 EUR/m² ergebe. Daraus ergebe sich eine abstrakt angemessene Bruttokaltmiete von 6,45 EUR/m², bezogen auf 60 m² somit von 387,- EUR. Zur Berechnung der abstrakt angemessenen Heizkosten seien die tatsächlichen Kosten mit einem Grenzwert abzugleichen, der kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen indiziere. Als Grenzwert sei die ungünstigste Kategorie des bundesweiten Heizspiegels heranzuziehen, solange kein entsprechender lokaler existiere. Der seit Oktober 2009 bestehende örtliche Heizspiegel für Berlin könne jedoch nicht herangezogen werden, weil er im Gegensatz zum bundesweiten derzeit nicht repräsentativ sei. Für eine Beheizung mit Heizöl und einer beheizten Gebäudefläche von weniger als 250 m² wie im vorliegenden Fall er-gebe sich danach für Dezember 2011 ein Grenzwert von 1,60 EUR/m² x 60 = 96 EUR. Die abstrakt angemessenen KdUH beliefen sich in der Summe auf 483,- EUR und damit auf den vom Beklagten anerkannten Wert.

Für das Kalenderjahr 2012 ergebe sich insoweit eine Abweichung, als sich der Grenzwert für Heizkosten auf 1,633 EUR/m² erhöht habe, entsprechend 98,- EUR für 60 m². Die abstrakt angemessenen KdUH betrügen somit 485,- EUR und seien damit niedriger als die vom Beklagten bereits berücksichtigten.

Für die Monate Januar bis Mai 2013 sei schließlich auf den 2013 veröffentlichten qualifizierten Mietspiegel und die ebenfalls 2013 veröffentlichten Betriebskostenvorauszahlungswerte für das Land Berlin sowie auf den bundesweiten Mietspiegel 2013 abzustellen. Danach ergebe sich nach den ansonsten gleichen Kriterien der Vorjahre ein abstrakt angemessener Kaltmietwert von monatlich 5,44 EUR/m², ein durchschnittlicher gewichteter Wert für die kalten Betriebskosten von 1,55 EUR/m² und somit eine abstrakt angemessene Bruttokaltmiete von (5,44 + 1,55) x 60 = 419,40 EUR. Der Grenzwert nach dem bundesweiten Heizspiegel liege bei 1,825 EUR/m² und somit bei 109,50 EUR für 60 m². Das ergebe eine abstrakt angemessene Gesamtmiete von 528,90 EUR, die weiterhin niedriger sei als die vom Beklagten bereits berücksichtigte.

Aufgrund einer Einzelfallprüfung unter zusätzlicher Berücksichtigung besonderer Bedarfe älterer Menschen ergebe sich nichts für die Kläger Günstigeres. Zwar seien die lange Wohndauer und die Nähe zu den nächsten sozialen Kontakten heranzuziehen. Andererseits sei eine Umzugsunfähigkeit nicht glaubhaft gemacht und die Kläger hätten schon vor der Kostensenkungsaufforderung um die Problematik der viel zu hohen KdUH gewusst. Ein ernstes Unterfangen, sich um eine spürbare und nachhaltige Kostensenkung zu bemühen, sei aber weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren zu erkennen gewesen. Es klinge vielmehr durch, dass die Kläger dauerhaft in ihrem Häuschen verbleiben wollten und die Steuerzahler die Kosten dafür tragen sollten. Der Beklagte habe bereits ermittelt, dass es kostenangemessenen Wohn-raum durchaus in erträglicher Nähe zur alten Wohnlage gebe. Die Kostensenkungsaufforderung entspreche auch den gesetzlichen Vorgaben. Sie müsse lediglich er-kennen lassen, welchen Betrag der Sozialhilfeträger für angemessen halte, dass zur Kostensenkung aufgefordert werde und womit zu rechnen sei, wenn dies nicht inner-halb der gesetzten Frist geschehe.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr Anliegen weiter. Zur Begründung führen sie aus, dass das Sozialgericht bei der Anwendung des sogenannten Schifferdecker-Modells das Urteil des BSG vom 17. Oktober 2013 – B 14 AS 70/12 R – (SozR 4-4200 § 22a Nr. 1) zur WAV unberücksichtigt gelassen habe, welche dieses Modell zur Grundlage gehabt habe. Das BSG habe ausgeführt, dass der pauschalierte Zu-schlag von 10 % für Personengruppen mit besonderen Bedarfen nicht auf aussage-kräftige Erhebungen gestützt worden sei. Damit könne nur gemeint sein, dass die gesamte Berechnungsmethode der WAV nicht den gesetzlichen Vorgaben (für den Erlass einer Verordnung) entspreche. Im Ergebnis habe das Sozialgericht die für unwirksam erklärte WAV entsprechend angewendet. Für die Ersetzung durch ein schlüssiges Konzept fehlten die Daten, welche der Beklagte auch nicht nachliefern könne. Die nach der Rechtsprechung des BSG in solchen Fällen vorzunehmende Anwendung des Wohngeldgesetzes zuzüglich eines Zuschlags werfe die Frage auf, wie hoch der Zuschlag sein möge. Unter Berücksichtigung besonderer Bedarfe von Menschen, welche Leistungen nach dem SGB XII erhielten, sei ein Sicherheitszuschlag von 20 % erforderlich, was zu einer Nettokaltmiete von 522,- EUR zuzüglich von Heizkosten in Höhe von 115,- EUR, also einer Gesamtmiete von 637,- EUR führe. Dann aber komme zum Tragen, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf dessen Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19) eine Kostensenkung auch dann unmöglich sein könne, wenn ein Leistungsträger Leistungsberechtigten über die als angemessen angesehene Referenzmiete hinaus unrichtige Rechengrößen übermittle und sie gerade deshalb keine angemessene Wohnung fänden. Das sogenannte Schifferdecker-Modell sei nicht haltbar, nachdem das BSG es als nicht tragbar angesehen habe, im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes zu mehreren Wohnungsmarkttypen zu gelangen (Hinweis auf BSG, Urteile vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 10/18 u.a.). Durch die Mittelwertbildung würden Leistungsberechtigte auf Wohnungen verwiesen, die es so nicht gebe.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2014 aufzuheben, die Bescheide des Beklagten vom 14. Juni 2012 – soweit er den Kläger zu 1) betrifft – und vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 sowie des Teilanerkenntnisses vom 31. März 2014 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für den Kalendermonat Dezember 2011 pro Person weitere 178,50 EUR und für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 30. November 2012 monatlich jeweils pro Person weitere 151,60 EUR zu zahlen, sowie die Bescheide des Beklagten vom 22. Februar und 8. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 und vom 5. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 pro Person ebenfalls monatlich jeweils weitere 151,60 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung und seine Bescheide für zutreffend. Das Sozialgericht habe gemäß der Rechtsprechung des BSG ein eigenes schlüssiges Konzept entwickelt.

Die Gerichtsakten sowie sechs Bände Verwaltungsakten der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Die Bescheide, über die bezüglich des streitigen Zeitraums noch zu befinden war, sind rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten. Sie waren deshalb zu ändern und der Beklagte zu den mit der Klage geltend gemachten Zahlungen zu verurteilen. Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben. Mit den zur Durchsetzung der Leistungsansprüche statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) machen die Kläger ebenso statthaft im Wege der subjektiven und objektiven Klagehäufung (§§ 56, 74 SGG, 59 Zivilprozessordnung) höhere Leistungen der Grundsicherung unter Beschränkung auf höhere Bedarfe an KdUH geltend.

Mit der Klage ursprünglich angefochten waren die Bescheide des Beklagten vom 14. November 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. Februar 2012. Bezüglich des Klägers zu 1) war insoweit zunächst streitbefangen geworden, ob ihm in der Zeit ab 1. November 2011 überhaupt Leistungen der Grundsicherung zu- stehen, bezüglich der Klägerin zu 2), ob sie höhere Leistungen für den verfügten Bewilligungszeitraum vom 1. November 2011 bis zum 30. November 2012 beanspruchen kann.

In Bezug auf den Kläger zu 1) hat der Streitgegenstand dann durch den Bescheid vom 14. Juni 2012 eine zeitliche Begrenzung erfahren (s. zum grundsätzlich zulässigen Streitzeitraum bei Ablehnung eines Leistungsantrags ohne zeitliche Begrenzung BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 – B 8/9b SO 12/06 R –, SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 m.w.Nachw.). Dieser Bescheid war gemäß § 96 Abs. 1 SGG betreffend beide Kläger kraft Gesetzes Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Den den Kläger zu 1) betreffenden Bescheid vom 14. November 2011 hat er ersetzt, indem er die Wirkung des Verfügungssatzes zur Ablehnung von Leistungen auf den Zeitraum 1. November bis 31. Dezember 2011 beschränkt, dagegen für den Zeitraum 1. Januar bis 30. November 2012 Grundsicherung bewilligt hat.

Ein Streit über einen Leistungsanspruch dem Grunde nach, der die Zeit nach November 2012 hätte betreffen können, wäre dann nur noch in Betracht gekommen, wenn der Kläger zu 1) neben seinen Anliegen betreffend die Leistungshöhe ausdrücklich geltend gemacht hätte, dass ihm Leistungen für einen (noch) längeren Bewilligungszeitraum bewilligt werden sollten. Das ist nicht geschehen. Wie sich jedenfalls aus dem Widerspruchsschreiben betreffend den Bescheid vom 14. Juni 2012 ergibt, wandten sich beide Kläger nur gegen die Leistungshöhe [bzw. der Kläger zu 1) betreffend den Zeitraum 1. November 2011 bis 31. Dezember 2011 jedenfalls der Sache nach auch gegen die Ablehnung von Leistungen] und auch insoweit nur gegen den berücksichtigten Bedarf für KdUH. Gegen den Verfügungssatz zur Dauer des Bewilligungszeitraums war kein Rechtsbehelf gerichtet.

Als Folge konnten nach Erlass des Bescheides vom 14. Juni 2012 nur noch Bescheide gemäß § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Rechtsstreits werden, die bezüglich beider Kläger den Zeitraum 1. November 2011 bis 30. November 2012 betrafen. Der 30. November 2012 markierte den Tag, mit dessen Ablauf die diesen Zeitraum betreffenden Bescheide durch Zeitablauf unwirksam wurden (§ 39 Abs. 2 SGB X). Bescheide für nachfolgende, auch unmittelbar anschließende Zeiträume hatten deswegen weder ändernde noch ersetzende Wirkung im Sinne des § 96 Abs. 1 SGG.

Indem sich die Kläger ausdrücklich im anhängigen Rechtsstreit gegen die Bescheide vom 14. November 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. Februar 2012 gegen die Verwaltungsakte gewandt haben, welche den Zeitraum 1. Dezember 2012 bis 28. Februar 2013 (Bescheide vom 6. November 2012, 24. Januar 2013, 22. Februar 2013 – soweit den Monat Dezember 2012 betreffend – und 8. März 2013, alle in der Gestalt des ersten Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013) und vom 1. März bis 31. Mai 2013 (Bescheid vom 5. Februar 2013 in der Gestalt des zweiten Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013) betrafen, haben sie deshalb mittels einer Prozesshandlung den Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens erweitert.

Ob es sich hierbei um eine (weitere) objektive Klagehäufung im Sinne des § 56 SGG oder eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG handelt, kann dahingestellt bleiben (s. zum Begriff der Klageänderung bzw. -erweiterung B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 99 Rn 2a). Indem sich auch die erweiterte Klage auf den Streit um die Höhe der KdUH sowie auf einen unmittelbaren Folgezeitraum zu dem bereits streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum bezog, lag neben den weiteren Voraussetzungen des § 56 SGG auch der unmittelbare Zusammenhang mit dem bereits anhängigen Klageverfahren vor. Eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG war dagegen zulässig, weil der Beklagte ausdrücklich eingewilligt hatte und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorlagen, im Besonderen das Vorverfahren durchgeführt war (s. dazu, dass auch geänderte Klagen zu ihrer Zulässigkeit die allgemeinen Prozessvoraussetzungen erfüllen müssen, stellvertretend BSG, Urteil vom 24. März 2009 – B 8 AY 10/07 R –, SozR 4-3520 § 2 Nr. 3).

Zu ändern waren nur noch die vom Berufungsantrag erfassten Bescheide. Die übrigen haben sich durch nachfolgend ergangene, gemäß § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordene Bescheide beziehungsweise das Teilanerkenntnis des Beklagten vom 31. März 2014 auf sonstige Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Soweit sie dem Klageziel entgegenstanden, mussten sie nicht mehr beseitigt werden. Gegen sie gerichtete Anfechtungsklagen wären angesichts dessen auch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig gewesen.

Im Einzelnen gilt betreffend den Kläger zu 1) und den Zeitraum 1. Dezember 2011 bis 30. November 2012: Der Ablehnungsbescheid vom 14. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2012 hat sich durch den Bescheid vom 14. Juni 2012 erledigt, durch den ihm Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. November 2012 bewilligt, für die Zeit vom 1. November 2011 bis zum 31. Dezember 2011 dagegen jedenfalls der Sache nach weiterhin abgelehnt worden waren. Der Bescheid vom 14. Juni 2012 hatte sich dann bezüglich der Leistungshöhe für die Zeit ab 1. Januar 2012 wiederum durch den Bescheid vom 12. September 2012 teilweise und beide zusammen durch den Bescheid vom 22. Februar 2013 erledigt. Der Bescheid vom 14. Juni 2012 hat sich schließlich durch das Teilanerkenntnis des Beklagten vom 31. März 2014 auch in Bezug auf seinen Verfügungssatz zur Ablehnung von Leistungen für die Monate November 2011 vollständig erledigt: Als dessen Folge ergab sich nicht nur für den Monat November 2011 ein Leistungsanspruch für den Kläger zu 1) (weswegen insoweit das Klageverfahren für erledigt erklärt wurde), sondern auch für den Monat Dezember 2011: Wird als Bedarf für KdUH der vom Beklagten anerkannte Betrag von 483,- EUR statt des dem Ablehnungsbescheid zugrunde liegenden von 444,- EUR herangezogen, ergibt sich unter Anwendung der sogenannten Kopfteilmethode ein auf den Kläger zu 1) entfallender Bedarf für KdUH von 241,50 EUR an Stelle von 222,- EUR. Der errechnete Gesamtbedarf erhöht sich somit um 19,50 EUR auf 627,72 EUR. Dem steht Einkommen in Höhe von 620,40 EUR gegenüber, was rechnerisch zu einem Anspruch in Höhe von 7,32 EUR führt. Mangels eines dem Senat vorliegenden Ausführungsbescheides zu dem Teilanerkenntnis vom 31. März 2014 war der Bescheid vom 14. Juni 2012 jedoch zur Klarstellung in den Berufungsantrag und in der Folge in den Urteilstenor aufzunehmen.

Betreffend die Klägerin zu 2) und den Zeitraum 1. Dezember 2011 bis 30. November 2012 gilt das zum Kläger zu 1) Gesagte mit der Maßgabe, dass es sie betreffend einer klarstellenden Aufhebung des Bescheides vom 14. Juni 2012 nicht bedurfte. Ihr waren bereits zuvor durch den Bescheid vom 14. November 2011 für den Gesamtzeitraum Leistungen bewilligt, durch nachfolgende Bescheide jeweils nur deren Höhe geändert worden.

Betreffend den Zeitraum 1. Dezember 2012 bis 28. Februar 2013 gilt für beide Kläger, dass sich der Verfügungssatz zur Leistungshöhe im Bescheid vom 6. Dezember 2012 durch den gemäß § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Bescheid vom 24. Januar 2013 bezüglich des Zeitraums 1. Januar bis 28. Februar 2013 erledigt hatte. Durch den Bescheid vom 22. Februar 2013 - der in Bezug auf den Monat Dezember 2012 ebenfalls gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden war –, hat er sich dann auch in Bezug auf den Monat Dezember 2012 erledigt. Schließlich hat sich durch den ebenfalls gemäß § 86 SGG zum Gegenstand des noch anhängigen Widerspruchsverfahrens gewordenen Bescheid vom 8. März 2013 der Bescheid vom 24. Januar 2013 erledigt.

Betreffend den Zeitraum 1. März bis 31. Mai 2013 war nach Lage der Akten dagegen nur der Bescheid vom 5. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 ergangen.

Mit dieser Maßgabe zur Bescheidlage war außerdem lediglich über höhere Leistungen unter Berücksichtigung von Bedarfen für KdUH in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu entscheiden. Die Kläger haben den Streitgegenstand hierauf zulässig beschränkt, nachdem der Beklagte in den streitigen Bescheiden jeweils gesonderte Berechnungen zu den berücksichtigten KdUH ausgewiesen hatte (s. etwa BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 8/08 R –, SozR 4-3500 § 42 Nr. 2).

Die Kläger können die von ihnen mit der Leistungsklage geltend gemachten Zahlungen von Leistungen der Grundsicherung beanspruchen.

Die Kläger gehörten im streitigen Zeitraum aufgrund ihres Lebensalters zu den Leistungsberechtigten der Grundsicherung (§ 41 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SGB XII in der hier noch anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I 453; im Folgenden ohne Zusatz zitiert).

Gemäß § 42 Nr. 4 SGB XII umfassten die Leistungen der Grundsicherung unter anderem die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels (§§ 35 – 36 SGB XII).

Gemäß § 35 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht (Abs. 1 Satz 1). Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Abs. 2 SGB XII zu berücksichtigen sind, anzuerkennen (Abs. 2 Satz 1). Dies gilt so lange, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Abs. 2 Satz 2). Leistungen für Heizung und zentrale Warmwasserversorgung werden in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind (Abs. 4 Satz 1).

Nach Maßgabe des § 35 Abs. 3 und Abs. 4 Sätze 2 und 3 SGB XII können die Bedarfe für Unterkunft, Heizung und zentrale Warmwasserversorgung durch vom Träger der Sozialhilfe zu bemessende Pauschalen abgegolten werden. Regelungen hierzu hat das Land Berlin als vorliegend zuständiger Träger der Sozialhilfe jedoch nicht getroffen.

§ 35a SGB XII sieht ergänzend vor, dass eine Satzung, die ein Kreis oder eine kreisfreie Stadt nach den §§ 22a bis 22c des Sozialgesetzbuchs/Zweites Buches (SGB II) erlassen hat, für Leistungen für die Unterkunft nach § 35 Abs. 1 und 2 SGB XII des zuständigen Trägers der Sozialhilfe entsprechend gilt, sofern darin nach § 22b Abs. 3 SGB II Sonderregelungen für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung getroffen werden und dabei zusätzlich auch die Bedarfe älterer Menschen berücksichtigt werden (Satz 1). Dies gilt auch für Leistungen für Heizung nach § 35 Abs. 4 SGB XII, soweit die Satzung Bestimmungen nach § 22b Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II enthält (Satz 2). In Fällen der Sätze 1 und 2 ist § 35 Abs. 3 und Abs. 4 Sätze 2 und 3 SGB XII nicht anzuwenden (Satz 3).

Eine Satzung im Sinne des § 35a SGB XII galt in der Zeit bis zum 30. April 2012 in Berlin nicht. Die vom Beklagten bis dahin angewendete AV-Wohnen (in der ab 1. März 2009 geltenden Fassung vom 5. Februar 2009, Amtsblatt für Berlin S. 502) war für den Anwendungsbereich des SGB XII auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 Berliner Ausführungsgesetz zum SGB XII (vom 7. September 2005, Berliner Gesetz- und Verordnungsblatt [GVBl]. S. 467, vor dem Beginn des hier streitigen Zeitraums zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Juli 2011, GVBl. S. 345 mit Wirkung vom 27. Juli 2011) als Verwaltungsvorschrift erlassen worden (s. zu früheren Fassungen etwa BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 42).

Das Land Berlin, welches nach Art 1 Abs. 1 seiner Verfassung ein deutsches Land und zugleich eine Stadt ist und von daher eine Rechtsetzungsbefugnis durch Satzung nicht kennt, hatte in Gestalt der WAV dann zwar mit Wirkung ab 1. Mai 2012 Rechtsnormen auf der Grundlage der §§ 22 a bis 22 c SGB II geschaffen, welche für Leistungsberechtigte nach dem SGB XII Geltung beanspruchten. Das BSG hat jedoch mit allgemein verbindlicher Wirkung (§ 55a Abs. 5 Satz 2 SGG) festgestellt, dass die WAV für Leistungsempfänger nach dem SGB XII nicht gilt, weil die für die Geltungserstreckung gemäß § 35a SGB XII notwendige Regelung zu den besonderen Wohnbedarfen für ältere Menschen unwirksam ist (Urteil vom 17. Oktober 2013 – B 14 AS 70/12 R –, SozR 4-4200 § 22a Nr. 1). Die WAV kann deshalb für die Bedarfsberechnung auf der Grundlage des § 35 SGB XII für die Zeit ab 1. Mai 2012 nicht herangezogen werden.

Ob ein Anspruch der Kläger auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen auf KdUH besteht, richtet sich deshalb allein nach § 35 SGB XII. Nach der, noch zum Rechtszustand vor Inkrafttreten des § 35a SGB XII, ergangenen Rechtsprechung des BSG zum Sozialhilferecht gelten insoweit die Maßstäbe, welche zur Prüfung der berücksichtigungsfähigen KdUH für den Rechtskreis des SGB II entwickelt worden sind (BSG, Urteile vom 23. März 2010 – B 8 SO 24/08 R –, und vom 14. April 2011 – B 8 SO 19/09 R –, SozR 4-3500 § 29 Nr. 1 und 2).

Die den oben wiedergegebenen Regelungen des § 35 SGB XII entsprechende Vorschrift des § 22 Abs. 1 SGB II hatte im streitigen Zeitraum folgenden Wortlaut: Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre." Regelungen zum Erlass einer Satz enthalten die §§ 22a bis c SGB II.

Trotz der abweichenden Formulierung zu § 35 SGB XII ist dabei für den Rechtskreis des SGB II anerkannt, dass die Frage der berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft getrennt von der der berücksichtigungsfähigen Heizkosten zu beantworten ist (st. Rspr., s. nur BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 81 m.w.Nachw.).

Um den anzuerkennenden Bedarf für die Unterkunft zu bestimmen, ist von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen (s. zusammenfassend BSG, Urteile vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 11/18 R und 24/18 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 101 und 102). Für den Rechtskreis des SGB XII ergibt sich dies deutlicher noch als nach dem SGB II aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII.

Will der Träger der Sozialhilfe die tatsächlichen Aufwendungen nicht als Bedarf berücksichtigen, weil er sie als unangemessen hoch ansieht, hält er mit anderen Worten die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII für gegeben, um seine Leistungspflicht auf angemessene Aufwendungen für die Unterkunft zu beschränken, muss er grundsätzlich ein Kostensenkungsverfahren durchführen. Hierbei hat er zunächst zu bestimmen, welche Kosten der Unterkunft er im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII als angemessen ansieht.

Das Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit stellt sich als unbestimmter Rechtsbegriff dar, der jedoch einer Konkretisierung zugänglich ist (s. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 6. Oktober 2017 - 1 BvL 2/15 u.a. -, NDV-RD 2018, 29ff, und - für den Rechtszustand vor Inkrafttreten der Satzungsermächtigungen nach §§ 22a bis 22c SGB II, 35a SGB XII - vom 10. Oktober 2017 - 1 BvR 617/14 - NJW 2017, 3770). Für den Rechtskreis des SGB II sind dafür im Besonderen die Regelungen zur Satzungsermächtigung in den §§ 22a bis 22c SGB II heranzuziehen (s. BVerfG a.a.O. NDV-RD 2018, 29ff, daran anschließend etwa BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 93). Indem § 35a SGB XII unter den dort genannten Voraussetzungen dazu ermächtigt, eine nach dem SGB II erlassene Satzung auf Leistungsberechtigte zu erstrecken, für die Bedarfe nach § 35 SGB XII anfallen, wird deutlich, dass im Bereich des Sozialhilferechts nichts grundlegend anderes gilt.

Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe und so auch die der Angemessenheit im Rahmen des § 35 Abs. 2 SGB XII durch die Verwaltung ist grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar (s. nur BSG a.a.O. SozR 4-4200 § 22 Nr. 102 m.w.Nachw.). Für die hier streitigen Leistungen der Existenzsicherung muss dies schon deshalb gelten, weil anderenfalls eine wesentliche, dem Gesetzgeber vorbehaltene Entscheidung über das Sicherungsniveau in die Hände der gesetzesausführenden Staatsgewalt gelegt würde.

Im Einzelnen gilt nach jüngster Rechtsprechung des BSG folgendes (nachfolgendes Zitat - mit Angabe der Randnummern - aus dem Urteil a.a.O. SozR 4-4200 § 22 Nr. 102; die Auslassungen beziehen sich auf die vom BSG angeführten Nachweise):

"19 6. Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete), zu ermitteln; dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen ...

20 7. Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, das der Senat ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung unter Einbeziehung der Rechtsentwicklung wie folgt zusammenfasst und konkretisiert ...: (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (2) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, (4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten.

21 8. Der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept ist ausgehend von der zuvor angeführten Rechtsprechung zugrunde zu legen:

22 a) Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist ..., innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist ... und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt ... Der Vergleichsraum ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet ...

23 Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs 1 Satz 4 SGB II bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht.

24 b) Das schlüssige Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird ( ... vgl zudem § 22a Abs 3, § 22b Abs 1, 2, § 22c Abs 1 SGB II).

25 c) Es kann verschiedene Methoden geben, um ein schlüssiges Konzept in diesem Sinne zu erstellen und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB II noch aus §§ 22a bis 22c SGB II die Anwendung eines bestimmten Verfahrens rechtlich zwingend ableitbar ist ...

26 9. Es ist gerichtlich voll überprüfbar - wie ausgeführt (siehe 5.) -, ob die Ermittlung der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete, insbesondere die Festlegung des Vergleichsraums und die Erstellung eines schlüssigen Konzepts im Rahmen der Methodenvielfalt zutreffend erfolgt ist. Die volle gerichtliche Überprüfung des Angemessenheitswerts und des Verfahrens zu seiner Ermittlung schließt nicht aus, dass bei dieser Kontrolle der Verwaltung deren in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung Rechnung getragen und die gerichtliche Kontrolle als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet wird ...

27 a) Zur Umsetzung der gerichtlichen Kontrolle ist es auf eine entsprechende Klage hin zunächst Aufgabe des Gerichts, die Rechtmäßigkeit des vom beklagten Jobcenter ermittelten abstrakten Angemessenheitswerts sowohl im Hinblick auf die Festlegung des Vergleichsraums als auch die Erstellung eines schlüssigen Konzepts zu überprüfen.

28 Ist die Ermittlung dieses abstrakten Angemessenheitswerts rechtlich zu beanstanden, ist dem Jobcenter Gelegenheit zu geben, diese Beanstandungen durch Stellungnahmen, ggf nach weiteren eigenen Ermittlungen, auszuräumen ...

29 b) Gelingt es dem Jobcenter nicht, die Beanstandungen des Gerichts auszuräumen, ist das Gericht zur Herstellung der Spruchreife der Sache ... nicht befugt, seinerseits eine eigene Vergleichsraumfestlegung vorzunehmen (dazu 10.) oder ein schlüssiges Konzept - ggf mit Hilfe von Sachverständigen - zu erstellen. Beide Entscheidungen korrespondieren miteinander, denn die Bildung des Vergleichsraums kann nicht von der Erstellung des Konzepts getrennt werden, einschließlich der anzuwendenden Methode, und sind dem Jobcenter vorbehalten (vgl zu den Auswirkungen dieser Entscheidungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt nur § 22a Abs 3 Satz 2 SGB II).

30 Vielmehr kann das Gericht zur Herstellung der Spruchreife, wenn ein qualifizierter Mietspiegel vorhanden ist, auf diesen zurückgreifen; andernfalls sind mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmten Angemessenheitswerts die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dem Bedarf für die Unterkunft zugrunde zu legen, begrenzt durch die Werte nach dem WoGG plus Zuschlag von 10 % ... Dadurch soll den Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts zumindest ansatzweise gemäß gesetzgeberischer Entscheidungen - wenn auch für einen anderen Personenkreis - durch eine "Angemessenheitsobergrenze" Rechnung getragen werden, die die Finanzierung extrem hoher und per se unangemessener Mieten verhindert ..."

Das Sozialgericht ist für sich betrachtet zutreffend von einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von maximal 60 m² (jedoch - anders als es in dem angefochtenen Urteil teils anklingt - einschließlich dieses Wertes) für den 2-Personen-Haushalt der Kläger ausgegangen. Im Übrigen ist der vorliegende Fall durch einen vollständigen Ausfall eines schlüssigen Konzepts im streitigen Zeitraum gekennzeichnet: Die vom Beklagten in der Zeit bis 30. April 2011 auch für den Bereich des SGB XII angewendete AV-Wohnen stellte sich auch in der hier anwendbaren Fassung ab 1. März 2009 weder selbst als "schlüssiges Konzept" dar, noch beruhte sie auf einem solchen. Dies bereits deshalb, weil auch sie wie ihre Vorgänger nicht zwischen der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und für Heizung trennte und die Berechnungsgrundlagen für die in ihr ausgewiesenen Werte unbekannt geblieben sind (s. zu früheren Fassungen der AV-Wohnen BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 42). Ob sie etwaige besondere Anforderungen zu erfüllen gehabt hätte, um auch für den Bereich des SGB XII ein schlüssiges Konzept bilden zu können, kann von daher offen bleiben. Die ab 1. Mai 2012 in kraft gesetzte WAV war - wie bereits ausgeführt - im Bereich des SGB XII nicht anwendbar und konnte von daher auch nicht beanspruchen, ein schlüssiges Konzept zu verkörpern.

Die Spruchreife kann nicht auf dem oben dargestellten Weg der Rechtsprechung des BSG für das SGB II durch Aufforderung zur "Nachbesserung" hergestellt werden. Die Nachbesserung durch den Beklagten könnte nur darin bestehen, für den Rechtskreis des SGB XII überhaupt erst – nachträglich – ein schlüssiges Konzept zu schaffen. Soweit der Zeitraum ab Inkrafttreten der WAV streitig ist, kommt hinzu, dass durch eine solche Aufforderung letztlich in die Normsetzungskompetenz des Satzungs- bzw. Verordnungsgebers eingegriffen würde. Es ist dessen Risiko, wenn sich die in Ausübung dieser Kompetenz geschaffenen Vorschriften später als unwirksam erweisen.

Ob bei vollständigem Ausfall eines schlüssigen Konzepts - wie hier - überhaupt die vom BSG für das SGB II bezeichneten weiteren Schritte zur Herstellung der Spruchreife anhand von Hilfskriterien (d.h. Anwendung eines vorhandenen qualifizierten Mietspiegels, hilfsweise des WoGG) in Betracht kommen, kann dahingestellt bleiben. Dafür, dass für einen streitigen Zeitraum zum mindesten ein dem Grunde nach nachbesserungsfähiges schlüssiges Konzept erstellt gewesen sein muss, könnte sprechen, dass ansonsten Leistungsträger geneigt sein könnten, eher das Risiko gerichtlicher Verurteilungen in Kauf zu nehmen, als den gegebenenfalls erforderlichen personellen und finanziellen Aufwand für die ihnen regelhaft obliegende Entwicklung eines – "rechtsprechungssicheren" – schlüssigen Konzepts zu leisten.

Selbst wenn aber davon ausgegangen wird, dass auch bei einem fehlenden schlüssigen Konzept eine Herstellung der Spruchreife durch "Hilfskriterien" dem Grunde nach in Betracht kommt, so kann dies jedenfalls für den Rechtskreis des SGB XII zur Überzeugung des Senats weder mittels eines qualifizierten Mietspiegels noch durch Anwendung von Werten des WoGG und Berücksichtigung eines Zuschlags geschehen.

Wie bereits ausgeführt, ist der Begriff der Angemessenheit für die KdUH im SGB XII durch die Kriterien der §§ 22a bis 22c SGB II zu konkretisieren. Für Personen, die im Sinne des § 35a SGB XII als "ältere Menschen" gelten, ist aber als vom Gesetzgeber vorgegebenes Kriterium zusätzlich zu berücksichtigen, dass sie bereits aufgrund des erreichten Alters besondere Bedarfe haben.

Ältere Menschen sind jedenfalls diejenigen, die - wie die Kläger - wegen Erreichens der Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII Zugang zu Leistungen der Grundsicherung haben (s. BT-Dr. 17/4095, 39). Welche "Bedarfe" als besondere, altersbedingte in Betracht kommen, geht dagegen weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus den Gesetzesmaterialien hervor. Die Aufnahme des im ursprünglichen Gesetzentwurf (BT-Dr. 17/3404, 33) nicht enthaltenen, erst durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT-Dr. 17/4032, 18) aufgenommenen Teilsatzes "sofern darin nach § 22b Absatz 3 des Zweiten Buches Sonderregelungen für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung getroffen werden und dabei zusätzlich auch die Bedarfe älterer Menschen berücksichtigt werden" in § 35a SGB XII beruhte darauf, dass eine nach den §§ 22a bis 22c SGB II erlassene Satzung den Träger der Sozialhilfe nur binden sollte, wenn sie besondere Regelungen für die vom SGB XII hauptsächlich erfassten Kreise an Leistungsberechtigten enthält. Die - abweichend vom SGB II für eine Geltung der Satzung im Sozialhilfebereich zwingend erforderlichen - Sonderregelungen nach § 22b Absatz 3 SGB II betreffen jedoch nur besondere Bedarfe für Unterkunft und Heizung wegen einer Behinderung und wegen der Ausübung des Umgangsrechts. "Da im SGB XII, insbesondere nach dem Vierten Kapitel, zusätzlich zu dem im SGB II leistungsberechtigten Personenkreis auch ältere Personen leistungs- berechtigt sind", sei "eine Ergänzung über die bereits in § 22b Absatz 3 SGB II berücksichtigten Personengruppen erforderlich. Deshalb sind zusätzlich auch die besondere Bedarfe für Unterkunft und Heizung von älteren Personen in der Satzung zu berücksichtigen, wenn diese auch für den Träger der Sozialhilfe gelten soll" (BT-Dr. 17/4095, 39).

Stellt somit der genannte Teilsatz des § 35a SGB XII faktisch eine Ergänzung des § 22 Abs. 1 SGB II für Personenkreise dar, die praktisch nur für das SGB XII von Bedeutung sind, spricht nichts dagegen, bei der Auslegung der Begrifflichkeit der "besonderen Bedarfe" für KdUH von älteren Personen so zu verfahren wie bei den in § 22b Abs. 3 SGB II genannten Personenkreisen. Zu berücksichtigen ist angesichts dessen ein typischerweise besonders abweichender - erhöhter oder eventuell auch abgesenkter - "Wohnraumbedarf" (s. zu § 22b SGB II BT-Drucks 17/3404, 101f.). Es muss sich um typischerweise besondere Anforderungen handeln, die es angezeigt erscheinen lassen, sie wegen ihrer Schutzwürdigkeit bereits auf der Ebene der abstrakten Angemessenheitsbestimmung zu berücksichtigen (s. BSG a.a.O. SozR 4-4200 § 22a Nr. 1).

Für den Verordnungs- bzw. Satzungsgeber hat dies zur Folge, dass er "den jeweils in den Blick genommenen Sonderbedarf nach den Verhältnissen des jeweils örtlich maßgebenden Wohnungsmarktes in Bezug insbesondere auf Größe, Ausstattung oder Lage des benötigten Wohnraums zeit- und realitätsgerecht typisierend erfassen und dazu wie auch im Übrigen auf Verfahren zurückgreifen (müssen), die zu dieser Bemessung im Grundsatz tauglich sind" (BSG wie eben).

Vor dem Hintergrund, dass der Begriff der Angemessenheit wesentlich durch gesetzliche Bestimmungen über den Erlass von Satzungen konkretisiert wird, können Hilfskriterien zur Herstellung von Spruchreife angesichts dessen nur herangezogen werden, wenn sie tragfähige Rückschlüsse auf die vom Gesetzgeber als abstrakt berücksichtigungsbedürftig angesehene besondere Bedarfe für bestimmte Personenkreise zulassen. Es widerspräche der gesetzgeberischen Konzeption, wenn vom ihm als beachtlich angesehene Umstände allein deshalb die abstrakte Angemessenheit nicht mitbestimmen könnten, weil die Satzungsermächtigung nicht genutzt worden ist und es auch an einem schlüssigen Konzept fehlt.

Als typische besondere Bedarfe älterer Menschen denkbar sind solche, die sich aus langer Wohndauer und/oder dem anerkennenswerten Bedürfnis ergeben, in vorgerückter Lebensphase in einem vertrauten bzw. familiennahen Umfeld zu verbleiben: Das Erwerbsleben älterer Menschen ist grundsätzlich abgeschlossen und damit auch die meisten Möglichkeiten, aus Erwerbseinkommen noch Rücklagen für spätere Lebensabschnitte zu bilden. Bei Erreichen der Altersgrenze für die Grundsicherung ist regelmäßig auch die Bildung eines sozialen Umfeldes abgeschlossen, weshalb Wohnungswechsel aus diesem Umfeld heraus häufig nur noch bei zwingenden (Krankheit und Pflegebedürftigkeit) oder familiären Gründen (Wohnortnähe zu Kindern, Enkeln oder anderen nahen Verwandten) stattfinden. Das Unvermögen, bisher aus dem laufenden Erwerbseinkommen ohne Weiteres abzudeckende KdUH aus Rentenbezügen, angesparten Rücklagen oder Verwertung von anderweitigem Vermögen zu decken, muss zudem nicht im Verhalten Leistungsberechtigter seine Ursache haben. Auch wenn dies nicht in Frage stellt, dass Leistungen der Sozialhilfe nicht dem Zweck dienen, einen erworbenen Lebensstandard zu sichern, so steht es doch dem Gesetzgeber frei, das Sicherungsniveau der Sozialhilfe vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Mindestgrenzen zu konkretisieren. Dies ist in Gestalt des § 35a SGB XII unter anderem betreffend ältere Menschen geschehen.

Wie bereits erwähnt, kann offen bleiben, welche Folgen sich aus den Vorgaben des § 35a SGB XII für die Entwicklung eines rechtmäßigen schlüssigen Konzepts ergeben (zu denken wäre etwa daran, dass die Bildung von Vergleichsräumen anderen Maßstäben zu folgen hat, weil für ältere Menschen ein "Pendelbereich" zum Arbeitsplatz regelmäßig bedeutungslos, das nähere Wohnumfeld dafür umso bedeutsamer ist). Der qualifizierte Mietspiegel (§ 558d Bürgerliches Gesetzbuch) und in Ermangelung dessen das WoGG mit einem Aufschlag scheiden bei Unbeachtlichkeit oder Ausfall eines schlüssigen Konzepts jedenfalls als Hilfskriterien zur Herstellung der Spruchreife aus. Beide bilden mögliche typische besondere Bedarfe älterer Menschen nicht ab. Für die Bemessung eines pauschalen Aufschlags, welcher diesen Mangel beseitigen könnte finden sich keine aussagekräftigen Anknüpfungskriterien.

Ein Mietspiegel bildet auch in qualifizierter Form lediglich die ortsübliche Vergleichsmiete ab. Er enthält im Besonderen keine Angaben zur Altersstruktur der Mieter oder der Dauer von Mietverhältnissen. Abgesehen davon muss sein Geltungsbereich nicht zwingend deckungsgleich mit dem im Fall eines schlüssigen Konzepts - nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG allein durch den zuständigen Leistungsträger - festzulegenden Vergleichsraums sein. Das den Werten und Mietstufen nach dem WoGG i.V. mit der Wohngeldverordnung zugrunde liegende Zahlenmaterial beruht auf allgemeinen statistischen Erhebungen, die Zuordnung der Mietstufen zu Gemeinden und Kreisen hängt allein von der Gemeindegröße ab ( s. § 12 Abs. 2 bis 4 WoGG).

Kann aber auch das WoGG als das dem Sozialhilferecht von seinem Zweck her am ehesten vergleichbare Leistungsgesetz nicht herangezogen werden, sind andere Hilfskriterien, die als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ohne (oder ohne rechtmäßiges) schlüssiges Konzept in Betracht kämen, nicht ersichtlich. Erweist sich die Begrenzung von Kosten der Unterkunft auf "angemessene" mangels Ausfalls einer notwendigen Konkretisierungshandlung durch die gesetzesausführende Verwaltung (Entwicklung eines schlüssigen Konzeptes) oder an Stelle dessen handhabbarer Kriterien nicht als ausführbar, sind deshalb die tatsächlichen Kosten weiterhin als Bedarf zugrunde zu legen. Es obliegt dem Gesetzgeber, von ihm gesetzte leistungsbegrenzende Normen justiziabel zu gestalten.

Solange es wie hier an einem schlüssigen Konzept zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft von vornherein fehlt, fehlt es im Übrigen auch am Erfordernis einer Kostensenkungsaufforderung, welche einer Absenkung der Leistung auf die angemessenen Kosten regelmäßig vorauszugehen hat, um die Voraussetzungen für eine Kostensenkung subjektiv herzustellen. Zwar handelt es dabei (lediglich) um ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 36/15 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 90). Unabhängig davon, ob es gerechtfertigt ist, die Kostensenkungsaufforderung angesichts der nicht verhandelbaren Anwendung zwingenden Gesetzesrechts in Gestalt des § 35 SGB XII als "Angebot" an Leistungsberechtigte zu bezeichnen, in einen "Dialog" mit dem Leistungsträger über die Angemessenheit der Unterkunftskosten einzutreten, kann über Angemessenheitswerte jedenfalls dann nicht aussagekräftig gesprochen werden, wenn es an einer tatsächlichen Grundlage für diese Werte mangelt. Ein Nachschieben von Gründen scheidet aus, wenn es die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert, weil sie ihr Verhalten nicht rückwirkend darauf einstellen können (s. zusammenfassend BSG vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 11/18 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 100 Rn 33).

In voller Höhe als Bedarf zu berücksichtigen sind auch die Heizkosten, deren Angemessenheit gesondert von derjenigen der Kosten der Unterkunft und nach abweichenden Maßstäben zu prüfen ist (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 69). Zwar ist mit dem Sozialgericht davon auszugehen, dass sich unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen sozialhilferechtlich (maximal) angemessenen Wohnungsgröße von 60 m² und des sogenannten Grenzwertes nach dem Heizkostenspiegel für den Haushalt der Kläger grundsätzlich ein Wert von insgesamt 96,- EUR für den Monat Dezember 2011, jeweils 98,- EUR monatlich im Kalenderjahr 2012 und jeweils 109,50 EUR monatlich in der Zeit von Januar bis Mai 2013 ergäbe, der somit unter dem praktisch durchgehend von den Klägern mietvertraglich zu entrichtenden Kosten für Heizung von 115,- EUR monatlich läge. Als typischerweise besonderer Bedarf an Heizenergie im Sinne des § 35a SGB XII ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Besonderen ältere Menschen, die über geringe Einkünfte verfügen und damit als Leistungsberechtigte der Grundsicherung in Betracht kommen, regelmäßig in geringerem Umfang an sozialen Aktivitäten teilnehmen als noch im Arbeitsleben stehende oder finanziell besser gestellte Personen. Dies gilt selbst dann, wenn solchen Aktivitäten gesundheitliche Gründe nicht zusätzlich entgegenstehen. Es kann deshalb typisierend davon ausgegangen werden, dass sich ältere Menschen häufiger in ihrer Wohnung aufhalten und bereits dadurch ein höherer Heizbedarf entsteht. Wird berücksichtigt, dass schon der "Grenzwert" nur ein Indiz für unangemessene Heizkosten darstellt (BSG a.a.O.), so kann eine Überschreitung, die im streitigen Zeitraum nie 20 % erreicht hat, noch nicht als unangemessen angesehen werden. Ob es vor einer Begrenzung auf angemessene Heizkosten eines gesonderten, sich ausdrücklich auf diese Kosten beziehenden Hinweises zur Unangemessenheit (bzw. einer Aufforderung zur Kostensenkung) bedurft hätte, kann dahingestellt bleiben.

Da die Kläger bereits ohne die hier geltend gemachten Bedarfe Anspruch auf Grundsicherung hatten, errechnet sich der individuelle zusätzliche Leistungsanspruch der Kläger wie aus dem Tenor ersichtlich aus der - nach der Kopfteilmethode hälftig aufgeteilten - Differenz zwischen den nach dem Mietvertrag tatsächlich zu entrichtenden Aufwendungen für KdUH und den vom Beklagten bislang zuerkannten Leistungen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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