L 33 R 906/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 141 R 4243/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 906/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 2/20 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein ehemaliger Ruhestandsbeamter, der seine wegen Dienstunfähigkeit er-
haltene Pension infolge der Verurteilung wegen einer Straftat verloren hat, kann die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 240 SGB VI erforderliche allgemeine Wartezeit von fünf Jahren im Sinne des § 50 SGB VI aufgrund einer Nachversicherung nach § 8 SGB VI erfüllen.

Durch den Bezug einer Pension wegen Dienstunfähigkeit wird keiner der Auf-
schubtatbestände i.S.d. §§ 43 Abs. 4, 58 SGB VI erfüllt. Insbesondere stellt der Pensionsbezug keinen Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung dar.

Eine erweiternde Auslegung der Aufschubtatbestände in § 43 Abs. 4 SGB VI
im Sinne einer Verlängerung des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums auch im Fall des Bezugs einer Pension wegen Dienstunfähigkeit scheidet aus. Mangels staatlichen Eingriffs in die Eigentumsgarantie ist weder eine verfassungs-konforme Gesetzesauslegung statthaft (Anschluss an BSG, Urtiel vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - juris) noch liegt eine planwidrige Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung der Vorschriften rechtfertigte.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1959 geborene Kläger durchlief von 1976 an eine zweijährige Ausbildung zum Polizeibeamten und war sodann in diesem Beruf tätig. Bereits ab seiner Ernennung auf Lebenszeit traten bei ihm in nicht unerheblichem Umfang krankheitsbedingte Fehlzeiten auf. Im Jahre 1985 unterzog der Kläger sich aufgrund eines Bandschei-benvorfalls im Bereich LWK 4/5 einer Operation. Nach ca. drei Monaten war er wie-der arbeitsfähig. Am 24. Mai 1988 erlitt er im Dienst einen Verkehrsunfall, bei dem er sich eine Schulterprellung links, eine Stauchung der HWS und Hautabschürfungen am linken Ellenbogen zuzog. Im Folgenden war er dienstunfähig krankgeschrieben. Mitte November 1988 wurden die Unfallfolgen als ausgeheilt angesehen. Nunmehr bescheinigte der behandelnde Orthopäde Dr. G, dessen Atteste mehrfach in Zweifel gezogen wurden, dem Kläger jedoch LWS-Beschwerden, Reizungen der Schulterge-lenke und Kniebeschwerden. Im Juni 1989 wurde vom Polizeiarzt Polizeidienstunfä-higkeit nach § 107 Abs. 1 Landesbeamtengesetz (LBG) bejaht, hingegen Dienstun-fähigkeit nach § 77 Abs. 1 LBG verneint und eine sofortige Betrauung mit Verwal-tungstätigkeiten angeregt. Der Kläger wurde sodann zur Laufbahn des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes zugelassen. Ab Mitte Juli 1989 blieb er auch dem Verwaltungsdienst fern. Im Mai 1990 stellte der Polizeipräsident in Berlin fest, dass aufgrund des Dienstunfalls vom 24. Mai 1988 keine erwerbsmindernden Unfall-folgen zurückgeblieben seien. Im Folgenden erklärte der Polizeiarzt den Kläger mehrfach für wieder dienstfähig, woraufhin dieser sich jeweils nach wenigen Tagen erneut krank meldete. Im September 1991 wurde bei ihm schließlich Dienstunfähig-keit nach § 77 Abs. 1 LBG bejaht. Mit Ablauf des 30. April 1994 wurde der Kläger, bei dem das Versorgungsamt mit Bescheid vom 29. Juli 1991 einen Grad der Behinderung von 30 wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule mit Funktionseinschränkungen bei Zustand nach Bandscheibenoperation L4/L5 (1985) mit Muskel- und Nervenreizerscheinungen sowie beginnender Re¬tropatellararthrose rechts festgestellt hatte, in den Ruhestand versetzt. In der Folgezeit erhielt der Kläger eine Pension.

Mit Wirkung zum 01. März 2012 wurde dem Kläger diese Pension entzogen, nach-dem das Landgericht Berlin ihn wegen einer Straftat verurteilt hatte. Im Juni 2012 wurde er daraufhin vom Polizeipräsidenten in Berlin für die Zeit vom 01. Oktober 1976 bis zum 30. April 1994 in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert (Pflichtbeitragszeiten).

Vom 01. April bis zum 24. Oktober 2012 und - nach eintägiger Beschäftigung - vom 26. Oktober bis zum 30. November 2012 bezog der Kläger Arbeitslosengeld II; eben-so vom 01. Januar bis zum 06. Februar 2013. Vom 02. Mai 2013 bis zum 31. August 2013 ging er einer geringfügigen nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung nach, vom 01. September 2013 bis Ende 2014 einer versicherungspflichtigen. Ab dem 11. Dezember 2014 bis zum 30. Juni 2015 bezog er erneut Arbeitslosengeld II.

Bereits am 23. Mai 2012 hatte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage medizini-scher Unterlagen aus den Jahren 2003, 2004 und 2006 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung beantragt. Zur Begründung hatte er sich auf Bandschei-benoperationen in den Jahren 1988, 1996 sowie 2004, einen 1988 erlittenen Bänder-riss beider Schultern, eine Periarthritis der linken Schulter, einen arteriellen Hyperto-nus, eine seit 2004 bestehende Fußheber- und -senkerschwäche links, eine IMT-Verdickung sowie eine Periarthritis des rechten Knies berufen.

Die Beklagte holte einen Befundbericht bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. W ein und beauftragte sodann den Facharzt für Orthopädie Dr. R mit der Erstattung eines Fachgutachtens. Unter dem 01. März 2013 diagnostizierte dieser bei dem Kläger - ein Postdiskotomiesyndrom mit neurologischem Defizit linker Fuß, - ein Zervikobrachialsyndrom bei verspannter Schulter-Nackenmuskulatur, - eine Polyarthralgie ohne Bewegungseinschränkung beider Hände, beider Schultern und des rechten Kniegelenks sowie - eine Adipositas und einen angegebenen Bluthochdruck. Weiter ging er davon aus, dass der Kläger aufgrund dieser gesundheitlichen Beein-trächtigungen zwar einer Tätigkeit als Polizeibeamter nicht mehr nachgehen könne, wohl aber noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tä-tigkeiten im Wechsel der Haltungsarten verfüge. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufigem Bücken, häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Überkopf-, Leiter- und Gerüstarbeit sowie Absturzgefahr.

Mit Bescheid vom 21. März 2013 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger die besonderen versicherungsrecht-lichen Voraussetzungen nicht erfülle. Als möglichen Eintritt der Erwerbsminderung habe sie den 23. Mai 2012 zugrunde gelegt. Da das Versicherungskonto keine Zeiten enthalte, die den Zeitraum von fünf Jahren verlängerten, müssten die erforderlichen 36 Pflichtbeiträge im Zeitraum vom 01. März 2007 bis zum 22. Mai 2012 enthalten sein. Dies sei nicht der Fall. Auch sei keiner der Tatbestände erfüllt, nach denen ausnahmsweise eine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen nicht erforderlich sei.

Hiergegen legte der Kläger am 18. April 2013 Widerspruch mit der Begründung ein, dass er seit 1994 eine Pension wegen Dienstunfähigkeit erhalten habe und seitdem auch erwerbsgemindert gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt seien auch die versiche-rungsrechtlichen Voraussetzungen durch die Nachversicherung erfüllt gewesen.

In einer daraufhin veranlassten prüfärztlichen Stellungnahme führte der Facharzt für Allgemeinmedizin - Sozialmedizin - Dr. S aus, dass seit Antragstellung das durch den Sachverständigen geschilderte Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeits-markt anzunehmen sei. Bzgl. der Tätigkeit als Polizeibeamter sei nach den vorlie-genden Unterlagen von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ab August 2003 auszugehen.

Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2013). Zur Be-gründung legte die Beklagte dar, dass auf der Grundlage der eingeholten prüfärztli-chen Stellungnahme Berufsunfähigkeit seit August 2003 bestehe. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit seien keine Pflichtbeiträge vorhanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines der in §§ 53, 245 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ge-nannten Tatbestände eingetreten sei, seien nicht vorhanden. Auch lägen die Voraus-setzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI nicht vor. Zwar sei die allgemeine Wartezeit vor dem 01. Januar 1984 erfüllt. In der Zeit vom 01. Januar 1984 bis zum Juli 2003 sei aber nicht jeder Kalendermonat mit den in § 241 Abs. 2 SGB VI aufgeführten An-wartschaftserhaltungszeiten belegt.

Am 29. Juli 2013 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Er meint, dass er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle und ihm daher eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren sei. Es sei insoweit zu berücksichtigen, dass er bereits vor seinem Ausscheiden aus dem aktiven Polizei-dienst im Jahre 1994 dienstunfähig gewesen sei. Zum Beleg hat er diverse medizini-sche Unterlagen aus den Jahren ab 1996 vorgelegt.

Im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens hat der Kläger nochmals den Krank-heitsverlauf geschildert, wobei "Lücken" zwischen 1988 und 1991, 1991 und 1996, 1997 und 2003, 2004 und 2006 sowie 2007 und 2011 auffallen. Entsprechend lü-ckenhaft sind auch die von ihm ergänzend vorgelegten medizinischen Unterlagen ab 1987. Das Bemühen des Sozialgerichts, die Akten des Versorgungsamtes beizuzie-hen und Unterlagen der C aus dem Jahre 1988 zu erhalten, sind ebenso vergeblich gewesen wie das, Befundberichte bei dem früher behandelnden Orthopäden Dr. G und bei Prof. B einzuholen, der als Leiter der Neurochirurgischen Klinik des Universi-tätsklinikums B F in einem Arztbrief vom 18. Ok¬tober 1996 über einen stationären Aufenthalt des Klägers und die ihm bekannte Vorgeschichte berichtet hatte. Beizie-hen konnte das Sozialgericht indes die Akten des Landesverwaltungsamtes ein-schließlich der medizinischen Unterlagen des Polizeipräsidenten in Berlin.

In Würdigung dieser Unterlagen hat der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S im November 2014 ausgeführt, dass für den Zeitpunkt 1991 die festgestellte dauernde Dienstunfähigkeit nachvollziehbar sei. Sodann fehle es jedoch am weiteren Verlauf. Erst 1996 sei wegen anhaltender Rückenschmerzen eine stationäre konservative Therapie durchgeführt worden. Der Zeitraum zwischen 1996 und 2003 sei dann wieder medizinisch nicht dokumentiert. Es könne daher zwischenzeitlich längere Phasen gegeben haben, in denen der Klä-ger dienstfähig für den Verwaltungsdienst gewesen sei. Bei dem vorhandenen Leiden sei eine durchgehende Dienstunfähigkeit als Polizeibeamter möglich und vertretbar. Genaueres könne jedoch nur bei Vorlage einer fortlaufenden Befunddarstellung ab 1991 gesagt werden. Auch in einer weiteren fachärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Allgemeinmedizin - Sozialmedizin - P vom 11. März 2015 heißt es, dass eine durchgehende Dienstunfähigkeit als Polizeibeamter nicht eindeutig belegt werden könne, auch wenn dies möglich und von den Leiden her vertretbar erscheine.

Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat sodann der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R nach Untersuchung des Klägers am 23. Juli 2015 am 16. September 2015 ein orthopädisches Gutachten erstattet und folgende Diagnosen gestellt: 1. Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule mit eingeschränkter Bewegungsfunktion bei - Zustand nach dreimaliger Bandscheibenoperation L 4/5, einmalig L 3/4 - chronischem Wurzelreizsyndrom L 5 links ) S1 links mit sensomotorischem Defizit - chronifiziertem Schmerzbild und - statisch muskulärer Fehlhaltung und muskulärer Dysbalance. 2. Funktions- und Belastungsminderung beider Schultergelenke bei - Ausdünnung der Schulterdrehmuskulatur sowie - beginnender Arthrose rechtes Schultereckgelenk bei leichter Fehlstellung nach Kapsel-/Bandanriss. 3. Sehnenansatzreizung beider streckseitiger Ellenbogen. 4. Beginnende Polyarthrose der Hände. 5. Knorpelschädigung rechtes Kniegelenk II° - III°, Innenmeniskusanriss. Weiter hat er ausgeführt, dass sich zum Zeitpunkt der Untersuchung dauerhafte qualitative Leistungseinschränkungen gefunden hätten. Auch in quantitativer Hinsicht be¬stünde eine verminderte Belastungsfähigkeit. Selbst unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, über die volle übliche Zeit von mindestens acht Stunden täglich zu arbeiten. Er könne Tätigkeiten mit üblichen kurzen Unterbrechungen bis zu zwei Stunden hintereinander sowie mit entsprechenden Pausenzeiten in üblichem Maß bis zu vier Stunden täglich ausüben, wobei es sich nur um körperlich leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen bzw. unter Witterungsschutz handeln könne, bei denen nach etwa 15minütigem Sitzen ein kurzzeitiger Haltungswechsel zum Gehen oder Stehen erfolge; nach maximal 10minütigem Stehen müsse ein Wechsel der Körperposition erfolgen. Lasten könnten - auch körpernah - nur bis zu 5 kg Gewicht gehoben werden. Tätigkeiten mit gelegentlichem Treppensteigen seien ohne zusätzliche Gewichtsbelastung möglich. Der Kläger könne in allen Schichten arbeiten; an seine Fingerfertigkeit, Geschicklichkeit, Feinmotorik und Bewegungsfähigkeit der Hände könnten normale Anforderungen gestellt werden. Es bestehe Computertauglichkeit. Über den genannten zeitlichen Rahmen hinaus sei er indes nicht mehr belastbar, und würden betriebsunübliche Pausen mit jeweils 30 Minuten Unterbrechung nach jeweils 30 Minuten Arbeit erforderlich. Die qualitativen Leistungseinschränkungen seien bereits mit dem ersten Bandschei-benvorfall 1988 zu fordern gewesen. Zwischenzeitlich seien immer wieder wechseln-de Beschwerden mit deutlicher Besserung und Rückgang der Schmerzen mit teilwei-se möglichem Absetzen der Schmerzmedikamente feststellbar. Ein exakter Zeit-punkt, wann eine quantitative Leistungsminderung eingetreten sei, lasse sich anhand des Aktenmaterials nicht feststellen. Aussagekräftige ärztliche Unterlagen hierzu fehlten. Eine nachvollziehbare quantitative Leistungsminderung sei im Aktenmaterial zum Zeitpunkt August 2012 dokumentiert. Über den Behandlungszeitraum davor lä-gen keine Unterlagen vor. Der nächste zurückliegende Arztbericht im Aktenmaterial der Klinik für Naturheilverfahren S W (vom 08. September 2007) besage, dass zum Zeitpunkt der Entlassung nach vierwöchiger Behandlung die Schmerzmedikamente abgesetzt werden konnten und bei regelmäßiger Teilnahme am Sportblock ein vor-sichtiges Joggen möglich gewesen sei. Hier könnte eine derartige Verbesserung ein-getreten sein, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit qualitativen Leis-tungseinschränkungen in der Folgezeit bestanden habe. Die weiteren medizinischen Unterlagen ließen eine differenziertere Einschätzung nicht zu.

Die Beklagte, die meint, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien letztmalig im Mai 1996 erfüllt gewesen, hat daraufhin das Vorliegen von teil-weiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aufgrund fehlender Verweisbarkeit nach § 240 Abs. 2 SGB VI für die Zeit ab dem 31. August 2003 sowie das Vorliegen voller Erwerbsminderung aufgrund eines verschlossenen Teilzeitarbeitsmarktes seit dem 23. Juli 2015 auf Zeit bis zum 31. Januar 2019 anerkannt. Die Gewährung einer Rente hat sie jedoch weiterhin mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jeweils nicht erfülle.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. September 2016 abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger weder einen Anspruch auf Gewährung einer Rente we-gen Erwerbsminderung noch wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe. Zwar sei aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. R, dem die Kammer folge, davon auszugehen, dass der Kläger seit August 2012 voll erwerbsgemindert sei. Ein Rentenanspruch bestehe ausgehend von diesem Zeitpunkt jedoch nicht, da die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. In dem für die Drei-Fünftel-Belegung maßgeblichen Zeitraum vom 31. August 2007 bis zum 30. August 2012 sei kein Pflichtbeitrag im Versicherungskonto des Klägers gespei-chert. Letztmalig seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Mai 1996 erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger nach den medizinischen Ermittlungen je-doch weder voll noch teilweise erwerbsgemindert gewesen. Auch unter Berücksichti-gung der medizinischen Unterlagen des Polizeipräsidenten in Berlin ergebe sich kei-ne andere Entscheidung. Diese beträfen die Feststellung der Dienstfähigkeit des Klägers insbesondere im Sinne des § 77 Abs. 1 LBG. Diese könne auch angenom-men werden, wenn infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate kein Dienst mehr versehen worden sei und keine Aussichten bestünden, die volle Dienstfähigkeit innerhalb weiterer sechs Monate wieder herzu-stellen. Eine Beurteilung des Leistungsvermögens sei hingegen nicht erfolgt. Objekti-ve Befunde, die einen Rückschluss auf eine quantitative Leistungseinschränkung zulassen würden, seien nicht aufgeführt. Deshalb könnten hieraus keine Rückschlüs-se auf einen früheren Leistungsfall gezogen werden.

Gegen das ihm am 20. Oktober 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 03. No-vember 2016 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterver-folgt. Es sei unterlassen worden zu prüfen, ob der Bezug von Ruhestandsbezügen wegen Dienstunfähigkeit dem Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung gleich-zustellen sei. Das Gesetz regele eine solche Gleichstellung zwar nicht ausdrücklich, erkenne aber z.B. ausländische Versicherungszeiten als Verlängerungszeiträume an. Die Gleichstellung entspreche auch dem Normzweck. Im Übrigen könne auch erwo-gen werden, die Zeit der Dienstunfähigkeit mit Pensionsbezug als Anrechnungszeit zu bewerten. Schließlich sei zu beachten, dass der Gesetzgeber für seine Fallkons-tellation gerade nicht die Bejahung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausgeschlossen habe. Diese seien daher als erfüllt anzusehen. Auch habe das Gericht nicht erwogen, ob bei ihm nicht zumindest Berufsunfähigkeit als Polizist bestanden habe. Zwischen 1988 und 1994 sei mehrfach geprüft worden, ob er nicht für eine andere schonendere Verwaltungstätigkeit eingesetzt werden könne. Dies sei nicht der Fall gewesen, weshalb er 1994 pensioniert worden sei. Zumindest aber sei er infolge der bei ihm anerkannten Dienstunfähigkeit als Polizei-beamter als berufsunfähig und damit zumindest teilweise erwerbsgemindert wegen Berufsunfähigkeit anzusehen. Weiter fehle es an der gebotenen gründlichen Feststellung seiner gesundheitlichen Konstitution vor dem Dienstunfall im Jahr 1988 und dem Ausmaß und Umfang der Auswirkungen der Dienstunfallfolgen. Schon 1987 seien bei ihm Arthrose und arthri-tische Erscheinungen vorhanden gewesen. Weiter habe er schon vor 1988 verschie-dene dienstbedingte Verletzungen gehabt. Im Mai 1988 sei es dann zu dem schwe-ren Unfall gekommen, in dessen Folge er dann fast durchgehend dienstunfähig krankgeschrieben gewesen sei. Das Versorgungsamt habe ihm 1991 einen Grad der Behinderung von 30 zuerkannt. Mit Gutachten vom 04. September 1991 sei er schließlich polizeiärztlich als dauernd dienstunfähig erachtet worden und zwar auch für den nichttechnischen Dienst. Letzteres sei zwar mit dem 15. September 1993 widerrufen worden. Letztlich hätten jedoch die körperlichen Gebrechen zur Feststellung der völligen Dienstunfähigkeit auf Dauer geführt. Soweit der Sachverständige zum Ergebnis gekommen sei, dass er erst ab August 2012 nicht mehr in der Lage gewesen sei, regelmäßig drei Stunden täglich zu arbei-ten, verwundere dies. Die von ihm festgestellten Funktionseinschränkungen auf or-thopädischem Gebiet seien im Wesentlichen identisch mit dem durch die vorliegen-den Arztberichte belegten Erkrankungszustand infolge des schweren Verkehrsunfalls 1988. In der Folge sei es zu einer stetigen Verschlechterung und zu weiteren Band-scheibenoperationen gekommen, obwohl er seinen Köper nicht regelmäßig arbeits-mäßig belastet habe. Dadurch sei indiziert, dass die bei ihm auffällige Bandschei-bensituation Folge eines degenerativen Prozesses gewesen sei, der bei einer nicht zumutbaren arbeitsmäßigen Belastung schon viel früher und möglicherweise noch heftiger provoziert worden wäre. Dabei sei auch zu sehen, dass bei ihm nach den regelmäßigen polizeiärztlichen Untersuchungen zwischen 1988 und 1994 stets ein fortbestehender gleichbleibender Schädigungszustand bestanden habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2016 sowie den Be-scheid der Beklagten vom 21. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 25. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Mai 2012 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Er-werbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Im Hinblick auf § 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI meint sie, dass eine Gleichsetzung des Bezuges einer Pension wegen Dienstunfähigkeit mit dem Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bereits dem Gesetzestext widerspreche, da beamtenrechtliche Leistungen eindeutig nicht zu der in § 33 Abs. 3 SGB VI definierten Rente wegen verminderter Erwerbsfä-higkeit gehörten. Mit Blick auf eine möglicherweise schon früher bestehende Berufs-unfähigkeit führt sie - unter Beifügung einer Stellungnahme der Fachärztin für Ortho-pädie R - aus, dass die Aktenlage nicht die Annahme stütze, es bestehe bereits seit Ende der 80er Jahre oder Anfang der 90er Jahre Berufsunfähigkeit. Die medizini-schen Unterlagen aus der Personalakte des Klägers bezögen sich auf die Frage der Dienstunfähigkeit, nicht aber der Berufsunfähigkeit und beträfen Leistungsansprüche außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung. Dementsprechend könne den Un-terlagen kein Anhaltspunkt für die Feststellung eines positiven Leistungsbildes ent-nommen werden. Soweit der Sachverständige Dr. R qualitative Einschränkungen bereits seit 1988 fordere, merke er auch an, dass der Gesundheitszustand keines-falls gleichbleibend schlecht gewesen sei. Vielmehr sei es wiederholt zu deutlichen Besserungen sogar mit Absetzen der Schmerzmedikation gekommen. Der Kläger solle im Oktober 1996 sogar selbst angegeben haben, nach einer Bandscheiben-Operation 1988 bis September 1996 völlig beschwerdefrei gewesen zu sein (OP-Protokoll des Uni-Klinikums B F vom 07. Oktober 1996). Objektiv betrachtet müsse letztlich offen bleiben, welches Leistungsvermögen bei dem Kläger in den Jahren seines Ruhestandes vorgelegen habe. Dass er Tätigkeiten z.B. im Innendienst der Polizei nicht mehr hätte verrichten können, sei nicht belegt. Dies gehe nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen sowie den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die des Polizeipräsidenten in Berlin/Landes-verwaltungsamtes verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage in seinem angefochtenen Urteil zutreffend.

Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2015 in der Fassung des Widerspruchs-bescheides vom 25. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung.

Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung hat nach § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI derjenige, der die allgemeine Warte-zeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminde-rung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Be-hinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingun-gen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsge-mindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist. Nach § 240 Absatz 1 SGB VI hat schließlich bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch derjenige Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, der vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig ist.

Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Rente. Zwar hat er die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 240 SGB VI erforderli-che allgemeine Wartezeit von fünf Jahren im Sinne des § 50 SGB VI erfüllt. Denn aufgrund der für die Zeit vom 01. Oktober 1976 bis zum 30. April 1994 vorgenomme-nen Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. § 8 SGB VI) ist der vorgenannte Zeitraum mit Pflichtbeiträgen belegt. Allerdings wären die besonde-ren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ("Drei-Fünftel-Belegung") letztmalig bei Eintritt eines Leistungsfalls im Mai 1996 erfüllt (hierzu im Folgenden zu I.). Der Senat vermag sich indes nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger spätestens seit Mai 1996 erwerbsgemindert ist (hierzu im Folgenden zu II.).

I. Zu recht geht die Beklagte davon aus, dass die versicherungsrechtlichen Vor-aussetzungen letztmalig bei Eintritt eines Leistungsfalls im Mai 1996 erfüllt sind. Denn die letzten Pflichtbeiträge, aufgrund derer zum begehrten Zeitpunkt eine Ren-tengewährung überhaupt denkbar ist, wurden vom Kläger für die Zeit vom 01. Oktober 1976 bis zum 30. April 1994 aufgrund der Nachversicherung in der ge-setzlichen Rentenversicherung erbracht. Soweit es Konstellationen gibt, in denen sich der für den Nachweis der Vorversicherungszeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI maßgebliche Fünfjahreszeitraum durch Auf-schubzeiten verlängert (§ 43 Abs. 4 SGB VI und § 241 Abs. 1 SGB VI) oder in denen eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren überhaupt nicht erforderlich ist (§ 43 Abs. 5 SGB VI), liegen die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vor (hierzu zu 1.). Auch ist zur Überzeugung des Senats weder eine verfassungskonforme Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen statthaft (hierzu zu 2.) noch kommt eine analoge Anwendung der Regelungen in Betracht (hierzu zu 3.).

1. Der Kläger erfüllt weder einen der Tatbestände, nach denen die Drei-Fünftel-Belegung ausnahmsweise nicht erforderlich ist, noch einen, der zu einer Verlänge-rung des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums führt.

Die Drei-Fünftel-Belegung ist gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI dann nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit der Vorschrift des § 53 SGB VI zufolge vor-zeitig erfüllt ist. Dies ist wiederum nach der einzig hier überhaupt erwägenswerten Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB VI dann zu bejahen, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig geworden ist und bei Eintritt des Arbeitsunfalls versicherungspflichtig war oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Nach der Sonderregelung des § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind schließlich Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfä-higkeit außerdem nicht erforderlich für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit den im Gesetz im Einzelnen aufgeführten sog. Anwartschaftserhaltungszeiten (ins-besondere Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten, Berücksichtigungszeiten oder Zeiten des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente) belegt ist oder wenn die Erwerbsminde-rung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist.

Zu einer Verlängerung des Zeitraums von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminde-rung führen hingegen nach der insoweit allein in Betracht zu ziehenden Regelung des § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wobei Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 SGB VI insbesondere Zeiten sind, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsun-fähig waren, wenn dadurch - so Abs. 2 der Norm - eine versicherte Beschäftigung unterbrochen ist (Nr. 1), oder eine Rente bezogen haben, soweit diese Zeiten auch als Zurechnungszeit in der Rente berücksichtigt waren, und die vor dem Beginn die-ser Rente liegende Zurechnungszeit (Nr. 5).

Keinen dieser Tatbestände hat der Kläger erfüllt. Insbesondere hat er ab Mai 1994 keine Rente wegen Erwerbsminderung bezogen. Denn zu den Renten wegen ver-minderter Erwerbsfähigkeit gehören Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbs-minderung und Rente für Bergleute, Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 33 Abs. 3 SGB VI) sowie die wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geleisteten Renten des Art. 2 Rentenversicherungsüberleitungsgesetzes und des früheren DDR-Rechts. Zeiten des Bezugs ausländischer Renten wegen verminderter Erwerbsfähig-keit oder wegen Alters stehen für einen Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) deutschen Rentenbezugszeiten nach Maßgabe des § 28a FRG gleich. Dies gilt auch für Rentenbezugszeiten aus einer Beamtenversorgung des Herkunftslan-des, wenn dieser Rente Zeiten zugrunde liegen, die nach dem FRG anrechenbar sind. Andere ausländische Renten begründen eine Rentenbezugszeit, wenn über- oder zwischenstaatliches Recht eine Gleichstellung vorsieht (von Koch in Kreike-bohm, SGB VI, 4. Aufl., 2013,§ 43 Rn. 52-55). Keine Verlängerungstatbestände be-gründen hingegen Renten, die außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung ge-zahlt werden (z.B. aus der gesetzlichen Unfallversicherung, der landwirtschaftlichen Alterssicherung oder dem Versorgungsrecht).

Auch war der Kläger im fraglichen Zeitraum nicht arbeits-, sondern dienstunfähig und ist auch nicht aufgrund eines Arbeitsunfalls erwerbsgemindert. Denn abgesehen da-von, dass er insbesondere 1988 keinen Arbeits-, sondern einen Dienstunfall erlitten hat, fehlt es insoweit schon an der Kausalität zwischen dem oder den im Dienst erlit-tenen Unfällen und der inzwischen anzunehmenden Erwerbsminderung (dazu im Folgenden unter II.). Ausweislich der Unterlagen des Polizeipräsidenten in Berlin hat der Kläger im Mai 1988 einen Verkehrsunfall im Dienst erlitten, bei dem er sich eine Schulterprellung links, eine Stauchung der HWS und Hautabschürfungen am linken Ellenbogen zuzog. Diese Unfallfolgen wurden jedoch im November 1988 als ausge-heilt angesehen. Dementsprechend stellte der Polizeipräsident in Berlin auch im Mai 1990 fest, dass aufgrund des Dienstunfalls vom Mai 1988 keine erwerbsmindernden Unfallfolgen zurückgeblieben sind. Soweit der Kläger im Folgenden gleichwohl weiter krank geschrieben war, ist dies nicht auf Unfallfolgen, sondern sonstige Erkrankun-gen auf orthopädischem Fachgebiet zurückzuführen. Dabei ist auch zu beachten, dass bei dem Kläger bereits seit seiner Ernennung auf Lebenszeit Ende der 70er Jahre immer wieder Krankheitsphasen wegen orthopädischer Beschwerden festge-stellt worden sind und er sich 1985 erstmals einer Bandscheibenoperation im LWS-Bereich unterzogen hat. Folgerichtig hat der Kläger in der Berufungsbegründung selbst geltend macht, schon 1987 an Arthrose und arthritischen Erscheinungen gelit-ten zu haben, und die bei ihm auffällige Bandscheibensituation als Folge eines de-generativen Prozesses gewertet.

Von den Regelungen, nach denen entweder die Drei-Fünftel-Belegung entbehrlich ist oder sich der Fünfjahreszeitraum verlängert, passt mithin ihrem Wortlaut nach keine für den hiesigen Sachverhalt. Denn sämtliche Tatbestände lehnen sich an die Gege-benheiten in der gesetzlichen Renten- und ergänzend Kranken- und Unfallversiche-rung an. Der Kläger war jedoch als Beamter in ein anderes Versorgungssystem inte-griert und hat aus diesem im Zeitraum ab Mai 1994 eine Pension wegen Dienstunfä-higkeit bezogen.

Soweit er vor diesem Hintergrund letztlich wohl meint, eine der Vorschriften sei schon deshalb auf seinen Fall anwendbar, weil das Gesetz gerade nicht ausdrücklich regele, dass er als ehemaliger Beamter ausgenommen sei, verkennt er das Regel-Ausnahme-Verhältnis der maßgeblichen Bestimmungen. Die zum 01. Januar 1984 eingeführte Drei-Fünftel-Belegung bildet den Regelfall. Daneben hat der Gesetzgeber genau umschrieben, welche Tatbestände ausnahmsweise zur Verlängerung des Fünfjahreszeitraums oder sogar zum Wegfall des Erfordernisses der Drei-Fünftel-Belegung führen. Ist in den maßgeblichen Normen eine Fallkonstellation nicht er-fasst, bleibt es indes bei der erforderlichen Drei-Fünftel-Belegung.

2. Weiter erscheint es dem Senat nicht statthaft, insbesondere die Aufschubtat-bestände in § 43 Abs. 4 SGB VI im Sinne einer Verlängerung des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums auch im Fall des Bezugs einer Pension wegen Dienstunfähigkeit erweiternd auszulegen. Eine solche Auslegung kann nicht mit dem Gebot verfas-sungskonformer Gesetzesauslegung gerechtfertigt werden. Denn die bestehenden Regelungen sind auch in Bezug auf ehemalige Ruhestandsbeamte, die ihre entspre-chenden Rechte infolge einer Straftat verloren haben, zur Überzeugung des Senats nicht verfassungswidrig.

Zwar sind Anwartschaften auf eine Rente wegen Erwerbsminderung vom Schutzbe-reich der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) umfasst, soweit sie auf einer nicht unerheblichen eigenen Leistung beruhen. Die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt sich für rentenrechtliche Anwart-schaften aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des (Renten-)Ei-gentums, die nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Inhaltsbe-stimmungen, die den Umfang einer Rentenanwartschaft reduzieren oder zu deren Verfall führen, müssen dabei einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein, d.h. sie müssen zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforder-lich sein und dürfen die davon Betroffenen nicht unzumutbar belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 1 BvR 564/84 u.a. - juris, Rn. 59 ff.; BSG, Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - juris, Rn. 22 ff.). Vorliegend fehlt es indes bereits an einer Beeinträchtigung des Eigentums im Sinne der abwehrrechtlichen Dimension des Grundrechts. Der Kläger hat nicht nur die Anwartschaft auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, sondern die ihm bereits gewährte Pension wegen Dienstunfähig-keit verloren und dies nicht durch einen staatlichen Eingriff, sondern letztlich infolge einer Straftat und damit einer vorangegangenen eigenverantwortlichen - wenn auch zunächst straf- und sodann beamtenrechtlich sanktionierten - Lebensgestaltung. Dies ist ihm und nicht dem Staat zuzurechnen. Denn der Stellung des Ruhegehalts-beamten ist es immanent, dass dieser im Falle der Verurteilung zu einer Freiheits-strafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen, nach Beendigung des Beamtenverhältnisses begangenen Tat seine Rechte als Ruhestandsbeamter verliert (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a Beamtenversorgungsgesetz sowie Landesbeamten-versorgungsgesetz Berlin). Es begegnet zur Überzeugung des Senats keinen verfas-sungsrechtlichen Bedenken, dass die Verantwortung und die - hier letztlich auch in der Nichterfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lie-genden - Konsequenzen des Verlusts der Pension wegen Dienstunfähigkeit beim Kläger verbleiben, der diese Ausgangslage durch eine Straftat selbst herbeigeführt hat. Deshalb kann im Übrigen der Anwartschaftsverlust auch weder als willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG noch hierin ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 3 GG gese-hen werden. Denn das dort niedergelegte Verbot der Doppelbestrafung beschränkt sich auf Kriminalstrafen nach den allgemeinen Strafgesetzen im Sinne des Kern- und Nebenstrafrechts. Rentenrechtliche Rechtsfolgen zählen hierzu hingegen ebenso wenig wie z.B. ein Verlust von Versorgungsbezügen (vgl. zu entsprechenden Erwä-gungen mit Blick auf einen Strafgefangenen: BSG, Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - juris, Rn. 22 ff.).

Diese Erwägungen gelten gleichermaßen mit Blick auf sonstige Aufschubtatbestände sowie die Regelungen, nach denen die Drei-Fünftel-Belegung ausnahmsweise ent-behrlich ist. Dienstunfähige Ruhestandsbeamte erhalten Versorgungsbezüge. Verlie-ren sie diese Ansprüche aufgrund strafbaren Verhaltens, gibt es keine Notwendig-keit, ihnen gleichsam als Rettungsanker zu einer Rente aus der gesetzlichen Ren-tenversicherung zu verhelfen.

3. Auch eine analoge Anwendung der Regelungen zu Aufschubtatbeständen in § 43 Abs. 4 SGB VI auf dort nicht genannte Zeiten des Bezugs einer Pension wegen Dienstunfähigkeit oder eine analoge Anwendung der sonstigen oben genannten Bestimmungen z.B. auf Dienstunfähigkeit scheidet aus. Es fehlt insoweit zur Über-zeugung des Senats an einer planwidrigen Regelungslücke.

Der Gesetzgeber hat in § 8 SGB VI Regelungen für Beamte geschaffen, die ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben, nämlich deren Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung geregelt. Wenn er dabei davon abgesehen hat, für Personen, die ihre Versorgung als Ruhestandsbeamter infolge einer Straftat mit Ver-urteilung zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe verloren haben, auch Bestimmungen zu treffen, die bei ihnen die Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung für eine Rente wegen Erwerbsminderung gewährleisten, ist davon auszugehen, dass es sich insoweit um eine bewusste Entscheidung und nicht um ein Versehen handelt.

II. Soweit die Beklagte davon ausgeht, der Kläger sei ab August 2003 berufsun-fähig und - wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes - ab dem 23. Juli 2015 (dem Tag der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. R) voll erwerbs-gemindert, kann dahinstehen, ob der Senat ihm hinsichtlich der konkreten Zeitpunkte - insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Sachverständige Dr. R sich ausdrück-lich dahin positioniert hat, das Leistungsvermögen des Klägers sei bereits seit August 2012 quantitativ eingeschränkt - folgt. Denn jedenfalls vermag er sich nicht die Über-zeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) davon zu verschaffen, dass bei dem Kläger bis spätestens Mai 1996 ein Leistungsfall der Erwerbsminderung auch im Sinne der Be-rufsunfähigkeit eingetreten ist, was letztlich zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Klägers geht.

Dass der Kläger vom Polizeiarzt letztlich Anfang der 90er-Jahre als dienstunfähig angesehen wurde, rechtfertigt zur Überzeugung des Senats nicht die zwingende An-nahme, es sei seinerzeit einer der für die gesetzliche Rentenversicherung wesentli-chen Leistungsfälle der Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit eingetreten. Denn wie bereits die Beklagte und das Sozialgericht Berlin zutreffend dargelegt ha-ben, ist die Annahme von Dienstunfähigkeit an andere Voraussetzungen geknüpft als die von Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung. Nach dem Ergebnis der medizini-schen Ermittlungen ist sicher davon auszugehen, dass der Kläger bereits seit den 80er-Jahren immer mal wieder aufgrund orthopädischer Beschwerden nicht in der Lage gewesen ist zu arbeiten. Dass es sich dabei jedoch um einen längerfristigen, die Annahme einer Erwerbsminderung rechtfertigenden Zustand gehandelt hat, kann er nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen.

Zwar spricht nach dem Ergebnis der Ermittlungen und insoweit insbesondere den orthopädischen Gutachten der Sachverständigen Dr. R und Dr. R viel dafür, dass der Kläger bereits seit 1988 nicht mehr in der Lage war, als Polizist zu arbeiten. Denn in ihren jeweiligen Gutachten vom 01. März 2013 und 16. September 2015 haben diese jeweils nach gründlicher Untersuchung des Klägers und in Würdigung der ihnen zur Verfügung stehenden medizinischen Unterlagen aus der Vergangenheit die bei dem Kläger bestehenden, im Tatbestand im Einzelnen wiedergegebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen festgestellt. Überzeugend haben sie weiter hergeleitet, welche Leistungseinschränkungen aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, und als für den Kläger zumutbar nur noch leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bzw. im überwiegendem Sitzen mit qualitativen Einschränkungen er-achtet, die einer Tätigkeit als Polizist offensichtlich entgegenstehen. So hat nament-lich Dr. R dargelegt, dass der Kläger - und dies bereits seit 1988 - nur noch in ge-schlossenen Räumen oder unter Witterungsschutz arbeiten, nur gelegentlich Trep-pen steigen und Lasten nur bis zu 5 kg Gewicht heben könne. All dies steht mit den körperlichen Anforderungen, die an einen Polizisten zu stellen sind, ersichtlich nicht in Einklang. Dies heißt indes nicht, dass der Kläger deshalb berufsunfähig, ge-schweige denn erwerbsgemindert im Sinne des heutigen § 43 SGB VI war. Denn so wenig wie seinerzeit eine quantitative Leistungseinschränkung erkennbar ist, so we-nig ist eine etwaige Verweisungstätigkeit - hier namentlich eine Aufgabe im Innen-/Verwaltungsdienst - als zwingend ausgeschlossen anzusehen. Im Gegenteil ist nicht ersichtlich, warum dem Kläger, der insbesondere nach den auch insoweit überzeu-genden Ausführungen des Sachverständigen Dr. R überwiegend im Sitzen bei Gele-genheit zum Haltungswechsel in allen Schichten arbeiten kann, über eine normale Fingerfertigkeit, Geschicklichkeit, Feinmotorik und Bewegungsfähigkeit der Hände verfügt und computertauglich ist, Tätigkeiten im Verwaltungsdienst nicht möglich ge-wesen sein sollten. Dafür, dass ihm diese körperlich zumutbar gewesen wären, spricht vielmehr, dass das Versorgungsamt bei dem Kläger 1991 zwar degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Funktionseinschränkungen bei Zustand nach Bandscheibenoperation L4/L5 (1985) mit Muskel- und Nervenreizerscheinungen so-wie eine beginnende Retropatellararthrose rechts festgestellt, indes einen Grad der Behinderung von (nur) 30 angenommen hat. Weder die festgestellten gesundheitlich Beeinträchtigungen noch der zuerkannte Grad der Behinderung taugen hingegen zum Beweis dafür, dass der Kläger auch im Verwaltungsdienst nicht mehr hätte ein-gesetzt werden können.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass bereits in der Schilderung seines Krankheitsver-laufs durch den Kläger "Lücken" zwischen 1988 und 1991, 1991 und 1996, 1997 und 2003, 2004 und 2006 sowie 2007 und 2011 auffallen. Entsprechend lückenhaft sind auch die von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen ab 1987, was bereits die Vermutung nahe legt, dass der Kläger über längere Phasen hinweg keine ernsthaf-ten gesundheitlichen Beschwerden hatte. Bestätigt wird dies durch den Arztbrief des Leiters der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums B F Prof. Dr. B vom 18. Oktober 1996, in dem dieser ausführt, dort sei zur Vorgeschichte bekannt, dass der Kläger nach einer 1988 in Höhe LWK4/5 links erfolgten Operation ca. acht Jahre lang beschwerdefrei gewesen sei. Sollte es sich bei der Angabe 1988 um ein Verse-hen handeln und tatsächlich um die nach Aktenlage bereits 1985 am entsprechenden Segment erfolgte Operation gehen, wäre die Phase der Beschwerdefreiheit sogar noch länger gewesen.

Letztlich haben auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht nur die von der Beklagten gehörten Ärzte - namentlich Dr. S und Frau P -, sondern insbesondere auch der vom Sozialgericht Berlin beauftragte Sachverständige Dr. R angegeben, dass das Leistungsvermögen des Klägers nicht mit der gebotenen Si-cherheit differenziert zu bestimmen sei. Anschaulich hat insoweit der Letztgenannte ausgeführt, dass es immer wieder wechselnde Beschwerden mit deutlicher Besse-rung und Rückgang der Schmerzen mit teilweise möglichem Absetzen der Schmerzmedikamente gegeben habe. So werde z.B. im Arztbericht der Klinik für Na-turheilverfahren S W (vom 08. September 2007) ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Entlassung nach vierwöchiger Behandlung die Schmerzmedikamente abgesetzt wer-den konnten und bei regelmäßiger Teilnahme am Sportblock ein vorsichtiges Joggen möglich gewesen sei.

Nach alledem vermag der Senat nicht mit der nötigen Sicherheit davon auszugehen, dass der Kläger bis spätestens Mai 1996 nicht mehr in der Lage gewesen wäre, z.B. im Verwaltungsdienst zu arbeiten, oder sein Restleistungsvermögen auf unter sechs Stunden gesunken gewesen ist. Dies geht zu seinen Lasten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Haupt-sache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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