L 9 KR 442/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 198 KR 2171/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 442/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte feststellte, dass er in seiner ab dem 7. März 2016 bis zum 25. November 2016 ausgeübten Tätigkeit als Logopäde der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Der Kläger ist 1977 geboren und ausgebildeter Logopäde. Er schloss mit der Beigeladenen zu 1), die eine Praxis für Logopädie betreibt, einen Vertrag über eine "Tätigkeit als Freie/r Mitarbeiter" für die Zeit ab dem 7. März 2016.

Gemäß Ziff. 2 des Vertrags bestimmt der freie Mitarbeiter seine Tätigkeit in der Praxis bzw. im Rahmen von Hausbesuchen für die Praxis und auch seine Urlaubsnahme selbst; es erfolgt lediglich eine Abstimmung mit dem Praxisinhaber im Rahmen der gesonderten Patientenbestellungen und der sich daraus ergebenden Belegungsmöglichkeiten der Behandlungsräume.

Gemäß Ziff. 3 des Vertrags ist der freie Mitarbeiter nicht weisungsgebunden und unterliegt nicht den allgemeinen Praxisregelungen.

"Der Praxisinhaber gestattet dem freien Mitarbeiter die Nutzung der Praxisräume und ihrer Einrichtungen und übernimmt für ihn den Abrechnungsverkehr mit den Sozialversicherungsträgern und Privatpatienten. Als Vergütung erhält der Praxisinhaber 30 % des Abrechnungsbetrages der vom freien Mitarbeiter innerhalb eines Abrechnungszeitraumes erbrachten Behandlungsleistung. Bei Hausbesuchen erhält der Praxisinhaber 20 % des Abrechnungsbetrags der vom freien Mitarbeiter erbrachten Behandlungsleistung. Nach Erhalt des Abrechnungsbetrages behält der Praxisinhaber diesen Anteil ein und bringt den verbleibenden Brutto-Betrag unverzüglich an den freien Mitarbeiter zur Auszahlung. Die Abrechnung erfolgt auf der Grundlage der jeweils gültigen Vergütungsvereinbarung der Krankenkassenverbände für logopädische Leistungen bzw. des im Einzelfall mit einem Patienten vereinbarten Privathonorars. Eventuelle Korrekturen oder Stornierungen durch Krankenkassen oder andere Versicherungsträger werden jeweils in der nachfolgenden Abrechnung entsprechend berücksichtigt" (Ziff. 4 des Vertrags).

Gemäß Ziff. 5 des Vertrags hat der freie Mitarbeiter eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.

Des Weiteren bestimmt der Vertrag nachfolgend:

"Anfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, ferner Urlaubsvergütung, Weihnachtszuwendung sowie Leistungen bei Krankheit oder nach dem Mutterschutzgesetz werden vom Praxisinhaber nicht gezahlt. Für den Fall einer entsprechenden Inanspruchnahme durch Dritte stellt der freie Mitarbeiter den Praxisinhaber insofern von allen eventuellen Ansprüchen frei. Der freie Mitarbeiter leistet seine Versicherungsbeiträge selbst. Er legt dem Praxisinhaber Nachweise zur Kranken- und Berufshaftpflichtversicherung sowie die Anmeldungen bei der bgW und die Urkunde über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Logopäde vor. Der freie Mitarbeiter lässt die Deutsche Rentenversicherung umgehend nach Vertragsunterzeichnung eine Statusfeststellung durchführen und übergibt die Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung der Praxisinhaberin in Kopie.

6. Für vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführte Körper- und/oder Vermögensschäden haftet der freie Mitarbeiter und stellt bei entsprechender Inanspruchnahme durch Dritte den Praxisinhaber ebenfalls von allen Ansprüchen frei.

7. Dieser Vertrag kann beiderseits durch schriftliche Erklärung gegenüber dem anderen Vertragsteil gelöst werden, eine Ankündigungsfrist von drei Monaten sollte dabei eingehalten werden.

8. Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, alle ihm bekannt werdenden Praxisvorgänge während der Dauer des Vertragsverhältnisses sowie auch nach dessen Auflösung geheim zu halten.

Der freie Mitarbeiter unterliegt hinsichtlich der Person der Patienten sowie deren Krankheiten der Schweigepflicht."

Der Kläger führte Therapien von Sprach,- Stimm- und Schluckstörungen nach den üblichen logopädischen Richtlinien durch. Die Therapien führte er in der Praxis der Beigeladenen zu 1) nach Raumverfügbarkeit durch. Er schloss über die Erbringung seiner Leistungen mit den einzelnen Patienten jeweils einen Behandlungsvertrag "im Auftrag" und unter dem Logo, dem Namen und der Anschrift der Praxis der Beigeladenen zu 1) ab. Lediglich zur Organisation und Zusammenarbeit nahm er an Besprechungen der Logopädie Praxis teil, an Teambesprechungen dagegen nicht. Zur Koordinierung der Raumnutzung gab es einen Plan. Er nutzte nach eigenen Angaben zum großen Teil eigenes Therapie- und Büromaterial. Die Mitbenutzung anderer Materialien erfolgte nach Absprache.

Der Kläger war noch für zwei weitere Logopädie Praxen tätig, aus diesen Einkünften bestritt er den überwiegenden Teil seines Gesamteinkommens, er ist seit 2012 privat bei der D krankenversichert.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 15. März 2016 die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) mit dem Ziel, festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliegt.

Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2016 fest, dass die Tätigkeit des Klägers in der Praxis der Beigeladenen zu 1) seit dem 7. März 2016 im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in diesem Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab diesem Zeitpunkt bestehe. In der Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung besteht keine Versicherungspflicht.

Der Kläger und die Beigeladene zu 1) erhoben jeweils Widerspruch gegen den Bescheid. Der Kläger wies u.a. darauf hin, dass nach Verlautbarungen der Beklagten selbständig tätige Logopäden nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ab dem 1. April 2012 kraft Gesetzes nicht versicherungspflichtig seien. Er sei seit Januar 2012 als freier Mitarbeiter tätig.

Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2016 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 23. November 2016 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Sein Anteil von 70 % am jeweiligen Abrechnungsbetrag für die Behandlungen entspreche einem Stundenhonorar von 23 bis 34 EUR brutto, hingegen hätte er nach den ortsüblichen Konditionen für angestellte Logopäden lediglich zwischen 11 und 12 EUR pro Stunde verdient. Zu den für die Beurteilung relevanten Umständen gehöre auch, dass es keine Vertretung im Urlaubs- oder Krankheitsfall gebe. Die Beklagte habe seine zahlreichen Einwände nicht gewürdigt, so auch nicht die Tatsache, dass er mehrere Auftraggeber habe, was ein deutliches Zeichen für Selbständigkeit sei. Wegen der Entscheidung der Beklagten sei sein Arbeitsverhältnis mit der Beigeladenen zu 1) zwischenzeitlich zum 25. November 2016 beendet worden, die zwei weiteren Auftraggeber wollten im Hinblick auf dieses Verfahren keine weiteren Aufträge an ihn vergeben. Er habe in dem kurzen Zeitraum der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) keine privat versicherten Patienten behandelt und keine Hausbesuche durchgeführt.

Mit Urteil vom 26. September 2017 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit in der Praxis der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 7. März 2016 bis zum 25. November 2016 nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Die Vertragsparteien hätten übereinstimmend gerade kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen wollen, dies ergebe sich aus ihren Angaben in dem Termin zur mündlichen Verhandlung und aus dem schriftlichen freien Mitarbeitervertrag. Im Übrigen habe keine Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Logopädie Praxis der Beigeladenen zu 1) bestanden und er sei nicht weisungsgebunden gewesen. Er habe sich bei den Patienten als selbständiger Logopäde vorgestellt, seine eigene Handynummer als Kontakt angegeben, eigene Visitenkarten verteilt sowie eigene Behandlungsverträge mit den Patienten geschlossen. Er habe eigene Arbeitsmaterialien bzw. Diagnostikmaterialien vorgehalten und habe zeitgleich zwei weitere Auftraggeber gehabt. Eine Zuweisung von Patienten durch die Beigeladene zu 1) sei nicht erfolgt, da er sich habe aussuchen können, ob und welche Patienten er von der Warteliste der Beigeladenen zu 1) kontaktierte. Eine Eingliederung in den Betriebsablauf sei nur insoweit gegeben gewesen, als die Beigeladene zu 1) die Abrechnung der Behandlung mit den Krankenkassen für den Kläger übernommen habe. Er habe insoweit die Beigeladene zu 1) mit der Abrechnung beauftragt und sie dafür mit 30 Prozent der Abrechnungsbeträge vergütet. Er sei nicht in einen Dienstplan eingebunden gewesen und habe sich auch nicht mit der Beigeladenen zu 1) oder mit deren fest angestellten Mitarbeitern absprechen müssen, wann er in der Praxis habe arbeiten können und ob und wann und wie er welche Patienten behandle. Zeitliche Absprachen habe es nur hinsichtlich der Räumlichkeiten gegeben. Die Beigeladene zu 1) habe ihm keinerlei Weisungen erteilt. Zutreffend sei dagegen die Einschätzung, dass er lediglich ein als gering einzuschätzendes unternehmerisches Risiko getragen habe. Er habe im wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt, habe kein eigenes Wagniskapital einzusetzen gehabt und sei am wirtschaftlichen Erfolg der Beigeladenen zu 1) nicht eigenständig und unabhängig vom Ausmaß des eigenen persönlichen Arbeitseinsatzes beteiligt gewesen. Er habe jedoch allein das Vergütungsrisiko tragen müssen, denn er habe keinen Anspruch auf ein gleichbleibendes Honorar gehabt, sondern lediglich auf Auskehrung von 70 Prozent der tatsächlich vereinnahmten Zahlungen. Das bedeute aber, dass er es allein in der Hand gehabt habe, die Höhe der Vergütung aufgrund der Anzahl der behandelnden Patienten der ordnungsgemäßen Abrechnung zu bestimmen. Bei Zahlungsausfall habe er keinen eigenständigen Vergütungsanspruch gegen die Beigeladene zu 1) erworben. Aus dem nur geringen unternehmerischen Risiko könne jedoch nicht auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden.

Gegen das ihr am 2. Oktober 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Oktober 2017 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe noch zutreffend festgestellt, dass der Kläger nur ein geringes unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt habe. Nach seinen eigenen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung sei ihm jedoch das Risiko zu hoch gewesen, eine eigene Praxis zu errichten. Der prozentuale Honorarabzug habe aber kein unternehmerisches Risiko dargestellt, da die indirekte Kostenbeteiligung nur angefallen sei, wenn der Kläger tatsächlich tätig geworden sei. Das Kostenrisiko für Praxis und Personal habe allein die Praxisinhaberin getragen. Das habe auch in Zeiten gegolten, in denen die Praxis nicht kostendeckend ausgelastet gewesen sei. Der Kläger habe insoweit einem intensiven Qualitätsmanagement unterlegen und seine Leistungen für die Beigeladene zu 1) erbracht, zumal allein die Praxisinhaberin mit den Leistungsträgern habe abrechnen dürfen. Er sei für die Ausübung der Tätigkeit auf die Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation angewiesen gewesen. Ein Tätigwerden außerhalb der in der Rahmenempfehlung-Logopädie festgelegten Strukturen sei unzulässig und könne zum Verlust der Zulassung führen. Er habe auch keine eigenen Patienten behandelt, sondern solche, die bereits auf der Warteliste der Beigeladenen zu 1) gestanden hätten. Die im Berufungsverfahren eingereichten Patientenverträge bestätigten, dass er im Namen und im Auftrag der Beigeladenen zu 1) deren Patienten behandelt habe. Der Umstand, dass ihm hinsichtlich der therapeutischen Maßnahmen keine Weisungen erteilt worden seien, trete bei der Gesamtabwägung in den Hintergrund, da die Leistungen auf ärztliche Anordnung oder Verordnung erbracht würden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er benutze für den Abschluss der Patientenverträge einen Stempel, der verdeutlichen solle, dass er der Vertragspartner sei und die volle Verantwortung trage. Er habe von Beginn an im Erstgespräch deutlich gemacht, dass er kein Angestellter sowie und in allen Belangen direkter Ansprechpartner sei. Die Praxisinhaberin fungiere als Vermittlerin und erhalte für die Dienstleistungserbringung eine Provision. Zwar habe er in der Praxis keine selbst akquirierten Patienten behandelt, das sei jedoch für den Status nicht relevant. Seit Dezember 2017 sei er in der Praxis der Beigeladenen zu 1) für 10 Stunden wöchentlich angestellt, befristet bis zum Urteilsspruch des Senates in dieser Sache. Es sei in der Praxis keine Patientenkartei für ihn geführt worden, lediglich im Abrechnungsprogramm der Praxis seien seine Patienten geführt worden. Die Patiententermine habe er ausschließlich über sein eigenes Mobiltelefon vereinbart. Er sei an zwei festen Tagen in der Praxis gewesen, da die Räumlichkeiten dann frei gewesen seien und sich dies aus den Arbeitszeiten aller anderen Mitarbeiter ergeben habe. Abrechnungskorrekturen zu seinen Lasten habe es nicht gegeben.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Die Beigeladene zu 1) hat unter anderem darauf hingewiesen, dass sie für den Kläger nur als Inkassostelle fungiert habe, da gemäß den gesetzlichen Vorgaben, Richtlinien und Verträge der gesetzlichen Krankenkassen die Abrechnung mit diesen lediglich niedergelassenen Logopäden vorbehalten sei. In der Praxis habe es eine Warteliste gegeben, aus dieser habe er sich selbständig Patienten aussuchen und einbestellen können. Dienstpläne für ihn habe es nicht gegeben, je nach Auftragslage bzw. Zeiten, zu denen die Patienten einbestellt werden konnten, hätten sich seine Arbeitszeiten ergeben. Lediglich zur Koordinierung der Räumlichkeiten habe es einen Plan gegeben. Dieser sei jedoch nicht fest gewesen die Mitarbeiter/innen hätten ihn verändern können, er habe Doppelbelegungen der Räume vermeiden sollen. Wenn der Kläger verhindert gewesen sei, hätte dem jeweiligen Patienten abgesagt werden müssen, die Behandlungen seien dann ausgefallen. Im Gegensatz zu den fest Angestellten seien seine Arbeitszeiten nicht geregelt gewesen. Anders als die Angestellten der Praxis, die auch in den Praxisablauf eingebunden gewesen seien und z.B. das Wartezimmer hätten aufräumen und Neuanmeldungen annehmen sowie die Warteliste verwalten müssen, sei der Kläger in diesen Ablauf nicht eingebunden gewesen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, Urlaubszeiten mit der Praxisinhaberin zu besprechen. Er habe seine Materialien selbst beschafft. Er habe Patienten selbst einbestellen und auch ablehnen können. Außerdem sei ihm die Zeit der Vor- und Nachbereitung nicht bezahlt worden, den angestellten Kolleginnen und Kollegen hingegen schon. Die von ihm geplanten Werbemaßnahmen seien noch nicht angelaufen, da die Selbständigkeit von der Beklagten nicht bestätigt worden sei. Ein Brief an umliegende Heime, in dem er seine Dienste angeboten habe, habe er bereits verfasst, aber noch nicht versandt.

Der Kläger hat die Behandlungsverträge aus der streitigen Zeit zum Verfahren eingereicht sowie die weiteren Verträge über seine freie Mitarbeit mit anderen Auftraggebern. Darüber hinaus hat er die Abrechnungen für die streitige Zeit zu den Akten gereicht.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und geheimen Beratung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2017 ist zulässig und begründet. Die Klage gegen den Bescheid vom 18. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2016 ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 SGG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet, denn zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der Zeit ab dem 7. März 2016 bis zum 25. November 2016 (Ende des Auftragsverhältnisses) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch, SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch, SGB III) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nach den genannten Rechtsgrundlagen ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - insbesondere bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, und des Senats, vgl. Urteil vom 14. Juni 2017, L 9 KR 354/13, Rn. 84, jeweils juris).

Gemessen daran hat zur Überzeugung des Senats das Sozialgericht zu Unrecht entschieden, dass im Falle des Klägers diejenigen typusbildenden Merkmale überwiegen, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Zwar liegen Merkmale einer selbständigen Tätigkeit vor; doch die für die Beschäftigung sprechenden Merkmale, insbesondere die Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und fehlende ins Gewicht fallende Merkmale wie ein Unternehmerrisiko und ein eigenständiges Auftreten am Markt geben im Rahmen der Gesamtwürdigung den Ausschlag für das Vorliegen von Beschäftigung. Ausgangspunkt für die vorzunehmende Gesamtwürdigung sind zunächst die vertraglichen Regelungen, welche der Tätigkeit zugrunde liegen. Vorliegend wurde zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger ein schriftlicher, ihre Rechtsbeziehungen regelnder, Vertrag geschlossen. Nach diesem sollte das Verhältnis zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger im Rahmen einer selbständigen freien Mitarbeit durchgeführt werden. Dies ergibt sich sowohl aus der Bezeichnung des Vertrags als auch teilweise aus seinen Regelungen. Beabsichtigt war ein Vertrag über eine "freie Mitarbeit", damit ein Dienstvertrag i.S. des § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Dem entspricht, dass keine festen Arbeitszeiten vereinbart wurden und Weisungen in Bezug auf Art und Weise der therapeutischen Behandlungen durch die Beigeladene zu 1) an den Kläger nach § 3 des Vertrags nicht erteilt wurden. Auch wurde kein fester Stundensatz oder ein monatliches Arbeitsentgelt vereinbart, sondern eine prozentuale Vergütung abhängig von Art und Anzahl der therapeutischen Leistungen des Klägers. Vorgaben zur Anzahl der von ihm zu behandelnden Patienten vereinbarten die Beigeladene zu 1) und der Kläger nicht, so dass er in gewissem Maße die Höhe seiner Vergütung durch die Anzahl der behandelten Patienten steuern konnte. Dem Umstand, dass Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld nach § 5 des Vertrags ausgeschlossen waren, kommt demgegenüber kein entscheidendes Gewicht zu, denn es ist typisch, dass bei Vertragsgestaltungen, bei denen von selbständiger Tätigkeit ausgegangen wird, solche den Arbeitnehmer schützenden Rechte nicht vereinbart werden und insoweit ein einseitiges Risiko besteht. Besteht gleichwohl nach den Kriterien des § 7 SGB IV ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, finden die entsprechenden arbeitnehmerschützenden Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (§§ 1, 2 BUrlG) und des Entgeltfortzahlungsgesetzes (§§ 1, 3 EntgFG) Anwendung. Sie stehen gerade nicht zur Disposition der Vertragsparteien (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG, § 12 EntgFG). Schließlich rechtfertigt allein die Belastung des Beschäftigten mit solchen zusätzlichen Risiken nicht die Annahme von Selbständigkeit (BSG, Urteil vom 25. Januar 2001, B 12 KR 17/00 R, Rn. 24, juris).

Demgegenüber spricht für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung eine - wenn auch begrenzte - Eingebundenheit des Klägers in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1) und ein nicht nennenswertes Unternehmerrisiko. Unter Betrieb ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer mit Hilfe sächlicher oder sonstiger Mittel ein bestimmter arbeitstechnischer Zweck fortgesetzt verfolgt wird. Eine Eingliederung liegt unter anderem dann vor, wenn die Person mit Betriebsmitteln und in Räumen des Auftraggebers arbeitet und sie mit Personal des Auftraggebers zusammenarbeitet (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 25 SGB III, Rn. 21) Der Kläger war zwar nicht in das Team der Praxis der Beigeladenen zu 1) integriert, aber gleichwohl noch hinreichend in eine für ihn fremde vorgegebene Arbeitsorganisation arbeitsteilig eingebunden. So nahm er zwar nicht wie die fest angestellten Mitarbeiter regelmäßig an den Teambesprechungen teil und übernahm keine Urlaubs- und Krankheitsvertretungen, wurde selbst auch nicht von anderen vertreten. Er war in bestimmte Tätigkeiten, wie das Aufräumen des Wartezimmers und Annahme von Neuanmeldungen nicht eingebunden. Er erhielt im Unterschied zu den als fest angestellt geführten Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen von der Praxisinhaberin keine Patienten (einseitig) zugewiesen, sondern konnte sich diese aus einer Warteliste der Praxis aussuchen. Er hat sich aber mit diesem Modus mit seinen Behandlungen räumlich-zeitlich in den laufenden Betrieb der Praxis integriert. Er hat (ausschließlich) Patienten oder solche, die es werden wollten (Warteliste), der Logopädie Praxis der Beigeladenen zu 1) behandelt. Er hat die Behandlungen in deren Behandlungsräumen vorgenommen, wenn diese frei waren, d.h. nicht von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern belegt waren. Zumindest dafür hatte er sich mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin abzustimmen. Insoweit ist nach der Darstellung von Kläger und Beigeladener zu 1) davon auszugehen, dass die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Recht des ersten Zugriffs auf die zur Verfügung stehenden Behandlungsräume und –zeiten hatten und der Kläger sich freie Räume und Zeiten suchen musste. Dies unterscheidet ihn aber nur unwesentlich von Aushilfs- oder Teilzeitkräften, die bei Belastungsspitzen lückenfüllend tätig werden und sich in freie Behandlungsräume und Zeiten und damit im Ergebnis in vorgegebene Organisationsabläufe einordnen müssen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R -, BSGE (vorgesehen), Rn. 30, juris).

Die Eingliederung des Klägers in den Praxisbetrieb ist zwar eine grobmaschigere als bei den übrigen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern, aber für die Annahme einer Beschäftigung noch ausreichend. Dies ergibt sich bereits aus dem konkreten Ablauf der Patientenaufnahme. Der Erstkontakt zu den Patienten fand zwar nicht über das Praxistelefon und eine Rezeption der Beigeladenen zu 1) statt. Der Kläger hat vielmehr einen eigenen Patientenkalender geführt und kommunizierte mit den Patienten allein über sein Mobiltelefon. Anderes war zumindest nicht nachweisbar. Umgekehrt haben die anderen Mitarbeiter für ihn keine Termine oder die Absage von solchen koordiniert. Für seine Einbindung in den Praxisbetrieb spricht aber, dass er die Patienten ausschließlich aus der praxisinternen Warteliste generiert hat, also nicht selbst akquiriert. Außerdem hat er die Behandlungsverträge auf Praxispapier unter der Adresse, dem Logo und vor allem "im Auftrag" der Praxis der Beigeladenen zu 1) geschlossen. Die dabei stets verwendete Formulierung "im Auftrag" bedeutet im Schrift- und Geschäftsverkehr, aber auch umgangssprachlich, dass der Unterzeichnende als Stellvertreter eines Dritten und damit (im Zweifel) für diesen tätig wird und auftritt. Auf Grundlage der Verträge hat er die einzelnen Behandlungen im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) als ein fremdes Geschäft, nämlich ihres, und nicht als eigenes geführt. Aus dem Ganzen folgt: nur die Beigeladene zu 1) trat nach außen hin als Praxisbetreiberin und verantwortliche Heilmittelerbringerin auf. Der Kläger hingegen wurde von den Patienten nach den Umständen als Mitarbeiter ihrer Praxis wahrgenommen. Für eine Eingliederung spricht des Weiteren, dass der Kläger zwei feste Tage pro Woche in der Praxis gearbeitet hat und damit regelmäßig am Praxisalltag teilnahm. Außentermine oder Hausbesuche nahm er nicht wahr. Er hat keinerlei Abrechnungstätigkeiten übernommen, sondern, wie die übrigen Angestellten, allein die "bearbeiteten" ärztlichen Verordnungen bei der Beigeladenen zu 1) abgeliefert, die dann die Abrechnungen erstellte. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, juris) nicht allein aus dem Umstand, dass nur die Beigeladene zu 1) eine Zulassung als Heilmittelerbringerin nach § 124 SGB V hatte, bereits auf eine abhängige Beschäftigung geschlossen werden. Jedoch spricht die im vorliegenden Fall konkret erfolgte Abrechnung allein durch die Beigeladene zu 1) ebenfalls für eine Eingliederung des Klägers in ihren Betrieb. Nach außen trat allein die Praxis der Beigeladenen zu 1) in Erscheinung, die die Abrechnung auch für die Behandlungen des Klägers unter ihrem Namen vornahm.

Schließlich spricht für eine abhängige Beschäftigung, dass die Beigeladene zu 1) auch gegenüber den verordnenden Ärzten als die verantwortliche Heilmittelerbringerin in Erscheinung trat. Das zeigt sich an den Behandlungsverträgen, die der Kläger mit den Patienten geschlossen hat (dazu oben). Zwar beruft sich die Beigeladene zu 1) darauf, ihm keine inhaltlichen Weisungen gegeben und keine Kontrolle des Klägers vorgenommen zu haben und auch nicht die fachliche Verantwortung für seine Behandlungen getragen zu haben, die der Kläger durchführte. Gerade bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht aber aufs Stärkste eingeschränkt sein (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R -, BSGE (vorgesehen), Rn. 28, juris). Im Übrigen dürfte der Vortrag aber schon deshalb nicht zutreffen, weil die Beigeladene zu 1) ihrerseits nach der Zulassungsempfehlung nach § 124 Abs. 4 SGB V des GKV-Spitzenverbandes für Heilmittelerbringer in der Fassung vom 26. November 2018 und den (Rahmen-) Verträgen gemäß § 125 SGB V im Verhältnis zu den Sozialleistungsträgern, wie den Krankenkassen dazu verpflichtet ist, die Gewähr für eine fachgerechte und qualifizierte Ausführung der (Kassen-) Leistung in der Logopädie Praxis zu übernehmen. Ziff. 3.5 der obigen Zulassungsempfehlung des GKV-Spitzenverbandes bestimmt dazu:

"Die fachliche Leitung einer Heilmittelpraxis trägt die fachliche Verantwortung für Qualitätssicherung sowie dafür, dass die Patienten auf dem aktuellen Stand der medizinischen Kenntnisse ordnungsgemäß und qualifiziert auf Basis der ärztlichen Verordnung durch entsprechend qualifiziertes therapeutisches Fachpersonal behandelt werden."

Der Senat geht davon aus, dass die Beigeladene zu 1) ihre Praxis entsprechend dieser Regelungen organisiert. Schließlich sind solche regulatorischen Vorgaben und Rahmenbedingungen bei der Gewichtung der Indizien zur Statusfeststellung zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R -, BSGE (vorgesehen), Rn. 25 f., juris). Obige Pflicht aus der Zulassung bedingt aber für die Beigeladene zu 1), dass sie sich ihrer Einflussmöglichkeiten auf das Leistungsgeschehen in ihrer Praxis nicht vollständig entkleiden kann und nur die Abrechnung übernimmt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Patientenakten der vom Kläger behandelten Patienten in der Praxis der Beigeladenen zu 1) verblieben sind und damit sie und nicht der Kläger die Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufbewahrung und anschließende datenschutzrechtlich nicht zu beanstandende Vernichtung der Patientenakten übernahm. Bereits diese Gesamtumstände sprechen deutlich dagegen, die Beigeladene zu 1) (im Verhältnis zum Kläger) lediglich als Inkassostelle zu begreifen.

Demgegenüber fehlt es der Tätigkeit des Klägers an einem für eine selbständige Tätigkeit typischem Unternehmerrisiko. Wesentliches Kriterium dafür ist, ob eigenes Kapital auch unter Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, so dass der Erfolg des Einsatzes der Mittel ungewiss ist (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, B 12 KR 13/07, Rn. 27, juris). Der Kläger musste kein eigenes Wagniskapital einsetzen. Auch setzte er sich nicht der Gefahr aus, nicht nur keine Einnahmen zu erzielen, sondern mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen werden. Er hatte keinen festen Betrag für die Nutzung der Ausstattung und der Räumlichkeiten an die Beigeladene unabhängig von der tatsächlichen Nutzung zu zahlen. Aufgrund der getroffenen Vergütungsabrede entstanden ihm keine Kosten, wenn er keine Einnahmen erzielte. Der in Ziff. 4 des Vertrags über die freie Mitarbeit vereinbarte Abschlag fiel nur bei einem Gegenanspruch auf Vergütung an und wurde direkt mit diesem verrechnet. Dies bestätigen die vorgelegten Rechnungen, die ausgehend von dem Honorar für die Behandlungen, den Abschlag berücksichtigten. Am Gewinn und Verlust der Logopädie Praxis der Beigeladenen zu 1) war der Kläger dagegen gerade nicht beteiligt. Ein begrenztes unternehmerisches Risiko bestand für ihn insoweit, als er keinen Anspruch hatte, eine bestimmte Anzahl von Patienten der Beigeladenen zu 1) behandeln zu können. In dieser Hinsicht war er von der Auslastung der Praxis der Beigeladenen zu 1) für den Umfang seiner Einnahmen abhängig. Ein begrenztes Risiko ergab sich zudem in dem Maße, in dem die Beigeladene zu 1) sich vertraglich die Möglichkeit eröffnet hatte, seinen Vergütungsanspruch zu kürzen, wenn es zu Absetzbeträgen seitens der Krankenkassen, mit denen sie abrechnete, gekommen wäre. Bereits die weitere von der Beigeladenen zu 1) genannte Kürzungsmöglichkeit, nämlich dass Privatpatienten, die der Kläger behandelt hat, die Rechnung nicht bezahlen, war dagegen vom Vertrag mit dem Kläger bereits nicht abgedeckt. Ziff. 4 des Vertrags eröffnete die Korrektur oder Stornierung für diesen Fall nicht. Der Kläger trug also insoweit kein Inkassorisiko. Im Hinblick auf die vertraglich vorgesehene Stornierung oder Abrechnungskorrektur durch die Krankenkassen sind für den Kläger in dem streitigen Zeitraum keine Abrechnungskorrekturen angefallen.

Der Kläger trat auch nicht selbst als Unternehmer am Markt auf. So betrieb er keine Eigenwerbung und keine eigene Patientenakquise. Diese erfolgte ausschließlich über die Warteliste der Beigeladenen zu 1). Nicht zu berücksichtigen ist, dass er nach eigenen Angaben von einer geplanten Akquise Abstand genommen hat, nachdem die Beklagte seine Selbständigkeit nicht anerkannt hat. Dies beruhte auf seiner eigenen Entscheidung. § 7 SGB IV knüpft sozialrechtliche Folgen an außersozialrechtliche Tatbestände wie die Erwerbstätigkeit und ihren konkret gewählten Zuschnitt (zum privatrechtsabhängigen Sozialrecht, Eichenhofer in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, IV, X, § 32 SGB I Rn. 6).

Für die Patienten war nicht erkennbar, dass der Kläger selbst eigenständiger Unternehmer gewesen sein soll. Er erbrachte seine Leistungen nur in eigener Person und beschäftigte keine Mitarbeiter. Er verfügte auch über keine eigene Betriebsstätte. Nur teilweise setzte er eigene Arbeitsmittel wie Therapiematerial/Spiele und Büromaterial ein. Die Kosten für deren Neuanschaffung sind als Wagniskapital im Vergleich zu den Praxis- und Einrichtungskosten, insbesondere Miet- und Personalkosten, von untergeordneter Bedeutung. Im Übrigen war er nach dem Vertrag auch zur Nutzung der Einrichtung der Praxisräume berechtigt und bezahlte hierfür mit dem Honorarabschlag (Ziff. 4 Satz 1 des Vertrags über eine freie Mitarbeit).

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Kläger für mehrere Auftraggeber tätig war. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R -, BSGE (vorgesehen), Rn. 33, juris). Die weiteren Umstände sprechen im Fall des Klägers gerade nicht für eine Selbständigkeit.

Zur Annahme der Selbständigkeit führt vorliegend auch nicht allein die Vergütungshöhe. Selbst wenn man den Ausführungen des Klägers folgend davon ausgeht, dass er eine Vergütung erhielt, die mehr als doppelt so hoch war wie die durchschnittliche Vergütung als angestellter Logopäde und damit die Finanzierung einer hinreichenden Eigenvorsorge (Alter, Krankheit, Erwerbsunfähigkeit etc.) zuließ, so ist dies nur ein Indiz von vielen, welches in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R -, BSGE 123, 50-62, Rn. 50). Angesichts des Überwiegens der übrigen Indizien kann es allein nicht zur Begründung einer Selbständigkeit führen.

Schließlich lässt aus § 2 Nr. 2 SGB VI keine andere Bewertung zu. Sind selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege arbeiten und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, (als Selbständige) versicherungspflichtig allein in der gesetzlichen Rentenversicherung, so umfasst der Begriff der "Krankenpflege" zwar auch Logopäden als auf Verordnung eines Heilkundigen in der Krankenbehandlung Tätige (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 5 RE 17/14 R -, Rn. 32/33 ff.). Diese Vorschrift setzt aber eine Selbständigkeit der Tätigkeit voraus, fingiert oder vermutet sie aber nicht allein aufgrund der ausgeführten Tätigkeiten (so jetzt auch BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R -, BSGE (vorgesehen), Rn. 17, juris für Pflegekräfte). Sie hat mit anderen Worten Personen zum Gegenstand, die nicht bereits aufgrund sonstiger, allgemeiner Maßstäbe nach § 7 SGB IV, versicherungspflichtig sind, sondern nach diesen Grundsätzen selbständig sind (dazu Urteil des Senats vom 30. Januar 2019 - L 9 KR 553/16 -, Rn. 47, juris). Schließlich folgt aus dem Vorstehenden nicht, dass Logopäden nie selbständig tätig sein können. Dies hängt nicht am Berufs- oder Tätigkeitsfeld, sondern an der konkreten vertraglichen Ausgestaltung im Einzelfall (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R -, BSGE (vorgesehen), Rn. 16, juris für Pflegekräfte).

Die Beschäftigung begründete Versicherungspflicht ab dem Tag der Aufnahme der Tätigkeit bis zum Ende zum 25. November 2016 (förmliche Kündigung vom 2. Dezember 2016). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved