L 12 B 16/03 RJ

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 13 RJ 1426/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 12 B 16/03 RJ
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es ist nicht Sinn des § 109 SGG, dass das Gericht von seiner Aufklärungspflicht entlastet wird und dass notwendige und sachgerechte Ermittlungen, die von Amts wegen durchgeführt werden müssten, vom Kläger mit der Folge übernommen werden, dass er für die Kosten einzutreten hätte. Wenn anstelle einer notwendigen Sachaufklärung von Amts wegen ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt wird, darf dieses hinsichtlich der Kosten nicht anders behandelt werden, wie ein Gutachten von Amts wegen behandelt würde.
Der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 16. Januar 2003 wird aufgehoben. Die Kosten für das am 23. August 2001 durch Dr. K., K., erstattete Gutachten nach § 109 SGG werden von der Staatskasse übernommen.

Gründe:

I.

In dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit stritten die Beteiligten um Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Der Kläger hatte mit der Klage vom 3. August 2000 eine ärztliche Bescheinigung seiner Hausärztin Dr. S.-T., D., vom 13. Juni 2000 vorgelegt, in der ausgeführt ist, dass er nicht mehr in der Lage sei, einer regelmäßigen Berufstätigkeit nachzugehen. Aus einem weiteren vom Kläger eingereichten Arztbrief des Universitätsklinikums G., wo umfangreiche internistische Untersuchungen stattgefunden hatten, sind vor allem Befunde an den Verdauungsorganen zu entnehmen. Aus einem vom Gericht eingeholten Befundbericht des Nervenarztes R., R-Klinik H., vom 20. Oktober 2000 ergibt sich, dass neben den organischen Befunden auch solche des psychiatrischen Fachgebietes im Sinne einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion als Folge einer lang anhaltenden Belastungssituation bei ungeklärtem Krankheitsbild bestehen. Eine entsprechende Behandlung habe bisher nicht stattfinden können, weil der Kläger zwischenzeitlich zur stationären Behandlung in den D-Kliniken D. aufgenommen worden sei. Dort war der Kläger wegen einer akuten Gastritis behandelt worden. Mit Beweisanordnung vom 23. Juli 2001 hat das Sozialgericht den Arzt für Innere Krankheiten, Dr. K., K., mit der Erstellung eines fachinternistischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. Das Gutachten wurde am 23. August 2001 erstellt. Darin ist ausgeführt, dass der Kläger grundsätzlich noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Wegen der psychosomatischen Zusammenhänge bedürfe es aber einer mittlerweile eingeleiteten stationären Maßnahme, von deren Ergebnis es abhänge, ob und in welchem Umfang dem Kläger für die sozialmedizinisch machbar erachteten Tätigkeiten rehabilitiert werden könne. Im weiteren Verlaufe des Rechtsstreites wurde ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. G., K., vom 11. Juli 2002 nach § 109 SGG eingeholt. Dieser Sachverständige hielt den Kläger wegen phobischer Störungen nicht mehr für fähig, berufliche Tätigkeiten zu verrichten. Der Rechtsstreit endete durch einen Vergleich, in dem die Beklagte Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. September 2000 anerkannte. Die Kosten für das bei Dr. G. eingeholte Gutachten wurden auf die Staatskasse übernommen. Eine Übernahme der Kosten des Gutachtens durch Dr. K. lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 16. Januar 2003 ab. Dagegen hat der Kläger am 20. Februar 2003 fristgerecht Beschwerde eingelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Zum Zeitpunkt der Gutachtenseinholung war der Rechtsstreit in keiner Weise aufgeklärt. In Anbetracht der vorliegenden medizinischen Unterlagen, in denen auch ausdrücklich auf ein ungeklärtes Krankheitsbild hingewiesen worden war, hätte sich das Sozialgericht gedrängt fühlen müssen, von Amts wegen den medizinischen Sachverhalt aufzuklären. Aus den vorliegenden Unterlagen war eine psychosomatische Problemlage zu erkennen. Es hätten deshalb Feststellungen auf psychiatrischem Fachgebiet getroffen werden müssen, genauso naheliegend wäre es jedoch gewesen, zunächst die internistisch-organische Komponente des Krankheitsbildes zu bestimmen, um eine Basis für die dann folgenden psychiatrischen Untersuchungen zu gewinnen. Die Einholung eines internistischen Gutachtens von Amts wegen wäre deshalb sachgerecht gewesen.

Es ist nicht Sinn der Regelung des § 109 SGG, dass das Gericht von seiner Aufklärungspflicht entlastet wird und dass notwendige und sachgerechte Ermittlungen, die von Amts wegen durchgeführt werden müssten, vom Kläger mit der Folge übernommen werden, dass er für deren Kosten einzutreten hätte. Wenn anstelle einer notwendigen Sachaufklärung von Amts wegen ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt wird, darf dieses hinsichtlich der Kosten nicht anders behandelt werden, wie ein Gutachten von Amts wegen behandelt würde: Es sollte also auf einen Kostenvorschuss verzichtet werden. Jedenfalls müssen die Kosten nachträglich von der Staatskasse übernommen werden, unabhängig davon, zu welchem Ergebnis das Gutachten gekommen ist.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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