Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 12 SF 199/16 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AS 241/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe hat die Bedeutung eines Einzelfallkriteriums, das bei der im Rahmen des § 14 RVG vorzunehmenden Gesamtabwägung aller Umstände angemessen zu berücksichtigen ist.
2. Die Staatskasse kann sich nicht auf eine direkte Anrechnung gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG berufen und von der von ihr geforderten Verfahrensgebühr aufgrund von § 15a Abs. 1 RVG die hälftige Geschäftsgebühr in Abzug bringen, denn § 15a Abs.1 RVG enthält eine solche Anrechnungsregelung nicht.
3. Für die Staatskasse tritt bei regelgerechter Anrechnung gemäß § 58 Abs. 2 RVG das gleiche Gesamtergebnis ein, welches der Auftraggeber über § 15a Abs. 1 RVG erreicht.
2. Die Staatskasse kann sich nicht auf eine direkte Anrechnung gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG berufen und von der von ihr geforderten Verfahrensgebühr aufgrund von § 15a Abs. 1 RVG die hälftige Geschäftsgebühr in Abzug bringen, denn § 15a Abs.1 RVG enthält eine solche Anrechnungsregelung nicht.
3. Für die Staatskasse tritt bei regelgerechter Anrechnung gemäß § 58 Abs. 2 RVG das gleiche Gesamtergebnis ein, welches der Auftraggeber über § 15a Abs. 1 RVG erreicht.
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 17. April 2018 abgeändert und die Vergütung des Beschwerdeführers für die Tätigkeit als beigeordneter Rechtsanwalt im Verfahren S 12 AS 921/14 auf insgesamt 263,59 EUR festgesetzt; im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus Prozesskostenhilfe festzusetzenden Rechtsanwaltsvergütung.
Im Ausgangsverfahren (S 12 AS 921/14) begehrte der Kläger vor dem Sozialgericht Wiesbaden die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014. Streitig war in diesem Zusammenhang das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu einer Mitbewohnerin des Klägers. Nach Vorlage einer Klagebegründung am 4. Februar 2015 übersandte die Beklagte einen Teilabhilfebescheid vom 15. Juli 2015, durch welchen ab dem 1. Juni 2014 höhere Leistungen (höherer Regelbedarf) gewährt wurden. Das Klageverfahren endete durch gerichtlichen Vergleichsbeschluss vom 18. Juli 2016, wonach die Beklagte dem Kläger 38,50 EUR zahlt, damit das Klageverfahren erledigt ist und die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte trägt.
Der Beschwerdeführer hatte zuvor mit Klageerhebung am 24. November 2014 einen Antrag auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung gestellt, den das Sozialgericht durch Beschluss vom 12. Oktober 2015 mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt hatte. Der Beschwerdeführer beantragte am 19. November 2015 erneut die Gewährung von Prozesskostenhilfe; durch Beschluss vom 7. Juli 2016 bewilligte das Sozialgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab dem 19. November 2015 unter Beiordnung des Beschwerdeführers.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2016 machte der Beschwerdeführer folgende Gebühren zur Festsetzung gegenüber der Beklagten geltend:
I. Vorverfahren
Geschäftsgebühr §§ 2, 13 RVG, 2302 VV-RVG 300,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 320,00 EUR
19% Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 60,80 EUR
Gesamtbetrag 380,80 EUR
II. Klageverfahren
Verfahrensgebühr §§ 3, 14 RVG, 3102 VV-RVG 300,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -75,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 270,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006, VV-RVG 300,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Dokumentenpauschale, 23 Kopien, 7000 Nr. 1a VV-RVG 11,50 EUR
Zwischensumme netto 826,50 EUR
19% Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 157,04 EUR
Gesamtbetrag 983,54 EUR
Gesamtbetrag I. und II. 1.364,30EUR
hiervon zu erstatten (1/2) 682,17 EUR
Die Beklagte teilte am 16. August 2016 mit, dass die geltend gemachten Kosten gezahlt worden seien.
Der Beschwerdeführer beantragte am 5. August 2016 die Festsetzung der Gebühren aus Prozesskostenhilfe in Höhe von 491,77 EUR. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle kürzte die Gebührenrechnung wie folgt:
Verfahrensgebühr, 3102 VV-RVG 210,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -75,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 189,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006 VV-RVG 210,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Dokumentenpauschale, 23 Kopien, 7000 Nr. 1a VV-RVG 11,50 EUR
Zwischensumme netto 565,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 107,45 EUR
Gesamtbetrag 672,95 EUR
abzüglich Anteil der Beklagten 491,77 EUR
Endsumme 181,18 EUR
Hinsichtlich der Kürzung wurde im Beschluss der Urkundsbeamtin vom 24. August 2016 ausgeführt, dass bei Bestimmung der Verfahrensgebühr der kurze Beiordnungszeitraum zu berücksichtigen sei, da Prozesskostenhilfe erst ab dem 19. November 2015 bewilligt worden sei. Es sei daher ein Abschlag von 30 % angemessen.
Der Beschwerdeführer legte am 31. August 2016 Erinnerung ein. Er verwies zur Begründung darauf, dass sich die Beiordnung gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) auf die gesamte Tätigkeit erstrecke und damit auch auf den Zeitraum vom 24. November 2014 bis 18. November 2015. Selbst wenn dies wegen § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG nicht gelten würde und die Prozesskostenhilfevergütung nur auf einen Betrag in Höhe 672,95 EUR festzusetzen wäre, würde sein Anspruch sich wegen § 58 Abs. 2 RVG trotzdem auf 491,77 EUR belaufen. Hinsichtlich des Differenzbetrages zwischen der ihm tatsächlich zustehenden Vergütung in Höhe von 983,54 EUR und der aufgrund des eingeschränkten Beiordnungszeitraums geringeren Vergütung in Höhe von 672,95 EUR, mithin eines Betrages in Höhe von 310,90 EUR, sei die Erstattungszahlung der Beklagten nicht auf die Prozesskostenhilfevergütung anzurechnen. Eine Anrechnung dürfe nur bezüglich des verbleibenden Betrages in Höhe von 181,18 EUR erfolgen. So bleibe es bei einem im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstattenden Betrages in Höhe von 491,77 EUR.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung am 7. September 2016 nicht ab.
Der Beschwerdegegner vertrat die Ansicht, dass hinsichtlich des Streitgegenstandes des Klageverfahrens, auf den sich der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfegewährung erstreckt habe, eine halbe Mittelgebühr als Verfahrensgebühr angemessen sei. Der Streitgegenstand habe nur einen Betrag in Höhe von 69,00 EUR umfasst. Gleiches gelte für die Einigungsgebühr. Die Terminsgebühr betrage 90 % der Verfahrensgebühr. Die Kosten für Kopien seien nicht erstattungsfähig, da sie nicht während des Wirkzeitraums der Prozesskostenhilfegewährung gefertigt worden seien. Hinsichtlich der zu erfolgenden Anrechnungen sei zwischen zwei Rechtsverhältnissen zu unterscheiden: auf der einen Seite das zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens und auf der anderen Seite das zwischen dem Kläger und dem Beschwerdeführer als dessen Prozessbevollmächtigten. Die Anrechnungen ergäben sich aus § 15a RVG und § 58 Abs. 2 RVG. Es ergebe sich daher folgende Kostenaufstellung:
Verfahrensgebühr, 3102 VV-RVG 150,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -150,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 135,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006 VV-RVG 150,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 305,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 57,95 EUR
Gesamtbetrag 362,95 EUR
abzüglich hälftiger Anteil der Kostenerstattung aus der Regelvergütung begrenzt auf die hälftige Prozesskostenhilfe-Vergütung -181,48 EUR
Abzüglich Differenz zwischen Gebührenbestimmung und Regelvergütung (491,77 EUR - 447,14 EUR), § 58 RVG -44,63 EUR
Endsumme aus Prozesskostenhilfe 136,84 EUR
Das Sozialgericht änderte durch Beschluss vom 17. April 2018 die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin ab und setzte die zu erstattenden Kosten auf 167,49 EUR fest. Zur Begründung führte es aus, dass hinsichtlich des verkürzten Wirkzeitraums ein Abschlag in Höhe von 30 % auf die Mittelgebühr der Verfahrensgebühr angemessen sei und auch die weiteren Gebühren entsprechend zu kürzen seien. Aus der Regelung des § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG könne nicht entnommen werden, dass die gesamte anwaltliche Tätigkeit bei der Prozesskostenhilfefestsetzung zu berücksichtigen sei. Ebenso sei die nach § 58 Abs. 2 RVG vorgenommene Anrechnung nicht zu beanstanden. Der von der Beklagten erstattete Betrag in Höhe von 491,77 EUR für das Klageverfahren sei in voller Höhe in Abzug zu bringen (Verweis auf Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Juni 2014, L 2 AS 568/13 B, juris). Hinsichtlich der Anrechnung der gezahlten Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr sei dem Beschwerdegegner nicht zu folgen, es könnten nur 75,00 EUR angerechnet werden, mithin die Hälfte der gezahlten Geschäftsgebühr. Die Kopierkosten seien nicht zu erstatten. Es ergebe sich folgende Kostenrechnung:
Verfahrensgebühr, 3102 VV-RVG 210,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -75,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 189,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006 VV-RVG 210,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 554,00 EUR
19% Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 105,26 EUR
Gesamtbetrag 659,26 EUR
abzüglich Anteil Prozessgegner 491,77 EUR
Endsumme aus Prozesskostenhilfe 167,49 EUR
Der Beschwerdeführer hat gegen den ihm am 23. April 2018 zugestellten Beschluss am 26. April 2018 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht am 22. August 2018 nicht abgeholfen hat.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass wegen § 48 Abs. 4 RVG seine gesamte Tätigkeit auch im Rahmen der Prozesskostenhilfevergütung zu berücksichtigen sei. Zudem sei § 58 Abs. 2 RVG nicht beachtet worden, so dass die Anrechnung des gesamten von der Beklagten gezahlten Betrages in Höhe von 491,77 EUR fehlerhaft sei. Letztlich sei auch kein Betrag in Höhe von 75,00 EUR auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 17. April 2018 abzuändern und die ihm zustehende Prozesskostenhilfevergütung auf einen Betrag in Höhe von 491,77 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdegegner schließt sich nunmehr hinsichtlich der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr der Auffassung der Urkundsbeamtin und des Sozialgerichts an. Weiterhin ist er aber der Ansicht, dass der Wirkzeitraum im Rahmen der Bestimmung gemäß § 14 RVG zu berücksichtigen sei. Nach Durchsicht der Sach- und Rechtslage sei zudem davon auszugehen, dass die Beschwerde hinsichtlich der Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG und der unmittelbaren Anwendung des § 15a RVG sowie der vollständigen Beklagtenzahlung in Bezug auf § 58 Abs. 2 letzter HS RVG begründet sei.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und die Gerichtsakte zum Rechtsstreit S 12 AS 921/14 nebst Prozesskostenhilfe-Heft verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG in voller Besetzung, da die zuständige Einzelrichterin den Rechtsstreit durch Beschluss vom 4. April 2019 wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat.
Die Beschwerde ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 EUR, § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG. Die Beschwerde ist zudem innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG erhoben worden, da der Beschluss vom 17. April 2018 dem Beschwerdeführer am 23. April 2018 zugestellt worden und die Beschwerde am 26. April 2018 eingegangen ist.
Die Beschwerde ist auch teilweise begründet. Dem Beschwerdeführer steht ein Vergütungsanspruch von insgesamt 263,59 EUR zu.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das Sozialgericht gewährte dem Kläger des Ausgangsverfahrens mit Beschluss vom 7. Juli 2016 mit Wirkung vom 19. November 2015 Prozesskostenhilfe und der Kläger des Ausgangsverfahrens war kostenprivilegierter Beteiligter i.S.d. § 183 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1). Bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm ein Spielraum bzw. Toleranzgrenze von 20 % zusteht (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30-41). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Im Fall einer nicht verbindlichen, d.h. nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt, wird die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt. Der gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (Kostenbeamter), im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die von dem Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen.
Die geltend gemachte Verfahrensgebühr des Ausgangsverfahrens gemäß Nr. 3102 VV RVG ist zu hoch bemessen.
Zunächst war die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger als überdurchschnittlich anzusehen. In Bezug hierauf kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, § 14 RVG, Rn. 5). Die Geltendmachung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und eine damit einhergehende Gefährdung seines Existenzminimums stellte eine gravierende Beeinträchtigung des Klägers dar. Demgegenüber waren die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers weit unterdurchschnittlich. Dieser Umstand würde es allein zwar rechtfertigen, eine Herabbemessung der Mittelgebühr vorzunehmen. Denn die Kriterien nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Im vorliegenden, wie in den allermeisten Fällen der Streitigkeiten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, gehen jedoch schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit einher, so dass eine Kompensation dieser Kriterien eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, juris; OLG Thüringen, Beschluss vom 2. Februar 2005, 9 Verg. 6/04, JurBüro 2005, 303, 305 f.; vgl. auch Beschluss des Senats vom 16. Juni 2015, L 2 AS 625/14 B, juris). Ein besonderes Haftungsrisiko, das die Gebühr erhöhen könnte, ist nicht ersichtlich. Maßgeblich waren demnach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, die die Ansetzung der Mittelgebühr rechtfertigen, da es im vorliegenden Fall um die Frage des Vorliegens einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ging.
Darüber hinaus hat der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe die Bedeutung eines Einzelfallkriteriums, das bei der im Rahmen des § 14 RVG vorzunehmenden Gesamtabwägung aller Umstände angemessen zu berücksichtigen ist (siehe hierzu auch Beschlüsse des Senats vom 12. September 2000, L 2 SF 58/99 RJ, vom 13. Januar 2011, L 2 SF 752/10 E und L 2 SF 73/10 E, vom 13. Dezember 2011, L 2 AS 363/11 B, juris, vom 21. Dezember 2011, L 2 AL 147/11 B, juris und L 2 AS 708/13 B, juris). Hiernach ist für die Bemessung der Rahmengebühr nicht das gesamte Verfahren, sondern lediglich der konkrete Beiordnungszeitraum maßgeblich. Dies ergibt sich auch aus § 48 Abs. 4 RVG, wonach die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe erstreckt, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. So liegt der Fall hier: Im Ausgangsverfahren S 12 AS 921/14 wurde nach Klageeingang am 24. November 2014 Prozesskostenhilfe erst mit Wirkung ab dem 19. November 2015 bewilligt und das Verfahren durch schriftlichen Vergleichsbeschluss am 18. Juli 2016 erledigt. Der Senat teilt daher insgesamt die Rechtsauffassung des Beschwerdegegners und des Sozialgerichts, dass ein Abschlag von 30 % auf die Mittelgebühr angezeigt ist, so dass sich im vorliegenden Fall eine angemessene Verfahrensgebühr in Höhe von 210,00 EUR ergibt. Weitergehende Ansprüche aus einer Verfahrensgebühr kann der Rechtsanwalt auch nicht mehr gegen den Auftraggeber geltend machen. Der sich aus der zwingenden gesetzlichen Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ergebende Gebührenausschluss ist vom Gesetzgeber intendiert und den Besonderheiten der Prozesskostenhilfe zum Schutze der vermögenslosen Partei geschuldet (siehe hierzu ausführlich benannte Beschlüsse des Senats).
Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sieht des Weiteren vor, dass die Geschäftsgebühr, die der Beschwerdegegner für die Vertretung im Widerspruchsverfahren erhalten hat, hälftig auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Zu berücksichtigen sind dabei nur tatsächliche Zahlungen (siehe hierzu ausführlich: Beschluss des Senats vom 3. Februar 2015, L 2 AS 605/14 B, juris). Die Wirkung dieser Anrechnungsregelung bestimmt sich nach § 15a RVG.
Nach § 15a Abs. 1 RVG kann ein Rechtsanwalt, wenn das RVG die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht, beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Ein Dritter kann sich gemäß § 15a Abs. 2 RVG auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
§ 15a Abs. 1 RVG regelt die Wirkung der Anrechnung im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber. Beide Gebührenansprüche bleiben grundsätzlich unangetastet erhalten. Der Rechtsanwalt kann beide Gebühren jeweils bis zu ihrer vollen Höhe geltend machen. Er hat insbesondere die Wahl, welche Gebühr er fordert und falls die Gebühren von unterschiedlichen Personen geschuldet werden – welchen Schuldner er in Anspruch nimmt. Ihm ist lediglich verwehrt, insgesamt mehr als den Betrag zu verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren abzüglich des anzurechnenden Betrags ergibt. Soweit eine Forderung jenen Betrag überschreitet, kann der Auftraggeber dem Rechtsanwalt die Anrechnung entgegenhalten (BT-Drs. 16/12717, S. 58). Die Anrechnung wirkt nur dann, wenn derselbe Rechtsanwalt sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig geworden ist und damit beide von der Anrechnung betroffenen Gebühren verdient hat (Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, Teil 1: Justiz, Anwaltschaft, Notariat Vergütungsverzeichnis VV RVG Vorbem. 3 Rn. 43). Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt alle Gebühren fordern, ist in der Summe jedoch auf den um die Anrechnungsquote reduzierten Betrag beschränkt. Sie bewirkt im Ergebnis, dass der Auftraggeber Forderungen zurückweisen kann, wenn sie über dem sich abstrakt zu errechnenden Gesamtbetrag liegen. Dieser abstrakte Gesamtbetrag errechnet sich, wenn die in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgesehene Anrechnung entsprechend der dortigen Regelung durchgeführt wird. Im vorliegenden Fall verlangte der Beschwerdeführer eine Verfahrensgebühr und eine Geschäftsgebühr in Höhe von je 300,00 EUR, mithin ergibt sich ein abstrakter Gesamtbetrag in Höhe von 450,00 EUR. Allerdings kann der Auftraggeber, also der Kläger des Ausgangsverfahrens, ebenfalls die unbillige Bestimmung der Gebühren geltend machen und in die abstrakte Berechnung des Gesamtbetrags die aus seiner Sicht angemessenen Gebühren einstellen (siehe § 315 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). § 15a Abs. 1 RVG stellt mithin auf den in der Höhe zutreffend bestimmten abstrakten Gesamtbetrag ab. Tatsächliche Zahlungen weiterer Kostenschuldner werden bei der Gegenüberstellung mit dem Gesamtbetrag berücksichtigt. Zwar hat der Rechtsanwalt ein Wahlrecht, von welchem Kostenschuldner er welche Zahlungen verlangen kann. Dabei besteht der Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes gegenüber dem Mandanten grundsätzlich ungeachtet einer Verpflichtung Dritter immer in voller Höhe. Dies gilt aber nicht mehr, wenn er schon tatsächliche Zahlungen erhalten hat (siehe auch Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21. Juni 2016, L 15 SF 39/14 E, juris). Der Rechtsanwalt muss sich an der Summe schon erfolgter Zahlungen festhalten lassen, denn er kann die Summe nur einmal in voller Höhe verlangen. Dies greift auch § 15a Abs. 2 RVG auf, wenn er normiert, dass derjenige, der auf diese Summe gezahlt hat, sich auf die Anrechnung berufen kann. Der Auftraggeber, der auf die Begleichung der Gebühren in Gänze oder Teilen in Anspruch genommen wird, kann sich darauf berufen, dass er nur so viel zahlen muss, bis der Gesamtbetrag erreicht ist. Diesen dürfen alle weiteren Kostenansprüche am Ende nicht übersteigen.
§ 15a Abs. 2 RVG betrifft hingegen die Wirkungen der Anrechnung im Verhältnis zu Dritten, die nicht am Mandatsverhältnis beteiligt sind, sondern etwa für entstandene Gebühren Schadensersatz zu leisten oder sie nach prozessrechtlichen Vorschriften zu erstatten haben. Da die Anrechnung bereits die entstandenen Gebühren im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber unberührt lässt, wirkt sie sich insoweit auch Dritten gegenüber nicht aus (BT-Drs. 16/12717, S. 58). Dritte können sich aber auf diese Zahlung und sodann auf die Anrechnung berufen, soweit von ihnen weitere Zahlungen auf Gebühren verlangt werden. Durch die vom Gesetzgeber erfolgte Neuregelung sollte auch sichergestellt werden, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz oder Erstattung in Anspruch genommen wird, den der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber verlangen kann (BT-Drs. 16/12717, S. 58). So könnte sich hier der Beklagte des Ausgangsverfahrens darauf berufen, dass er 150,00 EUR auf die Geschäftsgebühr gezahlt hat, wenn er zu weiteren Zahlungen in Anspruch genommen würde. Die Staatskasse als Prozesskostenhilfeschuldnerin ist nicht "Dritte" i.S.d. § 15a Abs. 2 RVG, da sie mit ihrer Einstandspflicht an die Stelle des eigentlichen Auftraggebers tritt (siehe auch Beschluss des Senats vom 3. Februar 2015, L 2 AS 605/14 B; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Januar 2016, L 10 SB 57/15 B; SG Aachen, Beschluss vom 21. Februar 2017, S 14 SF 80/15 E; Hessischer VGH, Beschluss vom 27. Juni 2013, Az.: 6 E 600/13, 6 E 602/13, 6 E 601/13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Mai 2013, Az.: 18 W 68/13 - alle juris). Eine Anrechnung, also eine Reduzierung der geforderten Verfahrensgebühr, kann der Beschwerdegegner über diese Norm daher nicht geltend machen.
Maßgeblich im Verhältnis zwischen der Staatskasse und dem Rechtsanwalt ist vielmehr § 15a Abs. 1 RVG (vgl. auch Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 15a, Rn. 11). Dies bedeutet einerseits, dass auch die Staatskasse im Ergebnis keine Zahlungen erbringen muss, die über dem Gesamtbetrag der zu fordernden Gebühren liegen. Andererseits bedeutet es aber auch, dass das Wahlrecht des Rechtsanwalts, welche Gebühren er von welchem Gebührenschuldner fordert, ohne Einschränkungen besteht, solange er den Gesamtbetrag nicht übersteigt. Die Staatskasse kann sich mithin nicht auf eine direkte Anrechnung gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG berufen und von der von ihr geforderten Verfahrensgebühr aufgrund von § 15a Abs. 1 RVG die hälftige Geschäftsgebühr in Abzug bringen, auch nicht die hälftige der gezahlten Geschäftsgebühr. Denn § 15a Abs.1 RVG enthält eine solche Anrechnungsregelung gerade nicht.
Anders jedoch als § 15a Abs. 1 RVG für den Auftraggeber, der sich ausschließlich auf die Überschreitung des Gesamtbetrages berufen kann, enthält § 58 RVG für die Staatskasse eine echte Anrechnungsnorm. Insoweit ist für die Erstattung in sozialgerichtlichen Verfahren § 58 Abs. 2 RVG einschlägig. Hiernach gilt, dass Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen sind, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 RVG besteht. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass es einen gequotelten Anspruch aus der Prozesskostenhilfe nicht gibt, dieser vielmehr immer voll entsteht. Tatsächliche Zahlungen Dritter auf gleiche Gebühren wie diejenigen, die im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstatten sind, werden nach dieser Norm angerechnet und somit die schon eingetretene Erfüllung des Gebührenanspruchs durch Dritte im Rahmen der Prozesskostenhilfegewährung berücksichtigt. Allerdings sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt erhalten hat, nur nachrangig auf die Vergütung gegenüber der Staatskasse anzurechnen. Vorrangig erfolgt eine Verrechnung auf die Differenzvergütung des Rechtsanwalts, das heißt auf Beträge, für welche ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur im Umfang des § 50 RVG besteht. Die Intention des Gesetzgebers ist hierbei, die Grundansprüche des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse aus der Beiordnung zunächst nicht zu schmälern. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG kommt unter dem Rechtsgedanken des § 58 Abs. 2 RVG im Verhältnis zur Staatskasse nur dann und insoweit in Betracht, wenn ansonsten der Rechtsanwalt mehr als seine vollen Regelanwaltsgebühren erhalten würde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. Oktober 2012, 14 W 88/12, NJW-RR 2013, 319 m.w.N.; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, Kommentar RVG, 23. Auflage 2017, § 58 Rn. 33 ff.; Hartmann, 48. Aufl. 2018, VV 3100 Rn. 56, Stichwort Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe). Für die Staatskasse tritt daher bei regelgerechter Anrechnung gemäß § 58 Abs. 2 RVG das gleiche Gesamtergebnis ein, welches der Auftraggeber über § 15a Abs. 1 RVG erreicht. Hiervon ging auch der Gesetzgeber aus, wenn er in der Gesetzesbegründung ausführt: "Die allgemeinen Vorschriften zur Anrechnung gelten auch für die Vergütung des Rechtsanwalts, der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet oder als Prozesspfleger bestellt ist. Im Antrag auf Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung ist deshalb auch die Angabe erforderlich, welche Zahlungen auf etwaige anzurechnende Gebühren geleistet worden sind, wie hoch diese Gebühren sind und aus welchem Wert diese Gebühren entstanden sind. Damit stehen dem Urkundsbeamten für die Festsetzung der Vergütung alle Daten zur Verfügung, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festzusetzende Gebühr zu behandeln sind." (BT-Drs. 16/12717, S. 59 – zu § 55 RVG).
Die Staatskasse, die nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG Gebührenschuldner wird, tritt insoweit an die Stelle des Auftraggebers. Der Rechtsanwalt hat anzugeben, welche Zahlungen auf etwaig anzurechnende Gebühren geleistet worden sind, wie hoch diese Gebühren sind und aus welchem Wert sie entstanden sind. Durch diese Angaben sollen dem Rechtspfleger nach der Gesetzesbegründung für die Festsetzung der Vergütung die Daten zur Verfügung gestellt werden, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festgesetzte Gebühr zu behandeln sind. Da in § 58 Abs. 2 RVG nur tatsächliche Zahlungen berücksichtigt werden, kommt es nicht zu fiktiven Anrechnungen. Denn eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr ist nur dann vorzunehmen, wenn und soweit die Geschäftsgebühr auch gezahlt worden ist. Damit wird dem Rechtsanwalt - entsprechend der gesetzgeberischen Intention - die Wahlfreiheit belassen, welche Gebühr er in voller Höhe fordern will und welche er dann infolge der Deckelung durch die Höchstsumme infolge der Anrechnung nur beschränkt verlangt.
Es ergibt sich daher folgende Berechnung:
Summe von ungekürzter Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse verlangt werden kann + tatsächlich gezahlten Gebühren anderer Kostenschuldner abzüglich des abstrakten Gesamtbetrags gemäß § 15a Abs. 1 RVG = Anrechnungsbetrag, der von der Verfahrensgebühr seitens der Staatskasse in Abzug zu bringen ist.
In die Berechnung des Gesamtbetrags ist im vorliegenden Fall die Verfahrensgebühr in der Höhe einzustellen, wie sie die Staatskasse maximal erstatten müsste. Dieser Gesamtbetrag beläuft sich somit auf 210,00 EUR Verfahrensgebühr abzüglich der hälftigen angemessenen Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 EUR, also auf 210,00 EUR - 150,00 EUR = 60,00 EUR, somit auf 360,00 EUR. Wegen der Forderungssperre kann der Beschwerdeführer keine weitere Verfahrensgebühr gegenüber dem Kläger des Ausgangsverfahrens geltend machen. Die Beschränkung des Wirkzeitraums kommt daher bei der Berechnung des Gesamtbetrags zum Tragen, auch wenn es ein Einzelfallkriterium im Rahmen des § 14 RVG ist, welches für den Auftraggeber nicht zur Anwendung gelangen kann.
Im vorliegenden Fall ergibt sich damit folgende Rechnung:
Summe von ungekürzter Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse verlangt werden kann + tatsächlich gezahlten Gebühren anderer Kostenschuldner 210,00 EUR + 262,50 EUR = 472,50 EUR. abzüglich des abstrakten Gesamtbetrags gemäß § 15a Abs. 1 RVG 360,00 EUR = Anrechnungsbetrag, der von der Verfahrensgebühr seitens der Staatskasse in Abzug zu bringen ist. 112,50 EUR
Dieser Anrechnungsbetrag wird in Abzug gebracht von der maximalen Verfahrensgebühr, so dass sich die verbleibende Verfahrensgebühr im vorliegenden auf 97,50 EUR beläuft.
Im Ergebnis wird damit die tatsächlich erfolgte Zahlung der Beklagten auf die Verfahrensgebühr, mithin ein Betrag in Höhe von 112,50 EUR, in Abzug gebracht. Der Beschwerdeführer muss sich im Rahmen des § 58 Abs. 2 RVG auf den geforderten Gesamtbetrag aus Verfahrens- und Geschäftsgebühr das anrechnen lassen, was er schon erhalten hat. Der Rechtsanwalt übersteigt diesen Gebührenrahmen, wenn er insgesamt 375,00 EUR fordert. Er hat vielmehr von der Beklagten schon einen Betrag in Höhe von 262,50 EUR aus beiden Gebühren erhalten, so dass ihm gegenüber dem Beschwerdegegner nur noch ein Anspruch in Höhe von 97,50 EUR zusteht.
Weitere Anrechnungen finden nicht statt, da auch der Auftraggeber sich auf eine solche nicht berufen könnte, wenn der Rechtsanwalt durch Kostenaufteilung oder wegen Kostenquotelung den Gesamtbetrag nicht übersteigt. Dem entspricht die gesetzgeberische Intention der Reduzierung der Verfahrensgebühr, dem Rechtsanwalt wegen Synergieeffekten einen niedrigeren Gesamtbetrag aus Verfahrens- und Geschäftsgebühr für die Betreuung derselben Angelegenheit vorgerichtlich und gerichtlich zuzubilligen. Ziel der Anrechnungsregelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG war es nicht, speziellen Kostenschuldnern Gebühren zu ersparen.
Keine Auswirkung hat hier - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe. Zwar ordnet § 58 Abs. 2 RVG an, dass, wenn der Rechtsanwalt nur für einen Teil des Klageanspruchs beigeordnet worden ist, Vorschüsse und Zahlungen zunächst auf die Gebühren und Auslagen zu verrechnen sind, die auf den Teil des Anspruchs entfallen, für den keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn für alle im vorliegenden Fall entstandenen Gebühren (Verfahrensgebühr, Einigungsgebühr und Terminsgebühr – zu den beiden letzteren siehe sogleich) besteht ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Allein auf die Höhe der Gebühren wirkt sich die Beschränkung des Wirkzeitraums aus. Aus der sich aus § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ergebenden Forderungssperre ergibt sich, dass ein Rechtsanwalt, der vor der Beiordnung Wahlanwalt war, alle nach der Beiordnung verwirklichten Gebührentatbestände gegenüber seinem Auftraggeber nicht mehr geltend machen kann, auch wenn und soweit diese bereits vor der Beiordnung schon einmal erfüllt waren, wenn dem Prozesskostenhilfeantrag erst später stattgegeben wird (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008, I ZR 142/06, juris). Damit existieren im vorliegenden Fall keine Gebühren für das Klageverfahren, die der Rechtsanwalt fordern könnte, für welche Prozesskostenhilfe nicht gewährt worden wäre.
Zudem steht dem Beschwerdeführer eine Einigungsgebühr zu. Nach Nrn. 1000, 1005, 1006 VV RVG entsteht eine Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Soweit über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann, gilt dies auch bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts. Die Gebühr Nr. 1000 VV RVG entsteht im sozialgerichtlichen Verfahren in Höhe der Verfahrensgebühr. Sie beträgt mithin im vorliegenden Fall, welches durch gerichtlichen Vergleichsbeschluss endete, 210,00 EUR.
Darüber hinaus stehen dem Beschwerdeführer eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG in Höhe von 189,00 EUR zu, denn die Terminsgebühr beläuft sich nach Nr. 3106 Satz 2 VV RVG auf 90 % der Verfahrensgebühr.
Nach § 58 Abs. 2 RVG sind auch die tatsächlich auf die Einigungsgebühr und die Terminsgebühr schon erfolgten Zahlungen der Beklagten des Ausgangsverfahrens anzurechnen. Hinsichtlich des Wirkzeitraums gilt das oben Ausgeführte auch bei diesen Gebühren: wegen der Forderungssperre kann der Beschwerdeführer keine weiteren Zahlungen mehr gegenüber dem Kläger des Ausgangsverfahrens geltend machen; eine Begrenzung der Anrechnung der tatsächlich durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens gezahlten Gebühren findet nicht statt. Anzurechnen ist auch die hälftig durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens gezahlte Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG.
Kopierkosten gemäß Nr. 7000 Nr. 1a) VV RVG sind nicht zu erstatten, denn die geltend gemachten 23 Kopien aus der Verwaltungsakte der Beklagten des Ausgangsverfahrens wurden anlässlich einer Akteneinsicht gefertigt. Die Akteneinsicht fand im Januar 2015 statt und damit nicht innerhalb des Wirkzeitraums der Prozesskostenhilfegewährung. Der beigeordnete Rechtsanwalt erhält aus der Staatskasse nur die Gebühren, die nach seiner Beiordnung abermals oder neu entstehen, ohne Rücksicht auf seine vorangegangene Tätigkeit. Es muss eine gebührenauslösende Tätigkeit nach der Beiordnung feststellbar sein; Gebühren, die nur vor der Beiordnung entstanden sind, erhält er nicht aus der Staatskasse (Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 122 ZPO, Rn. 15).
Im Ergebnis stehen dem Beschwerdeführer folgende Gebühren zu:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG 97,50 EUR
Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 189,00 - (270:2=) 135,00 = 54,00 EUR
Einigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG 210,00 - (300:2=) 150,00 = 60,00 EUR
Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 – 10,00 EUR = 10,00 EUR
Zwischensumme 221,50 EUR
Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 42,09 EUR
Summe 263,59 EUR
Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus Prozesskostenhilfe festzusetzenden Rechtsanwaltsvergütung.
Im Ausgangsverfahren (S 12 AS 921/14) begehrte der Kläger vor dem Sozialgericht Wiesbaden die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014. Streitig war in diesem Zusammenhang das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu einer Mitbewohnerin des Klägers. Nach Vorlage einer Klagebegründung am 4. Februar 2015 übersandte die Beklagte einen Teilabhilfebescheid vom 15. Juli 2015, durch welchen ab dem 1. Juni 2014 höhere Leistungen (höherer Regelbedarf) gewährt wurden. Das Klageverfahren endete durch gerichtlichen Vergleichsbeschluss vom 18. Juli 2016, wonach die Beklagte dem Kläger 38,50 EUR zahlt, damit das Klageverfahren erledigt ist und die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte trägt.
Der Beschwerdeführer hatte zuvor mit Klageerhebung am 24. November 2014 einen Antrag auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung gestellt, den das Sozialgericht durch Beschluss vom 12. Oktober 2015 mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt hatte. Der Beschwerdeführer beantragte am 19. November 2015 erneut die Gewährung von Prozesskostenhilfe; durch Beschluss vom 7. Juli 2016 bewilligte das Sozialgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab dem 19. November 2015 unter Beiordnung des Beschwerdeführers.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2016 machte der Beschwerdeführer folgende Gebühren zur Festsetzung gegenüber der Beklagten geltend:
I. Vorverfahren
Geschäftsgebühr §§ 2, 13 RVG, 2302 VV-RVG 300,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 320,00 EUR
19% Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 60,80 EUR
Gesamtbetrag 380,80 EUR
II. Klageverfahren
Verfahrensgebühr §§ 3, 14 RVG, 3102 VV-RVG 300,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -75,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 270,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006, VV-RVG 300,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Dokumentenpauschale, 23 Kopien, 7000 Nr. 1a VV-RVG 11,50 EUR
Zwischensumme netto 826,50 EUR
19% Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 157,04 EUR
Gesamtbetrag 983,54 EUR
Gesamtbetrag I. und II. 1.364,30EUR
hiervon zu erstatten (1/2) 682,17 EUR
Die Beklagte teilte am 16. August 2016 mit, dass die geltend gemachten Kosten gezahlt worden seien.
Der Beschwerdeführer beantragte am 5. August 2016 die Festsetzung der Gebühren aus Prozesskostenhilfe in Höhe von 491,77 EUR. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle kürzte die Gebührenrechnung wie folgt:
Verfahrensgebühr, 3102 VV-RVG 210,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -75,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 189,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006 VV-RVG 210,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Dokumentenpauschale, 23 Kopien, 7000 Nr. 1a VV-RVG 11,50 EUR
Zwischensumme netto 565,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 107,45 EUR
Gesamtbetrag 672,95 EUR
abzüglich Anteil der Beklagten 491,77 EUR
Endsumme 181,18 EUR
Hinsichtlich der Kürzung wurde im Beschluss der Urkundsbeamtin vom 24. August 2016 ausgeführt, dass bei Bestimmung der Verfahrensgebühr der kurze Beiordnungszeitraum zu berücksichtigen sei, da Prozesskostenhilfe erst ab dem 19. November 2015 bewilligt worden sei. Es sei daher ein Abschlag von 30 % angemessen.
Der Beschwerdeführer legte am 31. August 2016 Erinnerung ein. Er verwies zur Begründung darauf, dass sich die Beiordnung gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) auf die gesamte Tätigkeit erstrecke und damit auch auf den Zeitraum vom 24. November 2014 bis 18. November 2015. Selbst wenn dies wegen § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG nicht gelten würde und die Prozesskostenhilfevergütung nur auf einen Betrag in Höhe 672,95 EUR festzusetzen wäre, würde sein Anspruch sich wegen § 58 Abs. 2 RVG trotzdem auf 491,77 EUR belaufen. Hinsichtlich des Differenzbetrages zwischen der ihm tatsächlich zustehenden Vergütung in Höhe von 983,54 EUR und der aufgrund des eingeschränkten Beiordnungszeitraums geringeren Vergütung in Höhe von 672,95 EUR, mithin eines Betrages in Höhe von 310,90 EUR, sei die Erstattungszahlung der Beklagten nicht auf die Prozesskostenhilfevergütung anzurechnen. Eine Anrechnung dürfe nur bezüglich des verbleibenden Betrages in Höhe von 181,18 EUR erfolgen. So bleibe es bei einem im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstattenden Betrages in Höhe von 491,77 EUR.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung am 7. September 2016 nicht ab.
Der Beschwerdegegner vertrat die Ansicht, dass hinsichtlich des Streitgegenstandes des Klageverfahrens, auf den sich der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfegewährung erstreckt habe, eine halbe Mittelgebühr als Verfahrensgebühr angemessen sei. Der Streitgegenstand habe nur einen Betrag in Höhe von 69,00 EUR umfasst. Gleiches gelte für die Einigungsgebühr. Die Terminsgebühr betrage 90 % der Verfahrensgebühr. Die Kosten für Kopien seien nicht erstattungsfähig, da sie nicht während des Wirkzeitraums der Prozesskostenhilfegewährung gefertigt worden seien. Hinsichtlich der zu erfolgenden Anrechnungen sei zwischen zwei Rechtsverhältnissen zu unterscheiden: auf der einen Seite das zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens und auf der anderen Seite das zwischen dem Kläger und dem Beschwerdeführer als dessen Prozessbevollmächtigten. Die Anrechnungen ergäben sich aus § 15a RVG und § 58 Abs. 2 RVG. Es ergebe sich daher folgende Kostenaufstellung:
Verfahrensgebühr, 3102 VV-RVG 150,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -150,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 135,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006 VV-RVG 150,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 305,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 57,95 EUR
Gesamtbetrag 362,95 EUR
abzüglich hälftiger Anteil der Kostenerstattung aus der Regelvergütung begrenzt auf die hälftige Prozesskostenhilfe-Vergütung -181,48 EUR
Abzüglich Differenz zwischen Gebührenbestimmung und Regelvergütung (491,77 EUR - 447,14 EUR), § 58 RVG -44,63 EUR
Endsumme aus Prozesskostenhilfe 136,84 EUR
Das Sozialgericht änderte durch Beschluss vom 17. April 2018 die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin ab und setzte die zu erstattenden Kosten auf 167,49 EUR fest. Zur Begründung führte es aus, dass hinsichtlich des verkürzten Wirkzeitraums ein Abschlag in Höhe von 30 % auf die Mittelgebühr der Verfahrensgebühr angemessen sei und auch die weiteren Gebühren entsprechend zu kürzen seien. Aus der Regelung des § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG könne nicht entnommen werden, dass die gesamte anwaltliche Tätigkeit bei der Prozesskostenhilfefestsetzung zu berücksichtigen sei. Ebenso sei die nach § 58 Abs. 2 RVG vorgenommene Anrechnung nicht zu beanstanden. Der von der Beklagten erstattete Betrag in Höhe von 491,77 EUR für das Klageverfahren sei in voller Höhe in Abzug zu bringen (Verweis auf Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Juni 2014, L 2 AS 568/13 B, juris). Hinsichtlich der Anrechnung der gezahlten Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr sei dem Beschwerdegegner nicht zu folgen, es könnten nur 75,00 EUR angerechnet werden, mithin die Hälfte der gezahlten Geschäftsgebühr. Die Kopierkosten seien nicht zu erstatten. Es ergebe sich folgende Kostenrechnung:
Verfahrensgebühr, 3102 VV-RVG 210,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr -75,00 EUR
Terminsgebühr, 3106 VV-RVG 189,00 EUR
Einigungsgebühr, 1006 VV-RVG 210,00 EUR
Post- und Telekommunikation, Pauschale, 7001/7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 554,00 EUR
19% Umsatzsteuer, 7008 VV-RVG 105,26 EUR
Gesamtbetrag 659,26 EUR
abzüglich Anteil Prozessgegner 491,77 EUR
Endsumme aus Prozesskostenhilfe 167,49 EUR
Der Beschwerdeführer hat gegen den ihm am 23. April 2018 zugestellten Beschluss am 26. April 2018 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht am 22. August 2018 nicht abgeholfen hat.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass wegen § 48 Abs. 4 RVG seine gesamte Tätigkeit auch im Rahmen der Prozesskostenhilfevergütung zu berücksichtigen sei. Zudem sei § 58 Abs. 2 RVG nicht beachtet worden, so dass die Anrechnung des gesamten von der Beklagten gezahlten Betrages in Höhe von 491,77 EUR fehlerhaft sei. Letztlich sei auch kein Betrag in Höhe von 75,00 EUR auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 17. April 2018 abzuändern und die ihm zustehende Prozesskostenhilfevergütung auf einen Betrag in Höhe von 491,77 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdegegner schließt sich nunmehr hinsichtlich der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr der Auffassung der Urkundsbeamtin und des Sozialgerichts an. Weiterhin ist er aber der Ansicht, dass der Wirkzeitraum im Rahmen der Bestimmung gemäß § 14 RVG zu berücksichtigen sei. Nach Durchsicht der Sach- und Rechtslage sei zudem davon auszugehen, dass die Beschwerde hinsichtlich der Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG und der unmittelbaren Anwendung des § 15a RVG sowie der vollständigen Beklagtenzahlung in Bezug auf § 58 Abs. 2 letzter HS RVG begründet sei.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und die Gerichtsakte zum Rechtsstreit S 12 AS 921/14 nebst Prozesskostenhilfe-Heft verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG in voller Besetzung, da die zuständige Einzelrichterin den Rechtsstreit durch Beschluss vom 4. April 2019 wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat.
Die Beschwerde ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 EUR, § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG. Die Beschwerde ist zudem innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG erhoben worden, da der Beschluss vom 17. April 2018 dem Beschwerdeführer am 23. April 2018 zugestellt worden und die Beschwerde am 26. April 2018 eingegangen ist.
Die Beschwerde ist auch teilweise begründet. Dem Beschwerdeführer steht ein Vergütungsanspruch von insgesamt 263,59 EUR zu.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das Sozialgericht gewährte dem Kläger des Ausgangsverfahrens mit Beschluss vom 7. Juli 2016 mit Wirkung vom 19. November 2015 Prozesskostenhilfe und der Kläger des Ausgangsverfahrens war kostenprivilegierter Beteiligter i.S.d. § 183 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1). Bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm ein Spielraum bzw. Toleranzgrenze von 20 % zusteht (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30-41). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Im Fall einer nicht verbindlichen, d.h. nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt, wird die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt. Der gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (Kostenbeamter), im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die von dem Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen.
Die geltend gemachte Verfahrensgebühr des Ausgangsverfahrens gemäß Nr. 3102 VV RVG ist zu hoch bemessen.
Zunächst war die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger als überdurchschnittlich anzusehen. In Bezug hierauf kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, § 14 RVG, Rn. 5). Die Geltendmachung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und eine damit einhergehende Gefährdung seines Existenzminimums stellte eine gravierende Beeinträchtigung des Klägers dar. Demgegenüber waren die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers weit unterdurchschnittlich. Dieser Umstand würde es allein zwar rechtfertigen, eine Herabbemessung der Mittelgebühr vorzunehmen. Denn die Kriterien nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Im vorliegenden, wie in den allermeisten Fällen der Streitigkeiten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, gehen jedoch schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit einher, so dass eine Kompensation dieser Kriterien eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, juris; OLG Thüringen, Beschluss vom 2. Februar 2005, 9 Verg. 6/04, JurBüro 2005, 303, 305 f.; vgl. auch Beschluss des Senats vom 16. Juni 2015, L 2 AS 625/14 B, juris). Ein besonderes Haftungsrisiko, das die Gebühr erhöhen könnte, ist nicht ersichtlich. Maßgeblich waren demnach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, die die Ansetzung der Mittelgebühr rechtfertigen, da es im vorliegenden Fall um die Frage des Vorliegens einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ging.
Darüber hinaus hat der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe die Bedeutung eines Einzelfallkriteriums, das bei der im Rahmen des § 14 RVG vorzunehmenden Gesamtabwägung aller Umstände angemessen zu berücksichtigen ist (siehe hierzu auch Beschlüsse des Senats vom 12. September 2000, L 2 SF 58/99 RJ, vom 13. Januar 2011, L 2 SF 752/10 E und L 2 SF 73/10 E, vom 13. Dezember 2011, L 2 AS 363/11 B, juris, vom 21. Dezember 2011, L 2 AL 147/11 B, juris und L 2 AS 708/13 B, juris). Hiernach ist für die Bemessung der Rahmengebühr nicht das gesamte Verfahren, sondern lediglich der konkrete Beiordnungszeitraum maßgeblich. Dies ergibt sich auch aus § 48 Abs. 4 RVG, wonach die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe erstreckt, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. So liegt der Fall hier: Im Ausgangsverfahren S 12 AS 921/14 wurde nach Klageeingang am 24. November 2014 Prozesskostenhilfe erst mit Wirkung ab dem 19. November 2015 bewilligt und das Verfahren durch schriftlichen Vergleichsbeschluss am 18. Juli 2016 erledigt. Der Senat teilt daher insgesamt die Rechtsauffassung des Beschwerdegegners und des Sozialgerichts, dass ein Abschlag von 30 % auf die Mittelgebühr angezeigt ist, so dass sich im vorliegenden Fall eine angemessene Verfahrensgebühr in Höhe von 210,00 EUR ergibt. Weitergehende Ansprüche aus einer Verfahrensgebühr kann der Rechtsanwalt auch nicht mehr gegen den Auftraggeber geltend machen. Der sich aus der zwingenden gesetzlichen Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ergebende Gebührenausschluss ist vom Gesetzgeber intendiert und den Besonderheiten der Prozesskostenhilfe zum Schutze der vermögenslosen Partei geschuldet (siehe hierzu ausführlich benannte Beschlüsse des Senats).
Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sieht des Weiteren vor, dass die Geschäftsgebühr, die der Beschwerdegegner für die Vertretung im Widerspruchsverfahren erhalten hat, hälftig auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Zu berücksichtigen sind dabei nur tatsächliche Zahlungen (siehe hierzu ausführlich: Beschluss des Senats vom 3. Februar 2015, L 2 AS 605/14 B, juris). Die Wirkung dieser Anrechnungsregelung bestimmt sich nach § 15a RVG.
Nach § 15a Abs. 1 RVG kann ein Rechtsanwalt, wenn das RVG die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht, beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Ein Dritter kann sich gemäß § 15a Abs. 2 RVG auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
§ 15a Abs. 1 RVG regelt die Wirkung der Anrechnung im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber. Beide Gebührenansprüche bleiben grundsätzlich unangetastet erhalten. Der Rechtsanwalt kann beide Gebühren jeweils bis zu ihrer vollen Höhe geltend machen. Er hat insbesondere die Wahl, welche Gebühr er fordert und falls die Gebühren von unterschiedlichen Personen geschuldet werden – welchen Schuldner er in Anspruch nimmt. Ihm ist lediglich verwehrt, insgesamt mehr als den Betrag zu verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren abzüglich des anzurechnenden Betrags ergibt. Soweit eine Forderung jenen Betrag überschreitet, kann der Auftraggeber dem Rechtsanwalt die Anrechnung entgegenhalten (BT-Drs. 16/12717, S. 58). Die Anrechnung wirkt nur dann, wenn derselbe Rechtsanwalt sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig geworden ist und damit beide von der Anrechnung betroffenen Gebühren verdient hat (Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, Teil 1: Justiz, Anwaltschaft, Notariat Vergütungsverzeichnis VV RVG Vorbem. 3 Rn. 43). Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt alle Gebühren fordern, ist in der Summe jedoch auf den um die Anrechnungsquote reduzierten Betrag beschränkt. Sie bewirkt im Ergebnis, dass der Auftraggeber Forderungen zurückweisen kann, wenn sie über dem sich abstrakt zu errechnenden Gesamtbetrag liegen. Dieser abstrakte Gesamtbetrag errechnet sich, wenn die in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgesehene Anrechnung entsprechend der dortigen Regelung durchgeführt wird. Im vorliegenden Fall verlangte der Beschwerdeführer eine Verfahrensgebühr und eine Geschäftsgebühr in Höhe von je 300,00 EUR, mithin ergibt sich ein abstrakter Gesamtbetrag in Höhe von 450,00 EUR. Allerdings kann der Auftraggeber, also der Kläger des Ausgangsverfahrens, ebenfalls die unbillige Bestimmung der Gebühren geltend machen und in die abstrakte Berechnung des Gesamtbetrags die aus seiner Sicht angemessenen Gebühren einstellen (siehe § 315 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). § 15a Abs. 1 RVG stellt mithin auf den in der Höhe zutreffend bestimmten abstrakten Gesamtbetrag ab. Tatsächliche Zahlungen weiterer Kostenschuldner werden bei der Gegenüberstellung mit dem Gesamtbetrag berücksichtigt. Zwar hat der Rechtsanwalt ein Wahlrecht, von welchem Kostenschuldner er welche Zahlungen verlangen kann. Dabei besteht der Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes gegenüber dem Mandanten grundsätzlich ungeachtet einer Verpflichtung Dritter immer in voller Höhe. Dies gilt aber nicht mehr, wenn er schon tatsächliche Zahlungen erhalten hat (siehe auch Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21. Juni 2016, L 15 SF 39/14 E, juris). Der Rechtsanwalt muss sich an der Summe schon erfolgter Zahlungen festhalten lassen, denn er kann die Summe nur einmal in voller Höhe verlangen. Dies greift auch § 15a Abs. 2 RVG auf, wenn er normiert, dass derjenige, der auf diese Summe gezahlt hat, sich auf die Anrechnung berufen kann. Der Auftraggeber, der auf die Begleichung der Gebühren in Gänze oder Teilen in Anspruch genommen wird, kann sich darauf berufen, dass er nur so viel zahlen muss, bis der Gesamtbetrag erreicht ist. Diesen dürfen alle weiteren Kostenansprüche am Ende nicht übersteigen.
§ 15a Abs. 2 RVG betrifft hingegen die Wirkungen der Anrechnung im Verhältnis zu Dritten, die nicht am Mandatsverhältnis beteiligt sind, sondern etwa für entstandene Gebühren Schadensersatz zu leisten oder sie nach prozessrechtlichen Vorschriften zu erstatten haben. Da die Anrechnung bereits die entstandenen Gebühren im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber unberührt lässt, wirkt sie sich insoweit auch Dritten gegenüber nicht aus (BT-Drs. 16/12717, S. 58). Dritte können sich aber auf diese Zahlung und sodann auf die Anrechnung berufen, soweit von ihnen weitere Zahlungen auf Gebühren verlangt werden. Durch die vom Gesetzgeber erfolgte Neuregelung sollte auch sichergestellt werden, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz oder Erstattung in Anspruch genommen wird, den der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber verlangen kann (BT-Drs. 16/12717, S. 58). So könnte sich hier der Beklagte des Ausgangsverfahrens darauf berufen, dass er 150,00 EUR auf die Geschäftsgebühr gezahlt hat, wenn er zu weiteren Zahlungen in Anspruch genommen würde. Die Staatskasse als Prozesskostenhilfeschuldnerin ist nicht "Dritte" i.S.d. § 15a Abs. 2 RVG, da sie mit ihrer Einstandspflicht an die Stelle des eigentlichen Auftraggebers tritt (siehe auch Beschluss des Senats vom 3. Februar 2015, L 2 AS 605/14 B; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Januar 2016, L 10 SB 57/15 B; SG Aachen, Beschluss vom 21. Februar 2017, S 14 SF 80/15 E; Hessischer VGH, Beschluss vom 27. Juni 2013, Az.: 6 E 600/13, 6 E 602/13, 6 E 601/13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Mai 2013, Az.: 18 W 68/13 - alle juris). Eine Anrechnung, also eine Reduzierung der geforderten Verfahrensgebühr, kann der Beschwerdegegner über diese Norm daher nicht geltend machen.
Maßgeblich im Verhältnis zwischen der Staatskasse und dem Rechtsanwalt ist vielmehr § 15a Abs. 1 RVG (vgl. auch Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 15a, Rn. 11). Dies bedeutet einerseits, dass auch die Staatskasse im Ergebnis keine Zahlungen erbringen muss, die über dem Gesamtbetrag der zu fordernden Gebühren liegen. Andererseits bedeutet es aber auch, dass das Wahlrecht des Rechtsanwalts, welche Gebühren er von welchem Gebührenschuldner fordert, ohne Einschränkungen besteht, solange er den Gesamtbetrag nicht übersteigt. Die Staatskasse kann sich mithin nicht auf eine direkte Anrechnung gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG berufen und von der von ihr geforderten Verfahrensgebühr aufgrund von § 15a Abs. 1 RVG die hälftige Geschäftsgebühr in Abzug bringen, auch nicht die hälftige der gezahlten Geschäftsgebühr. Denn § 15a Abs.1 RVG enthält eine solche Anrechnungsregelung gerade nicht.
Anders jedoch als § 15a Abs. 1 RVG für den Auftraggeber, der sich ausschließlich auf die Überschreitung des Gesamtbetrages berufen kann, enthält § 58 RVG für die Staatskasse eine echte Anrechnungsnorm. Insoweit ist für die Erstattung in sozialgerichtlichen Verfahren § 58 Abs. 2 RVG einschlägig. Hiernach gilt, dass Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen sind, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 RVG besteht. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass es einen gequotelten Anspruch aus der Prozesskostenhilfe nicht gibt, dieser vielmehr immer voll entsteht. Tatsächliche Zahlungen Dritter auf gleiche Gebühren wie diejenigen, die im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstatten sind, werden nach dieser Norm angerechnet und somit die schon eingetretene Erfüllung des Gebührenanspruchs durch Dritte im Rahmen der Prozesskostenhilfegewährung berücksichtigt. Allerdings sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt erhalten hat, nur nachrangig auf die Vergütung gegenüber der Staatskasse anzurechnen. Vorrangig erfolgt eine Verrechnung auf die Differenzvergütung des Rechtsanwalts, das heißt auf Beträge, für welche ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur im Umfang des § 50 RVG besteht. Die Intention des Gesetzgebers ist hierbei, die Grundansprüche des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse aus der Beiordnung zunächst nicht zu schmälern. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG kommt unter dem Rechtsgedanken des § 58 Abs. 2 RVG im Verhältnis zur Staatskasse nur dann und insoweit in Betracht, wenn ansonsten der Rechtsanwalt mehr als seine vollen Regelanwaltsgebühren erhalten würde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. Oktober 2012, 14 W 88/12, NJW-RR 2013, 319 m.w.N.; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, Kommentar RVG, 23. Auflage 2017, § 58 Rn. 33 ff.; Hartmann, 48. Aufl. 2018, VV 3100 Rn. 56, Stichwort Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe). Für die Staatskasse tritt daher bei regelgerechter Anrechnung gemäß § 58 Abs. 2 RVG das gleiche Gesamtergebnis ein, welches der Auftraggeber über § 15a Abs. 1 RVG erreicht. Hiervon ging auch der Gesetzgeber aus, wenn er in der Gesetzesbegründung ausführt: "Die allgemeinen Vorschriften zur Anrechnung gelten auch für die Vergütung des Rechtsanwalts, der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet oder als Prozesspfleger bestellt ist. Im Antrag auf Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung ist deshalb auch die Angabe erforderlich, welche Zahlungen auf etwaige anzurechnende Gebühren geleistet worden sind, wie hoch diese Gebühren sind und aus welchem Wert diese Gebühren entstanden sind. Damit stehen dem Urkundsbeamten für die Festsetzung der Vergütung alle Daten zur Verfügung, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festzusetzende Gebühr zu behandeln sind." (BT-Drs. 16/12717, S. 59 – zu § 55 RVG).
Die Staatskasse, die nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG Gebührenschuldner wird, tritt insoweit an die Stelle des Auftraggebers. Der Rechtsanwalt hat anzugeben, welche Zahlungen auf etwaig anzurechnende Gebühren geleistet worden sind, wie hoch diese Gebühren sind und aus welchem Wert sie entstanden sind. Durch diese Angaben sollen dem Rechtspfleger nach der Gesetzesbegründung für die Festsetzung der Vergütung die Daten zur Verfügung gestellt werden, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festgesetzte Gebühr zu behandeln sind. Da in § 58 Abs. 2 RVG nur tatsächliche Zahlungen berücksichtigt werden, kommt es nicht zu fiktiven Anrechnungen. Denn eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr ist nur dann vorzunehmen, wenn und soweit die Geschäftsgebühr auch gezahlt worden ist. Damit wird dem Rechtsanwalt - entsprechend der gesetzgeberischen Intention - die Wahlfreiheit belassen, welche Gebühr er in voller Höhe fordern will und welche er dann infolge der Deckelung durch die Höchstsumme infolge der Anrechnung nur beschränkt verlangt.
Es ergibt sich daher folgende Berechnung:
Summe von ungekürzter Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse verlangt werden kann + tatsächlich gezahlten Gebühren anderer Kostenschuldner abzüglich des abstrakten Gesamtbetrags gemäß § 15a Abs. 1 RVG = Anrechnungsbetrag, der von der Verfahrensgebühr seitens der Staatskasse in Abzug zu bringen ist.
In die Berechnung des Gesamtbetrags ist im vorliegenden Fall die Verfahrensgebühr in der Höhe einzustellen, wie sie die Staatskasse maximal erstatten müsste. Dieser Gesamtbetrag beläuft sich somit auf 210,00 EUR Verfahrensgebühr abzüglich der hälftigen angemessenen Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 EUR, also auf 210,00 EUR - 150,00 EUR = 60,00 EUR, somit auf 360,00 EUR. Wegen der Forderungssperre kann der Beschwerdeführer keine weitere Verfahrensgebühr gegenüber dem Kläger des Ausgangsverfahrens geltend machen. Die Beschränkung des Wirkzeitraums kommt daher bei der Berechnung des Gesamtbetrags zum Tragen, auch wenn es ein Einzelfallkriterium im Rahmen des § 14 RVG ist, welches für den Auftraggeber nicht zur Anwendung gelangen kann.
Im vorliegenden Fall ergibt sich damit folgende Rechnung:
Summe von ungekürzter Verfahrensgebühr, die von der Staatskasse verlangt werden kann + tatsächlich gezahlten Gebühren anderer Kostenschuldner 210,00 EUR + 262,50 EUR = 472,50 EUR. abzüglich des abstrakten Gesamtbetrags gemäß § 15a Abs. 1 RVG 360,00 EUR = Anrechnungsbetrag, der von der Verfahrensgebühr seitens der Staatskasse in Abzug zu bringen ist. 112,50 EUR
Dieser Anrechnungsbetrag wird in Abzug gebracht von der maximalen Verfahrensgebühr, so dass sich die verbleibende Verfahrensgebühr im vorliegenden auf 97,50 EUR beläuft.
Im Ergebnis wird damit die tatsächlich erfolgte Zahlung der Beklagten auf die Verfahrensgebühr, mithin ein Betrag in Höhe von 112,50 EUR, in Abzug gebracht. Der Beschwerdeführer muss sich im Rahmen des § 58 Abs. 2 RVG auf den geforderten Gesamtbetrag aus Verfahrens- und Geschäftsgebühr das anrechnen lassen, was er schon erhalten hat. Der Rechtsanwalt übersteigt diesen Gebührenrahmen, wenn er insgesamt 375,00 EUR fordert. Er hat vielmehr von der Beklagten schon einen Betrag in Höhe von 262,50 EUR aus beiden Gebühren erhalten, so dass ihm gegenüber dem Beschwerdegegner nur noch ein Anspruch in Höhe von 97,50 EUR zusteht.
Weitere Anrechnungen finden nicht statt, da auch der Auftraggeber sich auf eine solche nicht berufen könnte, wenn der Rechtsanwalt durch Kostenaufteilung oder wegen Kostenquotelung den Gesamtbetrag nicht übersteigt. Dem entspricht die gesetzgeberische Intention der Reduzierung der Verfahrensgebühr, dem Rechtsanwalt wegen Synergieeffekten einen niedrigeren Gesamtbetrag aus Verfahrens- und Geschäftsgebühr für die Betreuung derselben Angelegenheit vorgerichtlich und gerichtlich zuzubilligen. Ziel der Anrechnungsregelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG war es nicht, speziellen Kostenschuldnern Gebühren zu ersparen.
Keine Auswirkung hat hier - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe. Zwar ordnet § 58 Abs. 2 RVG an, dass, wenn der Rechtsanwalt nur für einen Teil des Klageanspruchs beigeordnet worden ist, Vorschüsse und Zahlungen zunächst auf die Gebühren und Auslagen zu verrechnen sind, die auf den Teil des Anspruchs entfallen, für den keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn für alle im vorliegenden Fall entstandenen Gebühren (Verfahrensgebühr, Einigungsgebühr und Terminsgebühr – zu den beiden letzteren siehe sogleich) besteht ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Allein auf die Höhe der Gebühren wirkt sich die Beschränkung des Wirkzeitraums aus. Aus der sich aus § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ergebenden Forderungssperre ergibt sich, dass ein Rechtsanwalt, der vor der Beiordnung Wahlanwalt war, alle nach der Beiordnung verwirklichten Gebührentatbestände gegenüber seinem Auftraggeber nicht mehr geltend machen kann, auch wenn und soweit diese bereits vor der Beiordnung schon einmal erfüllt waren, wenn dem Prozesskostenhilfeantrag erst später stattgegeben wird (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008, I ZR 142/06, juris). Damit existieren im vorliegenden Fall keine Gebühren für das Klageverfahren, die der Rechtsanwalt fordern könnte, für welche Prozesskostenhilfe nicht gewährt worden wäre.
Zudem steht dem Beschwerdeführer eine Einigungsgebühr zu. Nach Nrn. 1000, 1005, 1006 VV RVG entsteht eine Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Soweit über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann, gilt dies auch bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts. Die Gebühr Nr. 1000 VV RVG entsteht im sozialgerichtlichen Verfahren in Höhe der Verfahrensgebühr. Sie beträgt mithin im vorliegenden Fall, welches durch gerichtlichen Vergleichsbeschluss endete, 210,00 EUR.
Darüber hinaus stehen dem Beschwerdeführer eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG in Höhe von 189,00 EUR zu, denn die Terminsgebühr beläuft sich nach Nr. 3106 Satz 2 VV RVG auf 90 % der Verfahrensgebühr.
Nach § 58 Abs. 2 RVG sind auch die tatsächlich auf die Einigungsgebühr und die Terminsgebühr schon erfolgten Zahlungen der Beklagten des Ausgangsverfahrens anzurechnen. Hinsichtlich des Wirkzeitraums gilt das oben Ausgeführte auch bei diesen Gebühren: wegen der Forderungssperre kann der Beschwerdeführer keine weiteren Zahlungen mehr gegenüber dem Kläger des Ausgangsverfahrens geltend machen; eine Begrenzung der Anrechnung der tatsächlich durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens gezahlten Gebühren findet nicht statt. Anzurechnen ist auch die hälftig durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens gezahlte Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG.
Kopierkosten gemäß Nr. 7000 Nr. 1a) VV RVG sind nicht zu erstatten, denn die geltend gemachten 23 Kopien aus der Verwaltungsakte der Beklagten des Ausgangsverfahrens wurden anlässlich einer Akteneinsicht gefertigt. Die Akteneinsicht fand im Januar 2015 statt und damit nicht innerhalb des Wirkzeitraums der Prozesskostenhilfegewährung. Der beigeordnete Rechtsanwalt erhält aus der Staatskasse nur die Gebühren, die nach seiner Beiordnung abermals oder neu entstehen, ohne Rücksicht auf seine vorangegangene Tätigkeit. Es muss eine gebührenauslösende Tätigkeit nach der Beiordnung feststellbar sein; Gebühren, die nur vor der Beiordnung entstanden sind, erhält er nicht aus der Staatskasse (Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 122 ZPO, Rn. 15).
Im Ergebnis stehen dem Beschwerdeführer folgende Gebühren zu:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG 97,50 EUR
Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 189,00 - (270:2=) 135,00 = 54,00 EUR
Einigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG 210,00 - (300:2=) 150,00 = 60,00 EUR
Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 – 10,00 EUR = 10,00 EUR
Zwischensumme 221,50 EUR
Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 42,09 EUR
Summe 263,59 EUR
Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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