L 6 U 167/08

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 27/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 167/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. Juli 2008 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht die Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalls.

Die 1973 geborene Klägerin ist seit Anfang 2000 bei der Fa. C. Engineering Systems AG in B-Stadt, einem IT-Betrieb mit ca. 230 Mitarbeitern, beschäftigt.

Vom 28. April bis zum 1. Mai 2006 befand sich die Klägerin auf einer von ihrem Arbeitgeber veranstalteten Reise in Lappland. Auf der vom Unternehmen ausgehändigten Reiseinformation hieß es hierzu u.a. wörtlich: ".die Reise ist unser Dankeschön für ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Sie soll Sie motivieren und Ihnen Freude machen, Lust wecken auf das neue Geschäftsjahr und Neugier, auf das was vor uns liegt. Die Reise ist keine Pflichtveranstaltung, die Teilnahme ist freiwillig." Im Rahmen dieser Reise fand am 30. April 2006 als Outdooraktivität eine Snowmobilfahrt statt. Die Klägerin nahm daran als Beifahrerin auf einem Snowmobil teil, welches von einem Arbeitskollegen gesteuert wurde. Während der Fahrt wurde sie mehrfach auf dem Fahrzeug hoch geschleudert und auf den Sitz zurückgeworfen. Aufgrund von Rückenschmerzen musste die Klägerin die Fahrt abbrechen und durch vor Ort hinzugezogene Rettungskräfte in eine Klinik verbracht werden. Nach ihrer Rückkehr aus Lappland suchte die Klägerin den Durchgangsarzt Prof. Dr. D. auf, der bei ihr eine LWK-1-Fraktur feststellte. Diese Verletzung führte nachfolgend zu stationären Behandlungen im Universitätsklinikum Frankfurt am Main sowie in der Wirbelsäulenklinik Bad Homburg.

Mit Bescheid vom 12. September 2006 lehnte die Beklagte Ansprüche auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 30. April 2006 ab, da es sich ihrer Auffassung nach nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Vielmehr habe es sich bei dem Aufenthalt in Lappland vom 28. April bis 1. Mai 2006 um einen reinen Incentive-Aufenthalt gehandelt. Durch Incentives sollten Mitarbeiter zu besseren Leistungen motiviert werden. Das gemütliche Zusammensein und die gemeinsamen Erlebnisse sollten sich positiv auf die Zusammenarbeit auswirken. Bei dieser Reise hätten Erholung, Spaß und Freizeit im Vordergrund gestanden. Es habe sich daher um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt, die dem privaten Bereich zuzuordnen sei.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch am 20. September 2006. Zur Begründung trug sie vor, ihr Arbeitgeber habe sämtliche Mitarbeiter zu der Veranstaltung eingeladen. Der Einladung seien 124 Mitarbeiter sowie auch die gesamte Leitung des Unternehmens gefolgt. Die Veranstaltung habe der Förderung der betrieblichen Verbundenheit gedient. Somit habe es sich um eine versicherte Tätigkeit im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, die sich letztlich durch nichts von einem Betriebsausflug oder einer Betriebsfeier unterschieden habe.

Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Fa. C. Engineering Systems AG ein, wonach die Reise den Mitarbeitern u. a. als Belohnung für das gute Geschäftsergebnis angeboten worden sei und dazu dienen sollte, die Mitarbeiter zu motivieren und zu neuen Höchstleistungen anzuspornen

Anschließend wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2007 als unbegründet zurück.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit der am 13. März 2007 vor dem Sozialgericht Darmstadt erhobenen Klage. Dabei trug sie vor, die Veranstaltung habe allen Mitarbeitern der C. Engineering Systems AG offengestanden. Ausgenommen gewesen seien lediglich Mitarbeiter mit weniger als 6 Monaten Betriebszugehörigkeit und Auszubildende in den ersten beiden Ausbildungsjahren sowie eine geringe Gruppe von Serviceleuten, die zur Aufrechterhaltung der betreuten Rechenzentren und eines Back-Up-Service dringend erforderlich gewesen seien. Die Veranstaltung sei allen Mitarbeitern für den Fall versprochen worden, dass bestimmte Umsatzziele im Geschäftsjahr 2005/2006 erreicht werden. Zudem dienten derartige Reisen, deren sämtliche Kosten von der Arbeitgeberin getragen worden seien, auch als weiteres strategisches Instrument, um in einem von täglichen Abwerbungsversuchen geprägten Umfeld möglichst viele Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und damit Mitarbeiterfluktuation zu vermeiden. Schließlich habe stets der Teambuilding-Charakter und nicht die Freizeitgestaltung oder die Unterhaltung der Beteiligten im Vordergrund gestanden; auch auf die Bezeichnung der Veranstaltung als Incentive-Reise könne es nicht ankommen. Maßgeblich sei allein der Inhalt der Veranstaltung.

Die Beklagte wandte demgegenüber ein, aus der Tatsache, dass nicht allen Mitarbeitern erlaubt gewesen sei, an diesem Event mitzumachen, habe sich eindeutig gezeigt, dass die Veranstaltung eine Belohnung für erreichte Ziele gewesen sei. Es sei unstreitig, dass in Zeiten zunehmenden Konkurrenzdrucks das Instrument der Mitarbeiterbindung über das Schlagwort "Motivation" eine erhebliche Bedeutung erlangt habe. Dennoch bedingten diese Aktivitäten für sich allein gesehen nicht den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, selbst wenn das Verbundenheitsgefühl hierdurch ohne weiteres erreicht werden könne. Es stehe jedem Unternehmen frei, seine Mitarbeiter durch sog. Belohnungsreisen zu motivieren oder sich für vergangene Leistungen zu bedanken. Es stehe ihm jedoch nicht frei, den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten.

Vom Sozialgericht Darmstadt wurde die Klage mit Urteil vom 29. Juli 2008 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe am 30. April 2006 keinen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten, da sich das Unfallereignis nicht im Rahmen einer unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung sehenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ereignet habe. Zwar sei die Reise nach Lappland von der Autorität der selbst anwesenden Unternehmensleitung getragen gewesen und von dieser auch finanziert, organisiert und programmlich gestaltet worden. Dies reiche jedoch nicht aus, um die Veranstaltung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung anerkennen zu können. Dem stehe entgegen, dass die Veranstaltung nicht allen Beschäftigten des Unternehmens offen gestanden habe. Nach den Angaben der Arbeitgeberin der Klägerin hätten an der Lapplandreise weder Auszubildende in den ersten beiden Ausbildungsjahren noch Mitarbeiter, die noch keine 6 Monate dem Betrieb angehörten, teilnehmen können. Für die Teilnahme von Auszubildenden im letzten Jahr der Ausbildung sei eine "positive interne Bewertung" Voraussetzung für die Teilnahme gewesen. Und freien Mitarbeitern habe die Teilnahme nur offen gestanden, soweit diese so genannte "C. Vorgaben" erreicht hatten. Dies zeige, dass letztlich nur die "verdienten" Mitarbeiter belohnt werden sollten. Für diese habe die Lapplandreise eine - im Vorfeld durch den Vorstandsvorsitzenden bei dem jährlichen Kick-Off-Meeting am 3./4. Juni 2005 versprochene Belohnung oder eine in Aussicht gestellte Prämie dargestellt. Die Einschränkung der Teilnahmemöglichkeit auf bestimmte Mitarbeiter spreche dagegen, dass die Integration der Mitarbeiter und die Verbesserung der Kommunikation der Beschäftigten mit der Unternehmensleitung oder der Austausch der Beschäftigten untereinander als Hauptziel im Vordergrund der Reise gestanden hätten. Vielmehr habe der Unternehmer durch die Lapplandreise eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil honorieren wollen, ohne dass dadurch die von dem Unternehmen finanzierte Reise für die Betriebsangehörigen - und damit auch für die Klägerin - zu einer betrieblichen Tätigkeit geworden sei. Dem stehe nicht entgegen, dass dabei als Nebeneffekt auch das betriebliche Klima verbessert und das Kennenlernen der Mitarbeiter der verschiedenen Standorte ermöglicht worden sei. Auch aus der Auswahl der angebotenen Aktivitäten ergebe sich, dass im Vordergrund Spaß, Freude und Entspannung gestanden habe. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Fahrt auf Snowmobilen in kleinen Gruppen von ca. 12 Mitarbeitern die Integration bzw. Verbundenheit von Mitarbeitern fördern könne. Eine solche Fahrt stelle vielmehr eine attraktive Freizeitgestaltung mit hohem Unterhaltungs- bzw. Spaßfaktor dar, auch wenn diese durch die Arbeitgeberin organisiert worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin dieser Aktivität - z.B. wegen eines etwaigen Gruppendrucks - nicht hätte entziehen können, bestünden nicht. Auch der Einwand, dass die Veranstaltung derartiger Reisen der Mitarbeiterbindung diene und ein Abwerben verhindern solle, führe zu keinem anderen Ergebnis. Das betriebliche Risiko, dass qualifizierte Mitarbeiter abgeworben werden, sei kein Risiko, gegen das die gesetzliche Unfallversicherung Schutz biete.

Gegen das Urteil hat die Klägerin am 25. August 2008 Berufung vor dem Hessischen Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht habe verkannt, dass die Reise in erster Linie der Verbesserung der Beziehungen zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Belegschaft sowie der Belegschaft untereinander gedient habe. Aus diesem Grund habe der Vorstandsvorsitzende während der Reise bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Situation des Unternehmens, die Stellung der einzelnen Mitarbeiter und die Bedeutung des "Teambuildings" innerhalb der Belegschaft hingewiesen. Die Arbeitgeberin habe die Veranstaltung als wesentliches Mittel gesehen, die Zusammengehörigkeit innerhalb der Belegschaft zu fördern und insbesondere die Bindung der einzelnen Mitarbeiter an das Unternehmen zu steigern. Da die Beschäftigten des Unternehmens auf mehrere Standorte im Bundesgebiet verstreut seien, sei eine derartige Gemeinschaftsveranstaltung notwendig um persönliche Kontakte aufnehmen, Beziehungen intensivieren und die Zusammenarbeit verbessern zu können. Bei den Fahrten mit den Snowmobilen handele es sich um ein Gemeinschaftserlebnis in einer extremen Umgebung, in der wechselseitiges Vertrauen, Hilfsbereitschaft sowie der Wille, ein Ziel zu erreichen, in besonderem Maße gefördert werde. Bei der Tour mit insgesamt 60 Snowmobilen seien einzelne Gruppen mit jeweils einem Führer gebildet worden, so dass es dem Charakter der Veranstaltung als Gemeinschaftsveranstaltung auch nicht entgegenstehe, dass sich der streitgegenständliche Unfall im Rahmen der Fahrt mit einer Gruppe von 6 Snowmobilen ereignet habe. Die Veranstaltung sei zudem so straff organisiert gewesen, dass für die einzelnen Mitarbeiter keine Gelegenheit bestanden habe, abweichende, individuelle Aktivitäten durchzuführen. Bei der Reise habe es sich schließlich auch nicht um eine Incentive-Reise im eigentlichen Sinne gehandelt, da nicht die Arbeitsleistung einzelner Mitarbeiter individuell honoriert, sondern vielmehr das Ergebnis des Unternehmens gegenüber der gesamten Belegschaft belohnt worden sei. Dabei stehe es der Charakterisierung als Gemeinschaftsunternehmen auch nicht entgegen, dass die Reise nicht ausnahmslos allen Mitarbeitern offen gestanden habe.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. Juli 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2007 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Unfallgeschehen vom 30. April 2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie auf die Ausführungen in ihren Bescheiden sowie des Sozialgerichts Darmstadt in dem angefochtenen Urteil Bezug.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Das Rechtsmittel ist daher durch Beschluss zurückzuweisen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden, da die Klägerin während des streitgegenständlichen Unfallereignisses nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand und das Ereignis folglich nicht als Arbeitsunfall anerkannt und entschädigt werden kann.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch, 7. Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach Voraussetzung, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 20. Januar 1987, Az.: 2 RU 27/86).

Im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter Versicherungsschutz stehen auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden, soweit die betreffende Veranstaltung im Interesse des Unternehmens liegt und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dient. Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten stehen demgegenüber auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden. Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Die Veranstaltung muss deshalb grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens - bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten - offen stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden, um die für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen wesentliche "betriebliche Zielsetzung" - Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander - zu erfüllen (vgl. BSG, Urteile vom 22. August 1955, Az.: 2 RU 49/54 sowie vom 20. Februar 2001, Az: B 2 U 7/00 R). Hierfür reicht es nicht aus, dass lediglich allen Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004, Az.: B 2 U 47/03 R m.w.N.). Eine Zurechnung der Teilnahme eines Beschäftigten an einer geselligen Veranstaltung des Arbeitgebers zu seiner versicherten Beschäftigung ist nur zulässig, wenn dem Arbeitgeber erklärtermaßen an einer auch objektiv möglichen Teilnahme der gesamten Belegschaft gelegen ist. Daran fehlt es, wenn er die Teilnahme an einer Veranstaltung von vornherein nur einem Teil der Belegschaft ermöglicht. Dies ist gerade auch dann der Fall, wenn die Veranstaltung mit Gefahren verbunden ist, die erwarten lassen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Belegschaft von einer Teilnahme Abstand nehmen wird (BSG, Urteil vom 16. Mai 1984, Az.: 9b RU 6/83). Die Veranstaltung muss auch von ihrem Programm her geeignet sein, die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Teil anzusprechen (BSG, Urteile vom 7. Dezember 2004, Az.: B 2 U 47/03 R sowie vom 22. September 2009, Az.: B 2 U 27/08 R). Nur in Ausnahmefällen, in denen Beschäftigte von vornherein nicht teilnehmen können, weil etwa aus Gründen der Daseinsvorsorge der Betrieb aufrechterhalten werden muss oder wegen der Größe der Belegschaft aus organisatorisch-technischen Gründen eine gemeinsame Betriebsveranstaltung ausscheidet, muss die umfassende Teilnahmemöglichkeit nicht für alle Mitarbeiter bestehen. In diesem Fall sind aber zumindest alle diejenigen Beschäftigten einzuladen, deren Teilnahme möglich ist (BSG, Urteile vom 14. November 1996, Az.: 2 RU 1/96 sowie zuletzt vom 22. November 2009, Az.: B 2 U 4/08 R). Veranstaltungen, die sich nur an eine ausgewählte Gruppe von Betriebsangehörigen, etwa die besonders "Erfolgreichen" bzw. "Verdienten", richten oder bei denen ein nennenswerter Teil der Betriebsangehörigen wegen des Fehlens bestimmter für die Teilnahme erforderlicher Eigenschaften oder wegen der Begrenzung der Teilnehmerzahl von einer Teilnahme faktisch ausgeschlossen, können grundsätzlich nicht der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dienen und stehen deshalb nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt vor allem für die bei Unternehmen vielfach üblichen Incentive- oder Motivationsreisen (BSG, vom 25. August 1994, Az.: 2 RU 23/93; G. Wagner in: jurisPK-SGB VII, 1. Auflage 2009, Stand: 10. Mai 2010, § 8 SGB VII, Rn. 85)

Lässt sich unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze eine unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung bejahen, stehen wiederum nur solche Verrichtungen unter Versicherungsschutz, die mit dem Zweck der Veranstaltung vereinbar sind. Unter Versicherungsschutz stehen die Teilnehmer an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung folglich nur bei den Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck der Veranstaltung, der sich auch auf die körperliche Entspannung und Erholung erstreckt, vereinbar bzw. vorgesehen oder üblich sind. Sportliche Betätigungen mit spielerischem Charakter sind unter diesen Voraussetzungen versichert, wenn sie der Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller Beschäftigten und nicht allein dem persönlichen Interesse des Betroffenen dienen. Die Veranstaltung muss insgesamt von ihrer Programmgestaltung her geeignet sein, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Kreis der Beschäftigten anspricht. Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen ist nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang. Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter zu höheren Leistungen anzuspornen, wie dies regelmäßig der Zielrichtung von Incentiv-Reisen entspricht. Das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde. Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zu Leistungssteigerungen ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen. Der Unternehmer honoriert insoweit eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird. Ebenso wie die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen, auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz steht, ist die Pflege der persönlichen Beziehungen zur Unternehmensleitung und unter den Beschäftigten trotz günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen außerhalb der in den Versicherungsschutz einbezogenen Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003, Az.: B 2 U 52/02 R, G. Wagner in: jurisPK-SGB VII, a.a.O., Rn. 88).

Unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Grundsätze ist das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung vom 29. Juli 2008 zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Arbeitgeberin der Klägerin organisierte und finanzierte Reise nach Finnland sowie die im Rahmen dieser Reise durchgeführte Fahrt der Klägerin mit einem Snowmobil nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, so dass das hierbei erfolgte Unfallereignis nicht als Arbeitsunfall anerkannt und entschädigt werden kann. Der Senat vermochte sich in der Gesamtbetrachtung der vorliegenden Anhaltspunkte insbesondere nicht davon zu überzeugen, dass die Veranstaltung wesentlich vom Zwecke der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander bestimmt war.

Maßgeblich hierfür ist, dass die Reise nicht allen Mitarbeitern der Arbeitgeberin der Klägerin offen stand. Nach der Auskunft der Arbeitgeberin im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten waren Auszubildende lediglich im letzten Jahr ihrer Ausbildung, freie Mitarbeiter nur unter besonderen Bedingungen ("sofern sie die C.-Vorgaben erreicht haben") sowie in der Probezeit befindliche, neu eingestellte Mitarbeiter nicht zu der Veranstaltung eingeladen. Um mit der Reise die Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander zu pflegen, wie dies vorliegend von der Klägerin geltend gemacht worden ist, hätte gerade die Einbeziehung der Auszubildenden sowie der noch nicht lange im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter nahe gelegen, da die Verbundenheit mit den übrigen Beschäftigten und der Unternehmensleitung insbesondere bei diesem Personenkreis noch am ehesten einer Förderung bedarf. Die Gruppe der Auszubildenden, freien Mitarbeiter und noch in der Probezeit befindlichen Beschäftigten eines Unternehmens stellt auch keine organisatorisch abgrenzbare betriebliche Einheit dar, deren Ausschluss von der Veranstaltung aus betrieblichen oder organisatorischen Gründen dem gemeinschaftlichen Charakter nicht abträglich sein könnte.

Zudem wurde die Durchführung der Veranstaltung von der Arbeitgeberin in einer Vorankündigung vom Erreichen eines bestimmten Geschäftszieles abhängig gemacht und ausdrücklich als "Dankeschön für ein erfolgreiches Geschäftsjahr" bezeichnet (vgl. Bl. 60 Gerichtsakte). Dementsprechend wurde die Reise von der Arbeitgeberin der Klägerin in der Unfallanzeige vom 2. Mai 2006 selbst als Incentive-Reise bezeichnet. Die seitens der Arbeitgeberin erfolgte Charakterisierung der Reise als Incentive-Reise wurde von dieser in einer Mitteilung an die Beklagte vom 2. November 2006 nochmals ausdrücklich bestätigt. Dabei wurde von der Arbeitgeberin auch ausgeführt, dass es sich nicht um eine Pflichtveranstaltung gehandelt habe, die Teilnahme hieran sei freiwillig erfolgt. Ziel der Veranstaltung seien die Belohnung der Mitarbeiter für ein erfolgreiches Geschäftsjahr sowie die Motivation bzw. das Anspornen für "neue Höchstleistungen" gewesen.

Für den Senat stehen damit zweifelsfrei die Belohnung und Motivation eines Teilbereichs der Mitarbeiter des Unternehmens infolge des mit der Reise verbundenen Freizeitvergnügens der einzelnen Teilnehmer im Vordergrund. Auch wenn die Reise darüber hinaus dazu beitragen konnte, eine Förderung der betrieblichen Verbundenheit der Teilnehmer herbeizuführen, so tritt dies aus den genannten Gründen gegenüber der eigenwirtschaftlichen Gestaltung der Freizeit und Erholung eindeutig in den Hintergrund. Die hierfür maßgeblichen, vorstehend genannten Anknüpfungstatschen sind auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin nicht streitig, so dass es für die vorliegende Entscheidung nicht der beantragten Zeugenvernehmung von Mitgliedern der Geschäftsleitung der Fa. C. Engineering Systems AG bedurfte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung zur Hauptsache.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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