L 4 KA 73/06 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 21 KR 331/06 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 73/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2006, soweit darin der Streitwert bestimmt worden ist, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem - insoweit rechtskräftig abgeschlossenen - einstweiligen Anordnungsverfahren des Sozialgerichts Frankfurt am Main haben die Beteiligten darüber gestritten, ob die Antragsgegnerin das von der Antragstellerin vertriebene Medikament Zyprexa als so genanntes "Me-Too-Präparat" oder Analogpräparat bezeichnen und die Antragsgegnerin es entsprechend auf einer im Internet zugänglichen Liste führen darf. Die Antragstellerin hatte am 11. April 2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. In diesem Zusammenhang hat sie vorgetragen, sie erziele im Gebiet der Antragsgegnerin mit diesem Medikament einen Umsatz ohne Mehrwertsteuer in Höhe von ca. 10 Millionen EUR im Kalenderjahr, der sich infolge der Maßnahmen der Antragsgegnerin auf ca. 5 Millionen EUR reduziere. Mit Beschluss vom 20. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und den Streitwert auf 2,5 Millionen EUR festgesetzt. In den Gründen an das Sozialgericht ausgeführt, die Festsetzung des Streitwertes richte sich nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache. Das Gericht habe sich dabei an dem von der Antragstellerin geltend gemachten Jahresumsatz von 5 Millionen EUR orientiert, von dem im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Entscheidung im Eilverfahren die Hälfte angesetzt worden sei.

Der Beschluss ist der Antragstellerin am 26. Oktober 2006 zugestellt worden. Gegen die Festsetzung des Streitwerts hat die Antragstellerin am 10. November 2006 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfevermerk vom 10. November 2006, Blatt 367 Gerichtsakte).

Die Antragstellerin trägt vor, die befürchteten Umsatzverluste als Ausgangspunkt der Streitwertbemessung sei nicht zu beanstanden. Da es sich vorliegend um ein einstweiliges Anordnungsverfahren und damit um ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren handele, sei es angemessen, nicht den gesamten befürchteten Verlustbetrag als Streitwertbetrag einzusetzen, sondern nur 50 %. Dies entspreche den üblichen Gepflogenheiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Es sei daher richtig, den Streitwert auf 1,25 Millionen EUR festzusetzen. Der ursprünglich befürchtete Umsatzverlust von 5 Millionen EUR sei tatsächlich nicht eingetreten. Die tatsächlichen Umsatzverluste lägen sogar deutlich unter dem jetzt als Streitwert vorgeschlagenen Wert von 1,25 Millionen EUR. Da insoweit von vornherein eine erhebliche Unsicherheit über die tatsächlich später aufgetretenen Umsatzverluste bestanden habe, müsse sich diese Unsicherheit auch in der Festsetzung des Streitwerts niederschlagen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige und statthafte Beschwerde ist nicht begründet. Der durch das Sozialgericht Frankfurt am Main festgesetzte Streitwert in Höhe von 2,5 Millionen EUR ist nicht zu beanstanden.

Vorliegend ist der 4. Senat sachlich zuständig, da es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt, für die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Hessischen Landessozialgerichts dessen Zuständigkeit gegeben ist. Nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind für Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten (Vertragsarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände eigene Kammern bzw. ein eigener Senat zu bilden. Es ist unschädlich, dass die Antragstellerin nicht zu den genannten Leistungserbringern zählt. Denn "aufgrund" der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten kann eine Streitigkeit auch entstehen, wenn Dritte, die an dieser Rechtsbeziehung nicht unmittelbar beteiligt sind, behaupten, durch eine zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten getroffene Regelung in ihren Rechten unmittelbar oder mittelbar berührt zu sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 2006, L 11 B 30/06 ER; HLSG, Beschluss vom 20. Oktober 2006, L 4 KA 58/06 ER). Eine derartige Fallkonstellation liegt hier vor, denn das gerichtliche Verfahren resultiert aus einem zwischen der Antragsgegnerin und sieben Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen geschlossenen Vertrag zur Arznei- und Verbandmittelversorgung. Die Frage, ob das Sozialgericht Frankfurt am Main hier örtlich zuständig gewesen ist, stellt sich im Beschwerdeverfahren nicht mehr (§ 98 SGG i.V.m. § 17a Gerichtsverfassungsgesetz).

Gemäß § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Diese Streitwertbestimmung gilt gemäß § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG auch für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b SGG.

Vorliegend ist das Sozialgericht ermessensfehlerfrei dem Vortrag der Antragstellerin gefolgt, die den Umsatzrückgang für das Medikament Zyprexa auf dem Gebiet der Antragsgegnerin auf 5 Millionen EUR im Jahr 2006 geschätzt hat. Wegen der Vorläufigkeit des Eilverfahrens hat das Sozialgericht deshalb diesen behaupteten Umsatzverlust bei der Festsetzung des Streitwerts auf 50 % reduziert. Der Vortrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ist nicht geeignet, einen anderen Streitwert zu Grunde legen zu können, denn er ist völlig unsubstantiiert. Es wird nunmehr behauptet, die ursprüngliche Schätzung für den Umsatzverlust sei unzutreffend gewesen. Der Umsatzverlust liege unter dem vorgeschlagenen Streitwert von 1,25 Millionen EUR, ohne dass freilich konkrete und verlässliche Umsatzzahlen vorgetragen werden. Deshalb hat es bei dem Ansatz des Sozialgerichts zu verbleiben. Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich hierbei um den Höchststreitwert nach § 52 Abs. 4 GKG handelt.

Soweit die Antragstellerin auf übliche Gepflogenheiten hinweist, ist anzumerken, dass eine allgemein gültige Regel bezüglich der Höhe des Streitwerts bei Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht existiert. Vielmehr ist der Streitwert mit einem Abschlag vom vollen Gegenstandswert individuell unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu bestimmen (vgl. Wenner/Bernard, NZS 2003, 568 (572)). Während der Senat in Fällen der vorliegenden Art in der Regel von der Hälfte des Hauptsachestreitwerts ausgeht (vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2006, L 4 KA 58/06 ER), legt das LSG Nordrhein-Westfalen hier den vollen Betrag der bezifferten Umsatzeinbuße zugrunde (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2006, L 10 B 14/06 KA ER).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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