Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 P 63/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten des Mahnverfahrens. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Aufwendungsersatz für die vorprozessuale Inanspruchnahme einer anwaltlichen Vertretung im Rahmen der Geltendmachung rückständiger Beiträge zur privaten Pflegeversicherung und für ein an den Beklagten gerichtetes Mahnschreiben. Der Beklagte unterhielt im Zeitraum April 2002 bis April 2012 bei der Klägerin einen Pflegepflichtversicherungsvertrag. Diesem Pflegepflichtversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (AVB) zu Grunde. Der Beklagte zahlte in den Monaten März und April 2012 seine Beiträge i.H.v. 25,60 EUR pro Monat nicht. Nachdem der Beklagte am 05.09.2012 von der Klägerin angemahnt wurde, beauftragte diese einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung ihrer Forderungen. Dort wurde die Sach- und Rechtslage vorprozessual geprüft und der Beklagte erneut zur Zahlung aufgefordert. Sodann empfahl der Bevollmächtigte der Klägerin die Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Klägerin hat am 26.11.2015 beim Amtsgericht Coburg den Erlass eines Mahnbescheides über die Beitragsforderungen für die zwei Monate i.H.v. insgesamt 51,20 EUR beantragt. Außerdem hat sie als Nebenforderungen Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR, Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR, Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit i.H.v. 83,53 EUR und Kontoführungsgebühren i.H.v. 2,50 EUR geltend gemacht. Zudem hat die Klägerin im Mahnverfahren die Kosten des Mahnverfahrens geltend gemacht, die sich zusammensetzen aus Gerichtskosten i.H.v. 32,00 EUR und insgesamt 29,45 EUR für die anwaltliche Tätigkeit im Mahnverfahren (RA-Gebühr, Auslagen und MwST). Ein entsprechender Mahnbescheid wurde dem Beklagten am 02.12.2015 zugestellt. Hiergegen erhob der Beklagte am 18.12.2015 Widerspruch. Das Verfahren wurde am 22.04.2016 an das Sozialgericht Detmold abgegeben und ging am 02.05.2016 dort ein. Mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens begrenzte die Klägerin den Antrag auf die Hauptforderung i.H.v. 51,20 EUR, Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR, Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR, Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit i.H.v. 83, 53 EUR und Kontoführungsgebühren i.H.v. 2,50 EUR. Die Aufwendungen für die anwaltliche Tätigkeit innerhalb des gerichtlichen Mahnverfahrens wurden hingegen nicht weiter verfolgt. Nach richterlichem Hinweis vom 19.07.2016 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen soweit sie die zunächst geltend gemachten Auskunftskosten und Kontoführungsgebühren betrifft. Am 30.09.2016 hat der Beklagte den Betrag von 51,20 EUR gezahlt und die Klägerin daraufhin den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und begehrt damit lediglich noch die Zahlung von 83,54 EUR Aufwendungsersatz für die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit und 0,80 EUR Aufwendungen für eine Mahnung vor Durchführung des Mahnverfahrens.
Die Klägern ist der Auffassung, ihr stehe ein Aufwendungsersatzanspruch als Verzugsschaden gem. § 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu. Ferner stützt sie sich auf § 8 Abs. 7 AVB. Sie vertritt die Auffassung, dass § 193 Abs. 4 SGG einen Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Tätigkeit nicht ausschließe, da § 193 Abs. 3 SGG spezieller als § 193 Abs. 4 SGG sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 83,54 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten und 0,80 EUR Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt nach seinen erkennbaren Interessen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.01.2019 weder selbst erschienen noch vertreten gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte im Termin vom 29.01.2019 einseitig verhandeln und entscheiden. Auf diese verfahrensrechtliche Möglichkeit (§§ 110, 126 SGG) ist der Beklagte in der Terminsmitteilung hingewiesen worden.
Die Klage ist als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig, allerdings unbegründet.
Die sachliche Zuständigkeit des Sozialgerichts ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Das Sozialgericht Detmold ist gemäß § 57 Abs. 1 S. 2 SGG örtlich zuständig, da der Beklagte seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Gerichtsbezirk hatte.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die noch geltend gemachte Klageforderung, soweit es die Aufwendungen für die vorgerichtlichen Anwaltstätigkeiten betrifft.
Zwar befand sich der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt im Verzug, so dass grundsätzlich ein etwaiger daraus entstandener Schaden zu ersetzen ist gemäß §§ 280, 286, 288 BGB. Die Klägerin hatte gemäß § 23 Sozialgesetzbuch elftes Buch (SGB XI) i.V.m. dem Versicherungsvertrag Anspruch auf Zahlung der ursprünglich geltend gemachten Beiträge zur Pflegepflichtversicherung für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis zum 30.04.2012 von insgesamt 51,20 EUR. Der Beklagte unterhielt in diesem Zeitraum mit der Klägerin einen Pflegepflichtversicherungsvertrag, der nicht gekündigt war. Die für diesen Zeitraum fälligen Beträge hatte der Beklagte erst während des Klageverfahrens am 30.09.2016 gezahlt. Aufgrund der Fälligkeit der monatlichen Beiträge zum ersten eines jeden Monats gemäß § 8 Abs. 1 AVB befand sich der Beklagte durch die Nichtzahlung im Verzug gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, ohne dass es einer ausdrücklichen Mahnung bedurft hätte.
Einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Klägerin gleichwohl nicht. Ein solcher Anspruch ist nämlich gemäß § 193 Abs. 4 SGG ausgeschlossen. Diese Norm geht auch der Vorschrift des § 286 BGB als lex specialis vor. § 193 Abs. 4 SGG erfasst zunächst jene außergerichtlichen Kosten, die für die Prozessvertretung innerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens anfallen. Darüber hinaus schließt die Norm aber auch die Erstattung entstandener Rechtsanwaltskosten innerhalb des Mahnverfahrens aus (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Dezember 2012 - L 15 P 44/10 -, Rn. 24, juris; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 -, Rn. 18ff. , juris; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 24, juris; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. August 2018 - L 8 P 30/18 -, Rn. 20 ff., juris; SG Dortmund, Urteil vom 08. Februar 2018 - S 54 P 171/14 -, Rn. 30, juris; im Ergebnis ebenso schon Gebhardt, NZS 98, 274, 276) und erfasst auch die Aufwendungen für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes vor dem Mahnverfahren (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 24, juris; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. August 2018 - L 8 P 30/18 -, Rn. 20ff., juris; SG Dortmund, Urteil vom 08. Februar 2018 - S 54 P 171/14 -, Rn. 30, juris; zwar hatte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 - lediglich über die Kostenerstattung für eine anwaltliche Tätigkeit im Mahnverfahren zu entscheiden. Aus den Rechtsausführungen in Rn. 22, juris, und die dort vorgenommene Anerkennung des § 193 Abs. 4 SGG als lex specialis zu den Verzugsvorschriften des BGB dürfte die konsequente Schlussfolgerung allerdings ebenso ein Ausschluss von vorprozessualen Anwaltskosten vor dem Mahnverfahren sein; a.A.: SG Karlsruhe, Urteil vom 26. März 2014 - S 14 P 2561/13 -, Rn. 20, juris; SG Karlsruhe, Urteil vom 09. Mai 2014 - S 10 P 3626/13 -, Rn. 13, juris; SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 24. August 2015 - S 13 P 3851/14 -, Rn. 20, juris; SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 21. März 2016 - S 13 P 4166/15 -, Rn. 12, juris; so auch noch SG Detmold, Urteil vom 30. September 2012 - S 18 P 85/15 -, Rn. 21, juris). Ein Verständnis des § 193 Abs. 4 SGG dahingehend, dass zwar Aufwendungen innerhalb des Klageverfahrens (und des Mahnverfahrens) nicht zu erstatten sind, eine vorprozessuale Tätigkeit eines Anwaltes jedoch eine Erstattungspflicht auslöst, wäre schon vom Ergebnis nur schwer erklärbar. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb einer privaten Pflegeversicherung die Möglichkeit einer Kostenerstattung für eine vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit eingeräumt werden sollte, wenn eine solche innerhalb des Gerichtsverfahrens ausgeschlossen ist. Insbesondere ist eine private Pflegeversicherung im vorprozessualen Stadium nicht schutzwürdiger im Hinblick auf die Heranziehung externer rechtlicher Berater als sie es im gerichtlichen Verfahren ist. Im Gegenteil: Eine private Pflegeversicherung verfügt - ebenso wie die anderen in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen - regelmäßig selber über ausreichend eigene Ressourcen zur Prüfung eines rechtlichen Anspruchs. Dies dürfte für die gerichtliche Geltendmachung einer Beitragsforderung so sein, aber erst recht für die Vorprüfung im vorprozessualen Stadium.
Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus der Auslegung des § 193 Abs. 4 SGG: Zunächst spricht sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck des § 193 Abs. 4 SGG für eine Auslegung, wonach diese Norm einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 286 BGB im Hinblick auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten ausschließt. § 193 Abs. 4 SGG stellt fest, dass die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig sind. Der Wortlaut ist also nicht auf Aufwendungen beschränkt, die bloß im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens anfallen. Auch die Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Norm soll dem Schutz des sozial Schwächeren vor einer zu großen Kostenbelastung dienen. Dieser in der Norm des § 193 Abs. 4 SGG zum Ausdruck gebrachte gesetzgeberische Grundgedanke gebietet grundsätzlich eine weite Auslegung dieser Vorschrift (so schon BSG, Urteil v. 28.Mai 1965 - 6 RKa 2/65 -, BSGE 23, 105, Rn. 50, juris; BSG, Urteil v. 29.05. 1956 - 6 RKA 13/54 -, Rn. 14, juris; ebenso Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 193 SGG, Rn. 58). Auch unter systematischen Gesichtspunkten ist eine weite Auslegung geboten. Hiergegen spricht zunächst nicht, dass es sich bei dem § 193 grundsätzlich um eine Norm handelt, die ihren Schwerpunkt im Bereich der gerichtlichen Kostenentscheidung hat. Die Verortung der Regelung des § 193 Abs. 4 SGG innerhalb des § 193 SGG ist, auch wenn diese Regelung sich nicht ausschließlich auf die gerichtliche Kostenentscheidung bezieht, sondern weiter ausstrahlt, noch immer die systematisch logischste Variante, die der Gesetzgeber hätte wählen können. Aufgrund des Sachzusammenhangs ist eine Verortung innerhalb des § 193 SGG jedenfalls logischer als eine isolierte Regelung zur Frage von vorprozessualen Aufwendungen innerhalb des SGG oder gar des SGB XI. Einer unmittelbaren Anwendung des § 193 Abs. 4 SGG auf die Vorschrift des § 286 BGB steht nicht entgegen, dass es sich beim § 193 Abs. 4 SGG um eine Verfahrensvorschrift handelt. Es spricht nämlich zunächst nichts dagegen, dass eine Verfahrensvorschrift auch materiell-rechtliche Ansprüche ausschließt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine prozesskostenrechtliche Vorschrift eine abschließende Interessenbewertung vornimmt, wie es bei materiell-rechtlichen Ansprüchen der Fall ist und die prozessuale Kostenregelung eine abschließende Sonderregelung darstellt (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 24, juris; so auch BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -, SozR 4-1500 § 184 Nr 1, Rn. 27 zu der Frage der Ersatzfähigkeit von Pauschgebühren über die verzugsrechtlichen Vorschriften des BGB). Dass eine Prozessregelung auch einen materiell-rechtlichen Anspruch ausschließen kann und sogar muss, ist zwangsläufig der Fall, da andernfalls der Sinn und Zweck des Erstattungsausschlusses unterlaufen werden würde (vgl. für den Fall des § 12a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG): BAG, Urteil vom 30. April 1992 - 8 AZR 288/91 -; Vollstädt, in: Schwab u.a., ArbGG, 2004, § 12a, Rn. 27 mwNw.) Dabei ist § 193 Abs. 4 SGG nicht die einzige Vorschrift, die zwar prozessrechtlicher Natur ist, allerdings materiell-rechtliche Ansprüche ausschließt. Als Beispiel in diesem Rahmen ist der § 12 Absatz 1 S. 1 ArbGG zu nennen, der strukturell dem § 193 Abs. 4 SGG ähnelt. Gem. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei ( ) auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs. Die Norm des § 12 Abs. 1 S. 1 ArbGG regelt damit ebenso wie der § 193 Abs. 4 SGG, dass in bestimmten Fällen keine Kostenerstattung erfolgen soll. Dabei scheint zunächst der Anwendungsbereich des § 12a ArbGG, ausgehend vom Wortlaut, noch enger zu sein als der des § 193 Abs. 4 SGG, indem § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ausdrücklich Bezug nimmt auf das Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges. Gleichwohl wird die Norm nach absolut herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur dahingehend verstanden, dass die Norm nicht bloß für die Kostenerstattung im gerichtlichen Verfahren, sondern auch andere Kostenerstattungsansprüche materiell-rechtlicher Natur ausschließen kann. Insbesondere ist auch eine Kostenerstattung für die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit nach den Verzugsregeln des BGB ausgeschlossen. § 12 a ArbGG unterscheidet (wie auch der § 193 Abs. 4 SGG) nicht nach Anspruchsgrundlage. Insofern besteht auch keine Notwendigkeit die Reichweite des Anwendungsbereichs des § 12a ArbGG zu beschränken, so dass auch vorprozessuale Anwaltskosten, z.B. für ein Mahnschreiben, aufgrund von § 12a ArbGG nicht als Schadensersatzes geltend gemacht werden können (vgl. Kalb in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl. 2018, § 12a ArbGG, Rn. 6; BAG, Urteil vom 27. Oktober 2005 - 8 AZR 546/03 -, Rn. 32, juris; BAG, Beschluss vom 11. März 2008 - 3 AZN 1311/07 -, Rn. 6, juris; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. August 2005 - 10 Ta 172/05 -, Rn. 3, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 10. Juli 2009 - 7 Ta 126/09 -, Rn. 14, juris). Beide Vorschriften, § 193 Abs. 4 SGG und § 12a ArbGG, regeln die Kostenerstattung für Prozessbevollmächtigte in den jeweiligen Verfahrensrechten. Dabei dienen sie beide ein und demselben Zweck: Den vermeintlich schwächeren Teil, Arbeitnehmer bzw. Versicherte, vor einer Kostenlast zu schützen. Vor diesem Hintergrund ist es dann konsequent, die Reichweite des § 193 Abs. 4 SGG wie im Rahmen des § 12 a ArbGG zu bestimmen und beide Vorschriften so auszulegen, dass sie eine den Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten ausschließen. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, dass in Bezug auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten der § 193 Abs. 3 SGG spezieller sei als § 193 Abs. 4 SGG, kann dies nicht überzeugen. Beim § 193 Abs. 3 SGG handelt es sich nämlich nicht um eine speziellere Regelung als § 193 Abs. 4 SGG, sondern um eine Ergänzung des § 193 Abs. 2 SGG (BSG, Urteil vom 29. Mai 1956 - 6 RKa 13/54 -, Rn. 14, juris; BSG, Beschluss vom 29. November 1991 - 7 RAr 90/90 -, SozR 3-1500 § 193 Nr 3, Rn. 7, juris; Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 193 SGG, Rn. 60). Wäre dies anders, so bliebe praktisch kaum ein Anwendungsbereich mehr für den § 193 Abs. 4 SGG. § 193 Abs. 3 SGG soll nur die Prüfung entbehrlich machen, ob die Rechtsverfolgung durch einen Rechtsanwalt im Einzelfall zweckentsprechend war (BSG, Urteil vom 29. Mai 1956 - 6 RKa 13/54 -, Rn. 14, juris). Der weiten Auslegung des § 193 Abs. 4 SGG steht auch nicht etwa entgegen, dass dies die privaten Pflegeversicherungen gegenüber anderen privatrechtlichen Unternehmen unangemessen benachteiligen würden und mit der Gleichstellung der privaten Pflegeversicherung mit öffentlichen Behörden, Körperschaften und Anstalten wesentlich Ungleiches gleich behandelt werden würde. Dies hatte bereits das BVerfG so entschieden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31. Januar 2008 - 1 BvR 1806/02 -, Rn 61ff. juris). Allein die Tatsache, dass es sich bei der privaten Pflegeversicherung um ein Unternehmen des Privatrechts handelt, führt noch nicht dazu, dass der privatrechtliche Kontext der privaten Pflegeversicherung, auch in der vom Gesetzgeber diesbezüglich gewählten sozialgerichtlichen Verfahrenskonstruktion, erhalten zu bleiben habe (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 -, Rn. 21, juris, a.A.: SG München, Gerichtsbescheid vom 5. Oktober 2016, - S 29 P 204/16 -). Vielmehr ergibt sich aus dem Gesetz hinsichtlich der Kostenerstattung eine Vergleichbarkeit und weitgehende Gleichstellung von privater und sozialer Pflegeversicherung. Die sich aus der Gleichstellung ergebenden Folgen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 31.01.2008 für verfassungsgemäß erachtet (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31. Januar 2008 - 1 BvR 1806/02 -).
Es handelt sich beim § 193 Abs. 4 i.V.m. § 184 SGG um eine Vorschrift, die - wie auch der § 182a SGG - der Tatsache Rechnung trägt, dass der Gesetzgeber privatrechtliche Versicherungsunternehmen in das Regelungswerk des SGB XI "inkorporiert" hat (vgl. Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 193, Rn. 14). Daraus ergibt sich letztlich auch, dass der Gesetzgeber zumindest in einem gewissen Maße eine Gleichstellung der privaten Versicherungsunternehmen und den Trägern der sozialen Pflegeversicherung vornehmen musste. Eine solche Gleichstellung ist auch hinsichtlich § 193 Abs. 4 SGG erfolgt (vgl. Landessozialgerichts Niedersachsen Bremen, Urteil vom 16.02.2017, L 15 P 35/16, Rn. 21, 23, juris). Würde sich die soziale Pflegeversicherung eines Anwaltes im Rahmen des Widerspruchsverfahrens (oder gar im Rahmen des Erlasses des Ausgangsbescheides) bedienen, so wäre eine Kostenübernahme durch den Versicherten nach § 193 Abs. 4 SGG ausgeschlossen. Aufgrund der vom Gesetzgeber vorgenommenen Angleichung von sozialer Pflegeversicherung und privater Pflegeversicherung gilt gleiches auch für die private Pflegeversicherung: Unabhängig von der Frage des Verfahrensstadiums (vor dem Mahnverfahren, in dem Mahnverfahren oder im sozialgerichtlichen Verfahren), ist eine Erstattung der Aufwendungen gem. § 286 BGB nach § 193 Abs. 4 SGG für die Beklagte ausgeschlossen.
Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 8 Abs. 7 MB/PPV ist ebenfalls ausgeschlossen. Diese Norm ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Versicherten als Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach § 8 Abs. 7 MB/PPV ist der Versicherungsnehmer zum Ausgleich der Kosten verpflichtet, die dem Versicherer im Rahmen der Beitreibung von nicht oder nicht rechtzeitig gezahlten Beiträgen entstehen. Als allgemeine Versicherungsbedingungen unterliegt § 8 Abs. 7 MB/PPV der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, so dass sich die Wirksamkeit dieser Vorschrift auch nach § 307 Abs. 1 BGB bemisst, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Ein solcher Fall liegt hier vor: Die Regelung des § 8 Abs. 7 MB/PPV weicht von § 193 Abs. 4 SGG ab, indem ein Ausgleich der Kosten vorgesehen ist, die im Rahmen der Betreibung rückständiger Beiträge entstanden sind. Wie bereits oben festgestellt, schließt § 193 Abs. 4 SGG eine solche Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beitreibung rückständiger Beiträge aus. Damit steht die Regelung des § 193 Abs. 4 SGG im direkten Widerspruch zu § 8 Abs. 7 MB/PPV. Das Bundessozialgericht hatte sich in seinem Urteil vom 12.02.2004 (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -, SozR 4-1500 § 184 Nr 1) mit der Wirksamkeit des § 8 Abs. 7 MB/PPV zu beschäftigen im Rahmen der Frage, ob eine Erstattung der Pauschgebühren auf § 8 Abs. 7 MB/PPV gestützt werden kann. Das BSG konnte dabei zwar die Frage offenlassen, ob unter die Kosten im Sinne des § 8 Abs. 7 MB/PPV auch die Pauschgebühren fallen. Es stellte aber fest, dass, soweit dies der Fall ist, diese Klausel gegen den damals geltenden § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG verstößt und mithin unwirksam wäre (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -, SozR 4-1500 § 184 Nr 1, Rn. 23, juris). Nach dieser Norm waren Bestimmungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, was im Zweifel dann anzunehmen war, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wurde, nicht zu vereinbaren war. Insofern entspricht der nunmehr geltende § 307 BGB der damaligen Regelung des § 9 AGBG. Diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lässt sich auf die Frage der Wirksamkeit des § 8 Abs. 7 MB/PPV im Zusammenhang mit den geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten übertragen.
Die Klage ist auch unbegründet, soweit es um die Geltendmachung der 0,80 EUR für das vorprozessuale Mahnschreiben geht. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 286 BGB noch aus § 8 Abs. 7 MB/PPV. Die oben ausgeführten Argumente zu den vorgerichtlichen Anwaltskosten gelten hier entsprechend. In beiden Fällen handelt es sich um Aufwendungen der Klägerin zur Beitreibung rückständiger Beiträge. Aus dem Wortlaut des § 193 Abs. 4 SGG ergibt sich nicht, dass diese Norm ausschließlich Aufwendungen hinsichtlich der Beauftragung eines Rechtsanwaltes ausschließen würde. Vielmehr sind nach dem Wortlaut der Norm jegliche Aufwendungen ausgeschlossen, ohne dass eine genauere Differenzierung erfolgt. Auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 193 Abs. 4 SGG ist nicht einleuchtend, weshalb die Aufwendungen eines Anwaltes im vorprozessualen Stadium ausgeschlossen, die Aufwendungen im Zusammenhang mit einem vorprozessualen Mahnschreiben hingegen erstattungsfähig sein sollen. Unter den oben ausgeführten Argumenten wäre eine Erstattung von Anwaltskosten im vorprozessualen Stadium auch dann ausgeschlossen, wenn sich dessen Tätigkeit auf die Prüfung der Rechtslage und das Absetzen eines vorprozessualen Mahnschreibens beschränkt. Vor diesem Hintergrund wäre es dann inkonsequent einer privaten Pflegekasse einen Erstattungsanspruch hinsichtlich des vorprozessualen Mahnschreibens einzuräumen, wenn sich diese dabei zwar keines Anwaltes bedient, allerdings andere Aufwendungen tätigt. § 193 Abs. 4 SGG knüpft nämlich nicht an einer anwaltlichen Tätigkeit, sondern am Begriff der Aufwendungen an. (a.A. trotz grundsätzlicher Anerkennung des § 193 Abs. 4 SGG als lex specialis zu § 286 BGB: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 -, Rn. 17, 23 juris; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 23, juris; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. August 2018 - L 8 P 30/18 -, Rn. 19, juris).
Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Mahnverfahrens ergibt sich aus §§ 193 Abs. 1 S. 2, 182a SGG. Dabei hat die Kammer zunächst berücksichtigt, dass die von der Klägerin im Mahnverfahren geltend gemachten Positionen in Höhe von insgesamt 199,98 EUR ihr zu einem großen Teil nicht zustanden. Dies betrifft, wie festgestellt, zunächst die vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 83,53 EUR und die Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR. Gleiches gilt aber auch für die Kontoführungsgebühr i.H.v. 2,50 EUR und die geltend gemachten Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR. Darüber hinaus wurde die Rechtsanwaltsvergütung für das Mahnverfahren i.H.v. 29,45 EUR nur innerhalb des Mahnverfahrens, hingegen nicht mehr im Klageverfahren verfolgt. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz im Hinblick auf die Rechtsanwaltskosten im Mahnverfahren steht der Klägerin ebenso wenig zu wie ein Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten vor Durchführung des Mahnverfahrens. Daraus ergibt sich, dass dem Anspruch der Klägerin i.H.v. 51,20 EUR geltend gemachte Aufwendungen, die der Klägerin allerdings nicht zustanden, in Höhe von insgesamt 116,78 EUR gegenüberstanden. Die Kammer sieht davon ab hinsichtlich der Gerichtskosten des Mahnverfahrens eine Quotelung im Verhältnis dieser Beträge vorzunehmen, da es unangemessen wäre dem Beklagten auch nur die anteiligen Gerichtskosten aufzuerlegen, soweit eine Forderung gegen ihn tatsächlich bestanden hat. Indem die Klägerin bei einem tatsächlich bestehenden Anspruch von 51,20 EUR im Mahnverfahren die Gesamtsumme von 199,98 EUR geltend gemacht hat, blieb dem Kläger letztlich nichts anderes übrig als dem Mahnbescheid zu widersprechen. Das Mahnverfahren verfolgt grundsätzlich den Zweck, die Beitreibung einer bestehenden Forderung schneller und kostengünstiger zu gestalten. Indem Gerichtskosten in diesem Mahnverfahren anfallen und die Klägerin mit der Geltendmachung von Forderungen, die ihr zum größten Teil gar nicht zustanden, den Widerspruch zum Mahnbescheid geradezu provoziert hat, war das von der Klägerin durchgeführte Mahnverfahren letztlich von Anfang an nicht in der Lage auch nur einen der Zwecke zu erfüllen, die der Gesetzgeber mit dem Mahnverfahren verfolgt. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer es für konsequent und angemessen, dem Beklagten von einer Kostenlast hinsichtlich der Gerichtskosten des Mahnverfahrens freizuhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung war hier nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, da das Urteil im Hinblick auf die Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR von den Entscheidungen verschiedener Landessozialgerichte abweicht und der Frage nach der Erstattungsfähigkeit von Mahnkosten grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Aufwendungsersatz für die vorprozessuale Inanspruchnahme einer anwaltlichen Vertretung im Rahmen der Geltendmachung rückständiger Beiträge zur privaten Pflegeversicherung und für ein an den Beklagten gerichtetes Mahnschreiben. Der Beklagte unterhielt im Zeitraum April 2002 bis April 2012 bei der Klägerin einen Pflegepflichtversicherungsvertrag. Diesem Pflegepflichtversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (AVB) zu Grunde. Der Beklagte zahlte in den Monaten März und April 2012 seine Beiträge i.H.v. 25,60 EUR pro Monat nicht. Nachdem der Beklagte am 05.09.2012 von der Klägerin angemahnt wurde, beauftragte diese einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung ihrer Forderungen. Dort wurde die Sach- und Rechtslage vorprozessual geprüft und der Beklagte erneut zur Zahlung aufgefordert. Sodann empfahl der Bevollmächtigte der Klägerin die Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Klägerin hat am 26.11.2015 beim Amtsgericht Coburg den Erlass eines Mahnbescheides über die Beitragsforderungen für die zwei Monate i.H.v. insgesamt 51,20 EUR beantragt. Außerdem hat sie als Nebenforderungen Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR, Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR, Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit i.H.v. 83,53 EUR und Kontoführungsgebühren i.H.v. 2,50 EUR geltend gemacht. Zudem hat die Klägerin im Mahnverfahren die Kosten des Mahnverfahrens geltend gemacht, die sich zusammensetzen aus Gerichtskosten i.H.v. 32,00 EUR und insgesamt 29,45 EUR für die anwaltliche Tätigkeit im Mahnverfahren (RA-Gebühr, Auslagen und MwST). Ein entsprechender Mahnbescheid wurde dem Beklagten am 02.12.2015 zugestellt. Hiergegen erhob der Beklagte am 18.12.2015 Widerspruch. Das Verfahren wurde am 22.04.2016 an das Sozialgericht Detmold abgegeben und ging am 02.05.2016 dort ein. Mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens begrenzte die Klägerin den Antrag auf die Hauptforderung i.H.v. 51,20 EUR, Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR, Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR, Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit i.H.v. 83, 53 EUR und Kontoführungsgebühren i.H.v. 2,50 EUR. Die Aufwendungen für die anwaltliche Tätigkeit innerhalb des gerichtlichen Mahnverfahrens wurden hingegen nicht weiter verfolgt. Nach richterlichem Hinweis vom 19.07.2016 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen soweit sie die zunächst geltend gemachten Auskunftskosten und Kontoführungsgebühren betrifft. Am 30.09.2016 hat der Beklagte den Betrag von 51,20 EUR gezahlt und die Klägerin daraufhin den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und begehrt damit lediglich noch die Zahlung von 83,54 EUR Aufwendungsersatz für die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit und 0,80 EUR Aufwendungen für eine Mahnung vor Durchführung des Mahnverfahrens.
Die Klägern ist der Auffassung, ihr stehe ein Aufwendungsersatzanspruch als Verzugsschaden gem. § 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu. Ferner stützt sie sich auf § 8 Abs. 7 AVB. Sie vertritt die Auffassung, dass § 193 Abs. 4 SGG einen Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Tätigkeit nicht ausschließe, da § 193 Abs. 3 SGG spezieller als § 193 Abs. 4 SGG sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 83,54 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten und 0,80 EUR Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt nach seinen erkennbaren Interessen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.01.2019 weder selbst erschienen noch vertreten gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte im Termin vom 29.01.2019 einseitig verhandeln und entscheiden. Auf diese verfahrensrechtliche Möglichkeit (§§ 110, 126 SGG) ist der Beklagte in der Terminsmitteilung hingewiesen worden.
Die Klage ist als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig, allerdings unbegründet.
Die sachliche Zuständigkeit des Sozialgerichts ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Das Sozialgericht Detmold ist gemäß § 57 Abs. 1 S. 2 SGG örtlich zuständig, da der Beklagte seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Gerichtsbezirk hatte.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die noch geltend gemachte Klageforderung, soweit es die Aufwendungen für die vorgerichtlichen Anwaltstätigkeiten betrifft.
Zwar befand sich der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt im Verzug, so dass grundsätzlich ein etwaiger daraus entstandener Schaden zu ersetzen ist gemäß §§ 280, 286, 288 BGB. Die Klägerin hatte gemäß § 23 Sozialgesetzbuch elftes Buch (SGB XI) i.V.m. dem Versicherungsvertrag Anspruch auf Zahlung der ursprünglich geltend gemachten Beiträge zur Pflegepflichtversicherung für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis zum 30.04.2012 von insgesamt 51,20 EUR. Der Beklagte unterhielt in diesem Zeitraum mit der Klägerin einen Pflegepflichtversicherungsvertrag, der nicht gekündigt war. Die für diesen Zeitraum fälligen Beträge hatte der Beklagte erst während des Klageverfahrens am 30.09.2016 gezahlt. Aufgrund der Fälligkeit der monatlichen Beiträge zum ersten eines jeden Monats gemäß § 8 Abs. 1 AVB befand sich der Beklagte durch die Nichtzahlung im Verzug gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, ohne dass es einer ausdrücklichen Mahnung bedurft hätte.
Einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Klägerin gleichwohl nicht. Ein solcher Anspruch ist nämlich gemäß § 193 Abs. 4 SGG ausgeschlossen. Diese Norm geht auch der Vorschrift des § 286 BGB als lex specialis vor. § 193 Abs. 4 SGG erfasst zunächst jene außergerichtlichen Kosten, die für die Prozessvertretung innerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens anfallen. Darüber hinaus schließt die Norm aber auch die Erstattung entstandener Rechtsanwaltskosten innerhalb des Mahnverfahrens aus (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Dezember 2012 - L 15 P 44/10 -, Rn. 24, juris; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 -, Rn. 18ff. , juris; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 24, juris; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. August 2018 - L 8 P 30/18 -, Rn. 20 ff., juris; SG Dortmund, Urteil vom 08. Februar 2018 - S 54 P 171/14 -, Rn. 30, juris; im Ergebnis ebenso schon Gebhardt, NZS 98, 274, 276) und erfasst auch die Aufwendungen für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes vor dem Mahnverfahren (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 24, juris; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. August 2018 - L 8 P 30/18 -, Rn. 20ff., juris; SG Dortmund, Urteil vom 08. Februar 2018 - S 54 P 171/14 -, Rn. 30, juris; zwar hatte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 - lediglich über die Kostenerstattung für eine anwaltliche Tätigkeit im Mahnverfahren zu entscheiden. Aus den Rechtsausführungen in Rn. 22, juris, und die dort vorgenommene Anerkennung des § 193 Abs. 4 SGG als lex specialis zu den Verzugsvorschriften des BGB dürfte die konsequente Schlussfolgerung allerdings ebenso ein Ausschluss von vorprozessualen Anwaltskosten vor dem Mahnverfahren sein; a.A.: SG Karlsruhe, Urteil vom 26. März 2014 - S 14 P 2561/13 -, Rn. 20, juris; SG Karlsruhe, Urteil vom 09. Mai 2014 - S 10 P 3626/13 -, Rn. 13, juris; SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 24. August 2015 - S 13 P 3851/14 -, Rn. 20, juris; SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 21. März 2016 - S 13 P 4166/15 -, Rn. 12, juris; so auch noch SG Detmold, Urteil vom 30. September 2012 - S 18 P 85/15 -, Rn. 21, juris). Ein Verständnis des § 193 Abs. 4 SGG dahingehend, dass zwar Aufwendungen innerhalb des Klageverfahrens (und des Mahnverfahrens) nicht zu erstatten sind, eine vorprozessuale Tätigkeit eines Anwaltes jedoch eine Erstattungspflicht auslöst, wäre schon vom Ergebnis nur schwer erklärbar. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb einer privaten Pflegeversicherung die Möglichkeit einer Kostenerstattung für eine vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit eingeräumt werden sollte, wenn eine solche innerhalb des Gerichtsverfahrens ausgeschlossen ist. Insbesondere ist eine private Pflegeversicherung im vorprozessualen Stadium nicht schutzwürdiger im Hinblick auf die Heranziehung externer rechtlicher Berater als sie es im gerichtlichen Verfahren ist. Im Gegenteil: Eine private Pflegeversicherung verfügt - ebenso wie die anderen in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen - regelmäßig selber über ausreichend eigene Ressourcen zur Prüfung eines rechtlichen Anspruchs. Dies dürfte für die gerichtliche Geltendmachung einer Beitragsforderung so sein, aber erst recht für die Vorprüfung im vorprozessualen Stadium.
Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus der Auslegung des § 193 Abs. 4 SGG: Zunächst spricht sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck des § 193 Abs. 4 SGG für eine Auslegung, wonach diese Norm einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 286 BGB im Hinblick auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten ausschließt. § 193 Abs. 4 SGG stellt fest, dass die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig sind. Der Wortlaut ist also nicht auf Aufwendungen beschränkt, die bloß im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens anfallen. Auch die Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Norm soll dem Schutz des sozial Schwächeren vor einer zu großen Kostenbelastung dienen. Dieser in der Norm des § 193 Abs. 4 SGG zum Ausdruck gebrachte gesetzgeberische Grundgedanke gebietet grundsätzlich eine weite Auslegung dieser Vorschrift (so schon BSG, Urteil v. 28.Mai 1965 - 6 RKa 2/65 -, BSGE 23, 105, Rn. 50, juris; BSG, Urteil v. 29.05. 1956 - 6 RKA 13/54 -, Rn. 14, juris; ebenso Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 193 SGG, Rn. 58). Auch unter systematischen Gesichtspunkten ist eine weite Auslegung geboten. Hiergegen spricht zunächst nicht, dass es sich bei dem § 193 grundsätzlich um eine Norm handelt, die ihren Schwerpunkt im Bereich der gerichtlichen Kostenentscheidung hat. Die Verortung der Regelung des § 193 Abs. 4 SGG innerhalb des § 193 SGG ist, auch wenn diese Regelung sich nicht ausschließlich auf die gerichtliche Kostenentscheidung bezieht, sondern weiter ausstrahlt, noch immer die systematisch logischste Variante, die der Gesetzgeber hätte wählen können. Aufgrund des Sachzusammenhangs ist eine Verortung innerhalb des § 193 SGG jedenfalls logischer als eine isolierte Regelung zur Frage von vorprozessualen Aufwendungen innerhalb des SGG oder gar des SGB XI. Einer unmittelbaren Anwendung des § 193 Abs. 4 SGG auf die Vorschrift des § 286 BGB steht nicht entgegen, dass es sich beim § 193 Abs. 4 SGG um eine Verfahrensvorschrift handelt. Es spricht nämlich zunächst nichts dagegen, dass eine Verfahrensvorschrift auch materiell-rechtliche Ansprüche ausschließt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine prozesskostenrechtliche Vorschrift eine abschließende Interessenbewertung vornimmt, wie es bei materiell-rechtlichen Ansprüchen der Fall ist und die prozessuale Kostenregelung eine abschließende Sonderregelung darstellt (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 24, juris; so auch BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -, SozR 4-1500 § 184 Nr 1, Rn. 27 zu der Frage der Ersatzfähigkeit von Pauschgebühren über die verzugsrechtlichen Vorschriften des BGB). Dass eine Prozessregelung auch einen materiell-rechtlichen Anspruch ausschließen kann und sogar muss, ist zwangsläufig der Fall, da andernfalls der Sinn und Zweck des Erstattungsausschlusses unterlaufen werden würde (vgl. für den Fall des § 12a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG): BAG, Urteil vom 30. April 1992 - 8 AZR 288/91 -; Vollstädt, in: Schwab u.a., ArbGG, 2004, § 12a, Rn. 27 mwNw.) Dabei ist § 193 Abs. 4 SGG nicht die einzige Vorschrift, die zwar prozessrechtlicher Natur ist, allerdings materiell-rechtliche Ansprüche ausschließt. Als Beispiel in diesem Rahmen ist der § 12 Absatz 1 S. 1 ArbGG zu nennen, der strukturell dem § 193 Abs. 4 SGG ähnelt. Gem. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei ( ) auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs. Die Norm des § 12 Abs. 1 S. 1 ArbGG regelt damit ebenso wie der § 193 Abs. 4 SGG, dass in bestimmten Fällen keine Kostenerstattung erfolgen soll. Dabei scheint zunächst der Anwendungsbereich des § 12a ArbGG, ausgehend vom Wortlaut, noch enger zu sein als der des § 193 Abs. 4 SGG, indem § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ausdrücklich Bezug nimmt auf das Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges. Gleichwohl wird die Norm nach absolut herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur dahingehend verstanden, dass die Norm nicht bloß für die Kostenerstattung im gerichtlichen Verfahren, sondern auch andere Kostenerstattungsansprüche materiell-rechtlicher Natur ausschließen kann. Insbesondere ist auch eine Kostenerstattung für die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit nach den Verzugsregeln des BGB ausgeschlossen. § 12 a ArbGG unterscheidet (wie auch der § 193 Abs. 4 SGG) nicht nach Anspruchsgrundlage. Insofern besteht auch keine Notwendigkeit die Reichweite des Anwendungsbereichs des § 12a ArbGG zu beschränken, so dass auch vorprozessuale Anwaltskosten, z.B. für ein Mahnschreiben, aufgrund von § 12a ArbGG nicht als Schadensersatzes geltend gemacht werden können (vgl. Kalb in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl. 2018, § 12a ArbGG, Rn. 6; BAG, Urteil vom 27. Oktober 2005 - 8 AZR 546/03 -, Rn. 32, juris; BAG, Beschluss vom 11. März 2008 - 3 AZN 1311/07 -, Rn. 6, juris; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. August 2005 - 10 Ta 172/05 -, Rn. 3, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 10. Juli 2009 - 7 Ta 126/09 -, Rn. 14, juris). Beide Vorschriften, § 193 Abs. 4 SGG und § 12a ArbGG, regeln die Kostenerstattung für Prozessbevollmächtigte in den jeweiligen Verfahrensrechten. Dabei dienen sie beide ein und demselben Zweck: Den vermeintlich schwächeren Teil, Arbeitnehmer bzw. Versicherte, vor einer Kostenlast zu schützen. Vor diesem Hintergrund ist es dann konsequent, die Reichweite des § 193 Abs. 4 SGG wie im Rahmen des § 12 a ArbGG zu bestimmen und beide Vorschriften so auszulegen, dass sie eine den Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten ausschließen. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, dass in Bezug auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten der § 193 Abs. 3 SGG spezieller sei als § 193 Abs. 4 SGG, kann dies nicht überzeugen. Beim § 193 Abs. 3 SGG handelt es sich nämlich nicht um eine speziellere Regelung als § 193 Abs. 4 SGG, sondern um eine Ergänzung des § 193 Abs. 2 SGG (BSG, Urteil vom 29. Mai 1956 - 6 RKa 13/54 -, Rn. 14, juris; BSG, Beschluss vom 29. November 1991 - 7 RAr 90/90 -, SozR 3-1500 § 193 Nr 3, Rn. 7, juris; Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 193 SGG, Rn. 60). Wäre dies anders, so bliebe praktisch kaum ein Anwendungsbereich mehr für den § 193 Abs. 4 SGG. § 193 Abs. 3 SGG soll nur die Prüfung entbehrlich machen, ob die Rechtsverfolgung durch einen Rechtsanwalt im Einzelfall zweckentsprechend war (BSG, Urteil vom 29. Mai 1956 - 6 RKa 13/54 -, Rn. 14, juris). Der weiten Auslegung des § 193 Abs. 4 SGG steht auch nicht etwa entgegen, dass dies die privaten Pflegeversicherungen gegenüber anderen privatrechtlichen Unternehmen unangemessen benachteiligen würden und mit der Gleichstellung der privaten Pflegeversicherung mit öffentlichen Behörden, Körperschaften und Anstalten wesentlich Ungleiches gleich behandelt werden würde. Dies hatte bereits das BVerfG so entschieden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31. Januar 2008 - 1 BvR 1806/02 -, Rn 61ff. juris). Allein die Tatsache, dass es sich bei der privaten Pflegeversicherung um ein Unternehmen des Privatrechts handelt, führt noch nicht dazu, dass der privatrechtliche Kontext der privaten Pflegeversicherung, auch in der vom Gesetzgeber diesbezüglich gewählten sozialgerichtlichen Verfahrenskonstruktion, erhalten zu bleiben habe (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 -, Rn. 21, juris, a.A.: SG München, Gerichtsbescheid vom 5. Oktober 2016, - S 29 P 204/16 -). Vielmehr ergibt sich aus dem Gesetz hinsichtlich der Kostenerstattung eine Vergleichbarkeit und weitgehende Gleichstellung von privater und sozialer Pflegeversicherung. Die sich aus der Gleichstellung ergebenden Folgen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 31.01.2008 für verfassungsgemäß erachtet (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31. Januar 2008 - 1 BvR 1806/02 -).
Es handelt sich beim § 193 Abs. 4 i.V.m. § 184 SGG um eine Vorschrift, die - wie auch der § 182a SGG - der Tatsache Rechnung trägt, dass der Gesetzgeber privatrechtliche Versicherungsunternehmen in das Regelungswerk des SGB XI "inkorporiert" hat (vgl. Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 193, Rn. 14). Daraus ergibt sich letztlich auch, dass der Gesetzgeber zumindest in einem gewissen Maße eine Gleichstellung der privaten Versicherungsunternehmen und den Trägern der sozialen Pflegeversicherung vornehmen musste. Eine solche Gleichstellung ist auch hinsichtlich § 193 Abs. 4 SGG erfolgt (vgl. Landessozialgerichts Niedersachsen Bremen, Urteil vom 16.02.2017, L 15 P 35/16, Rn. 21, 23, juris). Würde sich die soziale Pflegeversicherung eines Anwaltes im Rahmen des Widerspruchsverfahrens (oder gar im Rahmen des Erlasses des Ausgangsbescheides) bedienen, so wäre eine Kostenübernahme durch den Versicherten nach § 193 Abs. 4 SGG ausgeschlossen. Aufgrund der vom Gesetzgeber vorgenommenen Angleichung von sozialer Pflegeversicherung und privater Pflegeversicherung gilt gleiches auch für die private Pflegeversicherung: Unabhängig von der Frage des Verfahrensstadiums (vor dem Mahnverfahren, in dem Mahnverfahren oder im sozialgerichtlichen Verfahren), ist eine Erstattung der Aufwendungen gem. § 286 BGB nach § 193 Abs. 4 SGG für die Beklagte ausgeschlossen.
Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 8 Abs. 7 MB/PPV ist ebenfalls ausgeschlossen. Diese Norm ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Versicherten als Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach § 8 Abs. 7 MB/PPV ist der Versicherungsnehmer zum Ausgleich der Kosten verpflichtet, die dem Versicherer im Rahmen der Beitreibung von nicht oder nicht rechtzeitig gezahlten Beiträgen entstehen. Als allgemeine Versicherungsbedingungen unterliegt § 8 Abs. 7 MB/PPV der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, so dass sich die Wirksamkeit dieser Vorschrift auch nach § 307 Abs. 1 BGB bemisst, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Ein solcher Fall liegt hier vor: Die Regelung des § 8 Abs. 7 MB/PPV weicht von § 193 Abs. 4 SGG ab, indem ein Ausgleich der Kosten vorgesehen ist, die im Rahmen der Betreibung rückständiger Beiträge entstanden sind. Wie bereits oben festgestellt, schließt § 193 Abs. 4 SGG eine solche Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beitreibung rückständiger Beiträge aus. Damit steht die Regelung des § 193 Abs. 4 SGG im direkten Widerspruch zu § 8 Abs. 7 MB/PPV. Das Bundessozialgericht hatte sich in seinem Urteil vom 12.02.2004 (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -, SozR 4-1500 § 184 Nr 1) mit der Wirksamkeit des § 8 Abs. 7 MB/PPV zu beschäftigen im Rahmen der Frage, ob eine Erstattung der Pauschgebühren auf § 8 Abs. 7 MB/PPV gestützt werden kann. Das BSG konnte dabei zwar die Frage offenlassen, ob unter die Kosten im Sinne des § 8 Abs. 7 MB/PPV auch die Pauschgebühren fallen. Es stellte aber fest, dass, soweit dies der Fall ist, diese Klausel gegen den damals geltenden § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG verstößt und mithin unwirksam wäre (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -, SozR 4-1500 § 184 Nr 1, Rn. 23, juris). Nach dieser Norm waren Bestimmungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, was im Zweifel dann anzunehmen war, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wurde, nicht zu vereinbaren war. Insofern entspricht der nunmehr geltende § 307 BGB der damaligen Regelung des § 9 AGBG. Diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lässt sich auf die Frage der Wirksamkeit des § 8 Abs. 7 MB/PPV im Zusammenhang mit den geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten übertragen.
Die Klage ist auch unbegründet, soweit es um die Geltendmachung der 0,80 EUR für das vorprozessuale Mahnschreiben geht. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 286 BGB noch aus § 8 Abs. 7 MB/PPV. Die oben ausgeführten Argumente zu den vorgerichtlichen Anwaltskosten gelten hier entsprechend. In beiden Fällen handelt es sich um Aufwendungen der Klägerin zur Beitreibung rückständiger Beiträge. Aus dem Wortlaut des § 193 Abs. 4 SGG ergibt sich nicht, dass diese Norm ausschließlich Aufwendungen hinsichtlich der Beauftragung eines Rechtsanwaltes ausschließen würde. Vielmehr sind nach dem Wortlaut der Norm jegliche Aufwendungen ausgeschlossen, ohne dass eine genauere Differenzierung erfolgt. Auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 193 Abs. 4 SGG ist nicht einleuchtend, weshalb die Aufwendungen eines Anwaltes im vorprozessualen Stadium ausgeschlossen, die Aufwendungen im Zusammenhang mit einem vorprozessualen Mahnschreiben hingegen erstattungsfähig sein sollen. Unter den oben ausgeführten Argumenten wäre eine Erstattung von Anwaltskosten im vorprozessualen Stadium auch dann ausgeschlossen, wenn sich dessen Tätigkeit auf die Prüfung der Rechtslage und das Absetzen eines vorprozessualen Mahnschreibens beschränkt. Vor diesem Hintergrund wäre es dann inkonsequent einer privaten Pflegekasse einen Erstattungsanspruch hinsichtlich des vorprozessualen Mahnschreibens einzuräumen, wenn sich diese dabei zwar keines Anwaltes bedient, allerdings andere Aufwendungen tätigt. § 193 Abs. 4 SGG knüpft nämlich nicht an einer anwaltlichen Tätigkeit, sondern am Begriff der Aufwendungen an. (a.A. trotz grundsätzlicher Anerkennung des § 193 Abs. 4 SGG als lex specialis zu § 286 BGB: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Februar 2017 - L 15 P 35/16 -, Rn. 17, 23 juris; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. November 2015 - L 6 P 49/14 -, Rn. 23, juris; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. August 2018 - L 8 P 30/18 -, Rn. 19, juris).
Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Mahnverfahrens ergibt sich aus §§ 193 Abs. 1 S. 2, 182a SGG. Dabei hat die Kammer zunächst berücksichtigt, dass die von der Klägerin im Mahnverfahren geltend gemachten Positionen in Höhe von insgesamt 199,98 EUR ihr zu einem großen Teil nicht zustanden. Dies betrifft, wie festgestellt, zunächst die vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 83,53 EUR und die Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR. Gleiches gilt aber auch für die Kontoführungsgebühr i.H.v. 2,50 EUR und die geltend gemachten Auskunftskosten i.H.v. 0,50 EUR. Darüber hinaus wurde die Rechtsanwaltsvergütung für das Mahnverfahren i.H.v. 29,45 EUR nur innerhalb des Mahnverfahrens, hingegen nicht mehr im Klageverfahren verfolgt. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz im Hinblick auf die Rechtsanwaltskosten im Mahnverfahren steht der Klägerin ebenso wenig zu wie ein Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten vor Durchführung des Mahnverfahrens. Daraus ergibt sich, dass dem Anspruch der Klägerin i.H.v. 51,20 EUR geltend gemachte Aufwendungen, die der Klägerin allerdings nicht zustanden, in Höhe von insgesamt 116,78 EUR gegenüberstanden. Die Kammer sieht davon ab hinsichtlich der Gerichtskosten des Mahnverfahrens eine Quotelung im Verhältnis dieser Beträge vorzunehmen, da es unangemessen wäre dem Beklagten auch nur die anteiligen Gerichtskosten aufzuerlegen, soweit eine Forderung gegen ihn tatsächlich bestanden hat. Indem die Klägerin bei einem tatsächlich bestehenden Anspruch von 51,20 EUR im Mahnverfahren die Gesamtsumme von 199,98 EUR geltend gemacht hat, blieb dem Kläger letztlich nichts anderes übrig als dem Mahnbescheid zu widersprechen. Das Mahnverfahren verfolgt grundsätzlich den Zweck, die Beitreibung einer bestehenden Forderung schneller und kostengünstiger zu gestalten. Indem Gerichtskosten in diesem Mahnverfahren anfallen und die Klägerin mit der Geltendmachung von Forderungen, die ihr zum größten Teil gar nicht zustanden, den Widerspruch zum Mahnbescheid geradezu provoziert hat, war das von der Klägerin durchgeführte Mahnverfahren letztlich von Anfang an nicht in der Lage auch nur einen der Zwecke zu erfüllen, die der Gesetzgeber mit dem Mahnverfahren verfolgt. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer es für konsequent und angemessen, dem Beklagten von einer Kostenlast hinsichtlich der Gerichtskosten des Mahnverfahrens freizuhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung war hier nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, da das Urteil im Hinblick auf die Mahnkosten i.H.v. 0,80 EUR von den Entscheidungen verschiedener Landessozialgerichte abweicht und der Frage nach der Erstattungsfähigkeit von Mahnkosten grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved