S 6 P 1/19 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 P 1/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 71.237,75 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Antragsgegners, die anerkennungsfähigen Investitionskosten für die vollstationäre Altenhilfeeinrichtung der Antragstellerin auf Grundlage einer fiktiven Mietvergleichsberechnung festzustellen und festzusetzen und der gesonderten Berechnung dieser Aufwendungen zuzustimmen.

Die Antragstellerin betreibt eine vollstationäre Altenhilfeeinrichtung mit 71 Plätzen. Das ursprüngliche Gebäude des N-T-Heims wurde 1930 erbaut und hatte 36 Pflegeplätze. Der Umbau und die Erweiterung des Heims wurden am 31.01.2006 durch das Bauamt genehmigt. Der Anbau mit 36 neuen Bewohnerzimmern wurde im August 2007 fertiggestellt. Nach Fertigstellung wurde der Hauptflügel des Bestandsgebäudes abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Ein weiterer Gebäudeteil verblieb im Bestand und wurde einer Modernisierung unterzogen. Die gesamte Baumaßnahme wurde im September 2008 abgeschlossen. Nun stehen in 5 überschaubaren Wohngruppen insgesamt 71 moderne Einzelzimmer mit eigenen Badezimmern zur Verfügung.

Eigentümerin der Immobilie und frühere Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung ist der E Ortsverein C-O e.V ... Mit Mietvertrag vom 27.01.2005 mietete die Antragstellerin die Einrichtung an. Nach § 1 des Mietvertrages ist Gegenstand des Mietvertrages die Vermietung zur Nutzung als Einrichtung der voll- und teilstationären, ambulanten und offenen Altenhilfe i.V.m. anderen sozialen Diensten sowie anderen Zwecken, die im Zusammenhang mit dem vorstehenden Mietvertrag stehen. Am 11.09.2008 schlossen die Vertragsparteien einen neuen Mietvertrag zum 01.10.2008.

Zuletzt mit Bescheid vom 15.08.2012 erfolgte seitens des Antragsgegners die Zustimmung zur gesonderten Berechnung der Investitionsaufwendungen. Für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 wurden darin Investitionsaufwendungen i.H.v. 18,08 EUR täglich festgestellt. Dieser Bescheid stellte bis zum 31.12.2018 die Abrechnungsgrundlage gegenüber den Bewohnern dar.

Am 12.09.2018 beantragte die Antragstellerin über die hierfür von dem Antragsgegner zur Verfügung gestellte Plattform "Q" die Zustimmung zur Feststellung und Festsetzung für den Zeitraum ab dem 01.01.2019. Dabei beantragte sie als Grundlage für die Berechnung die fiktive Vergleichsberechnung und fügte entsprechende Unterlagen bei. Der Antragsgegner wies die Antragstellerin sodann darauf hin, dass ihr die von dem Verordnungsgeber eingeräumte Wahlmöglichkeit nicht zur Verfügung stehe, und bat die Antragstellerin um Antragstellung auf Grundlage der konkreten Vergleichsberechnung. Sollte eine entsprechende Antragstellung nicht erfolgen, würden die Anträge zurückgewiesen werden. Ab dem 01.01.2019 bestünde dann keine Berechnungsgrundlage für die Abrechnung mit den Bewohnern mehr. Sollte ein Antrag gemäß konkreter Vergleichsberechnung erst nach dem 31.12.2018 gestellt werden, so wäre eine rückwirkende Verbescheidung auf den 01.01.2019 wegen der Regelung des § 12 Abs. 9 der Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG DVO NRW) ausgeschlossen. Daraufhin stellte die Antragstellerin am 21.12.2018 per E-Mail höchstvorsorglich hilfsweise einen Antrag gemäß der konkreten Vergleichsberechnung. Daraufhin teilte der Antragsgegner mit, dass eine Antragstellung über "Q" zwingend notwendig sei. Er bat die Antragstellerin, die gestellten Anträge zurückzunehmen und bis zum 31.12.2018 neue Anträge gemäß konkreter Vergleichsberechnung zu stellen. Es stehe der Antragstellerin dann frei, gegen die Bescheide auf Grundlage der konkreten Vergleichsberechnung Widerspruch einzulegen.

Am 03.01.2019 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Abrechnung auf Grundlage der fiktiven Vergleichsberechnung habe. Aus § 8 Abs. 2 APG DVO NRW ergebe sich eine grundsätzliche Wahlmöglichkeit zwischen der fiktiven und der konkreten Vergleichsberechnung. Der Verordnungsgeber habe hiervon drei Ausnahmen gemacht, die in § 8 Abs. 2 S. 5, 6 APG DVO NRW geregelt seien. Die Antragstellerin falle nicht unter diese Ausnahmen. Es habe kein Trägerwechsel stattgefunden, da die Einrichtung in dem heutigen Zustand erst seit Oktober 2008 durch die Antragstellerin betrieben werde. Jedenfalls sei aufgrund der nahezu gleichen Ausgangslage aber davon auszugehen, dass der in der Verordnung genannte Stichtag des 01.02.2014 auch für diejenigen Einrichtungen Anwendung finde, in denen eine Übertragung der Trägerschaft und nicht des Eigentums stattgefunden habe. Nichts anderes ergebe sich aus der Begründung der Verordnung. Es bestehe eine besondere Eilbedürftigkeit. Ohne eine besondere Abrechnungsgrundlage könne die Antragstellerin einen Betrag in Höhe von monatlich 38.250,00 EUR (18,08 EUR × 30,42 Tage x 71 Bewohner x 98 % Belegung) nicht geltend machen und dadurch in eine erhebliche wirtschaftliche Schieflage geraten. Bei Anwendung der konkreten Vergleichsberechnung entstünden nach einer vorläufigen Berechnung Mindereinnahmen von 142.470,49 EUR jährlich (71 Bewohner x 5,61 EUR x 365 Tage x 98% Belegung). Widerspruchs- und Klageverfahren würden mehrere Jahre andauern, so dass mit einem finanziellen Ausfall i.H.v. 850.000,00 EUR gerechnet werde. Eine Folgenabwägung gehe zu ihren Gunsten aus. Nach Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung würde die Antragstellerin entsprechende Rückstellungen bilden, auf die sie im Falle eines günstigen Ausgangs des Verfahrens in der Hauptsache zur Befriedigung ihrer Gläubiger zurückgreifen könnte. Andernfalls müsste sie den Versuch unternehmen, die offenen Forderungen in enormer Höhe bei den Pflegebedürftigen einzufordern, was praktisch Probleme aufwerfe. Sollte das Verfahren in der Hauptsache einen ungünstigen Ausgang nehmen, so würde eine unverzügliche Rückzahlung, ggf. an die Erben, aufgrund der Rückstellungen erfolgen können. Hilfsweise sei jedoch der Antrag der Antragstellerin ausreichend, um die rückwirkende Verbescheidung zu ermöglichen. Der erforderliche Antrag sei gestellt worden. Das vorgegebene System ermögliche es nicht, alternativ einen Antrag auf Grundlage der konkreten Vergleichsberechnung zu stellen. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin dazu gezwungen werde, Informationen an den Antragsgegner zu übermitteln, über die sie zu einer Auskunft nicht verpflichtet sei. Sie wäre zwingend auf die Mitwirkung des Vermieters angewiesen und hätte zudem ein Testat in Auftrag zu geben.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,

1. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Feststellung und der Festsetzung der Investitionskosten nach § 82 Abs. 3 SGB XI für den Zeitraum ab dem 01.01.2019 auf Grundlage der beantragten fiktiven Vergleichsberechnung gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 APGDVO NRW zuzustimmen.

2. hilfsweise festzustellen, dass der Antrag im Rahmen der fiktiven Vergleichsberechnung geeignet ist, um – sollte eine konkrete Vergleichsberechnung zwingend notwendig sein – eine rückwirkende Verbescheidung ab dem 01.01.2019 vorzunehmen.

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Der Antragsgegner vertritt zunächst die Auffassung, dass dem Antrag schon deshalb nicht stattgegeben werden könne, weil er mangels Begrenzung auf eine vorläufige Verpflichtung im Ergebnis auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sei. Die Berechnung habe zwingend auf Grundlage der konkreten Vergleichsberechnung zu erfolgen, da das Wahlrecht des § 8 Abs. 2 S. 2 APG DVO NRW nicht bestehe. Ursprünglicher Träger der Einrichtung sei zunächst der E Ortsverein C-O e.V. gewesen, bevor es dann mit Wirkung zum 01.01.2005 zu einer Übertragung der Trägerschaft auf die Antragstellerin gekommen sei. Der vorgenommene Umbau führe nicht dazu, dass nunmehr eine neue Einrichtung vorliege. Für derartige Übertragungen der Trägerschaft gebe § 8 Abs. 2 S. 6 2. Alt. APG DVO NRW bindend vor, dass die Überprüfung der Angemessenheit auf Grundlage einer konkreten Vergleichsberechnung zu erfolgen habe. Auf den Stichtag des 01.02.2014 komme es nicht an. Eine Auslegung der Vorschrift führe nicht zu dem Ergebnis, dass der Stichtag des § 8 Abs. 2 S. 5 APG DVO NRW in § 8 Abs. 2 S. 6 2. Alt. APG DVO NRW hineingelesen werden dürfe. Darüber hinaus fehle es an einem Anordnungsgrund. Erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die eine Existenzgefährdung zumindest als möglich erscheinen ließen, seien nicht ansatzweise glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hätte es selbst in der Hand gehabt, vor Ablauf des 31.12.2018 neue Anträge auf Grundlage einer konkreten Vergleichsberechnung zu stellen. Diese Vorgehensweise sei zumutbar gewesen und habe die behaupteten wirtschaftlichen Nachteile begrenzen können. Ob die behaupteten Mindereinnahmen zuträfen, sei für den Antragsgegner nicht beurteilbar, da die Antragstellerin dem Antragsgegner die für eine konkrete Mietvergleichsberechnung erforderlichen Unterlagen und Informationen bislang nicht zur Verfügung gestellt habe. Eine Bescheidung der Anträge der Antragstellerin auf Basis einer konkreten Mietvergleichsberechnung sei daher nicht möglich. Im Übrigen seien die vorgetragenen Mindereinnahmen nicht geeignet, einen schweren Nachteil im Sinne von § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu begründen. Dagegen spreche bereits der Vortrag der Antragstellerin, zur Absicherung Rückstellungen in entsprechender Höhe bilden zu wollen. Dies zeige, dass es der Antragstellerin wirtschaftlich möglich sei, die Differenz zwischen den nach Maßgabe der fiktiven Vergleichsberechnung und nach Maßgabe der konkreten Vergleichsberechnung anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen vorübergehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu tragen, ohne dass es zu einer Existenzgefährdung oder zu vergleichbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigungen komme. Bis zu einer Ablehnung des Antrags auf Zustimmungserteilung gelte der zuletzt erteilte Zustimmungsbescheid gemäß § 12 Abs. 10 APG DVO NRW vorläufig als Abrechnungsgrundlage für die Investitionskosten fort. Im Übrigen sei bisher nicht vorgetragen, dass die Vermieterin sich weigere die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Antragstellerin sei eine 100-prozentige Tochter der Vermieterin. Andernfalls bestehe aus dem Mietvertrag ein durchsetzbarer Rechtsanspruch. Auch der Hilfsantrag sei nicht erfolgreich. Die Anträge seien ausdrücklich auf Festsetzung auf Grundlage einer fiktiven Vergleichsberechnung gestellt und könnten daher nicht in einen Antrag auf Grundlage einer konkreten Vergleichsberechnung umgedeutet werden. Aus den bereits dargelegten Gründen sei wiederum kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch würde über einen neuen Antrag jedenfalls ab Antragstellung entschieden werden. Die Frage, ob auch eine rückwirkende Bescheidung für die Zeit ab dem 01.01.2019 erfolgen müsse, betreffe damit absehbar nur wenige Monate und schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile seien nicht ersichtlich.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch als einen materiellrechtlichen Anspruch auf Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Erforderlich ist, dass der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG glaubhaft macht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 86 b, Rn. 27 ff.).

Der unbestimmte Rechtsbegriff "Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert" in § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG erfordert eine genaue Prüfung, ob und inwieweit diese Voraussetzungen erfüllt sind. Maßstab für die Eingriffsintensität sind vielfach die wirtschaftlichen Folgen in Bezug auf das geschützte Rechtsgut. Ein Anordnungsgrund ist danach anzunehmen, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist. Dabei sind die öffentlichen Interessen jenen der Verfahrensbeteiligten gegenüberzustellen. Insbesondere sind die Folgen abzuwägen, die mit dem Erlass bzw. dem Nicht-Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden sind. Einzubeziehen sind u.a. die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Intensität einer drohen-den (Grund-)Rechtsverletzung und sonstige unbillige Härten der Beteiligten. Die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile reichen für den Erlass einer vorläufigen Anordnung nicht aus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen sich nicht isoliert gegenüber, vielmehr besteht zwischen ihnen eine funktionelle Wechselbeziehung dergestalt, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Eingriffs (Anordnungsgrund) zu verringern sind oder umgekehrt; dabei dürfen keine zu hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Eilverfahren gestellt werden, die Anforderungen haben sich vielmehr am vom Antragsteller mit seinem Begehren verfolgen Rechtsschutzziel zu orientieren. Daraus folgt, dass sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund vermindern, wenn eine Klage in der Hauptsache offensichtlich begründet wäre. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, dennoch kann auch in diesem Fall nicht gänzlich auf das Bestehen eines Anordnungsgrundes verzichtet werden. Ist ein Anordnungsgrund nicht dargetan, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG auch dann nicht in Betracht, wenn der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird. Anderenfalls würden die den Anordnungsgrund bezeichnenden Tatbestandsmerkmale des § 86b Abs. 2 SGG ("vereitelt" bzw. "wesentlich erschwert" und "zur Abwendung wesentlicher Nachteile") gesetzwidrig hinweg interpretiert. Im Übrigen kommt einstweiliger Rechtsschutz insbesondere dann in Betracht, wenn eine Verletzung des Gebotes, effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu gewähren, zu besorgen ist (vgl. dazu ausführlich und m.w.N.: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2018, Az. L 11 KA 82/16 B ER).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist ein Anordnungsgrund weder in Bezug auf den Hauptantrag noch in Bezug auf den Hilfsantrag glaubhaft gemacht.

Zunächst ist festzustellen, dass der Antragstellerin derzeit keinerlei Nachteile seit dem 01.01.2019 entstanden sind. Worauf auch der Antragsgegner zutreffend hinweist, gilt der zuletzt erteilte Zustimmungsbescheid vom 15.08.2012 gemäß § 12 Abs. 10 APG DVO NRW fort, da der Antragstellerin bislang kein neuer Festsetzungsbescheid trotz Antragstellung erteilt worden ist. Die in dem zuletzt erteilten Zustimmungsbescheid genannten Beträge macht die Antragstellerin auch im Rahmen der Neuantragstellung auf Grundlage der fiktiven Vergleichsberechnung geltend. Mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit seit dem 01.01.2019, die auf eine vorläufige Regelung gerichtet ist, kann die Antragstellerin nicht mehr erreichen. Derzeit ist auch noch nicht konkret absehbar, wann eine Entscheidung des Antragsgegners ergehen wird. Infolge der rechtlichen Auseinandersetzung im hiesigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und nach zwischenzeitlicher Einschaltung des Prozessbevollmächtigten durch den Antragsgegner wird jedenfalls eine Prüfung unter Berücksichtigung der nunmehr ausgetauschten Argumente stattfinden müssen, ob die Ausnahmeregelungen des § 8 Abs. 2 S. 5, 6 APG DVO NRW tatsächlich vorliegen und ggf. ob der ursprüngliche Antrag der Antragstellerin auch als Antrag auf Zustimmung auf Grundlage der konkreten Vergleichsberechnung zu werten ist.

Aber auch für den Fall der Ablehnung des Antrags durch den Antragsgegner drohen der Antragstellerin keine wesentlichen Nachteile, die eine einstweilige Anordnung rechtfertigen. Dem Antragsgegner ist in seiner Auffassung zuzustimmen, dass bereits der eigene Vortrag der Antragstellerin, vorsorglich Rückstellungen bilden zu wollen, um für den Fall des negativen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens schnellstmöglich Rückzahlungen vornehmen zu können, gegen eine wesentliche wirtschaftliche Schieflage oder sogar eine Existenzgefährdung spricht. Bei einem solchen Vorgehen stünden der Antragstellerin entsprechende finanzielle Mittel im Zusammenhang mit dem laufenden Betrieb der Einrichtungen nicht zur Verfügung, da sie in den Rückstellungen gebunden wären. Dies deutet offenkundig darauf hin, dass es der Antragstellerin wirtschaftlich möglich ist, auch ohne die vorläufige Regelung und dadurch mögliche höhere Abrechnungen den Betrieb aufrecht zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Antragstellerin keinesfalls Mindereinnahmen in Höhe von monatlich 38.250,00 EUR drohen. Der Antragstellerin ist es zur Vermeidung weiterer Nachteile zuzumuten, bei dem Antragsgegner zunächst die Zustimmung auf Grundlage der konkreten Vergleichsberechnung zu beantragen und deren Rechtmäßigkeit in einem Hauptsacheverfahren zu klären. Sofern die vorläufigen Berechnungen der Antragstellerin zutreffen, ergäben sich Mindereinnahmen in Höhe von142.470,49 EUR jährlich. Darüber hinaus würde ein entsprechender Bescheid gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 APG DVO NRW für zwei Kalenderjahre gelten. Ab diesem Zeitpunkt wäre es der Antragstellerin möglich, einen neuen Bescheid zu erwirken. Der behauptete finanzielle Ausfall in Höhe von etwa 850.000,00 EUR erscheint vor diesem Hintergrund nicht plausibel. Ob der Antrag auf Zustimmung nunmehr auf Grundlage der konkreten Vergleichsberechnung tatsächlich keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Antragstellung entfaltet, kann derzeit offenbleiben, da dies im Hinblick auf die dargelegte vorläufige Fortgeltung des damaligen Zustimmungsbescheides für eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz unerheblich ist. Insbesondere aus diesem zuletzt genannten Grund ist auch kein Anordnungsgrund bezogen auf den Hilfsantrag glaubhaft gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, wonach der Unterliegende die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG, § 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht hat dabei den Streitwert in Höhe von einem Viertel des Hauptsachestreitwertes von insgesamt 284.950,98 EUR zugrunde gelegt. Dabei ist das Gericht von entsprechenden Mindereinnahmen in einem Zweijahreszeitraum (vgl. § 12 Abs. 3 S. 1 APG DVO NRW) bei Anwendung der konkreten Vergleichsberechnung ausgegangen.
Rechtskraft
Aus
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