S 4 AL 128/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AL 128/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 218/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu erstatten.

Gründe:

I.
Der Kläger begehrt mit der Klage die Nachentrichtung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit seines früheren Arbeitsverhäitnisses vom 01.10.1998 bis 31.12.2001 nach der Beitragsbemessungsgrenze "West".

Der 1943 geborene Kläger wurde zum 01.10.1998 von der Firma F GmbH, 00000 Q/U als Fachberater für das Vertriebsgebiet Bielefeld/Paderborn eingestellt. Nach § 1 des Anstellungsvertrages sollte Dienstsitz des Klägers seine Wohnung in Lübbecke sein. Im April 2000 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über, die den Kläger zu unveränderten Bedingungen weiter beschäftigte. Sitz der Gesellschaft war nunmehr: 06869 Coswig. Die Beklagte führte für den Kläger Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nach der Beitragsbemessungsgrenze "Ost" ab. Dies erfuhr der Kläger, nachdem er sich zum 01.01.2002 arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld (Alg) beantragt hatte. Alg wurde ihm von der Bundesagentur für Arbeit nach einem wöchentlichen gerundeten Bemessungsentgelt von 860,00 EUR, der Leistungsgruppe "C" (maßgebend bei Steuerklasse III), dem daraus errechneten Leistungsentgelt von 370,09 EUR wöchentlich, dem allgemeinen Leistungssatz von 60 % i.H.v. wöchentlich 331,46 EUR bewilligt (Bescheid vom 08.01.2002). Die Bundesagentur für Arbeit vertrat die Auffassung, da Beschäftigungsort i.S.v. § 9 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) der Ort sei, an dem der Betrieb seinen Sitz habe (also: 06869 Coswig) und nicht der Dienstsitz des Klägers in Lübbecke, sei gemäß § 408 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die Beitragsbemessungsgrenze für das Beitrittsgebiet maßgebend, in dem hiergegen von dem Kläger vor dem Sozialgericht Detmold am 09.07.2002 unter dem Az.: S 4 AL 95/02 angestrengten Verfahren um höheres Alg vertrat der Kläger die Auffassung, in seinem Fall sei nicht die Beitragsbemessungsgrenze der neuen Bundesländer, sondern die Beitragsbemessungsgrenze der alten Bundesländer zu Grunde zu legen, so dass ihm höheres Alg zustehe. Das Sozialgericht Detmold hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2005 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 13.03.2002 forderte der Kläger die Beklagte auf, eine Nachberechnung seiner Sozialversicherungsbeiträge vorzunehmen, da auf seinen Arbeitsvertrag die Beitragsbemessungsgrenze "WesfAnwendung fände. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 21.03.2002 ab. Sie wies darauf hin, dass im Rahmen der gemäß § 28 p SGB IV vorzunehmenden Betriebsprüfungen die Landesversicherungsanstalt Sachsen- Anhalt sowohl im Jahr 1998 als auch mit weiterem Bescheid vom 19.10.2001 festgestellt habe, dass für sämtliche Mitarbeiter der Klägerin einschließlich der im Westen tätigen Verkaufs- bzw. Vetriebsmitarbeiter, die Beitragsbemessungsgrenze "Ost" anzuwenden sei. Dieser Bescheid sei bestandskräftig, so dass es bereits aus formalen Gründen nicht möglich sei, für den Kläger die Beitragsbemessungsgrenze "West" anzuwenden.

Am 21.06.2002 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Minden unter dem Az.: 2 Ca 1334/02 mit dem Ziel Klage erhoben, für sein Arbeitsverhältnis vom 01.10.1998 bis 31.12.2001 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nach der Beitragsbemessungsgrenze "West" zu entrichten.

Mit Beschluss vom 31.07.2002 hat das Arbeitsgericht Minden den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt, da die Frage der Höhe der an die Sozialversicherungsträger abzuführenden Beiträge eine Streitfrage sei, die sich ausschließlich nach den Bestimmungen des Sozialrechts richte. Das Arbeitsgericht Minden hat den Rechtsstreit daher an das zuständige Sozialgericht Detmold verwiesen.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, für ihn sei die Beitragsbemessungsgrenze "West" maßgebend, weil Beschäftigungsort Lübbecke und der Raum Bielefeld/Paderborn sei. Die Beklagte habe fälschlicherweise für ihn Sozialversicherungsbeiträge nach der Beitragsbemessungsgrenze "Ost" entrichtet.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit seines Arbeitsverhältnisses vom 01.10.1998 bis 31.12.2001 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nach den für die alten Bundesländer geltenden Beitragsbemessungsgrenzen zu entrichten und zwar für das Jahr 1998 für einen Betrag in Höhe von 100.800,00 DM, für das Jahr 1999 für einen Betrag in Höhe von 102.000,00 DM, für das Jahr 2000 für einen Betrag in Höhe von 103.200,00 DM und für das Jahr 2001 für einen Betrag in Höhe von 104.400,00 DM.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, da im Verhältnis zwischen ihr und dem Kläger kein öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln vorliege bzw. vorliegen könne, ergebe sich für die geltend gemachte Klage weder eine statthafte Klageart gemäß §§ 54, 55 SGG noch sei sie passiv legitimiert. Der Kläger möge sein Ziel, höheres Arbeitslosengeld zu erhalten, auf dem Klagewege gegen die Bundesagentur für Arbeit weiterverfolgen. Im Übrigen habe sie wie von der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt bestätigt zu Recht die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nach der Beitragsbemessungsgrenze "Ost" abgeführt

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des Klageverfahrens S 4 AL 95/02 nebst Verwaltungsakte der Bundesagentur für Arbeit, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.
Gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

Die Klage ist weder zulässig noch begründet.

Das Arbeitsgericht Minden hat den Rechtsstreit zwar zutreffender Weise an das Sozialgericht Detmold verwiesen, da die Frage, in welcher Höhe Beiträge vom Arbeitgeber zur Sozialversicherung (u.a. Arbeitslosenversicherung) zu entrichten sind, eine öffentlich- rechtliche Streitigkeit betrifft (§ 28 d, § 28 e SGB IV). Diese Streitigkeit findet jedoch nicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer statt, sondern zwischen der hierüber entscheidenden Krankenkasse als Einzugsstelle bzw. im Rahmen des die Richtigkeit der Beitragszahlungen und Meldungen nach § 28 p Abs. 1 SGBIV vom Rentenversicherungsträger durchzuführenden Prüfungsverfahrens. Hieran ist der Arbeitnehmer jedoch nicht beteiligt und insoweit in keinen eigenen Rechten betroffen (vgl. insoweit den mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid der LVA Sachsen-Anhalt vom 19.10.2001 an die Beklagte als ehemalige Arbeitgeberin des Klägers). Eine gesonderte Klagebefugnis des Arbeitnehmers hinsichtlich seines Arbeitgebers auf Abführung von Beiträgen in bestimmter Höhe, wie es der Kläger mit dem vorliegenden Klageverfahren bezweckt, besteht nicht insoweit gibt das Sozialgesetzbuch dem Arbeitnehmer keine eigene Anspruchsgrundlage. Der Kläger kann mithin bzgl. der Abführung der Sozialverischerungsbeiträge nach der Beitragsbemessungsgrenze "Ost" oder "West" keine eigenen Leistungsrechte geltend machen. Bezüglich der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge ist Anspruchsschuldner der Arbeitgeber, Anspruchsgläubiger der Sozialversicherungsträger.

Die Klage wäre im Übrigen nach Auffassung des Gerichts auch unbegründet, da die Beklagte die Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger zu Recht nach der Beitragsbemessungsgrenze "Ost" abgeführt hat. insoweit verweist das Gericht auf die Entscheidung vom 25.08.2005 im Rechtsstreit S 4 AL 95/02.

Nach allem war die Klage daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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