S 14 U 153/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 153/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin streitet als Rechtsnachfolgerin ihres 2013 verstorbenen Ehemannes N S (im Folgenden: Versicherter) im Wege der Erteilung eines Zugunstenbescheides gemäß § 44 des 10. Buches Sozialgesetzbuch -SGB X- um die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Erkrankungen durch ionisierende Strahlen - (BK 2402).

Der am 00.00.1964 geborene Versicherte durchlief von August 1980 bis Januar 1984 eine Schlosserlehre und war nach deren Abschluss bis Juni 1984 als Schlosser beschäftigt. Nach Ableistung seines Wehrdienstes bei der Marine von Juli 1984 bis September 1985 war er ab Oktober 1985 bis März 1989 in seinem erlernten Beruf, anschließend ab März 1989 im Unternehmen L, W, als Schlosser, zuletzt als Technischer Angestellter tätig. Nach Feststellungen der Präventionsabteilung der Beklagten (Stellungnahmen vom 26.05. und 14.07.2010) arbeitete er bis März 1991 zunächst als Ausbildungsgeselle, d.h. begleitete die Schlosserausbildung, hiernach wurde er bis etwa April 1995 in der Endmontage eingesetzt. Nachfolgend war bis Juli 2005 seine wesentliche Tätigkeit die Durchführung von Schweißarbeiten im WIG-Verfahren (Wolfram-Inert-Gas-Schweißen), und zwar sowohl mit Gleichstrom als auch Wechselstrom; dabei trug er neben üblicher Arbeitsschutzkleidung auch einen Schweißerschutzschild; diese Tätigkeit erfolgte zu ca. 60 % der Arbeitszeit, in der Restzeit erfolgte das Richten, Heften und Bürsten des Bearbeitungsmaterials; die Schweißarbeiten erfolgten an einem Tisch, wobei dieser mit einer beweglichen Punktabsaugung ausgestattet war; vor Durchführung der Schweißarbeiten wurden ferner 4 bis 5 x täglich Anschleifungen der WIG-Nadeln, dies ohne Absaugung oder Verwendung von Atemschutz, durchgeführt; weitere Schweißarbeitsplätze waren durch Schutzvorhänge getrennt; seit Juli 2005 arbeitete er in der Arbeitsvorbereitung an einem Büroarbeitsplatz.

Das Klinikum M-E erstattete der Beklagten im März 2010 Anzeige über den Verdacht einer BK beim Versicherten, bei welchem im März 2010 ein Plattenepithelcarzinom (PEC) der Oberlippe gesichert und exzidiert wurde; anamnestisch war erstmals beim Versicherten im Mai 2005 ein PEC der Unterlippe, sodann im März 2008 wieder im Bereich der Oberlippe diagnostiziert und jeweils entfernt worden; nebenbefundlich wurde im aktuellen Behandlungsbericht vom März 2010 auf eine Knötchenflechte mit Befall der Schleimhäute der Unterlippe hingewiesen.

Im Rahmen der Erstbefragung des Versicherten gab dieser an, erste Beschwerden seien im Januar 2005 aufgetreten; außerberufliche Risikofaktoren wie Rauchen, Alkohol, längere Aufenthalte in den Tropen oder vermehrte Sonneneinstrahlung, lägen nicht vor. In ihrer Arbeitsplatzanalyse führte nachfolgend die Präventionsabteilung aus, eine UV-Strahlenexposition sei zwar grundsätzlich beim Elektroschweißen gegeben, während der 10-jährigen Tätigkeit als Schweißer sei der Versicherte jedoch durch Schutzausrüstung geschützt gewesen; ebenso wenig lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 2402 vor; durch Inhalation von Schweißrauchen und Schleifstaub beim Anschleifen der WIG-Nadeln könne es zwar zu einer inneren Strahlenexposition durch Thorium kommen; bei konventioneller Betrachtung einer Expositionsabschätzung ergäbe sich jedoch lediglich eine Dosis von 2 mSv (Millisievert) pro Jahr, auch würden Erkrankungen wie die vorliegende nicht durch Schweißrauche hervorgerufen. Nach Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses und ärztlicher Berichte der Klinik für Dermatologie des Klinikum M-E sowie des Arztes für Hautkrankheiten Dr. C aus C1 -ausweislich von Berichten vom 27.05.2010 und 21.08.2009 war der Versicherte erstmalig am 26.04.1995 in dessen Behandlung, wobei angabegemäß seinerzeit eine Überweisung mit dem Vermerk eines Zustandes nach Melanomoperation ausgestellt wurde, in Behandlung- erstattete abschließend Dr. L, F, ein dermatologisches Gutachten (vom 26.01.2011) , nachdem zwischenzeitlich beim Versicherten ein viertes PEC im September 2010 diagnostiziert und nachfolgend entfernt worden war; er gelangte zu dem Ergebnis, die Neigung des Versicherten, Erkrankungen wie die vorliegende zu entwickeln, sei ungeklärt; unwahrscheinlich sei die histologisch nicht nachweisbare Knötchenflechte; ein Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit als Schweißer sei nicht zu erkennen; zum Einen sei er lediglich einer Strahlendosis im Rahmen der natürlichen Belastung mit radioaktiver Strahlung ausgesetzt gewesen, zum anderen fänden sich weder klinische Anhaltspunkte für eine erhöhte UV-Lichtbelastung noch habe es persönlichen Arbeitsschutzes vor äußeren Lichteinwirkungen gemangelt.

Mit Bescheid vom 01.03.2011 lehnte es die Beklagte daraufhin ab, die festgestellten bösartigen Hauterkrankungen im Bereich der Ober- und Unterlippe als BK bzw. wie eine BK zu entschädigen und führte zur Begründung aus, der Versicherte habe keine Tätigkeiten verrichtet, die ihrer Art nach geeignet wären, eine BK 2402 bzw. eine BK nach Nr. 5102 (Hautkrebs durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe) zu verursachen; die Anerkennung von PEC wie eine Berufskrankheit sei zwar möglich, wenn der Betreffende Personengruppen angehöre, die durch ihre berufliche Tätigkeit in besonders hohem Maße einer UV-Lichteinwirkung ausgesetzt gewesen seien; im vorliegenden Fall sei der Versicherte jedoch durch die getragene Schutzausrüstung geschützt gewesen, so dass auch eine Anerkennung als wie-BK nicht erfolgen könne. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2011 zurückgewiesen, die hiergegen vor dem Sozialgericht Detmold erhobene Klage (Az. S 14 U 253/11) nahm der Versicherte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.04.2012 im Hinblick auf noch ausstehende wissenschaftliche Erkenntnisse zur Fragestellung der Verursachung von Hautkrebs durch UV-Strahlenexposition , welche letztlich in die Aufnahme der BK nach Nr. 5103 in den Katalog der Berufskrankheiten zum 01.01.2005 einmündeten (Plattenepithelkarzinome durch natürliche UV-Strahlung), zurück.

Im April 2013 beantragte der Versicherte erneut die Anerkennung seiner Erkrankung unter dem Gesichtspunkt einer BK 2402 und machte geltend, im Rahmen seiner Tätigkeit als Schweißer habe er inhalativen und auch Hautkontakt zu thoriumoxidhaltigem Schleifstaub und Schweißrauchen gehabt; im früheren Feststellungsverfahren sei nicht hinreichend ermittelt worden, in welchem Maße er ionisierender Strahlung ausgesetzt gewesen sei. Mit Bescheid vom 27.05.2013 lehnte es die Beklagte ab, den Bescheid vom 01.03.2011 zurückzunehmen und führte zur Begründung aus, neue Tatsachen seien nicht vorgetragen worden, Hinweise, dass von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei, fehlten. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Versicherte geltend, beim Anschleifen von WIG - Elektroden würden radioaktiver Staub, verbunden mit der Gefahr einer internen Strahlenexposition durch Inhalation, freigesetzt; im Hinblick auch auf beim Schweißen fehlende Absaugung sei die Erkrankung ausschließlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen; ergänzend legte er einen hautärztlichen Bericht von Dr. C (vom 10.06.2013) vor, welcher seine früheren Angaben, der Versicherte sei am 26.04.1995 in seiner Behandlung gewesen, als fehlerhaft revidierte. Hierzu führte die Präventionsabteilung der Beklagten (Stellungnahme vom 19.08.2013) zunächst aus, von Thorium emittierte Strahlung sei nicht in der Lage, äußere Hautschichten zu durchdringen und sei bei der Bewertung ohne Belang, regte allerdings eine fachkompetentere Beurteilung an, woraufhin im Wege der Amtshilfe Dipl.-Physiker M1, Leiter des Fachgebietes Strahlenschutz der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (ETEM) befasst wurde (Stellungnahme vom 16.09.2013); unter Zugrundelegung von jeweils 800 Stunden Schweißtätigkeiten im Gleichstrom- und Wechselstromverfahren sowie ca. 1000 WIG-Nadel-Anschliffen je Jahr sowie Unterstellung, generell sei, auch beim Schweißen, keine Absaugung vorgenommen worden, schätzte er die relevante Organdosis durch Inkorporation von Thoriumfreisetzungen bezogen auf das Zielorgan der extrathorakalen Luftwege auf insgesamt 54 mSv; zur ursächlichen Verknüpfung der Erkrankung hiermit führte er aus, nach vorliegenden Studien sei kein statistisch signifikanter Anstieg von Krebsintitäten wie der Vorliegenden durch die Einwirkung ionisierender Strahlung zu beobachten, auch sei im Hinblick auf die zugrunde zu legende Organdosis keine Verursachungswahrscheinlichkeit oberhalb von 50 % nach strahlenepidemiologischen Tabellen bzw. Berechnungsprogammen zu konstatieren; maximal sei von einem Wahrscheinlichkeitswert von 15 % auszugehen; damit läge keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine strahlenbedingte Induktion der Erkrankung vor. Der Versicherte verstarb am 31.10.2013 an tumortoxischem Multiorganversagen, nachdem im August 2012 ein Karzinom des Mundteiles des Rachens (Oropharynx) aufgetreten war. Die Klägerin als Ehefrau nahm das Widerspruchsverfahren auf, welches die Beklagte unter Zurückweisung dessen mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2014 abschloss.

Hiergegen richtet sich die am 03.04.2014 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin zunächst den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte und ihm Folgenden Stellungnahmen von Prof. Dr. T-G, Hannover (vom 13.04. und 20.07.2014) vorlegte, welche sich mit den Berechnungen von dem Dipl.-Physiker M1 auseinandersetzte und unter Zugrundelegung anderer Dosiskoeffizienten und erhöhter Atemrate eine Organdosis für die Mundschleimhaut von 415 mSv errechnete; sie vertrat die Auffassung, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Plattenepithel zu Geweben mit hoher Strahlenempfindlichkeit zähle, sei aus vergleichenden Betrachtungen mit japanischen Atombombenüberlebenden die geschätzte Organdosis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ursächlich für die Erkrankung. Dem trat Dipl. Physiker M1 in einer ergänzenden Äußerung (vom 13.06.2014) entgegen mit dem Hinweis, die von ihm zugrunde gelegten Dosiskoeffizienten entsprächen den aktuellen Erkenntnissen, wobei eine Neuberechnung sogar geringere Belastungswerte ergäbe.

Hinsichtlich der Wehrdiensttätigkeit des Versicherten in der Zeit von Juli 1984 bis September 1985 -in diesem Zeitraum war er bei Flugabwehrstaffeln des Marinefliegergeschwaders stationiert- hielt das Gericht im Hinblick auf eine eventuelle Gefährdung durch ionisierende Strahlungen Nachfrage bei der Wehrbereichsverwaltung West, ob qualifizierte Tätigkeiten, gegebenenfalls an welchen Waffensystemen, verrichtet worden seien; mitgeteilt wurde (Auskünfte vom 16. und 30.07.2015) ein Einsatz als Überwasserwaffenmechaniker unter Ausschluss qualifizierender Tätigkeiten an Radargeräten. Nach Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK erstattete nach Maßgabe der Beweisanordnung vom 02.08.2016 in Verbindung mit Beschluss vom 26.09.2017 Prof. Dr. E2, Institut für Arbeitsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, ein fachärztliches Gutachten nach Aktenlage, in welchem ihm letztlich eine zuverlässige Beurteilung nicht möglich war, da es sich um spezielle Fragen der Strahlenbiologie und Strahlenepidemiologie handele. Seiner Anregung entsprechend zog das Gericht zunächst weitere Behandlungsberichte über den Hausarzt des Klägers Dr. M2, L1, bei und holte abschließend nach Maßgabe der Beweisanordnung vom 23.05.2018 ein strahlenbiologisches Gutachten von Prof. Dr. B, I1-Zentrum N, ein. Den Berechnungen der Strahlendosis durch die Beklagte im Wesentlichen folgend, vertrat er die Auffassung, es sei eher unwahrscheinlich, dass die Erkrankung des Versicherten strahleninduziert sei, auch wenn Indikationen für andere mögliche Ursachen nicht vorhanden seien; die von der Beklagten errechnete Strahlendosis sei wesentlich zu gering, um eine Verursachungswahrscheinlichkeit von mehr als 50 % festzustellen, hierüber hinaus gäbe es keine epidemiologischen Belege für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko strahlenexponierter Personen, Karzinome der Lippe aufzuweisen. Auf den näheren Inhalt des Gutachtens vom 19.02.2019 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Gutachten überzeuge nicht, soweit der Sachverständige den Berechnungen der Beklagten folge; weiterhin sei offen die Organdosis durch Thoriumablagerungen auf der Lippenhaut; beklagtenseitig werde eine Organdosis ermittelt im Sinne einer Inhalations- bzw. Inkorporationsdosis der extrathorakalen Atemwege. Auch bleibe offen, ob andere Noxen oder genetisch bedingte Dispositionen als Ursache für die mehrfach aufgetretenen Karzinome infrage kämen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2014 zu verpflichten, den Bescheid vom 01.03.2011 zurückzunehmen und die beim Versicherten in den Jahren 2005 bis 2010 aufgetretenen 4-maligen Erkrankungen an Plattenepithelkarzinomen der Ober- und Unterlippe als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidung zum Gegenstand ihrer Klageerwiderung und bekräftigt ihre Auffassung, die Strahlenbelastung sei entsprechend ihren Ermittlungen wesentlich zu gering gewesen, einen wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zu begründen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG- statthafte Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den dem Versicherten zu Lebzeiten erteilten Bescheid vom 01.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2011 zurücknimmt und die bei diesem bis zur Erteilung des Bescheides aufgetretenen 4-maligen Plattenepithelkarzinome der Ober- und Unterlippe als BK 2402 anerkennt. Von daher ist sie durch den angefochtenen Bescheid vom 27.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2014 nicht in ihren Rechten verletzt.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Dabei ist bei der Anwendung des § 44 SGB X mit Blick auf den notwendigen Prüfungsumfang zu differenzieren: In der ersten Alternative der Vorschrift, also bei der Frage, ob das Recht unrichtig angewandt worden ist, ist juristisch zu überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung rechtmäßig war; hierzu kann der Kläger zwar Gesichtspunkte beisteuern, die umfassende Prüfung erfolgt aber letztlich von Amts wegen. In der zweiten Alternative, nämlich ob von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, gliedert sich das Überprüfungsverfahren, dem Wiederaufnahmeverfahren nach § 179 SGG ähnelnd in drei Abschnitte: Ergibt sich im Rahmen des Überprüfungsantrages nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne Sachprüfung auf die Bindungswirkung des Ursprungsbescheides berufen; werden neue Tatsachen oder Beweismittel benannt, darf sich die Verwaltung ebenfalls auf die Bindungswirkung berufen, wenn entsprechende Gesichtspunkte tatsächlich nicht vorliegen oder für die frühere Entscheidung unerheblich waren; ergibt die Prüfung, dass ursprünglich nicht beachtete Tatsachen oder Erkenntnisse vorliegen, die für die Entscheidung wesentlich sind, ist ohne Rücksicht auf die Bindungswirkung erneut zu bescheiden.

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 01.03.2011 zurückzunehmen. Zwar hat der Versicherte mit seinem Überprüfungsantrag keine neuen Tatsachen unterbreitet, die die frühere Entscheidung hätte in Frage stellen können, aufgrund des im Widerspruchsverfahren erfolgten Sachvortrages hat die Beklagte jedoch hinsichtlich der arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Ermittlung einer sog. Organdosis weitere Ermittlungen vorgenommen und damit eine sachliche Überprüfung durch das Gericht eröffnet.

Der Bescheid vom 01.03.2011 war nicht rechtswidrig. Weder ist Recht unrichtig angewandt worden oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Die von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen, auch durch Einschaltung der Präventionsabteilung der Berufsgenossenschaft ETEM , haben zwar im Vergleich zu den früheren Feststellungen der Präventionsabteilung ausweislich deren Stellungnahme insbesondere vom 14.07.2010, wonach noch von einer inneren Strahlenexposition durch radioaktive thoriumhaltige Schweißrauche in Höhe von ca. 20 mSv ausgegangen wurde, erbracht, es fehlt jedoch der erforderlichen Kausalität zwischen dem Tatsachenfehler und hieran anknüpfenden materiell-rechtlichen Sozialleistungen, d.h. auch unter Berücksichtigung einer erhöhten Strahlenexposition hatte der Versicherte keinen Anspruch auf Anerkennung der bei ihm aufgetretenen Karzinome als BK 2402. Soweit im Übrigen die Klägerin den letztlich zum Tode des Versicherten führenden, im August 2012 erstdiagnostizierten Tumor des Oropharynx einbezieht und hier die Frage aufwirft, ob es sich bei diesem um einen Folgetumor der voraufgetretenen Karzinome der Ober- und Unterlippe oder einen eigenständigen Zweittumor handelte, brauchte dieser Frage nicht nachgegangen zu werden, da maßgebend ist die Beurteilungslage zum Zeitpunkt der Erteilung des bindend gewordenen Bescheides vom 01.03.2011.

Die bis dahin aufgetretenen Plattenepithelkarzinome der Lippen sind nicht als BK 2402 anerkennungsfähig.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des 7. Buches Sozialgesetzbuch -SGB VII- sind Berufskrankheiten die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrigen Bevölkerung ausgesetzt gewesen sind. Dies geschieht in der BKV, der eine Liste der entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten angefügt ist. Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt dabei grundsätzlich voraus, dass die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, d.h. der Versicherte im Rahmen einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit ausgesetzt war, die geeignet sind einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken, und dass die Einwirkungen eine Krankheit im Sinne der jeweiligen Berufskrankheit verursacht haben. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkung und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen, wohingegen für die Ursachenzusammenhänge zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung und Verrichtung und Krankheit nach der Theorie der wesentlichen Bedingung die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht.

Die hier streitige BK 2402 erfasst Erkrankungen durch ionisierende Strahlen. Bei solchen unterscheidet man zwischen Photonenstrahlung (Röntgenstrahlen, Gammastrahlen) und Teilchenstrahlung (Alphastrahlen, Betastrahlen, Protonen und andere beschleunigte Ionen und Neutronen). Bei einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung ist zu unterscheiden zwischen einer Strahlenexposition von außen und einer Inkorporation, d.h. der Aufnahme radioaktiver Stoffe in den menschlichen Körper. Ein Maß für die Höhe der Exposition ist die Dosis, wobei zwischen verschiedenen Dosisbegriffen zu unterscheiden ist. Zum Zwecke des Risikovergleichs ist die Größe der effektiven Dosis eingeführt worden; dies sind Messwerte der Strahlenaufnahme bei beruflich strahlenexponierten Personen; dabei ist bei Inkorporation zu berücksichtigen, dass die aufgenommenen und inkorporierten Nuklide grundsätzlich eine längere Verweildauer im menschlichen Körper haben, weshalb man hier auch eine sog. 50-Jahre-Folgedosis berechnet. Wesentlich im Hinblick auf die Kausalitätsfrage ist allerdings nicht die effektive Dosis, sondern ausschließlich die Dosis im erkrankten Organ. In Abhängigkeit der Expositionsbedingungen kann diese Organdosis von der effektiven Dosis deutlich unterschiedlich sein. Das Ausmaß der Wirkung ist nämlich abhängig von verschiedenen Komponenten, wie der absorbierten Strahlenmenge (Dosis), der Strahlenart, der zeitlichen Verteilung der Dosis (ein- oder mehrmalige Bestrahlung in kürzeren oder längeren Zeitabständen), der räumlichen Verteilung der Dosis (Ganzkörperbestrahlung oder lokale Bestrahlung) und von biologischen Faktoren, wie Alter, Geschlecht, Gesundheits- und Ernährungszustand, letztlich ist auch von wesentlicher Bedeutung die Strahlenempfindlichkeit des betroffenen Gewebes (vgl. zum Ganzen wissenschaftliche Stellungnahme zur BK 2402, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, Kommentar, M 2402 Anmerkungen I und II). Dabei ist grundsätzlich die Zusammenhangsbeurteilung bei Strahleneinwirkung regelhaft schwierig, weil die Wahrscheinlichkeit für die Verursachung oder Beschleunigung der Entstehung einer Erkrankung durch Strahlenexposition, entsprechend der Pathophysiologie ionisierender Strahlen, abhängt von der Dosis, dem Geschlecht des Betroffenen, dem Alter bei Exposition und bei Diagnose bzw. individuellen Risikofaktoren und betroffenem Organ bzw. Art des Tumors. Grundsätzlich lassen sich dabei mit Hilfe empirisch abgeleiteter Formeln jedenfalls für einige Erkrankungen auf der Basis epidemiologischer Daten Zusammenhangswahrscheinlichkeiten, welche auch als Verursachungswahrscheinlichkeiten bezeichnet werden, unter Berücksichtigung dieser Faktoren ermitteln. Eine solche Zusammenhangswahrscheinlichkeit bei bestimmten Rahmenbedingungen bezeichnet die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der aufgetretene Tumor durch die Strahlung verursacht wurde; dabei liegt der positive Wahrscheinlichkeitsbeweis der Verursachung in der Regel dann vor, wenn die Zusammenhangswahrscheinlichkeit mehr als 50 % beträgt, womit mehr dafür als dagegen spricht, dass der aufgetretene Tumor der Strahlung als Ursache zugeschrieben werden kann. Aufgrund der Komplexizität der Beurteilung und der Vielzahl zu berücksichtigender Faktoren ist grundsätzlich es mit Schwierigkeiten behaftet, kumulative Dosisgrenzwerte im Sinne einer Strahlendosis in mSv im relevanten Organ anzugeben; dabei nimmt die wissenschaftliche Stellungnahme aber an, dass epidemiologische Untersuchungen und Modellrechnungen nahelegen, dass für eine Dosis von kleiner als 50 mSv im relevanten Organ in der Regel eine gruppenbezogene Risikoerhöhung von 10 % nicht überschritten wird (vgl. wissenschaftliche Stellungnahme, a.a.O. Anhang 3). Ungeachtet dieser Dosisberechnungen ist zu berücksichtigen, dass mit der offenen Fassung des BK-Tatbestandes der BK 2402 nach dem Willen des Verordnungsgebers sämtliche Erkrankungen anerkennungsfähig sein sollen, die nach den fortschreitenden Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft mit der Einwirkung im ursächlichen Zusammenhang stehen. Dabei genügt im Rahmen der Kausalitätsprüfung nicht der Verweis auf allgemeine Kanzerogenität einer bestimmten Einwirkung, vielmehr muss sich die Beurteilung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes für die Kausalität im Einzelfall auch auf spezifische Erscheinungsformen des Karzinoms beziehen, weshalb der allgemeine Verweis auf die Erkenntnislage, wonach theoretisch in jedem Organgewebe Krebs durch ionisierende Strahlen verursacht werden kann, nicht weiter hilft. Zur Abschätzung des Risikos bei spezifischen Strahlenwirkung können nach den Kenntnissen der medizinischen Wissenschaft Daten der Krebsmortalität der Überlebenden nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki und auch andere epidemiologische Studien über vergleichbar Exponierte herangezogen werden (vgl. Lauterbach, Kommentar zur Unfallversicherung, SGB VII, § 9 Erläuterung 3.2 mit weiteren Nachweisen).

Ausgehend von diesen Darlegungen kann eine strahleninduzierte Erkrankung der Lippen des Versicherten im Sinne der 4-fach aufgetretenen Plattenepithelkarzinome nicht wahrscheinlich gemacht werden. Der Versicherte war zwar ionisierender Strahlung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Schweißer in den Jahren 1995 bis 2005 ausgesetzt, ein ursächlicher Zusammenhang seiner Erkrankung hiermit ist jedoch nicht wahrscheinlich. Das Gericht stützt sich dabei auf das strahlenbiologische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B sowie die von der Beklagten veranlassten Äußerungen des Dipl. Physikers M1 vom Fachgebiet Strahlenschutz der Berufsgenossenschaft ETEM, welchen der Sachverständige im Wesentlichen folgt. In seiner beruflichen Tätigkeit kam es insoweit zur Freisetzung radioaktiver Thorium-Teilchen in Staub und Rauch beim Lichtbogenschweißen und Schleifen der WIG-Nadeln. Dabei war, was die Ermittlungen der Präventionsabteilung der Beklagten im seinerzeitigen Feststellungsverfahren belegten, beim Anschliff der Nadeln eine Absaugung nicht verwendet worden. Hinsichtlich der Schweißtätigkeiten war zwar konstatiert worden, dass eine Punktabsaugung eingesetzt wurde, zugunsten des Klägers wird jedoch unter Berücksichtigung der von Herrn M1 angesprochenen Probleme der Effizienz solcher Absaugungen davon ausgegangen, dass diese nicht effektiv war, so dass die Berechnung der Expositionszeiten, welche zwischen den Beteiligten und auch den gehörten Sachverständigen unstreitig sind, im Sinne einer worst-case-Beurteilung mit je 800 Stunden jährlich im Gleichstrom- und Wechselstromschweißen anzusetzen sind und im Übrigen ca. 1000 Nadel-Anschliffe zu berücksichtigen sind. Beim radioaktiven Zerfall des Thorium sind ionisierende Strahlen im Sinne von Alpha-, Beta- und Gammastrahlung freigesetzt worden. An der grundsätzlichen Exposition gegenüber Radioaktivität aus Schweißrauchen und Schleifstäuben bestehen insoweit, was auch der Sachverständige zum Ausdruck bringt, keine Zweifel. Hieraus ermittelt Herr M1 unter Berücksichtigung der Strahlungsart und Strahlungsempfindlichkeit des Gewebes, wobei hier von einer Inkorporation ausgegangen wird und insoweit auf die extrathorakalen Atemwege abgestellt wird, eine Organdosis von 54, im Späteren 38 mSv, was in etwa dem Doppelten der Strahlendosis im Rahmen einer natürlichen Belastung radioaktiver Strahlung entspricht. Mag auch die Klägerin hieran Kritik dahingehend üben, dass hinsichtlich der Ermittlung der Organdosis auf ein nicht betroffenes Zielorgan abgestellt wurde, insoweit es letztlich um Auflagerungen von Stäuben und Rauchen auf den Lippen geht, was auch der Sachverständige dahingehend anspricht, dass die Übertragung des Rechenmodells auf die Lippe eigentlich nicht zulässig ist, gibt es jedenfalls hinsichtlich des Zielorganes der Lippen, wie allgemein auch der Haut, keine verlässlichen Risikoschätzwerte, auf welche eine Berechnung der Zusammenhangswahrscheinlichkeit gestützt werden könnte. Dabei ist anzumerken zum Einen, dass die so ermittelte Organdosis auf Unterstellen einer tatsächlichen Exposition durch Schweißrauche beruhte, welche allerdings ausgehend von der früheren Feststellungen der Präventionsabteilung nicht einmal vollbeweislich gesichert ist, zum Anderen zu berücksichtigen ist, dass die Strahlendosis auf die Lippen unter biologischen Aspekten im Übrigen auch deutlich geringer anzusehen ist, da es nicht zu einer Inkorporation, d.h. Einlagerung von ionisierender Strahlung aussendenden Teilchen kommt, sondern zu einer nur kurzzeitigen Deposition von Thorium auf der Haut; hier lagern sich die Teilchen naturgemäß nicht ein, sondern werden durch Benetzen der Lippe, Speichelfluss und auch Zuführung von Getränken abgespült; insoweit greift auch zugunsten des Versicherten die von Herrn M1 durchgeführte Berechnung und Zuschlag einer 50-Jahre-Folgedosis nicht, was der Sachverständige zutreffend hervorhebt. An der grundsätzlichen Richtigkeit der Berechnungsmethode der Organdosis bestehen im Übrigen keine Zweifel, insbesondere hat Herr M1 das aktuell anerkannte Verfahren angewandt, um die Höhe der Thoriumbelastung in die effektive bzw. Organdosis umzuwandeln , und kann den abweichenden Berechnungen von Prof. Dr. T-G nicht gefolgt werden, was übereinstimmend sowohl Prof. Dr. E2 als Prof. Dr. B überzeugend damit begründen, dass die von dieser herangezogenen Lungenabsorptionsklassen bzw. die Löslichkeit von Thorium in Lungenflüssigkeit irrelevant sind, weil es sich um Teilchenanhaftungen auf der Hautoberfläche , nicht deren Löslichkeit geht. Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die von Herrn M1 errechnete Gesamtorgandosis, bezogen auf die extrathorakalen Atemwege, zutreffend erfolgt ist und auch die hierauf nachfolgenden Berechnungen zur Zusammenhangswahrscheinlichkeit zutreffend durchgeführt wurden und sich hieraus lediglich ein Wert von 15 % der Zusammenhangswahrscheinlichkeit ergibt, wobei es sich letztlich hierbei um eine fiktive Berechnung handelt, da, wie ausgeführt, eine Inkorporation nicht maßgeblich sein kann, vielmehr die Deposition von Stäuben und Rauchen auf der Lippe zu betrachten sind. Eine Organdosis hierfür kann allerdings nicht berechnet werden, da hierzu keine Daten bestehen.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sichere außerberufliche oder anlagebedingte Verursachungsfaktoren für die Erkrankung, mit welchen sich der Sachverständige Prof. Dr. B im Einzelnen eingehend auseinandersetzt, nicht sicher festzustellen sind, verbleibt als möglicher Verursachungsfaktor zwar nur die ionisierende Strahlung. Auch bei einer Einzelfallbetrachtung kann indes ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden. Eine Einzelfallprüfung ist dabei grundsätzlich nicht der Boden entzogen. So führt die wissenschaftlichen Stellungnahme (a.a.O. Anhang 3) aus, dass Modellrechnungen bzw. epidemiologische Untersuchungen nahelegen, dass für eine Dosis von kleiner als 50 mSv eine wesentliche Risikoerhöhung nicht bedingt wird, als der Anteil der beruflich verursachten, strahlungsbedingten Tumoren geringer als 10 % ist, was in der Regel das Verfehlen der Kriterien für eine arbeitsbedingte Verursachung nahelegt. Es ist aber festzustellen, dass es keinerlei epidemiologische Beweise für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Plattenepithelkarzinome der Lippen bei strahlenexponierten Personen und Hinweise auf ein vermehrtes Auftreten dieser Tumorart insbesondere bei Lichtbogenschweißern gibt. Prof. Dr. B belegt dies überzeugend mit der Datenlage bei japanischen Atombombenüberlebenden, bei welchen die Zahl aufgetretener Plattenepithelkarzinomfälle statistisch nicht von einer nicht bestrahlten Kontrollgruppe zu unterscheiden war bzw. weist, was besondere Bedeutung gewinnt, auf eine aktuelle epidemiologische Studie (aus 2017) an einem großen Kollektiv von 4000 Lichtbogenschweißern hin, hinsichtlich derer ein erhöhtes Risiko für Plattenepithelkarzinome im Gesicht sich nicht feststellen ließ; mag auchdiese Studie sich mit Wirkungen einer UV-Exposition befassen, hat sie doch, da beim Lichtbogenschweißen, wie auch vorliegend , sowohl UV-Licht als auch ionisierende Strahlung abgeschieden wird, gleichen Erkenntniswert hinsichtlich der Inzidenz der Erkrankung. Ferner ist festzustellen, dass allgemein die Haut auch kein Organ mit hoher Strahlenempfindlichkeit ist, was Wiederspiegelung findet auch in dem Umstand nur seltener strahleninduzierter Hautkrebserkrankungen; so wurden im Zeitraum von 1978 bis 2003 nur 13 Hautkrebserkrankungen anerkannt und geht man erst bei hohen Strahlendosen von signifikanten Erhöhungen des Hautkrebsrisikos aus (vgl. Lauterbach, a.a.O. Erläuterung 5). Dabei ist ferner zu vergegenwärtigen, dass letztlich allenfalls hinsichtlich des Basalzellkarzinomes, nicht hinsichtlich hier in Rede stehender Plattenepithelkarzinome, also sich oberflächennah in den oberen Hautschichten ansiedelnder Karzinome, Hinweise einer Risikoerhöhung sich ergeben. Dies bringt z.B. auch der Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Einrichtungen der Bundeswehr und der NVA (Radarkommission) vom 02.07.2003 zum Ausdruck, welcher in der mündlichen Verhandlung auszugsweise angesprochen wurde. Hiernach ist die Haut, im Gegensatz etwa zur Keimdrüsen, dem roten Knochenmark, der Lunge und dem Darm kein besonders strahlenempfindliches Gewebe, noch bestehen, etwa wie bei der Leukämie, Schilddrüsen- und Mammakarzinomen, gesicherte Risikoschätzer für die Haut, hinsichtlich derer verlässliche Werte nicht bekannt sind, weshalb (vgl. Seite 80 des Berichtes der Radarkommission) insgesamt die epidemiologische Datenlage für die Evaluation der Rolle ionisierender Strahlung in der Entstehung von Melanomen und anderen Hautkrebstypen, ausgenommen das Basalzellkarzinom unzureichend ist, so daß es nicht gelingt, eine zuverlässige physikalische Dosis im Zielorgan zu ermitteln und eine Abschätzung des Risikos vorzunehmen.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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