S 45 KA 312/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
45
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 45 KA 312/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 138/02
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Rücknahme des Honorarbescheides für das Quartal 3/97 und die gleichzeitige Rückforderung in Höhe von 917.162,61 DM. Der Kläger nimmt als Laborarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In einer Erklärung vom 23.12.1996 wies der Kläger darauf hin, zum Zeitpunkt der Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in keinem Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken vom 05.02.1997 hat der Kläger die Zulassung für den Vertragsarztsitz in der D.Str., A. erhalten. Die Niederlassung erfolgte zum 01.04.1997. Vor diesem Zeitpunkt ist der Kläger vom 01. Juli 1994 bis 31. März 1997 als ganztags beschäftigter Arzt (sog. Dauerassistent) bei Herrn Dr. M., Laborarzt in der D.Str. in A. beschäftigt gewesen. Die Laborarztpraxis in der D.Str. in A. steht im Eigentum des Dr. R., Laborarzt in E. bzw. für die Laborbetriebsgesellschaft A. mbH als Geschäftsführer tätig.

In der Zeit vom 01.04.1997 bis 13.07.1997 war der Kläger in Praxisgemeinschaft mit Herrn Dr. M. in der D.Str. in A. tätig. Ab 14.07.1997 bis einschließlich 19.11.1997 betrieb der Kläger eine Einzelpraxis unter obiger Adresse. Da die Vertragsverhandlungen mit Herrn Dr. R. Mitte 1997 scheiterten, stellte der Kläger Antrag auf Ruhen seiner Zulassung. Diese ruhte vom 20.11.1997 bis 31.12.1997. In der mündlichen Verhandlung anlässlich des Antrages auf Ruhen der Zulassung am 10.12.1997 macht der Kläger zu seiner bisherigen laborärztlichen Tätigkeit in der D.Str. in A. ausführliche Angaben. Auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken wird verwiesen.

Vom 01.01.1998 an setzte der Kläger seine Tätigkeit als Laborarzt in Praxisgemeinschaft mit der Gemeinschaftspraxis Dr. M./Dr. B. in der K.str. fort. Zum 01.03.1999 ist Frau Dr. B. ausgeschieden, so dass der Kläger nun mit Herrn Dr. M. in Praxisgemeinschaft die laborärztliche Tätigkeit fortführte.

Mit Bescheid vom 04.12.1998 (Sitzung 18.11.1998) wurde dem Kläger die Zulassung wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten gem. § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV entzogen. Ein Sofortvollzug der Zulassungsentziehung wurde nicht angeordnet. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 16.03.2001 (Sitzung 23.01.2001) zurückgewiesen. Mit Urteil des Sozialgerichtes Nürnberg vom 14. Februar 2002 wurde die Klage gegen den Zulassungsentzug abgewiesen. Der Antrag auf Anordnung des sofortigen Vollzuges (hier: Beschluss des Berufungsausschusses vom 16.03.2001) wurde vom Sozialgericht Nürnberg am 01.10.2001 abgewiesen. Der Kläger hat unter dem Az.: S 12 KA 42/02 gegen die Entscheidung des Sozialgerichtes Nürnberg vom 14. Februar 2002 Berufung eingelegt.

Mit Bescheid vom 27.03.1998 und vom 16.07.1998 wurden die Honorarbescheide für die Quartale 2/97 (Bescheid vom 21.10.1997) und 3/97 (Bescheid vom 26.01.1998) aufgehoben und gleichzeitig die für die Quartale 2/97 und 3/97 geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.382.434,07 DM zurückgefordert. Da der Kläger die vertragsärztliche Tätigkeit nicht freiberuflich ausgeübt habe, sondern während der Zulassung als Laborarzt als angestellter Arzt des Herrn Dr. R. tätig gewesen sei, seien die Leistungen zu Unrecht abgerechnet worden. Aufgrund der persönlichen Erklärungen und Feststellungen in der mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken am 10.12.1997 ergebe sich, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt eine ärztliche Tätigkeit in eigener Praxis ausgeübt habe. Unter Hinweis auf die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung bezüglich der persönlichen Leistungserbringung und der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und des Wegfalls dieser Garantiefunktion infolge der Angestelltentätigkeit des Klägers sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Honorarbescheide für die Quartale 2/97 und 3/97 aufzuheben. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.1998 zurückgewiesen. In der Klage vom 18.01.1999, eingegangen beim Sozialgericht München am gleichen Tag, lässt der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten ausführen, dass er entgegen der Auffassung der Beklagten stets als Vertragsarzt in freier Praxis tätig geworden sei. Auf die im Rahmen des Zulassungsentzugsverfahrens vorgelegte Stellungnahme vom 18.11.1998 wird Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt, dass die Feststellungen im Protokoll zum Teil sinnentstellend wiedergegeben worden seien. Zwischen Herrn Dr. R. sei mündlich vereinbart gewesen, dass dieser die Praxisräume, das Personal und die Geräte zur Verfügung stelle und zunächst die Aufgabe der Verwaltung der Honorareinnahmen übernehmen solle. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSGE 35, 247 f.) seien die Eigentumsverhältnisse nicht maßgeblich. Am Jahresende hätte der Kläger an der Gewinn- und Verlustrechnung beteiligt werden sollen. Da die Zulassung nicht rückwirkend entziehbar sei, könnten die Honorare solange die Zulassung des Klägers wirksam sei, nicht zurückgefordert werden. Zudem seien die Begriffe "freier Beruf" und "Niederlassung in eigener Praxis" nicht legal definiert. Beiden Begriffen sei weder eine Gebots- oder Verbotsnorm zu entnehmen, die geeignet wäre, die zivilrechtlich zulässigen gesellschaftlichen Beziehungen berufsrechtlich nicht anzuerkennen. Im Übrigen seien die Satzung der Beklagten als untergesetzliche Normen aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich. Dies betreffe insbesondere die von der Beklagten behaupteten Anforderungen an die Regelungen der Berufsausübung bei den freien Berufen der Ärzte.

Der Prozessbevollmächtigte beantragt, den Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger nach Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale 2/97 und 3/97 sowie die Rückforderung der entsprechenden Honorare seien zu Recht erfolgt. Der Kläger sei nicht selbständig in freier Praxis tätig gewesen. Es stehe fest, dass dieser sich durch Vorspiegelung falscher Tatsachen die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit erschlichen habe. Auf die ausführliche Darstellung der Abgrenzung zwischen ärztlicher Gemeinschaftspraxis und der Beschäftigung von Ärzten als Arbeitnehmer (Deutsches Ärzteblatt 1990 S. 1388 bis 1390) sei hinzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sei für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft nicht der Wortlaut der Vereinbarung, sondern vorrangig die tatsächliche Vertragsdurchführung maßgeblich. Honorarabführungsverträge gegen Gehaltszahlung wiesen auf ein verdecktes Arbeitnehmerverhältnis hin.

Das Sozialgericht München hat die Akten der Beklagten, die Akten des Zulassungsausschusses (Ruhen der Zulassung), die Akten des Zulassungsentzugsverfahrens und die Akten des Landessozialgerichtes zum Zulassungsentzugsverfahren beigezogen. Im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten und die Sitzungsniederschrift vom 25.06.2002 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zum zuständigen Sozialgericht München (§§ 51, 57 a SGG) erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht die Abrechnung des Klägers für das Quartal 3/97 sachlich-rechnerisch berichtigt und die zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 917.162,61 DM zurückgefordert. Nach Würdigung der Gesamtumstände ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit in freier Praxis nicht ausgeübt hat. Der Kläger ist während seiner Tätigkeit als Laborarzt in der D.Str. in A. als Arbeitnehmer tätig gewesen.

Die Beklagte ist gem. § 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte in der Fassung vom 19.12.1994 und § 34 Abs. 4 Ersatzkassen-Vertrag in der Fassung vom 01.07.1994 für die Prüfung der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zuständig. Abrechnungsfähig sind nur Leistungen, die zur vertragsärztlichen Versorgung gehören und auf der Grundlage der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Bestimmungen erbracht worden sind (§ 3 Abs. 1 des jeweils geltenden Honorarverteilungsmaßstabes). Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe, sondern der Natur nach ein freier Beruf (§ 1 Berufsordnung für die Ärzte Bayerns). Er unterscheidet sich vom Gewerbe dadurch, dass der Arzt seine Tätigkeit in eigener Verantwortung persönlich ausüben muss. Gleiches gilt für die Tätigkeit des Vertragsarztes, die nur eine Ausübungsform des Berufes des frei praktizierenden Arztes ist (BVerfGE 11, 30).

Entscheidend ist, dass der Arzt in der Praxis seine ärztliche Berufstätigkeit in eigener Verantwortung ausführen kann. Es steht zur vollen Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Kläger während der gesamten Tätigkeit als Laborarzt in der D.Str. angestellt war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des Bundessozialgerichtes richtet sich die Abgrenzung der Arbeitsverhältnisse von den Rechtsverhältnissen eines freien Mitarbeiters nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit. Der Arbeitnehmer ist in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert. Die Eingliederung zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist der Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Dabei kann ein Arbeitsverhältnis auch bei Diensten höherer Art gegeben sein, selbst wenn dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit verbleibt, wenn dieser nur in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingegliedert ist. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die mit der Vereinbarung getroffenen Absprachen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSGE v. 19.06.2001, Az.: B 12 KR 44/00 R, S. 3; BSGE v. 18.12.2001, Az.: B 12 KR 8/01 R, S. 3, BAGE 88, 327 bis 340). Im vertragsärztlichen Bereich werden an die persönliche Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in eigener Praxis folgende Anforderungen gestellt: Wesentlich ist, dass der Arzt die unmittelbare Verantwortlichkeit für seine ärztliche Tätigkeit in der Praxis innehat. Dazu muss dem Arzt die Möglichkeit zur Verfügung stehen, über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf. auch über den Einsatz von Hilfspersonal, disponieren oder zum mindesten an der Disposition mitwirken zu können (BSGE v. 16.03.1973, Az.: 6 RKa 23/71). Keinesfalls setzt die Niederlassung in eigener Praxis die Verfügungsgewalt des Eigentümers voraus. Für die Ausübung des ärztlichen Berufes in eigener Praxis ist es unerheblich, ob dem Arzt das Eigentum an dem Gebäude oder Gebäudeteil zusteht, in dem sich die Praxisräume befinden oder wie die Eigentumsverhältnisse an den Geräten oder Materialausstattung der Praxis liegen. Dass dem Kläger die Räume und Geräte im konkreten Fall von Herrn Dr. R., Laborarzt und Geschäftsführer der Laborbetriebsgesellschaft mbH in E., zur Nutzung überlassen worden sind, kann diesem daher nicht zum Nachteil gereichen. Dies setzt weiterhin voraus, dass der Arzt Inhalt und Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmt und insoweit keiner maßgeblichen Einflussnahme durch andere unterliegt (BSGE 59, 64 = SozR 3 5520 § 20 Nr. 1 S. 7).

In Anwendung dieser Rechtsprechung steht nach Würdigung der gesamten Umstände im konkreten Einzelfall für das Gericht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger die vertragsärztliche Tätigkeit nicht persönlich in freier Praxis ausgeübt hat. Die in der Niederschrift des Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken am 10.12.1997 gemachten Aussagen zur tatsächlichen Gestaltung der laborärztlichen Tätigkeit des Klägers, insbesondere die regelmäßige Zahlung des Gehaltes, die Zahlung des Weihnachtsgeldes am Jahresende, die Überweisung des Gehaltes in voller Höhe auf das Konto von Herrn Dr. R. in E. und der zentrale Wareneinkauf über diesen sind Tatsachen, die gegen eine freiberufliche Tätigkeit des Klägers sprechen. Nicht die eingesetzte Arbeitskraft und die tatsächlich erbrachten Leistungen des Klägers bestimmen den wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit, sondern das von Herrn Dr. R. an den Kläger monatlich gezahlte Fixgehalt. Die Zahlung des Fixgehaltes wurde nicht bestritten. Die mündlich getroffenen Vereinbarungen über die Gehaltszahlung und die angebliche Beteiligung an dem Gewinn und Verlust der Praxis am Jahresende sind durch keinerlei Tatsachen bewiesen worden. Es kann dahinstehen, ob eine derartige Verfahrensweise - wie vom Prozessbevollmächtigten vorgetragen - im vertragärztlichen Bereich als zulässig anzusehen wäre, da im konkreten Fall das Aufzeigen eines anderen Ablaufes nicht ausreicht, die ordnungsgemäß protokollierten Tatsachen zu entkräften. Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger keinerlei Einfluss auf den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel hatte. Durch den zentralisierten Wareneinkauf, Bestellungen von Briefbögen und Untersuchungsmaterialien über Herrn Dr. R. hat sich der Kläger wenn auch aufgrund eigener Entscheidung - jeglicher Dispositionsmöglichkeit enthoben. Gegen eine vertragsärztliche Tätigkeit in eigener Praxis spricht auch der Umstand, dass der Kläger für die Nutzung der Geräte und Räumlichkeiten keinen Nachweis für die Zahlung einer angemessenen Miete oder Pacht vorlegen konnte. Er hätte sich, da er die Verhältnisse der Praxis aus seiner Tätigkeit als Dauerassistent kannte, um klare vertragliche Absprachen mit Herrn Dr. R. bemühen müssen. Da er dies zu Beginn seiner Tätigkeit unterlassen hat, hat er zumindestens grob fahrlässig gehandelt. Dass der Kläger gegenüber dem Personal weisungsbefugt gewesen sei, führt zu keiner anderen Einschätzung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes und Bundesarbeitsgerichtes liegt bei Diensten höherer Art auch dann ein Arbeitsverhältnis vor, wenn dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsspielraum, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit verbleibt, wenn dieser in den Betrieb eingegliedert ist. Davon ist die Kammer voll überzeugt. Da der Kläger nicht vertragsärztlich tätig war, ist die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung vollständig entfallen. Für die Frage, ob die Honorarabrechnung unrichtig erstellt und der auf ihr beruhende Honorarbescheid ebenfalls unrichtig, d.h. rechtswidrig ist, hat die Erklärung des Vertragsarztes über die ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung der geltend gemachten Leistungen eine grundlegende Bedeutung. Mit der Abrechnungssammelerklärung erbringt der Vertragsarzt den Nachweis, dass er die Leistungen entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen erbracht hat. Es kann offen bleiben, ob der Kläger vorsätzlich gehandelt hat. Zumindest hat dieser grob fahrlässig gehandelt, da er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Sozialrecht 3-5550 § 35 Nr. 1). Im Ergebnis hat daher die Beklagte den rechtswidrigen Honorarbescheid für das Quartal 3/97 zu Recht aufgehoben und die gezahlten Honorare zurückgefordert.

Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind die im Vertragsarztrecht einschlägigen Begriffe "Niederlassung in eigener Praxis" und "Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit persönlich in freier Praxis" durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes hinreichend konkretisiert worden (Sozialrecht 3-2500 § 95 Nr. 25; BSG-Urteil v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94 S. 67). Nicht alle gesellschaftsrechtlich zulässigen Formen von Zusammenschlüssen sind im Vertragsarztrecht zulässig. Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist rechtlichen Beschränkungen unterworfen. Der Verordnungsgeber hat in § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Zulassungsverordnung für die Vertragsärzte (Ärzte-ZV) die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in Praxisgemeinschaft bzw. Gemeinschaftspraxis grundsätzlich als zulässig angesehen (Sozialrecht 3-5520 § 20 Nr. 1). An der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen bestehen keine Zweifel (Sozialrecht 3-5520 § 33 Nr. 1). Dabei erlaubt der im Privatrecht geltende Grundsatz der Vertragsfreiheit den Ärzten das Nähere über die gemeinsame Berufsausübung - im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen - zu vereinbaren, sofern die gesetzmäßige Durchführung der Versorgung dem nicht entgegensteht. Da eindeutige Normierungen für die vertraglichen Beziehungen unter Vertragsärzten bestehen, sind andere gesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse nicht zulässig. Die Aufhebung und Rückforderung der streitigen Honorarsumme ist nicht deswegen unzulässig, weil nach dem Sachvortrag des Prozessbevollmächtigten die Zulassung nicht rückwirkend entzogen werden kann. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob die Zulassung rückwirkend entzogen werden kann. Entschieden hat das Bundessozialgericht, dass die Zulassung nicht rückwirkend erteilt werden kann (BSG SozR 3- 1500 § 97 Nr. 3 S. 5 ff). Obwohl der Kläger den Zulassungsstatus noch innehat, da ein Sofortvollzug des Zulassungsentzuges weder vom Beklagten noch vom Sozialgericht Nürnberg angeordnet worden ist, ist die Aufhebung des Honorarbescheides und die entsprechende Rückforderung möglich. Mit der Zulassung - einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung - ist das Recht verbunden, Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung mit Wirkung für diese zu behandeln. Davon zu trennen ist die Frage, ob die Honoraranforderungen der Ärzte in voller Höhe vergütet werden. Die Honoraranforderungen der Ärzte werden auf sachliche und rechnerische Richtigstellung überprüft und berichtigt, falls eine Leistung nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehört oder nicht auf der Grundlage der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Bestimmungen erbracht worden ist. Daher ist die Beklagte unabhängig davon, dass der Kläger noch eine schwebend wirksame Zulassung besitzt, zur sachlich-rechnerischen Berichtigung der Abrechnung aus o.g. Gründen befugt gewesen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Das Vertrags- arztrecht unterliegt der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundesgesetzgebers. Dies folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, in dem die Materie der Sozialversicherung genannt ist, die das Vertragsarztrecht mitumfasst (BSGE 82, 55, 59 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 9 S. 41). Auch an der Verfassungsmäßigkeit der Ärzte-ZV bestehen keine Zweifel (BSGE 23, 170; BSGE 20, 52).

Im Ergebnis war daher die Klage gegen die Aufhebung des Honorarbescheides für das Quartal 3/97 und die Rückforderung der bereits erbrachten Leistungen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.
Rechtskraft
Aus
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