S 15 AS 3053/13

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
15
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 15 AS 3053/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 414/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Bescheide vom 6. August und 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2013 sowie die Bescheide vom 5. und 13. Februar 2014 werden geändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 27,88 EUR für November 2013, in Höhe von 135,92 EUR monatlich für Dezember 2013 und Januar 2014 und in Höhe von 135,94 EUR für Februar 2014 zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu vier Fünfteln.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung eines Nebenkostenguthabens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Der Beklagte bewilligte der am 6. Februar 1955 geborenen Klägerin Leistungen mit Bescheid vom 31. Juli 2013 für die Zeit von September 2013 bis Februar 2014 in Höhe von 624,25 EUR monatlich. Dabei berücksichtigt er die Kosten der Unterkunft der Klägerin in tatsächlicher Höhe von 283,75 EUR, die Heizkosten von 98,70 EUR dagegen lediglich in abgesenkter Höhe von 78,50 EUR monatlich. Am 1. August 2013 reichte die Klägerin ihre Betriebskostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2012 vom 29. Juli 2013 ein. Danach hatte sich ein Guthaben von 815,54 EUR ergeben, dass der Klägerin am 26. August 2013 ausgezahlt wurde.

Mit Bescheid vom 6. August 2013 hob der Beklagte den Bescheid vom 31. Juli 2013 teilweise auf und gewährte der Klägerin Leistungen unter Anrechnung des Guthabens in der Weise, dass er das Guthaben auf 6 Monate aufteilte und also von September 2013 bis Januar 2014 monatlich 135,92 EUR anrechnete sowie schließlich 135,94 EUR im Februar 2014. Am 16. August 2013 teilte die Klägerin zunächst mit, dass sich ab September 2013 ihre Heizkostenvorauszahlung auf 70,00 EUR reduzierte. Am 19. August 2013 legte sie sodann Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. August 2013 mit der Begründung ein, dass sie einen Teil des Guthabens aus dem Regelbedarf aufgebracht habe, so dass eine Quotelung vorzunehmen sei. Mit Bescheid vom 12. September 2013 änderte der Beklagte den Bescheid vom 6. August 2013 dahingehend, dass er ab Oktober 2013 die reduzierte Heizkostenvorauszahlung von 70,00 EUR berücksichtigte. Die Anrechnung des Guthabens veränderte er nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2013 wies er dann den Widerspruch zurück. Die Leistungsbewilligung sei nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) teilweise aufzuheben und das Guthaben gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf einen Zeitraum von 6 Monaten gleichmäßig aufzuteilen gewesen, weil der Leistungsanspruch im Monat September 2013 bei vollständiger Anrechnung des Guthabens entfallen würde.

Dagegen hat die Klägerin am 1. Oktober 2013 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben, mit welcher sie die Reduzierung der Anrechnung des Guthabens auf 95,52 EUR monatlich begehrt. Denn nur dieser Betrag sei wirtschaftlich durch den Beklagten erbracht worden.

Mit Bescheid vom 5. Februar 2014 hat der Beklagte eine Änderung der Leistungsbewilligung für Januar und Februar 2014 wegen des erhöhten Regelbedarfs vorgenommen und mit weiterem Bescheid vom 13. Februar 2014 ebenfalls eine Änderung für die Monate Januar und Februar 2014 wegen der Anrechnung einer Mietminderung. Die Anrechnung des Nebenkostenguthabens hat er jeweils nicht verändert.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage nach Hinweis des Vorsitzenden dahingehend erweitert, dass sie die Auszahlung der Leistungen für Dezember 2013 bis Februar 2014 ohne Anrechnung des Nebenkostenguthabens beansprucht.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

die Bescheide vom 6. August und 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2013 sowie die Bescheide vom 5. und 13. Februar 2014 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 40,40 EUR monatlich für die Zeit von September bis November 2013, in Höhe von 135,92 EUR monatlich für die Zeit von Dezember 2013 bis Januar 2014 und in Höhe von 135,94 EUR für Februar 2014 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die in dem Widerspruchsbescheid gegebene Begründung sowie auf die Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt vom 4. Februar 2013 (Blatt 550 der Verwaltungsakte).

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Zulässig ist insbesondere die Erweiterung der Klage in der mündlichen Verhandlung. Denn es handelt sich hierbei um eine Erweiterung des Klageantrages in der Hauptsache gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), so dass es weder darauf ankommt, ob der Beklagte in diese einwilligt noch ob sie sachdienlich ist.

Die Bescheide vom 6. August und 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2013 sowie die Bescheide vom 5. und 13. Februar 2014 sind teilweise rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

Die Klägerin hat Anspruch auf die Gewährung weiterer 27,88 EUR im November 2013, weiterer 135,92 EUR monatlich in den Monaten Dezember 2013 und Januar 2014 und weiterer 135,94 EUR im Februar 2014. Denn in dieser Höhe bzw. in diesen Monaten durfte das Guthaben nicht angerechnet werden. Vielmehr war eine Anrechnung des Guthabens nur in den Monaten September und Oktober 2013 sowie teilweise im November 2013 zulässig. Insofern hat der Beklagte teilweise zu Recht die Leistungsbewilligung mit dem Bescheid vom 31. Juli 2013 geändert.

Die Voraussetzungen des vom Beklagten als Rechtsgrundlage benannten § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X liegen allerdings bezüglich des Bescheides vom 6. August 2013 nicht vor.

Soweit danach in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (Satz 1). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3).

Eine solche Änderung nach Erlass des Bescheides vom 31. Juli 2013 liegt hier nicht vor. § 48 SGB X ist nämlich nur anwendbar, wenn ein ursprünglich rechtmäßiger Verwaltungsakt durch eine Änderung der Verhältnisse rechtswidrig wird. War bereits der ursprüngliche Verwaltungsakt zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig, ist nicht § 48 sondern § 45 SGB X anzuwenden (z. B. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 - B 14 AS 45/09 R, zitiert nach juris Rn. 15 mit weiteren Nachweisen).

Bereits der Bescheid vom 31. Juli 2013 war aber bei seinem Erlass rechtswidrig. Erlassen in diesem Sinne ist ein Verwaltungsakt mit dem Eintritt seiner Wirksamkeit, also gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit seiner Bekanntgabe (Schütze, in: von Wulffen/Schütze, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 31). Da der Bescheid vom 31. Juli 2013 im Inland durch die Post übermittelt wurde, gilt er gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Diesbezüglich findet sich auf dem Abdruck des Bescheides in der Verwaltungsakte (Blatt 486) ein handschriftlicher Vermerk "ab 01.08.13". Die Kammer kann offen lassen, ob damit die Aufgabe zur Post hinreichend dokumentiert ist. Denn selbst wenn man von einer Aufgabe zur Post bereits am 31. Juli 2013 ausginge, würde der Bescheid erst am 5. August 2013, einem Montag, als bekannt gegeben gelten. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits bekannt, dass der Klägerin am 26. August 2013 das Guthaben ausgezahlt werden würde. Entsprechend hätte der Beklagte dieses bei der Leistungsbewilligung mit dem Bescheid vom 31. Juli 2013 berücksichtigen müssen.

Der Bescheid vom 6. August 2013 ist aber gestützt auf § 45 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II und § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) teilweise rechtmäßig. Eine solche Änderung der Rechtsgrundlage von § 48 auf § 45 SGB X ist auch im Klageverfahren noch möglich (z. B. BSG, a. a. O., Rn. 17 mit weiteren Nachweisen). Denn das Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird (BSG, a. a. O.). Das ist bei einem Wechsel von § 48 auf § 45 SGB X nicht der Fall, denn beide Vorschriften haben dasselbe Ziel, die Änderung bzw. Aufhebung eines Verwaltungsaktes (BSG, a. a. O.).

Die Voraussetzungen von § 45 SGB X sind vorliegend erfüllt.

Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 der Vorschrift des § 45 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 2). Gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden.

Ein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X liegt bei der Klägerin nicht vor, weil mit dem Bescheid vom 6. August 2013 nur eine Rücknahme des Bescheides vom 31. Juli 2013 für die Zukunft erfolgt ist. Die Leistungen sind der Klägerin also bisher nicht erbracht worden. Es ist auch weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sie eine Vermögensdisposition getroffen haben könnte, die sie nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könnte. Ferner ist die Frist von 2 Jahren gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X eingehalten.

Schließlich hatte der Beklagte gemäß § 330 Abs. 2 SGB III kein Ermessen auszuüben. Danach handelt es sich um eine gebundene Entscheidung.

Das Guthaben war ab September 2013 auf den Leistungsanspruch anzurechnen. Das folgt aus § 22 Abs. 3 SGB II. Danach mindern Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift.

Die Vorschrift modifiziert für Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Reihenfolge der Berücksichtigung von Einkommen sowie den Zeitpunkt der Berücksichtigung und durch die Zuordnung zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch die Vorschrift über die vom Einkommen abzusetzenden Beträge (BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 139/11 R, Rn. 14). Entscheidend ist insoweit nicht, wie das Einkommen erwirtschaftet wurde, und für welche Zeit die Kosten angefallen sind, sondern allein die Verhältnisse im Zeitpunkt der Berücksichtigung (BSG, a. a. O, Rn. 19). Genauso wie Guthaben, die aus Zeiten stammen, zu denen keine Hilfebedürftigkeit bestand, zu berücksichtigen sind, ist es unerheblich, wer die Zahlungen getätigt hat (BSG, a. a. O.). Dies steht auch im Einklang damit, dass der Beklagte im Gegenzug für Nachzahlungen aus Betriebs- und Heizkostenabrechnungen aufzukommen hat, welche sich auf Zeiträume beziehen, in denen Leistungen nach dem SGB II nicht beantragt waren und Hilfebedürftigkeit nicht bestand (BSG, a. a. O, Rn. 20). Spiegelbildlich ist für Rückerstattungen allein der Zeitpunkt der Berücksichtigung maßgeblich (BSG, a. a. O.). Wurden nur abgesenkte Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht, mindern Betriebskostenerstattungen den Leistungsanspruch in dem bzw. den folgenden Monaten allerdings nur um den Betrag, der nach ihrer Anrechnung auf die tatsächlich aufgebrachten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung verbleibt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 83/12 R, Rn. 11).

Nach anderer Auffassung soll zwar eine Heizkostenrückerstattung dann nicht nach § 22 Abs. 3 SGB II auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung anzurechnen sein, wenn der Grundsicherungsträger die Heizkosten nur in angemessener Höhe übernommen hat und der Rückerstattungsbetrag vom Hilfebedürftigen allein aus dem Regelbedarf erbracht worden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 164/14, zitiert nach juris Rn. 21 ff.). Dem stehe neben dem Sinn und Zweck der Regelung auch der Wortlaut des § 22 Abs. 3 SGB II in der ab dem 1. April 2011 geltenden Fassung entgegen (LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O., Rn. 24 f.).

Diese Auffassung überzeugt die Kammer aber nicht. Denn mit der Änderung des Wortlauts von § 22 Abs. 3 SGB II war keine inhaltliche Änderung gegenüber der Vorgängervorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II alte Fassung beabsichtigt, was im Übrigen auch von der Gegenauffassung eingeräumt wird (siehe LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O., Rn. 24). Dann erscheint eine abweichende Auslegung zur vorherigen Fassung nicht gerechtfertigt. Da die Vorschrift nur eine Modifikation der Reihenfolge der Berücksichtigung als Einkommen sowie des Zeitpunkts der Berücksichtigung und der abzusetzenden Beträge enthält (BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 139/11 R, Rn. 14), lässt sie nach ihrem Sinn und Zweck gerade keinen Rückschluss darauf zu, ob es sich bei einem Guthaben überhaupt um Einkommen handelt oder nicht.

Eine Reduzierung des Guthabens um den Betrag, den die Klägerin aus ihrem Regelbedarf aufgebracht hat, ist danach nicht vorzunehmen. Vielmehr wurde der Klägerin das Guthaben im August 2013 ausgezahlt, so dass es ab dem Folgemonat September 2013 und den nachfolgenden Monaten auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung anzurechnen ist. Dabei ist das Guthaben auf die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung anzurechnen.

Allerdings ist der Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Guthaben gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf einen Zeitraum von 6 Monaten gleichmäßig aufzuteilen ist. Zwar ist danach eine einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von 6 Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen, wenn der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat entfiele. Schon nach ihrem Wortlaut ist diese Vorschrift indes nicht anwendbar. Denn gemäß § 22 Abs. 3 SGB II ist das Guthaben von vornherein nur auf die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anzurechnen. Der hier der Klägerin in jedem Monat gewährte Regelbedarf verbleibt ihr damit selbst bei vollständiger Anrechnung des Guthabens. Zudem würde eine Anwendung dem Sinn und Zweck von § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II widersprechen. Die Vorschrift dient der Vermeidung praktischer und sozialversicherungsrechtlicher Probleme für die Leistungsberechtigten, die mit dem kurzzeitigen Wegfall des Leistungsanspruchs verbunden wären (Schmidt, in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 11 Rn. 8). So wären insbesondere hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherung eine Abmeldung von Seiten des Jobcenters und eine freiwillige Versicherung der Leistungsberechtigten notwendig. Derartige Probleme können aber bei einem bloßen Wegfall des Bedarfs für Unterkunft und Heizung jedenfalls dann nicht auftreten, wenn, wie vorliegend, weiterhin Anspruch auf den Regelbedarf besteht.

Nach Auffassung der Kammer ist das Guthaben vielmehr so aufzuteilen, dass es zunächst im September 2013 auf die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anzurechnen ist, bis diese vollständig entfallen. Der Restbetrag des Guthabens ist im Oktober 2013 in gleicher Weise anzurechnen und der dann verbleibende Rest noch im November 2013.

Vor diesem Hintergrund überzeugt die Kammer die Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt vom 4. Februar 2013 nicht. Das Ministerium befürwortet in seiner Stellungnahme zwar eine Anrechnung unter Anwendung von § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II, setzt sich aber nicht damit auseinander, dass die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar ist und eine Anwendung ihrem Sinn und Zweck widersprechen würde. Stattdessen verweist das Ministerium ausschließlich darauf, dass eine Anrechnung nicht nur im Folgemonat, sondern bei übersteigendem Guthaben auch in den nachfolgenden Monaten erfolgen müsse. Das ist zwar zutreffend, geht aber an der Sache vorbei. Denn damit übersieht das Ministerium die nach Auffassung der Kammer rechtlich zutreffende Anrechnungsmethode in der Weise, dass das Guthaben jeweils in dem und den folgenden Monaten bis zur vollständigen Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angerechnet wird.

Die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin haben ab September 2013 283,75 EUR Kosten der Unterkunft und 70,00 EUR Heizkosten, insgesamt also 353,75 EUR, betragen. Durch die Anrechnung des Guthaben von 815,54 EUR werden diese Aufwendungen im September und Oktober 2013 vollständig aufgebraucht. Im November 2013 war dann noch eine Anrechnung von (815,54 EUR - 353,75 EUR - 353,75 EUR =) 108,04 EUR zulässig. Da der Beklagte auch im November 2013 135,92 EUR angerechnet hat, besteht für die Klägerin in diesem Monat Anspruch auf weitere (135,92 EUR - 108,04 EUR =) 27,88 EUR. Mit der Anrechnung der 108,04 EUR im November 2013 war das Guthaben dann vollständig aufgebraucht, so dass ab Dezember 2013 keine Anrechnung mehr erfolgen durfte. Damit hat die Klägerin Anspruch auf weitere Leistungen in Höhe der vom Beklagten in diesen Monaten vorgenommenen Anrechnung des Guthabens, also in Höhe von 135,92 EUR monatlich im Dezember 2013 und Januar 2014 und in Höhe von 135,94 EUR im Februar 2014.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Die Klägerin hat die Gewährung weiterer 40,40 EUR monatlich im September und Oktober 2013 sowie die Gewährung weiterer (40,40 EUR - 27,88 EUR =) 12,52 EUR im November 2013 beansprucht. Das ergibt einen insgesamt streitigen Betrag von (40,40 EUR × 2 Monate + 12,52 EUR + 27,88 EUR + 135,92 EUR × 2 Monate + 135,94 EUR =) 528,98 EUR. Obsiegt hat die Klägerin in Höhe von 435,66 EUR, was ca. vier Fünfteln des insgesamt streitigen Betrages entspricht.

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht bereits kraft Gesetzes zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes weder für die Klägerin noch für den Beklagten 750,00 EUR übersteigt.

Die Kammer hat die Berufung aber gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil sie der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst. Denn es ist nach wie vor umstritten, ob das Guthaben nicht anzurechnen ist, wenn es (teilweise) aus dem Regelbedarf aufgebracht worden ist. Dazu ist aktuell ein Revisionsverfahren zum Aktenzeichen B 14 AS 56/15 R beim BSG anhängig.
Rechtskraft
Aus
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