L 3 RS 21/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 988/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RS 21/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 5/18 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) mit den dazugehörigen Entgelten.

Der am ... 1946 geborene Kläger ist ausweislich der Urkunde der Ingenieurschule für Maschinenbau B. (Erzgebirge) vom 23. Juli 1971 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Ausweislich seines Sozialversicherungsausweises war er vom 20. bis 27. September 1971 als Operativtechnologe beim VEB Kombinat K. (S.) und danach vom 28. September 1971 bis zum 31. Januar 1975 als Mitarbeiter Realisierung bzw. als Technologe beim VEB Kali- und Steinsalzbetrieb "S." (Werk St.) beschäftigt. Danach arbeitete er vom 3. Februar 1975 bis mindestens zum 30. Juni 1990 als Technologe beim VEB Stahlbau St ... Eine schriftliche Versorgungszusage zu einem Zusatzversorgungssystem erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.

Bereits mit Bescheid vom 16. März 2009 hatte die Beklagte die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech mit der Begründung abgelehnt, der VEB Stahlbau St. erfülle die betriebliche Voraussetzung für eine Einbeziehung nicht.

Am 25. Februar 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung der Ablehnung der Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech. Zur Begründung führte er aus, der VEB Stahlbau St. sei bis zum 30. Juni 1990 ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Danach sei das Unternehmen als Stahlbau St. GmbH & Co. KG als Produktionsbetrieb fortgeführt worden. Das Produktionsprogramm bis zum 30. Juni 1990 habe u.a. die Herstellung von Kohlebunkern, Förderbändern, tragenden Stahlskelettkonstruktionen für die chemische Industrie (B. und L.) sowie die Herstellung und Montage von Signalauslegern und Signalbrücken für die damalige Deutsche Reichsbahn beinhaltet. Als Stahlbau-, Montage- und Schweißtechnologe sei er für die Abläufe verantwortlich gewesen. Er habe die Arbeitsprozesse festgelegt, und zwar einschließlich der Frage, welche Bauteile in welcher Reihenfolge zu einem größeren Bauteil zusammen zu bauen gewesen seien. Dies habe auch die Schweißtechnologie der entsprechenden Teile (Reihenfolge und Stärke der Schweißarbeiten) betroffen. Ein ganz besonderes Aufgabengebiet, welches ein hohes technisches Wissen vorausgesetzt habe, sei die Montage von Signalauslegern und Signalbrücken gewesen. Hier habe als erstes die Munitionsfreigabe erbracht werden müssen, d.h. es habe geprüft werden müssen, ob eventuell noch Munitionsrückstände aus dem Zweiten Weltkrieg vorhanden gewesen seien. Als nächstes sei unter dem Aspekt der technischen Realisierbarkeit und der Kosten die Ausführung der Fundamente festgelegt worden. Hier seien Ramm- und Bohrpfahl sowie Schwerlastfundamente einschließlich Sonderausführungen zum Einsatz gekommen. Nach der Fertigstellung der Fundamente seien die im VEB Stahlbau St. gefertigten Signalbrücken vor Ort montiert worden. Die Bauteile seien bis zu 36 m lang gewesen und hätten ein Gewicht von bis zu 30 t gehabt. Die Montagen hätten immer wieder hohe technische Herausforderungen dargestellt. Als Technologe bzw. Projektleiter sei er in über 40 Projekten fest eingebunden gewesen.

Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 24. März 2011 ab. Der VEB Stahlbau St. sei der Wirtschaftsgruppe 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) zugeordnet gewesen. Diesem Betrieb habe weder die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung oder Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, der VEB Stahlbau St. habe darüber hinaus z.B. Lichtgitterroste in der Serienfertigung mit einem Umfang von 1.100 t im Jahr hergestellt und sei somit einer der drei wichtigsten Produzenten in der DDR gewesen. Er fügte ein Schreiben der Stahlbau St. GmbH & Co. KG (ohne Datum), unterschrieben von M. P. (jetzt: H.) bei. Dort ist ausgeführt, der VEB Stahlbau St. sei bis zum 30. Juni 1990 ein volkseigener produzierender Betrieb gewesen. Das Produktionsprofil habe aus der Konstruktion sowie Fertigung und Montage von Kohle- und Getreidebunkern, Förderanlagen, Signalauslegern und -brücken, Krananlagen, Stahlskelettkonstruktionen für die chemische Industrie, technischen Ausrüstungen sowie Zapfstellenbehältern bestanden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. August 2011 als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 7. September 2011 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Der VEB Stahlbau St. sei ein volkseigenes produzierendes Unternehmen mit 80 Mitarbeitern gewesen. Der Betrieb habe vier Fertigungshallen gehabt. Die erste Halle, die so genannte Gitterrosthalle, sei ca. 600 m² groß gewesen. Hier seien in Serienproduktion jährlich ca. 5.000 t Gitterroste bzw. Gitterroststufen gefertigt worden. Produktionszeitraum seien die Jahre 1960 bis 1995 gewesen. In der zweiten Fertigungshalle, die ca. 400 m² groß gewesen sei, sei die Herstellung von Zapfstellenbehältern aus Edelstahl (Volumen 500 bzw. 1.000 l pro Behälter) erfolgt, welche dann in Bierkellern von Gaststätten, Hotels und Interhotels aufgestellt und von großen Brauereien befüllt worden seien. Die dritte Halle, die sogenannte Farbgebungshalle, sei ca. 800 m² groß gewesen. Hier sei die Konservierung von Bauteilen durchgeführt worden. Diese Bauteile seien nach technischem Regelwerk gesandstrahlt (Säuberungsgrad 2,5) und mit dem entsprechenden Grund-, Zwischen- und Deckanstrich beschichtet worden. Die vierte Halle sei ca. 2.500 m² groß gewesen. In dieser Halle seien Stahlkonstruktionen, Stahlhochbaukonstruktionen und Leuchtmasten gefertigt worden. Diese Halle sei mit drei Hallenkränen, mit deren Hilfe Bauteile mit einem Gewicht von bis zu 25 t transportiert, zusammengebaut und geschweißt werden konnten, ausgerüstet gewesen. Leuchtmasten mit einem bis fünf Auslegern für die Industrie, Gemeinden und Städte seien vor Ort gefertigt worden. Des Weiteren seien hier für Heizkraftwerke, Kohlebunker und für die Getreideindustrie Silos gefertigt worden. Das Auftragsvolumen habe mehrere 100 t pro Auftrag betragen. So sei für das Öl- und Margarinewerk W.e eine Siloanlage mit ca. 600 t Stahl gefertigt worden. So genannte Kranbahnanlagen bis zu einer Länge von 150 m seien für u.a. für die Deutsche Reichsbahn, die chemische Industrie und Kraftwerke hergestellt worden. Ein sehr wichtiger Fertigungszweig sei die Herstellung von Signalauslegern und -brücken für die Deutsche Reichsbahn gewesen. Diese Bauteile seien seit 1975 im VEB Stahlbau St. gefertigt worden, 250 Signalausleger bzw. 35 Signalbrücken bis 1990. Die Bauteile hätten eine Länge von bis zu 34 m (über sechs Eisenbahngleise) und eine Schwere von 32 t erreicht. Die Mitarbeiter seien wöchentlich vom Zentralinstitut der Schweißtechnik in H. und vom Güteprüfdienst der Deutschen Reichsbahn überwacht worden. Der Schweißingenieur im VEB Stahlbau St. und die eingesetzten Schweißer hätten die entsprechende Sonderzulassung für die Herstellung dieser Bauwerke gehabt. Der VEB Stahlbau St. sei ausdrücklich zur Ausführung von Schweißarbeiten zugelassen gewesen. Er habe auch ein ungefähr 1.500 m² großes Materialfreilager zur Lagerung aller benötigten Fertigungsmaterialien gehabt. Ein Konstruktionsbüro mit acht Mitarbeitern habe ebenfalls zum VEB Stahlbau St. gehört. Neben dem Metallleichtbaukombinat P. sei der VEB Stahlbau St. der zweitgrößte Hersteller von Gitterrosten in der ehemaligen DDR gewesen. Dieser habe dem Stahlbauverband angehört und sei kein Reparaturbetrieb gewesen. Hauptzweck des VEB Stahlbau St. sei die industrielle Fertigung, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern gewesen. Als Mitglied des VEB Kombinat Öl und Margarine M. sei der VEB Stahlbau St. verpflichtet gewesen, für die Betriebe des Kombinates Stahlbaumaterial bereitzustellen. Die Lieferung des Stahlbaumaterials an das Kombinat habe einen Anteil von 2 Prozent vom Jahresumsatz des VEB Stahlbau St. gehabt. Durch die Zugehörigkeit des VEB Stahlbau St. zum Kombinat Öl und Margarine M. habe sich das Produktionsprofil des VEB Stahlbau St. nicht geändert. In der DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 der Stahlbau St. GmbH sei Folgendes ausgeführt: "Gegenstand des Unternehmens ist gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages insbesondere die Herstellung und der Vertrieb von Stahl- und Stahlhochbaukonstruktionen, Leuchtenmasten, Behälterbau und Gitterrosten einschließlich Korrosionsschutz sowie Projektierungs- und Konstruktionsleistungen und Montagen.". Eine entsprechende Beschreibung ergebe sich aus dem Handelsregister. Darüber hinaus hat der Kläger eine schriftliche Erklärung des (ehemaligen) Geschäftsführers der Stahlbau St. Industriebau GmbH, L. H., vom 14. März 2012 eingereicht. Diesbezüglich wird auf Blatt 48 f. der Gerichtsakten verwiesen. Außerdem hat der Kläger Erklärungen des ehemaligen Leiters der Konstruktionsabteilung im VEB Stahlbau St. H. J. vom 2. März 2012, des Produktionsleiters des VEB Stahlbau St. E. D. vom 4. Mai 2012, des Betriebsleiters der Stahlbau St. Industriebau GmbH I. B. vom 8. Mai 2012 und des Geschäftsführers der Zink Power C. GmbH & Co. KG A. K. ebenfalls vom 8. Mai 2012 übersandt. Diesbezüglich wird auf Blatt 56 ff. der Gerichtsakten verwiesen.

Mit Urteil vom 26. Juni 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der VEB Stahlbau St. sei weder ein volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch ein gleichgestellter Betrieb gewesen. Ausweislich der Einlassungen des Klägers selbst und der vorliegenden Unterlagen sei der verfolgte Hauptzweck des Betriebes nicht auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern im eigenen Betrieb ausgerichtet gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse die industrielle (massenhafte) Fertigung von Sachgütern dem Betrieb das Gepräge gegeben haben. Dies sei für den VEB Stahlbau St. nicht festzustellen gewesen. Eine "massenhafte" Herstellung von Produkten könne nach Aktenlage nur für den Bereich Gitterroste angenommen werden. Das übrige Produktionsprogramm des VEB Stahlbau St. erfülle diese Anforderungen offensichtlich nicht.

Gegen das ihm am 9. Juli 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Juli 2014 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. In dem VEB Stahlbau St. habe eine massenhafte Herstellung von Gitterrosten bzw. Gitterroststufen in Serienproduktion stattgefunden. Die Erstellung von Gitterrosten habe über 50 Prozent der Jahresproduktion ausgemacht. Dies habe der Geschäftsführer des Nachfolgebetriebes, L. H., bestätigt. Ihm, dem Kläger, sei aus seiner Tätigkeit bekannt, dass der Umfang der Massenproduktion von Gitterrosten wohl sogar 65 bis 70 Prozent der Jahresproduktion des Betriebes ausgemacht habe. Damit habe dieser Teil der Produktion dem Betrieb das Gepräge gegeben. Weiter hat der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen, bei dem VEB Stahlbau St. habe es sich um einen so genannten Mischbetrieb gehandelt. Zu 23 Prozent sei allgemeiner Stahl- und Stahlhochbau erfolgt. 10 Prozent der Tätigkeiten des VEB Stahlbau St. hätten den Neubau von Signalauslegern und -brücken für die Deutsche Reichsbahn und 1,5 bis 2 Prozent Reparaturleistungen für das ehemalige Kombinat Öl und Margarine M. beinhaltet. Der VEB Stahlbau St. sei 1959 gegründet worden. Bereits im Jahr 1960 habe die Hauptproduktion aus der Fertigung von Gitterrosten und Gitterroststufen bestanden. Diese Produktion habe bereits zu diesem Zeitpunkt über 50 Prozent der Jahresproduktion ausgemacht. Der VEB Stahlbau St. sei damit zweitgrößter Hersteller von Gitterrosten in der ehemaligen DDR gewesen. Folgende Bezirke seien vom VEB Stahlbau St. beliefert worden: M., H., L., S., E., Sch. und R ... Durch die Zwangsintegration des VEB Stahlbau St. in das Kombinat Öl und Margarine M. im Jahre 1984 habe sich das Produktionsprofil nicht geändert. Zu 98 Prozent habe die Produktion des VEB Stahlbau St. aus Neuanfertigung und nicht aus Reparaturleistungen bestanden. Der Kläger hat noch eine Erklärung von M. P. (jetzt H.) vom 20. August 2014 (Blatt 194 der Gerichtsakten) und diverse Fotos, derentwegen auf die Beiakte zu Blatt 118 der Gerichtsakten verwiesen wird, übersandt. Des Weiteren hat der Kläger den Bericht über die DM-Eröffnungsbilanz der Stahlbau St. GmbH zum 1. Juli 1990 sowie zwei Sozialversicherungsausweise im Original übersandt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Juni 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2011 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 16. März 2009 zurückzunehmen und den Zeitraum vom 3. Februar 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat vom Landesarchiv Sachsen-Anhalt die Gründungsanweisung zum VEB Stahlbau St. vom 21. April 1972 sowie Bilanzunterlagen aus den Jahren 1988 und 1990, Bearbeiter: P., beigezogen. Diesbezüglich wird auf Blatt 132 bis 145 der Gerichtsakten verwiesen. Darüber hinaus hat der Senat die Unterlagen aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft (Staatliches Vertragsgericht beim Ministerrat, Bezirksvertragsgericht M.) vom Zentralregistergericht des Landes Sachsen-Anhalt in S. beigezogen. Diesbezüglich wird auf Blatt 148 bis 171 der Gerichtsakten verwiesen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die ehemalige Hauptbuchhalterin des VEB Stahlbau St., M. H. (vormals P.), als Zeugin vernommen. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussage wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Senats vom 11. Januar 2018 verwiesen.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakten (zwei Bände) sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 16. März 2009.

Soweit sich nach § 44 SGB X im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, zurückzunehmen. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, denn der vorgenannte Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in die AVItech.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), sodass das AAÜG auch in diesen Fällen Geltung beansprucht (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 5 RS 4/09 R -, juris, RdNr. 11). Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2 S. 11).

Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR, Nr. 93, S. 844, im Folgenden: VO-AVItech) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR, Nr. 62, S. 487 - im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 27/12 R -, juris, RdNr. 14).

Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für

Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und

die entsprechende Tätigkeiten tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar

in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Der Kläger ist seit dem 23. Juli 1971 berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen, und erfüllt damit die persönliche Voraussetzung für die Einbeziehung in die AVItech. Es ist auch davon auszugehen, dass er eine seiner Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet und damit die sachliche Voraussetzung für die Einbeziehung erfüllt hat. Er war jedoch am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig.

Versorgungsrechtlich relevant ist allein die Tätigkeit in einem Produktionsdurchführungsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. An dieser Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hat der jetzt zuständige 5. Senat des BSG festgehalten (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R -, juris, RdNr. 24; Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R -, juris, RdNr. 23; Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R -, juris, RdNr. 24, 25).

Der Begriff des Produktionsbetriebs der Industrie erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gegeben hat (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R -, juris, RdNr. 24). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte. Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen. Nur eine derartige Massenproduktion im Bereich der Industrie oder des Bauwesens war für eine Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech von maßgeblicher Bedeutung (BSG, Urteile vom 23. August 2007 - B 4 RS 23/06 R -, und vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R -, beide juris). Merkmal einer industriellen Massenproduktion ist, dass Sachgüter im Hauptzweck industriell (d.h. serienmäßig wiederkehrend, vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R -, juris) gefertigt werden. Massenproduktion ist auf die standardisierte und automatisierte Herstellung einer potentiell unbestimmten Zahl von Sachgütern gerichtet. Die Anzahl der produzierten Güter ist nicht von entscheidender Bedeutung. Auch Kleinserien können zur Massenproduktion gehören, wenn diese zwar in einer theoretisch unbestimmten Vielzahl zur Verfügung stehen könnten, aber der Markt nur wenige oder im Extremfall ein einziges Gut abnimmt (BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R -, juris, RdNr. 24). Der Zusammenbau der hergestellten Güter muss mehr oder weniger schematisch anfallen und das Produkt muss einer vom Hersteller standardmäßig angebotenen Palette entsprechen. Dabei kann es sich um nach Art, Aussehen und Bauweise identische Produkte handeln. Darunter können aber auch Sachgüter fallen, die aus mehreren - ihrerseits standardisiert und automatisiert hergestellten - Einzelteilen zusammengesetzt und Teil einer einseitig und abschließend allein vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette sind (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R -, juris, RdNr. 26). Dann kann auch der Zusammenbau von Einzelteilen zu einem fertigen Produkt Teil der industriellen Produktion einschließlich des Bauwesens sein (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R -, juris, RdNr. 24). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Bauteile im eigenen oder in einem Drittbetrieb angefertigt worden sind. Maßgebend ist vielmehr, ob auch die Herstellung des Endprodukts durch den Zusammenbau von Bauteilen mehr oder weniger schematisch erfolgt (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R -, juris, RdNr. 24).

Wenn allerdings Gebrauchtteile mit verbaut werden, liegt keine industrielle Massenproduktion vor. Auch wenn individuelle Kundenwünsche in den Vordergrund treten, ist bei einem solchen Zusammenbau der Bezug zu industriellen Massenproduktion entfallen. Dies gilt etwa dann, wenn die Produktionsweise eines Betriebs von vornherein darauf angelegt ist, allein den Vorgaben des Auftraggebers entsprechend Einzelstücke herzustellen, die in einer vorgegebenen Produktpalette so nicht enthalten sind. Dies kann etwa beim Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf die besondere Anforderung des Auftraggebers gefertigten Produkts vorliegen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 -, juris, RdNr. 23). Werden jedoch Produkte zwar nach individuellen Vorgaben gefertigt, sind diese aber in einer vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette enthalten, ist die Eigenschaft als Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens nicht gefährdet (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R -, juris, RdNr. 24, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R -, juris, RdNr. 27).

Hat ein VEB am Stichtag verschiedene Sparten und Produktionsgruppen gehabt, so sind der Hauptzweck des Betriebs und der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit zu ermitteln. Im Rahmen einer "Geprägeprüfung" sind die jeweiligen Sparten oder Produktionsgruppen nach jeweils einheitlichen Maßstäben zu bewerten und zueinander in Beziehung zu setzen. Dies können etwa Umsatz und Ertrag in den jeweiligen Tätigkeitsbereichen sein (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R -, juris, RdNr. 27). Bei dem Kriterium der Kopfzahl der Mitarbeiter ist zu beachten, dass diese nicht automatisch auf ein entsprechendes Arbeitsvolumen und einen Anteil an der Wertschöpfung schließen lässt (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R -, juris, RdNr. 26). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nach der Rechtsprechung des BSG ebenfalls nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion standardisierter Produkte im Baubereich bestand (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R -, juris, RdNr. 23).

Der Kläger war am 30. Juni 1990 beim VEB Stahlbau St. beschäftigt. Dies ergibt sich aus den Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis. Dieser selbstständige VEB war der maßgebliche Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn, worauf es nach der Rechtsprechung des BSG ankommt (Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R -, juris, RdNr. 32). Er war aber kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB.

Eine "massenhafte" Herstellung von Produkten kommt hier allenfalls für den Bereich Gitterroste in Betracht. Die Behauptung des Klägers, die massenhafte Serienherstellung von Gitterrosten habe dem Betrieb das Gepräge gegeben, da diese mindestens oder sogar mehr als 50 Prozent der Produktion betragen habe, ist zur Überzeugung des Senats aber nicht hinreichend belegt. Denn es ist schon offen, inwieweit es sich bei den Gitterrosten um standardisierte Produkte einer vorgegebenen Produktpalette handelte oder ob darunter nicht auch individuelle, an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Auftragsarbeiten fielen. Gegen eine standardisierte, serielle Massenproduktion spricht die hohe Anzahl an verschiedenen Größen im Angebot. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, dass der Betrieb 70 bis 80 Größen angeboten habe. Zudem stammt das von ihm eingereichte Produktblatt "Gitterroste" nicht aus der umstrittenen Zeit, sondern - wie der dort aufgedruckten Betriebsbezeichnung "Stahlbau St. GmbH & Co. KG" zu entnehmen ist - aus der Zeit nach dem 30. Juni 1990. Der im Produktblatt verwendete Werbeslogan "Maßgeschneidert und individuell" zeigt zudem an, dass jedenfalls der Nachfolgebetrieb des hier in Rede stehenden VEB Stahlbau St. individuelle Lösungen angeboten hat.

Bei dem VEB Stahlbau St. handelte es sich - auch nach Einschätzung des Klägers selbst - um einen Mischbetrieb, der sich auf vielen unterschiedlichen Feldern betätigte. Die vorliegenden Unterlagen geben keinen sicheren Aufschluss darüber, wo der Schwerpunkt der betrieblichen Aktivitäten lag. Es lässt sich nicht erkennen, welche Betriebssparte das Betriebsprofil prägte bzw. in welchem Maße welche Bereiche des Betriebes hauptsächlich zur Wertschöpfung beitrugen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die Produktion der Gitterroste von klägerischer Seite erst im Verlauf des Verfahrens in den Vordergrund gerückt wurde. In den - wohl noch unbefangenen - Bekundungen des Klägers im Verwaltungsverfahren spielte die Gitterrostproduktion keine Rolle. Vielmehr hat der Kläger - wie im Tatbestand dargelegt - ausführlich die übrigen Bereiche der Herstellung von Kohlebunkern, Förderbändern, Hallenkonstruktionen, Signalauslegern und -brücken geschildert. Insoweit wird auf die Erläuterung des Klägers vom 24. Februar 2011 (Blatt 8 der Verwaltungsakte der Beklagte) verwiesen. Das Gleiche gilt für die von der Zeugin H. - noch unter ihrem früheren Namen P. - unterschriebene, am 4. April 2011 vom Kläger bei der Beklagten eingereichte Bescheinigung (Blatt 23 der Verwaltungsakte der Beklagten). Diese steht in deutlichem Gegensatz zu der schriftlichen Bestätigung der Zeugin H. vom 20. August 2014 (Blatt 194 der Gerichtsakten), nach der die Gitterrostproduktion 65 Prozent des Jahresumsatzes des VEB Stahlbau St. - bezogen auf 1989/90 - ausgemacht haben soll. Eine plausible Erklärung für diese Diskrepanz hat die Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geben können. Ihre Aussage, sie habe gedacht, es sei in erster Linie auf den Stahlbau angekommen, überzeugt den Senat vor dem Hintergrund des angeblichen Anteils von 65 Prozent Umsatz bei der Gitterrostproduktion nicht. Außerdem hat die Zeugin den Wert von 65 Prozent in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugend begründen können. Sie hat lediglich ausgeführt, dies sei ein Erfahrungswert, den sie jetzt nicht konkret belegen könne.

Auch die Mitarbeiterzahl spricht indiziell dagegen, dass die Gitterrostproduktion dem VEB Stahlbau St. das Gepräge gegeben hat. Die Zeugin H. hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, von den insgesamt 78 Mitarbeitern seien 15 in der Gitterrostproduktion, 25 bis 30 im Stahlbau, 20 in der Verwaltung, fünf im Versand, drei in der Reparatur und Instandhaltung und einer in der Küche beschäftigt gewesen. Außerdem habe der Betrieb noch einen LKW-Fahrer beschäftigt. Der Anteil der Beschäftigten in der Gitterrostproduktion betrug damit weniger als 20 Prozent.

Die Einstufung in das Statistische Betriebsregister der DDR mit der Schlüsselziffer 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) ist ein weiteres Indiz, das gegen einen Betrieb spricht, dem die serielle Massenproduktion das Gepräge gegeben hat. Das gleiche gilt für das Aufgabensektrum der Rechtsnachfolgerin des VEB Stahlbau St., der Stahlbau St. GmbH. Gegenstand dieses Unternehmens sollte gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages insbesondere die Herstellung und der Vertrieb von Stahl- und Stahlhochbaukonstruktionen, Leuchtenmasten, Behälterbau und Gitterrosten einschließlich Korrosionsschutz sowie Projektierungs- und Konstruktionsleistungen und Montagen sein. In dieser Beschreibung wird die Vielseitigkeit des Aufgabenspektrums des Betriebes deutlich, was gegen einen Schwerpunkt in der seriellen Herstellung von Gitterrosten spricht.

Der VEB Stahlbau St. war auch kein einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Denn er lässt sich keinem der dort genannten Betriebstypen zuordnen. Die Liste der aufgezählten gleichgestellten Einrichtungen ist abschließend (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 23/04 -, juris, RdNr. 19).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.
Rechtskraft
Aus
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