Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 RA 370/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 154/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) hat.
Der ...geborene Kläger erwarb ausweislich einer Urkunde der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft Magdeburg vom 27. Juli 1979 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieur für Wasserwirtschaft zu führen. Von September 1979 bis Juli 1987 war er beim VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Halle und anschließend von Juli 1987 bis mindestens Juni 1990 beim VEB Gebäudewirtschaft Dessau tätig. Eine schriftliche Versorgungszusage hat er während des Bestehens der DDR nicht erhalten.
Im Februar 2004 beantragte er die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech. Diesen Antrag lehnte die Beklagte – bezogen auf den Zeitraum vom 1. September 1979 bis 30. Juni 1990 – mit Bescheid vom 5. April 2004 mit der Begründung ab, dass Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sei nicht anwendbar, weil der VEB Gebäudewirtschaft Dessau kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben v. 24.5.51 (GBl. der DDR S. 487) sei. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch: Jedenfalls die Zeit von September 1979 bis Juni 1987 sei anzuerkennen, weil der VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Halle (Betriebsteil Dessau) als Versorgungsbetrieb und damit als gleichgestellter Betrieb im Sinne der 2. DB anzusehen sei. Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2004 zurück, indem sie sich der Begründung im Ausgangsbescheid anschloss.
Dagegen erhob der Kläger mit einem am 17. November 2004 beim Sozialgericht Dessau eingegangenen Schriftsatz Klage, die er auf den Zeitraum von September 1979 bis Juni 1987 beschränkte: Die in diesem Zeitraum erworbenen Ansprüche auf eine Zusatzversorgung seien nicht mit seinem Ausscheiden aus dem VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Halle erloschen.
Mit Urteil vom 28. April 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Kläger sei am maßgeblichen 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder in einem einem solchen Betrieb gleichgestellten Betrieb im Sinne der 2. DB beschäftigt gewesen.
Gegen das ihm am 25. Mai 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 14. Juni 2005 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Es sei unzutreffend, dass es für die Frage der Anwendbarkeit des AAÜG allein auf die am 30. Juni 1990 ausgeübte Beschäftigung ankomme. In der Zeit bis 1987 sei eine Anwartschaft auf Zusatzversorgung erworben worden. Auf die Tätigkeit bis zum Stichtag komme es deshalb nicht an.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 28. April 2005 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2004 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 1. September 1979 bis zum 30. Juni 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat die beim Amtsgericht Stendal vorhandenen Unterlagen zum VEB Gebäudewirtschaft Dessau beigezogen und den Beteiligten übersandt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 7. Oktober 2005, Schriftsatz der Beklagten vom 13. Oktober 2005).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (Vers.-Nr ...) verwiesen. Diese haben bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2004 den Kläger im noch angefochtenen Umfang nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung durch Gesetz vom 21.6.05 (BGBl. I S. 1672) keinen Anspruch auf die beantragte Feststellung für seine ausgeübten Tätigkeiten. Er unterfällt nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht dem Anwendungsbereich des AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach § 1 Abs. 2 AAÜG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG angehörte.
Dem Kläger ist für die strittige Zeit nicht durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung die entsprechende Versorgung zugesagt worden.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 AAÜG im Wege der Unterstellung (ständige Rechtsprechung, z.B. Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 8) vorliegen kann. Der Kläger fällt nämlich für den streitigen Zeitraum nicht unter den in dieser Rechtsprechung enthaltenen Rechtssatz (Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R – SozR 4 – 8570 § 1 Nr. 1), wonach ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage bestanden haben muss. Denn zu diesem Zeitpunkt erfüllte er nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems.
Der Senat teilt die Auffassung, wonach zumindest am 30. Juni 1990 noch ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage bestanden haben muss, um auch für den Fall einer erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG den Begriff der Anwartschaft auszufüllen. Allenfalls dies ergibt dessen Auslegung, weil "aufgrund einer Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem" im Sinne der Vorschrift Anwartschaften nur nach den Versorgungsregelungen der DDR erworben werden konnten. Gegenstand einer Rechtsposition vor dem Versorgungsfall selbst konnte danach außer einer erteilten Versorgungszusage ggf. der Anspruch auf eine solche Zusage sein. Die Fortwirkung der maßgeblichen Rechtspositionen bis zum 30. Juni 1990 setzt § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG voraus, weil sonst – mit Ausnahme der in § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG bundesrechtlich ausdrücklich durch Unterstellung getroffenen Regelung – keine Position besteht, die im Sinne von § 4 Abs. 1 AAÜG in die Rentenversicherung überführt werden könnte. Denn schon überführungsfähige "Anwartschaften" nach § 22 Abs. 3 des Rentenangleichungsgesetzes (RAG) v. 28. 6. 90 (GBl. der DDR I S. 495) konnten bei Inkrafttreten der Vorschrift am 1. Juli 1990 (§ 35 RAG) nur Positionen sein, die im Versorgungsfall einen Versorgungsanspruch begründet hätten. Dies war nur angesichts noch gültiger Versorgungszusagen (vgl. zu deren Erlöschen § 2 Abs. 1, 3 2. DB) möglich. Entsprechend kann auch der Anspruch auf deren Erteilung nach gesetzlichen Voraussetzungen, der auf Grund der geltenden Versorgungsvorschriften schon vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme erloschen war, von einer Auslegung des Begriffs der Anwartschaft in § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht betroffen sein.
Der Kläger erfüllte am 30. Juni 1990 nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen des hier betroffenen Versorgungssystems, weil zwischen den Beteiligten im Sinne von § 77 SGG bindend feststeht, dass er vom 1. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1990 keine Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem aufzuweisen hat. Dies hat die Beklagte unter anderem in dem angefochtenen Bescheid vom 5. April 2004 entschieden. In dem dagegen gerichteten Rechtsbehelf des Widerspruchs hat der Kläger die Zeit vom 1. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1990 ausgenommen. Eine sachliche Prüfung der Voraussetzungen bezüglich des VEB Gebäudewirtschaft Dessau ist dem Senat dadurch verschlossen.
Eine sachliche Prüfung würde aber auch zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn der VEB Gebäudewirtschaft Dessau war kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB in dem – im Ergebnis engen – Sinn, der der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist (vgl. auch BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 42/01 R). Volkseigene Produktionsbetriebe i.S. der 2. DB waren nur solche der Industrie und des Bauwesens, wie jedenfalls für die Zeit nach Inkrafttreten der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 9.2.67 (GBl. der DDR II S. 121) aus deren § 49 Abs. 1 zu folgern ist (BSG, Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 10/02 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 5). Die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wurden gerade den "volkseigenen Betrieben" sowie den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenübergestellt (zuletzt § 41 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe (Kombinats-VO) vom 8.11.79 (GBl. der DDR I S. 355); vgl. BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 42/01 R; BSG, Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R, RdNr. 23, zitiert nach Juris).
Der VEB Gebäudewirtschaft Dessau gehörte nicht zu den Produktionsbetrieben der Industrie oder des Bauwesens. § 3 des Statutes des VEB Kommunale Wohnungsverwaltung Dessau, des Vorgängerbetriebes des VEB Gebäudewirtschaft Dessau, vom 6. März 1958 erwähnt – neben vielen anderen Zwecken – an bautechnischen Aufgaben allenfalls die Bildung von Reparaturbrigaden für Arbeiten an den zu verwaltenden Gebäuden und den Einsatz von materiellen und finanziellen Mitteln zur Erhaltung und Verbesserung des Wohnraumes. Dies reicht jedoch nicht einmal ansatzweise für die Qualifizierung als volkseigener Produktionsbetrieb aus, denn nach der Rechtsprechung des BSG sind volkseigene Produktionsbetriebe des Bauwesens nur solche, deren betrieblicher Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken bestand (BSG, Urt. v. 8.6.04, B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Bis Juni 1990 hat sich keine Geprägeänderung hin zu schwerpunktmäßig bautechnischen Aufgaben ergeben. Das lässt sich aus dem Antrag vom 16. Juli 1990 auf Eintragung der Dessauer Wohnungsgesellschaft mbH – Nachfolgebetrieb des VEB Gebäudewirtschaft Dessau – in das Handelsregister schließen. Hier sind neben der Errichtung von Bauten vielfältige andere Aufgaben als Gegenstand des Unternehmens bezeichnet, so z.B. die Betreuung, Bewirtschaftung und Verwaltung von Bauten sowie alle weiteren im Bereich der Wohnungswirtschaft anfallenden Aufgaben, ohne diese näher einzugrenzen.
Der VEB Gebäudewirtschaft Dessau war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB, denn in der dortigen abschließenden Aufzählung werden Gebäudewirtschaftsbetriebe nicht genannt.
Das Versicherungsleben des Klägers ist auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes einbezogen. Denn er hat nicht im Sinne dieser Vorschrift eine Anwartschaft bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall verloren. Dazu fehlt es an einem tatsächlichen Einbeziehungsakt, der nicht durch die Unterstellung einer Einbeziehung auf Grund früherer, möglicherweise versorgungsberechtigender Tätigkeiten ersetzt werden kann (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 2; Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R – SozR 4 – 8570 § 1 Nr. 1 Rdnr. 22). Denn diese Regelung stellt allein auf den Verlust der Anwartschaften ab, die bereits nach den Regelungen der Versorgungssysteme selbst zuerkannt waren. Entsprechende Erklärungen sind im Falle des Klägers – wie dargelegt – nicht ergangen.
Die dargestellte Rechtsprechung steht – soweit sie in Fällen wie demjenigen des Klägers aus dem AAÜG abzuleitende Ansprüche ausschließt – mit dem Grundgesetz (GG) in Einklang. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist allerdings nicht jede Differenzierung unzulässig. Das Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Urt. v. 14. 3. 2000 – 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96 – BVerfGE 102, 41, 54). Vergleichbar mit der Fallgruppe des Klägers, bei dem die gesetzlichen Versorgungsvoraussetzungen vor dem 30. Juni 1990 zumindest entfallen waren, ist innerhalb des Anwendungsbereiches des AAÜG nur die Fallgruppe des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG, bei der dies ebenfalls der Fall war. Der Gesetzgeber muss die beiden Personengruppen aber nicht den gleichen Rechtsfolgen unterwerfen, weil die Tatbestände sich in für ihn wesentlichen Gesichtspunkten unterscheiden. § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Altersversorgungsprivileg an, das im Gegensatz zu einer für die Zusatzversorgung folgenlos gebliebenen Berufslaufbahn ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt.
Die Bedeutung dieser Anknüpfung für die Bestimmung des Anwendungsbereiches des AAÜG ergibt sich aus dem Zweckbezug der dabei erfolgenden Zuordnung zu einem Zusatzversorgungssystem, der sich aus der Spannweite aller möglichen Rechtsfolgen der Anwendung des AAÜG für die Berechnung einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt. Dieser Zweckbezug liegt in der gesetzlich typisierten Sonderüberprüfung erzielter Arbeitsentgelte auf ihre angemessene rentenerhöhende Wirkung. Denn insoweit geht das Rechtsfolgensystem des AAÜG in beiderlei Richtung über die allgemeine rentenrechtliche Bewertung von Arbeitsentgelten hinaus. Einerseits gewährt § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG den von der allgemein geltenden Regel des § 256a Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) abweichenden Vorteil einer rentenrechtlichen Berücksichtigung tatsächlicher Einkommen ungeachtet der tatsächlichen Beitragszahlung. Darin liegt als Kehrseite die Ermächtigung zur Benachteiligung der nur – zwangsweise und freiwillig – in der Sozialversicherung Versicherten. Andererseits bewirkt § 6 Abs. 2, 3 AAÜG die Benachteiligung von Zusatzversorgungsberechtigten durch eine gegenüber § 256a SGB VI verminderte Auswirkung erzielter Entgelte auf die Rente. Nur auf die gesamte Breite aller im AAÜG vorgesehenen Rechtsfolgen kann es bei der Auslegung seines Anwendungsbereiches ankommen, weil die engere Prüfung der Tatbestände bestimmter – begünstigender oder belastender – Rechtsfolgen erst nach der bestätigenden Prüfung des Anwendungsbereiches eröffnet ist.
Die tatbestandliche Bedeutung, diese doppelte Ermächtigung zur typisierenden rentenbezogenen Verdienstüberprüfung zur Anwendung zu bringen, kommt der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als einem Altersversorgungsprivileg zu. Denn nur ein Verständnis des Bundesgesetzgebers von der Zusatzversorgung als einem in der DDR verliehenen – durch außergewöhnliche Leistung gerechtfertigten oder durch politische Begünstigung missbrauchten – Privileg erklärt die genannten Rechtsfolgen. Danach zeigt nämlich die Zugehörigkeit unmittelbar die Prüfbedürftigkeit selbst einer Rentenhöhe an, die sich nach den allgemeinen Regeln des SGB VI errechnen würde. Das die Sonderregelung auslösende frühere Privileg liegt dabei auf der Ebene des Anwendungsbereiches in der Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem und nicht in den auf der Rechtsfolgenseite – zumindest auch – zu überprüfenden Arbeitsentgelten. Denn diese lässt der Gesetzgeber in gleicher Höhe bei einer alleinigen Zugehörigkeit zu einem System der Sozialversicherung der DDR gleichmäßig und unüberprüft rentenwirksam werden. Anders als im Fall des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG handelt es sich bei der Fallgruppe des Klägers um eine tatsächlich niemals durchgeführte Privilegierung, die eine Sonderüberprüfung der Rentenwirksamkeit bestimmter vor dem 30. Juni 1990 erzielter Arbeitsentgelte nicht rechtfertigen kann.
Dieser Zustand ist auch nicht mit der noch am 30. Juni 1990 bestehenden unmittelbar gesetzlichen Privilegierung der Personen vergleichbar, die an diesem Tag die gesetzlichen Voraussetzungen zwingender Versorgungsregelungen erfüllten. Für diese Gruppe unterstellt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung im Hinblick auf eine gesetzlich gerechtfertigte Erwartung, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten (vgl. BSG, Urt. v. 12.6.01 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 S. 36). Dieser Gedanke ist auf einen schon in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt nicht übertragbar. Denn während die Verleihung einer in der Vergangenheit liegenden Anwartschaft schon sachlich nicht möglich ist, durften Personen, die zum Ende des Anwartschaftsaufbaus am 30. Juni 1990 gemäß § 22 Abs. 3 RAG noch die Voraussetzungen erfüllten, zukunftsbezogen darauf vertrauen, bei Eintritt eines Versorgungsfalles werde ungeachtet der bis dahin unterbliebenen Versorgungszusage die rechtsstaatlich maßgebliche Gesetzeslage Vorrang haben. Die auf einen Zeitpunkt, nämlich die Versorgungszusage oder den Versorgungsverlust abstellende Unterscheidung ist dabei durch das anzuwendende Zusatzversorgungsrecht schon vorgegeben, weil die Vollversorgung nach § 3 Abs. 5 2. DB durch ein punktuelles Ereignis, nämlich die Zustellung der Versorgungszusage als "Dokument", erworben wurde und ggf. nach § 2 Abs. 1 2. DB durch ein punktuelles Ereignis, nämlich das Ende der letzten Tätigkeit in einem volkseigenen oder gleichgestellten Betrieb, vollständig verloren ging.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) hat.
Der ...geborene Kläger erwarb ausweislich einer Urkunde der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft Magdeburg vom 27. Juli 1979 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieur für Wasserwirtschaft zu führen. Von September 1979 bis Juli 1987 war er beim VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Halle und anschließend von Juli 1987 bis mindestens Juni 1990 beim VEB Gebäudewirtschaft Dessau tätig. Eine schriftliche Versorgungszusage hat er während des Bestehens der DDR nicht erhalten.
Im Februar 2004 beantragte er die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech. Diesen Antrag lehnte die Beklagte – bezogen auf den Zeitraum vom 1. September 1979 bis 30. Juni 1990 – mit Bescheid vom 5. April 2004 mit der Begründung ab, dass Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sei nicht anwendbar, weil der VEB Gebäudewirtschaft Dessau kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben v. 24.5.51 (GBl. der DDR S. 487) sei. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch: Jedenfalls die Zeit von September 1979 bis Juni 1987 sei anzuerkennen, weil der VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Halle (Betriebsteil Dessau) als Versorgungsbetrieb und damit als gleichgestellter Betrieb im Sinne der 2. DB anzusehen sei. Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2004 zurück, indem sie sich der Begründung im Ausgangsbescheid anschloss.
Dagegen erhob der Kläger mit einem am 17. November 2004 beim Sozialgericht Dessau eingegangenen Schriftsatz Klage, die er auf den Zeitraum von September 1979 bis Juni 1987 beschränkte: Die in diesem Zeitraum erworbenen Ansprüche auf eine Zusatzversorgung seien nicht mit seinem Ausscheiden aus dem VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Halle erloschen.
Mit Urteil vom 28. April 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Kläger sei am maßgeblichen 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder in einem einem solchen Betrieb gleichgestellten Betrieb im Sinne der 2. DB beschäftigt gewesen.
Gegen das ihm am 25. Mai 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 14. Juni 2005 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Es sei unzutreffend, dass es für die Frage der Anwendbarkeit des AAÜG allein auf die am 30. Juni 1990 ausgeübte Beschäftigung ankomme. In der Zeit bis 1987 sei eine Anwartschaft auf Zusatzversorgung erworben worden. Auf die Tätigkeit bis zum Stichtag komme es deshalb nicht an.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 28. April 2005 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2004 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 1. September 1979 bis zum 30. Juni 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat die beim Amtsgericht Stendal vorhandenen Unterlagen zum VEB Gebäudewirtschaft Dessau beigezogen und den Beteiligten übersandt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 7. Oktober 2005, Schriftsatz der Beklagten vom 13. Oktober 2005).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (Vers.-Nr ...) verwiesen. Diese haben bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2004 den Kläger im noch angefochtenen Umfang nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung durch Gesetz vom 21.6.05 (BGBl. I S. 1672) keinen Anspruch auf die beantragte Feststellung für seine ausgeübten Tätigkeiten. Er unterfällt nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht dem Anwendungsbereich des AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach § 1 Abs. 2 AAÜG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG angehörte.
Dem Kläger ist für die strittige Zeit nicht durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung die entsprechende Versorgung zugesagt worden.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 AAÜG im Wege der Unterstellung (ständige Rechtsprechung, z.B. Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 8) vorliegen kann. Der Kläger fällt nämlich für den streitigen Zeitraum nicht unter den in dieser Rechtsprechung enthaltenen Rechtssatz (Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R – SozR 4 – 8570 § 1 Nr. 1), wonach ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage bestanden haben muss. Denn zu diesem Zeitpunkt erfüllte er nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems.
Der Senat teilt die Auffassung, wonach zumindest am 30. Juni 1990 noch ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage bestanden haben muss, um auch für den Fall einer erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG den Begriff der Anwartschaft auszufüllen. Allenfalls dies ergibt dessen Auslegung, weil "aufgrund einer Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem" im Sinne der Vorschrift Anwartschaften nur nach den Versorgungsregelungen der DDR erworben werden konnten. Gegenstand einer Rechtsposition vor dem Versorgungsfall selbst konnte danach außer einer erteilten Versorgungszusage ggf. der Anspruch auf eine solche Zusage sein. Die Fortwirkung der maßgeblichen Rechtspositionen bis zum 30. Juni 1990 setzt § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG voraus, weil sonst – mit Ausnahme der in § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG bundesrechtlich ausdrücklich durch Unterstellung getroffenen Regelung – keine Position besteht, die im Sinne von § 4 Abs. 1 AAÜG in die Rentenversicherung überführt werden könnte. Denn schon überführungsfähige "Anwartschaften" nach § 22 Abs. 3 des Rentenangleichungsgesetzes (RAG) v. 28. 6. 90 (GBl. der DDR I S. 495) konnten bei Inkrafttreten der Vorschrift am 1. Juli 1990 (§ 35 RAG) nur Positionen sein, die im Versorgungsfall einen Versorgungsanspruch begründet hätten. Dies war nur angesichts noch gültiger Versorgungszusagen (vgl. zu deren Erlöschen § 2 Abs. 1, 3 2. DB) möglich. Entsprechend kann auch der Anspruch auf deren Erteilung nach gesetzlichen Voraussetzungen, der auf Grund der geltenden Versorgungsvorschriften schon vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme erloschen war, von einer Auslegung des Begriffs der Anwartschaft in § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht betroffen sein.
Der Kläger erfüllte am 30. Juni 1990 nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen des hier betroffenen Versorgungssystems, weil zwischen den Beteiligten im Sinne von § 77 SGG bindend feststeht, dass er vom 1. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1990 keine Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem aufzuweisen hat. Dies hat die Beklagte unter anderem in dem angefochtenen Bescheid vom 5. April 2004 entschieden. In dem dagegen gerichteten Rechtsbehelf des Widerspruchs hat der Kläger die Zeit vom 1. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1990 ausgenommen. Eine sachliche Prüfung der Voraussetzungen bezüglich des VEB Gebäudewirtschaft Dessau ist dem Senat dadurch verschlossen.
Eine sachliche Prüfung würde aber auch zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn der VEB Gebäudewirtschaft Dessau war kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB in dem – im Ergebnis engen – Sinn, der der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist (vgl. auch BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 42/01 R). Volkseigene Produktionsbetriebe i.S. der 2. DB waren nur solche der Industrie und des Bauwesens, wie jedenfalls für die Zeit nach Inkrafttreten der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 9.2.67 (GBl. der DDR II S. 121) aus deren § 49 Abs. 1 zu folgern ist (BSG, Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 10/02 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 5). Die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wurden gerade den "volkseigenen Betrieben" sowie den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenübergestellt (zuletzt § 41 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe (Kombinats-VO) vom 8.11.79 (GBl. der DDR I S. 355); vgl. BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 42/01 R; BSG, Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R, RdNr. 23, zitiert nach Juris).
Der VEB Gebäudewirtschaft Dessau gehörte nicht zu den Produktionsbetrieben der Industrie oder des Bauwesens. § 3 des Statutes des VEB Kommunale Wohnungsverwaltung Dessau, des Vorgängerbetriebes des VEB Gebäudewirtschaft Dessau, vom 6. März 1958 erwähnt – neben vielen anderen Zwecken – an bautechnischen Aufgaben allenfalls die Bildung von Reparaturbrigaden für Arbeiten an den zu verwaltenden Gebäuden und den Einsatz von materiellen und finanziellen Mitteln zur Erhaltung und Verbesserung des Wohnraumes. Dies reicht jedoch nicht einmal ansatzweise für die Qualifizierung als volkseigener Produktionsbetrieb aus, denn nach der Rechtsprechung des BSG sind volkseigene Produktionsbetriebe des Bauwesens nur solche, deren betrieblicher Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken bestand (BSG, Urt. v. 8.6.04, B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Bis Juni 1990 hat sich keine Geprägeänderung hin zu schwerpunktmäßig bautechnischen Aufgaben ergeben. Das lässt sich aus dem Antrag vom 16. Juli 1990 auf Eintragung der Dessauer Wohnungsgesellschaft mbH – Nachfolgebetrieb des VEB Gebäudewirtschaft Dessau – in das Handelsregister schließen. Hier sind neben der Errichtung von Bauten vielfältige andere Aufgaben als Gegenstand des Unternehmens bezeichnet, so z.B. die Betreuung, Bewirtschaftung und Verwaltung von Bauten sowie alle weiteren im Bereich der Wohnungswirtschaft anfallenden Aufgaben, ohne diese näher einzugrenzen.
Der VEB Gebäudewirtschaft Dessau war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB, denn in der dortigen abschließenden Aufzählung werden Gebäudewirtschaftsbetriebe nicht genannt.
Das Versicherungsleben des Klägers ist auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes einbezogen. Denn er hat nicht im Sinne dieser Vorschrift eine Anwartschaft bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall verloren. Dazu fehlt es an einem tatsächlichen Einbeziehungsakt, der nicht durch die Unterstellung einer Einbeziehung auf Grund früherer, möglicherweise versorgungsberechtigender Tätigkeiten ersetzt werden kann (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 2; Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R – SozR 4 – 8570 § 1 Nr. 1 Rdnr. 22). Denn diese Regelung stellt allein auf den Verlust der Anwartschaften ab, die bereits nach den Regelungen der Versorgungssysteme selbst zuerkannt waren. Entsprechende Erklärungen sind im Falle des Klägers – wie dargelegt – nicht ergangen.
Die dargestellte Rechtsprechung steht – soweit sie in Fällen wie demjenigen des Klägers aus dem AAÜG abzuleitende Ansprüche ausschließt – mit dem Grundgesetz (GG) in Einklang. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist allerdings nicht jede Differenzierung unzulässig. Das Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Urt. v. 14. 3. 2000 – 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96 – BVerfGE 102, 41, 54). Vergleichbar mit der Fallgruppe des Klägers, bei dem die gesetzlichen Versorgungsvoraussetzungen vor dem 30. Juni 1990 zumindest entfallen waren, ist innerhalb des Anwendungsbereiches des AAÜG nur die Fallgruppe des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG, bei der dies ebenfalls der Fall war. Der Gesetzgeber muss die beiden Personengruppen aber nicht den gleichen Rechtsfolgen unterwerfen, weil die Tatbestände sich in für ihn wesentlichen Gesichtspunkten unterscheiden. § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Altersversorgungsprivileg an, das im Gegensatz zu einer für die Zusatzversorgung folgenlos gebliebenen Berufslaufbahn ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt.
Die Bedeutung dieser Anknüpfung für die Bestimmung des Anwendungsbereiches des AAÜG ergibt sich aus dem Zweckbezug der dabei erfolgenden Zuordnung zu einem Zusatzversorgungssystem, der sich aus der Spannweite aller möglichen Rechtsfolgen der Anwendung des AAÜG für die Berechnung einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt. Dieser Zweckbezug liegt in der gesetzlich typisierten Sonderüberprüfung erzielter Arbeitsentgelte auf ihre angemessene rentenerhöhende Wirkung. Denn insoweit geht das Rechtsfolgensystem des AAÜG in beiderlei Richtung über die allgemeine rentenrechtliche Bewertung von Arbeitsentgelten hinaus. Einerseits gewährt § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG den von der allgemein geltenden Regel des § 256a Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) abweichenden Vorteil einer rentenrechtlichen Berücksichtigung tatsächlicher Einkommen ungeachtet der tatsächlichen Beitragszahlung. Darin liegt als Kehrseite die Ermächtigung zur Benachteiligung der nur – zwangsweise und freiwillig – in der Sozialversicherung Versicherten. Andererseits bewirkt § 6 Abs. 2, 3 AAÜG die Benachteiligung von Zusatzversorgungsberechtigten durch eine gegenüber § 256a SGB VI verminderte Auswirkung erzielter Entgelte auf die Rente. Nur auf die gesamte Breite aller im AAÜG vorgesehenen Rechtsfolgen kann es bei der Auslegung seines Anwendungsbereiches ankommen, weil die engere Prüfung der Tatbestände bestimmter – begünstigender oder belastender – Rechtsfolgen erst nach der bestätigenden Prüfung des Anwendungsbereiches eröffnet ist.
Die tatbestandliche Bedeutung, diese doppelte Ermächtigung zur typisierenden rentenbezogenen Verdienstüberprüfung zur Anwendung zu bringen, kommt der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als einem Altersversorgungsprivileg zu. Denn nur ein Verständnis des Bundesgesetzgebers von der Zusatzversorgung als einem in der DDR verliehenen – durch außergewöhnliche Leistung gerechtfertigten oder durch politische Begünstigung missbrauchten – Privileg erklärt die genannten Rechtsfolgen. Danach zeigt nämlich die Zugehörigkeit unmittelbar die Prüfbedürftigkeit selbst einer Rentenhöhe an, die sich nach den allgemeinen Regeln des SGB VI errechnen würde. Das die Sonderregelung auslösende frühere Privileg liegt dabei auf der Ebene des Anwendungsbereiches in der Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem und nicht in den auf der Rechtsfolgenseite – zumindest auch – zu überprüfenden Arbeitsentgelten. Denn diese lässt der Gesetzgeber in gleicher Höhe bei einer alleinigen Zugehörigkeit zu einem System der Sozialversicherung der DDR gleichmäßig und unüberprüft rentenwirksam werden. Anders als im Fall des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG handelt es sich bei der Fallgruppe des Klägers um eine tatsächlich niemals durchgeführte Privilegierung, die eine Sonderüberprüfung der Rentenwirksamkeit bestimmter vor dem 30. Juni 1990 erzielter Arbeitsentgelte nicht rechtfertigen kann.
Dieser Zustand ist auch nicht mit der noch am 30. Juni 1990 bestehenden unmittelbar gesetzlichen Privilegierung der Personen vergleichbar, die an diesem Tag die gesetzlichen Voraussetzungen zwingender Versorgungsregelungen erfüllten. Für diese Gruppe unterstellt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung im Hinblick auf eine gesetzlich gerechtfertigte Erwartung, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten (vgl. BSG, Urt. v. 12.6.01 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 S. 36). Dieser Gedanke ist auf einen schon in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt nicht übertragbar. Denn während die Verleihung einer in der Vergangenheit liegenden Anwartschaft schon sachlich nicht möglich ist, durften Personen, die zum Ende des Anwartschaftsaufbaus am 30. Juni 1990 gemäß § 22 Abs. 3 RAG noch die Voraussetzungen erfüllten, zukunftsbezogen darauf vertrauen, bei Eintritt eines Versorgungsfalles werde ungeachtet der bis dahin unterbliebenen Versorgungszusage die rechtsstaatlich maßgebliche Gesetzeslage Vorrang haben. Die auf einen Zeitpunkt, nämlich die Versorgungszusage oder den Versorgungsverlust abstellende Unterscheidung ist dabei durch das anzuwendende Zusatzversorgungsrecht schon vorgegeben, weil die Vollversorgung nach § 3 Abs. 5 2. DB durch ein punktuelles Ereignis, nämlich die Zustellung der Versorgungszusage als "Dokument", erworben wurde und ggf. nach § 2 Abs. 1 2. DB durch ein punktuelles Ereignis, nämlich das Ende der letzten Tätigkeit in einem volkseigenen oder gleichgestellten Betrieb, vollständig verloren ging.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
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