L 5 AS 38/19 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 17 AS 2815/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 38/19 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts M. vom 14. November 2018 im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 6. November bis zum 31. Dezember 2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 342,49 EUR als Darlehen zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin 1/10 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) begehrt einstweiligen Rechtsschutz wegen einer Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II) aufgrund einer Erbschaft.

Die 1957 geborene Antragstellerin bezog laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner. Dieser hatte ihr zuletzt mit Bescheid vom 19. Dezember 2017 Arbeitslosengeld II für Januar bis Dezember 2018 bewilligt; ab Februar 2018 betrug der monatliche Leistungsbetrag 743,50 EUR (416 EUR Regelbedarf, 267,50 EUR Grundmiete und Nebenkosten, 60 EUR Heizkosten).

Am 20. Juli 2018 verstarb die Mutter der Antragstellerin. Nach ihrem am 27. Juli 2018 eröffneten Testament war ihre alleinige Erbin die Antragstellerin. Zur Erbmasse gehörten das Hausgrundstück Schillerstraße 8 in B., ein Sparbuch mit einem Guthaben in Höhe von 24.901,78 EUR, ein Girokonto (Guthaben am 21. Juli 2018: 6.020,08 EUR, am 1. August 2018: 3.751,66 EUR) und 303,04 EUR Bargeld. Eine Wohnung in dem Haus Schillerstraße 8 ist vermietet. Ein weiteres zum Nachlass gehörendes Hausgrundstück (Am Schlossbahnhof 1 in B.) sollte nach einem Vermächtnis der Erblasserin die Tochter der Antragstellerin erhalten.

Der Bruder der Antragstellerin, Herr F. R., machte gegen diese einen Pflichtteilsanspruch i.H.v. 1/4 des Nachlasswerts geltend. Der ihn vertretende Rechtsanwalt H. führte mit Schreiben vom 30. August 2018 an die Antragstellerin aus, der Aktivbestand des Nachlasses betrage nach Angaben der Antragstellerin 31.363,50 EUR. Davon seien Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 3.837,24 EUR in Abzug zu bringen. Demnach belaufe sich der Pflichtteilsanspruch ohne Immobilien zunächst auf 6.881,56 EUR. Diesen bitte er bis zum 14. September 2018 zu zahlen. Den restlichen Anspruch werde er berechnen, wenn Gutachten über den Wert der Immobilien vorlägen.

Am 10. September 2018 übergab die Antragstellerin das Sparbuch an Rechtsanwalt H ... Dieser führte dazu in einem Bestätigungsschreiben vom selben Tag aus, das Guthaben diene der Absicherung der noch zu errechnenden Pflichtteilsansprüche.

Nach vorheriger Anhörung der Antragstellerin hob der Antragsgegner mit Bescheid vom 14. September 2018 die Leistungsbewilligung mit Wirkung zum 1. August 2018 ganz auf und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 743,50 EUR geltend. Die Antragstellerin habe ab Juli 2018 die Möglichkeit gehabt, auf das Girokonto und das Sparbuch ihrer verstorbenen Mutter zuzugreifen. Damit sei ihr in diesem Monat Einkommen in Höhe von 28.653,44 EUR zugeflossen. Bei einer Aufteilung auf sechs Monate ergebe sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag von 4.775,57 EUR, so dass auch nach Anrechnung der Versicherungspausschale in Höhe von 30 EUR pro Monat der Leistungsanspruch vollständig entfallen sei.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 25. September 2018 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2018 als unbegründet zurückwies. Am 9. Januar 2019 hat die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht (SG) M. erhoben (S 7 AS 56/19).

Bereits am 28. September 2018 hat die Antragstellerin beim SG einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Sie hat geltend gemacht, dass sie über ihr Erbe aktuell nicht verfügen könne. Die eine Immobilie müsse sie aufgrund des Vermächtnisses ihrer Tochter übertragen, die andere wolle sie selbst beziehen, um Miete zu sparen. Das Sparbuch habe sie wegen der Pflichtteilsansprüche am 10. September 2018 an Rechtsanwalt H. übergeben. Die von ihr später geforderte Rückgabe habe dieser verweigert und die Aufrechnung erklärt. Von dem Geld auf dem Girokonto seien u.a. Beerdigungs- und Umzugskosten gezahlt worden. Weiter hat die Antragstellerin ausgeführt, wegen des Pflichtteilsanspruchs des Herrn R. habe ihre Tochter diesem 6.881,56 EUR überwiesen; diesen Betrag müsse sie ihr erstatten. Im Laufe des Verfahrens hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass ein Sachverständiger den Wert des Grundstücks Schillerstraße 8 mit 140.000 EUR und den Wert des Grundstücks Am Schlossbahnhof 1 mit 120.000 EUR angegeben habe, wobei das Gutachten bezüglich des Grundstücks Am Schlossbahnhof 1 noch nachgebessert werden müsse. Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, ihr müssten zumindest vorläufig Leistungen gewährt werden. Für den Fall, dass sich später herausstellen sollte, dass genug Geld vom Erbe verbleibe, könne der Antragsgegner die Leistungen immer noch zurückfordern. Bis dahin benötige sie aber Geld, um davon zu leben.

Mit Beschluss vom 14. November 2018 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt. Der Antragsgegner habe die Leistungsbewilligung zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) ab August 2018 aufgehoben. Mit Eintritt des Erbfalls habe die Antragstellerin Einkommen erzielt, das zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit geführt habe. Auch bei einer Aufteilung auf sechs Monate entfalle der Leistungsanspruch vollständig. Allein bei Berücksichtigung der nicht von dem Vermächtnis betroffenen Immobilie mit einem Verkehrswert von 140.000 EUR würden nach Abzug eines Pflichtteilsanspruchs von 35.000 EUR (1/4) noch 105.000 EUR verbleiben. Verteilt auf sechs Monate ergebe sich ein Betrag von 17.500 EUR monatlich. Die Immobilie stelle auch kein geschütztes Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II dar. Das Erbe sei in den ersten sechs Monaten als Einkommen zu werten und erst danach als Vermögen. Der Antragstellerin sei auch zumutbar, das Haus zu veräußern. Zwar stehe derzeit noch kein Verkaufserlös zur Verfügung; die Antragstellerin könne aber ein Darlehen aufnehmen und das Hausgrundstück als Sicherheit nutzen. Die für August 2018 bereits erbrachten Leistungen seien gem. § 50 SGB X zu erstatten. Der Beschluss ist den Beteiligten am 14. Dezember 2018 zugestellt worden.

Am 9. Januar 2019 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie rügt, dass das SG nicht einmal die Voraussetzungen für die Gewährung vorläufiger Leistungen oder eines Darlehens bejaht habe. Mittlerweile habe sie versucht, ein Bankdarlehen aufzunehmen, um davon ihren Lebensunterhalt zu decken. Dies sei nicht gelungen, obwohl sie das Haus Schillerstraße 8 als Sicherheit angeboten habe. Zur Glaubhaftmachung hat sie zwei Schreiben der Harzsparkasse vom 28. Januar und 8. Februar 2019 vorgelegt. Seit Mitte November 2018 wohne sie nun in dem Haus Schillerstraße 8.

Das Sparbuch ihrer Mutter habe sie Rechtsanwalt H. am 10. September 2018 als Sicherheit übergeben, weil dieser ihr mit einer Strafanzeige wegen Unterschlagung und Betrugs gedroht habe, wenn sie das Geld für ihren Lebensunterhalt verwende. Zur Glaubhaftmachung hat sie eine eidesstaatliche Versicherung ihrer Tochter, Frau C. B., vom 14. März 2019 vorgelegt, außerdem ein Schreiben des Rechtsanwalts H. vom 21. November 2018, mit dem dieser die Rückgabe des Sparbuchs verweigert und die Aufrechnung seines Pflichtteilsanspruchs mit dem Guthaben erklärt hat. Inzwischen habe sie Herrn R. seinen Pflichtteil ausgezahlt. Dazu habe sie ein privates Darlehen über 50.000 EUR bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn aufgenommen. Dieses sei durch eine Grundschuld auf das Hausgrundstück Schillerstraße 8 gesichert.

Über die Verwendung der im Nachlass enthaltenen Barmittel sowie des Guthabens auf dem Girokonto ihrer Mutter hat die Antragstellerin tabellarische Übersichten und Kontoauszüge vorgelegt. Danach sind die letzten 23,16 EUR des Barbestandes am 8. Oktober 2018 von der Antragstellerin entnommen worden. Vom Girokonto der Mutter ist am 11. Oktober 2018 ein Betrag von 613,24 EUR auf das Girokonto der Antragstellerin überwiesen worden, was dort zu einem Guthaben von 118,75 EUR geführt hat (Stand: 14. Oktober 2018). Am 12. Oktober 2018 ist das Girokonto der Mutter aufgelöst worden.

Bezüglich des Hausgrundstücks Schillerstraße 8 behauptet die Antragstellerin, sie versuche, dieses für den vom Gutachter festgestellten Wert zu verkaufen. Dies sei aber nicht von einem Tag auf den anderen möglich. Dazu hat sie einen schriftlichen Makler-Allein-Auftrag an die u. GmbH vom 8. März 2019 und einen Ausdruck des Verkaufsangebots im Internet vorgelegt. Weiter hat sie eine eidesstattliche Versicherung ihrer Tochter vom 29. März 2019 beigebracht. Diese hat ausgeführt, Rechtsanwalt H. habe ihrer Mutter zunächst gesagt, sie dürfe das Haus nicht verkaufen, solange die Abwicklung des Pflichtteils nicht geklärt sei. Nachdem dies Mitte Dezember 2018 geschehen sei, sei ihre Mutter zur Sparkasse gegangen, um das Haus zum Verkauf anzubieten. Da sie dort erst einmal auf Ablehnung gestoßen sei, habe die Familie sich an die u. GmbH gewandt.

Weiter hat die Antragstellerin auf Nachfrage des Senats zu ihren Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) im streitgegenständlichen Zeitraum mitgeteilt, sie habe in den Monaten August bis Oktober 2018 jeweils 350 EUR gezahlt, im November 2018 wegen der Verrechnung eines Betriebskostenguthabens 117,01 EUR. Im Dezember 2018 habe sie nichts zahlen können. Ihre Mieteinnahmen aus der vermieteten Wohnung im Haus Schillerstraße 8 beliefen sich auf 351 EUR pro Monat (Bruttowarmmiete). Zur Glaubhaftmachung hat sie Kopien der von ihr ausgestellten Quittungen vorgelegt.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes für die Vergangenheit komme nicht in Betracht. Dies sei eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache. Die Eilbedürftigkeit der Sache habe sich durch Zeitablauf erledigt.

Weiter meint er, die Aufhebung der Leistungsbewilligung sei rechtmäßig erfolgt. Die Antragstellerin hätte über das Guthaben auf dem Sparbuch verfügen können. Insoweit habe ihr ein Herausgabeanspruch gegen Rechtsanwalt H. aus § 2018 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zugestanden. Weiter habe sie auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie nicht kurzfristig ein Darlehen zur Deckung des Lebensunterhalts hätte aufnahmen können. Dafür hätte das Haus Schillerstraße 8 als Sicherheit zur Verfügung gestanden. Die von ihr vorgelegten Schreiben der Harzsparkasse reichten nicht aus. Die Antragstellerin hätte sich auch an andere Kreditinstitute wenden müssen.

Auch die Gewährung eines Darlehens für den streitigen Zeitraum komme nicht in Betracht; dem werde er unter keinen Umständen zustimmen. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 5 SGB II lägen schon deshalb nicht vor, weil die Antragstellerin sich zunächst nicht um eine Verwertung des Hausgrundstücks bemüht habe. Sie habe vielmehr wiederholt vorgetragen, zur Vermeidung von Mietkosten selbst in das Haus ziehen zu wollen. Dies habe sie schließlich auch getan. Er selbst habe sie aber sofort nachdem das Wertgutachten für das Grundstück vorgelegen habe, mit Schriftsatz vom 7. November 2018 darauf hingewiesen, dass das Haus zu veräußern sei. Die Antragstellerin habe jedoch erstmals im Januar 2019 und damit nach Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums behauptet, sie wolle sich um einen Verkauf bemühen. Zu diesem Zeitpunkt sei auch erstmals eine darlehensweise Leistungsgewährung begehrt worden; zuvor sei nur von einer vorläufigen Bewilligung die Rede gewesen. Ohnehin sei die vorläufige Gewährung eines Darlehens nicht möglich.

Für die Zeit von Februar bis Juli 2019 habe er mit Bescheid vom 8. April 2019 ein Darlehen nach § 24 Abs. 5 SGB II i.H.v. insgesamt 3.323,86 EUR gewährt. Für den streitigen Zeitraum erfolge jedoch keine Abhilfe.

Der Senat hat die Prozessakte des SG und die Verwaltungsakte des Antragsgegners beigezogen.

II.

1.

Das Beschwerdebegehren bedarf der Auslegung. Die Antragstellerin sucht nach wie vor einstweiligen Rechtsschutz gegen den Aufhebungsbescheid vom 14. September 2018, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2018. Insoweit ist ihr Begehren als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) zu verstehen. Hilfsweise begehrt sie für den betroffenen Zeitraum darlehensweise Leistungen. Insoweit liegt ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) vor.

2.

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, und sie ist auch form- und fristgerecht erhoben worden (§ 173 SGG). Die Beschwerde umfasst zulässiger Weise auch den Hilfsantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dieses Begehren hatte die Antragstellerin bei der nach § 123 SGG gebotenen Auslegung unter Berücksichtigung des sozialprozessualen Meistbegünstigungsgrundsatzes bereits erstinstanzlich erkennbar geltend gemacht.

3.

Hinsichtlich des Hauptantrags ist die Beschwerde nicht begründet.

a.

Der Antrag ist allerdings zulässig. Insbesondere ist er statthaft. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, haben gem. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Etwas anderes gilt allerdings für einen Widerspruch gegen einen Erstattungsbescheid. Hierzu findet sich in § 39 SGB II keine Regelung, so dass die Grundregel des § 86a Abs. 1 SGG gilt, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben. Insofern hat das SG in den Gründen seiner Entscheidung zu Unrecht ausgeführt, die überzahlten Leistungen für August 2018 seien – schon vor der Rechtskraft des Erstattungsbescheids – zu erstatten.

b.

Der Hauptantrag ist jedoch nicht begründet.

Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gibt § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung, bei der die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache von besonderer Bedeutung sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 12 ff.). Zu berücksichtigen ist weiter die gesetzliche Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Aufhebung der Bewilligung von SGB II-Leistungen – abweichend von der Grundregel des § 86a Abs. 1 SGG – keine aufschiebende Wirkung haben. Unter Berücksichtigung dieser Vorschrift ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Sofortvollzugs auszugehen. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten festzustellen ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12c). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird die aufschiebende Wirkung in aller Regel angeordnet. Ist dagegen in der Hauptsache die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet, wenn nicht ausnahmsweise besondere, insbesondere verfassungsrechtliche Gründe dafür vorliegen. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen sind (vgl. zum Ganzen: Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12c ff.).

Vorliegend überwiegt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug des Aufhebungsbescheids, weil dieser sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als offensichtlich rechtmäßig darstellt. Der Antragsgegner hat die mit Bescheid vom 19. Dezember 2017 erfolgte (zuschussweise) Bewilligung von Arbeitslosengeld II zu Recht für die Zeit ab 1. August 2018 aufgehoben. Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung ist § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung – SGB III) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Vorliegend hat die Erbschaft dazu geführt, dass der Anspruch auf zuschussweise SGB II-Leistungen aufgrund der Berücksichtigung von Vermögen entfallen ist. Nach § 9 Abs. 4 SGB II ist zwar auch derjenige hilfebedürftig, dem der sofortige Verbrauch und die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. In einem solchen Fall kommt aber nur eine darlehensweise Leistungsgewährung in Betracht (§ 24 Abs. 5 SGB II, dazu unten).

Während das Hausgrundstück Am Schlossbahnhof 1 für die Antragstellerin aufgrund des Vermächtnisses nicht verwertbar war, ist das Hausgrundstück Schillerstraße 8 als verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Es ist mit dem Tod der Erblasserin am 20. Juli 2018 in das Vermögen der Antragstellerin als Alleinerbin übergegangen (§ 1922 Abs. 1 BGB). Der Berücksichtigung als Vermögen steht nicht entgegen, dass der Erbfall während des laufenden Leistungsbezugs eingetreten ist. Zwar sah § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung vor, dass "Einnahmen in Geld oder Geldeswert", die während des Leistungsbezugs erzielt werden, als Einkommen anzurechnen sind (siehe dazu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25. Januar 2012 – B 14 AS 101/11 R –, juris Rn. 18 ff.). Nach der hier maßgeblichen, seit 1. August 2016 geltenden Gesetzesfassung stellen aber nur noch "Einnahmen in Geld" Einkommen i.S.v. § 11 SGB II dar. Andere Wertgegenstände sind, auch wenn der Leistungsberechtigte sie erst während des Leistungsbezugs erhält, als Vermögen i.S.v. § 12 SGB II zu berücksichtigen.

Der sachverständig auf 140.000 EUR geschätzte Wert des Hausgrundstücks schließt eine Bedürftigkeit der Antragstellerin aus. Angesichts des vorliegenden Wertgutachtens und der dokumentierten Verkaufsbemühungen besteht auch kein ernsthafter Zweifel daran, dass von einer Verwertbarkeit der Immobilie auszugehen ist, die prognostisch innerhalb des maßgeblichen Zeitraums von einem Jahr (vgl. Lange, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 12 Rn. 45) möglich ist.

Der Berücksichtigung des Hausgrundstücks als Vermögen steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin Mitte November 2018 dort eingezogen ist. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist zwar ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Das Hausgrundstücks Schillerstraße 8 hat jedoch mit 130 qm Wohnfläche keine angemessene Größe in diesem Sinne. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit ist durch die Rechtsprechung des BSG dahingehend konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf die Gesamtwohnfläche des darauf errichteten Hauses und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1. Januar 2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 90/12 R –, juris Rn. 30; Urteil vom 30. August 2017 – B 14 AS 30/16 R –, juris Rn. 17 jew. m.w.N.). Hieraus ergibt sich für einen Ein-Personen-Haushalt ein Grenzwert von 90 qm (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, a.a.O., Rn. 32).

4.

Mit ihrem Hilfsantrag hat die Antragstellerin jedoch teilweise Erfolg.

a.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches setzt bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grds. voraus, dass der Antragsteller sich zuvor an die Verwaltung gewandt, dort einen Antrag auf Leistung gestellt und die normale Bearbeitungszeit abgewartet hat (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn. 26b). Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin den Wunsch nach einer zumindest darlehensweisen Leistungsgewährung vor der Einholung gerichtlichen Eilrechtsschutzes gegenüber dem Antragsgegner hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Dafür spricht allerdings, dass ihre Tochter unter dem 14. März 2019 eidesstattlich versichert hat, man habe versucht, den Antragsgegner in einem Gespräch am 21. August 2018 davon zu überzeugen, die Leistungen "als Darlehen weiter zu zahlen, bis wenigstens erstmal der ganze Erbfall abgeschlossen und geklärt ist"; dies habe aber "keinen interessiert". Jedenfalls ist ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen, nachdem der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren seine kategorische Weigerung einer Darlehensgewährung erklärt hat.

b.

Der Antrag ist auch teilweise begründet. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsanspruchs (also eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) als auch eines Anordnungsgrunds (also der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile). Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn ihre tatsächlichen Voraussetzungen mit überwiegender Wahrscheinlich vorliegen (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn. 16b).

aa.

Die Antragstellerin hat für den Zeitraum vom 6. November bis zum 31. Dezember 2018 einen Anspruch auf ein Darlehen glaubhaft gemacht. Dieser ergibt sich aus § 24 Abs. 5 SGB II. Nach Satz 1 der Vorschrift sind Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde.

(1)

Für die Zeit vom 1. August bis zum 5. November 2018 steht der Gewährung eines Darlehens allerdings entgegen, dass die Antragstellerin wegen der Erzielung von Einkommen i.S.v. § 11 SGB II, das ihren Bedarf überstieg, nicht hilfebedürftig war.

Als monatlicher Bedarf der Antragstellerin sind neben dem Regelbedarf i.H.v. 416 EUR die KdUH zu berücksichtigen. Es kann dahinstehen, ob für die Zeit von August bis Oktober 2018 der von der Antragstellerin angegebene Betrag von 350 EUR zugrunde zu legen ist oder nur ein Betrag von 332 EUR, den der Beklagte nach seiner internen Prüfung (Blatt 474 der Verwaltungsakte) auf Grundlage seiner seit 1. August 2018 geltenden Richtlinie zu den Unterkunftskosten als angemessen anerkannt hat. Für November 2018 hat die Antragstellerin selbst nur tatsächliche KdUH i.H.v. 117,01 EUR geltend gemacht, für Dezember 2018 keine.

Ab 1. August 2018 ist ein Einkommen der Antragstellerin i.H.v. 37.548,02 EUR zu berücksichtigen. Diese Summe ergibt sich aus der Addition des zum Nachlass gehörenden Barvermögens (303,04 EUR) sowie des Girokonto- und des Sparguthabens (6.020,08 EUR und 24.901,78 EUR). Auch Kontoguthaben stellen Einnahmen "in Geld" i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar (vgl. Schmidt, in: Eicher/Luik, SGB II, a.a.O., § 11 Rn. 19).

Da der Erbfall im laufenden Bewilligungsabschnitt eingetreten ist, sind diese Guthaben als Einkommen zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2012, a.a.O.). Der Vermögenszuwachs war für die Antragstellerin auch bereits im Juli 2018 zu realisieren und stand damit als "bereites Mittel" zur Verfügung (vgl. dazu BSG, a.a.O., Rn. 21). Denn die Antragstellerin war Alleinerbin ihrer Mutter, und das Testament ist am 27. Juli 2018 eröffnet worden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sie ab diesem Zeitpunkt nicht nur über das Barvermögen ihrer Mutter, sondern auch über das Girokonto und das Sparbuch verfügen konnte. Im Übrigen sind bereits ab 22. Juli 2018 Auszahlungen von dem Girokonto dokumentiert.

Da bei Zufluss des Einkommens bereits Leistungen für Juli 2018 erbracht waren, ist es ab August 2018 zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II). Da bei der Berücksichtigung in einem Monat der Leistungsanspruch entfiele, ist die Einnahme gleichmäßig auf sechs Monate aufzuteilen (§ 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II), also auf die Monate August 2018 bis Januar 2019. Es kann dahinstehen, ob bei der Bereinigung des Einkommens nach § 11b SGB II neben der Versicherungspausschale i.H.v. 30 EUR pro Monat (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V)) auch der Pflichtteilsanspruch des Bruders der Antragstellerin zu berücksichtigen war. Unabhängig von der grundsätzlichen Frage, ob die Befriedigung eines Pflichtteilsanspruchs eine mit der Erzielung von Einkommen verbundene notwendige Ausgabe i.S.v. § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II darstellt (offen gelassen von Landessozialgericht (LSG) H., Urteil vom 23. Februar 2017 – L 4 AS 277/16 –, juris Rn. 34), wird man allenfalls den Teil des Pflichtteilsanspruchs berücksichtigen können, der sich auf Bargeld und Kontoguthaben bezog, weil nur diese Einkommen i.S.v. § 11 SGB II darstellten. Damit verbleibt in jedem Fall für den gesamten Zeitraum von sechs Monaten ein den Bedarf übersteigendes anzurechnendes Einkommen.

(2)

Allerdings hat die Antragstellerin dieses Einkommen vor Ablauf der sechs Monate verbraucht. Glaubhaft gemacht ist der Verbrauch ab dem 6. November 2018.

Das Guthaben des Sparkontos hat die Antragstellerin verbraucht, indem sie das Sparbuch am 10. September 2018 als Sicherheit an Rechtsanwalt H. übergeben hat. Die Antragstellerin hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass dieser sich geweigert hat, es wieder herauszugeben. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Antragstellerin eine erfolgsversprechende Möglichkeit hatte, ein Herausgabeverlangen zeitnah gerichtlich durchzusetzen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Bruder der Antragstellerin einem solchen Anspruch erfolgreich hätte entgegen halten können, dass zwischen den beiden eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung getroffen worden sei, wonach das Sparbuch als Sicherheit für seine Pflichtteilsansprüche dienen sollte. Auch der vom Antragsgegner angeführte § 2018 BGB ändert an diesem Ergebnis nichts. Dieser Anspruch richtet sich nur gegen denjenigen, der etwas zu Unrecht aufgrund eines vermeintlichen Erbrechts besitzt. Der pflichtteilsberechtigte Bruder der Antragstellerin bzw. sein Rechtsanwalt besaßen das Sparbuch jedoch nicht aufgrund eines vermeintlichen Erbrechts, sondern weil die Antragstellerin es als Sicherheit übergeben hatte.

Die Antragstellerin hat auch hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie die Barmittel aus dem Nachlass und das Guthaben des Girokontos ihrer verstorbenen Mutter am 6. November 2018 verbraucht hatte. Insoweit legt der Senat die detaillierten Einnahme- und Ausgabe-Übersichten der Antragstellerin und die von ihr vorgelegten Kontoauszüge zugrunde. Daraus ergibt sich, dass die Antragstellerin die letzten 23,16 EUR des Barbestandes am 8. Oktober 2018 entnommen hat. Vom Girokonto der Mutter hat sie vor dessen Auflösung zuletzt am 11. Oktober 2018 einen Betrag von 613,24 EUR auf ihr eigenes Girokonto überwiesen, was dort zu einem Guthaben von 118,75 EUR führte. Obwohl die Antragstellerin vom Berichterstatter aufgefordert worden war, den Verbrauch des Geldes aus dem Nachlass darzulegen, hat sie zur Verwendung dieses Restbetrags keine Angaben gemacht. Für den Senat ist deshalb nicht erkennbar, dass er vor der Mietzahlung für den Monat November, die die Antragstellerin mit 117,01 EUR beziffert hat, verbraucht gewesen wäre. Aufgrund der gesetzlichen Fälligkeitsregelung des § 556b Abs. 1 i.V.m. § 193 BGB legt der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Mietzahlung und damit einen Verbrauch des bis dahin verbliebenen Einkommensrestes spätestens am Montag, den 5. November 2018, zugrunde.

Der vorzeitige Verbrauch des auf sechs Monate angerechneten Einkommens führt dazu, dass eine darlehensweise Leistungsgewährung in Betracht kommt (vgl. § 24 Abs. 4 Satz 2 SGB II).

(3)

Der Gewährung eines Darlehens gem. § 24 Abs. 5 SGB II steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin sich nicht sogleich um eine Veräußerung des Hausgrundstücks bemüht hat. Eine abweichende Leistungserbringung für eine Übergangszeit gem. § 24 Abs. 5 SGB II setzt zwar voraus, dass die betroffene Person Verwertungsbemühungen unternimmt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R –, juris Rn. 35). Die Ablehnung darlehensweiser Leistungen erfordert dabei aber nach Rechtsprechung des BSG regelmäßig, dass das Jobcenter die betroffene Person zuvor auf die Erforderlichkeit von Verwertungsbemühungen und die Folgen von deren Unterlassen hingewiesen hat (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 36). Deshalb ist es unschädlich, dass die Antragstellerin zunächst nur davon gesprochen hatte, zur Vermeidung von Mietkosten selbst in das Haus ziehen zu wollen, und dies Mitte November 2018 auch getan hat. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen aufgrund entsprechender Aussagen von Rechtsanwalt H. zunächst davon ausging, die Immobilie nicht verkaufen zu dürfen.

Nach seinem eigenen Vorbringen hat der Antragsgegner die Antragstellerin erstmals nach Bekanntwerden des Wertgutachtens mit Schriftsatz vom 7. November 2018 darauf hingewiesen, dass sie das Hausgrundstück verkaufen solle. Dieser Schriftsatz ist dem Bevollmächtigten der Antragstellerin vom SG am 12. November 2018 per Telefax übermittelt worden. Es ist schon zweifelhaft, ob dieser Schriftsatz einen ausreichenden Hinweis im Sinne der BSG-Rechtsprechung darstellt. Dagegen spricht, dass es darin im Kern um die Berücksichtigung des Sparguthabens ging, und dass die streitige Aufhebungsentscheidung vom Antragsgegner zunächst nur auf das Barvermögen und die Kontoguthaben gestützt war. Hinsichtlich des Hausgrundstücks wurde in dem Schreiben eher vage ausgeführt, es sei "möglicherweise ohnehin als Vermögen zu verwerten, bevor Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erbracht werden." Wenngleich es im weiteren Text hieß, dass eine Veräußerung "auf jeden Fall erwartet werden" dürfe, reichte dies wohl nicht aus, um der Antragstellerin die Obliegenheit zur Verwertung des Grundstücks und vor allem die Folgen eines Unterlassens von Verwertungsbemühungen hinreichend vor Augen zu führen. Immerhin ist selbst das SG in seinem Beschluss vom 14. November 2018 noch davon ausgegangen, die Immobilie sei erst nach Ablauf des laufenden Bewilligungsabschnitts als Vermögen i.S.v. § 12 SGB II zu berücksichtigen.

Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass die Antragstellerin ab Mitte November 2018 ausreichend auf ihre Obliegenheit zur Verwertung des Grundstücks hingewiesen worden ist, hat sie hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie dieser Obliegenheit angesichts der konkreten Umstände des Falles genügt hat.

Unter dem 29. März 2019 hat die Tochter der Antragstellerin eidesstattlich versichert, dass sie und ihre Mutter sich zwar zunächst wegen der Pflichtteilsansprüche und der behaupteten Drohungen durch den Anwalt ihres Onkels an einer Veräußerung gehindert gesehen hätten. Als diese Ansprüche Mitte Dezember 2018 befriedigt gewesen seien, seien sie jedoch zur Sparkasse gegangen, um das Haus zum Verkauf anzubieten. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung handelte es sich dabei um ernsthafte Verwertungsbemühungen. Für die Ernsthaftigkeit spricht, dass es – wenngleich erst einige Zeit später – zum Abschluss eines Maklervertrags mit der univest GmbH gekommen ist und die Immobilie im Internet zum Kauf angeboten wird.

(4)

Liegen die Voraussetzungen des Darlehens nach § 24 Abs. 5 SGB II vor, ist der Leistungsträger zu seiner Gewährung verpflichtet. Der Umfang des Darlehens ergibt sich aus der Hilfebedürftigkeit i.S.v. § 9 SGB II (vgl. Blüggel, in: Eicher/Luik, a.a.O., § 24 Rn. 147). Vorliegend ergibt sich ein Anspruch i.H.v. insgesamt 342,49 EUR.

Als Bedarf der Antragstellerin für November 2018 sind der Regelbedarf i.H.v. 416 EUR und die geltend gemachten KdUH i.H.v. 117,01 EUR zugrunde zu legen. Als bedarfsminderndes Einkommen i.S.v. § 11 SGB II sind die Mieteinnahmen i.H.v. 351 EUR zu berücksichtigen. Damit einhergehende Ausgaben sind nicht konkret dargelegt worden. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes setzt der Senat deshalb in Anlehnung an § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als notwendige Ausgaben 10 % der Einnahmen für Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten und 1 % für Bewirtschaftungskosten an (vgl. Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit 11.69 (Stand: 18. August 2016); Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 11b Rn. 247 (Stand: August 2017)), insgesamt also 38,61 EUR. Nach summarischer Prüfung geht der Senat außerdem davon aus, dass die Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR abzuziehen ist. Damit verbliebe für den gesamten Monat ein Anspruch i.H.v. 250,62 EUR. Für die Zeit vom 6. bis zum 30. November 2018 ergibt sich unter Berücksichtigung von § 41 Abs. 1 SGB II ein Anspruch i.H.v. 208,88 EUR.

Als Bedarf für Dezember 2018 ist lediglich der Regelbedarf i.H.v. 416 EUR zu berücksichtigen. KdUH sind nicht geltend gemacht worden. Unter Anrechnung der bereinigten Mieteinnahmen ergibt sich ein Anspruch i.H.v. 133,61 EUR.

(5)

Grds. eröffnet § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB II dem Leistungsträger ein Ermessen, ob er die Darlehensgewährung davon abhängig macht, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird. Vorliegend ist dieses Ermessen jedoch aufgrund des sehr geringen Darlehensbetrags und der bereits verstrichenen Zeit seit Eintritt der Bedarfslage dahingehend auf Null reduziert, dass es keiner Sicherung des Anspruchs bedarf.

bb.

Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Die Antragstellerin hat bereits am 28. September 2018 und damit vor dem Zeitraum, für den Leistungen zu gewähren sind, einstweiligen Rechtsschutz gesucht. Der Umstand, dass der streitgegenständliche Bewilligungsabschnitt inzwischen abgelaufen ist, ändert nichts am Fortwirken der durch die Gewährung existenzsichernder Leistungen zu behebenden Notlage.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

6.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved