L 8 SO 77/15

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 29 SO 167/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 77/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 23/18 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers nur im ersten Rechtszug zu zwei Fünfteln. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen ...

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob und in welcher Höhe der Kläger Anspruch auf Auszahlung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) zu seinen Händen im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2012 hat.

Der am ... 1946 geborene Kläger lebte im hier streitgegenständlichen Zeitraum mit seiner am ... 1957 geborenen Ehefrau in einer 75 m² großen Drei-Zimmerwohnung in der E ...strasse ... in M ... Ausweislich des am 13. Juni 2010 geschlossenen Mietvertrages betrug die Miete für das am 1. Oktober 2010 beginnende Mietverhältnis monatlich 535,00 EUR (Grundmiete 375,00 EUR zuzüglich 160,00 EUR Nebenkosten). Nach § 2 Satz 1 des Vertrages wird das Mietverhältnis für unbestimmte Zeit abgeschlossen. Satz 2 des § 2 bestimmt, dass der Vertrag vom Mieter bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Kalendermonats schriftlich gekündigt werden kann (Hinweis auf § 573 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Mit der Betriebskostenabrechnung vom 26. September 2012 wurde für das Jahr 2011 ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 163,65 EUR in Rechnung gestellt.

Der Kläger bezieht seit dem 1. Oktober 2011 Regelaltersrente. Von Januar bis Juni 2012 betrug der monatliche Zahlbetrag 649,19 EUR einschließlich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 44,17 EUR und von Juli bis Dezember 2012 663,85 EUR einschließlich des Krankenversicherungsbeitragszuschusses in Höhe von 45,17 EUR.

Der Kläger war zudem vom 1. Januar bis zum 11. Oktober 2012 als Rechtsanwalt zugelassen und tätig. Aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen am 10. Dezember 2012 verzichtete er auf seine Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zum 12. Oktober 2012. Vom 1. Januar bis zum 30. April 2012 zahlte er seiner Ehefrau für ihre Tätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei 1.621,00 EUR. Vom 1. Mai 2012 bis zum 30. Juli 2013 erhielt die Ehefrau des Klägers Arbeitslosengeld gemäß § 136 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III).

Am 30. Januar 2012 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Er gab an, bei der I. Krankenversicherung aG (im Weiteren: I) kranken- und pflegeversichert zu sein und legte eine Beitragsanpassungsbescheinigung zum 1. Januar 2012 vor, wonach er monatlich insgesamt 704,13 EUR für die private Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten habe (664,75 EUR/39,38 EUR). Über Vermögen, Bargeld sowie Guthaben auf Spar- und/oder Girokonten verfüge er nicht. Aus seiner selbstständigen Tätigkeit erziele er jährlich 1.784,00 EUR; insoweit legte er den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 vor. Ferner reichte er eine formularmäßige Einnahmenüberschussrechnung für das Kalenderjahr 2011 ein, wonach der Summe der Betriebseinnahmen in Höhe von 26.924,74 EUR die Summe der Betriebsausgaben in Höhe von 22.189,64 EUR (einschließlich Absetzung für Abnutzung (AfA) eines Kfz in Höhe von 1.917,34 EUR, gezahlter Vorsteuerbeträge in Höhe von 794,85 EUR und Umsatzsteuer in Höhe von 2.627,21 EUR) gegenüber gestellt ist. Hieraus ergebe sich rechnerisch ein monatlicher Gewinn von 394,95 EUR, ohne AfA ein monatlicher Gewinn von 554,37 EUR; hiervon seien monatliche Kreditraten von jeweils 245,18 EUR zu zahlen gewesen.

Der Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 5. März 2012 darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft (im Weitern: KdU) unangemessen hoch seien. Laut aktueller KdU-Richtlinie betrügen die angemessenen Kosten für einen 2-Personen-Haushalt 321,00 EUR (Grundmiete 246,00 EUR zzgl. Betriebskosten 75,00 EUR) sowie angemessene Heizkosten pauschal 92,00 EUR. Der Kläger werde zur Vorsprache zur Klärung einer Umzugsbereitschaft gebeten. Im Rahmen dieser persönlichen Vorsprache am 20. März 2012 teilte der Kläger mit, er sei bereits, um Wohnkosten zu senken, von B. L. nach M. umgezogen. Neuerlich umziehen wolle er nicht. Bei seiner privaten Kranken-/Pflegeversicherung habe er den Basistarif beantragt. Hierauf habe er das Schreiben der I vom 20. März 2012 erhalten, worin u.a. als Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung im Basistarif ein Beitrag von insgesamt 632,26 EUR (592,88 EUR/39,38 EUR) sowie im Standardtarif in Höhe von 333,64 EUR (294,26 EUR/39,38 EUR) aufgeführt sind und er - der Kläger - aufgefordert wurde, mitzuteilen, ob er an der Umstellung in den Basistarif festhalten wolle.

Mit Bescheid vom 29. März 2012 lehnte der Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen ab. Die tatsächlichen KdU seien unangemessen. Hierzu sei der Kläger bei der Vorsprache am 20. März 2012 angehört worden und er habe insoweit angegeben, nicht wieder umziehen zu wollen. Deshalb sei eine Kürzung der Grundmiete auf die - dem Kläger bereits mitgeteilte - angemessene Höhe erfolgt. Der Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sei der Standardtarif zugrunde gelegt worden. In Bezug auf die Einkommensermittlungen sei auf der Grundlage der Einnahmeüberschussrechnung des Jahres 2011 ein jährlicher steuerpflichtiger Gewinn von 4.735,10 EUR (monatlich 394,59 EUR) berücksichtigt worden. Dem Gesamtbedarf von 873,64 EUR (Regelbedarf 337,00 EUR, Standardtarif Kranken- und Pflegeversicherung 333,64 EUR, Grundmiete 123,00 EUR, Heizkosten und laufende Nebenkosten jeweils 40,00 EUR) sei ein anrechenbares Gesamteinkommen von 921,76 EUR (Altersruhegeld 605,02 EUR, Zuschuss Kranken- und Pflegeversicherung 44,17 EUR, selbstständige Tätigkeit 394,95 EUR abzüglich Freibetrag Gewinneinkommen 116,82 EUR und abzüglich Arbeitsmittel 5,20 EUR) gegenüberzustellen gewesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 12. April 2012 Widerspruch. Von dem sich aus der Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 2011 in Höhe von 4.735,10 EUR ergebenden Gewinn seien die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abzusetzen, soweit diese tatsächlich entrichtet oder fällig seien. Dass er diese Beiträge im Jahr 2011 in Höhe von insgesamt 8.466,84 EUR aus wirtschaftlichen Gründen nicht entrichtet habe, ändere nichts an deren Fälligkeit. Deshalb könne auch nicht rückwirkend der von dem privaten Krankenversicherer erstmals angebotene Standardtarif in Ansatz gebracht werden. Ferner habe er die fällig gewordenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für das dritte Vierteljahr in Höhe von 1.166,99 EUR nicht leisten können; bei der Einkommensberechnung seien jedoch alle fälligen Steuern abzusetzen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2012 als unbegründet zurück. Entsprechend dem Wortlaut von § 82 Abs. 2 SGB XII könnten nur Beiträge abgesetzt werden, die tatsächlich erbracht worden seien.

Hiergegen hat der Kläger am 11. September 2012 beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und zunächst die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2012 weiterverfolgt. Mit seinem an den Beklagten gerichteten und von diesem an das Sozialgericht weitergeleiteten Schriftsatz vom 11. Juni 2013 hat er ausgeführt, mit der Klage "lediglich die Forderung nach Leistungen gemäß SGB XII dem Grunde nach geltend" zu machen. Er hat dann eine (nicht formularmäßige) "Vorläufige Einnahmeüberschussrechnung 2012" vom 11. Juni 2013 vorgelegt, in der der Summe der Betriebseinnahmen in Höhe von 11.310,73 EUR die Summe der Betriebsausgaben (einschließlich AfA von 1.917,34 EUR, gezahlter Vorsteuer 288,56 EUR und Umsatzsteuer 1.434,88 EUR) in Höhe von 9.651,88 EUR gegenübergestellt ist. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 37 der Gerichtsakte verwiesen. Hieraus ergebe sich ein monatliches Einkommen in Höhe von 138,24 EUR. Sodann hat der Kläger den Einkommensteuerbescheid vom 9. Januar 2014 - gerichtet an den Insolvenzverwalter - für das Jahr 2012 vorgelegt. Danach habe der Kläger Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (aus freiberuflicher Tätigkeit) in Höhe von 1.846,00 EUR erzielt. In den Erläuterungen zur Feststellung heißt es, dass die an das Finanzamt gezahlte Umsatzsteuer in Höhe von 605,57 EUR als Betriebsausgabe sowie der Arbeitslohn der Ehefrau anhand der eingereichten Unterlagen in Höhe von 1.621,00 EUR berücksichtigt worden sei.

Der Beklagte hat dann zunächst aufgrund der vorläufigen Einnahmenüberschussrechnung 2012 eine Neuberechnung durchgeführt. Mit dem Bescheidentwurf vom 25. November 2013 hat er für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2012 einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Höhe von 199,56 EUR für die Monate Januar bis Juni 2012 und in Höhe von 120,40 EUR für die Monate Juli bis Dezember 2012 errechnet. Bei dem Krankenversicherungsbeitrag sei der Basistarif (halbiert) in Ansatz gebracht und für den Zeitraum von Januar bis Juni 2012 sei die Miete ungekürzt anerkannt sowie die Rentenerhöhung ab Juli 2012 berücksichtigt worden.

Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, die I berücksichtige den beantragten Basistarif erst mit Vorlage eines verbindlichen Bescheides.

Daraufhin hat der Beklagte auf der Grundlage des Steuerbescheides für das Jahr 2012 eine Neuberechnung durchgeführt und dem Kläger mit Bescheid vom 25. März 2015 für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2012 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 188,65 EUR für die Monate Januar bis Juni 2012 und in Höhe von 109,49 EUR für die Monate Juli bis Dezember 2012 bewilligt. Dabei hat er das Einkommen des Klägers aus selbstständiger Tätigkeit entsprechend dem Einkommensteuerbescheid 2012 festgesetzt, bei dem Krankenversicherungsbeitrag den Basistarif (halbiert) in Ansatz gebracht und für den Zeitraum von Januar bis Juni 2012 die Miete ungekürzt anerkannt sowie die Rentenerhöhung ab Juli 2012 berücksichtigt. Dem anliegenden Berechnungsbogen für die Monate Januar bis Juni 2012 ist zu entnehmen, dass neben dem Regelbedarf in Höhe von 337,00 EUR für die Kranken- und Pflegeversicherung 335,82 EUR und für die KdU 187,50 EUR Grundmiete sowie jeweils 40,00 EUR für die Heizkosten und die laufenden Nebenkosten berücksichtigt worden sind und ein Gesamtbedarf in Höhe von 940,32 EUR ermittelt worden ist. Dem ist das Altersruhegeld in Höhe von 605,02 EUR, der Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe von 44,17 EUR, das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 153,83 EUR abzüglich des Erwerbstätigenfreibetrages in Höhe von 46,15 EUR sowie der Arbeitsmittelpauschale in Höhe von 5,20 EUR und damit insgesamt 751,67 EUR gegenübergestellt worden. Für die Monate Juli bis Dezember 2012 ist auf der Bedarfsseite nur noch eine Grundmiete von 123,00 EUR und damit ein Gesamtbedarf von 875,82 EUR und in Bezug auf das Gesamteinkommen ein Altersruhegeld in Höhe von 618,68 EUR zuzüglich des Zuschusses zur Krankenversicherung in Höhe von 45,17 EUR und damit insgesamt 766,33 EUR berücksichtigt worden. Für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2012 ergebe sich ein nachzuzahlender Betrag in Höhe von 1.788,84 EUR. Da der Kläger Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht habe entrichten können, sei eine Auszahlung der Nachzahlung an die Krankenkasse beabsichtigt. Aus Sicht des Beklagten sei der Rechtsstreit damit erledigt. Sobald die Erledigungserklärung der Gegenseite vorliege, erfolge die Anweisung zur Auszahlung.

Der Kläger hat hierzu angegeben, der Beklagte habe nunmehr die Klageforderung anerkannt. Allerdings habe der private Krankenversicherer am 7. Februar 2014 mitgeteilt, dass eine rückwirkende Vertragsumstellung ausgeschlossen sei. Er beantrage den Erlass eines Anerkenntnisurteils. Mit der vom Beklagten beabsichtigten Abzweigung der Leistungen an die private Krankenversicherung erkläre er sich nicht einverstanden und beantrage die Verurteilung zur Zahlung der Grundsicherungsleistungen zu seinen Händen.

Der Insolvenzverwalter im Verfahren über das Vermögen des Klägers hat auf Anfrage des Sozialgerichts unter dem 10. August 2015 mitgeteilt, die Prüfung des Streitgegenstandes habe ergeben, dass kein Massebezug des Rechtsstreits zu erkennen sei.

Mit Urteil vom 16. November 2015 hat das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 29. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2012 in der Fassung des Bescheides vom 25. März 2015 geändert. Es hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für Januar bis März 2002 in Höhe von monatlich 378,66 EUR zu seinen Händen, für April bis Juni 2012 in Höhe von monatlich 378,66 EUR an die I, von Juli bis September 2012 und November bis Dezember 2012 in Höhe von monatlich 299,80 EUR an die I und für Oktober 2012 in Höhe von 381,62 EUR an die I, jeweils monatlich unter Anrechnung der bisher erbrachten Leistungen, zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zutreffend ab Juli 2012 nur noch die angemessenen Kosten für die Wohnungsmiete berücksichtigt. Der Dialog zwischen dem Kläger und dem Beklagten sei mit der Mitteilung des Klägers, er werde nicht umziehen, beendet gewesen. Auf die nochmalige Information über die Unangemessenheit der Unterkunftsaufwendungen im Ablehnungsbescheid vom 29. März 2012 wäre die Kündigung des Mietverhältnisses spätestens bis zum Ende des Monats Juni 2012 möglich gewesen. Für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum seien als angemessene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung die schon im Jahr 2012 angebotenen Beiträge nach einer Umstellung in den Basistarif von 592,88 EUR für die private Krankenversicherung und 39,38 EUR für die soziale Pflegeversicherung zu berücksichtigen gewesen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei eine Absenkung der als angemessen zu erachtenden Beträge auf den halben Basistarif nicht in Betracht gekommen. Eine solche Absenkung sei nach Lage des Falles untunlich. Bei dem Kläger bestehe auch bei dem nach § 12 Abs. 1c Satz 4 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) verminderten Betrag Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII. Der Kläger habe den Beitrag vorliegend nicht vermindern können, weil es an einer Hilfebedürftigkeitsbescheinigung des Beklagten gefehlt habe. Bis zum Bescheidentwurf vom 25. November 2013 habe der Kläger allein den Ablehnungsbescheid vom 29. März 2012 vorlegen können. Der Kläger habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit in Höhe von monatlich 298,02 EUR verfügt. Dieser Betrag ergebe sich aus der vorläufigen Einnahmenüberschussrechnung für 2012. Hierin aufgestellt seien Betriebseinnahmen in Höhe von 11.310,73 EUR. Diesen stünden Betriebsausgaben in Höhe von 7.734,54 EUR gegenüber. Dabei seien Absetzungen für Abnutzungen nicht zu berücksichtigen gewesen. Auch könnten nicht gezahlte Steuern nicht berücksichtigt werden, weil sie sich nicht in dem Gewinn niedergeschlagen hätten. Ein Zwölftel der Jahreseinkünfte sei zu dem monatlichen Renteneinkommen des Klägers zu addieren. Vom Einkommen des Klägers abzusetzen sei der Freibetrag für das Einkommen aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 30 Prozent von 298,02 EUR, d.h. 89,41 EUR. Insbesondere komme die Berücksichtigung von Umsatzsteuern nicht in Betracht. Denn die Umsatzsteuer werde auf den Umsatz entrichtet, nicht auf das Einkommen. Wegen der Berechnungen im Einzelnen wird auf Blatt 13 bis 15 des Urteils Bezug genommen. Die errechneten Ansprüche entfielen in voller Höhe auf die Restbedarfe für die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung. § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG verdeutliche den Vorrang der Absicherung im Krankheits- und Pflegefall bei Hilfebedürftigkeit. Der Vorrang werde unterstrichen durch die Einführung des § 32 Abs. 5 Satz 5 SGB XII zum 1. April 2012. Mit der Anordnung einer zwingenden Direktzahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen an private Krankenversicherungsunternehmen sollten Fehlsteuerungen vermieden und das Beitragszahlungsverfahren bei privat krankenversicherten Leistungsbeziehenden nach dem SGB XII an dasjenige nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) angepasst werden. Ab dem 1. April 2012 seien deshalb die Beträge in Höhe des Anspruchs des Klägers an die I auszuzahlen. Für die Zeit bis zum 31. März 2012 fehle es an einer Rechtsgrundlage für eine Direktzahlung, weshalb die Leistungen dem Kläger unmittelbar zu gewähren seien.

Gegen das ihm am 18. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und mit dem Schriftsatz von demselben Tag die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2012 zu seinen Händen weiterverfolgt. Zur Begründung der Berufung hat er vorgetragen, sein Einkommen aus freiberuflicher Tätigkeit sei unzutreffend festgestellt worden. Sowohl die monatlichen Ratenzahlungen für den zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2012 in Höhe von 2.451,80 EUR als auch die für das Jahr 2011 nachgeforderten Umsatzsteuern in Höhe von 1.816,10 EUR seien abzusetzen gewesen. Insoweit hat der Kläger den Darlehensvertrag mit der Skoda-Bank vom 22. Oktober 2008 vorgelegt, wonach von ihm bis zum 15. Oktober 2012 monatlich 245,18 EUR zu zahlen gewesen seien. Den Betriebseinnahmen in Höhe von 11.310,73 EUR stünden damit Betriebsausgaben in Höhe von 12.002,44 EUR gegenüber. Damit habe im Jahr 2012 ein Verlust von 691,71 EUR jährlich bzw. 57,64 EUR monatlich bestanden. Wegen der offensichtlichen Nichtberücksichtigung der AfA-Abschreibung und der Umsatzsteuernachforderung könne der Einkommensteuerbescheid vom 9. Januar 2014 nicht zugrunde gelegt werden. Unter dem 20. April 2016 hat der Kläger dann einen jährlichen Verlust von 504,56 EUR bzw. von 42,05 EUR monatlich errechnet, unter dem 22. Juni 2018 hat er ein Einkommen aus freiberuflicher Tätigkeit von 634,03 EUR jährlich und 52,83 EUR monatlich dargelegt.

Zudem sei eine Direktzahlung des Beklagten an die I ab April 2012 unzulässig. Durch § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII werde unmissverständlich klargestellt, dass die Direktzahlung nur unter der Voraussetzung des § 19 Abs. 1 SGB XII gewollt sei. Das vom Sozialgericht ermittelte Einkommen sei jedoch zu hoch und somit der Bedarf zu gering in Ansatz gebracht worden. Soweit der Beklagte inzwischen in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts tatsächlich Zahlungen an die I geleistet habe, sei die Gesamthöhe der Zahlungen nicht bekannt, da der Beklagte und die I ihm gegenüber hierzu unterschiedliche Angaben gemacht hätten. Die Zahlungen des Beklagten seien rechtsgrundlos erfolgt. Der Wechsel in den Basistarif erfordere einen Antrag des Versicherungsnehmers unter Vorlage eines Bescheides oder rechtskräftigen Urteils durch den/das die Bedürftigkeit des Versicherungsnehmers festgestellt worden sei. Da die Zahlungen des Beklagten zudem ohne hinreichende Bestimmungen i.S. § 366 Abs. 1 BGB erfolgt seien, habe die I die Zahlungen als rückständige Beitragszahlungen im Notlagentarif, Beiträge zur Pflegeversicherung sowie als Säumniszuschläge für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. April 2016 gebucht. Er verweise auf eine Mitteilung der I vom 13. April 2016. Danach sei der Vertrag mit dem Kläger im Zuge der Umsetzung des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in den Notlagentarif umgestellt und er - der Kläger - hinsichtlich der offenen Beitragsforderung in Verzug gesetzt worden. Insoweit bestünden rückständige Beitragsforderungen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 30. April 2016 in Höhe von insgesamt 11.510,83 EUR. Nach der Forderungsaufstellung sind im Jahr 2012 monatlich 100,92 EUR/39,38 EUR Krankenversicherung/Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen gewesen. Die Forderungsaufstellung enthält den Zusatz: "Die Zahlung vom 1. August 2013 in Höhe von 2.496,09 EUR ist keine tatsächliche Zahlung, da es sich um eine Reduzierung durch Gutschrift im NLT handelt. Das Ruhen der Leistungen wurde zum 14. September 2009 ausgesprochen". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 203 bis 207 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger hat sodann errechnet, dass ihm von dem Beklagten weitere 5.455,38 EUR zu seinen Händen zu zahlen seien. Er ist der Auffassung, dass die KdU nicht wegen Unangemessenheit zu kürzen seien, da der Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII und damit auch einen notwendigen Zuschuss zu den Umzugskosten abgelehnt habe. Entsprechend den Ausführungen des Sozialgerichts seien als Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung die Beiträge im Basistarif (592,88 EUR/39,38 EUR) zu berücksichtigen. Damit bestehe ein monatlicher Bedarf für die Monate Januar bis Oktober 2012 sowie für Dezember 2012 in Höhe von jeweils 1.236,76 EUR; für November 2012 erhöhe sich der Bedarf um die hälftige Betriebskostennachforderung in Höhe von 73,14 EUR auf 1.309,90 EUR. Unter Zugrundelegung des monatlichen Einkommens aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 52,83 EUR abzüglich des Freibetrages in Höhe von 15,85 EUR zuzüglich der Rente und des Zuschusses zur Krankenversicherung ergebe sich für die Monate Januar bis Juni 2012 ein Einkommen von insgesamt 686,17 EUR und für Juli bis Dezember 2012 in Höhe von 700,83 EUR. Damit bestehe für Januar bis Juni 2012 ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von 550,59 EUR monatlich, für Juli bis Oktober 2012 und Dezember 2012 in Höhe von 535,93 EUR und für November 2012 in Höhe von 609,07 EUR. Der Gesamtanspruch belaufe sich damit auf 6.592,26 EUR. Der Beklagte habe hierauf 1.136,88 EUR an ihn gezahlt, sodass noch ein Betrag von 5.455,38 EUR offen sei. Die Zahlungen des Beklagten an die INTER wirkten im Rechtsverhältnis zu ihm nicht schuldbefreiend, sodass deshalb der gesamte noch offene Betrag von 5.455,38 EUR zu seinen Händen zu zahlen sei.

Der Kläger beantragt ausdrücklich,

der Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2015 und des Bescheides vom 29. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2012 in der Fassung des Bescheides vom 25. März 2015 verurteilt, für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2012 Leistungen zur Grundsicherung im Alter nach SGB XII in Höhe von weiteren 5.455,38 EUR zu seinen Händen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat zuletzt Bescheidentwürfe mit Schriftsatz vom 24. Juli 2018 vorgelegt, wonach der Bedarf lediglich die Krankenversicherungsbeiträge abdecke. Hinsichtlich des Grundsicherungsbedarfs hat er in Bezug auf die Kranken- und Pflegeversicherung den halbierten Basistarif (die Hälfte von 592,88 EUR zuzüglich 39,38 EUR) in Höhe von nunmehr 335,82 EUR berücksichtigt und bei der Einkommensermittlung nach Maßgabe des Steuerbescheides 2012 153,83 EUR monatlich abzüglich des Erwerbstätigenfreibetrages in Höhe von 46,15 EUR und damit ein anrechenbares Gesamteinkommen in Höhe von 756,87 EUR für Januar bis Juni 2012 und in Höhe von 771,53 EUR für Juli bis Dezember 2012 zugrunde gelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Dieser verfolgt mit seiner Berufung die Änderung des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts dahingehend, dass die vom Sozialgericht errechneten Grundsicherungsleistungen vom Beklagten zu seinen Händen anstatt an die I zu zahlen sind und beziffert den ihm insgesamt zustehenden Betrag zuletzt mit 5.455,38 EUR. Sowohl der vom Sozialgericht errechnete an die I gezahlte als auch der zuletzt bezifferte Betrag übersteigen den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Schwellenwert deutlich.

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage auf Auszahlung von (weiteren) Grundsicherungsleistungen an den Kläger abgewiesen.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Der Kläger hat zunächst mit seiner Klage unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 29. März 2012 die Gewährung von Leistungen "dem Grunde nach" verfolgt mit der Begründung, die Anerkennung seiner Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII sei Voraussetzung für die von ihm erstrebte Umstellung in den Basistarif bei der I. Dieses Klageziel hat er mit dem Erlass des Bescheides vom 25. März 2015 durch den Beklagten während des Klageverfahrens auch erreicht. Soweit mit dem ursprünglichen Klageantrag der "Gewährung" von (unbezifferten) Leistungen auch die Auszahlung zu seinen Händen vom Kläger verfolgt worden ist, ist allerdings mit dem Bescheid vom 25. März 2015 seinem Klageziel nicht vollumfänglich entsprochen worden. Insoweit ist der Bescheid vom 25. März 2015 gemäß § 96 SGG als Änderungsbescheid - im Hinblick auf die vorgenommene Neuberechnung der Grundsicherungsleistungen aufgrund des nach Klageerhebung erlassenen Einkommensteuerbescheids vom 8. Januar 2014 - anzusehen und Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Soweit von einer vollständigen Abhilfe in Bezug auf das ursprüngliche Klageziel auszugehen wäre, ist durch die Einbeziehung des Bescheides vom 25. März 2015 in den Klageantrag eine Klageänderung gemäß § 99 SGG eingetreten, die zulässig gewesen ist, da der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auf die abgeänderte Klage eingelassen hat, in dem er - ohne weiter auf eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hinzuweisen - die Abweisung der Klage auf Gewährung (unbezifferter) Grundsicherungsleistungen beantragt hat. Da der Kläger bereits im Klageverfahren die Höhe der zu berücksichtigenden KdU als auch das aus seiner selbstständigen Tätigkeit anzurechnende Einkommen wesentlich geringer als der Beklagte und das Sozialgericht berechnet hat, ist von dem Kläger trotz fehlender Bezifferung des Anspruchs ein höherer Anspruch auf Grundsicherungsleistungen verfolgt worden, als ihm das Sozialgericht zugesprochen hat. Insoweit ist er durch das Urteil des Sozialgerichts sowohl im Hinblick auf die nicht erfolgte Verurteilung der Auszahlung zu seinen Händen als auch durch die sein Vorbringen zur anrechenbaren Einkommenshöhe sowie die Höhe der KdU nicht berücksichtigende Bedarfsberechnung beschwert.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im hier streitigen Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2012 an sich.

Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist älteren Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Vermögen und Einkommen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter zu leisten. Hier hat der 1946 geborene Kläger die maßgebliche Altersgrenze erreicht (§ 41 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII).

Für den Kläger, der gemeinsam mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Haushalt führt, ist im streitgegenständlichen Zeitraum ein monatlicher Regelbedarf in Höhe von 337,00 EUR (§§ 42 Nr. 1, 27a Abs. 3, 28 SGB XII i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) und § 138 Nr. 2 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 - RBSFV 2012) anzusetzen.

Gemäß § 42 Nr. 4 SGB XII i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wobei die Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden. Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sind, wenn die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Abs. 2 SGB XII zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Dies gilt so lange, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Heizung und zentrale Warmwasserversorgung in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die vom Kläger und seiner Ehefrau im streitigen Zeitraum entstandenen Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe von 455,00 EUR monatlich aufgrund der Größe der Wohnung unangemessen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind der Beklagte und das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund der Hinweise des Beklagten mit Schreiben vom 5. März 2012, bei der persönlichen Vorsprache am 20. März 2012 und im angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 29. März 2012 der Kläger hinreichend deutlich auf die Notwendigkeit der Kostensenkung hingewiesen worden ist und deshalb im Hinblick auf die in § 2 Abs. 2 Satz 1 des Mietvertrages vom 13. Juni 2010 bestehenden Kündigungsmöglichkeit ab Juli 2012 nur noch die Berücksichtigung von angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft in Betracht kam. Angemessene Kosten sind hier auf der Grundlage der KdU-Richtlinie des Landkreises Saalekreis vom 23. Juni 2011 die Grundmiete in Höhe von 246,00 EUR, Betriebskosten in Höhe von 75,00 EUR sowie Heizkosten inklusive Warmwasser in Höhe von 92,00 EUR. Soweit der Kläger hiergegen weiter einwendet, aufgrund der Ablehnung der Grundsicherungsleistungen mit Bescheid vom 29. März 2012 sei für ihn auch eine Umzugsbeihilfe nicht in Betracht gekommen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn es hätte ihm freigestanden, dem Beklagten gegenüber seine Umzugsbereitschaft mitzuteilen, sofern er sich entgegen seinen Angaben im Gespräch am 20. März 2012 umentschieden hätte. Im hier streitigen Zeitraum ist jedoch nicht aktenkundig geworden, dass der Kläger doch zu einem Umzug bereit gewesen wäre. Tatsächlich umgezogen ist der Kläger erst im März 2013.

Zu den weiteren zusätzlichen Bedarfen gehören die Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung nach § 32 SGB XII. Diese betragen hier monatlich zusammen 140,30 EUR. Denn der Vertrag des Klägers mit der I ist aufgrund des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15. Juli 2013 (BGBl I S. 2423, 2426) rückwirkend ab dem 1. Juli 2009 in den Notlagentarif umgestellt worden. Dieser Notlagentarif betrug für den hier streitigen Zeitraum in der Krankenversicherung 100,92 EUR und in der Pflegeversicherung 39,38 EUR. Nur in dieser Höhe schuldet der Kläger für das Jahr 2012 der I Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Dies ergibt sich u.a. aus der Forderungsaufstellung der I vom 13. April 2016 und ist in Bezug auf den bei der hier vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim Senat der Entscheidung zugrunde zu legen. Die Forderungsaufstellung entspricht der mit § 193 Abs. 9 Satz 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz (VVG)) ab dem 1. August 2013 geltenden Rechtslage. Denn danach wird der Vertrag (über die private Krankenversicherung) - erst - ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Hier hatte der Kläger seit Juli 2009 erhebliche Beitragsschulden aufgebaut und dementsprechend war der Vertrag gemäß § 193 Abs. 6 Satz 4 VVG zum Ruhen gebracht worden. Dieses Ruhen konnte nicht allein mit der Feststellung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII und mit der Bewilligung von Beiträgen im Basistarif beendet werden, sondern hätte die vollständige Tilgung der Schulden vorausgesetzt. Eine Rückkehr in den Basistarif war daher nicht möglich, wurde scheinbar auch vom Kläger nicht beantragt, so dass die Zugrundelegung des Basistarifs - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - nicht angemessen war.

Damit bestanden für den Kläger von Januar bis Juni 2012 Bedarfe in Höhe von 744,80 EUR (337,00 EUR Regelbedarf + 267,50 EUR KdU + 140,30 EUR KV-/PV), für Juli bis September 2012 in Höhe von 680,30 EUR (337,00 EUR Regelbedarf + 203,00 EUR KdU + 140,30 EUR KV-/PV), für Oktober 2012 aufgrund der hälftigen Nebenkostennachzahlung in Höhe von 163,65 EUR, d.h. 81,82 EUR, in Höhe von 762,12 EUR und für November sowie Dezember 2012 in Höhe von 680,30 EUR (Regelbedarf 337,00 EUR + 203,00 EUR KdU + 140,30 EUR KV/PV).

Diesen Bedarfen standen Einkommen durch den Rentenbezug sowie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit gegenüber. Von Januar bis Juni 2012 erhielt der Kläger einen Nettorentenzahlbetrag in Höhe von 605,02 EUR zuzüglich des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 44,17 EUR und damit 649,19 EUR und von Juli bis Dezember 2012 in Höhe von 618,68 EUR zuzüglich 45,17 EUR und damit insgesamt 663,85 EUR.

Die Höhe der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit ist nach Auffassung des Senats ausgehend vom Steuerbescheid vom 9. Januar 2014 zu berechnen, wobei der Gesamtbetrag in Höhe von 1.869,00 EUR für das Jahr 2012 auf die ersten zehn Monate des Jahres zu verteilen ist.

Soweit das Sozialgericht auf der Grundlage der Einnahmenüberschussrechnung für 2012 einen monatlichen Betrag von 298,02 EUR zu Grunde gelegt hat, folgt der Senat dem nicht. Denn es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben in der Einnahmenüberschussrechnung vollständig und zutreffend sind. Während für das Jahr 2011 noch ein entsprechendes Formblatt vom Kläger ausgefüllt worden ist, handelt es sich bei der Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 2012 um eine formlose Aufführung verschiedener Positionen, deren Richtigkeit nicht überprüft werden kann.

Der Beklagte hat demgegenüber auf der Grundlage des Steuerbescheides vom 9. Januar 2014 die dort angegebenen Einkünfte auf zwölf Monate verteilt und mit monatlich 153,83 EUR abzüglich des Erwerbstätigenfreibetrages in Höhe von 46,15 EUR und damit mit 107,68 EUR für alle Monate im hier streitigen Zeitraum angerechnet.

Nach § 4 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (im Weiteren: § 82 SGB XII - V) sind die Einkünfte für das Jahr zu berechnen, in dem der Bedarfszeitraum liegt (Berechnungsjahr), vorliegend für das Jahr 2012. Als Einkünfte ist bei den einzelnen Einkunftsarten ein Betrag anzusetzen, der auf der Grundlage früherer Betriebsergebnisse aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr bereits erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben sowie der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr noch zu erwartenden Einnahmen und notwendigen Ausgaben zu errechnen ist (§ 4 Abs. 3 Satz 1 der § 82 SGB XII - V), wobei bei der Ermittlung früherer Betriebsergebnisse ein durch das Finanzamt festgestellter Gewinn berücksichtigt werden kann (§ 4 Abs. 3 Satz 2 der § 82 SGB XII - V). Soweit im Einzelfall geboten, kann abweichend von der Berechnungsmethode nach § 4 Abs. 3 der § 82 SGB XII - V) als Einkünfte ein Betrag angesetzt werden, der nach Ablauf des Berechnungsjahres aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben zu errechnen ist (§ 4 Abs. 4 Satz 1 der § 82 SGB XII - V), wobei als Einkünfte auch in diesem Rahmen der vom Finanzamt für das Berechnungsjahr festgestellte Gewinn angesetzt werden kann (§ 4 Abs. 4 Satz 2 der § 82 SGB XII - V).

Im vorliegenden Einzelfall ist es geboten, abweichend von der prognostischen Berechnung für den Bedarfszeitraum im Jahr 2012 die im Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr festgestellten Einkünfte zu berücksichtigen. Denn der mit der Klage angefochtene Bescheid über den Bedarfszeitraum wurde mit dem während des Klageverfahrens erlassenen Bescheid zumindest abgeändert und war jedenfalls Gegenstand des Klageverfahrens. Damit liegt der Bedarfszeitraum abgeschlossen in der Vergangenheit. Für eine Einkommensprognose und eine hypothetische Einnahmenüberschussrechnung ist daher kein Raum mehr, weil inzwischen der - bestandskräftige - Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes vorliegt. Das gilt auch, weil die Verordnung zudem - wie oben dargestellt - vorsieht, vom Finanzamt für das Berechnungsjahr festgestellte Gewinne zu berücksichtigen und als Gewinn aus Gewerbebetrieb bei Einzelunternehmen die Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb gelten.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger seine Zulassung als Rechtsanwalt im Oktober 2012 zurückgegeben hat, ist nach § 11 Abs. 2 der § 82 SGB XII - V der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Betrag auf die ersten zehn Monate des Jahres 2012 aufzuteilen. Denn gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 der § 82 SGB XII - V sind die Einkünfte aus der betreffenden Einkunftsart, wenn der Betrieb oder die sonstige Grundlage der als Jahreseinkünfte zu berechnenden Einkünfte nur während eines Teils des Jahres vorhanden oder zu Einkommenserzielung genutzt ist, nur für diesen Zeitraum zu berechnen. Für ihn gilt als monatliches Einkommen im Sinne des Gesetzes derjenige Teil der Einkünfte, der der Anzahl der in den genannten Zeitraum fallenden Monate entspricht. Satz 1 gilt nicht für Einkünfte aus Saisonbetrieben und andere ihrer Natur nach auf einen Teil des Jahres beschränkte Einkünfte, wenn die Einkünfte den Hauptbestandteil des Einkommens bilden. Die in Satz 2 genannten Ausnahmen des § 11 Abs. 2 der § 82 SGB XII - V sind hier offenkundig nicht einschlägig. Da auch die Ehefrau des Klägers nur bis zum 30. April 2012 in der Kanzlei versicherungspflichtig beschäftigt worden ist, ist davon auszugehen, dass die in dem Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte dem Kläger in den Monaten Januar bis Oktober 2012 zugeflossen sind.

Damit sind nur für die Monate Januar bis Oktober 2012 129,22 EUR als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen (1.869,00 EUR/Jahr, d.h. 184,60 EUR monatlich abzüglich 30 Prozent Erwerbstätigenfreibetrag, d.h. 55,38 EUR). Somit ergibt sich für die Monate Januar bis Juni 2012 ein Gesamteinkommen in Höhe von 778,41 EUR, für die Monate Juli bis Oktober in Höhe von 793,07 EUR und für die Monate November und Dezember in Höhe von jeweils 663,85 EUR.

Damit fehlten dem Kläger in den Monaten November und Dezember 2012 jeweils 16,45 EUR zu Deckung seiner Bedarfe. Nach der vom Gesetzgeber durch die Einfügung des § 32 Abs. 5 Satz 5 SGB XII normierten Rechtsfolge kam die Verurteilung zur Zahlung auf vom Kläger geschuldete Beiträge zur privaten Krankenversicherung an diesen selbst - für den Zeitraum ab April 2012 und damit auch in Bezug auf die Monate November und Dezember 2012 - nicht in Betracht. Wegen der weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen, die sich der Senat nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Beklagte hat die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu zwei Fünfteln nur für den ersten Rechtszug aufgrund seines Obsiegens vor dem Sozialgericht zu tragen.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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