L 5 R 60/16

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 994/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 R 60/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. Dezember 2015 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Witwerrente nach der vorletzten Ehegattin.

Der Kläger heiratete 1967 die Versicherte H. (im Folgenden Versicherte). Mit im Haushalt lebte deren 1962 geborene Tochter. Die Versicherte verstarb am 22. Juli 1972 nach einer Gallensteinoperation. Nach einer Auskunft der Deutschen Bahn AG vom 7. Februar 2000 verdiente sie als Sachbearbeiterin bei der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1971 insgesamt 6.645,59 M brutto. Hierbei fielen zehn Arbeitsausfalltage an. In der Zeit vom 1. Januar bis 21. Juli 1972 belief sich ihr Verdienst auf 3.323,85 M brutto in der gleichen Tätigkeit. Sie war in dieser Zeit an 28 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis (im Folgenden: SV-Ausweis) wurde sie vom 3. bis 22. Juli 1972 stationär im Krankenhaus behandelt. Verdienstnachweise für 1971 und 1972 enthält der SV-Ausweis nicht.

Der Kläger war ausweislich des SV-Ausweises von 1969 bis 1973 als Betriebsstellenleiter bei der Volkseigenen Handelsorganisation (HO) H. beschäftigt. Er erzielte ausweislich des von der D. GmbH übersendeten "Lohn- und Gehaltskonto 1970" in den Monaten Dezember 1969 bis November 1970 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 8.724,35 M. Für die Jahre 1971 und 1972 waren dort keine Lohnkonten mehr vorhanden. Ausweislich des SV-Ausweises erzielte der Kläger im Jahr 1971 ein sozialversicherungspflichtiges Bruttoeinkommen in Höhe von 7.090,15 M und im Jahr 1972 in Höhe von 6.999,98 M. Der SV-Ausweis enthält eine Eintragung, wonach er 1972 13 krankheitsbedingte Ausfalltage (20. Juli bis 1. August) hatte.

Nach einer vom Kläger vorformulierten und vom Vater der Versicherten, S. , am 31. Juli 2000 eigenhändig unterschriebenen Erklärung habe das Kind der Versicherten einen Unterhalt in Höhe von 35 M/Monat vom leiblichen Vater sowie Kindergeld in Höhe von 20 M/Monat erhalten. Er, der Vater, habe der Versicherten eine Unterstützung in Höhe von 70 M bis 80 M/Monat in Form eines Mieterlasses, der Übernahme der Energiekosten sowie sonstiger Zuwendungen als Gegenleistung für die Pflege der Mutter und die Hilfe im Haushalt gewährt. Der Kläger selbst bezifferte diese Zuwendung mit 70 M/Monat. Er gab an, die Versicherte habe vom Arbeitgeber Freifahrten für die Familie mit der Deutschen Reichsbahn im Wert von 50 M/Monat erhalten.

Im März 1973 heiratete der Kläger erneut. Diese Ehe wurde 1983 geschieden.

Unter dem 25. Januar 2000 beantragte der Kläger eine Hinterbliebenenrente nach der Versicherten. Hierbei gab er an, sie sei zuletzt in die Lohngruppe 8 eingestuft gewesen und habe mehr verdient als er. Der Kläger behauptete, von Dezember 1971 bis 1973 in einer kleineren Verkaufsfiliale eingesetzt gewesen zu sein. Er habe nur noch 455 M/Monat brutto verdient und geringere Prämien erhalten.

Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2001 ab. Die Versicherte habe nicht den überwiegenden Familienunterhalt bestritten.

Im nachfolgenden Klageverfahren wies das LSG mit Urteil vom 26. Januar 2006 (L 1 RA 231/03) die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Sozialgerichts Magdeburg zurück. Im Wesentlichen führte es zur Begründung aus, bei der Feststellung der Höhe des Verdienstes des Klägers im Zeitraum vom 23. Juli 1971 bis 22. Juli 1972 sei auf das 1970 erzielte Gehalt abzustellen. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass er 1971 und 1972 in eine kleinere Filiale versetzt und weniger verdient habe. Vielmehr seien seine Tätigkeit (Betriebsstellenleiter) sowie der Stempel des Betriebes (Volkseigene HO H.) identisch geblieben. Auch sonst seien keine Indizien oder Beweismittel für eine Umsetzung erkennbar.

Es errechne sich ein Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 7.204,26 M. Dem Familieneinkommen hinzuzurechnen seien neben dem Nettoeinkommen der Versicherten der Unterhalt für das Kind und das Kindergeld. Zweifelhaft sei, ob die Zuwendungen des Vaters tatsächlich aufgrund eines Austauschverhältnisses erbracht worden und in welcher Höhe sie zu berücksichtigen seien. Der Senat unterstellte zugunsten des Klägers dessen Angaben als richtig. Die behauptete freie Nutzung der Züge der Reichsbahn bewertete er nicht als Einkommen der Versicherten, da deren Wert völlig offen sei. Die durch die Mitarbeit im Haushalt erbrachten Unterhaltsbeträge beider Ehegatten sah der Senat als gleichwertig an und ließ sie deswegen im Wege der Saldierung unberücksichtigt. Es ergebe sich ein Familieneinkommen in Höhe von 14.413,55 M/Jahr. Die Versicherte habe nur 6.549,29 M (Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Zuwendungen ihres Vaters) dazu beigetragen, mithin nicht überwiegend den Familienbedarf bestritten.

Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 31. Oktober 2006 zurück.

Einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nahm der Kläger am 15. September 2010 zurück und stellte einen Überprüfungsantrag.

Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2011 ab. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgebracht, die nicht bereits im vorangegangenen Gerichtsverfahren berücksichtigt worden seien.

Dagegen hat sich der Kläger mit einer bereits seit 3. Januar 2011 rechtshängigen Klage gewandt. Er selbst habe nur 520 M bis 560 M/Monat brutto aus seiner Erwerbstätigkeit erzielt. Der Grundlohn habe 460 M/Monat brutto betragen, Prämien habe er in Höhe von 125M/Monat erhalten. Die im Wege der Erbauseinandersetzung ermittelten Vermögenswerte ließen Rückschlüsse auf die Einkommensverteilung zu. Zudem sei zu beachten, dass auch seine Altersrente auf der Grundlage der im SV-Ausweis festgestellten Bruttoverdienste berechnet worden sei. Im Übrigen könne Frau D. bestätigen, dass die HO H. mehrere Verkaufsfilialen unterhalten habe, und es Unterschiede in der Entlohnung für die Tätigkeit eines Betriebsstellenleiters und eines Verkaufsstellenleiters gegeben habe. Zudem könne seine Umsetzung in eine eigene Verkaufsstelle und die damit verbundene Lohneinbuße bewiesen werden durch die Vernehmung des Zeugen Herrn L ...

Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 17. Dezember 2015 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 19. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2001 sowie vom 14. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2011 dem Kläger beginnend ab 1. Januar 2006 Witwerrente nach der Versicherten H. zu leisten. Hinsichtlich des Einkommens des Klägers ist es von den im SV-Ausweis bescheinigten Beträgen ausgegangen und hat ein Nettoeinkommen in Höhe von 5.633,12 M errechnet. Die Versicherte habe ein Nettoeinkommen in Höhe von 5.709,29 M erzielt und damit den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten. Zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte der Versicherten noch zusätzlich die Freifahrten in Höhe eines Wertes von 600 M/Jahr und die Zuwendungen ihres Vaters in Höhe von 840 M/Jahr zugerechnet habe.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 2. Februar 2016 zugestellte Urteil am 15. Februar 2016 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht die Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau isoliert gegenüber gestellt. Vielmehr sei zunächst das Familieneinkommen zu berechnen. Überwiegend habe die Ehefrau nur dann zum Familienunterhalt beigetragen, wenn sie mehr als die Hälfte verdient hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen. Schließlich sei von einem Bruttoeinkommen des Klägers in Höhe von 7.204,26 M im Jahr vor dem Tode der Versicherten auszugehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 17. Dezember 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2017 ist der Kläger zur Höhe seines Einkommens, des Wertes der Freifahrten sowie zu den Umständen bezüglich der Zuwendungen vom Vater der Versicherten befragt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten verweist der Senat auf das Protokoll dieser Verhandlung.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und im Übrigen statthafte Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide eine Witwerrente ab 1. Januar 2006 zu gewähren.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2011 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens.

Der Antrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) ist zulässig. Nach insoweit unterschiedlichen Auffassungen der verschiedenen Senate des BSG soll insoweit entweder a) in entsprechender Anwendung von § 51 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VfwVfG) eine gestufte Prüfungsverpflichtung, b) eine Prüfungspflicht nur bei Anhaltspunkten für die Unrichtigkeit der früheren Entscheidung, c) auch ohne neues Vorbringen jeweils eine neue Prüfungsverpflichtung bestehen oder d) die Beklagte einzelfallbezogen aufgrund des Antrags erkennen können müssen, welche Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der angefochtenen Bescheidung bestehen (vgl. zur Darstellung des Streitstands und den entsprechenden Fundstellen: BSG, Urteil vom 13. Februar 2014, B 4 AS 22/13 R, Rn. 13 f., Juris).

Der Kläger hat in seinem Überprüfungsantrag konkret und einzelfallbezogen dargelegt, welche Feststellungen der Beklagten er für fehlerhaft hält. Er hat ferner verschiedenste Beweismittel für seine Behauptung eines geringeren Einkommens als das der Versicherten im maßgeblichen Zeitraum vorgelegt bzw. angeboten. Schließlich hat er - zuletzt durch Benennung von zwei Zeugen - neue Beweismittel vorgebracht und somit neu vorgetragen.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Witwerrente nach § 46 Abs. 3 i.V.m. § 303 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen, für das der Kläger die materielle Beweislast trägt, hat der Senat nicht feststellen können.

Nach § 46 Abs. 3 SGB VI haben überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 Anspruch auf kleine oder große Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten). Gemäß § 303 Satz 1 SGB VI besteht, wenn eine Versicherte vor dem 1. Januar 1986 gestorben ist, Anspruch auf eine Witwerrente unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts nur, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod überwiegend bestritten hat.

Die Versicherte war als vorletzte Ehefrau des Klägers am 22. Juli 1972, mithin vor dem 1. Januar 1986 verstorben. Sie hatte aber im Jahr vor ihrem Tod (22. Juli 1971 bis 21. Juli 1972) den Familienunterhalt nicht überwiegend bestritten.

Zu den Leistungsvoraussetzungen der hier in Rede stehenden Witwerrente nach § 46 Abs. 3 SGB VI i.V.m. § 303 SGB VI existiert eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG. Für die Fälle, in denen der Tod des Versicherten vor dem 1. Januar 1986 eintrat, galt die bisherige Rechtslage des § 43 Abs. 1 AVG weiter, sodass auf die hierzu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 16. August 2016, B 5 R 98/16 B, Rn. 6, Juris).

Der letzte wirtschaftliche Dauerzustand vor dem Tode der Versicherten bezieht sich grundsätzlich auf ein Jahr, im Regelfall das Jahr vor dem Tode der Versicherten (BSG, Urteil vom 16. März 2006, B 4 RA 15/05 R, Rn. 22, Juris).

Wie das BSG mehrfach entschieden hat, ist der letzte wirtschaftliche Dauerzustand auch dann rückwirkend vom Tod der Versicherten an zu errechnen, wenn dem Tod eine Zeit der Erkrankung mit einer dadurch verursachten Verschlechterung der Unterhaltslage vorausgegangen ist (BSG, Urteil vom 1. Februar 1984, 5b RJ 56/83, Rn. 12, Juris).

Vorliegend war die Versicherte vor ihrem Tod vom 3. bis 22. Juli 1972 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Im Jahr 1972 hatte sie bis 21. Juli insgesamt 28 Ausfalltage. Gründe für eine vom Regelfall abweichende Berechnung des Familieneinkommens ohne die Zeiten der Erkrankung der Versicherten sind nicht ersichtlich. Sie waren Teil des wirtschaftlichen Dauerzustandes. Da ein Anspruch auf Krankengeld nach dem Recht der DDR in Höhe von 90 % des letzten Nettoeinkommens bestand, hatte sich die Erkrankung vor dem Tod auch nicht wesentlich auf die wirtschaftliche Situation der Familie ausgewirkt. Maßgebend sind damit die wirtschaftlichen Verhältnisse in dem Zeitraum vom 22. Juli 1971 bis 21. Juli 1972.

Die Versicherte hätte den Unterhalt der Familie "überwiegend bestritten", wenn ihr Unterhaltsbeitrag während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor ihrem Tode mehr als die Hälfte des gesamten Familienunterhalts ausgemacht hätte (BSG, Urteil vom 16. März 1989, 4/1 RA 17/87, Rn. 15, Juris). Dabei sind die den Familienmitgliedern zur Verfügung stehenden Nettobeträge festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1981, 11 RA 69/80, Juris).

Zur Bestimmung des Familieneinkommens geht der Senat entgegen der Ansicht des 1. Senats des LSG in seinem Urteil vom 26. Januar 2006 nicht vom Verdienst des Klägers im Jahr 1970 aus. Der Kläger hat plausibel dargelegt, er habe 1971 und 1972 einen geringeren Verdienst gehabt, da er in eine kleinere Filiale versetzt worden sei. Eine Hochrechnung des Lohnes nach dem bescheinigten Verdienst für das Jahr 1970 scheidet danach hier aus.

Der Kläger hatte mindestens das im SV-Ausweis dokumentierte sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen. Dabei ist zu beachten, dass das dort festgestellte Jahreseinkommen den Dezember des Vorjahres sowie die Monate bis November des laufenden Jahres umfasste. Dies ergibt sich aus dem von der D. GmbH vorgelegten "Lohn- und Gehaltskonto 1970". Danach wurde das im SV-Ausweis eingetragenen Bruttoentgelt für 1970 in Höhe von 6.709,72 M in den Monaten Dezember 1969 bis November 1970 erzielt.

Allerdings konnte der Kläger weder konkret darlegen noch beweisen, wie hoch die neben dem Grundlohn gewährten Prämien waren, die er in den Jahren 1971 und 1972 erzielt hatte. Der im SV-Ausweis dokumentierte Bruttolohn ist hier kein Indiz dafür, dass er nicht mehr Einkommen erzielte. Das zeigt ein Vergleich mit den Aufzeichnungen der Lohnunterlagen mit dem im SV-Ausweis eingetragenen Bruttolohn für das Jahr 1970. Bei einem Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 8.724,35 M stellte der Arbeitgeber ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt in Höhe von 6.709,72 M fest. Nur ein Teil der Prämien unterlag der Sozialversicherungspflicht (wegen der Kappungsgrenze für die Sozialversicherungsplicht bei 600 M/Monat).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Altersrente des Klägers nur anhand des im SV-Ausweis festgestellten Einkommens berechnet worden ist. Nur dieser Anteil seines Einkommens war sozialversicherungspflichtig. Nur auf der Grundlage dieses Einkommens konnte folglich die Beklagte die Rentenberechnung durchführen. Bei der Ermittlung des Familienunterhalts sind jedoch alle Lohnbestandteile, auch die sozialversicherungsfreien, zu Grunde zu legen.

Der Behauptung des Klägers, er habe nicht mehr als 520 M bis 560 M brutto/Monat im Jahr vor dem Tod der Versicherten verdient, steht schon das im SV-Ausweis bescheinigte Bruttoeinkommen entgegen. Nach den Angaben des Klägers ergäbe sich dann lediglich ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von höchstens 6.720 M. Sowohl 1971 als auch 1972 liegt es jedoch höher.

Auch soweit der Kläger nunmehr in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, er habe im Dezember 1970 wegen Umbaus "seiner" Filiale nur eine Prämie in Höhe von 200 M erhalten, kann der Senat dieser Angabe nicht folgen. Dem steht wiederum das im SV-Ausweis festgestellte Bruttoeinkommen für 1971 in Höhe von 7.090,15 M/Jahr entgegen. Dieses Einkommen müsste er in elf Monaten erzielt haben. Da die Beitragsbemessungsgrenze jedoch bei 600 M/Monat brutto lag, hätte in diesem Fall das im SV-Ausweis festgestellte Bruttoeinkommen im Jahr 1971 nur 6.800 M betragen dürfen.

Wenn der Kläger behauptet, 1972 sei er nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen und die Eintragung im SV-Ausweis falsch, so konnte sich der Senat nicht von der Richtigkeit dieser Behauptung überzeugen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die auf eine unrichtige Eintragung schließen ließen. Der Kläger hat auch keinen Beweis für seine Behauptung angeboten.

Letztlich sind seine Behauptungen zur Höhe seines Einkommens aber nicht erheblich. Denn auch unter Zugrundelegung eines Einkommens in Höhe des im SV-Ausweis festgestellten Bruttolohns ergibt sich kein Anspruch des Klägers (s.unten).

Der Senst konnte nicht die für den Nachweis erforderliche Überzeugung gewinnen, dass die der der Familie Versicherten gewährten Freifahrten einen Wert in Höhe von 50 M/Monat ausmachten. Der Kläger hat nicht beweisen können, dass und in welcher Höhe diese Gutscheine tatsächlich genutzt und somit als Familieneinkommen verwandt worden sind. Die Freifahrten können zwar nach der Rechtsprechung des BSG "sonstige Bezüge" und somit in das Gesamt-Familieneinkommen einzubeziehen sein (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, B 12 KR 20/12 R). Das entspricht auch der Rechtslage in der DDR. Allerdings kann dieser Betrag nur dann dem Einkommen zugerechnet werden, wenn er auch tatsächlich der Familie zugutegekommen ist. Allein der Anspruch ist dem tatsächlichen Unterhaltsbeitrag nicht gleichzusetzen. Wesentlich bleibt hiernach, dass die Eheleute ihren Lebensunterhalt zu Lebzeiten der Versicherten unter Nutzung der Freifahrten bestritten hatten (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 1978, 4/5 RJ 16/77, Rn. 15, Juris zur festgestellten, aber nicht ausgezahlten Altersrente).

Der Kläger konnte selbst die Werte der Freifahrten nicht genau beziffern. Die in der mündlichen Verhandlung angegebenen Preise für entsprechende Fahrkarten der Deutschen Reichsbahn waren bloße Vermutungen. Nach eigenen Angaben kannte er seinerzeit die Preise nicht, da er sie nicht habe bezahlen müssen. Auch eine Schätzung war dem Senat aufgrund der nur vagen Angaben des Klägers nicht möglich.

Auch die behaupteten Zuwendungen des Vaters der Versicherten in Höhe von 70 M/Monat sind dem Familieneinkommen nicht hinzuzurechnen. Der Senat hat sich weder von der Höhe der behaupteten Zuwendungen noch von einem zugrundeliegenden Austauschverhältnis überzeugen können.

Der Kläger hat keinen schlüssigen Vortrag zum Zweck und der Höhe dieser Zuwendungen erbracht. Der Schwiegervater hat zwar in einer vom Kläger verfassten Erklärung vom 31. Juli 2000 bekundet, die Versicherte habe für reichlich ein Jahr vor ihrem Tod alle anfallenden Hausarbeiten für ihn und seine Ehefrau erledigt, da seine Ehefrau einen weiteren schweren Schlaganfall erlitten habe. Ihr (der Versicherten) sei daher u.a. ein Mieterlass für die Wohnung im Haus ihrer Eltern gewährt worden. Ebenfalls seien die Energiekosten der Familie übernommen worden und weitere andere Zuwendungen erfolgt. Die Höhe ist auf 70 bis 80 M/Monat beziffert worden.

Zuvor allerdings hatte der Kläger im Widerspruch vom 26. Juni 2000 behauptet, die 70 M seien in Form eines Mieterlasses und der Übernahme der Energiekosten geleistet worden. Die Höhe der Miete hatte er unter dem 13. April 2000 mit 24,50 M/Monat angegeben. Selbst unter Zugrundlegung seiner nunmehrigen Behauptung, die Miete habe monatlich 46,50 M/Monat betragen, kann der Senat die Summe in Höhe von 70 M/Monat nicht nachvollziehen.

Auch ist zweifelhaft geblieben, ab welchem Zeitpunkt die Versicherte Zuwendungen aufgrund der Hilfe im Haushalt erhalten haben soll. Im Verwaltungsverfahren beschrieb der Kläger einen schweren Schlaganfall vier Wochen vor dem Tod der Versicherten. In der mündlichen Verhandlung hat er hingegen angegeben, dieses sei der dritte Schlaganfall gewesen.

Zudem hat er ausgeführt, der Mieterlass sei erst ein viertel Jahr vor dem Tod der Versicherten gewährt worden. Die von ihm verfasste und von seinem Schwiegervater unterzeichnete Erklärung stimme insoweit nicht. Den Beweiswert der schriftlichen Erklärung hat der Kläger damit zumindest im Hinblick auf diese Behauptung zerstört.

Der Senat ist hingegen überzeugt, dass das Kind der Versicherten ein monatliches Kindergeld in Höhe von 20 M und einen Unterhalt in Höhe von 35 M erhalten hat. 660 M sind folglich dem Familieneinkommen hinzuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juni 1976, 11 RA 102/75, Rn. 17, Juris).

Die geldwerten Tätigkeiten des Klägers und der Versicherten im Haushalt sind als gleichwertig anzusehen. Sowohl der Kläger als auch die Versicherte waren vollschichtig tätig. Es besteht daher die Vermutung, dass sich beide zu gleichen Teilen an der Haushaltsführung und der Betreuung des Kindes beteiligt hatten. Der Senat nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, nach eigener Prüfung insoweit Bezug auf die den Beteiligten bekannten Ausführungen des 1. Senats des LSG im Urteil vom 26. Januar 2006.

Unter Anwendung dieser Maßstäbe errechnet sich nachfolgendes Einkommen für die Versicherte (1971):

(Tabelle nicht darstellbar)

283,63 M

Im Jahr 1971 hatte die Versicherte gemäß der Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers einen Bruttoverdienst in Höhe von 6.645,59 M bei 10 Ausfalltagen. Mangels anderer Erkenntnisse geht der Senat davon aus, dass die Ausfalltage in der hier zu berücksichtigenden Zeit vom 22. Juli bis 31. Dezember 1971 lagen. Die vom Arbeitgeber bescheinigten Ausfalltage hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 252a SGB VI auf 14 Kalendertage umgerechnet.

Ohne Ausfalltage hätte sie ein Bruttoentgelt in Höhe von 6.910,66 M (6.645,59*365/351) gehabt. Kalendertäglich ergibt sich daraus ein Bruttoeinkommen in Höhe von 18,93 M. Für Dezember 1971 errechnet sich für 17 Kalendertage ein Bruttoeinkommen in Höhe von 321,81 M.

Da die Versicherte sonst ein gleichmäßiges Gehalt bezog, ermittelt der Senat das durchschnittliche Nettoeinkommen der Versicherten unter Abzug des für Dezember 1971 erhaltenen Bruttolohnes und teilt diesen Betrag durch 11 Monate. Es ergibt sich ein Bruttolohn in Höhe von 598,98 M/Monat.

Insgesamt ergibt sich nach der oben stehenden Tabelle ein Nettolohn in Höhe von 2.350,21 M.

Das Krankengeld errechnet der Senat anhand des Nettodurchschnittseinkommens in den Monaten Juli bis Dezember 1971 (2350,21 netto/149 = 15,77 M netto/Kalendertag). Für die Ausfalltage ergib sich ein Nettobetrag von 90% = 14,19 M/Kalendertag. Für 14 Ausfalltage errechnet sich ein Lohn in Höhe von 198,66 M.

Die Versicherte hatte mithin im Zeitraum vom 22. Juli bis 31. Dezember 1971 ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.548,87 M (2.350,21 M + 198,66 M).

Für 1972 hat der Senat das Einkommen der Versicherten wie folgt berechnet:

(Tabelle nicht darstellbar)

Sie erhielt für die Zeit vom 1. Januar bis 21. Juli 1972 ein Bruttoentgelt in Höhe von 3.323,85 M. Sie hatte mithin ein Bruttotageseinkommen in Höhe von 20,27 M (3.323,85 /164). Die kalendertäglichen Ausfalltage (39) legt der Senat wegen der Einheitlichkeit der Berechnung wiederum ans Ende des Zeitraums.

Unter Einbeziehung der Ausfalltage hat sie folglich bis 12. Juni 1972 gearbeitet. Bei einem kalendertäglichen Bruttoverdienst in Höhe von 20,27 M ergibt sich für Juni mithin ein Bruttolohn in Höhe von 243,24 M. Der verbleibende Teil des Bruttolohnes in Höhe von 3.080,61 M war auf die Zeit von Januar bis Mai 1972 gleichmäßig zu verteilen. Es ergibt sich ein Bruttolohn in Höhe von 616,12 M.

Die Versicherte erhielt vom 1. Januar bis 12. Juni 1972 mithin ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.668,52 M.

Daraus ergibt sich ein kalendertägliches Nettoeinkommen in Höhe von 16,27 M (2.668,52/164). 90% hiervon sind 14,64 M. Für die Zeit vom 13. Juni bis 21. Juli 1972 hatte sie demnach einen Krankengeldanspruch in Höhe von 570,96 M.

Es errechnet sich ein Gesamtnettoeinkommen 22. Juli 1971 bis 21. Juli 1972 in Höhe von 5.788,35 M.

Für den Kläger ergibt sich für 1971 nachfolgende Berechnung:

(Tabelle nicht darstellbar)

Ausgehend vom im SV-Ausweis festgestellten sozialversicherungspflichtigen Bruttolohn in Höhe von 7.090,15 M und unter Zugrundelegung des vom Kläger genannten Grundlohnes in Höhe von 455 M/Monat ergibt sich der oben errechnete Nettolohn unter der Prämisse eines gleichmäßigen Monatseinkommens.

Es ergibt sich ein Gesamtnettolohn für die Zeit vom 22. Juli bis 31. Dezember 1971 in Höhe von 2.646,24 M.

Für den Zeitraum vom 1. Januar bis 21. Juli 1972 errechnet sich das Nettoeinkommen des Klägers wie folgt:

(Tabelle nicht darstellbar)

489,78 M

Wie oben bereits ausgeführt legt der Senat hier zugrunde, dass der Kläger keine Ausfalltage hatte. Das im SV-Ausweis festgestellte Bruttoeinkommen erhielt er folglich für 366 Tage. Da der Kläger den Lohn immer einen Monat später ausgezahlt bekam, hatte er im Juli 1972 mithin den vollen Monatslohn für Juni 1972 zur Verfügung.

Er erzielte mithin einen Nettolohn in Höhe von 2.938,68 M.

Für den Zeitraum vom 22. Juli 1971 bis 21. Juli 1972 ergibt sich ein Gesamtnettolohn in Höhe von 5.584,92 M.

Der Familienunterhalt wurde demnach gedeckt durch das Einkommen der Versicherten in Höhe von 5.788,35 M, dem Einkommen des Klägers in Höhe von 5.584,92 M sowie dem Einkommen des Kindes in Höhe von 660 M.

Der Bedarf der Familie nach §§ 1360, 1360 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) lag hier in Höhe des der Familie zur Verfügung stehenden Einkommens, mithin bei 12.033,27 M. Der Kläger hat auf Nachfrage bekundet, dass sowohl sein Einkommen als auch das der Versicherten und des Kindes für den Unterhalt der Familie verwendet worden sind.

Die Versicherte hat folglich mit ihrem Einkommen in Höhe von 5.788,35 M zwar mehr verdient als der Kläger, aber nicht über die Hälfte des Unterhaltsbedarfs (6.016,63 M) der Familie gedeckt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen. Der Senat hat einen Einzelfall auf gesicherter Rechtsgrundlage entschieden.
Rechtskraft
Aus
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