L 11 KR 4041/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 RA 3403/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4041/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Organisten sind bei ihrer Tätigkeit für die Kirchengemeinden abhängig beschäftigt. Revision anhängig. Vgl. Urteile des 4. Senats vom 23.04.2004 L 4 KR 4466/02; L 4 KR 3850/03 und Urteile des 11. Senats vom 30.06.2004 L 11 KR 4872/03 und L 11 KR 510/04.
L 11 KR 4041/03

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 4.000,00 EUR.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beigeladene Ziff. 1) (A.), die bei der Klägerin in Gottesdiensten aller Art Orgel spielt (im Folgenden: Organistin), in dieser Funktion abhängig oder selbstständig tätig ist.

Am 27.06.2000 beantragten A. und Pfarrer F. G. als Erster Vorsitzender des Kirchengemeinderats der Klägerin die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status von A. bei der Beklagten. A. gab an, sie sei Hausfrau, bei der Barmer Ersatzkasse familienversichert und sei vertretungsweise als Organistin tätig.

Die Beklagte klärte über die rechtliche Lage eingehend auf und hörte die Beteiligten an. Im Anschluss daran stellte die Beklagte mit gleichlautenden Bescheiden vom 10.08.2001 an die Klägerin und A. fest, A. sei abhängig beschäftigt. Zur Begründung führte sie aus, es gäbe, da A. die Gottesdienste etc. nicht selbst tages- und zeitgemäß bestimmen, festlegen oder verändern könne, Auftrags- und Terminvorgaben. Auch sei von einer inhaltlichen Weisungsbindung auszugehen. Die Gottesdienste und Feiern würden sich nach einer fremdbestimmten Gottesdienstordnung richten. Diese lege genau fest, wann gespielt werden müsse. Darüber hinaus seien auch liturgische Gegebenheiten zu beachten. Da das Liedgut für die Liturgie inhaltlich zum Gottesdienst und der Predigt passen solle, werde es vom Pfarrer festgelegt. Die Tatsache, dass dies weitestgehend in Absprache mit dem Organisten erfolge, stehe der Weisungsgebundenheit hierbei nicht entgegen. Auch dass Vor- und Nachspiel zum Gottesdienst vom Organisten selbst herausgesucht werden könnten, stelle ebenfalls kein Merkmal dafür dar, dass A. ihre Arbeit selbst bestimmen könne. Da es sich bei der Ausübung von Musik um Kunst handele, müsse man ihr diese Freiheit lassen. Erhebliches Eigenkapital mit der Möglichkeit eines Verlustes habe A. in ihre Tätigkeit nicht eingebracht. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht erkennbar.

Gegen diese Entscheidung erhoben die Klägerin und A. Widerspruch. Die Klägerin machte geltend, es bestehe keine Weisungsgebundenheit. A. genieße vielmehr volle Gestaltungsfreiheit. Sie wähle die Musikstücke für das Vor- und Nachspiel selbstständig aus. Die Klägerin nehme hierauf keinerlei Einfluss. Gerade für diesen Teil des Gottesdienstes benötige A. den größten Teil ihrer örtlich und zeitlich ungebundenen Vorbereitungszeit. Auch das Orgelvorspiel für die einzelnen Lieder werde aus den vielfältigen Angeboten und Möglichkeiten von A. selbst ausgewählt und selbst intoniert. Gleiches gelte für die Art der Begleitung des Gemeindegesanges. Zwar würden die Lieder und die dazu gehörenden Grundmelodien vom Pfarrer vorgegeben, in der musikalischen Ausgestaltung habe A. jedoch einen weitgehenden selbstbestimmbaren Freiraum. Eine Eingliederung in die betriebliche Organisation finde nicht statt. Der Termin für das Orgelspiel werde mündlich vertraglich geregelt. Nach erteiltem Auftrag könne die Klägerin die Dienstleistung und Arbeitszeit nicht einseitig durch Weisung ändern. A. sei auch nicht verpflichtet, für die Klägerin erneut tätig zu werden. Dies zeige sich auch darin, dass sie im Jahr 2001 bis jetzt nur zweiundzwanzigmal tätig geworden sei. Für das vereinbarte Honorar seien bei einem normalen Predigtgottesdienst 2,75 Stunden Arbeitszeit angesetzt. Hiervon entfalle auf den Gottesdienst nur eine Stunde. 1,75 Stunden entfielen auf die Vorbereitungszeit, die A. frei wählen könne. Die Vorbereitungszeit müsse nicht in der Kirche der Klägerin verbracht werden. Damit sei für den überwiegenden Teil der Arbeitszeit kein Arbeitsort zugewiesen. Ein Unternehmerrisiko sei gegeben. Die Zahlung werde nur für die tatsächliche Versehung des Dienstes vereinbart. Um überhaupt den Auftrag ausführen zu können, sei eine Ausbildung mit nicht unerheblichen Aufwendungen notwendig, die A. aus eigenen Mitteln habe vorfinanzieren müssen. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.06.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar werde, was aufgrund der Eigenart der Tätigkeit, die im künstlerischen Bereich liege, auch als unüblich anzusehen wäre, nicht im Detail vorgeschrieben wie die Musik zu spielen bzw. zu interpretieren sei, insgesamt vollziehe sich die Tätigkeit aber, auch hinsichtlich des Vor- und Nachspiels eingebunden in den Gottesdienst, dem A. zu dienen bestimmt sei und dem sie sich als Bestandteil insgesamt unterzuordnen habe. Ablauf und Gestaltung, die zeitliche und örtliche Lage des Gottesdienstes lägen außerhalb ihres Einflussbereichs. Die unbestrittene, jedoch tätigkeitsimmanente künstlerische Gestaltungsfreiheit könne für sich genommen nicht als ausreichend angesehen werden, um eine selbstständige Tätigkeit zu begründen, wenn sie sich, wie vorliegend in einen insgesamt fremdbestimmten Ablauf eingliedere. Die Vergütungsmodalität spreche nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Die Tatsache, dass 1,75 Stunden der Vergütung auf Vorbereitung und Üben entfallen würde, zeige lediglich, dass insgesamt der Aufwand abgegolten werden solle, den der Organist für die von ihm in der Kirche auszuführenden Arbeiten betreibe. Schwerpunkt sei das Orgelspiel beim Gottesdienst. Ein Unternehmerrisiko bei der Ausführung der Arbeiten bestehe nicht. Die Vergütung werde nach der Dauer des Arbeitseinsatzes bezahlt. Das Risiko, dass sich der Arbeitseinsatz nicht rentiere, bestehe nicht. Der vertragliche Ausschluss von Arbeitnehmerrechten wie Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub begründe allein noch kein Unternehmerrisiko. Das Risiko, die eigene Arbeitskraft nicht gewinnbringend verwerten zu können, werde als Erwerbsrisiko bezeichnet. Dieses Risiko trage jeder Beschäftigte. Eine Ausbildung für einen Beruf begründe ebenfalls kein Unternehmerrisiko. Dies stelle eine unabdingbare Voraussetzung für die Erwerbstätigkeit und deshalb kein Abgrenzungskriterium zur Unterscheidung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung dar.

Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung berief sie sich im Wesentlichen darauf, zwischen ihr und A. bestehe kein Vertrag und auch keine sonstige rechtliche Bindung. Dies sei für ein Arbeitsverhältnis untypisch. Die Tatsache, dass die Zeit der Tätigkeit von A. auf den Gottesdienst vorgegeben sei, führe nicht dazu, dass ein Arbeitsverhältnis bestehe. Bei Erbringung von Dienstleistungen seien regelmäßig zeitliche Vorgaben einzuhalten. A. sei auch gestattet, mit anderen Personen zu tauschen, ohne dass sie die Klägerin vorher um Erlaubnis fragen müsse. A. unterliege keinem Weisungsrecht im arbeitsrechtlichen Sinne. Sie trage ein eigenes wirtschaftliches Risiko und beschaffe ihre Betriebsmittel auf eigene Kosten. Aus der Tatsache, dass die während des Gottesdienstes zu spielenden Lieder vom Pfarrer vorgegeben würden, ergebe sich nicht, dass A. Arbeitnehmerin sei. Die Lieder müssten vom Pfarrer schon deswegen vorgegeben werden, weil sie zum Text der Predigt und zum Anlass des Gottesdienstes passen müssten. Es liege auf der Hand, dass ein Organist insoweit Vorgaben beachten müsse. Bezüglich Vor-, Nachspiel und Intonation der Lieder und auch bezüglich der Auswahl unter mehreren Melodien verbleibe ein weiterer Spielraum.

Mit Beschluss vom 06.03.2003 lud das SG A. bei.

Das SG hörte A. Diese wiederholte, dass zwischen ihr und der Klägerin kein Vertrag existiere. Es bestehe auch sonst keine rechtliche Bindung. Die Arbeitszeit sei durch den Gottesdienst vorgegeben. Tauschen sei möglich. An welchen Gottesdiensten sie spielen wolle, entscheide sie selbst. Sie entscheide auch, ob und in welchem Umfang sie sich vorbereite. Sie übe zu Hause und in der Kirche. Eine ständige Dienstbereitschaft bestehe nicht. Einen vereinbarten Termin habe sie wahrzunehmen. Sie arbeite auch noch als Organistin in der Kirchengemeinde I. und im G.-H.-Heim. Bei 31 Einsätzen pro Jahr in M. sei sie im Jahresdurchschnitt 1,8 Stunden pro Woche für diese Kirchengemeinde tätig. Pro Gottesdienst erhalte sie eine Vergütung in Höhe von 28,00 EUR, für einen Gottesdienst mit Abendmahl in Höhe von 36,00 EUR und für eine Andacht in Höhe von 15,00 EUR. Die Honorarzahlung sei davon abhängig, ob sie tatsächlich spiele. Die Lieder gebe der Pfarrer vor. Vor- und Nachspiel und Intonation der Lieder bestimme sie selbst. Noten würden von ihr beschafft.

Mit Urteil vom 28.07.2003 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2002 auf und stellte fest, dass A. in ihrer Tätigkeit als Organistin nicht als abhängig Beschäftigte sozialversicherungspflichtig ist. Zur Begründung führte das SG im Wesentlichen aus, vorliegend würden die für eine nicht abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. A. könne über Zeit, Dauer und Art der Vorbereitung, die im Honorar mit abgegolten sei, nach eigener Wahl und eigenem Belieben ebenso wie über den Ort der Vorbereitung entscheiden. Vor- und Nachspiele wie auch Intonation und in verschiedenen Fällen auch die Wahl der Liedmelodien seien von ihr nach eigener Wahl festzulegen. Hierauf habe die Klägerin keinen Einfluss. Ein Urlaubsanspruch wie auch eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestehe nicht. A. könne ohne Rücksprache und Genehmigung seitens der Klägerin eine Vertretung suchen und Dienste tauschen. Eine Weisungsgebundenheit von A. bestehe nicht. Sie nehme nicht funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Klägerin teil. Dass gewisse Weisungen auch bei Diensten höherer Art typisch seien, ergebe sich eindeutig aus den Regelungen des freien Dienst- und Werkvertrages im Bürgerlichen Gesetzbuch. Inhaltlich handele es sich bei dem zwischen der Klägerin und A. bestehenden Verhältnis um einen Mischvertrag mit Elementen des Dienst- und des Werkvertrages. In welchem Gottesdienst A. zu spielen habe, ergäbe sich aus einer freien, zwischen unabhängigen Partnern ausgehandelten konkreten Absprache. A. trage die Gefahr dafür, dass das gottesdienstliche Orgelspiel nicht durchgeführt werden könne. Dem entspreche auch die Regelung der Vergütung, die in einer festen Summe für das konkrete gottesdienstliche Spiel unter Abgeltung sämtlichen damit verbundenen Aufwandes festgesetzt sei. Spiele A. einen Gottesdienst nicht, so habe sie auch keinen Vergütungsanspruch. Durch die Zusammenarbeit von A. mit den von der Klägerin gestellten Pfarrern und Gottesdienstleitern und der von der Klägerin gestellten Orgel werde A. nicht selbst in den Arbeitsbetrieb der Klägerin eingegliedert. Sie bediene sich lediglich der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Personen und sachlichen Mittel, um das versprochene Werk (Orgelspiel im Gottesdienst) zu verwirklichen. Ein Unternehmerrisiko trage A. insoweit, als sie einen Honorarausfall zu verzeichnen habe, wenn sie nicht spiele. Darüber hinaus stelle A. ihr Notenmaterial selbst.

Gegen das am 22.09.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 09.10.2003 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie weist darauf hin, dass die Sachzwänge, mit deren Gewichtigkeit das Bundessozialgericht (BSG) im Jahr 1981 in seinem Urteil vom 14.05.1981 - 12 RK 11/80 - die Aufhebung und Zurückverweisung einer Sache begründet habe, weil ihnen gegenüber ein Weisungsrecht in den Hintergrund träte, auf den vorliegenden Fall, nachdem sich dort zwei Vertragsparteien mit gleicher Rechtsstellung gegenübergestanden hätten, nicht übertragbar seien. Das SG sei der Frage, ob A. nicht überwiegend das von der Klägerin vorgegebene Liedgut zu spielen gehabt habe, nicht nachgegangen. Die gezahlte Vergütung sei lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung anzusehen. Den vom SG weiterhin vorgebrachten Aspekten, die nach seiner Auffassung für eine selbstständige Tätigkeit sprechen würden, könne keine Indizwirkung beigemessen werden. Die Beklagte verweist insoweit auf ihrer Ansicht nach ihre Auffassung stützende Entscheidungen des BSG, des LSG Berlin und des LSG Mecklenburg-Vorpommern. Die nach Annahme des SG unter Berücksichtigung von Zeiten für die Vorbereitung kalkulierten Honorare sprächen auch gegen eine Selbstständigkeit der Organistin, da im allgemeinen Geschäftsleben vom Auftraggeber eines Selbstständigen schlechthin erwartet werde, dass dieser zur Ausführung des Auftrags entsprechend vorbereitet sei. Auf die fehlende soziale Schutzbedürftigkeit komme es nicht an. Inzwischen habe sich auch das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ihrer Auffassung angeschlossen und die Gliedkirchen mit Rundschreiben entsprechend unterrichtet.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist noch einmal darauf hin, dass A. nicht in ihrem Betrieb integriert sei. Die Tatsache, dass A. vorgegebenes Liedgut zu spielen habe, stehe einer selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen. A. könne nach eigenem Belieben entscheiden, ob sie auf eine Anfrage der Klägerin zusage und auch, ob sie persönlich erscheine, oder aber mit einem anderen Organisten tausche. Anspruch auf Urlaubsgeld habe A. nicht. Sie sei auch ständig der Gefahr ausgesetzt, Arbeitszeit vergebens zu investieren. Sie müsse auf eigenes Risiko ständig üben und sich fortbilden, ohne hierfür bezahlt zu werden.

Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats das Rundschreiben des Kirchenamts der EKD vom 19.11.2001 vorgelegt. Außerdem hat sie eine Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 23.01.2004 L 4 KR 3083/02 zu den Akten gegeben.

Die Beigeladene zu Ziff. 1) und die durch Beschluss der Berichterstatterin vom 31.03.2004 beigeladene Ersatzkasse und die Bundesagentur für Arbeit haben keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG den Bescheid vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2002 aufgehoben und festgestellt, dass A. nicht abhängig beschäftigt ist. Die mit diesem Bescheid getroffene Entscheidung der Beklagten entspricht dem geltenden Recht und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit der Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidung allein dem Begehren der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) nicht in vollem Umfang entsprochen worden wäre. Diese erstreben nämlich nicht etwa keine Entscheidung über den Status der Beigeladenen zu 1), was bei der bloßen Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidung der Fall wäre, sondern eine solche in ihrem Sinn. Dies kommt zutreffend in der vom SG getroffenen Entscheidung zum Ausdruck.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, der Pflege-, der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V -; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - SGB XI -, § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - und § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III -). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R -).

In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten und des Beurteilungsmaßstabs ist die Beschäftigung von A. als Organistin entgegen der von der Klägerin und dem SG vertretenen Auffassung als abhängige einzustufen. Zunächst spricht die Tatsache, dass zwischen A. einerseits und der Klägerin andererseits kein schriftlicher "fester" Dauerarbeitsvertrag geschlossen wurde, nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. In zahlreichen Bereichen der Wirtschaft ist die Beschäftigung sogenannter "Aushilfen" üblich. Diese sind dann zwar unständig, aber genauso abhängig beschäftigt wie das sogenannte Stammpersonal. Die Notwendigkeit des Abschlusses eines schriftlichen Vertrags besteht nicht. Ein mündlicher Vertrag genügt. Ein solcher wurde zwischen den Beteiligten bei zutreffender Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse in rechtlicher Hinsicht geschlossen. Es handelt sich hierbei nicht, wie vom SG angenommen, um einen Mischvertrag mit Elementen des Dienst- und des Werkvertrags, und auch entgegen der Annahme der Klägerin nicht um keinerlei rechtliche Bindung, sondern einen mündlichen "Rahmenvertrag", in dem alle Einzelheiten, die den Beteiligten aus ihren bisherigen Dienstleistungen bekannt sind, geregelt sind. Bestimmt werden muss im Einzelfall vor den Einsätzen der A. nur noch, wann sie ihren Dienst leistet. Dass hierzu eine größere Entschlussfreiheit besteht als sie sonst im Erwerbsleben üblich ist, liegt nicht nur daran, dass eine Kunst auszuüben ist, sondern hängt auch damit zusammen, dass der Dienst grundsätzlich zu einer "ungünstigen Zeit" außerhalb üblicher Dienstzeiten einer regelmäßigen Fünf-Tage-Woche geleistet werden muss und im Allgemeinen bei üblichen Pfarrgemeinden, wie es hier auch der Fall ist, nur einen Nebenverdienst ermöglicht. Deshalb ist hier auch von der Klägerin auf die Interessen der Organistin besonders Rücksicht zu nehmen. Sie muss bei kurzfristiger Verhinderung der Organistin auch mit einem Tauschpartner einverstanden sein. Das wirtschaftliche Risiko ihres eigenen Ausfalls trägt A. dabei nicht. Sie hat dem für sie einspringenden Organisten kein Honorar zu bezahlen. Die Tatsache, dass sie in diesem Fall selbst nichts verdient, ist Folge des jeden Beschäftigten treffenden Erwerbsrisikos. Für den Fall, dass sich A. zur Übernahme des Dienstes verpflichtet hat, hat sie sich dann aber nicht nur in den der Natur der Sache gegebenen Rahmen (Zeit und Ort des Gottesdienstes) einzufügen, sondern sie unterliegt auch einem unmittelbaren Direktionsrecht des Gottesdienstleiters, im Allgemeinen des Pfarrers. Ob und in welchem Umfang dieser von dem ihm zustehenden Recht tatsächlich Gebrauch macht, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass er ins Einzelne gehende Weisungen erteilen kann, die zum Teil (vor allem aus liturgischen Gründen) sogar in den Kernbereich der jedem Organisten zukommenden künstlerischen Freiheit eingreifen können. So kann der Gottesdienstleiter beispielsweise selbst dann bestimmte Vorgaben für Vor-, Zwischen- und Nachspiel machen, wenn deren Auswahl und Gestaltung üblicherweise dem Organisten überlassen bleibt, ganz abgesehen davon, dass er die zu singenden Psalmen und Kirchenlieder praktisch immer vorgibt. Dass die Verantwortlichkeit für den gesamten Ablauf des Gottesdienstes, also auch des kirchenmusikalischen Teils, beim jeweiligen Pfarrer liegt, zeigt eindeutig, dass sich der Organist dessen Weisungen in jedem Fall unterzuordnen hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der Organist bei Meinungsverschiedenheiten überhaupt und mit welchen Erfolgsaussichten an ein Gremium innerhalb (Kirchengemeinderat) oder außerhalb (Dekanat) der Kirchengemeinde beschwerdeführend wenden oder nur die künftige Übernahme weiterer Orgeldienste ablehnen könnte. In der Tatsache, dass der Pfarrer aus welchen Gründen auch immer eine weitere Zusammenarbeit mit dem Organisten ablehnen kann, tritt kein Unternehmerrisiko zutage. Unternehmerrisiko ist die Chance durch Einsatz von Kapital Gewinne zu erzielen bzw. das Risiko, dass sich der Einsatz nicht rentiert. Dies ist bei Ausführung oder Nichtausführung von Arbeiten nicht der Fall. Notwendig wäre insoweit ein Wagnis, das über dasjenige hinausgeht, für seine Arbeitskraft kein Entgelt zu erzielen. Ein Unternehmerrisiko ist auch nicht darin zu sehen, dass A. die Noten selbst beschafft. Diese ließen sich, ganz abgesehen davon, dass Organisten im Allgemeinen gesucht sind und einem großen Arbeitsmarkt gegenüberstehen, mit verhältnismäßig geringen Verlusten gegebenenfalls veräußern. Der Besitz des erforderlichen Notenmaterials kann auch nicht als der Besitz des zur Berufsausübung erforderlichen "Kapitals" angesehen werden, da es im Vergleich zu dem wesentlichen Gegenstand "Orgel" nur einen unbedeutenden Wert darstellt. Die Orgel steht aber - im Gegensatz etwa zum PKW des Taxifahrers - nicht im Eigentum des Organisten. Dieser hat auch nur insoweit Verfügungsmacht über sie, als er sie im Rahmen des jeweiligen Gottesdienstes, für den er eingeteilt ist, spielen und gegebenenfalls auf ihr üben darf, da ein Klavier oder Flügel nur ein Üben der auf den Manualen zu spielenden Teilen, nicht aber der mit den Pedalen beizufügenden Teile ermöglicht und auch eine Heimorgel keinen adäquaten Ersatz darstellt. Der Besitz der Noten bestimmt auch nicht den Wert des Organisten. Dieser beruht vielmehr auf seiner Fähigkeit Orgel zu spielen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass A. ihre Ausbildung und etwaige Fortbildung selbst finanzieren musste bzw. muss. Der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten ist regelmäßig für die Mehrzahl aller Erwerbstätigkeiten unabdingbare Voraussetzung und deshalb kein Abgrenzungskriterium zur Unterscheidung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung. Schließlich vermag auch die Tatsache, dass A. im Falle krankheits- oder urlaubsbedingter Verhinderung keine Vergütung erhält, nicht als Indiz dafür herangezogen werden, dass sie ein unternehmerisches Risiko im Hinblick auf ihre Tätigkeit trägt. Dieser Aspekt ist nur die zwangsnotwendige Folge der zwischen A. und der Klägerin vereinbarten freiberuflichen Tätigkeit. Insoweit ist jedoch nicht diese, sondern - wie bereits ausgeführt - das Gesamtbild der Arbeitsleistung, mithin die tatsächlichen Verhältnisse, maßgebend. Nicht zuletzt spricht auch die zwischen den Beteiligten vereinbarte Vergütung für eine abhängige Beschäftigung. A. wird im Grunde für die Dauer ihres Arbeitseinsatzes und nicht den Erfolg des Spiels bezahlt. Dass dabei die Vorbereitung in ihrem Ermessen steht, hat gegenüber der Tatsache, dass das Spiel in der Kirche entscheidend ist, zurückzutreten. Im übrigen würde einem Selbstständigen im allgemeinen Geschäftsleben für die Vorbereitung kein Honorar bezahlt. Von einem Selbstständigen erwartet man, dass er für die Ausführung des Auftrags entsprechend vorbereitet ist.

Somit spricht im Einklang mit dem Rundschreiben des Kirchenamtes der EKD aus dem Jahr 2001 das Übergewicht der Argumente eindeutig für eine abhängige Beschäftigung. Die Berufung der Beklagten musste deshalb Erfolg haben und das angefochtene Urteil des SG aufgehoben werden. Die Klage war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind, nachdem sie keine Anträge gestellt und das Verfahren nicht gefördert haben, nicht zu erstatten.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimisst.
Rechtskraft
Aus
Saved