L 8 RJ 500/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 1253/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 RJ 500/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei Kolchosemitgliedern in Rumänien ist - jedenfalls im Zeitraum von 1966 bis 1975 - der Nachweis einer ganzjährigen versicherungspflichtigen Mitarbeit geführt, wenn die Mitgliedschaft und die (über-)Erfüllung des Plan-Solls bescheinigt ist.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat den Klägern auch ihre außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger unter Berücksichtigung von nachgewiesenen (statt nur glaubhaft gemachten) Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG), die auf ihrer jeweiligen Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Rumänien beruhen, Anspruch auf ein höheres Altersruhegeld haben.

Der am geborene Kläger Ziff. 1. und die am geborene Klägerin Ziff. 2. (Eheleute), die am 07.06.1990 als deutsche Volkszugehörige aus Rumänien ins Bundesgebiet zugezogen sind und den Vertriebenenausweis A besitzen, beziehen seit 07.06.1990 bzw. 01.07.1992 flexibles Altersruhegeld bzw. Regelaltersrente. Im den Kläger Ziff. 1. betreffenden Rentenbescheid vom 27.10.1995 - seit 01.06.1992 bezieht dieser ebenfalls Regelaltersrente - berücksichtigte die Beklagte u.a. die Zeiten vom 01.01.1966 bis 15.12.1975 als nur glaubhaft gemachte Beitragszeiten (Anrechnung zu fünf Sechstel) in der Rentenversicherung der Arbeiter in der Landwirtschaft, Leistungsgruppe 2. In dem die Klägerin Ziff. 2. betreffenden Rentenbescheid vom 17.12.1996 berücksichtigte die Beklagte u.a. die Zeiten vom 01.01.1951 bis 11.01.1970 auch nur als glaubhaft gemachte Beitragszeiten (Anrechnung zu fünf Sechstel). Die Kläger hatten jeweils Adeverintas vom 15.01.1991 vorgelegt, in denen dem Kläger Ziff. 1 für die Zeit von 1957 bis 1975 und der Klägerin Ziff. 2 für die Zeit von 1951 bis 1969 die Übererfüllung der geltenden Normen und ein Einkommen bescheinigt worden ist.

Im Januar 2001 beantragten die Kläger bei der Beklagten, die Zeiten vom 01.01.1966 bis 31.12.1975 (Kläger Ziff. 1.) bzw. die Zeiten vom 01.01.1966 bis 31.12.1970 (Klägerin Ziff. 2.) als nachgewiesene Beitragszeiten (Anrechnung zu sechs Sechstel) zu berücksichtigen. Gründe, die bei fortbestehender Mitgliedschaft in einer LPG zu einer Unterbrechung der Beitragspflicht hätten führen können, seien nach Auskunft des Instituts für Ostrecht nicht bekannt, so dass die LPG-Mitgliedschaftszeiten stets ungekürzt anzurechnen seien. Mit Bescheiden vom 26.01.2001 (Kläger Ziff. 1.) und 08.02.2001 (Klägerin Ziff. 2.) lehnte die Beklagte die Anträge ab, da bei Erlass der früheren Rentenbescheide das Recht nicht unrichtig angewandt worden sei. In der durch die Adeverinta vom 15.01.1991 bestätigten LPG-Mitgliedschaftszeit des Klägers Ziff. 1. seien nur die geplanten und die erzielten Normen aufgeführt, nicht jedoch die tatsächlichen Arbeitstage, so dass diese Bescheinigungen lediglich als Mittel der Glaubhaftmachung dienten und die Entgeltpunkte für diese Zeiten weiterhin auf fünf Sechstel gekürzt blieben.

Dagegen legten die Kläger am 06.03.2001 jeweils Widerspruch ein. Aufgrund des Dekretes Nr. 535 vom 24.06.1966 seien Mitglieder von LPG in Rumänien ab 01.01.1966 - unabhängig von der tatsächlich erfolgten Arbeitsleistung - versicherungspflichtig geworden. Diese Rechtslage habe sich erst durch das Gesetz Nr. 4/1977, das zum 01.01.1978 in Kraft getreten sei, geändert. Da die Kläger ihre LPG-Mitgliedschaften nachgewiesen hätten, sei daher insoweit auch von nachgewiesenen Beitragszeiten auszugehen. Mit Widerspruchsbescheiden vom 21.03.2001 (Klägerin Ziff. 2.) und 23.04.2001 (Kläger Ziff. 1.) wiesen die zuständigen Widerspruchsausschüsse der Beklagten die jeweiligen Widersprüche - im Wesentlichen aus den Gründen der angegriffenen Bescheide - zurück.

Am 22.05.2001 erhoben die Kläger jeweils Klage (S 9 RJ 1253/01 und S 9 RJ 1254/01) zum Sozialgericht Mannheim (SG), das die beiden Verfahren mit Beschluss vom 15.11.2001 zur gemeinsamen Entscheidung verband. Die Kläger machten unter Hinweis auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.07.1999 (L 20 RJ 620/93) geltend, dass in der Zeit vom 01.01.1966 bis 31.07.1977 für LPG-Mitglieder in Rumänien ganz unabhängig davon, ob und in welchem Umfang eine Tätigkeit ausgeübt worden sei, der volle Rentenbeitrag zu zahlen gewesen sei. Auch in den Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken (Nr. 11/1989, 383) sei dies so gesehen worden. Im Übrigen machten die Bescheinigung vom 15.01.1991 deutlich, dass die geltenden Normen stets deutlich übertroffen worden seien und dass in den streitbefangenen Jahren stets ein Gehalt bezogen worden sei. Die Beklagte trat den Klagen entgegen und brachte vor, die vorliegenden rumänischen Arbeitsbescheinigungen entsprächen hinsichtlich der Angaben zu den tatsächlichen Arbeitstagen und zu den Fehlzeiten (Krankheitstage, Urlaubstage ohne Lohn und sonstige Fehltage ohne Lohn) - nicht den Anforderungen, die an einen Nachweis der entsprechenden Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten zu stellen seien. Auch aus dem genannten Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts ergebe sich im Ergebnis nichts anderes. Es entspreche nicht ihren aktuellen Kenntnissen über die Methoden der Bemessung, Bewertung und Bezahlung in rumänischen LPGs, wenn dieses zu dem Schluss gelange, dass es für die soziale Sicherung von LPG-Mitgliedern im Zeitraum vom 01.01.1966 bis 31.12.1977 weder auf eine Mitarbeit noch auf die Erfüllung von Normen ankomme. Nach ihren Erkenntnissen stehe den LPG-Mitgliedern in Rumänien ein leistungsunabhängiges, festes Grundgehalt gerade nicht zu. Vielmehr sei ihre Bezahlung ausschließlich leistungsbezogen gewesen und sei es auch heute noch.

Mit Urteil vom 23.01.2002 hob das SG die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, die Altersrente des Klägers Ziff. 1. unter Berücksichtigung nachgewiesener Versicherungszeiten vom 01.01.1966 bis 15.12.1975 ab 01.01.1997 neu zu berechnen und den Rentenbescheid vom 27.10.1995 mit allen Folgebescheiden entsprechend abzuändern. Im Übrigen wies es die Klage ab. Unter Aufhebung der entsprechenden angefochtenen Bescheide verurteilte das SG die Beklagte ferner, die Altersrente der Klägerin Ziff. 2 unter Berücksichtigung nachgewiesener Versicherungszeiten vom 01.01.1966 bis 31.12.1969 ab 01.01.1997 neu zu berechnen und den Rentenbescheid vom 17.12.1996 mit allen Folgebescheiden entsprechend abzuändern. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Rücknahme der früheren Bescheide seien erfüllt, weil die Beklagte das Recht unrichtig angewandt habe. Es folge der Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 21.07.1999. Danach sei in Rumänien bereits ab 01.01.1966 für Mitglieder einer LPG die Beitragspflicht zum Rentenversicherungssystem eingeführt worden. Bis zum 31.12.1977 hätten auch von solchen Mitgliedern Rentenanwartschaften erworben werden können, die nur Vermögen in die LPG eingebracht hätten, ohne dort selbst mitzuarbeiten. Dies bedeute, dass schon die schlichte Mitgliedschaft in der LPG während des genannten Zeitraumes dazu geführt habe, dass die betreffenden Personen der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. einem vergleichbaren System der sozialen Sicherung unterlegen hätten. Da es somit weder auf eine Mitarbeit in der LPG überhaupt noch auf die Erfüllung bestimmter Normen habe ankommen können, könne eine Kürzung der Entgeltpunkte nicht mit der Begründung erfolgen, die tatsächlichen Arbeitstage bzw. die Fehlzeiten seien in den entsprechenden "Adeverintas" nicht detailliert aufgelistet. Der Einwand der Beklagten, die Grundsätze, die das BSG für Kolchosmitglieder in der früheren UdSSR entwickelt habe, wonach allein aufgrund der Mitgliedschaft in einem Kolchos eine abhängige Beschäftigung vorliegen könne, seien vorliegend nicht anwendbar, gehe fehl. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass nach dem Rechtsgutachten des Institutes für Ostrecht in München vom 15.12.1999 die Mitglieder der LPG in Rumänien keine Löhne erhielten und auch nicht dem Arbeitsrecht unterlegen hätten, sondern nach eigenständigen Regelungen auf der Grundlage von Arbeitsnormen ihre Arbeitspflichten erfüllt und eine Vergütung erhalten hätten. Dadurch werde bestätigt, dass die Mitglieder der LPG allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einem fremden Betrieb eingegliedert gewesen seien. Soweit der Kläger Ziff. 1. die Berücksichtigung nachgewiesener Versicherungszeiten bis einschließlich 31.12.1975 geltend gemacht habe, sei die Klage abzuweisen gewesen, da er nur bis 15.12.1975 Mitglied in der LPG gewesen sei und damit nur bis zu diesem Zeitpunkt entsprechende Beitragszeiten vorzuweisen habe. Die Klage der Klägerin Ziff. 2. sei insoweit abzuweisen gewesen, als sie entgegen der Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - SGB X) für die Zeit vor dem 01.01.1997 eine höhere Rente geltend gemacht habe.

Gegen das ihr am 05.02.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.02.2002 Berufung eingelegt. Sie hält die angefochtene Entscheidung für unrichtig und macht geltend, die bloße Mitgliedschaft in einer rumänischen LPG rechtfertige - entgegen der Rechtsauffassung des Bayerischen Landessozialgerichts im Urteil vom 29.07.1999 - allein noch nicht die Anrechnung von Beitragszeiten nach dem FRG. Für die Anwendung von § 15 FRG komme es vielmehr auf das Arbeitsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne an. Dieses wiederum sei von der tatsächlichen Arbeitsleistung geprägt. Entscheidend sei also die Zahl der Tage, an denen für die LPG gearbeitet worden sei. Aus dem Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 15.12.1999 (S. 109) ergebe sich, dass auf die Gewährung eines garantierten Einkommens durch die LPG kein Rechtsanspruch bestanden habe, sondern dass dies in das Ermessen der LPG gestellt gewesen sei. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Sozialversicherungsbeiträge der LPG für die Gesamtheit ihrer Mitglieder im abstrakten Sinne ohne Rücksicht auf die einzelnen Namen und Personen und eine etwa nur zu bestimmten Zeitabschnitten des Jahres geleistete Arbeit der LPG-Mitglieder für das gesamte Jahr bemessen und bezahlt worden sei. Dies folge aus dem Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München vom 20.01.1999 zur Rechtstellung von LPG-Mitgliedern in Rumänien. Die Beklagte legt neben diesem Gutachten die Urteile des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.06.2001 (S 6 RJ 2345/00) und 08.03.2002 (S 14 RJ 2030/01) vor, die ihre Auffassung bestätigt hätten. Insoweit seien beim LSG die Verfahren L 2 RJ 1664/02 und L 2 RJ 3152/01 anhängig. Soweit das angefochtene Urteil auf den Kommentar des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger zum SGB Bezug nehme, gebe dieser lediglich den Stand der Auffassung des VDR zum 01.01.1992 wieder, entspreche aber nicht mehr dem aktuellen Stand. Außerdem sei die zu Kolchoszeiten ergangene Rechtsprechung des BSG nicht auf LPG-Zeiten in Rumänien übertragbar, da die arbeitsvertragliche Ausgestaltung der Mitgliedschaftsverhältnisse von LPG-Mitgliedern in Rumänien nicht mit denen von Kolchos-Mitgliedern in der ehemaligen UdSSR vergleichbar sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Januar 2002 aufzuheben und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend und verweisen auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts, die ihre Auffassung stütze. Dieses habe die Rechtslage hinsichtlich des Beitragsrechts der LPG-Mitglieder in Rumänien im Zeitraum vom 01.01.1966 bis 31.12.1977 durch die Einholung eines Rechtsgutachtens weiter aufgeklärt. Danach sei für Beitragszeiten vor 1978 die Erbringung einer eigenen Arbeitsleistung durch die LPG-Mitglieder lediglich Voraussetzung für die Zahlung des Erhöhungsanteils, nicht jedoch für die Zahlung der Grundrente gewesen. Inwieweit es im vorliegenden Fall auf die Gewährung eines "garantierten Einkommens" ankomme, sei nicht ersichtlich. Die Kläger legen hierzu das von Rechtsanwalt F., M., in dem genannten Verfahren erstattete Gutachten vom 20.07.1996 und dessen ergänzende Stellungnahme zu diesem Gutachten vor. Ferner bringen die Kläger vor, weshalb der Kommentar des VDR unrichtig sein solle, mache die Berufungsbegründung ebenfalls nicht deutlich. Auf ein leistungsunabhängiges festes Grundgehalt komme es im streitigen Zeitraum nicht an, da die Verpflichtung zur Beitragszahlung unabhängig vom Einkommen bestanden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Prozessakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist rechtmäßig. Die Kläger haben Anspruch auf volle Berücksichtigung der strittigen Zeiträume im Sinne nachgewiesener Beitragszeiten (sechs Sechstel).

Zu Recht hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Altersruhegehälter der Kläger unter Berücksichtigung nachgewiesener Beitragszeiten vom 01.01.1966 bis 15.12.1975 (Kläger Ziff. 1.) sowie 01.01.1966 bis 31.12.1969 (Klägerin Ziff. 2.) neu zu berechnen und die entsprechenden Rentenbescheide insoweit abzuändern. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, die maßgeblichen Rentenbescheide im streitbefangenen Umfang zurückzunehmen und durch solche zu ersetzen, in denen die strittigen Zeiten als nachgewiesene Beitragszeiten rentensteigernd berücksichtigt werden.

Unter Anwendung des § 44 SGB X, den das SG zutreffend zitiert hat, ist es zu der Auffassung gelangt, dass bei Erlass der hier maßgeblichen Rentenbescheide das Recht unrichtig angewandt worden ist, weil die hier umstrittenen Beitragszeiten lediglich als glaubhaft gemacht und nicht als nachgewiesen berücksichtigt worden seien. Der Senat kommt zum selben Ergebnis.

Hinsichtlich der hier streitigen Zeiträume von 1966 bis 1975 bzw. 1966 bis 1969 geht es um die Anrechnung von Versicherungszeiten der Kläger, die nach den Bestimmungen des FRG zu beurteilen sind. Dabei ist zu beachten, dass für einen Anspruch auf Rente vor dem 01.01.1996 eine andere Fassung des FRG gilt als für einen Anspruch auf Rente ab 01.01.1996. Hinsichtlich der hier streitigen Frage der Glaubhaftmachung bzw. des Nachweises von Beitragszeiten unterscheiden sich diese Fassungen jedoch nicht.

Als anerkannte Vertriebene im Sinne des § 1 Bundesvertriebenengesetz gehören die Kläger gemäß § 1 Buchst. a FRG zum berechtigten Personenkreis nach dem FRG. Gemäß § 15 Abs. 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 2 FRG). Nach Abs. 2 dieser Vorschrift ist als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Abs. 1 jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, dass in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit und des Alters durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Leistungen (Renten) zu sichern. Wird durch die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung dem Erfordernis, einem der in Satz 1 genannten Systeme anzugehören, Genüge geleistet, so ist auch die betreffende Einrichtung als gesetzliche Rentenversicherung anzusehen.

Diese Voraussetzungen für die Anrechnung von Beitragszeiten sind für die Kläger in den streitigen Zeiträumen vom 01.01.1966 bis 15.12.1975 (Kläger Ziff. 1) bzw. vom 01.01.1966 bis 31.12.1969 (Klägerin Ziff. 2.) erfüllt. Aufgrund der Bescheinigungen der LPG Iecea Mare vom 15.01.1991 und der Angaben der Kläger steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Kläger in diesen Zeiträumen ununterbrochen Mitglieder dieser LPG waren. Ferner steht dadurch fest, dass sie in diesen Zeiträumen die von der LPG gesetzten Normen jeweils weit übererfüllt haben und dafür Einkünfte erzielt haben. Als Mitglieder dieser LPG waren sie in das in Rumänien für Mitglieder solcher Genossenschaften durch das Dekret Nr. 535 vom 24.06.1966 eigens geschaffene System der sozialen Sicherung einbezogen. Die entsprechende Beitragspflicht zur Rentenversicherung bestand bereits ab 01.01.1966, wie sich aus dem von den Klägern vorgelegten Rechtsgutachten von Rechtsanwalt F. vom 20.07.1996 (mit Ergänzung vom 03.04.1999) und der hiermit übereinstimmenden Kommentierung im VDR-Kommentar zu § 15 FRG, Anhang 2.1, 07031, ferner aus dem vom Institut für Ostrecht unter dem 15.12.1999 dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zum Aktenzeichen L 9 RJ 2551/98 erstatteten Rechtsgutachten, das auch der Beklagten ausweislich ihrer eigenen Argumentation bekannt ist, ergibt. Die für die Kläger pauschal zur rumänischen Sozialversicherung abgeführten Beiträge sind auch als Beiträge im Sinne des FRG anzusehen.

Nach diesen Quellen knüpfte die Beitragsentrichtung grundsätzlich an die bloße Mitgliedschaft in der LPG, nicht aber an die tatsächliche Arbeitsleistung und somit an die Zahl der Tage, an denen gearbeitet wurde, an. Es kam so gesehen nicht darauf an, ob die Mitglieder der LPG an jedem Tag gearbeitet oder bestimmte Normen erfüllt haben. In diesem Zusammenhang sind auch die vom BSG in seinem Urteil zu Beitrags- und Beschäftigungszeiten für Zeiten der Mitgliedschaft in einer Kolchose in der früheren UdSSR (Urteil vom 30.10.1997 - 13 RJ 19/97 -) aufgestellten Grundsätze von Bedeutung. Dort hat das BSG ausgeführt, ein solches Beschäftigungsverhältnis setze grundsätzlich die Verfügungsmacht (das Direktionsrecht, die Weisungsbefugnis) des Arbeitgebers voraus, die sich insbesondere in der Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb äußere, und ferner die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und die Entgeltlichkeit der Arbeit. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis habe vorgelegen, weil die dortige Klägerin in den umstrittenen Zeiträumen Mitglied der Kolchose gewesen sei und diese zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestanden habe, wobei Art und Umfang nach der Jahreszeit differiert habe, die Verpflichtung, zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stehen, aber nicht durch den Umfang der zu leistenden Arbeit beschränkt worden sei. Für Tätigkeiten im Kolchos hat das BSG erwogen, dass der Betroffene allein aufgrund der Mitgliedschaft im Kolchos als abhängig beschäftigt angesehen werden kann (vgl. Urteil vom 31.03.1993 - 13 RJ 17/92 -). Denn auch in Zeiten, in denen nicht gearbeitet werde, z.B. an bestimmten Tagen im Winter, bestehe ein Weisungsrecht des Kolchos. Dass dies bei einer LPG in Rumänien, die - bei allen Unterschieden - insoweit mit einem Kolchos vergleichbar ist, anders gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Vielmehr bestätigt insbesondere auch das aktenkundige Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht vom 20.01.1999 (erstattet dem Sozialgericht Stuttgart im Verfahren S 9 RJ 1074/98) das durchgehende Weisungsrecht der LPG gegenüber ihren Mitgliedern (aaO S. 5).

Damit steht zunächst fest, dass die Kläger in den streitigen Zeiträumen als Mitglieder (diese Mitgliedschaft ist durch die Adeverintas nachgewiesen) in einer LPG ganzjährig zur rumänischen Sozialversicherung beitragspflichtig waren. Damit ist auch der Nachweis der Beitragsentrichtung als erbracht anzusehen, ohne dass es darauf ankäme, ob an einzelnen Tagen gearbeitet wurde oder nicht. Dies folgt aus der Eigenart der Mitgliedschaft in einer LPG und den dem Rechnung tragenden Rechtsvorschriften zur Beitragspflicht in Rumänien (jedenfalls in den streitigen Zeiträumen). Wenn die Beitragspflicht von Mitgliedern der LPGs in Rumänien an die bloße Mitgliedschaft in einer LPG anknüpft, so ist dies der Rentenversicherungspflicht begründende Tatbestand, dem im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG, der das im Fremdrentenrecht im hier maßgeblichen Zeitpunkt noch geltende Eingliederungsprinzip widerspiegelt, Rechnung zu tragen ist. Mit dieser Regelung sollten offenbar nicht nur die in einem Beschäftigungsverhältnis zur LPG stehenden Mitglieder (nicht dagegen "normale" Arbeitnehmer der LPG), sondern auch Mitglieder der LPG in die Rentenversicherung einbezogen werden, die (lediglich) Vermögen (Grund und Boden usw.) in die LPG eingebracht hatten und nicht zugleich in der LPG arbeiteten, und zwar unabhängig von witterungsbedingten und jahreszeitbedingten Beschäftigungsschwankungen.

Ob nun der Nachweis der bloßen Mitgliedschaft unabhängig von einer Arbeitsleistung (wie sie zum Beispiel im genannten Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht vom 20.01.1999 angenommen wird) bereits ausreicht, um für die Dauer der Mitgliedschaft von einer nachgewiesenen Beitragszeit auszugehen, wie dies das SG und das Bayrische Landessozialgericht getan haben, bedarf hier keiner Entscheidung. Im vorliegenden Fall ist nämlich durch die Adeverintas zusätzlich nachgewiesen, dass die Kläger in den jeweils streitigen Zeiträumen die von der LPG aufgestellten Normen nicht nur erfüllt, sondern deutlich übererfüllt und auch Einkünfte hieraus erzielt haben. Damit ist aber von einer durchgehenden Arbeitsleistung für das gesamte Kalenderjahr auszugehen (Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 15.12.1999, S. 110 unten). Mit dem Nachweis der (Über-/Erfüllung der Norm und der Erzielung von Einkünften ist gleichzeitig der Nachweis erbracht, dass Lohnlisten/Zahlungslisten geführt worden waren, aus denen sich die Erfüllung der Norm ableiten ließ. Es kann deshalb nicht mehr zusätzlich verlangt werden, dass diese Zahlungsnachweise vorgelegt werden, jedenfalls nicht in Zeiträumen vor dem Jahr 1976, weil es erst ab 1976 ausweislich des genannten Gutachtens geänderte Vorschriften gab, wonach auch die Arbeitsleistung an einer bestimmten Zahl von Arbeitstagen (200 bzw. 300) von Bedeutung sein konnte für Art und Umfang der Bezahlung (Gutachten des Instituts für Ostrecht aaO).

Nach den vorliegenden Rechtsgutachten scheiden bei Übererfüllung der Normen bis 1975 auch bedeutsame Unterbrechungszeiten aus. So setzte bis dahin z.B. auch der Mutterschaftsurlaub voraus, dass die festgelegten Tagewerke (Arbeitsnormen) erbracht waren (Institut für Ostrecht vom 15.12.1999, S. 116 f). Ein Beschäftigungsverbot während Zeiten der Schwangerschaft gab es nicht (aaO S. 119). Arbeitsunfähigkeitszeiten wurden nach dem Gutachten durch die Besonderheiten, wie die Normen erfüllt werden konnten, ausgeglichen (aaO S. 119).

Im Übrigen scheidet bei der Klägerin eine Unterbrechung wegen Mutterschutz aus, nachdem der Sohn 1958 geboren wurde. Gleiches gilt für den Kläger bezüglich Wehrdienst, da dieser bereits 1950 bis 1953 geleistet worden ist.

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die von ihr genannten Urteile des Sozialgerichts Karlsruhe, die sich wieder auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts berufen, wonach es auf den Nachweis durch Lohnlisten ankomme. Diese Rechtsprechung betrifft normale Arbeitnehmer in Betrieben oder auch in staatlichen Landwirtschaftsbetrieben oder auch in LPGs. Wie ausgeführt, bestanden aber für die Mitglieder der LPGs jedenfalls von 1966 bis 1975 Besonderheiten, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sachverhalte Anlass geben.

Die streitigen Zeiten sind daher bei den Altersruhegehältern der Kläger ganzjährig als nachgewiesene Beitragszeiten ohne Kürzung auf fünf Sechstel zu berücksichtigen.

Die Berufung der Beklagten war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Es handelt sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, nachdem die entsprechenden Sachverhalte wegen ihrer zeitlichen Lage für die Zukunft keine wesentliche Bedeutung mehr haben.
Rechtskraft
Aus
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