L 5 KA 960/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 1157/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 960/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein budgetrelevanter Fall nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 1.4 ist nicht gegeben, wenn im Quartal alleine die Nr. 3 EBM berechnet wird.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Gerichtskosten und hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in der Abrechnung des Quartales 4/99 des Klägers zu Recht im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung die Anzahl der budgetrelevanten Fälle um die 39 Fälle vermindert worden ist, in denen der Kläger ausschließlich die Geb.-Nr. 3 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) berechnet hat.

Der Kläger ist als Orthopäde in E. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Schreiben vom 10.5.2000 teilte die Beklagte ihm mit, für die Ausgabe der Röntgenbilder könne die Geb.-Nr. 3 EBM nicht angesetzt werden, weshalb die Abrechnung 4/99 bezüglich eines Falles und des Weiteren in allen Fällen, in denen er mit der Diagnose "Befundversand" die Geb.-Nr. 3 EBM abgerechnet habe, worüber ein gesonderter Bescheid ergehe, sachlich-rechnerisch berichtigt werde. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben berichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 13.6.2000 die Abrechnung des Quartales 4/99 des Klägers um insgesamt DM 3.603,43. Sie berichtigte die Anzahl der "Budgetfälle" (gemeint budgetrelevante Fälle), indem sie die 39 Fälle strich, in denen der Kläger die Geb.-Nr. 3 EBM berechnet hatte. Den Widerspruch des Klägers wies der Vorstand der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 19.3.2001) und führte zur Begründung aus, bei den 39 Fällen handle es sich um Fälle, in denen der Patient in einem der Behandlung folgenden Quartal lediglich die gefertigten Röntgenbilder ausgehändigt bzw. zugesandt bekommen habe. Die Mitteilung der sich aus der Untersuchung ergebenden Befunde habe schon zu einem früheren Zeitpunkt stattgefunden. Da die Abrechnung der Geb.-Nr. 3 EBM einen Budgetfall mit entsprechenden Zusatzbudgets auslöse, seien auch die Budgetfälle mit den entsprechenden Konsequenzen sachlich-rechnerisch zu berichtigen gewesen.

Der Kläger hat am 18.4.2001 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er habe Praxisleistungen im Sinne der Geb.-Nr. 3 EBM erbracht, die im laufenden Quartal nicht bereits mit der Geb.-Nr. 1 EBM abgedeckt gewesen seien. Außerhalb eines laufenden Behandlungsfalles habe er durch sein Personal von ihm gefertigte Röntgenbilder an die Patienten ausgehändigt oder zugesandt. An der Abrechnungsfähigkeit als solcher ändere sich nichts, dass der EBM anordne, mit der Abrechnung der Geb.-Nr. 3 EBM werde ein Budgetfall und/oder Zusatzbudget nicht eröffnet.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8.2.2002 abgewiesen. Die Aushändigung oder Übersendung von Röntgenbilder an einen Patienten sei nicht Teil von dessen Behandlung. Es sei schon fraglich, ob die Aushändigung von Kopien von Röntgenbildern an einen Patienten für dessen Dokumentation überhaupt eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung darstelle und ob eine Leistung nach der Geb.-Nr. 3 EBM vorliege. Jedenfalls stelle ein solcher Vorgang keine Behandlung dar. Denn die erbrachte Leistung stehe im Zusammenhang mit der Archivierungspflicht des die Röntgenbilder anfertigenden Arztes. Sie stelle also eine Verwaltungstätigkeit dar, die keinen Bezug zur Behandlung habe.

Gegen den seinen früheren Prozessbevollmächtigten am 18.2.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.3.2002 Berufung eingelegt. Er hat seine Auffassung wiederholt, dass für Arbeiten, die mit der Befundverwaltung wie Befundversand, Befunddokumentation und Archivierung anfielen, der Ansatz der Geb.-Nr. 3 EBM vorgesehen sei und ein Budget eröffne. Die Befunddokumentation, die Befundarchivierung, die Weiterleitung und das Achivieren der entsprechenden Informationen sei wichtig und auch entscheidend für eine gezielte Behandlung des Patienten und seien Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Februar 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Geb.-Nr. 3 EBM sei eine Verwaltungsziffer und keine Behandlungsziffer.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Die streitige Berichtigung der Abrechnung des Klägers beträgt DM 3.603,43, was EUR 1.842,40 entspricht.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Berechtigung der Beklagten, die Honorarabrechnungen der Vertragsärzte auf sachliche und rechnerische Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls die Honorarabrechnungen zu berichtigen, ergibt sich aus § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä), § 34 Abs. 4 des Bundesmantelvertrages Ärzte-/Ersatzkassen (EKV-Ä), die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) beruhen. Nach diesen Bestimmungen obliegt den Kassenärztlichen Vereinigungen die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Dies gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerkes. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Der leicht abweichende Wortlaut des § 34 EKV-Ä enthält in der Sache keine andere Regelung. Die entsprechende Befugnis ergibt sich auch aus § 6 Abs. 1 Satz 1 des auf der Grundlage des § 85 Abs. 4 SGB V ergangenen Honorarverteilungsmaßstabes (HVM). Danach obliegt den Abrechnungsstellen der Beklagten - unbeschadet des Nachprüfungsrechts der Krankenkassen - die rechnerische und sachliche Richtigstellung der Abrechnung des Vertragsarztes. Die sachliche Richtigstellung erstreckt sich auch auf die Plausibilität der abgerechneten Leistungen und die richtige Anwendung des Bewertungsmaßstabes. Den EBM haben gemäß § 87 Abs. 1 SGB V die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteile des Bundesmantelvertrages vereinbart. Die genannten Bestimmungen der Bundesmantelverträge berechtigen die Kassenärztlichen Vereinigungen auch, vertragsärztliche Honoraranforderungen und -bescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 42).

Wie sich aus der Anlage zum Bescheid vom 13.6.2000 ergibt, hat die Beklagte nicht die Geb.?Nr. 3 EBM gestrichen. Sie hat vielmehr die Zahl der budgetrelevanten Fälle des Quartales 4/99 um 39 Fälle vermindert. Dies sind die 39 Fälle, in denen der Kläger im Quartal 4/99 ausschließlich die Geb.-Nr. 3 EBM (Verwaltungsgebühr) berechnet hat. Dies hat zur Folge, dass die Fallpunktzahlen für das Praxisbudget sowie die dem Kläger zuerkannten Zusatzbudgets "Chirotherapie", "Physikalische Therapie", "Sonographie" und "Teilradiologie" mit einer um 39 Fälle geringeren Anzahl der budgetrelevanten Fälle multipliziert werden. Daraus ergibt sich der Betrag der Berichtigung von DM 3.603,43. Bei einer 39-maligen Streichung der mit 30 Punkten bewerteten Geb.-Nr. 3 EBM ergäbe sich demgegenüber eine Streichung von 1.170 Punkten, was bei einem durchschnittlichen Punktwert von acht Pfennig einem Betrag von DM 93,60 entspräche.

Die Beklagte hat zu Recht die Anzahl der budgetrelevanten Fälle vermindert.

Mit Wirkung ab 1.7.1997 hat der Bewertungsausschuss die Praxis- und Zusatzbudgets für bestimmte Arztgruppen eingeführt. Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM unterliegen die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen ärztlichen Leistungen nach Maßgabe dieser Bestimmungen je Arztpraxis (Abrechnungsnummer) und Abrechnungsquartal für die nach Nr. 1.5 aufgeführten Arztgruppen einer fallzahlabhängigen Budgetierung. Die in den Budgets enthaltenen Leistungen sind je Arztpraxis und Abrechnungsquartal jeweils nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechnungsfähig, wobei sich die Höhe des Budgets aus dem Produkt der Fallpunktzahl mit der Zahl der budgetrelevanten Fälle errechnet. Die Leistungsvergütung für Zusatzbudgets erfolgt ebenfalls fallzahlabhängig auf der Grundlage des regional ermittelten Punktzahlbedarfs der diese Leistungen abrechnenden Ärzte.

Die Einführung der Praxis- und Zusatzbudgets im EBM ist rechtmäßig (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23 sowie u.a Urteile des erkennenden Senats vom 15. September 1999 – L 5 KA 988/99 - und vom 17. November 1999 – L 5 KA 4599/99 und L 5 KA 1127/99 -).

Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I, Teil B Nr. 1.4 EBM sind budgetrelevante Fälle Behandlungsfälle gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EKV-Ä, ausgenommen Notfälle im organisierten Notfalldienst (Muster 19a der Vordruck-Vereinbarung) und Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von Probenuntersuchungen oder zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen und Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitals U - mit Ausnahme der Pauschalerstattungen nach den Nrn. 7180, 7181, 7200 und 7215 - abgerechnet werden, sowie stationäre (belegärztliche) Behandlungsfälle. Nach §§ 21 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä, 25 Abs. 1 Satz 1 EKV-Ä gilt die gesamte von dem selben Vertragsarzt innerhalb des selben Kalendervierteljahres an dem selben Kranken ambulant zu Lasten der selben Krankenkasse vorgenommene Behandlung jeweils als Behandlungsfall. Nach §§ 21 Abs. 2 BMV-Ä, 25 Abs. 2 EKV-Ä lösen die ausschließliche Abrechnung von Befundberichten und schriftlichen Mitteilungen an andere Ärzte bzw. von Kosten zu Lasten der Krankenkasse in einem auf das Behandlungsquartal folgenden Quartal keinen neuen Behandlungsfall aus. Dies ist gegeben. Denn mit der Verwaltungsgebühr nach der Geb.-Nr. 3 EBM werden die Kosten vergütet, die in der Praxis des Vertragsarztes u.a. durch die Übermittlung von Befunden entstehen, ohne dass eine Behandlung des Patienten zum selben Zeitpunkt erfolgt und deshalb keine anderen Leistungen anfallen. Wie sich aus Satz 2 zu den Allgemeinen Bestimmungen zur Geb.-Nr. 3 EBM ergibt, ist die Leistung nicht neben anderen Leistungen und nicht mehrfach an dem selben Tag berechnungsfähig. Damit löst die ausschließliche Berechnung der Geb.-Nr. 3 EBM keinen Behandlungsfall aus. Da kein Behandlungsfall ausgelöst wird, ist auch kein budgetrelevanter Fall gegeben. Auch die Regelung der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 1.4 EBM nimmt die Fälle aus, in denen - von einigen Ausnahmen abgesehen - ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitals U EBM abgerechnet werden. Auch dies zeigt, dass die alleinige Berechnung von Kosten nicht als budgetrelevanter Fall anzusehen ist (anderer Auffassung Wezel-Liebold, Handkommentar BMÄ, E-GO und GOÄ, Stand 1.7.2002, S. 8-38/1).

Dies steht auch in Einklang mit Sinn und Zweck der Regelungen über die Praxisbudgets. Durch Praxisbudgets und ergänzende Maßnahmen der Honorarverteilung soll das insgesamt abgerechnete Punktzahlvolumen reduziert werden mit der Folge, dass unter dem globalen Budget (Betrag der von allen Krankenkassen für die vertragsärztliche Versorgung gezahlten Gesamtvergütungen) der Punktwert stabil bleibt bzw. wieder ansteigt (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23). Die dem Vertragsarzt zustehende Vergütung ergibt sich aus dem Punktzahlvolumen. Dieses hängt maßgeblich auch von der Anzahl der budgetrelevanten Fälle ab, weil sich nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 1 Satz 3 die Höhe der Budgets aus dem Produkt der Fallpunktzahl und der Zahl der Fälle gemäß Nr. 1.4 ergibt. Die budgetrelevante Fallzahl ist somit ein wesentlicher Faktor für das Punktzahlvolumen. Könnte die Fallzahl beliebig gesteigert werden, bestünde trotz der Limitierung der pro Behandlungsfall rechnerisch abrechenbaren Punkte die Möglichkeit, diese unbegrenzt zu vermehren. Angesichts der beschränkten Höhe der zur Verteilung anstehenden Gesamtvergütung könnte das zu einem Punktwertverfall führen, der durch die mit dem EBM zum 1.7.1997 eingeführten Praxisbudgets gerade verhindert werden sollte. Um die Erhöhung des Punktzahlvolumens über eine Steigerung der Fallzahlen zu verhindern, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen in Nr. 5 der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1.7.1997 (abgedruckt bei Wezel-Liebold, Handkommentar BMÄ, E-GO und GOÄ, Stand 1.7.2002, S. 8-73 f) auch verpflichtet worden, die Fallzahlentwicklung zu überprüfen und medizinisch nicht begründbaren Fallzahlsteigerungen entgegenzuwirken, weshalb Fallzahlzuwachsbegrenzungen eingeführt worden sind (vgl. dazu u.a.: BSG Urteil vom 13.3.2002 - B 6 KA 48/00 R). Es ist deshalb sachgerecht, die Anzahl der budgetrelevanten Fälle nicht mit Fällen zu erhöhen, in denen keine Behandlung des Versicherten erfolgt ist, sondern der Vertragsarzt lediglich Verwaltungstätigkeiten erbracht hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 Abs. 1, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl. I, 2144) i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Senat ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass § 197a SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung auf Berufungsstreitsachen zur Anwendung kommt, die - wie der vorliegende Fall - erst 2002 anhängig geworden sind. Zwar spricht Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG allgemein von Verfahren, die vor seinem In-Kraft-Treten anhängig waren. Der Begriff "Verfahren" wird allerdings durch den Zusatz "nach § 197a" modifiziert. § 197a SGG n.F. stellt aber ausdrücklich auf den jeweiligen Rechtszug ab. Dies legt es nahe, als Verfahren das Verfahren in dem jeweiligen Rechtszug aufzufassen. Dafür, dass unter Verfahren das in dem Rechtszug anhängige Verfahren zu verstehen ist, spricht, dass der Gesetzgeber in Art 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG eben nicht nur von Klagen oder Klageverfahren gesprochen hat, was aber nahegelegen hätte, wenn er dies so gewollt hätte. Dieses Ergebnis entspricht auch allgemeinem Sprachgebrauch, weil auch sonst kein alle Instanzen umfassender Verfahrensbegriff verwendet wird. Vielmehr wird unter Verfahren das Verfahren in dem jeweiligen Rechtszug (Klageverfahren, Berufungsverfahren, Revisionsverfahren) verstanden.

Die erhöhte Kostenlast auch schon für das Berufungsverfahren tritt bei Berufungseinlegung nach dem 2.1.2002 auch nicht überraschend ein. Der Kläger konnte im hier streitigen Fall vor seiner Entscheidung, in Berufung zu gehen, sein Kostenrisiko nach den neuen Kostenregelungen kalkulieren. Im Übrigen macht die Auslegung, dass § 197 a SGG n.F. nur für die Verfahren gilt, in denen Klage nach dem 2.1.2002 erhoben worden ist, rechtspolitisch wenig Sinn. Krankenkassen, die in Vertragsarztsachen als Berufungskläger auftreten, wären von

Gerichtskosten befreit, während sie immer dann, wenn sie von Versicherten beklagt werden, in allen Rechtszügen die erhöhten Pauschgebühren zu entrichten haben. Warum die Arbeitsverwaltung für nach dem 2.1.2002 eingelegte Berufungen von Arbeitslosen die drastisch erhöhten Pauschgebühren zu zahlen hat, die Kassenärztlichen Vereinigungen aber die niedrigen des alten Rechts und die ihr angeschlossenen Ärzte für die folgenden Berufungs- und Revisionsverfahren von Gerichtskosten freigestellt bleiben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Im Recht der Arbeitsförderung schließlich wären bei den tausenden noch in erster Instanz anhängigen (derzeit ruhenden) Arbeitgeberstreitigkeiten gem. § 128 AFG nur die niedrigen Pauschgebühren fällig, nicht aber Gerichtskosten. Ob Gerichtskosten erhoben werden, entscheidet im Übrigen der Präsident des Landessozialgerichts. Ihm obliegt im Ergebnis die erste Beurteilung, ob er der Entscheidung des BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R - folgt.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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