L 13 KN 980/98

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KN 3163
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 KN 980/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 KN 1/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
"Lebt bei nach deutschem Recht geschiedenen Eheleuten der Unterhaltsberechtigte im Ausland, der Unterhaltsverpflichtete hingegen im Bundesgebiet, müssen bei in deutscher Währung erfolgten und auf einem Unterhaltsanspruch beruhenden Unterhaltszahlungen unter Berücksichtigung der Verbrauchergeld- und Devisenparität sowie des Tabellenbedarfs bei Auslandsberührung Bedarfskorrekturen nach oben oder unten vorgenommen werden, um die für den Hinterbliebenenrentenanspruch geforderte Mindesthöhe zu ermitteln.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 1998 aufgehoben. Die Klage - auch wegen des Bescheids vom 10. Februar 1994 - wird abgewiesen.

Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladenen zu 1 aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns G. G. (Versicherter) anteilige große Witwenrente ab 1. März 1995 zusteht, deren Zahlung die Klägerin wegen der an die Beigeladene zu 1 geleisteten Sozialhilfe im Zeitraum November 1994 bis August 1997 an sich verlangen kann. Der 1911 geborene und 1992 verstorbene Versicherte schloss mit der Beigeladenen zu 1 am 22. November 1937 vor dem Standesamt St. (O.Sch.) die Ehe. Nachdem er aus russischer Kriegsgefangenschaft nicht nach O.Sch. zurückgekehrt war, sondern sich im damaligen Bundesgebiet niedergelassen hatte - die Beigeladene zu 1 war in P. geblieben -, wurde die Ehe durch Urteil des Landgerichts T. vom 28. September 1966 aus dem Verschulden des Versicherten geschieden, nachdem ein im Scheidungstermin gerichtlich protokollierter Unterhaltsvergleich geschlossen worden war. Vereinbart wurde die Zahlung eines Zugewinnausgleichs durch den Versicherten von DM 50.000,00, eine einmalige Zahlung von DM 5.000,00 sowie eine monatliche Unterhaltszahlung ab 1. Oktober 1969 von DM 75,00. Unter Ziff. 5 des Vergleichs wurde vereinbart, dass mit diesem Vergleich die vor dem Landgericht T. anhängigen Rechtsstreite der Parteien erledigt seien, insbesondere beide Parteien auf etwaige weitergehende Forderungen oder Gewinnansprüche verzichteten. Der monatliche Unterhalt in Höhe von 75,00 DM wurde zunächst bis zum Tode des damaligen Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 im Jahre 1984 an diesen gezahlt und von ihm an die Beigeladene zu 1 weitergeleitet. Danach zahlte der Versicherte bis zu seinem Tod den monatlichen Unterhalt an die Tochter der Beigeladenen zu 1, I. H., die diesen teilweise in bar an die Beigeladene zu 1 weiterleitete, teilweise hiervon Lebensmittel, Kleidungsstücke sowie Genussmittel kaufte und diese an die Beigeladene zu 1 nach P. schickte. Diese verwendete die Sachgüter teilweise unmittelbar zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes, teilweise verkaufte sie sie in P., um aus den erzielten Einkünften ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Versicherte schloss am 29. April 1967 die Ehe mit der Beigeladenen zu 2, mit der er bis zu seinem Tod verheiratet blieb. Die Beigeladene zu 2 bezieht seit 1. Juli 1992 große Witwenrente von der Beklagten (Bescheid vom 10. Februar 1994). Am 26. Juni 1992 übersiedelte die Beigeladene zu 1 von P. in die Bundesrepublik Deutschland und nahm ihren Wohnsitz zunächst im Hause ihrer Tochter in Stu., Landkreis K. Mit Datum vom 4. August 1992 beantragte sie beim Landratsamt K. die Gewährung von Sozialhilfe, welche sie bis 31. Oktober 1994 bezog. Am 1. November 1994 verlegte die Beigeladene zu 1 ihren Wohnsitz nach K. und beantragte am 6. Oktober 1994 bei der Stadt K. die Gewährung von Sozialhilfe. Diese wurde von November 1994 bis einschließlich August 1997 geleistet (Bescheide vom 25. Oktober 1994, 6. Juli 1995, 17. Juli 1996 und 7. Juli 1997). Im August 1997 kehrte die Beigeladene zu 1 nach P. zurück. Mit Schreiben vom 24. Januar 1995 meldete die Klägerin bei der Beklagten ihren Erstattungsanspruch auf die noch zu beantragende Hinterbliebenenrente wegen der seit 1. November 1994 gewährten Sozialhilfe an. Mit Antrag vom 3. Februar 1995 begehrte die Beigeladene zu 1 Witwenrente seitens der Beklagten; sie legte u.a. ihren Vertriebenenausweis A (ausgestellt durch die Stadt K. am 1. Oktober 1992) vor. Zum Rentenantrag teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 13. März 1995 mit, die Beigeladene zu 1 habe nach dem Krieg bei ihrer Schwester in P. gelebt, weshalb die Schwester auch teilweise den Lebensunterhalt mitbestritten habe; außerdem habe die Beigeladene zu 1 sich durch die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen in einer Größenordnung von ca. zwei bis drei Hektar weitgehend selbst versorgt. Der Versicherte habe bis zu seinem Tod monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 75,00 DM geleistet. Dies unterstrich die Beigeladene zu 1 mit Erklärung vom 6. März 1995. Weiteres Einkommen habe die Beigeladene zu 1 nicht gehabt. Auf weitere Anfrage erklärte die Klägerin, der Sozialhilferegelsatz habe 1992 bis 30. Juni 475,00 DM monatlich und ab 1. Juli 510,00 DM monatlich betragen; zusätzlich sei ein Mehrbedarfszuschlag von 20 Prozent bei Hilfeempfängern, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten, hinzuzurechnen. Auf Anfrage teilte die Beigeladene zu 2 der Beklagten mit, das zu versteuernde Einkommen des Versicherten habe im Jahre 1991 33.950,00 DM, ihr Einkommen 21.215,00 DM betragen. Ihrem Haushalt hätten keine weiteren Personen angehört. Mit Bescheid vom 17. Mai 1996 lehnte die Beklagte den Antrag der Beigeladenen zu 1 auf Gewährung von Geschiedenenrente ab. Die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der auf monatlich 75,00 DM beschränkte Unterhaltsbetrag sei nicht geeignet, den unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine Hinterbliebenenrente zu genügen. Die tatsächliche Unterhaltsleistung erreiche nicht mindestens 25 Prozent des örtlichen Regelsatzes der Sozialhilfe. Am 10. Juni 1996 erhob hiergegen die Beigeladene zu 1, am 14. Juni 1996 die Klägerin Widerspruch. Die Beigeladene zu 1 führte zur Begründung ihres Widerspruchs aus, der Sozialhilfesatz in P. sei wesentlich niedriger als in der Bundesrepublik Deutschland, da die durchschnittliche Altersrente umgerechnet etwa 215,00 DM betrage. Der Unterhaltsbetrag von 75,00 DM sei bei der Scheidung nach den Kaufkraftverhältnissen in P. bemessen worden. Die Klägerin führte zur Begründung ihres Widerspruchs aus, der Unterhaltsbetrag von 75,00 DM sei auf die Kaufkraftverhältnisse in P. umzurechnen, da die Beigeladene zu 1 erst nach dem Tod des Versicherten am 26. Juni 1992 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 1996, der auch der Klägerin zuging, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 25. November 1996 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Hinterbliebenenrentenanspruch bestehe aufgrund des tatsächlich geleisteten Unterhalts, wobei sich der Mindestbedarf nicht nach den Verhältnissen am Wohnort des Versicherten in der Bundesrepublik Deutschland, sondern nach den Verhältnissen in P. richte; da die Beigeladene zu 1 im letzten Jahr vor dem Tode des Versicherten in P. gelebt habe, seien die dortigen Verhältnisse ausschlaggebend. Die Beklagte selbst habe in ihrer Verwaltungsakte eine Berechnung angestellt, wonach 75,00 DM etwa 375.000,00 Zloty entsprächen. In der Akte enthalten sei ferner eine Umrechnungstabelle, wonach ab 1. April 1992 folgender Umtauschkurs gelte: 100,00 Zloty = 0,01 DM. Somit ergäben 75,00 DM 750.000,00 Zloty. Ein Betrag in dieser Größenordnung bedinge mit Sicherheit einen Anteil an der Sicherung des Mindestlebensbedarfs in P. von weit mehr als 25 v.H. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 1 die Landwirtschaft bis ca. 1967 betrieben; danach habe sie ausschließlich vom monatlichen Unterhalt gelebt. Gegen ihre Tochter habe sie keinen Unterhaltsanspruch gehabt. Der Versicherte sei der Beigeladenen zu 1 zum Zeitpunkt der Ehescheidung im September 1966 unterhaltspflichtig gewesen. Die Beigeladene zu 2 hat sich dahingehend geäußert, dass der monatliche Unterhaltsbetrag von 75,00 DM keinen Hinterbliebenrentenanspruch der Beigeladenen zu 1 auslösen könne, da die Ehe nach deutschem Recht geschieden worden sei und daher bei der Ermittlung des Mindestlebensbedarfs der im Inland geltende Sozialhilferegelsatz maßgeblich sei. Im Übrigen werde bezweifelt, ob der Beigeladenen zu 1 zu Recht Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt worden sei, da sie sich nicht tatsächlich in K. aufgehalten habe, sondern überwiegend in P. und lediglich besuchsweise zu ihrer Tochter gekommen sei. Hierzu hat die Beigeladene zu 1 angegeben, dass sie ihren Wohnsitz in K. habe. Bei ihrer Tochter halte sie sich nur besuchsweise auf; übernachten würde sie grundsätzlich in ihrer eigenen Wohnung. Sie habe ihren überwiegenden Aufenthalt nicht in Sch ... In der Vergangenheit habe sie - besonders in den Sommermonaten wegen des Klimas - Sch. besucht. Nach der Ehescheidung im September 1966 sei sie in P. wohnhaft geblieben. Einen Ausreiseantrag habe sie damals nicht stellen können; solche Anträge seien damals nur im Rahmen der Familienzusammenführung genehmigt worden. Ab etwa 1975 habe sie ihre 1969 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelte Tochter besuchen können. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Urteil vom 12. Februar 1998 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Mai 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 1996 verurteilt, der Beigeladenen zu 1 Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des G. G. zu gewähren und den Erstattungsanspruch der Klägerin von Oktober 1994 bis einschließlich August 1997 zu erfüllen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, streitig sei, ob der monatliche Unterhalt in Höhe von 75,00 DM, der bis zum Tode des Versicherten von diesem gewährt worden sei, ausreiche, um einen Anspruch auf Witwenrente auszulösen. Dies sei dann der Fall, wenn die Unterhaltszahlung für die Lebensführung des Unterhaltsberechtigten eine nennenswerte Bedeutung erlange. Hierfür müsse er mindestens 25 Prozent des zeitlich und örtlich maßgebenden Sozialhilferegelsatzes ohne die Kosten für die Unterkunft ausmachen. Für die Bestimmung seien die Verhältnisse in dem jeweiligen Land zugrunde zu legen, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Es müsse davon ausgegangen werden, dass 75,00 DM ein Viertel des Mindestbedarfs in P. erreichten. Gegen das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 2. März 1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. März 1998 schriftlich beim Landessozialgericht eingelegte Berufung. Die Beklagte trägt vor, es sei in der Praxis schwer vorstellbar, inwieweit Sachwerte, welche im Inland zum geltenden Kaufkraftwert von 75,00 DM erstanden würden, in P. zur laufenden Lebensführung regelmäßig und berechenbar gewichtig beitragen sollten. Es sei verfehlt, zur Frage der Unterhaltsrelevanz auf polnische Lebensverhältnisse abzustellen. Die Mindestentgelte in staatlichen polnischen Betrieben hätten bis 31. Juli 1992 bei 1.000.000,- Zloty gelegen. Die mit Schriftsatz vom 24. März 1999 erhobene Widerklage hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 27. Mai 1999 zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 1998 aufzuheben und die Klage - auch wegen des Bescheids vom 10. Februar 1994 - abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 10. Februar 1994 aufzuheben, hilfweise die Revision zuzulassen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Ihrer Auffassung nach habe die Unterhaltszahlung des Versicherten in Höhe von 75,00 DM monatlich an die Beigeladene zu 1 unterhaltsrechtliche Relevanz gehabt, da diesbezüglich auf die Lebensverhältnisse in P. abzustellen sei. Die Beigeladenen stellen keinen Antrag. Die Beigeladene zu 2 hält ihre Zweifel im Hinblick auf einen ständigen Aufenthalt der Beigeladenen zu 1 in der Bundesrepublik Deutschland aufrecht. Sie hat auf die Wiederholung des Verwaltungsverfahren verzichtet. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakte des Senats, der Klageakte des SG, der Verwaltungsakte der Beklagten und der Verwaltungsakten der Klägerin (zwei Bände) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand des Verfahrens (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist der von der Klägerin anstelle der Beigeladenen zu 1 erhobene und im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Anspruch (vgl. § 91a Bundessozialhilfegesetz [BSHG]) auf anteilige große Witwenrente ab 1. März 1995 und der Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten, die durch Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG ab 1. Oktober 1994 an die Beigeladene zu 1 entstanden sind. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung ist auch statthaft (§ 143 SGG), weil die Beschränkungen des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vorliegen. Die Klagebefugnis für den Anspruch auf anteilige große Witwenrente entfällt nicht wegen des gleichzeitig erhobenen Erstattungsanspruchs (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 43a Nr. 5; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 16. Auflage 2002, § 91a Rdnr. 15 ff.) Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin kann weder einen Leistungsanspruch der Beigeladenen zu 1 aus § 243 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) im Wege der Prozessstandschaft nach § 91a BSHG noch einen Erstattungsanspruch aus § 103 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Erfolg geltend machen. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf anteilige große Witwenrente ist § 243 Abs. 2 SGB VI. Danach haben Anspruch auf große Witwenrente geschiedene Ehegatten, deren Ehe vor dem 1. Juli 1977 geschieden ist (Nr. 1), die nicht wieder geheiratet haben (Nr. 2) und die im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt von diesem erhalten haben oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf hatten (Nr. 3) und die das 45. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 4b). Streitig zwischen den Beteiligten ist allein die Voraussetzung des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI; alle anderen anspruchsbegründenden Voraussetzungen nach § 243 Abs. 2 SGB VI für eine große Witwenrente liegen bei der Beigeladenen zu 1 vor. Es steht zur Überzeugung des Senats fest - und alle Beteiligten gehen hiervon auch aus -, dass die in der Unterhaltsvereinbarung anlässlich der Ehescheidung am 28. September 1966 getroffene Regelung über die Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 75,00 DM bis zum Tode des Versicherten von diesem gegenüber der Beigeladenen zu 1 erfüllt worden ist. Dabei ist es ohne Belang, dass der Unterhalt teilweise in bar, teilweise jedoch auch in Sachgütern wie Lebensmitteln und Kleidungsstücke an die Beigeladene zu 1 geflossen ist. Denn Unterhalt sind alle Geldleistungen und geldwerten Leistungen (vgl. BSG SozR Nr. 19 zu § 1265 RVO), die geeignet und bestimmt sind, den laufenden wirtschaftlichen Lebensbedarf eines anderen unabhängig von einer Gegenleistung zu befriedigen. Zu den geldwerten Leistungen kann die Zuwendung von Sachwerten wie z.B. Naturalien gehören (vgl. BSG a.a.O.; BSG SozR 2200 § 1265 Nr. 45 und Nr. 89). Allerdings muss der Unterhalt eine bestimmte Mindesthöhe erreichen. Eine Mindesthöhe verlangt zwar weder der Gesetzeswortlaut noch der Begriff des Unterhalts. Im Hinblick darauf, dass die Hinterbliebenenrente Ersatz für einen weggefallenen Unterhalt oder Unterhaltsanspruch bilden soll und die Gewährung einer solchen Rente nach § 91 SGB VI zur Kürzung einer Witwen- oder Witwerrente führt, sind der Höhe nach nur solche Leistungen als Unterhalt im Sinne des § 243 SGB VI anzusehen, die geeignet sind, den Mindestlebensbedarf eines Unterhaltsempfängers oder -berechtigten merklich zu beeinflussen (vgl. BSGE 22, 44; BSG SozR Nr. 45 zu § 1265 RVO). Die Rechtsprechung des BSG verlangt nunmehr ausnahmslos, dass der Unterhalt 25 v.H. des für den geschiedenen Ehegatten zeitlich und örtlich notwendigen Mindestbedarfs nach dem BSHG erreicht (vgl. BSGE 53, 256; BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr. 4). Anzusetzen sind zur Ermittlung der Mindesthöhe die Regelsätze für Haushaltsvorstände und Alleinstehende; dies waren bis 30. Juni 1992 475,- DM, ab 1. Juli 1992 510,- DM. Nicht zu berücksichtigen sind die Kosten der Unterkunft, der dafür notwendige Sozialhilfebedarf oder andere einen Sozialhilfemehrbedarf begründende individuelle Umstände (vgl. BSG SozR 2200 § 1265 Nrn. 63 und 65) Vorliegend hat der vom Versicherten tatsächlich geleistete Unterhalt in Höhe von monatlich 75,- DM - gemessen an den Lebensverhältnissen in P. - die geforderte Mindesthöhe nicht erreicht. Der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass Unterhaltsberechtigter und Unterhaltsverpflichteter nicht im selben Staat lebten. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 2. November 1988 (BSG SozR 2200 § 1265 Nr. 88) ausgeführt, dass Unterhaltszahlungen aus P. mit dem Wert zu berücksichtigten seien, welchen sie für den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden früheren Ehegatten tatsächlich haben. Es sei auf den Wert des gezahlten Unterhaltsbetrags in der Bundesrepublik Deutschland abzustellen, weil nur der durch den Tod des Versicherten in Wirklichkeit entfallende Unterhalt bedeutsam sei. Es sei also im vorliegenden Fall unerheblich, ob der gezahlte Unterhaltsbetrag für die Lebensführung in O.Sch. ausreichend gewesen wäre. Die Hinterbliebenenrente habe Unterhaltsersatzfunktion. Sie werde gewährt, weil der Versicherte zu seinen Lebzeiten die frühere Ehefrau habe unterhalten müssen und diese Leistung mit dem Tode wegfalle. Für die Feststellung des Mindestbetrags, der noch als Unterhalt angesehen werden könne, gelte ein objektiver Maßstab. Es könne daher nur darauf ankommen, ob die gezahlte DM-Summe in der Bundesrepublik Deutschland einen wesentlichen Unterhaltsbetrag ausgemacht habe. Diese Auffassung hat das BSG in seiner Entscheidung vom 28. August 1997 (SozR 3-2200 § 1265 Nr. 18) bekräftigt. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Da § 243 SGB VI den Wegfall der Unterhaltssicherung durch den Tod des Versicherten ausgleichen soll und der Erwerb des Rentenanspruchs aus der gesetzlichen Rentenversicherung von einer Mindesthöhe des weggefallenen Unterhalts oder Unterhaltsanspruchs nach inländischen Kriterien abhängt, müssen auch Zahlungen ins Ausland diese Mindesthöhe erreichen, um einen Rentenanspruch zu begründen. Es kann nicht genügen, wenn die Zahlungen nach den Verhältnissen des Auslandes ausreichen, einen entsprechenden Anteil am dortigen Mindestlebensbedarf abzudecken (so auch Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 243 SGB VI Rdnr. 13). Andererseits ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die unterhaltsberechtigte Beigeladene zu 1 in P. lebte und sie dort nicht den gleichen Betrag wie im Inland benötigte, um die gleiche Kaufkraft zur Verfügung zu haben. Es ist deshalb gerechtfertigt, den von der Rechtsprechung des BSG geforderten "Mindestunterhalt" von 25 v.H. des zeitlich und örtlich notwendigen Mindestbedarfs nach dem BSHG orientiert an den Lebensverhältnissen in P. entsprechend zu modifizieren. Der Unterhaltsbedarf in P. ist ein anderer als der im Inland. Das Sozialversicherungsrecht hält keine Modalitäten für eine entsprechende Anpassung des geforderten Mindestunterhalts bereit. Es ist deshalb angebracht, auf die von den Zivilgerichten angewandte Vorgehensweise bei der "Bedarfskorrektur" für einen Unterhaltsberechtigten im Ausland zurückzugreifen. Die Rechtsprechung der Zivilgerichte hat hierzu im Wesentlichen zwei Wege beschritten: Ein Teil der Rechtsprechung - insbesondere beim Kindesunterhalt - kürzt den nach der Düsseldorfer Tabelle berechneten Pauschalbedarf um einen Bruchteil und lehnt sich dabei an die Länderübersicht des Bundesfinanzministeriums (sogenannte Ländergruppeneinteilung) ab 1996 gemäß Tabelle 14 an, der im Grundsatz die Durchschnittslöhne der verarbeitenden Industrie zu Grunde liegen (vgl. Dose in Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 7 Rdnr. 22 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Die Ländergruppeneinteilung unterscheidet danach, ob der Unterhaltsbedarf in dem betreffenden Land dem inländischen in voller Höhe, zu zwei Dritteln oder einem Drittel entspricht. Nach dieser Ländergruppeneinteilung beträgt der Unterhaltsbedarf in P. ein Drittel der Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle. Gegen diese "Bedarfskorrektur" eines Unterhaltsberechtigten im Ausland bestehen jedoch überwiegend bei den Zivilgerichten trotz größerer Praktikabilität Bedenken (vgl. Dose a.a.O.); diesen schließt sich der erkennende Senat an, weil sich steuerliche Erwägungen und unterhaltsrechtliche Bedarfsbemessung nicht decken und außerdem der Bedarf nicht ohne Berücksichtigung der konkreten Einzelumstände, auch des unterschiedlichen und wechselnden Ausmaßes der Geldentwertung im Ausland pauschal gekürzt werden kann. Überwiegend wenden die Zivilgerichte deshalb bei der "Bedarfskorrektur" des Unterhaltsanspruchs eines Unterhaltsberechtigten im Ausland eine andere Methode an (vgl. Dose a.a.O.). Ausgangspunkt ist hierbei, dass der Zahlbetrag des Unterhalts in der Regel in eine andere Währung umgetauscht werden muss, wenn der Unterhaltsberechtigte im Ausland lebt. Wenn die Verbrauchergeldparität von der Devisenparität abweicht, ergibt sich dabei ein Kaufkraftgewinn oder Kaufkraftverlust. Die Verbrauchergeldparität gibt dabei an, wie viel Geldeinheiten erforderlich sind, um die gleiche Menge an Gütern bestimmter Qualität im Inland zu erwerben, die man im Ausland für eine ausländische Geldeinheit erhält (vgl. Dose a.a.O.). Die Zivilgerichte versuchen diesem Kaufkraftgewinn oder Kaufkraftverlust dadurch Rechnung zu tragen, dass sie den Bedarf in Anknüpfung an die Abweichung der Kaufkraftparität vom Devisenkurs korrigieren (OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 556; OLG Hamburg FamRZ 1990, 794). Diese Vorgehensweise führt zu genaueren Ergebnissen als pauschale Abschläge vorzunehmen; ihr ist deshalb auch nach Überzeugung des erkennenden Senats der Vorzug zu geben (so auch Bundesgerichtshof [BGH] FamRZ 1987, 682, 683 f.). Bei dieser Vorgehensweise ist zunächst in einem ersten Schritt das Verhältnis der Verbrauchergeldparität zum Devisenkurs zu ermitteln. Die Verbrauchergeldparität wird regelmäßig als Schätzung oder als Prognose vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht. Die damit zu vergleichenden Devisenkurse werden von der Deutschen Bundesbank errechnet und veröffentlicht. 1992 betrug der Devisenkurs für P. 115,48; die Verbrauchergeldparität betrug 132,23 (vgl. Statistisches Jahrbuch 2000 für das Ausland S. 332). Das Verhältnis (x) zwischen Verbrauchergeldparität (b) und Devisenkurs (a) wird nach folgender Formel berechnet: x = (100b-100a)/a (vgl. Dose a.a.O. § 7 Rdnr. 24). Dies ergibt für P. 1992 ein Verhältnis von Devisenkurs und Verbrauchergeldparität von 14,50. In einem zweiten Schritt ist sodann der Unterhaltsbedarf anhand der Tabellenbedarfskorrektur bei Auslandsberührung (Berechtigte im Ausland) zu errechnen (vgl. Dose a.a.O. § 7 Rdnr. 25). Ausgehend von einem Verhältnis zwischen Devisenkurs und Verbrauchergeldparität von 14,50 errechnet sich anhand dieser Tabelle eine Bedarfskorrektur von minus 13 (vgl. Dose a.a.O., § 7 Rndr. 27). Eine auf diese Weise durchgeführte Bedarfskorrektur im Hinblick auf den von der Rechtsprechung geforderten Mindestunterhalt von 25 v.H. des zeitlich und örtlich notwendigen Mindestbedarfs nach dem BSHG führt vorliegend zu folgendem Ergebnis: Auszugehen ist vom Regelsatz nach dem BSHG von 475,- DM bis 30. Juni 1992. Dieser Regelsatz wird um 13 Prozent "nach unten" korrigiert und beträgt damit noch 413,25 DM. Von diesem korrigierten Mindestbedarf muss nun der geleistete Unterhalt 25 v.H. erreichen; dies wären 103,31 DM. Da der Versicherte der Beigeladenen zu 1 jedoch bis zu seinem Tode lediglich einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 75,- DM geleistet hat, ist die Mindesthöhe des Unterhalts nicht erreicht. Dabei ist auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Entwicklung seit der Scheidung sowie der wirtschaftlichen Lage der früheren Eheleute (Versicherter und Beigeladene zu 1) zur Zeit des Todes des Versicherten lediglich von einem geleisteten Unterhalt bzw. Unterhaltsanspruch in Höhe von 75,- DM auszugehen. Eine Abänderungsmöglichkeit zugunsten der Beigeladenen zu 1 im Hinblick auf den tatsächlich geleisteten Unterhalt von 75,- DM bestand nämlich nicht. Im Vergleich vom 28. September 1966, in dem sich unter Ziffer 3 der Versicherte zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts in Höhe von 75,- DM verpflichtet hat, hat die Beigeladene zu 1 unter Ziffer 5 ausdrücklich auf etwaige weitergehende Forderungen verzichtet; dies umfasste auch den Verzicht auf einen weitergehenden Unterhaltsanspruch in der Zukunft. Nach alldem bestand somit kein Anspruch der Beigeladenen zu 1 gemäß § 243 Abs. 2 SGB VI auf anteilige großen Witwenrente. Daraus folgt, dass die Klägerin auch keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte hat. § 104 Abs. 1 SGB X bestimmt: Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Da - wie oben ausgeführt - die Beigeladene zu 1 keinen Anspruch gegen die Beklagte hat, besteht auch kein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Eine Kostenerstattung findet nicht statt (§ 193 Abs. 1 und 4 SGG). Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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