L 5 KA 2312/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 4424/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2312/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 97/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Einschränkung der Berechnungsfähigkeit der GNR 14 EBM durch die Präambel zu Abschnitt B II EBM (Fassung 1.1.1998) ist rechtmäßig.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. April 2002 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger Anspruch auf Vergütung der Gebührennummer (GNR.) 14 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) haben.

Die Kläger sind als Nervenärzte in S. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und üben ihre vertragsärztliche Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis aus. Die Beklagte strich in den Abrechnungen der Kläger für die Quartale 3/97 sowie 1/98 bis 3/98 im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung u.a. die GNR. 14 EBM (im Quartal 3/97 132-mal, im Quartal 1/98 59-mal, im Quartal 2/98 58-mal, im Quartal 3/98 30-mal), die die Kläger bei 1979 und früher geborenen Versicherten berechneten, weil neben den 5 Arzt-Patienten-Kontakten im Behandlungsfall nicht mindestens ein Besuch nach den GNRn. 25, 26 oder 32 EBM erfolgt sei. Die Widersprüche der Kläger hinsichtlich der Streichung der GNR. 14 EBM wies der Vorstand der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 1999). Zur Begründung führte er aus, in den Fällen sei zwar die Anzahl der Arzt-Patienten-Kontakte je Behandlungsfall gegeben. Da die Kläger jedoch in keinem der Fälle, in denen sämtliche Patienten älter als zwölf Jahre seien, eine Leistung nach den GNRn. 25, 26 oder 32 EBM zum Ansatz gebracht hätten, sei das nach dem Wortlaut der Präambel zwingend geforderte Element einer "kontinuierlichen Betreuung" entsprechend dem Leistungsinhalt der GNR. 14 EBM nicht erfüllt.

Die Kläger haben am 30. Juli 1999 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Die zum 1. Januar 1998 erfolgte Neufassung der GNR. 14 EBM in Verbindung mit der Präambel verstoße gegen medizinische Erkenntnisse. Hausbesuche bei chronisch psychotischen (paranoiden) Patienten seien kontraindiziert.

Sie haben hierzu eine Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. med Dipl.-Psych. F., Leitender Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des B. S. vom 12. März 1998 vorgelegt. Er hat die Auffassung vertreten, die Leistungen nach den GNRn. 14 und 15 EBM trügen sicher zur Verbesserung der nervenärztlichen Versorgung von chronisch psychischen Krankheiten bei, ein Hausbesuch sei auch in vielen Fällen, z. B. bei schwerster Defizienzverfassung, durchaus angezeigt, dass aber im Großteil der Fälle chronisch schizophrener Psychosen ein vom niedergelassenen Nervenarzt quasi erzwungener Hausbesuch kontraindiziert sei und zu einem Beziehungs- und Behandlungsabbruch führen könne, damit zu einer akuten Exazerbation der Erkrankung mit allen unerwünschten Folgen und nicht zuletzt einer Krankenhausaufnahme mit den damit verbundenen erheblichen Kosten.

Die Beklagte hat unter Vorlage von Ausdrucken der Abrechnungsscheine geltend gemacht, die GNR. 14 EBM betreffe nicht ausschließlich chronisch schizophrene Psychosen, sondern ebenfalls die übrigen psychotischen Formen, unter denen auch die vorgelegte Stellungnahme des B. unter bestimmten Voraussetzungen einen Hausbesuch für angezeigt halte.

Dr. W., Geschäftsführung des Bewertungsausschusses, hat die auf Anfrage des SG mitgeteilt (Schreiben vom 26. Februar 2002), in Abstimmung mit den entsprechenden Fachverbänden und Berufsverbänden sei die Leistungsposition der GNR. 14 EBM, die zum 1. Januar 1996 erstmalig beschlossen worden sei, für einen definierten Patientenkreis konzipiert worden, der in der Leistungslegende abschließend benannt sei. Die ersten Abrechnungsquartale nach Aufnahme der GNR. 14 EBM hätten gezeigt, dass auch andere im Rahmen der häuslichen Umgebung betreute schwer kranke Patienten einer ähnlichen intensiveren Betreuung bedürften. Deswegen habe sich der Bewertungsausschuss entschlossen, mit Wirkung ab 1. Januar 1998 die Berechnungsfähigkeit auch auf die chronisch psychotisch kranken Patienten zu erweitern. Der Aufnahme der zusätzlichen Abrechnungsbestimmung in die Präambel sei vorausgegangen, dass zunehmend festgestellt worden sei, dass die "kontinuierliche Betreuung" im Sinne der Leistung nach der GNR. 14 EBM häufig und in zunehmendem Maße in nicht sachgerechter Weise abgerechnet worden sei. Die GNR. 14 EBM sei quasi automatisch beim ersten Arzt-Patienten-Kontakte abgerechnet worden, häufig sogar dann, wenn ausschließlich im gesamten Quartal nur ein telefonischer Arzt-Patienten-Kontakt erfolgt sei. Dabei könne man nicht von einer "Betreuung" im Sinne der GNR. 14 EBM ausgehen. Andererseits hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen keine Handhabe gehabt, die Leistung nach der GNR. 14 EBM zu streichen, wenn der betreffende Arzt - unter Umständen über mehrere Quartale - nur jeweils einen telefonischen Kontakt mit dem Patienten gehabt habe und dann zusätzlich für die kontinuierliche Betreuung die GNR. 14 EBM berechnet habe. Da der Umfang der "kontinuierlichen Betreuung" weder im EBM noch in einem sonstigen Regelwerk verbindlich definiert sei, habe der Bewertungsausschusses dieses Versäumnis behoben und den Betreuungsumfang definiert. Der Einwand der Kläger sei nicht nachvollziehbar. Es sei unbedingt zu fordern, dass sich der behandelnde Arzt im Rahmen seiner Betreuung zumindest einmal im Quartal im Rahmen eines Hausbesuches ein persönliches Bild von den Umständen der Betreuung im Rahmen der häuslichen Umgebung mache.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24. April 2002). Mit dem zum 1. Januar 1998 in Abs. 8 der Präambel des Abschnitts B II EBM eingefügten Erfordernis mindestens einer Besuchsleistung im Behandlungsfall habe der Bewertungsausschuss weder seinen Regelungsspielraum noch seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt. Es schließe sich den Ausführungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in der Stellungnahme vom 26. Februar 2002 an. Ausweislich der Stellungnahme des Dr. F. vom 12. März 1998, bestätigt durch das eigene Vorbringen der Kläger, sei auch bei chronisch psychotischen Kranken in vielen Fällen ein Hausbesuch durchaus angezeigt. In Fällen, in denen ein Hausbesuch kontraindiziert sei, scheide die Abrechenbarkeit der GNR. 14 EBM von vornherein aus. Dass die Kläger einen Praxisschwerpunkt bei der GNR. 14 EBM hätten, sei unerheblich. In zwei beanstandeten Fällen (W. und L.) sei überdies das Erfordernis von mindestens fünf Arzt-Patienten-Kontakten im Behandlungsfall nicht erfüllt.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 17. Juni 2002 zugestellte Urteil haben die Kläger am 4. Juli 2002 Berufung eingelegt. Sie sind weiterhin der Auffassung, der Leistungsinhalt der GNR. 14 EBM sei entgegen den medizinischen Erfordernissen und Erfahrungen verändert worden. Der zusätzlich zu den 5 Arzt-Patienten-Kontakten verlangte ärztliche Hausbesuch sei medizinisch kontraindiziert. Bei der Änderung der Präambel handele es sich um eine aus medizinischer Sicht nicht nachvollziehbare Einschränkung, mit der sachfremden, steuerungspolitischen Erwägung, irgendwie die Leistungsmengen zu beschneiden. Es sei nicht bedacht worden, dass durch die Änderung einer Reihe von Behandlungsfällen herausfielen. Es sei keine Ausweichziffer vorgesehen und auch keine Sonderregelung getroffen worden, sodass die Regelung willkürlich sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. April 2002 sowie die Gesamthonorarabrechnungsbescheide mit den Berichtigungsbescheiden der Quartale 3/97 sowie 1/98 bis 3/98 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen im Quartal 3/97 132-mal, im Quartal 1/98 59-mal, im Quartal 2/98 58-mal, im Quartal 3/98 30-mal die GNR. 14 EBM zu vergüten, hilfsweise, die Beweisanträge gemäß Schriftsatz vom 15.7.2003 Ziff. 2 auf Seite 2 und 4 auf Seite 3, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Die mit 1800 Punkten bewertete GNR. 14 EBM ist insgesamt 279-mal gestrichen worden. Die Streichung umfasst damit insgesamt 502.200 Punkte. Bei einem Punktwert von sieben Pfennig entspricht dies einem Betrag von DM 35.154,00 bzw. rund EUR 17.975,00.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben in den Quartalen 3/97 und 1/98 bis 3/99 keinen Anspruch auf Vergütung der GNR. 14 EBM.

Die Berechtigung der Beklagten, die Honorarabrechnungen der Vertragsärzte auf sachliche und rechnerische Richtigkeit zu überprüfen und ggfs. die Honorarabrechnungen zu berichtigen, ergibt sich aus § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä), § 34 Abs. 4 des Bundesmantelvertrages Ärzte-/Ersatzkassen (EKV-Ä), die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) vereinbart worden sind. Nach diesen Bestimmungen obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Dies gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerkes. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honoraranforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Der leicht abweichende Wortlaut des § 34 EKV-Ä enthält in der Sache keine andere Regelung. Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 des auf der Grundlage des § 85 Abs. 4 SGB V ergangenen Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM) sind für die Abrechnungen die gesetzlichen und vertraglichen Gebührenordnungen einschließlich der zusätzlichen vertraglichen Bestimmungen sowie die autonomen Satzungsnormen der Beklagten maßgebend. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HVM prüft die Beklagte die eingereichten Abrechnungen in formaler Hinsicht.

Die Leistungslegende der mit 1.800 Punkten bewerteten GNR. 14 EBM lautete in den streitigen Quartalen: Kontinuierliche haus- oder nervenärztliche, psychiatrische oder neurologische Betreuung eines in der familiären bzw. häuslichen Umgebung versorgten - Demenzkranken (zum Beispiel fortgeschrittener Morbus Alzheimer, fortgeschrittene vaskuläre cerebrale Demenz), - mehrfach behinderten Kindes oder Jugendlichen (zum Beispiel spastische Di- oder Tetraplegie), - andauernd betreuungsbedürftigen, geistig Behinderten und/oder - kontinuierlich betreuungsbedürftigen, chronisch psychotischen Patienten (Manie, Depression, Schizophrenie), einschließlich Anleitung und Führung der Bezugs- und Betreuungsperson(en), einschließlich aller Koordinierungsmaßnahmen mit gegebenenfalls einbezogenen sozialen Diensten, einmal im Behandlungsfall.

Satz 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM bestimmt (eingefügt zum 1. Januar 1998):

Die Berechnung der Leistungen nach den Nrn. 14, 15 oder 20 setzt mindestens 5 Arzt-Patienten-Kontakte im Behandlungsfall, darunter mindestens einen Besuch - mit Ausnahme von Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr - entsprechend der Leistungen nach Nrn. 25, 26 oder 32, voraus.

Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Satz 1 EBM ist eine Leistung nur berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden ist. Die Kläger haben die Voraussetzungen für die Berechnung der GNR. 14 EBM nicht vollständig erfüllt. Denn in keinem der Behandlungsfälle, in denen die GNR. 14 EBM gestrichen worden ist, haben die Kläger eine Besuchsleistung erbracht.

Die in Satz 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM vom Bewertungsausschuss zum 1. Januar 1998 eingefügten Voraussetzungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bewertungsausschuss hat insoweit den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten, insbesondere nicht missbräuchlich ausgeübt.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass die Voraussetzungen für die Berechnungsfähigkeit einer Leistung nicht in der Leistungslegende selbst, sondern in der Präambel zu dem Abschnitt B II EBM enthalten sind. Voraussetzungen für die Berechnungsfähigkeit einer Leistung in der Präambel beziehen sich regelmäßig auf mehrere Leistungen des entsprechenden Abschnittes. Die Voraussetzungen für die Berechnungsfähigkeit sind damit vorab generell geregelt.

Gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmt der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten Bestimmungen des EBM, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 18), werden durch den paritätisch mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen besetzten Bewertungsausschuss beschlossen und durch weitere Regelungen ergänzt, die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vereinbart werden. Der vertragliche Charakter der Vergütungstatbestände soll gewährleisten, dass die unterschiedlichen Interessen der in der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und eine sachgerechte inhaltliche Beschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Grundsätzlich entscheiden die Vertragspartner bzw. der Bewertungsausschuss, welche Leistungen mit welchen Punktbeträgen bewertet werden. Es liegt auch vorrangig in ihrer bzw. seiner Zuständigkeit, unklare Regelungen der Gebührenordnung zu präzisieren und änderungsbedürftige zu korrigieren. Diesem System autonomer Festlegung der Leistungsbewertung entspricht die Anerkennung eines weiten Regelungsspielraums, der von den Gerichten zu respektieren ist. Diese können nur eingreifen, wenn die Vertragspartner bzw. der Bewertungsausschuss den ihnen zustehenden Entscheidungsspielraum überschreiten, insbesondere ihn missbräuchlich ausnutzen oder nur einer Arztgruppe die Vergütung für eine Leistung gewähren, die auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw. erbracht werden kann (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 87 Nrn. 21 und 29).

Nach § 87 Abs. 2a Satz 1 und 2 der Vorschrift (eingefügt durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, S. 2266)) ist dem Bewertungsausschuss darüber hinaus gesetzlich aufgegeben worden, die ärztlichen Leistungen des EBM zu Leistungskomplexen zusammenzufassen, sofern medizinische Gesichtspunkte nicht entgegenstehen. Das BSG hat zu diesen Regelungen bereits wiederholt ausgeführt, dass sich der dem Bewertungsausschuss damit übertragene Gestaltungsauftrag nicht in der Aufstellung eines reinen Leistungs- und Bewertungskataloges unter betriebswirtschaftlichen oder sonstigen kalkulatorischen Gesichtspunkten erschöpft, sondern dass dem EBM auch eine Steuerungsfunktion zukommt. Der Bewertungsausschuss hat danach sowohl die Befugnis als auch die Verpflichtung, über die Definition sowie Bewertung der vertragsärztlichen Verrichtungen das Leistungsverhalten durch mengen- oder fallzahlbegrenzende Maßnahmen zu steuern (so schon z.B. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 (Abstaffelung von Basislaborleistungen); SozR aaO Nr. 14; SozR aaO Nr. 18 (Teilbudgetierung von Beratungs-, Betreuungs- und Untersuchungsleistungen); Beschlüsse vom 29. September 1999 - B 6 KA 34/99 B - und vom 18. Dezember 2000 - B 6 KA 35/00 B - (Abstaffelung von Röntgenleistungen in den Quartalen I/1996 bis II/1997)). Auf diese Weise kann der Bewertungsausschuss durch die Bewertung ärztlicher Leistungen zu erreichen versuchen, dass die Vertragsärzte bestimmte Leistungen häufiger oder weniger häufig erbringen. Diese Steuerungsbefugnis ermöglicht es ihm insbesondere, ergänzende Bewertungsformen wie Komplexgebühren, Gebührenpauschalen und Budgetierungen einzuführen, um die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern oder Verteilungseffekte herbeizuführen, die das Ziel einer angemessenen Vergütung der Leistungen (§ 72 Abs. 2 SGB V) verfolgen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nrn. 12 und 18); so ist es auch zulässig, durch Abrechnungsbestimmungen einer übermäßigen und/oder missbräuchlichen Leistungserbringung entgegenzuwirken (vgl. schon BSG SozR 3-1500 § 96 Nr. 3). Auch hat das BSG in mehreren Urteilen vom 8. März 2000 (SozR 3-2500 § 83 Nr. 1) zu den ab 1. Juli 1996 geltenden, in ähnlicher Weise wirkenden Teilbudgets des EBM im einzelnen ausführlich dargelegt, dass der Gesetzgeber schon vor Einführung des § 87 Abs. 2a Satz 8 SGB V durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997 (BGBl I, S. 1520) von der Zulässigkeit entsprechender zur Mengenbegrenzung geschaffener Regelungen ausgegangen ist, weil die Ergänzung der Vorschrift ausweislich der Gesetzesmaterialien nur klarstellende Funktion hatte. In einem weiteren Urteil vom 8. März 2000 sind im Übrigen die zum 1. Juli 1997 in Kraft getretenen Vorschriften des EBM über die vergleichbar wirkenden fallzahlabhängigen Praxisbudgets für rechtmäßig erachtet worden (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23). Dafür, dass der Bewertungsausschuss - vor oder nach dem 1. Juli 1997 - auf einen numerus clausus von Regelungstechniken zur Mengen- und Fallzahlbegrenzung festgelegt gewesen wäre, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil hat das BSG schon in seinem Urteil vom 20. März 1996 (SozR 3-2500 § 87 Nr. 12) entschieden, dass die Steuerungsfunktion des EBM durch vom Bewertungsausschuss geschaffene "Komplexgebühren, Gebührenpauschalen, Abstaffelungsregelungen und ähnliche mengen- oder fallzahlbegrenzende Maßnahmen" wahrgenommen und umgesetzt werden darf (zum Ganzen s. auch BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 ( zur anzahlmäßigen Begrenzung von Epikutan-Tests)).

Ausgehend hiervon ist die Einschränkung der Berechnungsfähigkeit der GNR. 14 EBM nicht willkürlich.

Die GNR. 14 EBM ist in der in den vorliegend streitigen Quartalen geltenden Fassung mit der grundlegenden Änderung des EBM zum 1. Januar 1996 und der damit auch verbundenen grundlegenden Umgestaltung der Beratungsleistungen des Abschnitts B EBM eingeführt worden. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Berechnung von Gesprächs- und Beratungsleistungen nach der Änderung des EBM zum 1. Januar 1996 in einem erheblichen Umfang angestiegen ist, sind die Ausführungen des Dr. W. von der Geschäftsführung des Bewertungsausschusses im Schreiben vom 26. Februar 2002 nachvollziehbar, dass eine zunehmende Berechnung dieser Gebührennummer festzustellen war, auch wenn eigentlich eine Betreuung im Sinne der Leistung nicht gegeben war. Gleiches war im Übrigen auch bei der GNR. 16 EBM, die ebenfalls eine kontinuierliche Betreuung eines bestimmten Patientenkreises erfordert, festzustellen. Auch diese Leistungen wurde vielfach bei nur wenigen Arzt-Patienten-Kontakten berechnet (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 31. Mai 2000 - L 5 KA 3376/99 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Beschluss des BSG vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 47/00 B -). Das Bestreben, die Berechnungsfähigkeit der GNR. 14 EBM einzuschränken, kann vor diesem Hintergrund sowie der oben dargelegten Aufgabe des Bewertungsausschusses, auch steuernd auf das Leistungsverhalten der Vertragsärzte einzuwirken, nicht als sachfremd oder willkürlich angesehen werden.

Dies wird auch durch den der GNR. 14 EBM zu Grunde liegenden Zweck bestätigt. Die Leistung nach der GNR. 14 EBM soll den Aufwand vergüten, der anfällt, weil ein Versicherter auf Grund der in der Leistungslegende genannten Erkrankungen einer überdurchschnittlichen Betreuung bedarf. Die Nr. 14 EBM steht im Abschnitt B II 2. (Fachübergreifende Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen). All diese Leistungen zeichnen sich dadurch aus, dass auf Grund besonderer Erkrankungen der Versicherten ein überdurchschnittlicher Beratungs- und/oder Betreuungstätigkeit erforderlich ist. Gerade weil der damit verbundene erhöhte Beratungs- und Betreuungsaufwand abgegolten werden soll, kann die Nr. 14 EBM nicht bei jeder psychiatrischen Erkrankung angesetzt werden und auch nicht bei Entwicklungs- oder Verhaltensstörungen.

Unter Berücksichtigung des abzugeltenden hohen Betreuungsaufwandes ist es auch nicht willkürlich, wenn ein Besuch verlangt wird. Nach dem Wortlaut erfordert die GNR. 14 EBM die kontinuierliche Betreuung eines in der "familiären bzw. häuslichen Umgebung" versorgten Kranken. Dann ist es aber nach Auffassung des Senats, an dessen Entscheidung als ehrenamtliche Richter 2 Psychologische Psychotherapeutin mitwirken, folgerichtig, wenn sich der betreuende Vertragsarzt von den Umständen der familiären bzw. häuslichen Umgebung des Kranken Kenntnis verschafft, was am zweckmäßigsten durch das Aufsuchen des Kranken gewährleistet ist.

Eine Rechtswidrigkeit des EBM ergibt sich auch nicht daraus, dass nach der Einschränkung der Voraussetzungen für die Berechnung der GNR. 14 EBM nicht Ausnahmeregelungen oder sonstige Gebührennummern als Ersatz geschaffen worden sind. Denn allein dass in einzelnen Fällen eine Teilleistung einer Betreuungspauschale nicht indiziert ist, führt nicht zu einer sachwidrigen Fassung der Leistungslegende. Werden aus bestimmten konkreten Gründen des einzelnen Behandlungsfalles Teilleistungen einer Betreuungspauschale nicht erbracht, ist die Betreuungspauschale nicht berechnungsfähig. Es gilt insoweit dasselbe die bei anderen Pauschalgebühren. Werden etwa bei der Pauschale für die Betreuung einer Schwangeren nach der GNR. 100 EBM bestimmte Ultraschalluntersuchungen aus welchen Gründen auch immer nicht erbracht, kann die gesamte Pauschale nicht angesetzt werden (vgl. Urteil des Senats vom 24. Januar 2001 - L 5 KA 409/00 -; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Beschluss des BSG vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 30/01 B -, beide Entscheidungen veröffentlicht in juris).

Da die Kläger die GNR. 14 EBM bereits wegen des nicht erfolgten Besuches nicht berechnet können, kann offen bleiben, ob in den streitigen Behandlungsfälle Erkrankungen vorlagen, bei denen ein Hausbesuch kontraindiziert wäre, und sich diese Erkrankungen auch aus den auf den Abrechnungsscheinen angegebenen Diagnosen ergäben.

Der von den Klägern beantragten weiteren Beweiserhebung bedurfte es nicht.

Eine weitere Anhörung des Bewertungsausschusses (Beweisanträge auf Seite 2 unter Ziff. 2 des in der mündlichen Verhandlung übergebenen Schriftsatzes vom 15. Juli 2003) war schon deshalb nicht erforderlich, weil wie bei jeder Normgebung dem - vom betroffenen Kläger insoweit im Kern postulierten - Verlangen nach Transparenz und Offenlegung der Erwägungen des Normgebers im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung Grenzen gesetzt sind. Die Begründung von Akten der Rechtsetzung ist weder einfachgesetzlich (vgl § 39 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -, § 35 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -) noch aus Gründen des Verfassungsrechts geboten. Nur wenn Grundrechtsbeeinträchtigungen von gewisser Intensität zu besorgen sind, muss ein Normgeber Annahmen und Wertungen, die ihn zur Schaffung einer Regelung bestimmt haben, spätestens in einem Gerichtsverfahren offen legen (so BVerfGE 85, 36, 57 zur Festsetzung von Studienplatzkapazitäten durch Verordnung; vgl. auch BVerfGE 54, 173, 197; 66, 155, 179 f). Außerhalb dieses Bereichs - wie hier beim Streit über eine einzelne Gebühren-Position des EBM - ist der Normgeber auf die Rüge hin, eine von ihm geschaffene Bestimmung verstoße gegen höherrangiges Recht, dagegen nicht generell verpflichtet, seinen Prozess der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in allen Einzelheiten offen zu legen; dieses gilt jedenfalls dann, wenn überhaupt tragende sachliche Gründe erkennbar sind, die die Regelung als nicht willkürlich erscheinen lassen (zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 29, mwN). Solche Gründe liegen hier aber wie dargelegt vor.

Auch eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob Hausbesuche bei chronisch psychotischen (paranoiden) Patienten kontraindiziert sind, bedarf es nicht. Selbst wenn man dies zu Gunsten der Kläger unterstellt, führte dies zu keinem Anspruch der Kläger auf Vergütung der GNR. 14 EBM. Denn wie oben ausgeführt, ist die Pauschalgebühr der GNR. 14 EBM dann nicht vollständig erfüllt. Die Frage der Abrechnungsfähigkeit der GNR. 14 EBM lässt sich nicht durch ein Sachverständigengutachten klären. Die weiteren Komplexe (Berechnungen Nervenarzttopf, GNR. 44 EBM) sind im vorliegenden Verfahren nicht streitbefangen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 2.1.2002 geltenden Fassung, die nach dem Urteil des BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R in Fällen weiterhin anwendbar ist, in denen - wie hier - das gerichtliche Verfahren vor dem 2.1.2002 anhängig geworden ist. An seiner früheren Auffassung, § 197a SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes komme auf Berufungsverfahren zur Anwendung, die nach dem 2.1.2002 anhängig geworden sind, hält der Senat im Hinblick auf die inzwischen gefestigte Rechtsprechung des BSG (z.B. Beschluss vom 30.8.2002 - B 13 SF 1/02 S) nicht mehr fest.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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