L 4 KR 3906/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 1346/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3906/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine private ärztliche Behandlung durch Phlebologen (ambulant).
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Kosten einer privatärztlichen Behand-lung der Klägerin zu übernehmen hat.

Die am 1912 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bei einer monatlichen Rente von EUR 833,00. Sie ist in der Pflegekasse der Be-klagten in Pflegestufe II eingestuft und erhält Leistungen bei stationärer Unterbringung im Haus Hohenstein, einem Pflegeheim anthroposophischer Ausrichtung in M ... Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt.

Die Klägerin leidet an sich chronisch öffnenden Unterschenkeln, weshalb sie bei Dr. H., einem Nichtvertragsarzt, in dessen Schwerpunktpraxis für Phlebologie in S. alle vier bis sechs Wochen Dauerverbände anlegen lässt, um ein erneutes Aufbrechen der Beine zu verhindern. Hierzu fährt sie ihre Tochter G. B. (G.B.), der die Klägerin Generalvollmacht erteilt hat, nach S ... Die Kosten dieser Behandlung hat die Beklagte mehrmals übernommen. Bei einem Besuch von G.B. in der Geschäftsstelle der Beklagten in S. teilte die Mitarbeiterin der Beklagten P. dieser mit, dass letztmalig die Erstattung auf die Rechnung von Dr. H. vorgenommen werden könne. Mit förmli-chem Bescheid vom 12. November 2001 erläuterte die Beklagte im Einzelnen, warum die Ko-sten der Behandlung durch Dr. H. als Nichtvertragsarzt nicht mehr übernommen werden könn-ten. Hiergegen erhob die Klägerin unter Vorlage einer Bescheinigung des Dr. H. vom 21. November 2001 am 06. Dezember 2001 Widerspruch und verwies zur Begründung auf ihr Schreiben vom 17. Mai 1998, wonach sie keinen Vertragsarzt finden könne, der alle fünf bis sechs Wochen Verbände anlege, ohne dass die Haut aufbreche. Im Rahmen des Widerspruchs-verfahrens nannte die Beklagte verschiedene Vertragsärzte im Bereich Phlebologie, die eine fachliche Versorgung vornähmen. Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch mit Bescheid vom 07. März 2002 zurück.

Im Klageverfahren beim Sozialgericht (SG) Stuttgart verfolgte die Klägerin ihr Begehren unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens weiter.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen und verwies auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Das SG befragte die vier von der Beklagten benannten zugelassenen Ärzte, ob sie die von der Klägerin begehrte Behandlung durchführen könnten, wovon allein Dr. E. die Möglichkeit der in Frage stehenden Behandlung verneinte, während die anderen diese bei entsprechender Indikation bejahten. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. September 2002, der G.B. mit am 18. September 2002 übergebenem Einschreibebrief zugestellt wurde, ab und nahm in den Ent-scheidungsgründen im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten gemäß § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Bezug.

Hiergegen richtet sich die am 09. Oktober 2002 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) ein-gelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie darauf hinweist, dass sie mit den von der Beklagten vorgeschlagenen Methoden die schlechteste Erfahrung gemacht habe, da sie 1990 in der Nacht fast verblutet wäre. Die einzige erfolgversprechende Methode sei die erwähnte Be-handlung bei Dr. H ... Sie legt hierzu die Bescheinigung des Dr. H. vom 02. Oktober 2002, eine Kopie ihres Schreibens vom 17. Mai 1998 an die Beklagte sowie eine Kopie aus dem Sonder-heft Kompressionstherapie der Zeitschrift Vasomed vom September 1996 mit einem Aufsatz von Dr. H. über die Fischerverbände vor.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. September 2002 aufzu-heben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. März 2002 zu verurteilen, die Kosten für die Behandlung bei Dr. H. in Zukunft zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Der Berichterstatter hat den Sachverhalt am 04. Dezember 2002 mit den Beteiligten erörtert, hierbei hat die Klägerin die ärztliche Bescheinigung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 25. November 2002 vorlegen lassen, wonach sie aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Ter-min erscheinen könne. Die Klägerin wurde auf die Möglichkeit der Auferlegung von Verschul-denskosten gemäß § 192 SGG hingewiesen, nachdem die Rechtsprechung des Bundessozialge-richts (BSG) zur Nichterstattungsfähigkeit von solchen Leistungen im Einzelnen dargelegt wor-den war, die von nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten erbracht wor-den sind. Die durch G.B. im Termin vertretene Klägerin hat erklärt, das Verfahren fortsetzen zu wollen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündli-che Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhand-lung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. März 2002 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die privatärztlich erbrachten Leistungen des Dr. H. sind nicht erstattungsfähig. Dieser ist nicht Vertragsarzt und nimmt somit nicht an der kassenärztlichen Versorgung und damit auch nicht an der Versorgung der bei der Beklagten Versicherten teil.

Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 27 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lin-dern. Im Rahmen des § 76 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V gehört zur Krankenbehandlung u.a. die ärztliche Behandlung im Rahmen des für die Kasse verbindlichen Arzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV) nach den §§ 72 ff SGB V. Die Krankenbehandlung umfasst gemäß § 28 SGB V die Tä-tigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. An der vertragsärztlichen Ver-sorgung nehmen gemäß § 95 Abs. 1 SGB V zugelassene und ermächtigte Ärzte sowie ermäch-tigte ärztlich geleitete Einrichtungen teil. Diese der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über-tragene ärztliche Versorgung wird durch eine ausreichende Anzahl von Vertragsärzten aller Dis-ziplinen genügend gesichert, so dass die bei der Beklagten Versicherten notwendige ärztliche Behandlung bei Vertragsärzten als Sachleistung in Anspruch nehmen können, ohne dass hierfür Kosten dem Versicherten entstehen. Da Dr. H. nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil-nimmt, können seine ärztlichen Leistungen nicht zu Lasten der Beklagten abgerechnet oder er-stattet werden. Dies hat das BSG mit Urteil vom 10. Mai 1995 (1 RK 14/94 = SozR 3 – 2500 § 13 Nr. 7) und weiter mit Urteil vom 12. März 1996 (1 RK 13/95) klargestellt. Danach ist ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V nur gegeben, wenn der Versicherte ei-ner gesetzlichen Krankenkasse sich von Ärzten behandeln lässt, die zur vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen oder ermächtigt sind. Da die Klägerin pflichtver-sichert ist, hat sie nicht die Möglichkeit, die Kostenerstattung zu wählen. Auch in diesem Fall wäre sie jedoch gehalten, nur Leistungen von Vertragsärzten in Anspruch zu nehmen. Ein Sy-stemversagen der vertragsärztlichen Versorgung in der Weise, dass die von der Klägerin benö-tigte Leistung im Vertragssystem nicht erbracht werden könnte, liegt nicht vor. Die Ermittlungen des SG haben ergeben, dass Vertragsärzte bzw. ermächtigte Ärzte die begehrte Behandlung durchführen können. Wenn die Klägerin auf die Behandlung bei Dr. H. bzw. bei dessen Praxis-vorgängerin fixiert ist, kann dies nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts führen.

Die Berufung der Klägerin erwies sich somit als unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; von der Möglichkeit der Auferlegung von Ver-schuldenskosten gemäß § 192 SGG hat der Senat keinen Gebrauch gemacht.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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