L 4 RA 3340/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RA 1953/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 RA 3340/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 22/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verweisbarkeit einer Zahnarzthelferin auf die Tätigkeit im Info-Center einer AOK. Eine Zahnarzthelferin mit abgeschlossener Ausbildung ist auf die Tätigkeit einer Angestellten im Empfang einer Krankenkasse (Info-Center) zumutbar verweisbar. Die tarifliche Einstufung dieser Verweisungstätigkeit setzt qualitative Kenntnisse voraus, wie sie durch eine Anlernzeit von mehr als drei Monaten vermittelt werden; sie kann sich diese Kenntnisse als Zahnarzthelferin innerhalb von weniger als drei Monaten aneignen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08. Juni 2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ab 01. Mai 1998 Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) hat.

Die am 1959 geborene Klägerin durchlief nach dem Hauptschulabschluss vom 01. August 1976 bis 31. Juli 1979 erfolgreich eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin bei dem Zahnarzt Dr. W. (Prüfungszeugnis vom 01. August 1979 und Lehrabschlusszeugnis vom 01. Juli 1979). Seit 15. August 1979 arbeitete sie im erlernten Beruf bei dem Zahnarzt Dr. M. in D., und zwar zunächst bis zum 28. Februar 1984 in Vollzeit. Danach war sie im Hinblick auf die Geburt von Kindern am 1984 sowie am 1986 zwischen 1985 und 1989 zeitweise als Teilzeitkraft beschäftigt. Vom 01. Januar 1990 bis Ende Oktober 1996 war sie als Halbtagskraft (18 Stunden pro Woche) tätig. 1991, 1993 und 1995 absolvierte sie mit Erfolg mehrere Fortbildungskurse für Zahnarzthelferinnen, die 70 bzw. 30 Stunden sowie (1995) drei Tage dauerten. Sodann war sie arbeitsunfähig (au) krank. Im Frühjahr 1997 war sie noch einmal kurzzeitig als Zahnarzthelferin im Rahmen eines Wiedereingliederungsversuchs tätig. Die Klägerin war als Zahnarzthelferin hauptsächlich in der Assistenz tätig. Sie führte auch im Praxislabor anfallende Arbeiten durch und war in der Praxisverwaltung für das Mahnwesen sowie seine Überwachung zuständig. Nach den genannten Fortbildungen führte sie auch die Prophylaxeunterweisung sowie Fissurenversiegelung bei Kindern und Erwachsenen durch. Sie wurde zuletzt nach der Vergütungsgruppe (VGr) II des insgesamt vier VGren umfassenden Vergütungstarifvertrags für zahnmedizinische Fachhelferinnen und Zahnarzthelferinnen vom 12. August 1995 entlohnt, die "Zahnarzthelferin mit nach § 46 Berufsbildungsgesetz kammerrechtlich anerkanntem Fortbildungsnachweis" hinsichtlich bestimmter darin aufgeführter Kursteile erfasst. In ihrer damaligen Tätigkeit verdiente sie nach der Arbeitgeberauskunft des Zahnarztes Dr. M. vom 27. Januar 2000 sowie dessen Zeugnis vom 01. April 2000 zuletzt monatlich DM 1.900,00. Nach dem Versicherungsverlauf vom 18. Oktober 2001 bezog sie von 13. Dezember 1996 bis 17. Juni 1998 im wesentlichen Krankengeld (Krg) sowie vom 18. Juni 1998 bis 30. November 1999 Leistungen vom Arbeitsamt. Ferner weist der Versicherungsverlauf geringfügige Beschäftigungen in der Zeit vom 01. April 1999 bis 30. November 1999 aus. Seit 01. Dezember 1999 ist die Klägerin bei der AOK - Die Gesundheitskasse - Südlicher Oberrhein, Bezirksdirektion der AOK Baden-Württemberg (AOK), und zwar zunächst in Emmendingen und jetzt in Freiburg beschäftigt. Nachdem es sich zunächst um einen auf ein Jahr befristeten Zeitvertrag gehandelt hatte, ist dieser zwischenzeitlich in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt worden. Sie arbeitete an der Information für die Geschäftsstellen E. Stadt und E. Land; dort war sie am Empfang im Kundenbereich eingesetzt; darüber hinaus waren an ihrem Arbeitsplatz einfache Bürotätigkeiten zu verrichten. Ihre Aufgaben waren: Empfang und Weiterleitung der Kundschaft, Führung der Handkasse, Einzug der privaten Telefongebühren, Betreuung der elektronischen Zeiterfassung, Öffnung des Briefkastens in der B.-straße und Vorbereitung der Post an den Kurierfahrer, Öffnen und Schließen der Geschäftsstelle, Vornahme von Adressenänderung der Versichertenkarten, Auffüllen des Broschürenständers, Betreuung des Kopier- und Faxgerätes sowie Reservierung des Schulungs- und Besprechungsraums. Dabei konnten die Kunden sitzend oder stehend empfangen werden und wurden danach an den Kundenberatungsplatz begleitet. Die einfachen Bürotätigkeiten wurden sitzend ausgeführt. Insoweit handelte es sich um Tätigkeiten im Sitzen, Stehen und Gehen. Die Tätigkeiten erfordern keine förmliche Ausbildung; es war lediglich eine Einarbeitung von ein bis zwei Wochen erforderlich. Seit 01. April 2001 ist die Klägerin im Info-Center in Freiburg eingesetzt. Ihre Aufgaben bestehen im Empfang und in der Weiterleitung der Kundschaft, im Führen der Handkasse und in EDV-Erfassungen. Die Klägerin wurde als Quereinsteigerin auch wegen ihres offenen Wesens, ihres sicheren Auftretens und ihrer Kommunikationsfähigkeit angestellt. Sie wurde zunächst nach der VGr 4 (Stufe 9, ab 01. Dezember 2000 Stufe 10) der insgesamt 16 VGren umfassenden Vergütungsanordnung zu Anlage 1a zu § 22 BAT/AOK und BAT/AOK-O (BAT-AOK) vergütet. Diese VGr 4 umfasst Angestellte mit Tätigkeiten, die gründliche Fachkenntnisse des Aufgabengebiets erfordern, z.B. Angestellte mit Registrier- und/oder Archivaufgaben, Angestellte in der Poststelle, Telefonisten/Telefonistinnen, Angestellte im Schreibdienst, Angestellte in der Datenerfassung, Arbeitsnachbereiter/-nachbereiterinnen in der DV-Produktion und Archivverwalter/ -verwalterinnen in der DV-Produktion jeweils spätestens nach sechs Monaten. Ab 01. Oktober 2001 ist die Klägerin in die VGr 5 (Stufe 10) eingestuft. Die Höhergruppierung erfolgte wegen ihres sehr positiven Kundenverhaltens und ihres Engagements. Diese VGr 5 umfasst Angestellte mit Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern, z.B. Angestellte im Leistungs- oder Versicherungs- oder Beitrags- oder Vertragsbereicht, die Sachverhalte bearbeiten oder Abrechnungen sachlich prüfen oder Zahlungen sachlich feststellen, Leiter/Leiterin einer Registratur und/oder eines Archivs oder einer Poststelle, Vollziehungsbeamte/ Vollziehungsbeamtinnen für zwölf Monate, Angestellte im Schreibdienst mit Sekretariatsaufgaben, Angestellte in der Datenerfassung, die zumindest zu einem Drittel sachbearbeitend tätig sind, Arbeitsnachbereiter/ -nachbereiterinnen in der DV-Produktion mit umfassenden Aufgaben und besonderer Verantwortung, Archivverwalter/ -verwalterinnen in der DV-Produktion mit umfassenden Aufgaben und besonderer Verantwortung, Operatoren in der DV-Produktion in der Einarbeitung für längstens sechs Monate, Arbeitsvorbereiter/ -vorbereiterinnen in der DV-Produktion in der Einarbeitung für längstens sechs Monate. Ihr Bruttogehalt betrug ab 01. Dezember 1999 monatlich DM 2.126,59, ab 01. Januar 2000 DM 2.177,50, ab 01. Dezember 2000 DM 2.245,50, ab 01. August 2001 DM 2.285,50, ab 01. Oktober 2001 DM 2.466,50 bzw. ab 01. Januar 2002 EUR 1.262,50. Die Klägerin war vom 10. bis 14. April 2000 sowie am 14. Februar 2001 au krank (vgl. Auskünfte der AOK vom 19. September 2000, 14. September 2001, 21. Februar 2002 und 03. April 2002.).

Die Klägerin durchlief vom 05. August bis 02. September 1997 eine aufgrund des Gutachtens des Dr. K. vom 10. Juni 1997 von der Beklagten bewilligte medizinische Heilmaßnahme in der Reha-Klinik W. der Beklagten in B. (Ärztlicher Entlassungsbericht des Leitenden Arztes Dr. M. vom 14. Oktober 1997). Ihr wurde Übergangsgeld gewährt. Mit Bescheid vom 08. Januar 1998 lehnte die Beklagte einen Antrag der Klägerin auf Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation ab, da sie die Tätigkeit als Zahnarzthelferin ohne ständige Stuhlassistenz weiterhin ausüben könne. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und verwies auf ärztliche Behandlungen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04. Juni 1998).

Am 06. Mai 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, da sie am 17. Juni 1998 aus dem Bezug von Krg wegen Anspruchserschöpfung ausscheiden werde. Die Beklagte erhob ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. D., das dieser nach einer Untersuchung der Klägerin vom 05. Juni 1998 unter dem 10. Juni 1998 erstattete. Er gelangte zu dem Ergebnis, der Klägerin seien Arbeiten überwiegend im Stehen nicht zumutbar; eine leichte körperliche Arbeit bei wechselnder Körperhaltung, überwiegend in Bewegung, sei möglich, sofern Zwangshaltungen für die Wirbelsäule sowie Heben und Tragen von Lasten über acht bis zehn kg vermieden würden. Nach Angaben der Klägerin fühle sie sich in Bewegung am wohlsten, Sitzen und längeres Stehen lösten Beschwerden aus. Mit Bescheid vom 30. Juli 1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Bei der Klägerin bestünden ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei nachgewiesener Bandscheibenvorwölbung am Übergang zum Steißbein rechts; weiter lägen abbauende Veränderungen mit Funktionseinschränkungen vor sowie eine Dysfunktion der Beckengelenke, derzeit jedoch ohne neurologische Ausfälle. Die Klägerin könne der Beschäftigung als Zahnarzthelferin ohne ständige Stuhlassistenz weiterhin vollschichtig nachgehen. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein; sie machte geltend, nach einem ärztlichen Gutachten der Krankenversicherung sei ihre Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet. Die Beklagte erhob danach einen Befundbericht bei den Orthopäden Dres. L. und N. vom 08. Dezember 1998. Ferner beauftragte sie den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. mit der Erstattung eines Gutachtens, das dieser nach einer Untersuchung der Klägerin am 17. Februar 1999 unter dem 17. März 1999 erstattete. Er gelangte zu dem Ergebnis, die Klägerin könne als Zahnarzthelferin zwar nur noch zwei Stunden bis unter halbschichtig tätig sein; Tätigkeiten ohne Belastung des Bewegungsapparates, in wechselnden Körperhaltungen, ohne schwere Lasten und dergleichen sowie in klimatisierten Räumen könnten noch vollschichtig verrichtet werden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestimmten Widerspruchsstelle vom 02. Juni 1999).

Mit der am 02. Juli 1999 beim Sozialgericht (SG) Freiburg erhobenen Klage begehrte die Klägerin Rente wegen BU. Sie reichte verschiedene Unterlagen ein, darunter das Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Sozialmedizin Dr. S. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg vom 07. November 1997 sowie das arbeitsamtsärztliche Gutachten des Dr. H. vom 08. bzw. 17. Juni 1998. Sie machte geltend, nach dem Mehrstufenschema für Angestellte sei sie aufgrund ihrer Berufsausbildung sowie der ausgeübten Tätigkeit im erlernten Beruf als Zahnarzthelferin in den obersten Bereich der zweiten Stufe einzuordnen, weshalb sie allenfalls auf Tätigkeiten im oberen Bereich der dritten Stufe verwiesen werden könne. Soweit sie von der Beklagten auf die Tätigkeit als Sachbearbeiterin in der Belegvorbereitung und Datenerfassung bei einer kassenärztlichen Vereinigung verwiesen werde, die nach Ende der Probezeit analog der VGr VIII des BAT entlohnt werde, sei das keine zumutbare Verweisungstätigkeit. Diese Verweisung verstoße auch gegen das Benennungsgebot, denn es handle sich lediglich um eine Sammelbezeichnung von Tätigkeiten, die in jedem Betrieb anfallen könnten. Sie könne auch nicht auf Verwaltungstätigkeiten in Zahnarztpraxen verwiesen werden, zumal sie nicht über spezielle Computerkenntnisse verfüge. Im Übrigen bestehe für reine Verwaltungstätigkeiten in Zahnarztpraxen praktisch keine Vermittlungschance. Ferner berücksichtigten die Tätigkeitsvorschläge der Beklagten außerhalb von Zahnarztpraxen nicht, dass solche Arbeiten überwiegend im Sitzen auszuüben seien. Auch die nun bei der AOK ausgeübte Tätigkeit sei mit ihrer bisherigen beruflichen Qualifikation nicht vergleichbar. Es handle sich um Arbeiten einfachster Art, die sie im Übrigen gesundheitlich und körperlich überfordern würden, wenn sie vollschichtig ausgeübt werden müssten. Mit der Aufnahme dieser Tätigkeit habe sie sich nicht von ihrem bisherigen Beruf gelöst. Sie habe die Arbeit bei der AOK nur übernommen, um ihre schwierige finanzielle Situation zu verbessern und den unterhaltspflichtigen Ehemann zu entlasten. Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie äußerte die Ansicht, dass die Klägerin innerhalb ihres bisherigen Berufsbereichs noch ausreichend erwerbsfähig sei, weswegen BU im Sinne des Gesetzes dem Grunde nach nicht vorliege. Insbesondere könne die Klägerin den gesamten verwaltungstechnischen Bereich einer Zahnarztpraxis weiterhin bearbeiten; dabei handle es sich um körperlich leichte Tätigkeiten, die in wechselnder Körperhaltung verrichtet würden und das Heben und Tragen von Lasten nicht erforderten. Für die Klägerin wäre insoweit auch eine Einarbeitungszeit kaum erforderlich. Das SG erhob Arbeitgeberauskünfte bei Dr. M. vom 27. Januar 2000 sowie bei der AOK vom 19. September 2000. Mit Urteil vom 08. Juni 2001, der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 23. Juni 2001 zugestellt, verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. Juni 1999, der Klägerin ab 01. Mai 1998 Rente wegen BU zu gewähren. Das SG ging davon aus, die Klägerin genieße Berufsschutz und sei nicht mehr in der Lage, in der originären Tätigkeit als Zahnarzthelferin mit Assistenz am Behandlungsstuhl arbeiten zu können. Die von der Beklagten benannte Tätigkeit als Sachbearbeiterin sei überwiegend sitzend zu verrichten und schon deswegen der Klägerin nicht zumutbar. Gleichfalls sei es der Klägerin nicht zumutbar, beispielsweise ausschließlich Verwaltungsarbeiten in einer Zahnarztpraxis zu verrichten. Auch die von der Klägerin derzeit ausgeübte Beschäftigung führe nicht zum Ausschluss von BU, da es sich nur um einfache Arbeiten mit einer kurzfristigen Einarbeitungszeit handle, mithin um eine ungelernte Tätigkeit. Selbst wenn die Klägerin aufgrund dieser Tätigkeit in der Lage wäre, die Hälfte des Entgelts einer gelernten Zahnarzthelferin zu erzielen, wäre ihr der soziale Abstieg nicht zuzumuten.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 14. August 2001 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie trägt unter Vorlage der Vergütungsordnung zu Anlage 1a zu § 22 BAT/AOK und BAT/AOK-O vor, bei der Klägerin liege keine BU vor, weil die derzeit von ihr ausgeübte berufliche Tätigkeit als Angestellte an der Information von Geschäftsstellen einer Krankenkasse, die in die VGr 4 BAT/AOK eingeordnet sei, das Kriterium einer sozial zumutbaren Tätigkeit im Rahmen des § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) alter Fassung (a.F.) erfülle. In der genannten Vergütungsordnung würden, ausgenommen die VGr 3, formale Voraussetzungen, wie Anforderungen einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die Dauer einer vorhergehenden Berufspraxis oder die Einarbeitung, in den Berufsgruppendefinitionen nicht genannt. Aufgrund einer Gegenüberstellung der alten VGr-Bezeichnungen nach BAT und den neuen Bezeichnungen des BAT/AOK ergebe sich jedoch, dass die neue VGr 4 der früheren VGr VII BAT gleichstehe. Tätigkeiten der früheren VGr VII BAT hätten in aller Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung erfordert. Mithin seien Tätigkeiten dieser VGr auch den Tätigkeiten von Angestellten mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung gleichzusetzen. Eine in der tariflichen Bewertung der VGr VII BAT bzw. hier 4 BAT/AOK zugeordnete berufliche Tätigkeit stelle danach für eine gelernte Zahnarzthelferin keinen sozialen Abstieg dar. Im Übrigen gehörten anerkanntermaßen berufliche Tätigkeiten der VGr VII BAT zur oberen Anlernebene und könnten daher in aller Regel ebenfalls nach dem Mehrstufenschema einem Gelernten sozial zugemutet werden. Die Klägerin habe insoweit einen Teilzeitarbeitsplatz inne, der auch nach ihrem eigenen Bekunden ihrem gesundheitlichen Leistungsvermögen entspreche. Im Übrigen könnte die Klägerin diese Tätigkeit auch vollschichtig ausüben. Die Beklagte hat auch einen aktuellen Versicherungsverlauf der Klägerin vom 18. Oktober 2001 übersandt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08. Juni 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Sie hat verschiedene Unterlagen, u.a. zu ihrer beruflichen Ausbildung vorgelegt und trägt weiter vor, sie sei berufsunfähig (bu). Sie könne nicht sozial zumutbar auf die derzeit ausgeübte Tätigkeit verwiesen werden. Aufgrund ihrer Berufsausbildung, ihrer langjährigen Berufspraxis sowie ihrer Qualifizierungsmaßnahmen und auch unter Berücksichtigung ihrer übertariflichen Bezahlung sei sie nach dem Mehrstufenschema unterhalb der Spitzengruppe anzusiedeln. Nach ihrer Qualifikation und ihren Vorkenntnisse wäre sie, wie das von ihr vorgelegte Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung für den Regierungsbezirk Freiburg ergebe, im öffentlichen Dienst in die VGr VIb BAT eingestuft worden. Die Tätigkeit an der Information der Krankenkasse habe mit dem erlernten Beruf nichts zu tun; sie habe keine Ausbildung erfordert, sondern lediglich eine Einarbeitungszeit von maximal zwei Wochen. Sie habe sich die für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse über die Organisationsstrukturen sowie die sachliche und fachliche Zuständigkeit während der Einarbeitung angeeignet; Vorkenntnisse aus dem Berufs als Zahnarzthelferin habe sie nicht verwerten können. Formale Voraussetzung für die VGr 4 BAT/AOK, in die sie zunächst eingestuft gewesen sei, sei lediglich praktische Berufserfahrung. Dies ergebe der Vergleich mit der VGr 3. Damit könne diese VGr auch nicht mit der VGr VII BAT verglichen werden; abgesehen davon sei der Tarifvertrag der AOK eine eigenständige Regelung, bei der die Vertragsparteien eine Vergleichbarkeit mit dem BAT des allgemeinen öffentlichen Dienstes nicht im Auge gehabt hätten. Aufgrund der von der AOK mitgeteilten Tätigkeitsmerkmale komme maximal eine Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit eines Pförtners nach VGr IXb Nr. 26 BAT in Betracht. Dazu, dass die VGr 4 BAT/AOK nicht die VGr VII oder VIII ersetze, müsse ein Gutachten erhoben werden. Aus der Tatsache, dass die Vergütung annähernd gleich sei, lasse sich keine Übereinstimmung herleiten. Die Vergütungssätze nach BAT/AOK seien erheblich höher; in der höchsten VGr bestehe sogar eine Differenz von etwa DM 2.000,00. Eine Bindungswirkung an eine tarifliche Einstufung bestehe dann nicht, wenn der Tarifvertrag keine oder keine geeignete Wertung enthalte. Hier müsse auch berücksichtigt werden, dass die von ihr verrichtete Tätigkeit nicht in der VGr 4 BAT/AOK aufgeführt sei. Damit komme es allein auf die Qualität der verrichteten Tätigkeit an. Aus der tariflichen Eingruppierung in die VGr 4 BAT/AOK könne hier die Qualität der geleisteten Arbeit nicht hergeleitet werden. Maßgebend seien die vom Arbeitgeber mitgeteilten Tätigkeitsmerkmale, wonach es sich um eine einfache ungelernte Tätigkeit handle. Auch aus der damit arbeitsvertraglich festgelegten Entlohnung könne nicht auf den entsprechenden höheren Wert des Berufs geschlossen werden. Bei einer Divergenz von Entlohnung und tatsächlich verrichteter Arbeit sei die letztere maßgebend. Hier komme den Tarifvertragskriterien keine Dominanz zu. Gründe für ihre Einstellung und Eingruppierung seien nach der Auskunft der Arbeitgeberin ihr offenes Wesen, ihr sicheres Auftreten und ihre Kommunikationsfähigkeit gewesen. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richte sich allein nach einem Vergleich der fachlich-qualitativen Wertigkeit des bisherigen Berufes und des Verweisungsberufes. Personenbezogene Merkmale dürften nicht berücksichtigt werden. Angestellte mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren könnten auf ungelernte Tätigkeiten, seien sie auch herausgehoben, nicht verwiesen werden. Die Tätigkeit an der Information sei ihr gesundheitlich auch nicht etwa vollschichtig zuzumuten. Obwohl sie die Möglichkeit habe, zu stehen und zu gehen, werde die Tätigkeit überwiegend im Sitzen ausgeübt. Die Schmerzproblematik bestehe fort, so dass an eine vollschichtige Ausübung dieser Tätigkeit nicht zu denken sei.

Der Berichterstatter hat die Auskünfte der AOK vom 14. September 2001, vom 21. Februar 2002 und vom 03. April 2002 sowie die Auskunft des AOK - Bundesvorstandes vom 14. Mai 2002 eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig; sie ist auch in der Sache begründet.

Das SG hätte der Klage nicht stattgeben dürfen, sondern sie abweisen müssen. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. Juni 1999, mit dem die Beklagte die Gewährung von Rente wegen BU abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder ab 01. Mai 1998 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen BU. Die Klägerin ist nicht bu.

Zutreffend hat das SG dargelegt, dass bu im Sinne des hier noch anwendbaren, bis zum 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Fassung des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. nur solche Versicherte sind, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten der Versicherten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Damit ist ein Anspruch auf Rente wegen BU nicht schon dann gegeben, wenn der bisherige Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann. Wer gesundheitlich und unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse in der Lage ist, einen zumutbaren Verweisungsberuf vollschichtig zu verrichten, ist berufsfähig und hat keinen Anspruch auf Rente, selbst wenn damit ein gewisser beruflicher Abstieg verbunden und das Einkommen aus der Verweisungstätigkeit geringer ist als bisher. Im Übrigen wird eine Rente wegen BU abhängig vom erzielten Hinzuverdienst (§ 96a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI a.F.) in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet (§ 43 Abs. 5 SGB VI a.F.); diese Hinzuverdienstgrenzen sind für alle Renten maßgebend, die nach dem 01. Januar 1996 beginnen.

Die Klägerin ist nicht bu. Zwar stellt auch der Senat aufgrund der urkundenbeweislich zu verwertenden Gutachten des Orthopäden Dr. D. vom 10. Juni 1998 und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 17. März 1999 fest, dass die Klägerin den zuletzt bei Dr. M. bis Ende Oktober 1996 halbschichtig ausgeübten Beruf als gelernte Zahnarzthelferin, die hauptsächlich in der Stuhlassistenz tätig war, nicht mehr vollschichtig verrichten kann. Dies ist deswegen ausgeschlossen, weil die Tätigkeit in der Stuhlassistenz eine überwiegend stehende ist, jedoch die Klägerin nach den genannten Gutachten Tätigkeiten überwiegend im Stehen nicht mehr vollschichtig verrichten kann. Auch eine reine Verwaltungstätigkeit in einer Zahnarztpraxis ist der Klägerin schon deswegen gesundheitlich nicht zumutbar, weil sie nicht mehr in der Lage ist, solche Tätigkeiten, die überwiegend im Sitzen zu verrichten sind, vollschichtig auszuüben. Daraus folgt jedoch entgegen der Ansicht des SG keine BU der Klägerin. Zwar ist sie aufgrund ihres bisherigen Berufs als gelernte Zahnarzthelferin, bei der sie eine dreijährige Ausbildung erfolgreich durchlaufen hat, im Rahmen des Mehrstufenschemas für Angestelltenberufe entsprechend dem Schema für Arbeiterberufe der Gruppe der Angestellten mit einer längeren als zweijährigen, regelmäßig dreijährigen Ausbildung zuzurechnen. Im Hinblick auf die von der Klägerin 1991, 1993 und 1995 durchlaufenen kurzen Fortbildungskurse scheidet die Zuordnung in eine höhere Gruppe, wie beispielsweise in diejenige, die Berufe umfasst, welche eine Meisterprüfung oder den erfolgreichen Abschluss einer Fachschule voraussetzen, aus. Diese höhere Zuordnung ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin geltend gemachten übertariflichen Entlohnung. Denn Grundlage der Entlohnung der Klägerin war nach ihrem Vorbringen (vgl. Schriftsatz vom 03. Oktober 2001) die VGr II des oben genannten Vergütungstarifvertrags für Zahnarzthelferinnen. Zwar kann für den Wert des bisherigen Berufs auch auf dessen tatsächliche tarifvertragliche Einstufung abgestellt werden. Dafür wäre jedoch nur derjenige Tarifvertrag heranzuziehen, nach dem die Klägerin tatsächlich zuletzt eingestuft und entlohnt wurde. Dagegen kann dabei nicht auf einen Tarifvertrag abgestellt werden, der für die Klägerin zuletzt tatsächlich nicht maßgebend gewesen ist. Mithin kann sich die Klägerin für die Bewertung ihres bisherigen Berufs nicht auf die Bestätigung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung für den Regierungsbezirk Freiburg vom 15. Oktober 2001 berufen, wonach aufgrund ihrer Qualifikation und Vorkenntnisse eine Eingangsvergütung bereits während der sechsmonatigen Probezeit nach der VGr BAT VIb in Betracht gekommen wäre. Maßgebend ist daher hier nur der Vergütungstarifvertrag für zahnmedizinische Fachhelferinnen und Zahnarzthelferinnen vom 12. August 1995 und die bei der Klägerin danach zuletzt angewendete VGr II von insgesamt vier Gehaltsgruppen, die einen Zuschlag von 10 vom Hundert (v.H.) auf das Grundgehalt für Zahnarzthelferinnen mit nach § 46 des Berufsbildungsgesetzes kammerrechtlich anerkannten Fortbildungsnachweisen, die die Klägerin 1991, 1993 und 1995 erbracht hat, ausweist. Allein die VGr II des genannten Tarifvertrags rechtfertigt damit auch nicht, die Klägerin in eine höhere als die dritte Gruppe der Angestelltenberufe einzustufen. Fortbildungen zur Zahnmedizinischen Fachhelferin oder Zahnmedizinischen Verwaltungshelferin (vgl. VGr III) bzw. zur Dentalhygienikerin (vgl. VGr IV) sind nicht nachgewiesen. Verweisbar sind Angestellte innerhalb des Mehrstufenschemas auf Tätigkeiten der gleichen oder nächst niedrigeren Gruppe. Bei Angestellten der dritten Gruppe scheidet die Verweisung auf Tätigkeiten der Gruppe der unausgebildeten Angestellten (Ungelernte) aus, selbst wenn sie herausgehoben sind. Die Verweisung auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren VGr ist zumutbar. Beispielsweise ist ein Facharbeiter (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren) auf Tätigkeiten verweisbar, die in der VGr VIII BAT aufgeführt sind. Denn es handelt sich nach den für diese VGr aufgestellten Tätigkeitsmerkmalen grundsätzlich um Tätigkeiten, die zumindest eine Anlernzeit von mehr als drei Monaten erfordern. Die insoweit zur VGr VIII BAT aufgeführten Tätigkeitsmerkmale zeigen, dass nach der Bezeichnung nur Tätigkeiten erfasst sind, die eine längere Anlernzeit voraussetzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Diese Verweisbarkeit gilt auch für Angestellte der dritten Stufe. Die Klägerin ist sozial zumutbar auf die Tätigkeit beim Empfang im Kundenbereich einer Krankenkasse (Info-Center), bei der auch Büroarbeiten sowie Organisationsaufgaben, wie die Führung der Handkasse und EDV-Erfassungen, zu verrichten sind, wie sie die Klägerin auch tatsächlich seit 01. Dezember 1999 nach den Auskünften der AOK vom 19. September 2000 und vom 14. September 2001 ausübt, verweisbar. Insoweit übt die Klägerin eine ihr zumutbare Tätigkeit tatsächlich aus. Bei dieser Tätigkeit ist die Klägerin zunächst ab 01. Dezember 1999 in der VGr 4 BAT/AOK eingestuft gewesen. Ab 01. Oktober 2001 erfolgte dann eine Höhergruppierung in die VGr 5. Die VGr 4 ist keine Einstiegslohngruppe. Die Tätigkeiten am Info-Center, die hier in die VGr 4 eingestuft sind, sind der Klägerin aufgrund ihres bisherigen Berufs sozial zumutbar. Darauf, ob diese VGr 4 BAT/AOK der VGr VIII oder VII BAT, wie von der Beklagten vorgetragen, und wie es auch der Auskunft des AOK-Bundesvorstandes vom 14. Mai 2000 entnommen werden könnte, bzw. nur der VGr IXb BAT, wie von der Klägerin geltend gemacht, gleichgestellt werden könnte, kommt es nicht an. Hier geht der Senat davon aus, dass die VGr 4 BAT/AOK, die Tätigkeiten, die gründliche Fachkenntnisse des Aufgabengebiets erfordern, im Gegensatz zur VGr 3 BAT/AOK, von der Angestellte mit Tätigkeiten, die in der Regel durch praktische Berufserfahrung erworbene Kenntnisse - auch außerhalb des Krankenkassenbereichs - erfordern, erfasst werden, für Versicherte wie die Klägerin eine sozial zumutbare Einstufung darstellt.Denn nach den für die VGr 4 BAT/AOK aufgeführten Tätigkeitsmerkmalen kann angenommen werden, dass Tätigkeiten, wie sie auch nach der VGr VIII BAT beschrieben sind, erfasst werden, die eine längere Anlernzeit voraussetzen, in der die gründlichen Fachkenntnisse erlangt werden können. Dabei entnimmt der Senat zwar der Auskunft des AOK-Bundesverbandes vom 14. Mai 2002, dass die Tätigkeit der Klägerin im Info-Center der Krankenkasse so nicht besonders in der Vergütungsordnung des BAT/AOK und insbesondere auch nicht in den Beispielen der VGr 4 BAT/AOK genannt ist. Aufgrund der genannten Auskunft erfolgt die Eingruppierung von Beschäftigungen in die jeweilige VGr auf der Grundlage der für den einzelnen Arbeitplatz geltenden Stellenbeschreibung und wird von den Krankenkassen vor Ort vorgenommen. Hier sind die Tätigkeiten, die die Klägerin nach den Auskünften ihrer Arbeitgeberin ausübt, verschiedenen in der VGr 4 BAT/AOK aufgeführten Beispielen zuzuordnen. Beispielsweise kann die mündliche Kundeninformation durchaus mit der Tätigkeit einer Telefonistin verglichen werden, wie sie im Beispiel 3 aufgeführt ist. Die tarifliche Einstufung einer Tätigkeit ist nicht nur für den Wert des bisherigen Berufs maßgebend, sondern in gleicher Weise auch für den Wert der in Betracht kommenden Verweisungstätigkeit (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Hier bejaht der Senat, dass die bei der Klägerin durch die Arbeitgeberin vorgenommene individuelle tarifvertragliche Einstufung in die VGr 4 BAT/AOK Indizwirkung für ihre Wertigkeit als zumutbare Verweisungstätigkeit hat. Es ergeben sich hier keine deutlichen Anhaltspunkte für Fehler bei der tariflichen Eingruppierung. Gegen diese Indizwirkung spricht hier nicht, dass - wie dargelegt - die Tätigkeit der Klägerin, die im wesentlichen in der Kundeninformation sowie in Büro- und Organisationsaufgaben besteht, nicht konkret in der VGr 4 der Vergütungsordnung des BAT/AOK aufgeführt ist. Der Senat vermag gerade im Hinblick auf die für die Halbtagstätigkeit erzielte Vergütung von zunächst DM 2.126,50 (ab 01. Oktober 1999) brutto nicht festzustellen, dass die Klägerin aufgrund von qualitätsfremden Kriterien in die VGr 4 BAT/AOK eingestuft und später sogar in die VGr 5 BAT/AOK höhergestuft worden ist. Es ist nicht erkennbar, dass für die Arbeitgeberin beispielsweise mit der Tätigkeit verbundene Nachteile oder Erschwernisse bzw. soziale Gründe in der Person der Klägerin als qualitätsfremde Gesichtspunkte maßgebend gewesen sind. Vielmehr ist im Hinblick auf die Bedeutung der Kundeninformation für die Krankenkasse die von der Klägerin verrichtete Tätigkeit als qualifiziert anzusehen und ihre tarifvertragliche Entlohnung wert. Das Gegenteil vermag der Senat nicht daraus herzuleiten, dass nach der Auskunft der Arbeitgeberin vom 19. September 2000 für die Tätigkeiten keine Ausbildung erforderlich war, sie sogar von der Klägerin, wie sich aus der weiteren Auskunft vom 14. September 2001 ergibt, nach einer tatsächlichen Einarbeitung von ein bis zwei Wochen verrichtet werden konnte. Auch soweit hier die Arbeitgeberin in der Auskunft vom 21. Februar 2002 die Einstellung der Klägerin und deren Einstufung in die VGr 4 BAT/AOK - mit der Höhergruppierung ab 01. Oktober 2001 in die VGr 5 BAT/AOK - mit ihrem offenen Wesen, ihrem sicheren Auftreten und ihrer Kommunikationsfähigkeit begründet hat, erscheinen diese Gesichtspunkte nicht als qualitätsfremde Merkmale. Eine übertarifliche Einstufung liegt nicht vor. Vielmehr entnimmt der Senat der genannten Arbeitgeberauskunft, dass hier die aufgeführten Gesichtspunkte nach der Wertung der Arbeitgeberin zu den besonderen Anforderungen für die konkrete Tätigkeit im Info-Center gehörten. Die Tätigkeit im Info-Center bedingt danach gerade eine besondere Kompetenz gegenüber den Kunden, die sich in einem offenen Wesen, sicherem Auftreten und Kommunikationsfähigkeit widerspiegelt. Deshalb erscheint es tarifvertraglich gerechtfertigt, die Klägerin aufgrund des Vorhandenseins gründlicher Kenntnisse im Aufgabenbereich des Info-Centers in die VGr 4 BAT/AOK einzustufen. Zwar mögen für die Einstufung der Klägerin insoweit fachliche Fähigkeiten als Zahnarzthelferin nicht relevant gewesen sein. Es kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch eine Tätigkeit als Zahnarzthelferin zweifellos ein offenes Wesen, sicheres Auftreten und Kommunikationsfähigkeit gegenüber Patienten vorausgesetzt hat. Dies wird auch durch sie entsprechende Ausbildung vermittelt und war daher bei der Klägerin bereits vorhanden. Zudem entspricht es einer allgemeinen Erfahrung aus dem Berufsleben, dass solche Personen, die eine Lehre erfolgreich absolviert haben unabhängig von deren Gegenstand in der Lage sind, sich auch in nahezu jedem anderen Fachgebiet in sehr kurzer Zeit ein gründliches Fachwissen anzueignen und deshalb auch in einer ganz anderen Sparte binnen kurzem als gelernte Fachkraft behandelt und eingesetzt werden, weil sie durch ihre frühere Berufsausbildung in der Lage sind, sich methodisch ein gediegenes Fachwissen auch im neuen Beruf zu erwerben. Hinzu kommt, dass die Klägerin in einem Beruf ausgebildet worden ist, in dem auch und gerade der Umgang mit Menschen wesentliche Bedeutung hat, was für ihre derzeitige berufliche Tätigkeit ebenso zutrifft. Dabei kommt es für die hier zu entscheidende Frage nicht ausschlaggebend darauf an, ob sich die Klägerin dessen überhaupt bewusst ist.

Zwar übt die Klägerin die Tätigkeit in der Kundeninformation seit 01. Dezember 1999 nur halbtags aus. Der Senat stellt jedoch fest, dass die Klägerin aufgrund einer Würdigung der gesamten Verfahrensergebnisse gesundheitlich in der Lage ist, diese Tätigkeit in der Kundeninformation auch vollschichtig ausüben zu können. Denn nach den Arbeitgeberauskünften vom 14. September 2001 und vom 21. Februar 2002 handelt es sich bei der Tätigkeit nicht um eine schwere Tätigkeit; ferner ist sie im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen auszuüben, denn die Kunden können sowohl stehend als auch sitzend empfangen und informiert werden; die Klägerin ist auch in Bewegung, wenn sie die Kunden an den Kundenberatungsplatz begleitet. Den Arbeitgeberauskünften der AOK vermag der Senat nicht zu entnehmen, dass die Tätigkeit im Info-Center nur im Sitzen auszuüben ist. Den Gutachten des Dr. D. sowie des Dr. B. entnimmt der Senat, dass der Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten bei wechselnder Körperhaltung, insbesondere im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen gesundheitlich noch vollschichtig möglich sind. Diese Beurteilung wird durch die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung der Physiotherapeutin W.-S. vom 17. Februar 2002, wonach die Klägerin seit Februar 1997 in regelmäßiger physiotherapeutischer Behandlung sei, nicht widerlegt. Die Erhebung eines weiteren Gutachtens war nicht geboten. Da BU zu verneinen ist, kommt es hier nicht darauf an, ob ein solcher Rentenanspruch jedenfalls ab 01. Dezember 1999 auch schon deswegen ausgeschlossen sein könnte, weil das von der Klägerin erzielte Bruttoentgelt die nach § 43 Abs. 5 i.V.m. § 96a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI a.F. selbst für die Inanspruchnahme einer Rente wegen BU zu einem Drittel maßgebende Hinzuverdienstgrenze übersteigt.

Danach war das angegriffene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG in der bis 01. Januar 2002 gültig gewesenen Fassung.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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