L 5 KA 288/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 1544/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 288/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 18/02
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Theoriestunden, an denen der Psychotherapeut während seiner Ausbildung zum Diplom-Psychologen an der Universität teilgenommen hat, sind bei dem Fachkundenachweis, der für die Genehmigung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zusätzlich verlangt wird, nicht zu berücksichtigen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie in Einzelbehandlung bei Kindern und Jugendlichen.

Die am 18.2.1942 geborene Klägerin bestand 1966 die Diplom-Hauptprüfung für Psychologen an der Universität M ... Sie war anschließend als Diplom-Psychologin beschäftigt. Seit 1985 ist sie in eigener Praxis als Diplom-Psychologin tätig und seit Oktober 1999 als Psychologische Psychotherapeutin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen (Beschluss des Berufungsausschusses vom 21.10.1999). Am 4.5.1999 beantragte sie u. a. die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und Verhaltenstherapie in Einzelbehandlung bei Kindern und Jugendlichen. Auf Anforderung der Beklagten teilte sie u.a. mit, ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sei während der knapp neunjährigen Tätigkeit (bis 1975) an einer psychologischen Beratungsstelle tiefenpsychologisch fundiert gewesen. Fallmaterial aus dieser Zeit sei ihr nicht mehr zugänglich, auch nicht aus ihrer bis 1985 ausgeübten Tätigkeit als Heimpsychologin. Sie legte bei der Beklagten zahlreiche Unterlagen (Prüfungszeugnisse, Teilnahmebescheinigungen und ähnliches) vor. Sie verwies auch darauf, sie habe über 1.100 tiefenpsychologisch fundierte Theoriestunden bereits nachgewiesen.

Mit Bescheid vom 2.2.2000 lehnte die Beklagte den Antrag auf Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie als Einzelbehandlung bei Kindern und Jugendlichen ab. Ein Nachweis von 200 Theoriestunden sei auf Grund der eingereichten Unterlagen nicht möglich. Den Widerspruch der Klägerin wies der Vorstand der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.5.2000). Zur Begründung führte er aus, bis auf die Theoriestunden seien die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 der Psychotherapie-Vereinbarung in der Fassung vom 7.12.1998 erfüllt. Da die anerkannten Ausbildungsinstitute noch nicht existierten, habe er beschlossen, dass aus Qualifikationsgründen eine analoge Anwendung der Prüfkriterien des Fachkundenachweises heranzuziehen sei. In Anlehnung an Anlage 3 Abschnitt B II Nr. 5 der Psychotherapie-Vereinbarung in der Fassung vom 10.2.1994, wonach 600 Stunden Theorie für die Verhaltenstherapieausbildung gefordert worden seien und 100 Stunden aus dem Studienbuch anerkannt werden könnten, könnten für die geforderten Theoriestunden für Kinder und Jugendliche 33 Stunden (= 1/6) aus dem Studium angerechnet werden.

Die Klägerin hat am 15.6.2000 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Da sie ihren Antrag auf Genehmigung am 4.5.1999 gestellt habe, sei bei ihr ausschließlich die am 1.1.1999 in Kraft getretene Psychotherapie-Vereinbarung anzuwenden und nicht die Psychotherapie-Vereinbarung vom 20.9.1990 in der Fassung vom 10.2.1994. Nicht mehr existierende Vorschriften könnten nicht, auch nicht analog angewandt werden. Eine analoge Anwendung der (alten) Vorschrift verbiete sich im Verwaltungsrecht. Eine analoge Anwendung scheide auch aus, weil die zum 1.1.1999 in Kraft getretene Psychotherapie-Vereinbarung insoweit keine planwidrige Regelungslücke enthalte. Der Berufungsausschuss habe im Übrigen die gesamten erforderlichen 140 Stunden theoretischer Ausbildung als erbracht angesehen und die Zulassung (bestandskräftig) ausgesprochen. Der Berufungsausschuss habe zu Recht darauf hingewiesen, dass im Gesetz weder geregelt sei, wann diese Theoriestunden absolviert werden müssen, noch welche Institutionen diese Theoriestunden anbieten dürfen. Er habe darauf hingewiesen, das Bundesgesundheitsministerium habe auf eine Anfrage bestätigt, dass als Theorienachweise auch bereits während des Studiums erworbene Kenntnisse anzuerkennen seien. Deshalb müssten auch im Rahmen des Studiums absolvierte Theoriestunden als für die Approbation bzw. Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ausreichend angesehen werden. Voraussetzung sei allein, dass diese Stunden in wissenschaftlich anerkannten Verfahren erbracht worden seien. Dies habe sie durch Vorlage ihres Studienbuches nachgewiesen. Damit stehe in zulassungsrechtlicher Hinsicht bindend fest, dass sie sämtliche Voraussetzungen, also auch den Fachkundenachweis im Hinblick auf den theoretischen Teil, vollständig erbracht habe.

Die Beklagte ist der Klage mit der Auffassung entgegengetreten, die Entscheidung des Berufungsausschusses entfalte für das Genehmigungsverfahren Bindungswirkung nur bezüglich der Fachkunde in den anerkannten Behandlungsverfahren bei Erwachsenen in Einzelbehandlung. Der Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 3 Psychotherapie-Vereinbarung spreche von einer Zusatzqualifikation. Im Rahmen des Regelstudiums erworbene Kenntnisse stellten aber keine Zusatzqualifikation dar. Diese würden allein durch eine postgraduale Ausbildung erreicht. Die Entscheidung des Berufungsausschusses sein für sie nicht vorgreiflich.

Mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie in mindestens 200 Stunden eingehende Kenntnisse und Erfahrungen in der Entwicklungspsychologie und Lernpsychologie einschließlich der speziellen Neurosenlehre sowie in der Psychodiagnostik bei Kindern und Jugendlichen erworben habe. Die Beklagte habe zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich um eine Zusatzqualifikation handele, die nicht im Studium erworben sein könne, sondern eine postgraduelle Ausbildung erfordere. Auch die Tatsache, dass staatlich anerkannte Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes (PsychTG) noch nicht existierten und die Übergangsregelung des § 16 Abs. 2 der Psychotherapie-Vereinbarung nur auf § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 der Psychotherapie-Vereinbarung verweise, sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 29.12.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.1.2001 Berufung eingelegt. Sie hält die Auffassung der Beklagten und des SG, es müsse sich um eine postgraduelle Ausbildung handeln für unzutreffend. Dies ergebe sich nicht aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 Psychotherapie-Vereinbarung und auch nicht aus dem Begriff "Zusatzqualifikation". Dass die übergangsrechtliche Vorschrift des § 16 Abs. 2 Psychotherapie-Vereinbarung ausdrücklich § 6 Abs. 4 Satz 3 Psychotherapie-Vereinbarung ausspare, zeige, dass die Voraussetzung einer postgraduellen Zusatzqualifikation in den Übergangsfällen gerade keine Anwendung finde. Sie habe durch Vorlage des Studienbuches und entsprechende Zeugnisse nachgewiesen, dass die theoretische Ausbildung während des Studiums den Anforderungen an die fachliche Befähigung (Kenntnisse und Erfahrungen mit mindestens 200 Stunden) entspreche und darüber hinaus sie in den relevanten Fächern sogar noch eine Prüfung abgelegt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Dezember 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie in Einzeltherapie bei Kindern und Jugendlichen zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug, wonach im Rahmen des Regelstudiums erworbene Kenntnisse keine Zusatzqualifikation nach § 6 Abs. 4 Satz 3 der Psychotherapie-Vereinbarung darstellten. Sie habe keinen Zweifel daran, dass die Klägerin 200 Theoriestunden im Studium erfüllt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie als Einzelbehandlung bei Kindern und Jugendlichen.

Maßgeblich für die von der Klägerin begehrte Genehmigung sind die Psychotherapie-Vereinbarungen vom 7. Dezember 1998, die gem. § 1 Abs. 2 des Bundesmantelvertrages-Ärzte - BMV-Ä und gem. § 1 Abs. 5 des Bundesmantelvertrages Ärzte-/Ersatzkassen - EKV-Ä Bestandteile der Bundesmantelverträge sind und den Bundesmantelverträgen als Anlage 1 beigefügt worden sind. Die Psychotherapie-Vereinbarungen sind am 1.1.1999 in Kraft getreten (§ 17 Satz 1 der Psychotherapie-Vereinbarungen).

Nach § 2 der Psychotherapie-Vereinbarungen ist die Ausführung und Abrechnung von psychotherapeutischen Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztlichen Psychotherapeuten und Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erst nach Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Arzt bzw. der Psychologische Psychotherapeut oder der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut die Voraussetzungen der fachlichen Befähigung (§§ 5, 6, 7) erfüllt. Die Erfüllung der Voraussetzungen der fachlichen Befähigung ist gem. § 3 Psychotherapie-Vereinbarungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachzuweisen.

Diese Vorschriften kommen aber für Psychotherapeuten, die nach den Übergangsregelungen in § 95 Abs. 10 SGB V zugelassenen worden sind, nicht zur Anwendung. Nach der Übergangsbestimmung des § 16 Abs. 1 Psychotherapie-Vereinbarungen erhalten diese Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Abrechnungsgenehmigung für das Verfahren, für welches sie gegenüber dem Zulassungsausschusses den Nachweis eingehender Kenntnisse und Erfahrungen geführt haben. Diese Vorschrift kommt im Falle der Klägerin zur Anwendung. Sie ist für Verhaltenstherapie und psychologisch fundierte Psychotherapie in Einzelbehandlung bei Erwachsenen auf Grund der Übergangsvorschrift des §§ 95 Abs. 10 SGB V zugelassenen worden (vgl. Beschluss des Berufungsausschusses vom 21.10.1999).

Für diese Psychotherapeuten bestimmt § 16 Abs. 2 Satz 2 Psychotherapie-Vereinbarungen ergänzend, dass eine Abrechnungsgenehmigung für mehr als ein Verfahren nur dann zu erteilen ist, wenn gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung die Erfüllung der Anforderungen nachgewiesen wird, die dem Zulassungsausschusses hätten nachgewiesen werden müssen, um eine entsprechende Zulassung zu erhalten. Voraussetzung für eine Abrechnungsgenehmigung gemäß den Anforderungen nach § 6 Abs. 4 und 5, jeweils Satz 1 und 2 und Abs. 6 oder § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2, Abs. 5 ist der Nachweis über die Erfüllung der dort jeweils festgelegten Anforderungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung.

Die Klägerin begehrt vorliegend lediglich die Genehmigung zur Einzelbehandlung von Kindern und Jugendlichen. Von den in § 16 Abs. 2 Satz 2 Psychotherapie-Vereinbarungen in Bezug genommenen Vorschriften ist somit allein § 6 Abs. 4 Psychotherapie-Vereinbarung einschlägig. Nach dieser Vorschrift gilt die fachliche Befähigung für die Durchführung und Abrechnung von Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen nach dem Leistungsinhalt der Nummern 870 - 884 BMÄ bzw. E-GO als nachgewiesen durch den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 1 (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) oder nach Abs. 2 (analytische Psychotherapie) oder nach Abs. 3 (Verhaltenstherapie) und durch Vorlage von Zeugnissen, aus denen sich ergibt, dass eingehende Kenntnisse und Erfahrungen in der Entwicklungspsychologie und Lernpsychologie einschließlich der speziellen Neurosenlehre sowie der Psychodiagnostik bei Kindern und Jugendlichen mit mindestens 200 Stunden erworben wurden (Satz 1). Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist darüber hinaus nachzuweisen, dass mindestens vier Fällen analytischer oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie mit mindestens 200 Stunden insgesamt oder mindestens fünf Fälle in Verhaltenstherapie mit mindestens 180 Stunden insgesamt selbstständig unter Supervision - möglichst nach jeder vierten Behandlungsstunde bei analytischer und tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie oder nach jeder dritten bis vierten Behandlungsstunde bei Verhaltenstherapie - bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt und abgeschlossen wurden. Entsprechende Zusatzqualifikationen müssen an oder über anerkannte Ausbildungsstätten gem. § 6 Psychotherapeuten-Gesetz erworben worden sein (Satz 3).

Von diesen Voraussetzungen hat die Klägerin - wie aus ihrer Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin für Verhaltenstherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie folgt - die des ersten Halbsatzes von Satz 1 und die des 2. Satzes erfüllt, was zwischen den Beteiligten nicht weiter streitig ist. Umstritten ist, ob die Klägerin eingehende Kenntnisse und Erfahrungen in den in Satz 1 2. Halbsatz genannten Fächern im Umfang von 200 Stunden nachgewiesen hat. Dies ist auch nach Auffassung des Senats nicht der Fall.

Der Zulassungsausschusses hat bei der Klägerin lediglich einen Kurs in Entwicklungspsychologie von 15 Stunden anerkannt. Die Klägerin hat darüber hinaus mit ihrer Berufungsbegründung weitere insgesamt 182 Stunden Fortbildung geltend gemacht, die sie zwischen 1967 und 1988 absolviert haben will. Ohne Rückgriff auf Theoriestunden, die sie während ihrer Ausbildung zur Diplom-Psychologin an der Universität zurückgelegt hat, kann die Klägerin auch nach ihrem Vortrag die geforderte Stundenzahl von 200 nicht erfüllen. Es kann daher offen bleiben, ob die von der Klägerin behaupteten 182 Fortbildungsstunden den fachlichen Anforderungen entsprechen. Ungeprüft bleiben kann auch, ob diese Stunden nicht bereits bei der Anerkennung ihrer Befähigung zur Durchführung der Verhaltenstherapie und der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie berücksichtigt worden sind. Wäre dies der Fall käme eine erneute Anrechnung nicht in Frage. § 6 Abs. 4 Satz 1 Psychotherapie-Vereinbarungen verlangt, dass der Nachweis der Voraussetzungen für die entsprechenden Therapiearten erbracht ist (1. Halbsatz) und fordert eine Fortbildung in Entwicklungspsychologie und Lernpsychologie einschließlich der Neurosenlehre und der Psychodiagnostik von 200 Stunden (2. Halbsatz). Daraus ist abzuleiten, dass die 200 Stunden zusätzlich erbracht worden sind und somit eine über den 1. Halbsatz hinausgehende weitere Fortbildung verlangt wird.

Entsprechend der Auffassung der Beklagten ist auch der Senat der Meinung, dass es sich bei der in § 6 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz Psychotherapie-Vereinbarungen geforderten zusätzlichen theoretischen Fortbildung um eine Zusatzqualifikationen handeln muss, die nach Abschluss der Diplomprüfung zum Diplom-Psychologen absolviert worden ist. Der Klägerin kann allerdings nicht entgegengehalten werden, sie habe die nach § 6 Abs. 4 Psychotherapie-Vereinbarungen geforderten 200 Stunden nicht an einer Ausbildungsstätte nach § 6 Abs. 1 PsychTG erbracht. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass § 16 Abs. 2 Satz 2 der Psychotherapie-Vereinbarungen auf § 6 Abs. 4 Satz 3 gerade nicht Bezug nimmt. § 16 Abs. 2 Satz 2 Psychotherapie-Vereinbarungen schreibt insoweit nur vor, dass die Anforderungen erfüllt sein müssen, die gegenüber dem Zulassungsausschuss hätten nachgewiesen werden müssen.

Psychologen, die auf Grund der Übergangsvorschrift des § 95 Abs. 10 SGB V zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit zugelassen worden sind, haben ihre Fachkunde dem Zulassungsausschuss nach § 95 c SGB V nachzuweisen. Dieser verlangt für nach dem § 12 PsychThG approbierte Psychotherapeuten - hierzu zählt die Klägerin - , dass sie die für die Approbation geforderte Fachkunde in einem von den Psychotherapie-Richtlinien anerkannten Behandlungsverfahren nachweisen. Hinsichtlich der hier streitigen Frage, ob die geforderten Theoriestunden universitär oder postgraduell absolviert sein müssen, enthält § 95 c SGB V keine Antwort. Aber auch der Verweis auf die Approbationsvorschriften führt nicht weiter. Dort wird zwar in § 12 Absatz 3 PsychThG der Nachweis einer theoretischen Ausbildung gefordert, welche Anforderungen an die theoretische Ausbildung im Einzelnen verlangt werden, ist dem Gesetz indes nicht zu entnehmen.

Die Frage, ob an der Universität absolvierte Ausbildungen geeignet sind, den Fachkundenachweis nach § 6 Abs. 4 Psychotherapie-Vereinbarungen zu erfüllen, lässt sich daher nur durch einen Rückgriff auf die grundlegenden Strukturen der ärztlichen und psychotherapeutischen Weiterbildung beantworten. Ein Psychotherapeut, der die Approbation nach § 2 Abs. 1 PsychThG erwerben will, muss nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden haben. In der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-APrV) vom 18 Dezember 1998 (BGBl I S. 3749) wird in § 7 Abs. 2 hierzu näher bestimmt, dass zur Prüfung u.a. nur zugelassen wird, wer den Nachweis über die bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie nachweisen kann und wer die Nachweise über die eine erfolgreiche Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen vorlegen kann. Aus dieser Vorschrift folgte, dass sämtliche Theorienachweise für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach dem Studium postgraduell erworben sein müssen. Entsprechendes schreibt § 7 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJPsychTh-AprV) vor. Die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten erfordert also neben dem bestandenen Studium eine sich daran anschließende Weiterbildung. Dies steht in Übereinstimmung mit dem ärztlichen Weiterbildungsrecht, das die Qualifikation zum Facharzt und zum Führen von Schwerpunktbezeichnungen ebenfalls nur auf Grund einer postuniversitären Weiterbildung zulässt. An keiner Stelle der Übergangsvorschriften kommt zum Ausdruck, dass bezüglich der durch Übergangsregelungen approbierten bzw. zugelassenen Psychotherapeuten von diesem Grundsatz abgewichen werden soll. Bildungsmaßnahmen, die während des regulären Studienganges zum Diplompsychologen absolviert wurden, sind daher nicht geeignet den Theorienachweis im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Psychotherapie Vereinbarungen zu führen.

Bei dieser Rechtsauffassung kann offen bleiben, ob die in einem Studienbuch bescheinigte Teilnahme an Universitätsveranstaltungen auch tatsächlich den zuverlässigen Nachweis dafür erbringt, dass der betreffende an diesen Veranstaltungen auch wirklich teilgenommen hat.

Rechtliche Bedenken gegen diese Anforderungen der Psychotherapie-Vereinbarung bestehen nicht. Nach §§ 135 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Psychotherapie-Vereinbarungen vom 7.12.1998 am 1.1.1999 geltenden Fassung des zweiten GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23.6.1997 (BGBl I S. 1520) können die Partner der Bundesmantelverträge für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besondere Kenntnisse Erfahrungen (Fachkundenachweis) sowie einer besonderen Praxisausstattung oder weiterer Anforderungen an die Strukturqualität bedürfen, einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Nach § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V gilt dies entsprechend für Psychologische Psychotherapeuten. Die Vorschriften der Psychotherapie-Vereinbarungen enthalten detaillierte Vorschriften darüber, welcher Arzt bzw. welcher Psychologische Psychotherapeut mit welcher nachgewiesenen Qualifikation welche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen darf. Die in den Psychotherapie-Vereinbarungen geregelten Qualifikationserfordernisse bezwecken alleine, dass nur diejenigen Ärzte bzw. Psychologischen Psychotherapeuten psychotherapeutische Leistungen erbringen, die die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen erworben haben.

Als Regelungen der Berufsausübung sind die Psychotherapie-Vereinbarungen rechtmäßig, wenn sie durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dies ist hier der Fall. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass spezielle Kenntnisse und Erfahrungen in der Entwicklungspsychologie und der Lernpsychologie einschließlich der speziellen Neurosenlehre sowie der Psychodiagnostik bei Kindern und Jugendlichen für die Ausübung des Berufes des Kinder -und Jugendlichenpsychotherapeuten erforderlich sind. Die Anforderungen an die Menge der geforderten Stunden erscheint auch nicht unverhältnismäßig. 200 Stunden erfordern ca. 33 eintägige Fortbildungsveranstaltungen, wenn man von einer täglich 6 Vortragsstunden umfassenden Fortbildungsveranstaltung ausgeht. Verlangt wird somit eine ca. 6 1/2 Wochen umfassende Fortbildung, die zudem nicht am Stück zurückgelegt werden muss, sondern durch zahlreiche Einzelveranstaltungen im Laufe der Jahre erfüllt werden kann. Angesichts der Bedeutung der Psychotherapie für Kinder und Jugendliche werden damit unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung keine überzogenen Anforderungen verlangt. Dies gilt auch in zeitlicher Hinsicht Die Klägerin hatte immerhin 32 Jahre Zeit, von 1966 bis 1998, um 200 Fortbildungsstunden zurückzulegen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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