L 12 AL 3040/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 917/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3040/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Prüfung der Bedürftigkeit kann der Pauschbetrag für Blinde nach § 33b Abs. 3 S. 3 EStG nicht vom anzurechnenden Einkommen des Lebenspartners des Arbeitslosen abgezogen werden.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Juli 2000 insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen, als die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. April 1998 Arbeitslosenhilfe von mehr als wöchentlich EUR 5,08 (DM 9,94) zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 1/10 der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1.1.1998 bis 30.4.1998 (seit dem 1.5.1998 ist der Kläger in Arbeit) streitig.

Der Kläger bezog bis zum 28.11.1997 (Erschöpfung des Anspruchs) Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von wöchentlich DM 227,40, DM 37,90 täglich (Bemessungsentgelt DM 550,-, Leistungstabelle 1997, Lohnersatzquote 60 %, Leistungsgruppe A/0, Bescheid vom 25.8.97). Am 25.11.1997 beantragte der Kläger Alhi. Hierbei gab er an, in eheähnlicher Gemeinschaft mit der blinden Frau E. P. zu leben, die als Dipl.-Sozialpädagogin beim Diakonischen Werk M. beschäftigt sei. Hierzu legte er eine Bescheinigung seiner Lebenspartnerin vor, wonach sie ein monatliches Bruttoeinkommen von DM 4.542,37 erziele. Mit Bescheid vom 20.1.1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi ab, weil der Kläger nicht bedürftig sei. Abzüglich nachgewiesener Beiträge für Haftpflicht-, Hausrats -und Rechtsschutzversicherung in Höhe von DM 32,44 pro Monat ergäben sich Nettoeinkünfte der Lebenspartnerin in Höhe von DM 2.743,97, welche nach Abzug der hypothetisch zustehenden Alhi in Höhe von DM 315,60 sowie des Pauschbetrages aus Erwerbsbezügen in Höhe von DM 58,15 mit DM 259,47 zur Anrechnung führten. Dieser Betrag übersteige den zustehenden Anspruch des Klägers auf Alhi in Höhe von DM 201,-. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.3.1998 zurück. Das Klageverfahren (S 1 AL 1142/98) beim Sozialgericht Mannheim (SG) endete durch Vergleich vom 22.10.1999, wonach sich die Beklagte bereit erklärte, über den Anspruch des Klägers auf Alhi für die Zeit vom 1.1.1998 bis 30.4.1998 auf der Grundlage des von der Lebenspartnerin des Klägers in diesem Zeitraum erzielten Einkommens und noch nachzureichender Unterlagen über den Entstehungszeitpunkt der im Jahre 1998 angefallenen Werbungskosten erneut zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 20.12.1999 beantragte der Kläger die im sozialgerichtlichen Vergleich vereinbarte Überprüfung des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum von Januar bis April 1998. Hierzu legte er weitere Belege vor, die seine Lebenspartnerin für diesen Zeitraum einkommensteuerrechtlich geltend gemacht hatte. Er legte insbesondere den Einkommensteuerbescheid für die Lebenspartnerin vom 16.7.1999 für das Jahr 1998 vor sowie Belege für die Haftpflichtversicherung in Höhe von DM 87,- jährlich, den Mitgliedsbeitrag im B. B. in Höhe von DM 84,-, den Mitgliedsbeitrag der Aktion für krebskranke Kinder in Höhe von DM 100,-, Kosten für Sachbücher in Höhe von DM 105,80 sowie für Medikamente und Tierarztkosten für den Blindenhund in Höhe von insgesamt DM 293,- (für den Zeitraum von Januar bis April 1998) vor.

Mit Bescheid vom 2.2.2000 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi für die Zeit vom 1.1.1998 bis 30.4.1998 erneut ab, weil das anzurechnende Einkommen der Lebenspartnerin die dem Kläger zustehende Alhi übersteige. Hierbei ging sie von einem monatlichen Bruttoeinkommen der Lebenspartnerin des Klägers in Höhe von DM 4.542,37 (DM 1.048,32 wöchentlich) und einem wöchentlichen Nettoeinkommen von DM 640,71 nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen aus. An Werbungskosten setzte sie einen wöchentlichen Betrag von DM 13,17 ab, und zwar die Beiträge für die Versicherung der Elektronikausstattung in Höhe von DM 24,63 monatlich, für die Hausratversicherung in Höhe von DM 8,19 monatlich, für die Haftpflichtversicherung in Höhe von DM 7,25 monatlich sowie für die Rechtsschutzversicherung mit DM 17,- monatlich. Unberücksichtigt ließ die Beklagte den Mitgliedsbeitrag zum B. B. (DM 84,- jährlich) sowie den Mitgliedsbeitrag zum Deutschen Verein der B. und S. in Studium und Beruf e.V. (DM 200,- jährlich ).

Hiergegen erhob der Kläger am 2.3.2000 Widerspruch und führte aus, bei der Anrechnung des Einkommens seiner Lebenspartnerin müsse auch der besondere steuerliche Pauschbetrag für Blinde berücksichtigt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.3.2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Ausgehend von einem monatlichen Bruttoeinkommen der Lebenspartnerin des Klägers in Höhe von DM 4.542,73 seien davon Steuern, Versicherungen und Werbungskosten von monatlich DM 2.012,48 abzugsfähig, so dass sich ein verbleibendes Nettoeinkommen von DM 2.530,25 ergebe. Erkenne man auch den monatlichen Beitrag von DM 7,- an den B. B. als abzugsfähig an, so errechne sich ein monatliches Nettoeinkommen der Partnerin in Höhe von DM 2.523,25. Der Spendenbetrag von DM 200,- an den Deutschen Verein der B. und S. sei nicht abzugsfähig. Das monatliche Nettoeinkommen in Höhe von DM 2523,25 entspreche einem wöchentlichen Nettoeinkommen von DM 582,29. Dieser Wochenbetrag reduziere sich um DM 59,43 (Pauschbetrag aus Erwerbsbezügen im Sinne des § 194 Absatz 2 Nr. 4 SGB X) sowie um DM 317,66 (hypothetische Arbeitslosenhilfe der Partnerin nach der für das Jahr 1998 gültigen Leistungsverordnung), so dass sich ein Anrechnungsbetrag von DM 205,19 ergebe. Der Kläger habe dem Grunde nach einen Anspruch auf ungeminderte Arbeitslosenhilfe in Höhe von DM 202,23 (Leistungsverordnung 1998). Da der zuvor errechnete Anrechnungsbetrag aus dem Einkommen der Partnerin die dem Kläger zustehende Arbeitslosenhilfe übersteige, sei er nicht bedürftig. Arbeitslosenhilfe könne daher nicht gezahlt werden.

Am 20.4.2000 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.

Mit Urteil vom 4.7.2000 hat das SG den Bescheid vom 2.2.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.3.2000 teilweise aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.1.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.3.1998 verurteilt, dem Kläger für die Monate Januar bis April 1998 Alhi in Höhe von wöchentlich DM 164,37 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, von dem Einkommen der Lebenspartnerin des Klägers seien zusätzlich der Pauschbetrag für Blinde (§ 33b Absatz 3 Satz 3 EStG) von monatlich DM 600,- sowie die Aufwendungen der Lebenspartnerin für die Haushaltshilfe in Höhe von DM 144,- monatlich abzusetzen. Rechtsgrundlage sei hiefür § 194 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III. Die Konkretisierung der Vorschrift in § 11a der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO) könne nur für den Normalfall gelten. Wenn sich aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles ergebe, dass die Leistungsfähigkeit des Lebenspartners bzw. Ehegatten, dessen Einkommen angerechnet werden solle, deutlich gemindert sei, müsse dies im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach den §§ 193 ff SGB III berücksichtigt werden. Insoweit handele es sich bei dem Begriff "angemessen" in § 184 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III um eine Generalklausel, die es ermögliche, bei einer atypischen Sachverhaltskonstellation von der typisierenden Festsetzung des § 11a AlhiVO abzuweichen. Eine Anrechnung des Einkommens könne nur erfolgen, soweit auch bei zivilrechtlicher Betrachtung ein entsprechender Unterhalt zu zahlen wäre. Einkommen bzw. Vermögen, das ein Unterhaltspflichtiger zur Bestreitung seines eigenen unabwendbaren Bedarfs benötige, könne nicht der Unterhaltspflicht unterliegen. Nichts anderes gelte für das Einkommensteuerrecht. Der Pauschbetrag solle die auf der Blindheit beruhende verminderte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgleichen. Dies sei auch auf den Arbeitslosenhilfeanspruch zu übertragen. Bei Außerachtlassung dieses Pauschbetrages bei der Anrechnung des Einkommens im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung würde der Staat im Arbeitslosenhilferecht auf eine zuvor im Steuerrecht gewährte Vergünstigung zugreifen. Dies wäre systemwidrig.

Gegen das am 12.7.2000 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 1.8.2000. Sie führt aus, das erstinstanzliche Gericht verkenne, dass der Einkommensbegriff für die Alhi eigenständig gestaltet und insbesondere unabhängig von der Beachtung steuerrechtlicher Gesichtspunkte zu lösen sei. Nicht zutreffend sei die Auffassung des SG, die Besonderheiten des hier vorliegenden Einzelfalles ergäben, dass die Leistungsfähigkeit der Lebenspartnerin, deren Einkommen angerechnet werden solle, deutlich gemindert sei und dies im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Bei dem Begriff "angemessen" in § 194 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III handele es sich nicht um eine Generalklausel, die es ermögliche, bei einer atypischen Sachverhaltskonstellation von der typisierenden Festsetzung des § 11a AlhiVO abzuweichen. Dies gelte auch hinsichtlich der Aufwendungen, die die Lebenspartnerin des Klägers für die Haushaltshilfe gehabt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Juli 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie auf die Akten des SG (S 1 AL 917/00 und S 1 AL 1142/98) und auf die Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Absatz 2 SGG im schriftlichen Verfahren

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und zum Teil begründet. Das Urteil des SG ist insoweit aufzuheben, als dem Kläger eine wöchentliche Alhi für die Zeit vom 1.1.1998 bis 30.4.1998 von mehr als EUR 5,08 (DM 9,94) zugesprochen worden ist.

Nach § 190 Absatz 1 SGB III haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben (Nr. 2), einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr. 3), die besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt haben (Nr. 4) und bedürftig sind (Nr.5).

Der Kläger hat sich am 27.11.1997 arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt. Er ist auch arbeitslos; bis zum 28.11.1997 hat er Alg bezogen. Die Anwartschaftszeit für den Bezug von Alg erfüllt er nicht. Damit liegen auch die besonderen Anspruchsvoraussetzungen (§ 191 Absatz 1 Nr. 1 SGB III) vor. Diese sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger auch bedürftig.

Bedürftig ist ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht (§ 193 Absatz 1 SGB III). Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Absatz 2 SGB III).

Das zu berücksichtigende Einkommen ist in § 194 SGB III definiert. Zu berücksichtigendes Einkommen sind das Einkommen des Arbeitslosen, soweit es nicht als Nebeneinkommen anzurechnen ist, Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, soweit es den Freibetrag übersteigt (§ 194 Absatz 1 Satz 1 SGB III). Freibetrag ist ein Betrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe, die dem Einkommen des nichtehelichen Lebenspartners entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrages, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden Einkommensteuer (§ 32a Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) nicht festzusetzen wäre (§ 194 Absatz 1 Satz 2 SGB III).

Einkommen im Sinne der Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden können. Das SG hat zutreffend das monatliche Bruttoeinkommen der Lebenspartnerin des Klägers in Höhe von DM 4.542,73 berücksichtigt und hiervon die monatliche Leistung des Arbeitgebers zu vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von DM 13,- abgesetzt ( vgl. BSG SozR 4100 § 138 Nr. 8). Hiervon sind die auf das Einkommen entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (§ 194 Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB 3) mit insgesamt DM 1.955,41 abzusetzen.

Ferner sind abzusetzen die notwendigen Aufwendungen für den Erwerb, zur Sicherung und zur Erhaltung der Einnahmen (im Steuerrecht als Werbungskosten bezeichnet). Hierbei sind monatlich für die Elektronikversicherung DM 64,63, für die Haftpflichtversicherung DM 7,25 und für die Rechtsschutzversicherung DM 17,- in Ansatz zu bringen. Ferner gehören zu den Werbungskosten die Kosten des Blindenhundes (FG München EFG 85, 390). Dieser ist für die Lebenspartnerin des Klägers notwendig, um den Arbeitsplatz zu erreichen. Diesbezüglich sind in dem streitigen Zeitraum Kosten in Höhe von insgesamt DM 293,- belegt. Die Beiträge zu dem Verein der Blinden und Sehbehinderten (DM 200,- jährlich) und zu dem B. B. (DM 7,- monatlich) können nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil sie nicht der Berufstätigkeit der Partnerin des Klägers zugerechnet werden können. Die angegebenen Kosten für Fachliteratur sind, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, zeitlich nicht zuzuordnen und können somit nicht berücksichtigt werden. Kosten für Bewerbungsfotos können aus den vom SG angegebenen Gründen, worauf Bezug genommen wird, ebenfalls nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Die Beiträge zur Hausratversicherung können nicht abgesetzt werden. Diese Beiträge sind nicht als Werbungskosten anzusehen. Die Hausratversicherung ist eine reine Sachversicherung. Die Aufwendungen hierfür dienen nicht zum Erwerb oder zur Sicherung bzw. zur Erhaltung der Einnahmen (vgl. Ludwig Schmidt EStG § 10 Rdnr. 75).Insgesamt ist daher ein Betrag von DM 107,48 monatlich als Werbungskosten abzugsfähig. Weitere Werbungskosten sind nicht geltend gemacht. Somit verbleibt ein Nettoeinkommen von DM 2.466,84 was einem wöchentlichen Betrag von DM 569,27 entspricht.

Zusätzlich sind der Freibetrag des § 194 Absatz 1 Satz 2 SGBIII, wie vom SG zutreffend ermittelt und die hypothetische Alhi der Partnerin des Klägers in Höhe von wöchentlich DM 317,66 (Bemessungsentgelt DM 1.050,- wöchentlich, Leistungsgruppe, Leistungstabelle 1998, allgemeiner Leistungssatz) abzusetzen.

Nicht vom Einkommen der Lebenspartnerin abzusetzen sind dagegen der Pauschbetrag für Blinde nach § 33b Abs. 3 EStG und die Kosten für die Haushaltshilfe.

Gemäß § 194 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III ist ein Betrag in angemessener Höhe von den Erwerbsbezügen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder der Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, vom Einkommen abzusetzen.

Nach § 206 Nr. 4 SGB III ist das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung unter anderem ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, ob und welche Pauschbeträge für die vom Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium durch die AlhiVO vom 7.8.74 BGBl. I, 1920 und deren nachfolgende Änderungen (hier in der Fassung des Artikels 10 Rentenreformgesetz 1999 vom 16.12.97 - BGBl. I, 2998 - ) Gebrauch gemacht.

Nach § 11a AlhiVO sind von den Erwerbsbezügen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten als Pauschbetrag nach § 138 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 AFG (inhaltsgleich mit der Nachfolgeregelung des § 194 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III) 25 vom Hundert des Betrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes abzusetzen. Dies entspricht für das Jahr 1998 einem Betrag von wöchentlich DM 59,43.

Entgegen der Auffassung des SG sind der Pauschbetrag für Blinde nach § 33b Absatz 3 Satz 3 III EStG (DM 7.200,- jährlich) sowie die Kosten der Lebenspartnerin des Klägers für ihre Haushaltshilfe (§ 33a Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 EStG) in Höhe von DM 144,- monatlich nicht abzugsfähig. Die vom SG herangezogene Rechtsgrundlage des § 194 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III rechtfertigt die Absetzung dieser Posten nicht. Der Gesetzgeber berücksichtigt sowohl bei der Bemessung der Alhi, als auch bei der Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten oder des Lebenspartners nicht die individuelle Situation des Arbeitslosen bzw. des Ehegatten oder Lebenspartners. Vom Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners abzusetzen sind vielmehr nur diejenigen gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen. Individuelle Freibeträge oder sonstige Steuervergünstigungen bleiben unberücksichtigt (vgl. BSG SozR 3-4100 § 136 Nr. 7). Die individuell berechnete Unterhaltsverpflichtung der Lebenspartnerin gegenüber dem Kläger muss daher außer Betracht bleiben. Die Vorschrift des § 194 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III entspricht § 138 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 AFG, die durch das Gesetz zur Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe (AlhiRG) (BGBl. I, 878) mit Wirkung zum 1.4.1996 eingefügt worden ist. Aus den Materialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber keine individuelle Berücksichtigung der steuerlichen Sondersituation oder der persönlichen Situation des Ehegatten oder Lebenspartners des Arbeitslosen einführen wollte. In der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 13/2898 S. 9) kommt dies eindeutig zum Ausdruck. Danach bleibe nach geltendem Recht das Gesamteinkommen von Ehegatten unverändert, wenn der vom Arbeitslosenhilfebezieher nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte seine Erwerbstätigkeit aufgebe und Arbeitslosengeld beziehe. Sein Freibetrag (hypothetische Arbeitslosenhilfe) richte sich nämlich nach dem dem Arbeitslosengeld zugrunde liegenden Bruttoeinkommen. Die Änderungen sähen vor, das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten nur teilweise zu berücksichtigen, soweit es den Freibetrag übersteige. Die Änderung, die sich an § 76 Absatz 2 a Nr. 1 BSHG anlehne, solle sicherstellen, dass es für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten des Arbeitslosen eine vernünftige Entscheidung sei, durch Erwerbstätigkeit Einkommen zu erzielen. Der Gesetzgeber selbst hat in dem AlhiRG die Vorschrift des §11a AlhiVO eingeführt und den Pauschbetrag festgelegt. Eine Auslegung, die darüber hinausgehend auch individuelle Besonderheiten steuerlicher Art berücksichtigen wollte, entspricht somit nicht dem gesetzgeberischen Willen. Vielmehr hat der Gesetzgeber lediglich einen zusätzlichen allgemeinen Freibetrag einführen wollen und hat diesen in § 11a AhiVO auch festgelegt. Der steuerliche Blindenfreibetrag muss ebenso wie die Kosten der Haushaltshilfe, die außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33a EStG darstellen, nach dem gesetzgeberischen Willen unberücksichtigt bleiben.

Insgesamt verbleibt somit ein anrechenbares Einkommen von DM 192,18 wöchentlich. Der wöchentliche Leistungssatz des Klägers beträgt, wie das SG zutreffend ausgeführt hat und worauf Bezug genommen wird, DM 202,23. Der Kläger hat damit Anspruch auf Gewährung einer wöchentlichen Alhi von DM 9,94 (EUR 5,08) für die Zeit vom 1.1.98 bis 30. 4. 1998.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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