L 13 RA 4178/99

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 RA 4727/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 RA 4178/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Saitengeld, welches der Arbeitgeber im Jahr 1993 einer Orchestermusikerin zur Abgeltung von Saitenverschleiß pauschal gezahlt hat, war steuerlich als Arbeitslohn zu behandeln und unterlag deshalb in der gesetzlichen Rentenversicherung der Beitragspflicht. 2. An der Rechtmäßigkeit der vom Saitengeld entrichteten Beiträge hat sich durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. August 1995 (BFHE 178, 350 ff) nichts geändert. Eine Rückabwicklung der Beiträge ist im Übrigen ausgeschlossen, wenn dies typischerweise zu versicherungsrechtlichen Nachteilen führt.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. August 1999 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) für die Monate September bis Dezember 1993 (insgesamt DM 25,90 DM). Die 1960 in Tokio (Japan) geborene Beigeladene (Beiladungsbeschluß des Sozialgerichts Stuttgart - SG - vom 21. Januar 1999) ist seit 1. September 1992 beim in der Trägerschaft des klagenden Landes stehenden Staatstheater als Orchestermusikerin (Bratsche) in Vollzeit angestellt (Arbeitsvertrag vom 9. März 1992), nachdem sie dort bereits seit Juli 1991 als Orchesteraushilfe tätig war; sie ist mit einem ebenfalls beim Staatstheater beschäftigten Musiker (Violine) verheiratet. Im Jahr 1993 beliefen sich ihre Bezüge (einschließlich Einmalzahlungen) auf durchschnittlich rund 6.100,- DM monatlich, wobei hierin neben der Grundvergütung, dem hälftigen Ortszuschlag, einer allgemeinen Zulage, einer Orchesterzulage und Kleidergeld auch ein Instrumentengeld von 43,- DM monatlich und ein Saitengeld von 37,- DM monatlich enthalten waren. Grund und Höhe der Zahlung des Instrumentengeldes und des Saitengeldes beruhten auf § 12 Abs. 2 und 5 des im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen, zwischen dem Deutschen Bühnenverein und u.a. der Deutschen Orchestervereinigung e.V. abgeschlossenen Tarifvertrags für die Musiker in Kulturorchestern - TVK - vom 1. Juli 1971 (Fassung vom 15. Dezember 1992) sowie auf §§ 1, 2 des Tarifvertrags über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld vom 7. September 1981 (Fassung vom 21. November 1990). Aus den vorgenannten Bezügen, darunter auch dem Instrumenten- und dem Saitengeld, wurden im Jahr 1993 sowohl die Lohnsteuer als auch die Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten (insgesamt 77,70 DM) und zur Bundesanstalt für Arbeit - BA - (insgesamt 28,86 DM) abgeführt. Die steuerrechtliche Beurteilung der Instrumenten- und Saitengelder gründete auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur steuerlichen Behandlung pauschal gewährten Auslagenersatzes (vgl. z.B. Urteile vom 28. Februar 1975 (BFHE 115, 342 ff.)und vom 6. März 1980 (BFHE 129, 559 ff.)) sowie auf den im Zuge der Rechtsänderungen durch das Einkommensteuergesetz - EStG - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. September 1990 (BGBL. I S. 1989)mit nachfolgenden Änderungen) mit Wirkung ab 1. Januar 1993 neugefaßten Lohnsteuer-Richtlinien 1993 (LStR 1993), dort Abschnitt 19. Später entschied der BFH durch Urteil vom 21. August 1995 - VI R 30/95 - (BFHE 178, 350 ff.), daß zwar das für die Abnutzung eigener Musikinstrumente gezahlte pauschale Instrumentengeld zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehöre, dagegen ein pauschales Rohrgeld, Blattgeld oder Saitengeld als steuerfreier Auslagenersatz im Sinne des § 3 Nr. 50 EStG zu behandeln sei, wenn die vereinbarten Pauschalbeträge im wesentlichen nicht höher als die tatsächlichen Aufwendungen seien. Die Beigeladene, deren Bezüge im Jahr 1993 durchgehend die Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung überschritten hatten, war bis 31. August 1993 bei der Barmer Ersatzkasse (BEK) als freiwilliges Mitglied sowie ab 1. September 1993 bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen (Deutsche Krankenversicherung AG) krankenversichert. Mit Blick auf das Urteil des BFH vom 21. August 1995 beantragte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV) als für die Festsetzung, Anweisung und Auszahlung von Vergütungen u.a. der Angestellten des Landes einschließlich der Kontenführung verantwortliche Landesoberbehörde bei der im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 1993 zuständigen Einzugsstelle, der BEK, mit Schreiben vom 18. Dezember 1997 die Erstattung von im genannten Zeitraum entrichteten Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 51,80 DM sowie zur BA von insgesamt 19,24 DM; die BEK leistete antragsgemäß die Erstattung des Gesamtbetrags von 71,04 DM. Mit einem weiteren Schreiben vom 18. Dezember 1997 beantragte das LBV ferner bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) als der für die Zeit ab 1. September 1993 zuständigen Einzugsstelle die Erstattung eines Betrags von insgesamt 35,52 DM (Eingang dort am 9. Januar 1998); bei diesem (Gesamt-)Betrag handelte es sich um die auf das Saitengeld im Zeitraum von 1. September bis 31. Dezember 1993 entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung von 25,90 DM (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) und zur BA von 9,62 DM. Wegen (teilweiser) Verjährung des Erstattungsanspruchs gab die AOK den Vorgang bezüglich der Rentenversicherungsbeiträge am 14. Januar 1998 zur weiteren Veranlassung an die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Trägerin der Rentenversicherung der Angestellten ab. Mit Bescheid vom 16. März 1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil das Saitengeld nicht bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (spätestens 15. des Folgemonats) nach § 3 Nr. 50 EStG lohnsteuerfrei erstattet worden sei und daher die Änderung der steuerlichen Rechtsauffassung auf die Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts gemäß § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) keine Auswirkung mehr habe. Mit dem Widerspruch machte das LBV unter Bezugnahme auf § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) geltend, steuerfreie Geldleistungen würden nicht dadurch den Charakter von beitragspflichtigem Arbeitsentgelt erwerben, daß der Arbeitgeber sie im Zeitpunkt der Zahlung fälschlicherweise als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandelt habe; die unzutreffende steuerliche Behandlung werde nachträglich im Rahmen von Berichtigungsveranlagungen beseitigt. Unter dem 17. August 1998 erging der zurückweisende Widerspruchsbescheid; zur Begründung ist unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. November 1978 - 12 RK 26/78 - (BSGE 47, 211 ff. = SozR 2200 § 160 Nr. 7) ausgeführt, rückwirkende Änderungen der Grundlagen des Versicherungsverhältnisses berührten die beitragspflichtigen Arbeitsentgelte im Zeitpunkt der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge nicht. Deswegen hat der Kläger am 15. September 1998 Klage zum SG erhoben; er hat die Erstattung der für die Beigeladene im Jahr 1993 entrichteten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von "106,56 DM" verlangt. Im Unterschied zum von der Beklagten herangezogenen Urteil des BSG vom 30. November 1978 habe hier nicht eine rückwirkende Gesetzesänderung die Lohnsteuerfreiheit herbeigeführt, vielmehr habe von Beginn an eine Sozialversicherungsfreiheit des Saitengeldes bestanden, was die Beteiligten nicht erst aufgrund der Entscheidung des BFH vom 21. August 1995, sondern von Anfang an verkannt hätten. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten; das Versicherungsverhältnis sei mit dem Beitragsabzug für den ihm entsprechenden Zeitraum abgewickelt und könne nach § 26 Abs. 2 SGB IV nur unter besonderen - hier nicht vorliegenden Umständen nachträglich geändert werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 25. August 1999 hat der Kläger noch erklärt, daß die (nicht erschienene) Beigeladene den Arbeitnehmeranteil von 53,28 DM an ihn abgetreten habe. Mit Urteil vom 25. August 1999 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, "der Klägerin 106,56 DM für im Jahr 1993 gezahlte Rentenversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu erstatten"; es hat die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen ist im wesentlichen ausgeführt, Beiträge seien dann im Sinne des § 26 SGB IV zu Unrecht gezahlt, wenn sie nicht hätten entrichtet werden dürfen, was auch dann gelte, wenn sich dies erst später herausstelle. Gegen dieses der Beklagten am 20. September 1999 zugestellte Urteil hat sie am 15. Oktober 1999 Berufung eingelegt. Das Saitengeld sei 1993 Bestandteil des steuerpflichtigen Bruttoarbeitsentgelts gewesen; es sei nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Bruttoentgelt gezahlt und infolgedessen nicht nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei erstattet worden. Damit sei die Anwendung des § 1 ArEV ausgeschlossen. Für die Beitragsberechnung und die Höhe der Geldleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei allein der Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge maßgebend, so daß Änderungen in der Rechtsauffassung, die den Bereich der Beitragspflicht von Arbeitsentgelten im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV beträfen, nur für die Zukunft, d.h. den der Entscheidung folgenden Monat, Berücksichtigung finden könnten. Die Rechtsprechung des BFH aus dem Jahre 1995 dürfe nicht dazu führen, daß das beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das einer späteren Rentenzahlung zugrunde liege, für das Jahr 1993 rückwirkend zuungunsten der Versicherten vermindert werde; dies gründe auf dem Gedanken des Vertrauendürfens in den mit der Erzielung des Arbeitsentgelts verbundenen Versicherungsschutz. Die vom Kläger gewünschte rückwirkende Eingriffsmöglichkeit in die abgewickelten Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die dementsprechenden Beitragseinzahlungsverfahren und den damit in Verbindung stehenden Beitragsnachweis sowie die Meldung der Arbeitsentgelte über die Einzugsstelle an den Rentenversicherungsträger und die Ingangsetzung des Beitragserstattungsverfahrens nach § 26 Abs. 2 SGB IV sei aus verwaltungspraktischer Sicht für alle Beteiligten inakzeptabel; dies zeige auch der "Streitwert" des anhängigen Verfahrens, wobei es weitere 25 gleichlautende Erstattungsanträge des Klägers mit ähnlichen "Streitwerten" gebe. Dagegen habe sie keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage, weil Gegenstand der angefochtenen Bescheide sowohl der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmeranteil des Saitengeldes gewesen sei. Die Beklagte hat noch den Text der Gemeinsamen Grundsätze der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), der BfA und der BA für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung vom 8. Oktober 1991 vorgelegt. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. August 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hat mit Schriftsatz vom 30. April 2001 die Erstattungsforderung auf 25,90 DM ermäßigt. Im übrigen hält er das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere sei die Klage auch hinsichtlich der Beitragsanteile der Beigeladenen zulässig. Die Ansprüche der Beigeladenen habe er sich abtreten lassen, wobei unschädlich sei, daß die Abtretung erst im Laufe des Klageverfahrens vorgenommen worden sei, nachdem jene den Erstattungsantrag genehmigt habe. Darüber hinaus sei der Antrag vom 18. Dezember 1997 auf die Erstattung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auf das Saitengeld, also aller Beitragsanteile sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers gerichtet gewesen; das werde auch durch den Hinweis im Antrag belegt, daß die Arbeitnehmeranteile nach der Rückerstattung an die Beigeladene weitergeleitet würden. Die Beklagte habe den Antrag in den angefochtenen Bescheiden auch in vollem Umfang abgelehnt. Im übrigen verbleibt der Kläger bei seiner Rechtsauffassung; vorliegend handele es sich nicht um eine rückwirkende gesetzliche Änderung der Grundlagen des Versicherungsverhältnisses, vielmehr sei das Saitengeld bereits zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge objektiv steuerfrei gewesen, so daß die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Anfang an falsch gewesen sei. Letztlich zeigten die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen, daß die tatsächlich anfallenden Kosten für Instrumente weit höher als das pauschal gewährte Saitengeld seien. Der Kläger hat noch die schriftliche Abtretungserklärung der Beigeladenen vom 16. Februar 1999, worin diese auch die mit Schreiben vom 18. Dezember 1997 an die AOK geltend gemachte Erstattung der zu Unrecht für das Jahr 1993 abgeführten Rentenversicherungsbeiträge genehmigt hat, sowie den TVK und den Tarifvertrag über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld zu den Akten gereicht. Die Beigeladene, die keinen Antrag gestellt hat, hat dargelegt, Bratschensaiten sollten je nach Fabrikat zwei bis dreimal jährlich (die oberen Saiten manchmal auch häufiger) gewechselt werden; ein Satz Saiten koste etwa 150,- DM. Sie hat noch verschiedene Belege über Ausgaben für Instrumentenanschaffung, -zubehör und -versicherung übersandt. Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Vergütungsakte des Klägers, die Klageakte des SG (S 17 RA 4727/98) und die Berufungsakte des Senats (L 13 RA 4178/99) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil das SG sie nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen hat. Die Berufung ist auch begründet; die erhobenen Erstattungsansprüche, welche der Kläger im Berufungsverfahren auf insgesamt 25,90 DM beschränkt hat, bestehen nicht. Dabei stehen der Begründetheit der Berufung nicht bereits Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der in Form der verbundenen Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG (vgl. hierzu etwa BSG SozR 3-2400 § 26 Nr. 4 S. 12 f. m.w.N.) verfolgten Klage entgegen. Die form- und fristgerecht erhobene Klage war vielmehr auch sonst zulässig; dies gilt nicht nur für die auf den Kläger entfallenden Beitragsanteile, sondern auch diejenigen der Beigeladenen. Denn der Kläger hatte mit dem am 9. Januar 1998 bei der AOK eingegangenen Antrag vom 18. Dezember 1997 neben dem Arbeitgeberanteil auch den Arbeitnehmeranteil gefordert, soweit es die im Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 1993 gezahlten Beiträge für das monatliche Saitengeld von 37,- DM betroffen hat; dabei kann offen bleiben, ob er in dieser Beziehung als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat und ob sein Vorgehen überhaupt genehmigungsfähig war (§§ 180 Satz 2, 177, 174 des Bürgerlichen Gesetzbuches; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. August 1991 - 12 RK 25/89 -, Umdruck S. 7 ). Die Auslegung des angefochtenen Bescheids vom 16. März 1998 (Widerspruchsbescheid vom 17. August 1998) ergibt aus objektiver Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers, daß die Beklagte ohne Einschränkung über den vorgenannten Antrag - also auch über die Beitragsanteile der Beigeladenen - entschieden hat; das sieht sie im übrigen selbst so. Die Verwaltungsentscheidungen waren demnach im Sinne des § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch hinreichend bestimmt (vgl. hierzu nochmals BSG a.a.O., Umdruck S. 6 f.); das vor Klageerhebung erforderliche Vorverfahren (§§ 78 ff. SGG) war abgeschlossen. Der Kläger, der sich auf die im Berufungsverfahren vorgelegte Abtretungs- und Genehmigungserklärung der Beigeladenen vom 16. Februar 1999 berufen hat, war sonach durch die streitbefangenen Bescheide insgesamt beschwert. Ob die erteilte Genehmigung sich wirksam auf den mit Schreiben vom 18. Dezember 1997 gestellten Antrag erstrecken konnte, berührt nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage. Aber auch im Rahmen der materiell-rechtlichen Prüfung kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger kraft der Erklärung vom 16. Februar 1999 wirksam die auf die Beigeladene entfallenden Beitragsanteile geltend machen konnte. Die Klage war nämlich in jedem Falle unbegründet. Nach § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, daß der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Die Beklagte hat die Erstattung der Beiträge nach dieser Vorschrift zu Recht abgelehnt. Ihre Zuständigkeit zur Entscheidung ergibt sich daraus, daß der geltend gemachte Erstattungsanspruch zumindest teilweise, nämlich jedenfalls für die Monate Januar bis November 1993, nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt war (vgl. die mit Wirkung vom 1. Januar 1998 anzuwendenden Gemeinsamen Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung vom 20. November 1997 unter 3.3.2 Buchst. d ). Zwar steht dem Erstattungsbegehren nicht schon die erste Verfallklausel des § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV entgegen, denn an die Beigeladene sind aus den umstrittenen Beiträgen bislang keine Leistungen, auch nicht solche zur Rehabilitation (vgl. hierzu etwa BSG SozR 3-2400 § 26 Nr. 10 m.w.N.), erbracht worden. Die auf das Saitengeld in der allein noch streitbefangenen Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1993 entfallenen Beiträge (Beitragssatz von 17,5 v.H.) sind jedoch nicht zu Unrecht entrichtet worden; der vom Kläger gewünschte Eingriff in das Versicherungsverhältnis kommt nicht in Betracht. Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige sind gemäß § 161 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) die beitragspflichtigen Einnahmen. Dies ist bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden - wie hier die Beigeladene -, das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 162 Nr. 1 SGB VI). Nach § 14 Abs. 1 SGB IV gehören zum Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. In § 17 Abs. 1 SGB IV wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs, zu bestimmen, daß (1.) einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage regelt § 1 ArEV, daß einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus dem - vorliegend nicht einschlägigen - § 3 ArEV nichts Abweichendes ergibt. § 1 ArEV ist hier indessen nicht anwendbar, weil das Saitengeld nach der Rechtslage im Jahr 1993 nicht lohnsteuerfrei war. Die Heranziehung des Saitengeldes zur Lohnsteuer beruhte im Jahr 1993 auf der (früheren) Rechtsprechung des BFH zur steuerlichen Behandlung des pauschal gewährten Auslagenersatzes (vgl. z.B. BFHE 115, 342 ff.; 129, 559 ff.; beide jeweils m.w.N.). Hiernach setzte die Annahme steuerfreien Auslagenersatzes gemäß § 3 Nr. 50 EStG im Interesse einer klaren Abgrenzung des steuerpflichtigen Arbeitslohns (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) gegenüber dem steuerbefreiten Auslagenersatz und zur Verhütung mißbräuchlicher Inanspruchnahme nicht gerechtfertigter Steuervorteile die Einzelabrechnung der vom Arbeitnehmer verauslagten Beträge voraus; Ausnahmen waren nur in engen Grenzen anerkannt, wenn es sich um kleinere Beträge handelte, die erfahrungsgemäß den durchschnittlich zustehenden Aufwand nicht überstiegen (vgl. auch LStR 1993 Abschnitt 22 Abs. 2; ferner LStR 1990 Abschnitt 22 Abs. 2). Erst mit Urteil vom 21. August 1995 (BFHE 178, 350 ff.; vgl. hierzu auch Schmidt, DB 1996, 1107 f.) hat der BFH in Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung (im konkreten Fall zum Rohr-, Blatt und Saitengeld) entschieden, daß eine pauschale Abgeltung von Auslagen steuerlich selbst dann anzuerkennen sei, wenn es sich nicht um kleine Beträge, sondern um solche von monatlich zwischen 34,- und 106,- DM handele; anderes gelte allerdings dann, wenn die pauschale Abgeltung überhöht oder anhand der vorgelegten oder angebotenen Beweismittel nicht aufklärbar sei, ob sie den tatsächlichen Aufwendungen im großen und ganzen entsprächen. Nach der Rechtslage im Jahre 1993, wie sie von Rechtsprechung und Finanzverwaltung konkretisiert worden war, galt dagegen, daß pauschaler Auslagenersatz nur in engsten Grenzen steuerfrei war; das war bei dem der Beigeladenen für Verschleiß gewährten Saitengeld, dessen pauschale Abgeltung nach § 12 Abs. 5 Satz 2 und 3 TVK auch ohne konkreten Nachweis des tatsächlichen Bedarfs bei Bestimmung des Pauschbetrags durch besonderen Tarifvertrag (hier: § 2 Buchst. a des Tarifvertrags über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld) zulässig ist, schon wegen der Höhe der Pauschale (seinerzeit 37,- DM monatlich) nicht der Fall, weshalb es steuerrechtlich als Arbeitslohn zu behandeln war. In Anlehnung an die steuerliche Behandlung des Saitengeldes als Arbeitsentgelt wurden daher im Jahr 1993 zu Recht Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt. Daran hat sich auch durch die nachfolgende Entscheidung des BFH vom 21. August 1995 nichts geändert, mit welcher die bisherige höchstrichterliche finanzgerichtliche Rechtsprechung zum pauschalen Auslagenersatz nicht aufgegeben, sondern fortentwickelt worden ist; dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob im Falle der Beigeladenen überhaupt eine steuerliche Berichtigungsveranlagung durchgeführt wurde, denn auch dies könnte sich auf die Beitragsseite nicht auswirken. Das BSG hat stets betont, daß, obgleich sich die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung grundsätzlich nach dem für die Berechnung der Lohnsteuer maßgebenden Betrag richtet, Abweichungen dann gerechtfertigt sind, wenn sich die steuerrechtliche Regelung nicht mit den sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen vereinbaren läßt (vgl. BSG SozR 2200 § 160 Nr. 5 S. 15; BSGE 47, 211, 212). Insbesondere die Wechselwirkungen zwischen Beiträgen und Versicherungsleistungen schließen es - von gesetzlichen (hier nicht vorliegenden) Ausnahmeregelungen abgesehen - grundsätzlich aus, durch rückwirkende Änderungen der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten in zurückgelegte Abschnitte des Versicherungsverhältnisses einzugreifen (vgl. BSGE 47, 211, 213 f.). Rückwirkende Veränderungen der Beitragslast kommen mithin nur in Betracht, wenn damit einer von Anfang an bestehenden, aber erst nachträglich erkannten Beitragspflicht oder Beitragsfreiheit Geltung verschafft wird; Beitragserstattungen können demgegenüber grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn sie auf einer nachträglichen Änderung der Rechtslage - wenn auch mit Rückwirkung - beruhen (vgl. BSGE 75, 298, 301 f. = SozR 3-2400 § 26 Nr. 6). So vermögen beispielsweise rückwirkende Lohnerhöhungen oder durch sonstige nachträgliche Vereinbarungen herbeigeführte Änderungen im Entgelt die Beitragsberechnung in der Vergangenheit grundsätzlich ebensowenig zu beeinflussen (vgl. BSGE 22, 162, 166) wie eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BSGE 50, 129, 131 f. = SozR 2600 § 121 Nr. 2; SozR a.a.O. Nrn. 3 und 4; ferner BSGE 51, 31, 35 ff. = SozR 2200 § 1399 Nr. 13). Ausnahmen sind etwa dann zugelassen worden, wenn entweder ein Lohnanspruch erst verspätet erfüllt oder umgekehrt ein Entgelt gezahlt worden war, auf das zur Zeit der Zahlung überhaupt kein Anspruch bestand (vgl. BSGE 26, 120, 123). All das gründet auf einer Abwägung der Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes, des Solidaritätscharakters der Beiträge und des Versicherungswagnisses. Deshalb ist eine Rückabwicklung der Beitragszahlung nicht gehindert, wenn feststeht, daß die Beiträge auf Leistungsgewährung und -höhe keine Folgen haben (vgl. BSG SozR 2100 § 26 Nr. 9; SozR 3-2400 § 26 Nr. 4; ferner BSGE 63, 18, 21 = SozR 1300 § 44 Nr. 31; ferner BSG SozR 3-4100 § 185a Nr. 2, bestätigt durch Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September 2000 SozR 3-4100 § 185a Nr. 3). Anderes gilt indessen, wenn die beitragsrechtliche Rückabwicklung typischerweise zu einem versicherungsrechtlichen Nachteil führt (vgl. BSGE 75, 298, 304; BSG SozR 3-2400 § 26 Nr. 8), wobei es nicht darauf ankommt, ob sich die Beitragszahlungen im Einzelfall rentensteigernd auswirken (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1385b Nr. 2). Unter diesen Umständen geht der mit der Beitragsentrichtung verbundene Grundsatz des Vertrauens in den Versicherungsschutz vor (vgl. nochmals BSGE 75, 298, 304). Vorliegend steht außer Frage, daß sich auch die für das Saitengeld entrichteten Beiträge auf eine später zu erwartende Rente auszuwirken vermögen (vgl. nur § 63 Abs. 1 und 2 SGB VI); die noch umstrittenen Beiträge waren nicht zu Unrecht entrichtet, denn dies geschah im Einklang mit der im Jahre 1993 bestehenden Rechtslage, die erst später durch den BFH im Urteil vom 21. August 1995 fortentwickelt wurde. Der beitragsrechtlichen Korrektur, wie vom Kläger erstrebt, steht mithin der Grundsatz entgegen, daß die Beurteilung von abgewickelten Versicherungsverhältnissen nicht nachträglich und rückwirkend geändert werden soll (vgl. hierzu auch BSGE 85, 208, 213 = SozR 3-2500 § 8 Nr. 4; BSG SozR 3-4100 § 185a Nr. 2 S. 7 f.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, nachdem diese dem - erfolglos gebliebenen - klägerischen Begehren beigetreten ist. Eine Zulassung der Revision (§ 160 SGG) kommt nicht in Betracht, weil die Rechtssache im Hinblick auf die dargestellte höchstrichterliche Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung hat (Abs. 2 Nr. 1 a.a.O.) und der Senat auch von keiner Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte und Gerichtshöfe abgewichen ist.
Rechtskraft
Aus
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