L 5 AL 4746/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 3469/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 AL 4746/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Berücksichtigung von Vermögen des Ehemannes im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung ist dann unzumutbar, wenn das Vermögen aus einer Abfindung stammt, die den alleinigen Zweck hatte, den Lebensunterhalt des Ehemannes bis zur Erreichung des Rentenalters zu sichern.
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. November 2000 sowie der Bescheid des Arbeitsamtes Reutlingen vom 27. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 1999 und der Bescheid vom 24. Mai 2000 aufgehoben.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) mit Wirkung vom 1.2.1999 hat aufgehoben werden können, weil der Ehemann der Klägerin aus Anlass der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten hat. Die am 15.05.1951 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige kosovarischer Nationalität. Sie steht seit 1985 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug der Beklagten. Für den vom 4.6.1997 bis 3.6.1998 laufenden Bewilligungsabschnitt bewilligte das Arbeitsamt Reutlingen (AA) der Klägerin unter Anrechnung von Einkommen ihres Ehemannes in Höhe von DM 155,42 Alhi in Höhe von DM 79,20 wöchentlich (Bescheid vom 9.7.1997). Wegen der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung erhielt die Klägerin ab 9.3.1998 Unterhaltsgeld. Nachdem die Klägerin die Maßnahme abgebrochen hatte, stellte das AA den Eintritt einer Sperrzeit vom 11.4.1998 bis 3.7.1998 fest (Bescheid vom 18.6.1998) und bewilligte Alhi erneut ab 4.7.1998 für einen bis 3.7.1999 laufenden Bewilligungsabschnitt in Höhe von DM 217,14 wöchentlich (Bemessungsentgelt DM 610,00; Leistungsgruppe A/0; Leistungssatz 53%; Leistungstabelle 1998; Bescheid vom 17.7.1998). Ab 1.1.1999 betrug der wöchentliche Leistungssatz nach Anpassung an die Leistungsverordnung 1999 DM 219,80 (Bescheid vom 14.1.1999). Alhi in dieser Höhe wurde bis 31.5.1999 gezahlt. Einkommen des Ehemannes der Klägerin wurde ab 4.7.1998 nicht angerechnet. Das Beschäftigungsverhältnis des am 03.05.1943 geborenen Ehemannes der Klägerin, das der Arbeitgeber mit einer Frist von sechs Monaten zum Vierteljahresschluss kündigen konnte, endete auf Grund eines Aufhebungsvertrages vom 22.12.1998 am 31.1.1999. Der Ehemann der Klägerin erhielt eine Abfindung von brutto DM 115.535,00 (steuerpflichtiger Teil DM 79.535,00). Die Bewilligung von Alg an den Ehemann der Klägerin lehnte das AA für die Zeit bis 21.12.1999 ab, weil der Anspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit (1.2.1999 bis 25.4.1999) und der erhaltenen Abfindung ruhe, außerdem wurde eine Minderung des Anspruchs auf Alg um 242 Tage verfügt (Bescheide vom 1.3.1999). Das AA bewilligte ab 22.12.1999 Alg in Höhe von DM 448,42 wöchentlich für 641 Tage. Im Mai 1999 beantragte die Klägerin die Fortzahlung der Alhi. Im Antragsvordruck bzw. den Anlagen, die die Klägerin am 5.5.1999 beziehungsweise 6. 5.1999 unterzeichnete, vermerkte der Antragsannehmer, dass der Ehemann der Klägerin arbeitslos sei. Auf Anfrage des AA gab die Klägerin an, die Abfindung sei am 31.1.1999 auf dem Konto gutgeschrieben worden. Mit Schreiben vom 19.7.1999 teilte das AA der Klägerin mit, sie habe in der Zeit vom 1.2.1999 bis 31.5.1999 in Höhe von DM 3.768,00 zu Unrecht Alhi erhalten und gab ihr Gelegenheit zur Äußerung. Mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.7.1999 hob das AA die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi ab 1.2.1999 ganz auf, weil durch die Auszahlung der Abfindung an den Ehegatten keine Bedürftigkeit für 146 Wochen mehr vorliege. Diesen Zeitraum errechnete das AA, indem es einen Betrag von DM 89.535,00 (DM 115.535,00 abzüglich des Freibetrages in Höhe von DM 26.000,00) durch das wöchentliche Entgelt von DM 610,00 teilte. Des Weiteren verlangte das AA die Erstattung eines Betrages in Höhe von insgesamt DM 4.997,76 (DM 3.768,00 Alhi; DM 1.229,76 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung). Die Klägerin erhob Widerspruch und verwies darauf, der Betrag von DM 115.535,00 sei ihrem Ehemann nicht in voller Höhe zugeflossen. Da ihr Ehemann keine Leistungen erhalten habe, habe der laufende Lebensunterhalt nur aus dem Abfindungsbetrag bestritten werden können. Die Widerspruchsstelle des AA wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 6.12.1999). Auch die Widerspruchsstelle vertrat die Auffassung, dass nach Abzug des Freibetrages von DM 10.000,00 entsprechend § 7 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO) sowie des weiteren Freibetrages in Höhe von DM 16.000,00 ein in zumutbarer Weise verwertbares Vermögen in Höhe von DM 89.535,00 verbleibe, das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Bei einem Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich DM 610,00 bestehe für 146 Wochen keine Bedürftigkeit. Die Klägerin habe die Veränderung ihrer tatsächlichen Verhältnisse nicht mitgeteilt. Das Merkblatt, dessen Erhalt und Kenntnisnahme sie mit ihrer Unterschrift im Antragsformular bestätigt habe, erhalte verständliche Hinweise, dass das AA unverzüglich zu benachrichtigen sei, wenn sich das Einkommen und Vermögen, auch der zum Unterhalt rechtlich verpflichteten Angehörigen, ändere. Dass sie behaupte, die deutsche Sprache nicht ausreichend zu verstehen, könne nicht berücksichtigt werden. Die Bewilligung habe damit ab 1.2.1999 ganz aufgehoben werden müssen und die gezahlten Leistungen seien zu erstatten. Die Klägerin hat am 28.12.1999 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und die Aufhebung des Bescheides vom 27.7.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.12.1999 begehrt. Der Betrag von DM 115.535,00 sei ihrem Ehemann nicht in voller Höhe zugeflossen, weil der nach Abzug des Steuerfreibetrages von DM 36.000,00 verbleibende Betrag von DM 79.535,00 zu versteuern gewesen sei. Da im Zusammenhang mit dem Antrag ihres Ehemannes auf Gewährung von Alg eine Sperrzeit von 28 Monaten verhängt worden sei, habe in dieser Zeit der laufende Lebensunterhalt nur aus dem Abfindungsbetrag bestritten werden können. Deshalb komme eine Berücksichtigung als anrechenbares Vermögen von vornherein nicht mehr in Betracht. Die Klägerin hat die Gehaltsabrechnung ihres Ehemannes für den Monat Januar 1999 vorgelegt. Danach sind bei einem Einkommen von DM 81.020,50 DM 13.429,76 an Steuern abgeführt worden. Daraufhin hat das AA mit Bescheid vom 24.5.2000 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.7.1999 (richtig 27.7.1999) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.12.1999 dahin abgeändert, dass nach Berücksichtigung der gezahlten Steuern in Höhe von DM 13.430,00 und der Freibeträge in Höhe von DM 26.000,00 ein Betrag von DM 76.105,00 als Abfindung übrig bleibe. Geteilt durch das wöchentliche Entgelt von DM 610,00 ergebe sich ein Ruhen von 124 Wochen. Die Klägerin hat des Weiteren die Einkommensteuerberechnung für das Veranlagungsjahr 1999 vorgelegt. Danach ergibt sich bei einem zu versteuernden Einkommen von DM 75.034,00 keine festzusetzende Einkommensteuer. Daraufhin hat die Beklagte im Schriftsatz vom 26.6.2000 an das SG erklärt, der Bescheid vom 24.5.2000 werde gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 21.11.2000 die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe der angegriffenen Widerspruchsentscheidung abgewiesen und ergänzend ausgeführt, die Beklagte sei berechtigt gewesen, den Änderungsbescheid vom 24.5.2000 zurückzunehmen, da der Klägerin bei Zugang dieses Bescheides bereits bekannt gewesen sei, dass die in diesem Änderungsbescheid berücksichtigte Steuer tatsächlich nicht angefallen gewesen sei. Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 23.11.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6.12.2000 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, der Abfindungsbetrag, der zu ihren Lasten als Vermögen verrechnet worden sei, belaufe sich nicht auf DM 115.535,00, weil der nach Abzug des Steuerfreibetrages von DM 36.000,00 verbleibende Betrag von DM 79.535,00 zu versteuern gewesen sei. Die Sozialabfindung sei der Höhe nach unter Berücksichtigung des notwendigen Lebensunterhaltes ihres Ehemannes berechnet worden. In der Zeit, in der gegenüber ihrem Ehemann eine "Sperrzeit" von 28 Monaten verhängt worden sei, habe der Lebensunterhalt nur aus dem Abfindungsbetrag bestritten werden können. Die Klägerin hat Unterlagen des früheren Arbeitgebers ihres Ehemannes über die Berechnung der Abfindung vorgelegt. Die Arbeitsvertragsparteien haben danach den Zeitraum errechnet, den der Ehemann der Klägerin bis zum Erreichen des 60. Lebensjahres zurücklegen muss. Dies waren 1611 Tage (53 Monate) insgesamt. Für diesen Zeitraum wurde bei Ansatz von 80 % des letzten Nettolohns ein Überbrückungsbetrag von DM 149.536,43 errechnet. Abzüglich des zu erwartenden Alg von 628 Tagen mit einer Gesamtleistung von DM 43.727,64 sowie weiter abzüglich der vom Ehemann der Klägerin zu entrichtenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und zuzüglich von Sonderzuwendungen (AEP, Jubiläum, WG) von DM 5.830 wurde ein Abfindungsbetrag von DM 118.758,07 errechnet. Wegen Einzelheiten wird auf Bl. 31-33 der Senatsakte Bezug genommen. Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. November 2000 und den Bescheid des Arbeitsamtes Reutlingen vom 27. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 1999 in der Fassung des Bescheides vom 24. Mai 2000 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend. Bei der Abfindung handele es sich um eine einmalige Sozialleistung, die nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung oder Übung nicht dem laufenden Lebensunterhalt diene. Eine Zweckbestimmung zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage sei nicht nachgewiesen. Ab 4.10.1999 hat das AA der Klägerin wegen der Teilnahme an einer Maßnahme Unterhaltsgeld gezahlt. Nach Ende der Maßnahme hat sich die Klägerin am 5.10.2000 beim AA erneut arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt. Das AA hat ihr ab 5.10.2000 Anschlussunterhaltsgeld gezahlt (Bescheid vom 23.10.2000). Diese Bewilligung hat das AA wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom 14.11.2000 bis 5.2.2001 ab 14.11.2000 aufgehoben (Bescheid vom 23.11.2000). Mit Bescheid vom 14.12.2000 hat das AA es abgelehnt, Alhi ab 6.2.2001 zu zahlen, weil wegen zu berücksichtigendem Vermögen die Klägerin für 124 Wochen (bis zum 23.6.2003) nicht bedürftig sei. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 27.12.2000 Widerspruch eingelegt. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegten, die Klägerin und ihren Ehemann betreffenden Leistungsakten des AA Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Zu entscheiden ist nur darüber, ob die Bewilligung der Alhi ab 1.2.1999 für den restlichen Bewilligungsabschnitt bis 3.7.1999 zu Recht aufgehoben worden ist und die Klägerin die für diesen Zeitraum bereits gezahlten Leistungen zu erstatten hat. Nicht zu entscheiden ist darüber, ob die Klägerin für den ab 4.7.1999 laufenden Bewilligungsabschnitt oder einen späteren Bewilligungsabschnitt Anspruch auf Alhi hat. 1.) Gegenstand des Rechtsstreites ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des AA vom 27.7.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.12.1999. In diesen Bescheiden hat das AA über die Aufhebung der Bewilligung der Alhi für die Zeit ab 1.2.1999 entschieden. Die Aufhebung der Bewilligung betrifft nur den Zeitraum des Bewilligungsabschnittes bis 3.7.1999. Nicht entschieden hat das AA über den von der Klägerin im Mai 1999 gestellten Antrag auf Fortzahlung der Alhi nach Ende des Bewilligungsabschnittes zum 3.7.1999. Ein entsprechender ablehnender Bewilligungsbescheid ist nicht ergangen. Eine Ablehnung der Bewilligung der Alhi für den ab 4.7.1999 beginnenden neuen Bewilligungsabschnitt ist in dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.7.1999 nicht enthalten. Denn dieser Bescheid enthält ausdrücklich nur die Regelung, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi ab 1.2.1999 ganz aufgehoben werde. Dies folgt auch aus der Betreffangabe "Aufhebungs- und Erstattungsbescheid". Diese Betreffangabe kann nur dahin verstanden werden, dass die bisher bewilligte Leistung nicht mehr gezahlt werden soll. Aufgehoben werden kann aber nur eine bereits erfolgte Bewilligung. Für den ab 4.7.1999 laufenden Bewilligungsabschnitt hat aber keine Entscheidung über eine Bewilligung vorgelegen. Zudem soll nach § 190 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) die Alhi jeweils für längstens ein Jahr bewilligt werden. Vor einer erneuten Bewilligung sind die Voraussetzungen eines Anspruchs zu prüfen. Eine solche erneute Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen ist in dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.7.1999 und auch in dem Widerspruchsbescheid vom 6.12.1999 nicht erfolgt. Dementsprechend hat die Klägerin bei der Klageerhebung auch auch nur die Aufhebung des Bescheides vom 27.7.1999 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.12.1999) begehrt. 2.) Nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist der Bescheid vom 24.5.2000 Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Denn er hat seinem ausdrücklichen Wortlaut nach den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.7.1999 abgeändert. Aufhebungszeitraum und Erstattungsbetrag sind unverändert geblieben, allerdings hat das AA die Begründung geändert, indem es einen geringeren Wert des Vermögens angenommen hat. Da die Beklagte die äußere Form eines Bescheides gewählt hat, ist er als Bescheid zu behandeln, auch wenn der Verfügungssatz des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 27.7.1999 (Aufhebung der Bewilligung der Alhi für die Zeit ab 1.2.1999) nicht geändert worden ist. 3.) Die Rücknahme des Bescheides vom 24.5.2000 ist nicht mit einem Bescheid erfolgt. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 26.6.2000 an das SG erklärt, der Bescheid vom 24.5.2000 werde zurückgenommen. Da mit dem Bescheid vom 24.5.2000 nur die Begründung der Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung von Alhi geändert worden ist, bringt die Beklagte im Schriftsatz vom 26.6.2000 nur zum Ausdruck, dass sie an der veränderten Begründung nicht mehr festhält. 4.) Der Bescheid vom 14.12.2000, mit welchem das AA einen Anspruch der Klägerin auf Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Eine unmittelbare Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG scheidet aus, weil dieser spätere Bescheid den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.7.1999 nicht ersetzt oder abändert. Auch eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG kommt nicht in Betracht. Ob die Klägerin für spätere Zeiträume Anspruch auf Alhi hat, hängt nicht nur von der Frage der Bedürftigkeit ab, sondern es müssen auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Es widerspricht der Prozessökonomie, diese für den Zeitraum der Aufhebung der Bewilligung der Alhi nicht umstrittenen Anspruchsvoraussetzungen nunmehr ergänzend zu prüfen. Im Übrigen hat die durch Rechtsanwälte vertretene Klägerin im Gerichtsverfahren nur die Aufhebung des Bescheides vom 27.7.1999 begehrt sowie gegen den Bescheid vom 14.12.2000 am 27.12.2000 Widerspruch eingelegt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie den Rechtsstreit auf den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.7.1999 begrenzen will. II.

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 SGG liegt nicht vor. Die Klägerin wendet sich gegen die Erstattung eines Betrages von insgesamt DM 4.997,76. Der Beschwerdewert von DM 1.000,00 ist damit überschritten. III.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Beklagte hat die Bewilligung der Alhi nicht ab 1.2.1999 aufheben dürfen. Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung der Alhi ab 1.2.1999 ist § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach §§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist der Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Als wesentliche Änderung sind alle Umstände anzusehen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht mehr hätte erlassen dürfen. Dies ist nicht gegeben. Die Klägerin ist in der Zeit vom 1.2.1999 bis 3.7.1999 bedürftig gewesen. Die Bedürftigkeit ist nicht durch die an ihren Ehemann gezahlte Abfindung weggefallen. 000 Nach § 190 Abs. 1 SGB III haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich beim AA arbeitslos gemeldet haben (Nr. 2), einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr. 3), die besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt haben (Nr. 4) und bedürftig sind (Nr. 5). Die Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 4 liegen vor, wobei die durch das Dritte SGB III-Änderungsgesetz vom 22.12.1999 (BGBl. I, S. 2624) zum 1.1.2000 in Kraft getretenen Änderungen des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III für den vorliegenden Fall keine Auswirkungen haben, da ein Anspruch für das Jahr 1999 zu prüfen ist. Die Klägerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum auch bedürftig gewesen. 1.) Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nach § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind zu berücksichtigendes Einkommen das Einkommen des Arbeitslosen, soweit es nicht als Nebeneinkommen anzurechnen ist (Nr. 1), Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, soweit es den Freibetrag nicht übersteigt (Nr. 2). Zu berücksichtigendes Einkommen ist nicht vorhanden. Einkommen hat die Klägerin nicht. Nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses zum 31.1.1999 hat auch der Ehemann der Klägerin kein Einkommen mehr. Leistungen wegen Arbeitslosigkeit hat er nicht erhalten. Die Abfindung, die er erhalten hat, gilt nach § 194 Abs. 3 Nr. 7 SGB III nicht als Einkommen (vgl. zur gleichlautenden Regelung des § 138 Abs. 3 Nr. 6 des Arbeitsförderungsgesetzes - AFG -: BSG SozR 4100 § 138 Nr. 18, S. 95 ff). 2.) Nicht bedürftig ist nach § 193 Abs. 2 SGB III weiter ein Arbeitsloser, solange er mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Die Klägerin selbst hat kein Vermögen. In den Anträgen auf Alhi hat sie die entsprechenden Fragen verneint. Die Beklagte behauptet dies auch nicht. Bei dem Ehemann der Klägerin kommt als Vermögenswert nur die Abfindung in Betracht, die er anlässlich des Ausscheidens aus seinem Arbeitsverhältnis zum 31.1.1999 erhalten hat. Die Abfindung kann im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit als Vermögen berücksichtigt werden (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 18, S. 101). Nach § 6 Abs. 1 Alhi-VO - die gemäß Art. 81 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung (AFRG) vom 24.03.1997 (BGBl. I, S. 594) auch nach In-Kraft-Treten des SGB III fortgilt und nunmehr auf der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III beruht - ist Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils DM 8.000,00 übersteigt. Nach § 6 Abs. 2 Alhi-VO ist Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Es ist nicht verwertbar, soweit der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. 000Die erhaltene Abfindung ist verwertbar. Irgendwelche Verfügungsbeschränkungen sind nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht behauptet. Die Verwertung der Abfindung ist jedoch nicht zumutbar gewesen. Nach § 6 Abs. 3 Alhi-VO ist die Verwertung zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist oder wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann. Nicht zumutbar ist insbesondere die Verwertung von Vermögen, das für eine alsbaldige Berufsausbildung, zum Aufbau oder zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage oder zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist (§ 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alhi-VO). Ob ein Vermögen zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage bestimmt ist, richtet sich nach den selben Grundsätzen wie die Beurteilung der Zweckbestimmung der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Bei der Prüfung sind die Besonderheiten des Einzelfalles sowie Sinn und Zweck der Alhi-Bestimmungen zu beachten. Ausgangspunkt der Prüfung ist die vom Arbeitslosen (subjektiv) getroffene Zweckbestimmung. Im Anschluss daran ist zu prüfen, ob diese subjektive Zweckbestimmung mit den objektiven Begleitumständen in Einklang steht. Schließlich muss die Zweckbestimmung angemessen sein. Die subjektive Zweckbestimmung des Arbeitslosen muss anhand objektiver Kriterien nachvollziehbar sein (vgl. zum Ganzen: BSG SozR 3-4100 § 137 Nr. 7, S. 62 f, ständige Rechtsprechung). Die Klägerin hat bereits in der Begründung ihres Widerspruches (Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.10.1999, Bl. 244/245 der Leistungsakte der Klägerin) vorgetragen, in der Zeit, in der gegenüber ihrem Ehemann die Gewährung von Alg abgelehnt worden sei, habe der laufende Lebensunterhalt nur aus dem Abfindungsbetrag bestritten werden können. Dies ist nachvollziehbar. Denn aus den vorliegenden Akten und auch aus dem Vorbringen der Beteiligten, insbesondere auch der Beklagten, ist nicht ersichtlich, aus welchen Mitteln ansonsten die Klägerin und ihr Ehemann den Lebensunterhalt hätten bestreiten sollen. Bis zum 31.1.1999 standen ihnen das Einkommen des Ehemannes in Höhe von rund DM 4.600,00 brutto monatlich (siehe die Angaben der Fa. Robert Bosch GmbH in der Arbeitsbescheinigung vom 23.2.1999, Bl. 3 der Leistungsakte des Ehemannes) sowie die an die Klägerin gezahlte Alhi in Höhe von DM 219,80 wöchentlich (Bescheid vom 14.1.1999) zum Bestreiten des Lebensunterhaltes zur Verfügung. Zum 1.2.1999 fiel das Einkommen des Ehemannes der Klägerin, das den weit überwiegenden Teil des Familieneinkommens ausgemacht hat, weg. Wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, hat die ihrem Ehemann gezahlte Abfindung dazu gedient, den Zeitraum zum Erreichen des 60. Lebensjahres als dem frühest möglichen Zeitpunkt, Altersrente in Anspruch zu nehmen, sowie die Zeit einer Sperrzeit zu überbrücken. Wie aus den von der Klägerin im Berufungsverfahren mit dem Schriftsatz vom einen 20.5.2001 vorgelegten Unterlagen (Bl. 31/33 LSG-Akte) hervorgeht, ist die Abfindung unter Berücksichtigung dieser Umstände ermittelt worden. Sie diente nach dem erkennbaren Willen der Arbeitsvertragsparteien und damit auch des Ehemannes der Klägerin der Überbrückung der Zeiträume von der Mitte des 55. Lebensjahres bis zum Eintritt in die Rente mit Vollendung des 60. Lebensjahres, für die dem Ehemann der Klägerin von der Beklagten keine Leistungen gewährt werden, durch Zahlung eines Betrages in Höhe von 80 % des zuletzt erhaltenen Nettolohns. Wie von den Parteien der Abfindungsvereinbarung erwartet, wurde beim Ehemann der Klägerin mit Bescheid vom 01.03.1999 eine Sperrzeit vom 01.02.1999 bis 25.04.1999 mit einer Minderung des Anspruchs um 242 Tage festgestellt, außerdem, weil sein Beschäftigungsverhältnis durch Aufhebungsvertrag vom 22.12.1998 zum 31.1.1999 ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des Vierteljahres (siehe die Angaben der Fa. Robert Bosch GmbH in der Arbeitsbescheinigung vom 23.2.1999, Bl. 3 der Leistungsakte des Ehemannes) beendet worden ist, gemäß § 117 Abs. 2 AFG das Ruhen des Anspruchs auf Alg bis 24.09.1999 festgestellt, sowie gem. § 117a AFG ein weiteres Ruhen bis 21.12.1999. Diese Bescheide, die Fehler nicht erkennen lassen, sind bindend geworden. § 117 Abs. 2 AFG bzw. § 143 Abs. 2 SGB III bauen auf Vereinbarungen wie der vom 22.12.1998 auf. Sie enthalten die unwiderlegliche Vermutung, dass Abfindungen in bestimmtem Umfang eine Entschädigung für Lohnausfall enthalten (z.B. BSG, Urteil vom 20.1.2000 - B 7 AL 48/99 R -). Dies ist der Grund, weshalb der Anspruch des Arbeitslosen auf Alg ruht, wenn er aus Anlass der Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist eine Abfindung erhalten hat. Solange der Arbeitslose noch weiter Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber erhält, benötigt er keine Leistungen des Arbeitsamts. Wenn aber die Abfindung für den Lebensunterhalt des Ehemannes der Klägerin bestimmt ist, und diesem deswegen Leistungen versagt werden, kann sie nicht gleichzeitig in vollem Umfang für den Lebensunterhalt der Klägerin eingesetzt werden. Die Behandlung als Vermögen hätte zur Folge, dass die Freibeträge gem. § 194 Abs. 2 SGB III praktisch gegenstandslos würden. Eine Lösung in der Weise, dass die Abfindung entsprechend der Bestimmung der Arbeitsvertragsparteien als Einkommen, verteilt auf 53 Monate abzüglich von Zeiten des Leistungsbezugs angesehen und dann geprüft wird, ob das wöchentliche Einkommen des Ehemannes nach allgemeinen Grundsätzen ganz oder teilweise bei der Klägerin angerechnet werden muss, stünde im Widerspruch zu der oben aufgezeigten Rechtslage. Da die Bewilligung der Alhi nicht hat aufgehoben werden dürfen, hat die Klägerin den von der Beklagten geltend gemachten Betrag in Höhe von insgesamt DM 4.997,76 nicht zu erstatten. IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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