L 13 AL 3481/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 282/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 3481/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Übergangsrecht bei Eingliederungszuschuss. 1. Die Rückzahlung eines vor dem 1. August 1999 bewilligten und gezahlten Eingliederungszuschusses richtet sich nach § 223 Abs 2 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden Fassung, wenn der Rückzahlungsbescheid in der Zeit ab 1. August 1999 erlassen worden ist. 2. Die Vorraussetzungen von § 223 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB IIImüssen auch bei Probearbeitsverhältnissen vorliegen. [Anders inzwischen BSG Urteil vom 21.03.2002 - B 7 AL 48/01 R]
Die Berufungen der Beklagten und der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2000 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Pflicht zur Zurückzahlung eines der Klägerin gewährten Eingliederungszuschusses bei erschwerter Vermittlung in Höhe von 9441,88 DM.

Die Klägerin, eine GmbH mit Sitz in Sindelfingen, bot über das Arbeitsamt (ArbA) Böblingen im April 1998 eine Stelle als Lager- und Transportarbeiter an und bat um "förderungsfähige Bewerber". Auf das Stellenangebot stellte sich der am 26. Januar 1948 geborene, damals arbeitslose M. bei der Klägerin vor. Diese schloss mit M. am 4. Mai 1998 einen Arbeitsvertrag, die Arbeitsaufnahme als Arbeiter im Bereich Lager-Produktion sollte am 1. Juni 1998 erfolgen. Vertraglich wurde eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche bei einem Arbeitsentgelt von 22,50 DM/Std. sowie eine Probezeit von 6 Monaten (§ 2 des Arbeitsvertrags) vereinbart.

Am 30. April 1998 hatte die Klägerin beim ArbA Böblingen für die Einstellung des M. einen Eingliederungszuschuss bei erschwerter Vermittlung beantragt. Nach Vorlage des Arbeitsvertrags bewilligte das ArbA durch Bescheid vom 11.September 1998 den beantragten Eingliederungszuschuss bei erschwerter Vermittlung für M. für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 1998. Der Zuschuss war auf 50 v.H. des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts begrenzt. Auf Grund des Arbeitsentgelts einschließlich des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag von insgesamt 4.720,95 DM bewilligte das ArbA einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 2.360,47 DM monatlich. Der Bewilligungsbescheid enthält als Bestandteil eine Nebenbestimmung, in der es unter anderem heißt, der Eingliederungszuschuss sei zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspreche, längstens jedoch von 12 Monaten nach dem Ende des Förderungszeitraums, beendet werde, sofern der Arbeitgeber nicht berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Der Eingliederungszuschuss wurde bis 30. September 1998 gezahlt.

Das Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und M. endete durch fristlose Kündigung der Arbeitgeberin am 5. Oktober 1998; die Kündigung wurde durch am 5. Oktober 1998 ausgehändigtes Schreiben vom 2. Oktober 1998 erklärt und mit verbalen Verunglimpfungen des Geschäftsführers sowie eine unter Zeugen ausgesprochene Androhung eines körperlichen Angriffs auf diesen begründet. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und M., in deren Verlauf M. eine mangelhafte Arbeitsleistung vorgeworfen wurde. M. wiederum beanstandete, die Klägerin sei mit der Zahlung des Arbeitsentgelts in Verzug. Zum weiteren Ablauf liegen unterschiedliche Darstellungen vor. M. jedenfalls meldete sich am 8. Oktober 1998 beim ArbA Böblingen arbeitslos und beantragte Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Dieses lehnte den Antrag zunächst wegen einer Sperrzeit ab, half später dem Widerspruch des M. jedoch ab und bewilligte ab 8. Oktober 1998 Arbeitslosengeld (Bescheid vom 9. März 1999).

Nachdem das ArbA von der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Kenntnis erlangt hatte, bat es die Klägerin unter dem 27. Oktober 1998 um Mitteilung der Gründe, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hätten, und um Vorlage einer Kopie des Kündigungsschreibens. Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagiert hatte, hörte das ArbA sie durch Schreiben vom 16. April 1999 zum beabsichtigten Widerruf der Bewilligung und zur Rückforderung des Eingliederungszuschusses an. Am 14. Juli 1999 gab die Klägerin eine Erklärung zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ab, die im Wesentlichen darin bestand, dass sie das Kündigungsschreiben vom 2. Oktober 1998 übersandte. Durch Bescheid vom 25. Oktober 1999 hob das ArbA die Bewilligung von Eingliederungshilfe für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 1998 ganz in Höhe von 14.162,82 DM nach § 330 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf, die Klägerin sei nach § 50 SGB X verpflichtet, den Eingliederungszuschuss in der bis 30. September 1998 zur Auszahlung gelangten Höhe von 9.441,88 DM zurückzuzahlen. Mit dem am 15. November 1999 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis mit M. fristlos zu kündigen. M. sei für das Unternehmen unhaltbar gewesen. Er habe die Kündigung voll und ganz akzeptiert. Die Beklagte befragte die früheren Mitarbeiter der Klägerin, H. und B., schriftlich zu den Umständen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Während B. erklärte, sie könne den Inhalt des Gesprächs nicht mehr wiedergeben, gab H. an, M. habe - wie auch er selbst - moniert, dass die Gehälter sehr spät, teilweise erst nach dem 10. Werktag des folgenden Monats bezahlt würden. Sodann wies das ArbA den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1999), weil das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums geendet habe und sich die Rückzahlungspflicht aus § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III ergebe. Ausnahmen von der Rückzahlungspflicht gemäß § 223 Abs. 2 Satz 2 SGB III müsse die Klägerin nachweisen. Der Beweis einer Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung sei jedoch nicht geführt worden.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und sich weiterhin darauf berufen, sie sei berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis mit M. fristlos zu kündigen. Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Juli 2000 M. sowie die frühren Arbeitnehmer der Klägerin, Klaus Peter Hahn und B., als Zeugen vernommen. Durch Urteil vom 13. Juli 2000 hat es unter Klageabweisung im Übrigen den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 1999 insoweit aufgehoben, als dieser eine Rückzahlungspflicht von mehr als 4.720,94 DM anordne. Seine Entscheidung hat es damit begründet, die Klägerin sei nach § 223 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden Fassung nur verpflichtet, die Hälfte der ihr gewährten Eingliederungszuschüsse zurückzuzahlen. § 223 Abs. 2 SGB III in der bis 31. Juli 1999 geltenden Fassung könne nicht mehr angewandt werden. Dem mit einer Anfechtungsklage angegriffenen Erstattungsbescheid sei die ab 1. August 1999 geltende Rechtslage zu Grunde zu legen, da er danach erlassen worden sei. Eine Übergangsregelung, aufgrund derer die alte Fassung des § 223 Abs. 2 SGB III Anwendung finde, sei nicht ersichtlich. Insbesondere könne § 422 Abs. 1 SGB III auf die Fälle der Rückforderung einer Leistung der aktiven Arbeitsförderung nicht angewandt werden. Die Klägerin könne sich auch nicht auf den umfassenden Wegfall der Erstattungspflicht berufen , denn sie sei nicht berechtigt gewesen, M. aus den von ihr behaupteten Gründen verhaltensbedingt zu kündigen. Das Urteil des SG ist den Bevollmächtigten der Klägerin am 4. August 2000, der Beklagten am 7. August 2000 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

Die Beklagte hat gegen das Urteil des SG am 30. August 2000, die Klägerin am 8. September 2000 Berufung eingelegt. Während die Klägerin bei ihrem bisherigen Vorbringen bleibt, vertritt die Beklagte die Auffassung, die Klägerin habe den Eingliederungszuschuss in der vollen ihr zugeflossenen Höhe zurückzuzahlen. § 422 Abs. 1 SGB III sei eine spezielle, für Leistungen der aktiven Arbeitsförderung geltende Regelung. Eingliederungszuschüsse seien eine Leistung der aktiven Arbeitsförderung. Da die Rückforderungsregelung in die Regelungen über Leistungen der aktiven Arbeitsförderung integriert sei, werde sie auch von der übergangsrechtlichen Bestimmung des § 422 Abs. 1 SGB III erfasst. Auch die Intention der Vorschrift rechtfertige es nicht, § 223 Abs. 2 SGB III aus dem Anwendungsbereich des § 422 Abs. 1 SGB III herauszunehmen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2000 abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2000 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Dezember 1999 in vollem Umfang aufzuheben, B. und H als Zeugen zu vernehmen zur Frage, welche Äußerungen von Seiten Herrn A. und Herrn M. anlässlich eines Streitgespräches am 2. Oktober 1998 gefallen sind, den Zeugen H zur Frage, welche Wahrnehmungen der Zeuge bezüglich der Arbeitsleistung von Herrn M. im Zeitraum vom 1. Juni 1998 bis 5. Oktober 1998 hat.

Auf den Inhalt der Verwaltungsakten des ArbA (9043 B 511/2000), der Klageakten des SG (S 16 AL 282/00) und der Berufungsakten des Senats wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten und die (unselbständige) Anschlussberufung der Klägerin sind statthaft und zulässig. Die Berufung und die Anschlussberufung sind jedoch unbegründet. Das SG hat den angegriffenen Bescheid vom 25. Oktober 1999 (Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1999) zu recht aufgehoben, soweit darin die Klägerin zur Rückzahlung der Eingliederungszuschüsse von mehr als 4.270,94 DM herangezogen wurde.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 1999 ist zunächst nicht deshalb rechtswidrig, weil darin die mit Wirkung für die Vergangenheit ausgesprochene Aufhebung der Bewilligungsentscheidung und die Erstattung der Eingliederungszuschüsse auf der Grundlage von § 330 SGB III i. V. mit § 48 SGB X einerseits sowie § 50 SGB X andererseits verfügt wurde. Hat bei einer Anfechtungsklage ein Vorverfahren -wie hier- stattgefunden, ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 95 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Auf den Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1999 den Ausgangsbescheid dergestalt neu gefasst, dass sie nur die Rückzahlung angeordnet und diese Entscheidung auf § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III gestützt hat. Mit diesem Inhalt ist der angegriffene Bescheid aber insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, als eine Rückzahlung von mehr als 4.720,94 DM verfügt wird.

Entgegen dem Widerspruchsbescheid und der Auffassung der Beklagten ist Grundlage der Rückzahlungspflicht nicht § 223 Abs. 2 SGB III in der bis 31. Juli 1999 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs- Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I S. 594), sondern der die Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen neu regelnde § 223 Abs. 2 SGB III in der am 1. August 1999 in kraft getretenen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB III-ÄndG) vom 21. Juli 1999 (BGBl I S. 1648). Nach der Neuregelung ist u. a. der Eingliederungszuschuss bei erschwerter Vermittlung teilweise zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von zwölf Monaten, nach Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Das gilt nach § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, zu kündigen. Die Rückzahlung ist nach § 223 Abs. 2 Satz 3 SGB III auf die Hälfte des Förderungsbetrages, höchstens aber den in den letzten zwölf Monaten vor der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewährten Förderungsbetrag begrenzt. Im Gegensatz dazu sah § 223 Abs. 2 SGB III in der Fassung des AFRG vor, dass bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während des Förderungszeitraumes der Eingliederungszuschuss nicht nur teilweise, sondern ganz zurückzuzahlen ist; eine Rückzahlungspflicht bestand u. a. nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Soweit der Rückzahlungstatbestand in § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III im Zuge des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter vom 29. September 2000 (BGBl I S. 1394) und des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch vom 19. Juni 2001 (BGBl I S. 1046) geändert worden ist, sind diese Änderungen von vornherein nicht einschlägig, weil sie nur den -hier nicht gewährten- Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen und für besonders betroffene ältere schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 222 a SGB III erfassen.

Für seine Auffassung, dass im zu entscheidenden Fall die gegenüber den §§ 44 ff., 50 SGB X als Sondervorschrift ohne Aufhebung der Leistungsbewilligung (vgl. Heinz in Wissing SGB III, Stand: Juni 2001, § 223 Rn 32) ausgestaltete Rückzahlungspflicht nach § 223 Abs. 2 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden Fassung zu beurteilen ist, stützt der Senat sich auf folgende Überlegungen: bei einer wie hier erhobenen Anfechtungsklage ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgebend, die bei Erlass des Bescheides bzw. des Widerspruchbescheides gegolten hat (vgl. BSG SozR 3-2600 § 118 Nr. 2 mwN); sowohl der Bescheid vom 25. Oktober 1999 als auch der Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1999 sind nach dem 1. August 1999 ergangen und wirksam geworden. Soweit die Maßgeblichkeit der im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung geltenden Rechtslage jedenfalls dann bejaht wird, wenn der Entscheidung ein abgeschlossener Sachverhalt in der Vergangenheit zugrunde liegt (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 1986 - 7 RAr 44/84 - FamRZ 1987, 274, 275 m.w.N.), ist auch dieses Erfordernis gegeben. Auch wenn die Frage, welches Recht maßgebend ist, vorrangig dem materiellen Recht zu entnehmen ist (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG]) in BVerwGE 78, 243, 245), führt dies nicht zur Anwendung des bis 31. Juli 1999 geltenden Rechts.

Dass die Neufassung von § 223 Abs. 2 SGB III nur für die Rückzahlung von ab 1. August 1999 bewilligten und/oder gezahlten Eingliederungszuschüssen gelten soll, lässt sich der gesetzlichen Regelung selbst nicht entnehmen. Ebensowenig ergibt sich aus der Vorgängervorschrift, dass diese auch nach ihrer Aufhebung noch für die Rückzahlung von bis 31. Juli 1999 bewilligten und gezahlten Eingliederungszuschüssen gelten soll, wenn der die Rückzahlung begründende Sachverhalt vor dem 1. August 1999 in vollem Umfang eingetreten ist. Schließlich besteht auch keine Übergangsregelung, auf grund derer die frühere Fassung des § 223 Abs. 2 SGB III auf Rückzahlungsbescheide, die nach dem 1. August 1999 erlassen werden, anzuwenden wäre. Insbesondere ist § 422 Abs. 1 SGB III nicht einschlägig. Zwar regelt diese Vorschrift die Grundsätze bei Rechtsänderungen im Falle des Bezugs von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Danach sind im Falle einer Änderung des Gesetzes und soweit nichts abweichendes bestimmt ist auf die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistung oder Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung anzuwenden. Nach seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck regelt § 422 Abs. 1 SGB III in erster Linie bei laufenden Leistungsfällen das anzuwendende Recht im Falle von Änderungen des SGB III, besagt aber nichts darüber, welches Recht bei der Rückabwicklung solcher Leistungen gelten soll. Zwar gehört nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 SGB III der Eingliederungszuschuss an Arbeitgeber zu den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, die Rückzahlung nach fehlgeschlagenen Förderleistungen wird dort aber nicht genannt. Letztere lässt sich nach dieser Systematik auch nicht als "Leistung" der Arbeitsförderung verstehen, sie ist vielmehr ihr Gegenteil und lediglich aus Gründen des Sachzusammenhangs in den Regelungsabschnitt über Förderungsleistungen aufgenommen worden. Wortlaut und systematische Stellung können eine erweiternde Anwendung des § 422 Abs. 1 SGB III nicht rechtfertigen. Zutreffend hat deshalb auch das SG die Anwendbarkeit von § 422 Abs. 1 SGB III verneint; der Senat nimmt gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Seiten 5 bis 7 oben der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug. Zu § 422 Abs. 1 SGB III hat der Senat bereits früher entschieden (vgl. Urteil vom 4. Juli 2000 -L 13 AL 4242/99-), dass es sich bei § 422 Abs. 1 SGB III um eine dem Vertrauensschutz bei der Inanspruchnahme von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dienende Übergangsvorschrift handelt, die von dem entgegen stehenden Wortlaut abgesehen auf Erstattungsansprüche (damals § 80 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB III in der bis 31. Juli 1999 geltenden Fassung) auch nicht entsprechend angewandt werden kann. Ebenso hat das LSG Niedersachsen gestützt auf § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III neue Fassung eine Rückzahlungspflicht verneint, wenn der Arbeitgeber vor Inkrafttreten der Neuregelung Förderungsleistungen erhalten hat und das Arbeitsverhältnis nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften berechtigter Weise wegen Betriebsstilllegung ordentlich kündigen konnte (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 12. Juni 2001 -L 8 AL 339/00-; Revision beim BSG anhängig unter B 7 AL 68/00 R). Das Hessische LSG (Urteil vom 14. Februar 2001 -L 6 AL 1133/00-; Revision beim BSG anhängig unter B 7 AL 48/01 R) hat für die Rückforderung eines Eingliederungszuschusses nach § 223 Abs. 2 SGB III ebenfalls auf die bei Erlass des Rückforderungsbescheides geltende Rechtslage abgestellt. Der vom Senat und diesen Gerichten eingenommene Standpunkt entspricht im Übrigen dem allgemeinen Grundsatz, dass sich materiell-rechtliche Befugnisse, die im weitesten Sinn dem Verfahrensrecht zuzuordnen sind, also auch zum Beispiel das Recht, Eingliederungszuschüsse über die § 50 SGB X vorgehende Vorschrift des § 223 Abs. 2 SGB X zurückzuverlangen, nach dem jeweils im Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltung geltenden Recht richten (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 1). Die Beklagte kann sich für ihre gegenteilige Auffassung nicht auf Niesel (vgl. Niesel, SGB III, 1998, § 422 Rn 2) stützen. Er vertritt die Auffassung, die Vorschrift gelte für alle "Leistungen der Arbeitsförderung". Dem ist zuzustimmen, dies klärt aber nicht die Frage, ob § 422 Abs. 1 SGB III nur Leistungsfälle oder auch Rückforderungsfälle betrifft. Schlegel (vgl. Schlegel in: Hennig SGB III, Stand: Juli 2000 § 422 Rn 29, § 426 Rn 28) meint, es sei bis zum Ende der Leistung bzw. Maßnahme das bei Leistungsbeginn geltende Recht anzuwenden. Eine ausdrückliche Festlegung zur Frage, ob die Vorschrift auf Rückforderungsfälle anwendbar sei, fehlt. Eindeutig im Sinne der Beklagten äußern sich Winkler (vgl. Winkler in: Gagel, SGB III Stand: März 2000, § 223 Rn 4), ohne aber § 422 Abs. 1 SGB III zu erwähnen, und Voelzke (in: Hauck-Noftz, SGB III, § 223 Rn 36). Diesen nicht näher begründeten Auffassungen kann sich der Senat nicht anschließen. Er hält vielmehr an seiner bereits früher vertretenen Auffassung fest.

Die grundsätzlich nur eine teilweise Rückzahlung erlaubenden Voraussetzungen der Neuregelung in § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III sind erfüllt. Das Beschäftigungsverhältnis von M. bei der Klägerin, das durch einen bis 30. September 1998 gezahlten Eingliederungszuschuss für die Dauer von sechs Monaten gefördert wurde, ist am 5. Oktober 1998 und damit vor Ablauf des Förderungszeitraumes dadurch beendet worden, dass M. auf die fristlose Kündigung der Klägerin nicht mehr weiter gearbeitet hat und beide das Beschäftigungsverhältnis als beendet angesehen haben. Ein die Rückzahlungspflicht ausschließender Tatbestand im Sinne des § 223 Abs. 2 Satz 3 SGB III liegt nicht vor. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift müssen grundsätzlich auch erfüllt sein, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Probearbeitsverhältnis (vgl. § 622 Abs. 3 BGB) vereinbart ist. Die Klägerin war aber -wie nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens feststeht- nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus Gründen zu kündigen, die -was nur in Betracht kommt- in der Person oder dem Verhalten des M. liegen. Dies hat das SG im angegriffenen Urteil überzeugend ausgeführt. Auf die diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Schlussfolgerungen nimmt der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Anträgen auf Vernehmung von H., B. und H. brauchte nicht nachgegangen zu werden. Die beiden erstgenannten Personen hat bereits das Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen. Die Voraussetzungen, unter denen in der Rechtsmittelinstanz die schon von der Vorinstanz gehörten Zeugen erneut zu vernehmen sind (vgl. z. B. BSG SozR 3-1500 § 128 Nr. 12; Bundesgerichtshof LM ZPO § 398 Nr. 46) sind nicht erfüllt. Ungeachtet dessen handelt es sich bei den Anträgen auf Vernehmung dieser Zeugen nicht um Beweisanträge im rechtlichen Sinne, da ihnen die Substanziierung deswegen fehlte, weil nicht angegeben wurde, welche beweiserheblichen Tatsachen die Zeugen bei ihrer Vernehmung bekunden sollten (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 39 und § 86 Abs. 1 Nr. 266); es handelte sich dabei um unzulässige Beweisermittlungs- oder Ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll.

Die Beklagte kann den Eingliederungszuschuss nicht aufgrund von Nebenbestimmungen im Bewilligungsbescheid in voller Höhe fordern. Zwar enthielt der Bewilligungsbescheid als Anlage "Nebenbestimmungen". Nach Ziffer 4 dieser "Nebenbestimmungen" ist der Eingliederungszuschuss unter den Voraussetzungen des § 223 Abs. 2 SGB III in der alten Fassung zurückzuzahlen. Der Hinweis der Beklagten auf die Zurückzahlungspflicht ist aber nicht als konstitutiver Rückzahlungsvorbehalt auszulegen; vielmehr handelt es sich bei den Hinweisen in der Anlage nur um solche zur geltenden Rechtslage (vgl. BSG SozR 4150 Art. 1 § 2 Nr. 1; BSG SozR 3-2940 § 7 Nr. 2), denn die dort aufgeführten "Regelungen" geben, soweit hier von Bedeutung, im Wesentlichen nur den Wortlaut des bei Erlass des Verwaltungsaktes geltenden Rechtes wieder, ohne eine Regelung für den Einzelfall zu treffen. Ungeachtet dessen wäre es unzulässig, der entgültigen und nicht lediglich einstweiligen oder vorläufigen Bewilligung der Eingliederungszuschüsse einen im materiellen Recht selbst nicht vorgesehenen Rückzahlungsvorbehalt beizugeben.

Die Rückforderung der Beklagten, die nicht unter von der Klägerin auch nicht gerügtem Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zustande kam ist damit auf die Hälfte der gezahlten Förderungsleistungen begrenzt. Bis 30. September 1998 waren Eingliederungszuschüsse in Höhe von 9.441,88 DM an die Klägerin ausgezahlt worden. Die Hälfte davon, das sind 4.720,94 DM, ist zurückzuzahlen (vgl. § 222 Abs. 2 Satz 3SGB III).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war für die Beklagte zuzulassen, weil der Frage, ob die ab 1. August 1999 verfügte Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen, die für vor diesem Zeitpunkt beendete und geförderte Beschäftigungsverhältnisse geleistet worden sind, sich nach dem ab 1. August 1999 geltenden Recht richtet, grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Für die Klägerin war die Revision nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG insoweit nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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