L 5 KA 2438/99

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 1198/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2438/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 2/02 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erweiterung Praxisbudget und Zusatubudget für praktischen Arzt mit ländlicher Praxis.

1. Ein spezifischer Schwerpunkt, der von der Typik der Fachgruppe abweicht, kann bei einem hausärztlich tätigen Arzt vorliegen. 2. Die ländliche Lage der Praxis rechtfertigt die Erweiterung der Praxisbudgets und/oder einer Zusatzbudget nicht.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aussetzung oder Erweiterung des Praxisbudgets und des bedarfsabhängigen Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" (Geb.-Nr. 15 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen - EBM -).

Der Kläger ist als praktischer Arzt in S. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er behandelte in den Quartalen 3/97 bis 1/01 zwischen 1495 und 1670 Versicherte im Quartal. Die Honoraranforderung je Fall betrug zwischen 1048,1 Punkten und 1721,5 Punkten. Die mit 800 Punkten bewertete Geb.-Nr. 15 EBM berechnete der Kläger zwischen 61-mal (4/99) und 122-mal (3/97) im Quartal.

Die Beklagte erkannte dem Kläger das qualifikationsgebundene Zusatzbudget "Psychosomatik, Übende Verfahren" sowie auf Antrag des Klägers vom 17.4.1997 das bedarfsabhängige Zusatzbudget "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" (Bescheid vom 5.9.1997) zu. Des Weiteren beantragte der Kläger die Aussetzung und Erweiterung seines Praxisbudgets wegen seiner Landarzttätigkeit, bei der er über 130 Diabetiker kontinuierlich betreue und schule, sowie die Aussetzung und Erweiterung des bedarfsabhängigen Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen", weil wegen der enormen Besuchs- und Visitentätigkeit in den sechs von ihm betreuten Pflegeheimen es mit der Abrechnung der Geb.-Nr. 15 EBM nicht getan sei (Schreiben vom 21.4.1997 und 15.7.1997).

Die Beklagte lehnte die Anträge des Klägers auf Erweiterung/Aussetzung des Praxis- bzw. Zusatzbudgets wegen der Landpraxis sowie der Betreuung in beschützenden Einrichtungen und der Diabetikerbetreuung ab (Bescheide vom 28.10.1997). Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, mit den Entscheidungen seien bisher anerkannte Praxisbesonderheiten abgelehnt worden, die von der Rechtsprechung als kostensteigernde Faktoren in den Landpraxen anerkannt worden seien.

Der Vorstand der Beklagten wies die Widersprüche des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 6.3.1998). Zur Begründung führte er aus, im Vorfeld der Entscheidungen über die Anträge auf Budgeterweiterungen habe er entschieden, dass nur in bestimmten Leistungsbereichen grundsätzlich ein besonderer Versorgungsbedarf dann gesehen werde, wenn der abgerechnete Leistungsumfang über dem 2,5-fachen der Fachgruppe liege, was vorrangig technische Leistungen betroffen habe, die einen hohen Überweisungsanteil aufwiesen. Dies liege nicht vor. Mit der Geb.-Nr. 15 EBM, auf die sich das bedarfsabhängige Zusatzbudget "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" ausschließlich beziehe, würden einerseits die arbeitsintensiven Betreuungsleistungen bewertet, andererseits aber auch die - im Gegensatz zur Geb.-Nr. 14 EBM - Betreuungsleistungen des Pflegepersonals mit berücksichtigt. Entsprechende Betreuungsleistungen seien grundsätzlich bei Hausärzten bereits im Praxisbudget mit einkalkuliert worden. Nur dann, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf hierfür vorliege, könne ergänzend das entsprechende Zusatzbudget gewährt werden, das bei Allgemeinärzten 31 Punkte je Fall (über sämtliche Behandlungsfälle) betrage. Nr. 4.3 (Allgemeine Bestimmungen A I Teil B) EBM betreffe nur die Praxen, die einen darüber hinausgehenden Bedarf aufwiesen und dieser Bedarf aus Gründen der Sicherstellung abgedeckt werden müsse. Ein solcher werde vorliegend nicht gesehen, da ausweislich der beispielhaft beigezogenen Anzahlstatistiken der Quartale 3/96 bis 2/97 mehr als die Hälfte der Ärzte aus der Fachgruppe des Klägers diese Leistung ausführe. Hinsichtlich der Erweiterung bei Diabetes-Erkrankten sei darauf zu verweisen, dass diese im Rahmen der Geb.-Nr. 14 EBM nicht aufgeführt würden bzw. nicht alle 130 Patienten den dort aufgeführten Schweregrad an Pflegebedürftigkeit erreichten. Entsprechendes gelte auch für die Ablehnung der Erweiterung des Praxisbudgets. Darüber hinaus könnten auch die geltend gemachten Besonderheiten einer Landarztpraxis keine andere Beurteilung begründen.

Der Kläger hat am 27.3.1998 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Er hat zunächst die Rechtmäßigkeit der Praxis- und Zusatzbudgets in Frage gestellt und weiter geltend gemacht, die Entscheidung über die Gewährung des Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" berücksichtige nicht den tatsächlichen Leistungsanteil des Zusatzbudgets am Gesamtleistungsvolumen seiner Praxis. Die Differenzierung zwischen technischen und sonstigen Leistungen sei sachlich nicht gerechtfertigt. Aus der Tatsache, dass die Hälfte der Ärzte seiner Fachgruppe die Leistung der Geb.-Nr. 15 EBM abrechneten, könne nicht auf den Umfang der Leistung geschlossen werden. Die Besonderheiten einer Landarztpraxis würden nicht berücksichtigt.

Das SG hat mit Urteil vom 28.4.1999 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG unter ergänzender Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid ausgeführt, abgesehen davon, dass die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger erhobene Forderung, ihm nutze weniger die Erweiterung des bedarfsabhängigen Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen", weil davon nur die Geb.-Nr. 15 EBM erfasst sei, vielmehr müsse auf Grund der besonderen Struktur seiner Praxis insgesamt eine Erweiterung des Praxisbudgets zugestanden werden, den Intentionen des EBM zuwider laufe, habe der Kläger substantiiert und aus seinen Anzahlstatistiken nachvollziehbar lediglich die Betreuung in beschützenden Einrichtungen als "Praxisbesonderheit" dargelegt. Im Übrigen unterscheide sich seine Praxis nicht von einer "normalen" Praxis außerhalb von Ballungsgebieten. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, weder den Umstand, dass er seine Praxis als Landarztpraxis bezeichne, noch die Tatsache, dass er lange Öffnungszeiten habe und eine schlechte Infrastruktur beklage, zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Derartige Besonderheiten wiesen viele Praxen außerhalb der Ballungsgebiete auf. Die vorgelegten Anzahlstatistiken und die vom Kläger erbrachten Leistungen ließen nicht erkennen, dass seine Praxis bei der Diabetesbehandlung einen Schwerpunkt habe, der seine Praxis von anderen maßgeblich unterscheide. Gerade in Bezug auf die Diabetesbehandlung habe er auch die Möglichkeit, außerhalb des Budgets nach den Maßgaben der Diabetes-Vereinbarungen Leistungen zu erbringen. Er habe nicht vorgetragen, dass er an der Diabetes-Vereinbarung teilnehme, so dass insoweit kein Praxisschwerpunkt festzustellen sei.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 27.5.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.6.1999 Berufung eingelegt. Er macht geltend, da ein Zusatzbudget zuerkannt werde, wenn der jeweilige Leistungsanteil des Zusatzbudgets mindestens 1% des angeforderten Gesamtleistungsvolumens ausmache, werde er, dessen Leistungsanteil am Gesamtleistungsvolumen ca. 10% ausmache, genauso behandelt wie jene Ärzte. Damit würden ungleiche Sachverhalte gleich behandelt. Das SG habe seine Praxisbesonderheiten (Praxis auf dem Land mit überdurchschnittlich vielen Hausbesuchen; kontinuierliche Betreuung von ca. 150 Patienten in Alters- und Pflegeheimen; Betreuung von Patientengruppen mit erhöhtem zusätzlichem Pflegebedarf, z. B. 130 Diabetiker; infrastrukturschwaches Gebiet mit Einzugsbereich über zwölf Gemeinden; er stehe seinen Patienten über 150 Tage pro Jahr mehr zur Verfügung als Vergleichsärzte) nicht berücksichtigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 1999 und die Bescheide der Abrechnungsstelle Mannheim der Beklagten vom 28. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über seine Anträge vom 17. April 1997 auf Aussetzung beziehungsweise Erweiterung des Praxisbudgets und des Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren die Anzahlstatistiken sowie die den jeweiligen Abrechnungsbescheiden beigefügten Anlagen zur Berechnung des Praxis- und Zusatzbudgets der Quartale 3/97 bis 1/01 vorgelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreites sind die Bescheide der Abrechnungsstelle M. der Beklagten vom 28.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.1998. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind die Abrechnungsbescheide geworden, die ab dem Quartal 3/97 ohne Berücksichtigung der vom Kläger begehrten Aussetzung und Erweiterung des Praxisbudgets sowie des ihm zuerkannten Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" ergangen sind. Insoweit kommt weder eine direkte Anwendung noch eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Betracht (vgl. dazu: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, S. 192 f.; Nr. 28, S. 202).

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Da der Kläger die Aussetzung und Erweiterung des Praxisbudgets und des ihm zuerkannten Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" für die Zeit seit dem 1.7.1997 begehrt, betrifft die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

III.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aussetzung und/oder Erweiterung des Praxisbudgets sowie des ihm zuerkannten Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen". Die Bescheide der Abrechnungsstelle M. der Beklagten vom 28.10.1997 und der Widerspruchsbescheid vom 6.3.1998 sind rechtmäßig.

Mit Wirkung ab 1.7.1997 sind in den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM Praxis- und Zusatzbudgets eingeführt worden. Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 1 EBM unterliegen die im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen ärztlichen Leistungen nach Maßgabe dieser Bestimmungen je Arztpraxis (Abrechnungsnummer) und Abrechnungsquartal für die nach Nr. 1.5 aufgeführten Arztgruppen einer fallzahlabhängigen Budgetierung. Die in den Budgets enthaltenen Leistungen sind je Arztpraxis und Abrechnungsquartal jeweils nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechnungsfähig. Die Höhe der Budgets ergibt sich aus dem Produkt der Fallpunktzahl und der Höhe der Fälle gemäß Nr. 1.4.

Die Einführung der Praxis- und Zusatzbudgets im EBM mit Wirkung ab 1.7.1997 ist rechtmäßig (BSG, Urteil vom 8.3.2000 - B 6 KA 7/99 R -).

In der Tabelle 5 zu den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 1.5 EBM ist die Arztgruppe der praktischen Ärzte aufgeführt. Der Kläger ist als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er unterliegt deshalb den Regelungen über die Praxisbudgets.

Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.1 und Nr. 4.2 EBM sind für im Einzelnen aufgeführte Leistungsbereiche Zusatzbudgets gebildet worden. Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.2 EBM kann die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Arztes die (in Tabelle 7 genannten) Zusatzbudgets zuerkennen, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf besteht. Zu diesen bedarfsabhängigen Zusatzbudgets gehört unter anderem das Zusatzbudget "Betreuung in beschützenden Einrichtungen". Dieses Zusatzbudget hat die Beklagte dem Kläger zuerkannt.

Die Fallpunktzahlen des Praxisbudgets des Klägers betrugen ab 1.7.1997 gemäß der Anlage 1 zu § 3a Ziffer 1 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM) i.V.m. den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 1.6 EBM 548 Punkte bei Mitgliedern und Familienversicherten sowie 1468 Punkte bei Rentnerversicherten, seit 1.1.1999 betragen die Fallpunktzahlen des Praxisbudgets 530 Punkte bei Mitgliedern- und Familienversicherten und 1428 Punkte bei Rentnerversicherten. Die Fallpunktzahl des Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" beträgt gemäß der Anlage 2 zu § 3a Ziffer 2 HVM i.V.m. den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.4 EBM seit 1.7.1997 31 Punkte.

Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM kann die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfes eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren. In einer Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets (abgedruckt bei Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, EGO und GOÄ, S. 8-73 f) haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Ergänzung der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses in Nr.4 vereinbart: "Abschnitt A I B 4.3 EBM wird dahingehend ausgelegt, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes die Budgets insbesondere dann erweitern oder aussetzen kann, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen: - Betreuung von HIV-Patienten - onkologische Erkrankungen - Diabetes - Mukoviszidose - Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung) - kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen - erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil."

Der Begriff des besonderen Versorgungsbedarfs in den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM ist eng auszulegen. Vor allem der mehrstufige Aufbau von allgemeinem Praxisbudget, qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets, bedarfsabhängigen Zusatzbudgets, budgetfreien Leistungen und Ansprüchen auf Erweiterung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets schließt eine Auslegung dieser Vorschrift in dem Sinne aus, dass jedem Arzt die bestehende Ausrichtung seine Behandlungstätigkeit schlechthin ohne Einbuße beim Honorar auf Dauer garantiert werden müsste (BSG, Urteil vom 16.5.2001 - B 6 KA 53/00 R -, S. 8). Die Bindung eines besonderen Versorgungsbedarfs an eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausstattung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis hat, findet ihren Niederschlag auch in der zuvor genannten Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (BSG, aaO, S. 10). Ohne spezifische Schwerpunktsetzung und ohne die Übernahme der Behandlung von bestimmten schwerwiegenden Gesundheitsstörungen in einem quantitativ relevanten Ausmaß kommt deshalb eine Budgeterweiterung nach dem Zweck der Regelung nicht in Betracht (BSG, Beschluss vom 8.3.2000 - B 6 KA 64/99 B -, S. 4). Eine Ausnahme von der in den Quartalen 3/96 bis 2/97 geltenden Teilbudgetierung wegen eines Versorgungsschwerpunktes war nur gegeben, wenn auf den als solchen geltend gemachten Leistungsbereich ein Anteil von mindestens 20% der von der Praxis abgerechneten Gesamtpunktzahl entfiel (vgl. z. B. Urteil des BSG vom 6.9.2000 - B 6 KA 37/99 R -). Wegen der Unterschiede in Zuschnitt und Wirkungsweise zwischen den Teilbudgets der Quartale 3/96 bis 2/97 einerseits und den ab dem 1.7.1997 geltenden Praxis- und Zusatzbudgets andererseits kann bei letzteren nicht stets auf einen Punktzahlanteil von 20% abgestellt werden. Jedoch bilden Abweichungen der einzelnen Praxis von der Typik der Arztgruppe, die sich (auch) in abweichenden Anteilen des auf bestimmte Leistungen entfallenden Punktzahlvolumens niederschlagen, ein wichtiges Indiz für die Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs (BSG, Urteil vom 16.5.2001 - B 6 KA 53/00 R -, S. 10). Durch diese Rechtsprechung des BSG sieht sich der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigt (vgl. das dem Urteil des BSG vom 16.5.2001 vorangehende Urteil des Senats vom 17.11.1999 - L 5 KA 440/99 - S. 11 f; Urteil vom 10.5.2000 - L 5 KA 2396/99 -, S. 8 ff = E-LSG KA 072).

Ausgehend hiervon liegen beim Kläger die Voraussetzungen für eine Erweiterung oder gar Aussetzung des Praxisbudgets und des Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" nicht vor. Dies folgt zunächst schon daraus, dass der Kläger, der als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, an der hausärztlichen Versorgung teilnimmt und, wie sich aus den von der Beklagten vorgelegten Anzahlstatistiken ergibt, für über 90% der von ihm behandelten Versicherten die hausärztliche Grundvergütung (Geb.-Nr. 8066) erhält. Demgemäß nimmt der Kläger die hausärztliche Versorgungsfunktion der bei ihm in Behandlung stehenden Versicherten wahr, wie sie im Einzelnen in § 73 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 2 des zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Bundesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Vertrages über die hausärztlichen Versorgung beschrieben ist. Es handelt sich dabei insbesondere um Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen. Aus dem eigenen Vortrag des Klägers ergibt sich, dass er genau dieser hausärztlichen Funktion nachkommt. Derjenige Vertragsarzt, der die hausärztliche Versorgung der Versicherten wahrnimmt, unterscheidet sich aber nicht vor den anderen als Allgemeinärzte bzw. praktischen Ärzte zugelassenen Vertragsärzten, die ebenfalls in der hausärztlichen Versorgung tätig sind. Ein spezifischer Schwerpunkt, der von der Typik der Fachgruppe abweicht, kann damit bei hausärztlich tätigen Ärzten nicht vorliegen.

Zu der hausärztlichen Tätigkeit kann auch die Betreuung von Versicherten in Heimen gehören. Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, wird diese Betreuung auch von einer erheblichen Anzahl der hausärztlich tätigen Allgemeinärzte und praktischen Ärzte erbracht. Dies bestätigt sich auch aus den von der Beklagten vorgelegten Anzahlstatistiken. Danach haben jeweils deutlich mehr als 50% der Ärzte der Fachgruppe die Geb.-Nr. 15 EBM berechnet. Diese Betreuungsleistungen sind, wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid zu Recht ausgeführt hat, bereits auch in das Praxisbudget mit einkalkuliert. Soweit der Kläger mehr Versicherte in Heimen betreut, ist diesem besonderen Versorgungsbedarf durch die Zuerkennung des Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" Rechnung getragen.

Auch die absolute Anzahl der vom Kläger behandelten Versicherten, die in einem der von ihm betreuten Heimen untergebracht sind, lässt einen Versorgungsschwerpunkt, der die Erweiterung des Praxisbudgets oder des Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" zur Folge haben könnte, nicht erkennen. Ausgehend von dem Vortrag des Klägers, er betreue ca. 150 Patienten in Heimen (S. 4 der Berufungsbegründung vom 21.10.1999, Blatt 17 LSG-Akte), beläuft sich der Anteil dieser Versicherten bei einer Gesamtfallzahl zwischen 1495 und 1670 Versicherten im Quartal auf rund 9% bis 10%. Stellt man auf den Gesamtleistungsbedarf ab, so ergibt sich, dass beim Kläger nur ca. 5% seiner Honoraranforderungen auf die Geb.-Nr. 15 entfielen. Im Quartal 3/97 forderte der Kläger für auf das Praxisbudget entfallende Leistungen 2.194.200 Punkte , für das Zusatzbudget Betreuung in beschützenden Einrichtungen jedoch nur 97.600 Punkte an. Im Quartal 4/97 waren es 2.077.690 Punkte zu 81.600 Punkten. In den Folgequartalen verringerte sich die Relation sogar noch leicht. Berücksichtigt wurden von den Punktzahlanforderungen des Zusatzbudgets "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" zwischen 50 und 60 %. Die Nichtberücksichtigung von ca. 30.000 bis 40.000 Punkten pro Quartal betrifft somit lediglich 2 bis 3 % der Gesamtpunktzahlanforderung und erweist sich unter dem Gesichtspunkt des Einnahmeausfalls somit nicht als unbillig hart. Der Kläger übersieht, dass die Nichtberücksichtigung von Punkten für ihn nicht nur nachteilig ist. Denn er erhält in Form eines stabilen und höheren Punktwerts für die berücksichtigten Punkte einen gewissen Gegenwert.

Die ländliche Lage der Praxis rechtfertigt eine Erweiterung des Praxisbudgets und/oder eines Zusatzbudgets nicht (vgl. dazu den dem Kläger übersandten Beschluss des Senats vom 14.9.1999 - L 5 KA 1638/99 -; Nichtzulassungsbeschwerde vom BSG mit Beschluss vom 8.3.2000 - B 6 KA 64/99 B - zurückgewiesen). Einen Erfahrungssatz des Inhalts, dass Patienten in der Stadt gesünder sind und weniger Behandlung benötigen als die auf dem Lande, gibt es nicht.

Der Kläger behandelt zwar einen deutlich höheren Anteil an Rentnerversicherten als die Fachgruppe. Allerdings erhält der Kläger damit auch in größerem Umfang die Fallpunktzahl des Praxisbudgets für die Rentnerversicherten, die deutlich höher ist als diejenige für die Versichertengruppe der Mitglieder und Familienversicherten. Der Umstand allein, dass beim Kläger ca. 1/3 der von ihm angeforderten Punktzahlen wegen Überschreitens des Praxisbudgets nicht berücksichtigt werden, rechtfertigt noch nicht die Erweiterung des Praxisbudgets. Die Zahl besagt zunächst nur, dass der Kläger bezogen auf den einzelnen Patienten deutlich mehr Leistungen erbringt als der Durchschnitt seiner Fachgruppe. Ein sachlicher Grund hierfür in Form eines Versorgungsschwerpunkts ist nach dem oben Gesagten für den Senat nicht erkennbar. Würde aber die Überschreitung allein berücksichtigt, wie dies der Kläger meint, so würde gerade der begünstigt, der seine Leistungen am Stärksten ausweitet. Genau dies soll mit den Praxisbudgets verhindert werden.

Dass die vom Kläger aufgeführten Umstände in der Wirtschaftlichkeitsprüfung als Praxisbesonderheit anerkannt sein sollen, erfordert keine andere Beurteilung. Praxisbesonderheiten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung begründen noch keinen Versorgungsschwerpunkt, der die Erweiterung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets zur Folge haben kann. Im Übrigen erkennt der Senat die ländliche Lage einer Praxis grundsätzlich nicht als Praxisbesonderheit an (vgl. MedR 1997, 191, 194; so wohl auch BSG, Urteil vom 6.9.2000 - B 6 KA 24/99 R -).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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