L 11 KR 5300/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 3963/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5300/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gilt auch für die Versicherungspflicht als Rentner. Hat der Versicherte bei Wiederaufleben der KVdR das 55. Lebensjahr bereits vollendet, greift § 6 Abs. 3 a SGB V ein.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Mitgliedschaft der Klägerin in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Die 1942 geborene Klägerin war seit Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit 1964 bis zum 26.01.1989 im Sozialversicherungssystem der ehemaligen DDR krankenversichert und nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vom 27.01.1989 bis 22.08.1989 und vom 01.08.1990 bis 30.08.1990 bei der Beklagten auf Grund des Bezuges von Arbeitslosengeld gesetzlich pflichtversichert. Ab 27.01.1989 bezog sie erstmals von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Witwenrente nach ihrem 1987 in D. verstorbenen Ehemann. Ab dem 31.08.1990 traf diese Rente mit Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung aus unselbständiger Arbeit als angestellte Lehrerin zusammen, was zum Ruhen der Witwenrente führte. Seit 31.08.1990 war die Klägerin daher versicherungsfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung und ab diesem Zeitpunkt privat kranken- und pflegeversichert.

Mit Wirkung zum 01.03.2002 entschied sich die Klägerin für die Anwendung eines Altersteilzeitmodells, welches mit einer deutlichen Reduzierung ihres Einkommens unter die aktuelle Beitragsbemessungsgrenze verbunden war, so dass ab 01.03.2002 der Tatbestand der Versicherungsfreiheit nicht mehr vorlag.

Am 06.03.2002 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Mitgliedschaft und trug vor, auf Grund der deutlichen Reduzierung ihres Einkommens werde die vorher ruhende Witwenrente nunmehr jedenfalls teilweise weitergezahlt, weshalb auch die am 27.01.1989 (Erstbezug der Witwenrente) begründete gesetzliche Krankenversicherungspflicht wieder auflebe. Hierauf sei § 6 Abs. 3 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht anzuwenden, da sie am 27.01.1989 die Voraussetzungen zum Beitritt in die GKV erfüllt habe. Außerdem fehle bei § 6 Abs. 3 a SGB V eine Übergangsregelung; bei Inkrafttreten dieser Vorschrift sei sie bereits über 55 Jahre alt gewesen und habe somit keine Möglichkeit mehr gehabt, sich wieder gesetzlich zu versichern. Da sich durch das Altersteilzeitmodell auch ihr Beihilfeanspruch auf 25 % halbiere und sie bei sinkendem Einkommen keine Aufstockung ihrer PKV vornehmen könne, ergebe sich bereits jetzt eine KV-Lücke von mindestens 25 %. Dies werde sich bei Beginn ihrer eigenen Altersrente durch kompletten Wegfall ihres Beihilfeanspruchs und weiter sinkendem Einkommen noch dramatisieren. 1989 sei ihr die Möglichkeit der Nutzung des Modells Beihilfe + PKV nahegelegt und die Möglichkeit des Wiedereinstiegs in die GKV zugesagt worden. Im Übrigen sei sie unrechtmäßig in der DDR festgehalten worden, so dass sie die Altersgrenze für eine Verbeamtung als Lehrerin nicht habe erfüllen können. Es sei deshalb grundsätzlich eine für alle Seiten befriedigende Lösung zu finden, d. h. entweder Ausgleich des ihr entstandenen tatsächlichen Verlustes z. B. durch rückwirkende Verbeamtung oder Ausgleichszahlung bzw. als kleinsten gemeinsamen Nenner eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung.

Mit Bescheid vom 22.03.2002 lehnte die Beklagte die Aufnahme der Klägerin in die gesetzliche Krankenversicherung unter Hinweis auf § 6 Abs. 3 a SGB V ab. Danach werde Personen, die nach dem 55. Lebensjahr versicherungspflichtig würden, seit dem 01.07.2000 der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung versperrt, wenn sie unmittelbar zuvor keinen ausreichenden Bezug zur gesetzlichen Krankenversicherung nachweisen könnten. Es handle sich hierbei um eine Schutzmaßnahme zu Gunsten der gesetzlichen Krankenversicherung, denn es solle eine Abwahl der privaten Krankenversicherung im Alter vermieden werden, um so die gesetzliche Krankenversicherung vor schlechten Versicherungsrisiken zu schützen. Dass eine Übergangsregelung fehle, dürfte kein Zufall gewesen sein und sei in vielen Bereichen der Gesetzgebung üblich. Auch die Tatsache, dass die Witwenrente wegen Einkommensanrechnung geruht habe, lasse keine andere Beurteilung zu.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, sie habe von der Möglichkeit, sich freiwillig in der Krankenversicherung weiter versichern zu lassen, keinen Gebrauch machen können, da sie zu 70 % eine Beihilfeberechtigung gehabt und die Beklagte eine auf die Beihilfe aufbauende Versicherung nicht angeboten habe. Auch habe sie sich bei der AOK V. rückversichert, dass sie auf Grund der Witwenrente weiterhin über die Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert sein werde, wenn sie in den Rentenstand eintrete. Sie habe sich auf die 1990 von der AOK getroffene Aussage verlassen, dass sie im Falle des Wiederauflebens ihrer Witwenrente in die ursprünglich bei Beginn der Witwenrente begründete Versicherungspflicht zurückfallen würde. Dass der Gesetzgeber keine Übergangsregelung getroffen habe, sei ihres Erachtens verfassungswidrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Durch die Reduzierung des Einkommens auf Grund des Altersteilzeitmodells seit 01.03.2002 falle der Tatbestand der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI weg. Ab diesem Zeitpunkt trete daher grundsätzlich Sozialversicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 SGB XI ein. Die Klägerin sei jedoch auf Grund der Anwendung des § 6 Abs. 3 a SGB V versicherungsfrei und damit nicht sozialversicherungspflichtig. Mit dieser Neuregelung, die am 01.07.2000 in Kraft getreten sei, werde Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig würden, der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung versperrt, wenn sie unmittelbar zuvor keinen ausreichenden Bezug zur Krankenversicherung nachweisen können. Der Ausschluss von der Versicherungspflicht verhindere sowohl den erstmaligen Zugang als auch die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung ohne ausreichende Vorversicherungszeiten. Die Regelung diene der gebotenen klaren Abgrenzung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung zum Schutz der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten. Die Klägerin habe am 01.03.2002 bereits ihr 55. Lebensjahr vollendet gehabt und sei in den letzten 5 Jahren mindestens die Hälfte der Zeit versicherungsfrei gewesen. Der Hinweis der Klägerin, dass sie sich auf Grund der Beihilfeansprüche nicht freiwillig in der gesetzlichen Versicherung habe weiter versichern können, treffe nicht zu. Vielmehr hätte sich die Klägerin damals bei der AOK freiwillig weiterversichern können, da die nötige Vorversicherungszeit erfüllt gewesen wäre. Die Aussage der AOK V., dass auf Grund der Witwenrente bei Wegfall der Versicherungsfreiheit die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung möglich sei, sei im Jahre 1990 richtig gewesen, da die Regelung des § 6 Abs. 3 a SGB V erst am 01.07.2000 in Kraft getreten sei.

Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der sie ihr Begehren weiter verfolgte. Sie machte im Wesentlichen geltend, sie habe seit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland Anspruch auf Witwenrente; hierbei handle es sich um eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 Ziff. 11 SGB V. Nachdem der verstorbene Ehemann während seines gesamten Berufslebens gesetzlich krankenversichert gewesen sei, seien die für die Mitgliedschaft in der KVdR maßgeblichen Vorversicherungszeiten erfüllt. Von dieser Versicherungspflicht in der KVdR habe sie sich zu keinem Zeitpunkt befreien lassen. Die Befreiung habe sich ausschließlich auf die Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigte bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen. Die Versicherungspflicht in der KVdR habe daneben unverändert fortbestanden. Von besonderer Bedeutung sei hierbei, dass der Anspruch auf Witwenrente zu keinem Zeitpunkt erloschen sei, vielmehr wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen lediglich geruht habe. § 6 Abs. 3 a SGB V sei in ihrem Fall nicht einschlägig, da sie nicht nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig geworden sei, vielmehr auf Grund des Anspruchs auf Witwenrente Versicherungspflicht in der KVDR bestanden habe, die lediglich in Folge des Ruhens der Witwenrentenansprüche ihrerseits geruht habe. Darüber hinaus sei sie der Auffassung, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 3 a SGB V verfassungswidrig sei, da diese keinerlei Übergangsregelung für ältere Personen vorsehe. Die Klägerin legte ein Schreiben der BfA vom 20.08.2002 vor, dem zu Folge die Hinterbliebenenrente der Klägerin zum 30.09.1999 wegfiel und somit ab dem 01.10.1999 ruhte.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies ergänzend daraufhin, dass für die Anwendung des § 6 Abs. 3 a SGB V die Art der Versicherungspflicht unerheblich sei, wenn die Versicherungspflicht nach Vollendung des 55. Lebensjahres eintrete. Es könnten im Prinzip alle Versicherungspflicht-Tatbestände des § 5 Abs. 1 SGB V sein. Es sei daher irrelevant, dass vorliegend nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V Versicherungspflicht vorliege. Durch die Reduzierung des Einkommens auf Grund des Altersteilzeitmodells seit 01.03.2002 falle der Tatbestand der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X I weg. Ab diesem Zeitpunkt trete daher grundsätzlich Sozialversicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 SGB XI ein.

Mit Urteil vom 28.10.2003, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 25.11.2003, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im Wesentlichen aus, es könne letztlich offen bleiben, ob die Klägerin auf Grund ihrer Tätigkeit als Lehrerin nach § 6 Abs. 1 Ziff. 1 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder aber nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB V versicherungsfrei gewesen sei. Sollte sie § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB V unterfallen, wonach u. a. Beschäftigte von öffentlich-rechtlichen Körperschaften versicherungsfrei seien, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, dauere diese Versicherungsfreiheit trotz aufgenommener Teilzeittätigkeit der Klägerin auch heute noch an, da § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB V nicht zwischen Voll- und Teilzeit unterscheide. Diese Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB V bestünde auch unabhängig von der Bezahlung der Witwenrente, wie sich aus § 6 Abs. 3 SGB V ergebe. Sollte die Klägerin wegen § 6 Abs. 1 Ziff. 1 SGB V (Übersteigen der Jahresarbeitsentgeltgrenze) für den Zeitraum vor dem 01.03.2002 versicherungsfrei gewesen sein, wäre zwar grundsätzlich nach Aufnahme der Altersteilzeit nach § 5 Abs. 1 Ziff. 1 SGB V bzw. wegen des Bezuges der Rente nach § 5 Abs. Abs. 1 Ziff. 11 SGB V die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eingetreten, diese Versicherungspflicht scheitere jedoch vorliegend an § 6 Abs. 3 a SGB V, da die Klägerin am 01.03.2002 bereits das 56. Lebensjahr vollendet gehabt habe und in den letzten 5 Jahren nicht gesetzlich versichert gewesen sei. Der Fall wäre auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Klägerin seit dem 27.01.1989 durchgehend Witwenrente ausbezahlt worden wäre. Die Klägerin sei auch mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei gewesen. Die Regelung des § 6 Abs. 3 a SGB V sei nicht verfassungswidrig. Eine Verletzung von Beratungs- und Informationspflichten seitens der AOK V.-Schwenningen im Jahr 1990, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen könnte, sei vorliegend nicht gegeben, da die Auskunft zum damaligen Zeitpunkt zutreffend gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die am 29.12.2003 (Montag nach Weihnachten) eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor, die Versicherungspflicht auf Grund des Bezugs der Witwenrente habe von Anfang an bestanden, nämlich bevor überhaupt eine Versicherungspflicht aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und die nachfolgende Versicherungsfreiheit zum Tragen gekommen sei. Diese Fallkonstellation werde von § 6 Abs. 3 SGB V nicht erfasst. Von der Versicherungspflicht in der KVdR auf Grund des Anspruchs auf Witwenrente zum 27.01.1989 sei sie zu keinem Zeitpunkt befreit worden, der Anspruch auf Witwenrente sei auch zu keinem Zeitpunkt erloschen, sondern lediglich wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze zum Ruhen gekommen, weshalb auch die Pflichtversicherung in der KVdR lediglich geruht habe. Eine Versicherungspflicht, die wegen absoluter Versicherungsfreiheit verdrängt worden sei, lebe wieder auf. Dies müsse auch für Fälle der vorliegenden Art gelten in denen die Versicherungspflicht zum Ruhen gekommen sei. § 6 Abs. 3 a SGB V sei daher in ihrem Fall nicht anwendbar. Ungeachtet dessen sei diese Vorschrift verfassungswidrig. Sie habe keinerlei Möglichkeiten gehabt, sich auf die Rechtsänderung einzustellen. Sie werde hierdurch unangemessen gegenüber denjenigen Personen benachteiligt, die den Wechsel entweder noch vor Inkrafttreten des § 6 Abs. 3 a SGB V hätten vornehmen können oder gegenüber jüngeren Personen, die nunmehr die Möglichkeit hätten, sich auf diese Bestimmung einzustellen.

Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie ab 01.03.2002 in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtzuversichern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass eine Versicherungspflicht ab 01.03.2002 bereits deshalb nicht bestehen könne, weil § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB V für das Vorliegen einer Versicherungsfreiheit nicht zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigungen unterscheide. Im Übrigen habe die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) der Klägerin bis 28.02.2002 nicht geruht. Erst zum Zeitpunkt des Wegfalles der Versicherungsfreiheit ab 01.03.2002 trete grundsätzlich eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 11 SGB V ein. Daher komme eine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3 a SGB V ab 01.03.2002 bei der Klägerin zum Tragen. Die Regelungen des § 6 Abs. 3 a SGB V seien auch nicht verfassungswidrig.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Aufnahme in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.03.2002.

Die Rechtsgrundlagen für die von der Klägerin begehrte Pflichtmitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 SGB XI) und für die von der Beklagten angenommene Versicherungsfreiheit (§ 6 SBG V) sind im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

In Ansehung dieser Vorschriften hat das SG zu Recht entschieden, dass die Klägerin nach § 6 Abs. 3 a SGB V auch ab 01.03.2002 versicherungsfrei war. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin: Da bei der Klägerin bis Februar 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 1 Ziffer 1 SGB V Versicherungsfreiheit bestand, war sie auch von der Versicherungspflicht als Rentnerin (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) befreit. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 3 SGB V, der eine absolute bzw. verdrängende Versicherungsfreiheit regelt. Soweit - wie hier - ein Verdrängungstatbestand von Versicherungsfreiheit (§ 6 Abs. 1 Nr.1 SGB V) eingreift, werden alle Tatbestände der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 SGB V und damit sogar die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) verdrängt. Dies bedeutet im Falle der Klägerin eine absolute Versicherungsfreiheit bis Februar 2002 unabhängig davon, ob die Witwenrente zur Auszahlung kam oder nicht. Erst seit Beginn der Altersteilzeit ab 01.03.2002 konnte Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung eintreten mit der Folge, dass ab 01.03.2002 die bis dahin verdrängte KVdR wieder aufleben konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin aber das 55. Lebensjahr bereits vollendet, so dass § 6 Abs. 3 a SGB V eingreift. Danach ist die an sich versicherungspflichtige Klägerin gleichwohl versicherungsfrei, weil sie innerhalb der letzten fünf Jahre nicht in der GKV versichert und innerhalb dieser Zeit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze von der GKV ausgenommen bzw. versicherungsfrei war

Wie das SG hat sich auch der Senat nicht davon zu überzeugen vermocht, dass das einfache Recht gegen das Grundgesetz verstößt. Auch insoweit schließt sich der Senat voll der überzeugenden Begründung des SG an. Eine Verletzung des Artikel 3 Grundgesetz (GG) ist vor allem dann anzunehmen, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 104, 126, 144 f = SozR 3-8570 § 11 Nr. 5 S 48 f; BVerfGE 103, 242, 258 =SozR 3-3300 § 54 Nr. 2 S. 12 jeweils mwN). Dabei setzt der Gleichheitssatz dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Außerhalb dieses Bereichs lässt er dem Gesetzgeber weitgehende Freiheit, Lebenssachverhalte je nach dem Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln; die Grenze bildet insoweit allein das Willkürverbot, d. h. wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfGE 102, 68, 87 = SozR 3 - 2.500 § 5 Nr. 42 S. 184; BVerfGE 97, 271, 290 f. = SozR 3 - 2.940 § 58 Nr. 1 S. 10 f.). Hier hat der Gesetzgeber seinen demnach im Rahmen von Artikel 3 Abs. 1 GG weiten Gestaltungsspielraum nicht deshalb überschritten, weil er zum Schutz der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten eine klare Abgrenzung der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung vorgenommen und den bereits in den für eine Pflichtmitgliedschaft als Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11) oder für den freiwilligen Betritt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1) gesetzlich geforderten Vorversicherungszeiten zum Ausdruck kommenden Grundsatz gestärkt hat, nämlich dass versicherungsfreie Personen, die sich frühzeitig für eine Absicherung in der privaten Krankenversicherung entschieden haben, diesem System auch im Alter angehören sollen. Schon in dem verfassungsrechtlich zulässigen Ziel, die Beitragszahler vor einer unzumutbaren Belastung infolge eines Wechsels zwischen den Versicherungssystemen der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung zu schützen, liegt ein sachlicher Grund für die vom Gesetzgeber eingeführten Beschränkungen des § 6 Abs. 3 a SGB V. Einer Übergangsregelung bedurfte es insoweit nicht.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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