S 12 KA 71/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 71/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 38/19
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat dem Beklagten und den Beigeladenen zu 2), 3), 5) und 6) die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im KCH-Bereich in den Quartalen I und II/15 in Höhe von 25.812,48 EUR aufgrund einer eingeschränkten Einzelfallprüfung (ohne Hochrechnung) sowie weiterer Kürzungen im KB-Bereich in Höhe von 1.655,63 EUR und im PAR-Bereich in Höhe von 3.169,20 EUR, insgesamt um eine Honorarkürzung in Höhe von 30.637,31 EUR.

Die Klägerin ist als Zahnärztin zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A Stadt zugelassenen.

In den streitbefangenen Quartalen ergaben sich folgende Abrechnungswerte der Klägerin (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):

Quartal Fallzahl Pkte. pro Fall Mehrkosten pro Fall in Punkten In %
I/2015 VZA* 88 191 97 103
VG** 506 94
II/2015 VZA* 105 162 74 84
VG** 514 88

Der Gemeinsame Ausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen wählte am 23.09.2015 und 18.11.2015 die Praxis der Klägerin bzgl. des Quartals I/15 bzw. II/15 zur Prüfung aus. Daraufhin leitete die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen für das streitbefangene Quartal ein Prüfverfahren ein, was sie der Klägerin unter Datum vom 28.10.2015 bzw. 20.11.2015 mitteilte.

Die Prüfungsstelle hörte die Klägerin unter Datum vom 22.02.2016 unter Beifügung einer Patientenliste für die streitbefangenen Quartale schriftlich an und bat, sämtliche Aufzeichnungen (vollständige Patientenkartei, Röntgenaufnahmen und ggf. begleitende Dokumente) für diese vorzulegen. Die Prüfungsstelle erinnerte die Klägerin unter Datum vom 08.04.2016 an die Übersendung der Unterlagen, woraufhin EDV-Abrechnungsausdrucke und weitere Unterlagen (PAR- und KB-Pläne sowie Modelle) eingingen.

Die Prüfungsstelle übersandte der Klägerin unter Datum vom 19.07.2016 ihren Prüfbericht auf der Grundlage einer repräsentativen Einzelfallprüfung, zu dem sich die Klägerin inhaltlich nicht äußerte.

Mit Bescheid vom 25.01.2017 setzte die Prüfungsstelle für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von insgesamt 14.779,46 EUR fest. Hiervon entfielen auf den KCH-Bereich 9.954,03 EUR aufgrund einer repräsentativen Einzelfallprüfung, auf den KB-Bereich 1.655,63 EUR - Komplettabsetzungen in fünf Behandlungsfällen wegen fehlender Aufzeichnungen über Schienenbehandlungen - und den PAR-Bereich 3.169,20 EUR - Komplettabsetzungen in fünf Behandlungsfällen wegen fehlender Dokumentation über den Behandlungshergang -. Ferner nahm sie eine sachlich-rechnerische Berichtigung in einem Behandlungsfall in Höhe von 0,60 EUR vor.

Hiergegen legte die Klägerin am 27.01.2017 Widerspruch ein. Sie trug vor, sie lege erneut die Abrechnung vor. Alle Karteikarteneinträge seien jetzt in der Abrechnung vermerkt. Laut dem Hersteller des Abrechnungsprogramms sei es nicht nachvollziehbar, dass alle 01 nicht mit der Abrechnung ohne Kommentardateien übermittelt worden seien. Das Programm mache dies laut Hersteller automatisch. Das Abrechnungsbüro habe jetzt für Kons, PA und KCH die Daten aus ihrer Kartei übertragen.

Die Beigeladenen zu 2) bis 7) legten am 27.02.2017 Widerspruch ein, da sie eine weitaus höhere unwirtschaftliche Abrechnungsweise vermuteten.

Der Beklagte lud die Klägerin unter Datum vom 03.03.2017 zu einer Prüfsitzung am 28.06.2017 und bat um Übersendung sämtlicher Aufzeichnungen für die in der Anlage genannten Behandlungsfälle. Ferner übersandte er der Klägerin unter Datum vom 01.06.2017 einen Prüfbericht.

Die Klägerin teilte mit E-Mail vom 08.06.2017 mit, sie habe zur gleichen Zeit eine Begehung durch das Gesundheitsamt, weshalb sie um Verlegung des Termins um mindestens 14 Tage bitte, damit sie alles nochmals durcharbeiten und einreichen könne.

Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 12.06.2017 mit, sie bitte um Einreichung einer unterschriebenen Fassung des Schreibens. Über den Verlegungsantrag könne nicht vorab entschieden werden. Eine Verlegung sei aber grundsätzlich nur sehr schwer zu realisieren. Die Ladung sei außerordentlich frühzeitig erfolgt. Es bestehe noch ausreichend Zeit zur Einarbeitung in den Prüfbericht.

Die Klägerin nahm an der Sitzung des Beklagten nicht teil.

Der Beklagte lehnte mit Beschluss vom 28.06.2017, ausgefertigt am 14.11.2017 und der Klägerin am 17.11.2017 zugestellt, den Verlegungsantrag ab, wies den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück und gab dem Widerspruch der Beigeladenen zu 2) bis 7) statt, in dem er die Honorarkürzung auf den streitbefangenen Umfang erhöhte. Dem Verlegungsantrag gab er nicht statt, weil die Begründung der Klägerin nicht einen hinreichenden Grund für eine unverschuldete Hinderung an einer ordnungsgemäßen Vorbereitung oder eine Teilnahme an der Sitzung abgebe. Zur Begründung der Honorarberichtigung führte er aus, die Auswahl der im Einzelfall geeigneten Prüfmethode gehöre zum Beurteilungsspielraum der Prüfgremien. Er habe sich für die Durchführung einer repräsentativen Einzelfallprüfung gem. § 18 Abs. 1b der Prüfvereinbarung entschieden. Es seien gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung weitergehende Kürzungen erforderlich gewesen. Die insgesamt vorgelegten Behandlungsnachweise entsprächen unabhängig von ihren Druckdaten nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation. Er erläuterte zunächst die einzelnen Begründungselemente unter den Überschriften Doku, Keine Notwendigkeit - (N, Exz1, Mu, sK), ohne Befund - (Rö/01), Rö schlechte Qualität, OPG in 1. Sitzung, Ä1 mehrfach, Ä1 vor 01, Vipr, üZ mehrfach, WB mangelhaft, WB ohne Rö, Med mehrfach zur VitE, Exz1 neben bMF, Ost1 Mehraufwand nicht nachvollziehbar, Mu neben Exz1, Mu neben Inz1, Zahn nicht erhaltungswürdig und Begleitleistungen zu Implantaten, auf die in den beigefügten Absetzungslisten verwiesen wird. Hinsichtlich der Absetzungen im KB- und PAR-Bereich verwies er auf die Ausführungen der Prüfungsstelle. Eine Hochrechnung sei entbehrlich, weil aufgrund der kleinen Fallzahl der Praxis im Quartal I/15 alle und im Quartal II/15 bereits 95,2 % aller KCH-Behandlungsfälle überprüft worden seien.

Hiergegen hat die Klägerin am 31.01.2018 die Klage erhoben. Sie trägt vor, am 28.06.2018 habe die Begehung des Gesundheitsamts stattgefunden. Dies sei der Termin der mündlichen Verhandlung des Beklagten gewesen. Ihr Antrag auf Verlegung des Termins sei deshalb begründet gewesen. Der Beklagte überschreite seine Randzuständigkeit zur sachlich-rechnerischen Berichtigung. Würden Absetzungen mit der Nichterbringung der Leistung bzw. des fehlenden Nachweises begründet und nicht mit der fehlenden Wirtschaftlichkeit oder Notwendigkeit, dann lägen sachlich-rechnerische Berichtigungen vor. Bei zahlreichen Absetzungen lägen in Wirklichkeit sachlich-rechnerische Berichtigungen vor. Bei jedweder Form fehlender Dokumentation werde von einer Unwirtschaftlichkeit ausgegangen. Würden Dokumentationen im Zusammenhang mit der Befundung bzw. der Leistungserbringung an sich fehlen, liege eine sachlich-rechnerische Berichtigung vor. Das Gleiche gelte entsprechend für das Problemfeld "ohne Befund - (Rö/01)". Das Problemfeld "Rö schlechte Qualität" betreffe eine Fallgruppe, dass Röntgenbilder nicht vollständig auswertbar seien. Für das Problemfeld "WB mangelhaft" gelte, dass die Leistung nicht abrechenbar sei, wenn die Wurzelfüllung nicht bis zur Wurzelspitze oder das Kanalvolumen mit der Wurzelfüllung nicht völlig aufgefüllt werde. Das Gleiche gelte entsprechend für das Problemfeld "WB ohne Rö". Ob ein Zahn nicht erhaltungswürdig sei, könne nicht durch Röntgenaufnahmen abschließend beurteilt werden, ausschlaggebend sei stets der klinische Befund. Eine Kollision von Zuständigkeiten zwischen der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung und dem Beschwerdeausschuss könne nicht mit dem Kriterium der "Offenkundigkeit" gelöst werden. Auch ein Bedürfnis nach Praktikabilität helfe hier nicht weiter. Entweder fuße eine Kürzung auf einer sachlich-rechnerischen Berichtigung, oder aber einer unwirtschaftlichen Abrechnungsweise. Beides gleichzeitig gehe nicht. Bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Behörden könne üblicherweise die gemeinsame obere Behörde angerufen werden. Dass aber eine Stelle, hier der Beklagte, einzig und allein selber über die Frage zu entscheiden habe, sei ein Ding der Unmöglichkeit. Im Quartal I/15 seien zwar alle Leistungen überprüft worden, diese würden aber nicht die notwendige Anzahl von 100 erreichen. Es seien nur 88 Behandlungsfälle abgerechnet worden. Werde eine Osteotomie nicht sicher nachgewiesen werden, liege eine solche nicht vor. Der Beklagte könne nicht auf die Vorinstanz verweisen. Er schulde eine eigenständige Auseinandersetzung und Bewertung der einschlägigen Fragen. Im KB- und PAR-Bereich verweise der Beklagte lediglich auf die Ausführungen der Prüfungsstelle. Dies sei unzulässig. Die Begründung der Einzelbeanstandungen im KB-Bereich sei wohl ungeprüft von der Prüfungsstelle übernommen worden. Denn wenn der Beklagte die Ausführungen der Prüfungsstelle überprüft hätte, hätte er feststellen müssen, dass sie nicht stimmten. Bei der Patientin Nr. 8 (C., C.) sei entgegen der Behauptung (keinerlei Aufzeichnung) eine umfangreiche Dokumentation über die Vorbehandlung/Diagnose/Nachkontrolle/usw. vorhanden. Das Gleiche gelte genauso für die Patientin Nr. 13 (D., D.). Vergleichbares gelte hinsichtlich der weiter aufgeführten Patientinnen 21 (E., E.), 52 (F., F.) und 100 (G., G.). Sie gehe davon aus, dass auch die Beanstandungen bei der Parodontosebehandlung (keinerlei Dokumentation) so nicht zutreffend seien. Dies müsste ggf. im Termin zur mündlichen Verhandlung überprüft werden. Der nunmehr vorgelegte Gebührenbescheid der Stadt A-Stadt. bestätige die Begehung des Gesundheitsamts am 28.06.2017. Als Betriebsinhaberin habe sie bei der Begehung vor Ort zu sein. Der Verlegungsantrag sei begründet gewesen. Die Ablehnung stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 28.06.2017 aufzuheben und diesen zu verurteilen, über die Widersprüche erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Klägerin habe die Angaben zur Begehung durch das Gesundheitsamt nicht konkretisiert. Auch habe sie die Angaben nicht glaubhaft gemacht. Auch habe sie nicht angegeben, zu welcher Uhrzeit die Begehung stattfinden sollte. Die Möglichkeit zur sachlich-rechnerischen Berichtigung schließe keineswegs aus, über die Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Regressierung vorzunehmen. Auch Dokumentationsmängel berechtigten hierzu im KCH-Bereich, nicht nur im PAR-Bereich. Zumindest in nicht eindeutigen Fällen stehe der Weg offen, ggf. sowohl den Weg der sachlich-rechnerischen Berichtigung wie auch der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu wählen. Seien die Gründe der Behandlung anhand der vorgelegten Dokumentation nicht nachvollziehbar, könne und müsse von einer unwirtschaftlichen Behandlung ausgegangen werden, weil Voraussetzung für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit stets die dokumentierte Diagnose sei. Ähnliches gelte für die Röntgendokumentation. Ob ein Zahn nicht erhaltungswürdig sei, könne nicht ausschließlich durch den klinischen Befund beurteilt werden. In den strittigen Fällen seien jedenfalls die Röntgenaufnahmen eindeutig gewesen. Er intendiere in keiner Weise, künftig auch für die sachlich-rechnerische Richtigstellung zuständig zu sein über die "Randkompetenz" hinaus, die ihm als Institution der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Rechtsprechung wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Wirtschaftlichkeitsprüfung einerseits und der sachlich-rechnerischen Richtigstellung andererseits zugebilligt sei. Es handele sich im vorliegenden Fall wie auch in anderen Fällen einer Regressfestsetzung aufgrund fehlender oder mangelhafter Dokumentation im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch nicht um eine "verdeckte" Richtigstellung sachlich-rechnerischer Art. Vielmehr werde in solchen Fällen von ihm im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine vollständige Leistungserbringung im Sinne der Abrechnungsvorschriften unterstellt. Auf der Grundlage dieser unterstellten vollständigen Leistungserbringung prüfe er sodann, ob eine wirtschaftliche Leistungserbringung vorliege. An einer solchen fehle es naturgemäß, wenn sich bspw. aus der vorliegenden Dokumentation nicht die erforderliche Indikation im notwendigen Umfang ergebe oder unklar bleibe, wofür Kosten entstanden seien. Es erfolge keineswegs eine Einschränkung oder Reduktion der Kompetenzen der beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Ihr sei es nach wie vor völlig unbenommen, sachlich-rechnerische Richtigstellungen bspw. wegen mangelhafter oder fehlender Dokumentation vorzunehmen. Eine mangelhafte oder fehlende Dokumentation eröffne einerseits sowohl die Möglichkeit einer sachlich-rechnerischen Richtigsteilung durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung wie auch die Möglichkeit der Institutionen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, im vorbeschriebenen Sinne eine unwirtschaftliche Leistungserbringung anzunehmen. Bei einer Fallzahl unter 100 sei lediglich eine Hochrechnung ausgeschlossen, nicht aber eine Prüfung. Wenn er sich vollumfänglich den Ausführungen der Prüfungsstelle anschließe, zeige dies, dass deren Feststellungen und Aussagen entsprechend überprüft worden seien. Er könne sich dann die Argumentation der Vorinstanz zu Eigen machen.

Die Beigeladenen zu 2), 3), 5) und 6) beantragen,
die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen zu 1), 4) und 7) haben keinen Antrag gestellt.

Die zu 1) beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen trägt vor, sie verkenne nicht, dass der grundsätzliche Vorrang der sachlich-rechnerischen Berichtigung vor der Wirtschaftlichkeitsprüfung in praxi für die befassten Behörden nur schwer umsetzbar sei. Ursächlich hierfür sei, dass Auffälligkeiten der Honorarabrechnung auf fehlerhaften Ansätzen der Gebührenordnung oder auf unwirtschaftlicher Leistungserbringung oder auch auf Beidem beruhen könnten. Deshalb seien die Prüfgremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung berechtigt, sachlich-rechnerische Richtigstellungen mitvorzunehmen, soweit diese neben der eigentlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung von untergeordneter Bedeutung seien (sog. Randzuständigkeit). Liege der Schwerpunkt der Beanstandung hingegen auf einer fehlerhaften Anwendung der Gebührenordnung, müssten die Prüfgremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung das betroffene Prüfverfahren abschließen und ihr Gelegenheit geben, die notwendigen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen in eigener Zuständigkeit vorzunehmen. Ihre bestehende Zuständigkeit könne nicht durch eine Zweifelsregelung umgangen werden, die im Ergebnis zu einer generellen Zuständigkeit der Prüfgremien führen würde. Ein alleiniges Abgrenzungskriterium der "Offenkundigkeit" erscheine nicht geeignet, um den beschriebenen Vorrang gegenüber der Wirtschaftlichkeitsprüfung sachgerecht umzusetzen. Die im Kollisionsfall befassten Prüfgremien sollten zumindest inhaltlich der Fragestellung nachgehen, wo der Schwerpunkt der jeweiligen Beanstandungen liege und nicht primär diese Fragestellung wegen des vermeintlichen Prüfaufwandes offenlassen. Liege der Schwerpunkt im Bereich gebührenordnungsmäßiger Richtigstellung der Abrechnung, müsse es bei dem Vorrang der sachlich-rechnerischen Richtigstellung bleiben, weil sinnvoller Weise nur die inhaltlich richtige Abrechnung einer Prüfung auf Wirtschaftlichkeit unterzogen werden könne. Nicht hinreichend dargelegte, dokumentierte und nachgewiesene Leistungen seien als nicht erbracht bzw. nicht erfüllt anzusehen und könnten deshalb durch sie abgesetzt werden. Wenn keine Befundung durchgeführt worden sei, sei die Leistung (hier die Nr. 01 BEMA) eben nicht erbracht, weil die Befundung Teil des Leistungsinhaltes der Nr. 01 BEMA sei. Auch sehe sie die Prüfung der Qualität von Leistungen primär als ihre eigene Aufgabe an.

Die Beigeladene 3) schließt sich den Ausführungen des Beklagten an.

Die übrigen Beigeladenen haben sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 02.02.2018 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Sie konnte dies trotz Ausbleibens der Klägerin und eines Vertreters der Beigeladenen zu 1), 4) und 7) tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und darauf hingewiesen worden sind, dass auch in Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann.

Die Klage ist zulässig. Die Klage ist insb. nicht verfristet, da für die Klageerhebung nicht die Monats-, sondern die Jahresfrist galt.

Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG). Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist (§ 66 Abs. 1 SGG). Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Beschluss des Beklagten vom 28.06.2017 war fehlerhaft.

Der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 28.06.2017 wurde am 14.11.2017 ausgefertigt und der Klägerin am 17.11.2017 durch Einwurf in den zur Praxis gehörenden Briefkasten zugestellt. Damit lief die Klagefrist vom 18.11. bis zum Montag, dem 18.12.2018. Als Adresse des Gerichts wird in der Rechtsbehelfsbelehrung noch die Gutenbergstraße 29 in Marburg angegeben. Das Gericht war aber am 18.12.2017 bereits in die Robert-Koch-Straße 17 in Marburg umgezogen (1. Tag im neuen Gebäude). Damit war die angefügte Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft, unabhängig davon, ob die Beklagte in der Lage war, diese zutreffend zu formulieren. Von daher gilt die Jahresfrist und ist die Klage nicht verfristet. Von daher kommt es auf den Vortrag der Klägerin in dem Schreiben vom 28.12.2017, wegen Praxisschließung vom 11. bis 28.11.2017 den Widerspruchsbescheid erst am 29.11.2017 (Mittwoch) erhalten zu haben, nicht an. Allerdings hätte sie noch fast drei Wochen Zeit gehabt, die Klage innerhalb der Klagefrist von einem Monat zu erheben. Wiedereinsetzung kommt nach § 67 Abs. 1 SGG nur in Betracht, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Wäre das Gericht nicht innerhalb der Monatsfrist verzogen, hätte die Klägerin die Frist jedenfalls nicht ohne Verschulden versäumt.

Gegenstand des Verfahrens ist jeweils nur der Bescheid des Beklagten, nicht auch der der Prüfungsstelle. In Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung des Beschwerdeausschusses. Dieser wird mit seiner Anrufung für das weitere Prüfverfahren ausschließlich und endgültig zuständig. Sein Bescheid ersetzt den ursprünglichen Verwaltungsakt des Prüfungsausschusses, der abweichend von § 95 SGG im Fall der Klageerhebung nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens wird. Eine dennoch gegen diesen Bescheid erhobene Klage ist unzulässig (vgl. BSG, Urt. v. 19.06.1996 - 6 RKa 40/95 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 35, zitiert nach juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.06.2000 B 6 KA 36/98 R - USK 2000-165, juris Rdnr. 14).

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 28.06.2017 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung über die Widersprüche gegen den Bescheid der Prüfungsstelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage war daher abzuweisen.

Im System der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt - Vertragsarzt - die Stellung eines Leistungserbringers ein. Er versorgt die Mitglieder der Krankenkassen mit ärztlichen Behandlungsleistungen, unterfällt damit auch und gerade dem Gebot, sämtliche Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichen zu erbringen. Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, darf er nach dem hier anzuwendenden Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, gesetzliche Krankenversicherung, in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 19.10.2012 (BGBl. I, 2192), nicht erbringen (§ 12 Abs. 1 SGB V).

Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 19.10.2012 (BGBl. I, 2192), gültig bis zum 31.12.2016. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die mindestens 2 vom Hundert der Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung), geprüft (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in Satz 1 vorgesehenen Prüfungen hinaus Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (§ 106 Abs. 2 Satz 4 HS 1 SGB V). Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratung nach Absatz 1a und der Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 2 gemeinsam und einheitlich (§ 106 Abs. 3 Satz 1 HS 1 SGB V). In den Verträgen ist auch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen vorgenommen werden; festzulegen ist ferner, dass der Prüfungsausschuss auf Antrag der Kassenärztlichen Vereinigung, der Krankenkasse oder ihres Verbandes Einzelfallprüfungen durchführt. Für den Fall wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit sind pauschale Honorarkürzungen vorzusehen (§ 106 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB V).

Für die Quartale ab dem Quartal I/15 gilt die Prüfvereinbarung vom 18.08.2015.

Danach entscheiden die Prüfungseinrichtungen über die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise gemäß § 106 SGB V (§ 1 PV 2015). Die in § 106 SGB V vorgesehenen Prüfverfahren werden auf der Grundlage der Regelungen der Prüfvereinbarung eingeleitet und durchgeführt (§ 10 Abs. 1 PV 2015). Die Prüfvereinbarung sieht Prüfverfahren auf der Grundlage einer Zufälligkeits- (§ 12 PV 2015), Auffälligkeits- (§ 13 PV 2015) und Antragsprüfung (§ 14 PV 2015) vor. Zur Einleitung von Prüfverfahren nach Auffälligkeitskriterien wird ein gemeinsamer Ausschuss der Vertragspartner gebildet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 PV 2015). Der gemeinsame Ausschuss überprüft die statistischen Unterlagen alsbald nach deren Vorliegen in einem Auswahlgespräch und bestimmt hieraus die Vertragszahnärzte, a) die von der Prüfungsstelle beraten werden sollen, b) die darauf hingewiesen werden sollen, dass ihre Abrechnung in bestimmten Positionen gegenüber den übrigen abrechnenden Vertragszahnärzten erheblich abweicht, c) die von der Prüfungsstelle eingehend individuell überprüft werden sollen (§ 13 Abs. 2 PV 2015). Die Einleitung des Prüfverfahrens ist grundsätzlich auf den Zeitraum eines Quartals beschränkt. In begründeten Ausnahmefällen ist die Ausdehnung auf maximal vier zusammenhängende Quartale zulässig (§ 13 Abs. 6 Satz 1 und 2 PV 2015). Die zu 1) beigeladene KZVH ermittelt eine versichertenbezogene Stichprobe aus den im Prüfungszeitraum abgerechneten KCH-Behandlungsfällen und übermittelt die entsprechenden Abrechnungsdaten zulässig (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 PV 2015). Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Tätigkeit einschl. der zahnärztlich verordneten Leistungen erfolgt auf der Grundlage von a) Einzelfällen, b) repräsentativen Einzelfällen, c) Durchschnittswerten mit dem Ziel der Klärung, ob die abgerechneten Leistungen den zahnärztlichen Regeln entsprechend ausreichend, zweckmäßig, notwendig und wirtschaftlich waren (§ 18 Abs. 1 PV 2015). Vom Vertragszahnarzt ausgewählte Fälle zur Darstellung von Praxisbesonderheiten oder kompensatorischen Einsparungen sollen berücksichtigt werden. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit sind grundsätzlich die gesamte Tätigkeit des Vertragszahnarztes und die besonderen Verhältnisse seiner Praxis zu berücksichtigen. Insb. ist zu prüfen, ob ein Mehraufwand in Teilbereichen der Abrechnung nicht durch einen - hiermit ursächlich verbundenen - Minderaufwand in anderen Bereichen ausgeglichen wird (§ 18 Abs. 3 PV 2015). Die Prüfgremien legen im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes in jedem Einzelfall die anzuwendende Prüfmethode fest. Bei der Auswahl der Prüfmethode sind die in §§ 19 und 20 PV 2015 genannten Aspekte zu beachten (§ 18 Abs. 4 PV 2015).

Für die beiden streitbefangenen Quartale I und II/15 erfolgte eine quartalsbezogene Auswahl. Der Gemeinsame Ausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen hat den Prüfauftrag als Auffälligkeitsprüfung für die streitbefangenen Quartale an die Prüfungsstelle übergeben. Der Gemeinsame Ausschuss schlug als Prüfmethode für das Quartal II/15 einen statistischen Vergleich vor. Nach § 13 Abs. 7 Satz 2 PV 2015 kann er eine Empfehlung zur Prüfmethode und zu den für die Anhörung erforderlichen Unterlagen abgeben.

Der Beklagte hat der Klägerin ausreichend rechtliches Gehör eingeräumt.

Der geprüfte Zahnarzt ist zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen anzuhören (§ 24 Abs. 1 SGB X). Die Beteiligten sowie die Ausschussmitglieder werden mit einer Frist von vier Wochen zur Sitzung des Beschwerdeausschusses geladen. Auf die Möglichkeit der Verhandlung in Abwesenheit Beteiligter ist in der Ladung hinzuweisen (§ 23 Abs. 1 PV 2015). Der Vertragszahnarzt kann auf sein Recht des mündlichen Vortrags verzichten und alternativ schriftlich zur Sache vortragen (§ 23 Abs. 2 PV 2015).

Der Klägerin wurde durch die Anberaumung einer weiteren Prüfsitzung rechtliches Gehör gewährt. Soweit sie an der Sitzung des Beklagten nicht teilgenommen hat, lag ein Grund für eine Vertagung nicht vor.

Soweit die Klägerin an der Sitzung des Beklagten nicht teilgenommen hat, muss sie dies sich selbst zurechnen lassen. Ihr Verlegungsantrag war unbegründet. Der Beklagte hat die Klägerin bereits Anfang März 2017 zu der Prüfsitzung am 28.06.2017 eingeladen. Erst am 08.06.2017, also etwa drei Monate nach Erhalt der Ladung, teilte die Klägerin per E-Mail mit, sie habe zur gleichen Zeit eine Begehung durch das Gesundheitsamt. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Antragstellung per E-Mail ausreichend war. Jedenfalls lässt sich den Angaben der Klägerin nicht entnehmen, weshalb die Begehung durch das Gesundheitsamt nicht hätte verlegt werden können. Insofern ist davon auszugehen, dass die Ladung des Beklagten wesentlich früher als die Anberaumung durch das Gesundheitsamt erfolgt ist. Zudem weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass sich der E-Mail auch nicht die Zeit der Begehung entnehmen lässt.

Der Beklagte hat seine Zuständigkeit nicht verletzt. Bei der durchgeführten Prüfung handelt es sich um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung und nicht um eine sachlich-rechnerische Berichtigung, für die die Beigeladene zu 1) zuständig ist.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z a. F./§ 17 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 11, juris Rdnr. 17; BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1, juris Rdnr. 13).

Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt, erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.1998 - B 6 KA 48/97 R - BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10, juris Rdnr. 15 m. w. N.). Eine K(Z)V darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall nicht nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur in Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist. Während bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung allein an die Menge ärztlicher oder ärztlich veranlasster Leistungen angeknüpft wird, die in grundsätzlicher Übereinstimmung mit den gesetzlichen und/oder vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, bezieht sich die Prüfung der Abrechnung seitens der K(Z)V auf Rechenfehler und die Einhaltung der tatbestandlich umschriebenen Voraussetzungen einer Position der Gebührenordnung und der sie flankierenden Regelungen. Dieses bedingt bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Zurückführung der überhöht erbrachten Leistungen ggf. auf Durchschnittswerte, während für nicht in Einklang mit den Vergütungsnormen erbrachte Leistungen unabhängig von ihrer Menge - kein Vergütungsanspruch besteht. Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse. Den K(Z)Ven ist es nicht untersagt, anhand von Einzelfällen zu prüfen, worauf etwa ein als implausibel bewerteter Anstieg der Ansatzhäufigkeit einer bestimmten EBM-Position beruht und darauf ggf. mit einer Korrektur der Abrechnung zu reagieren (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).

Nach der Rechtsprechung des BSG ist ferner anerkannt, dass die K(Z)Ven ärztliche Leistungen nicht honorieren müssen, die der Vertragsarzt nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Eine Leistungspflicht der GKV besteht nicht bei solchen Leistungen, die sich im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden sind. Ist bei vertragsarztrechtlich an sich zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht, kommt aus kompetenzrechtlichen Gründen nur die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die zuständigen Prüfgremien in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 20.03.1996 - 6 RKa 85/95 - SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1, juris Rdnr. 14; Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106a SGB V, Rdnr. 45; s.a. BSG, Beschl. v. 17.03.2010 - B 6 KA 23/09 B -, juris Rdnr. 11).

Der Nachweis der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise scheitert nicht daran, dass der Mehraufwand möglicherweise zu einem Teil durch Gebührenfehlansätze verursacht worden ist. Ob und in welchem Umfang solche Fehlabrechnungen vorgekommen sind, kann im Nachhinein nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand festgestellt werden. Anders als in den Fällen der Unvereinbarkeit bestimmter Gebührenansätze oder anderer formaler Abrechnungshindernisse, in denen die Fehlabrechnung erkennbar ist und im Wege der Richtigstellung korrigiert werden kann, lässt sich die Frage, ob der Arzt in einem konkreten Behandlungsfall die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht oder nur eine geringer bewertete Leistung überhöht abgerechnet hat, anhand der Behandlungsausweise nicht beantworten. Eine nachträgliche Befragung des Arztes und des behandelten Patienten scheidet wegen der großen Zahl der Behandlungsfälle und der gleichwohl verbleibenden Ungewissheit aus. Für derartige Nachforschungen besteht auch kein Anlass, weil es der Arzt in der Hand hat, durch sorgfältige Lektüre der Gebührenordnung und ggf. Rückfrage bei seiner Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung fehlerhafte Honoraransätze zu vermeiden. Die Prüfungseinrichtungen dürfen deshalb bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung davon ausgehen, dass der Vertrags(zahn)arzt die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht hat, und diese Leistungen ihrer Beurteilung zugrunde legen (vgl. BSG, Urt. v. 28.10.1992 - 6 RKa 3/92 - BSGE 71, 194 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 15, juris Rdnr. 23 f.). Eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnung hat der Wirtschaftlichkeitsprüfung nur dann zwingend vorauszugehen, wenn es sich um Abrechnungsunrichtigkeiten handelt, die offenkundig und aus den Behandlungsunterlagen ohne weiteres zu ersehen sind. Eine scharfe Trennung zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung und Abrechnungskontrolle ist weder praktisch durchführbar noch rechtlich geboten (vgl. BSG, Urt. v. 09.03.1994 - 6 RKa 18/92 - BSGE 74, 70 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 23, juris Rdnr. 23).

Dies gilt in besonderem Maße für die vertragszahnärztliche Abrechnung, da verschiedentlich die Leistungen von Umfang und Schwere abhängen und leistungsrechtlich in einem Stufenverhältnis stehen, wie z. B. die Leistungen nach Nr. 56 Buchst. a) bis d) (Zy) oder Nr. 45 (X3), 47a (Ost1), 48 (Ost2) und 53 (Ost3) BEMA. So hat die Kammer erst jüngst unter Berufung auf die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entschieden, dass, soweit sich aus der Dokumentation ein schlüssiges Vorgehen nicht ergibt, die Prüfgremien zwar die vollständige Leistungserbringung unterstellen, aber den Schluss ziehen können, dass es an der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung fehlt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 05.12.2018 S 12 KA 127/18 - Sprungrevision anhängig: B 6 KA 2/19 R ; Parallelverfahren: S 12 KA 201/18, Sprungrevision anhängig: B 6 KA 3/19 R). Dies gilt unabhängig davon, dass der Nachweispflicht des Vertrags(zahn)arztes auch unterfällt, dass die aufwändigere (und daher höher honorierte) Leistung gegenüber einer weniger aufwändigen (geringer honorierten) Leistung erforderlich war, d. h. dass er die den höheren Aufwand bedingenden Umstände ebf. nachweisen muss und dass im Falle der Nichterweisbarkeit die Leistung sachlich-rechnerisch berichtigt werden kann. Nicht hinreichend dargelegte, dokumentierte und nachgewiesene Leistungen sind als nicht erbracht bzw. als nicht erfüllt anzusehen und können nicht abgerechnet werden (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 27.05.2015 - L 4 KA 50/12 - juris Rdnr. 166 ff., Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. v. 17.03.2016 - B 6 KA 60/15 B - BeckRS 2016, 68302). Im Einzelfall können sich daher Überlappungen bzw. konkurrierende Zuständigkeiten der Prüfgremien und der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen ergeben, je nachdem, ob aus der fehlenden oder unzureichenden Dokumentation auf den fehlenden Nachweis der Leistungserbringung oder auf die Unwirtschaftlichkeit geschlossen wird. Dies gilt auch für Qualitätsmängel der Leistung, die jedenfalls auch zur sachlich-rechnerischen Berichtigung berechtigen (vgl. Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106d SGB V, Rdnr. 169 ff.). Im Rückgriff auf die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Grenze der Prüfgremien für die Annahme einer vollständigen Leistungserbringung in den Fällen zu ziehen, in denen es sich um offenkundige, aus den Behandlungsunterlagen ohne weiteres zu ersehende Abrechnungsunrichtigkeiten handelt, die keines vertiefenden Prüfaufwands bedürfen. In diesen Fällen ist eine ausschließliche Zuständigkeit der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung gegeben, soweit sich die Prüfgremien nicht auf eine Randzuständigkeit (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr. 15, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 29.11.2006 - B 6 KA 39/05 R - SozR 4-2500 § 106a Nr. 3, juris Rdnr. 17; BSG, Urt. v. 27.04.2005 - B 6 KA 39/04 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 10, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 18.08.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 29, juris Rdnr. 52) berufen können. Eine Wahlfeststellung kommt nicht ausschließlich dann in Betracht, wenn sich die Frage, auf welcher alternativen Ursache der Mehraufwand beruht, nicht allein anhand der Behandlungsausweise, sondern nur durch nachträgliche Befragung des Arztes oder der Patienten beantworten lässt (so Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 11/17, § 106 SGB V, Rdnr. 52), sondern bereits dann, wenn ein erhöhter Prüfaufwand besteht, da es dann an der Offenkundigkeit des Abrechnungsfehlers fehlt. Von einem erhöhten Prüfaufwand wird aber dann auszugehen sein, wenn die sachlich-rechnerische Berichtigung nicht allein maschinell oder durch nicht (zahn-)ärztliche Prüfer erfolgen kann. Immer dann, wenn eine (zahn-)medizinische Expertise erforderlich ist, wird von einem erhöhten Prüfaufwand auszugehen sein, der eine Wahlfeststellung zulässt.

Trotz vielfältiger Überlappungen war die Zuständigkeit des Beklagten hinsichtlich aller Absetzungen nicht zu beanstanden.

So war es von der Kammer nicht zu beanstanden, dass der Beklagte von einer fehlenden Dokumentation auf die Unwirtschaftlichkeit schließt, weil es bei einer fehlenden Dokumentation an einer Begründung fehlt, weshalb Kosten entstanden sind. Soweit die Dokumentationspflicht in erster Linie therapeutischen Zwecken dient, wird sie im Rahmen des Sachleistungsprinzips innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert und dient auch zum Nachweis einer wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Die Dokumentationspflichten werden daher im SGB V, in den Bundesmantelverträgen und auch in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt und erweitert (vgl. (SG Marburg, Urt. v. 06.04.2011 - S 12 KA 831/10 - juris Rdnr. 40). Dies gilt für die gesamte vertrags(zahn)ärztliche Behandlung und nicht nur für einzelne Bereiche, insb. nicht nur für die Parodontosebehandlung. Fehlt es an einer hinreichenden Dokumentation, dann kann die Behandlung und damit deren Wirtschaftlichkeit nicht oder nicht vollständig nachvollzogen werden.

Für die Begründung unter der Überschrift "ohne Befund - (Rö/01)" geht der Beklagte zutreffend davon aus, dass die Leistung nach Nr. 01 BEMA unwirtschaftlich ist, wenn eine ordnungsgemäße Befundung nicht festzustellen ist. § 106 Abs. 2 Nr. 3 SGB V bezieht als Gegenstand der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit in den Prüfungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2, soweit dafür Veranlassung besteht, die Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualität), insbesondere mit den in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben ein. Nach Abschnitt B.I der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie) gehören Befunderhebung und Diagnose einschließlich Dokumentation zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Die zahnärztlichen Maßnahmen beginnen mit Ausnahme von Akut- oder Notfällen grundsätzlich mit der Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Diese Untersuchung soll in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Sie umfasst diagnostische Maßnahmen um festzustellen, ob ein pathologischer Befund vorliegt, oder ob weitere diagnostische, präventive und/oder therapeutische Interventionen angezeigt sind. Bei der Untersuchung sollen die klinisch notwendigen Befunde erhoben werden (B.I.1 Abs. 1 und 2 Behandlungsrichtlinie). Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben führt auch zur Unwirtschaftlichkeit dieser Maßnahme.

Mit der Begründung unter der Überschrift "Rö schlechte Qualität" hat der Beklagte Röntgenaufnahmen von unzureichender Qualität abgesetzt. Da nicht nachgeröntgt worden sei, könne davon ausgegangen werden, dass die Behandlung auch nicht notwendig gewesen sei. Dies war von der Kammer nicht zu beanstanden. § 106 Abs. 2 Nr. 3 SGB V bezieht, wie bereits ausgeführt, die Prüfung der Qualität in die Wirtschaftlichkeitsprüfung ein. Röntgenuntersuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn dies aus zahnärztlicher Indikation geboten ist (B.II.2 Satz 1 Behandlungsrichtlinie). Von daher kann aus dem Qualitätsmangel der Röntgenaufnahme im Umkehrschluss gefolgert werden, dass diese nicht notwendig und damit unwirtschaftlich war. Es verbleibt damit bei der Nachweispflicht des Vertrags(zahn)arztes für die Wirtschaftlichkeit dieser Leistung.

Die Begründung unter der Überschrift "WB mangelhaft" betrifft gleichfalls einen Qualitätsmangel. Für alle endodontischen Maßnahmen gilt insbesondere: a) Eine Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung ist nur dann angezeigt, wenn die Aufbereitbarkeit und Möglichkeit der Füllung des Wurzelkanals bis bzw. bis nahe an die Wurzelspitze gegeben sind. b) Medikamentöse Einlagen sind unterstützende Maßnahmen zur Sicherung des Behandlungserfolgs; sie sind grundsätzlich auf drei Sitzungen beschränkt. c) Es sollen biologisch verträgliche, erprobte, dauerhafte, randständige und röntgenpositive Wurzelfüllmaterialien verwendet werden. d) Die Wurzelkanalfüllung soll das Kanallumen vollständig ausfüllen. e) Begleitende Röntgenuntersuchungen (diagnostische Aufnahmen, Messaufnahmen, Kontrollaufnahmen) sind unter Beachtung der Strahlenschutzbestimmungen abrechenbar (B.III.9.1 Satz 1 Behandlungsrichtlinie).

Der Beklagte führt hierzu weiter aus, die Wurzelbehandlung sei nicht richtlinienkonform, wenn im Rahmen der endodontischen Versorgung eines Zahnes die Wurzelkanäle nicht bis zur Wurzelspitze abgefüllt oder das Kanalvolumen mit der Wurzelfüllung nicht vollständig ausgefüllt oder nicht alle automatisch vorhandenen Wurzelkanäle aufbereitet/abgefüllt werden. Ist dies der Fall, ist die Leistung jedenfalls mangelbehaftet und damit unwirtschaftlich. Gleiches gilt für die Begründung unter der Überschrift "WB ohne Rö". Zahnmedizinisch erfordert eine Wurzelfüllung im Regelfall drei Röntgenaufnahmen. Zu diagnostischen Zwecken ist vor Beginn der Behandlung eine Röntgenaufnahme anzufertigen. Nach Aufbereitung des Wurzelkanals hat eine weitere Röntgenaufnahme zu Kontrollzwecken zu erfolgen. Diese Aufnahme kann durch andere Messtechniken ersetzt werden. Nach Abschluss der Wurzelbehandlung hat eine dritte Aufnahme zu erfolgen zur Qualitätskontrolle und -sicherung. Soweit nach dem Stand der zahnmedizinischen Erkenntnisse eine Röntgenaufnahme erforderlich ist, handelt es sich auch um eine notwendige Röntgenaufnahme und kommt ein Verstoß gegen die Röntgenverordnung nicht in Betracht (vgl. SG Marburg, Urt. v. 20.06.2012 - S 12 KA 812/11 - juris Rdnr. 42).

Mit der Begründung unter der Überschrift "Zahn nicht erhaltungswürdig" führt der Beklagte aus, anhand der zur Verfügung stehenden Unterlagen/Röntgenaufnahmen sei der Zahn als nicht erhaltungswürdig einzustufen gewesen. In der Regel ist die Entfernung eines Zahnes angezeigt, wenn er nach den in diesen Richtlinien beschriebenen Kriterien nicht erhaltungsfähig ist. Ein Zahn, der nach diesen Richtlinien nicht erhaltungswürdig ist, soll entfernt werden. Eine andere Behandlung von nicht erhaltungswürdigen Zähnen ist kein Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung (B.III.10 Behandlungsrichtlinie). Soweit aus Sicht des Behandlers kein Regelfall vorliegt, ist dies zu dokumentieren und im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall vorzutragen.

Von daher liegt ein Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften nicht vor.

Ein Begründungsmangel liegt nicht vor, insb. auch nicht durch Bezugnahme auf Ausführungen der Prüfungsstelle. Soweit in der Instanzenpraxis z. T. bestimmte Begründungsanforderungen an die Prüfgremien gestellt werden (vgl. SG München, Urt. v. 24.10.2018 - S 38 KA 5022/18 - juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 05.03.2014 - L 3 KA 21/12 - juris Rdnr. 43 ff. bzgl. einer undifferenzierten Begründung in einer Vielzahl von Richtgrößenprüfungen), kann dieser ein Verbot, auf Begründungen der Vorinstanz zu verweisen, nicht entnommen werden. Entscheidend ist, dass der Beschwerdeausschuss sich solche Begründungen ausdrücklich zu Eigen macht, was hier der Fall ist.

Der angefochtene Beschluss ist in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Ein Verstoß gegen Prüf- bzw. Antragsfristen ist nicht ersichtlich. Die vierjährige Ausschlussfrist (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr. 15, juris Rdnr. 12 m.w.N.) ist nicht verletzt.

Der Beklagte hat als Prüfmethode wegen der geringen Fallzahl der Klägerin im KCH-Bereich eine eingeschränkte Einzelfallprüfung gewählt. Diese Prüfmethode ist zulässig. Bei dieser wird die vom Arzt dokumentierte Diagnose als zutreffend zugrunde gelegt und überprüft, ob auf dieser Grundlage der vom Arzt vorgenommene Behandlungs- und Verordnungsumfang gerechtfertigt ist. Die Methode eingeschränkter Einzelfallprüfungen ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seit Langem anerkannt (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2007 - B 6 KA 44/06 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 Rdnr. 14 m.w.N.; Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106 SGB V, Rdnr. 37 u. 168 m.w.N. in Fn. 39 u. 244). Soweit wie hier keine Hochrechnung erfolgt, gelten für diese Prüfmethode keine Mindestanforderungen an den Prüfungsumfang.

Zu den Einzelbeanstandungen hat die Klägerin nur in Bezug auf die Zuständigkeitsfrage Stellung genommen. In sachlicher Hinsicht hat sie keine Ausführungen gemacht. Gründe zur Beanstandung sind nicht ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Beklagten, weshalb sie von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 136 Abs. 3 SGG).

Die Honorarkürzung in fünf Behandlungsfällen im Bereich der systematischen Behandlung von Parodontopathien war nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, entfällt die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Parodontose-Behandlung nicht deshalb, weil die jeweilige Krankenkasse die Behandlung genehmigt hat. Soweit ein Verstoß gegen die Parodontose-Richtlinien vorliegt, verkürzt sich sowohl die Aufklärungs- und Beweispflicht des Beklagten als auch der Gerichte. Es braucht dann nicht in jedem Einzelfall bewiesen zu werden, dass die Behandlungsweise des Vertragszahnarztes unwirtschaftlich war. Die Prüfgremien sind dann insbesondere nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zahnärztliche Nachuntersuchungen durchzuführen. Gerade wegen der Schwierigkeit, im Nachhinein die Wirtschaftlichkeit der Parodontose-Behandlung festzustellen, haben die Vertragspartner die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens mit einer Vorabgenehmigung durch die Krankenkasse vereinbart. Die strikte Einhaltung dieses Verfahrens bietet die größte Sicherheit vor unwirtschaftlichen Behandlungen, die im Hinblick auf den hohen Kostenaufwand bei Parodontose-Behandlungen im besonderen Maße vermieden werden müssen. Der Arzt ist grundsätzlich an die Richtlinien gebunden. Das hindert ihn nicht einzuwenden, dass die Richtlinien ganz oder teilweise dem Gesetz widersprechen, dem gegenwärtigen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr entsprechen oder ein Ausnahmefall vorgelegen hat, der ein Abweichen von den Richtlinien rechtfertigt (so BSG, Urt. v. 16.06.1993 - 14a RKa 4/92 - SozR 3-2500 § 106 SGB V Nr. 18, juris, Rdnr. 19 und 25). Bei den erforderlichen Bewertungen haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, sodass deren Einschätzungen von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und ggf. beanstandet werden können (vgl. BSG, Urt. v. 21.03.2012 - B 6 KA 18/11 - 4-1500 § 86a Nr. 2, juris Rdnr. 18 m.w.N.).

Bei Zugrundelegung dieser Anforderungen und Maßstäbe erweist sich die angefochtene Honorarkürzung als rechtmäßig, denn der Kläger hat in den strittigen Behandlungsfällen gegen die Parodontose-Richtlinien verstoßen. Diese Verstöße rechtfertigen die Annahme der Unwirtschaftlichkeit und die von dem Beklagten festgesetzte Honorarkürzung.

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Beklagten, weshalb sie von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 136 Abs. 3 SGG). Die Klägerin hat auch im Gerichtsverfahren hierzu keinen Vortrag gehalten. Ergänzend ist zur vom Beklagten richtig gesehenen Dokumentationspflicht nochmals zu betonen, dass ein Nachweis für eine ausreichende Vorbehandlung im Rahmen einer Parodontosebehandlung nur anhand der Dokumentation geführt werden kann. Eine Prüfung der Vorbehandlung und deren Ergebnis vor Einleitung einer systematischen Parodontose-Behandlung ist nur möglich, wenn die Schritte vor Einleitung der Behandlung nachvollziehbar dokumentiert und damit belegt sind (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 13.04.2016 - L 4 KA 55/13 - juris Rdnr. 55)

Die Einhaltung der Behandlungsrichtlinien und damit eine ausreichende Vorbehandlung sind Voraussetzung einer wirtschaftlichen PAR-Behandlung. Ein Vertragszahnarzt hat die Dokumentation so zu führen, dass die erbrachten Leistungen für einen Zahnarzt nachvollziehbar sind. Aus ihnen muss auch die Einhaltung der Behandlungsrichtlinie hervorgehen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 21.11.2012 - S 12 KA 8/12 - juris Rdnr. 40 u. 89 f. m.w.N., Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 64/12 bzw. jetzt L 4 KA 16/18 -; SG Marburg, Urt. v. 17.11.2013 - S 12 KA 419/13 - juris Rdnr. 84). Die Dokumentation ist parallel zur Behandlung zu erstellen und beruht auf den eigenen Angaben des Vertragszahnarztes. Soweit keine Anzeichen für eine unwahre Dokumentation vorliegen, haben die Prüfgremien von der Richtigkeit der Dokumentation auszugehen. Damit beruht die Abrechnung, was fast für das gesamte Abrechnungswesen gilt, im Wesentlichen allein auf den Angaben des Vertragszahnarztes. Im Umkehrschluss muss sich dieser aber an seiner eigenen Dokumentation festhalten lassen und ist ihm der Einwand, er habe die Leistungen, zu deren Dokumentation er verpflichtet ist, zwar nicht dokumentiert, aber dennoch erbracht, abgeschnitten (vgl. SG Marburg, Urt. v. 05.12.2007 - S 12 KA 804/06 - juris Rdnr. 37; SG Marburg, Urt. v. 18.11.2015 - S 12 KA 443/14 -, Umdruck S. 15, Berufung (LSG Hessen - L 4 KA 50/15 bzw. zuletzt L 4 KA 19/18 -) am 05.06.2018 zurückgenommen).

Soweit die Klägerin vorträgt, es sei eine umfangreiche Dokumentation über die Vorbehandlung/Diagnose/Nachkontrolle/usw. vorhanden, so hat sie diese jedenfalls nicht vorgelegt. Die mündliche Verhandlung und die Durchsicht der vorgelegten Behandlungsunterlagen durch die mit einem Zahnarzt fachkundig besetzte Kammer haben ergeben, dass es gerade an einer Dokumentation fehlt. Somit fehlt es auch an einem Nachweis an einer ausreichenden Vorbehandlung.

Im Behandlungsfall Nr. 24 H. ist eine Dokumentation nicht vorhanden, es fehlt an der Indikation, am Therapieplan und an der Darlegung der Nachbehandlung, auch ist kein Röntgen vorhanden. Hinzu kommt, dass die Behandlungsnotwendigkeit auf Grund des PSI-Codes von zwei bzw. eins äußerst fragwürdig ist. Dem widerspricht auch die Dokumentation mit der Angabe von Taschentiefen 5 mm. Im Behandlungsfall Nr. 56 findet sich in den Unterlagen nur ein Hinweis, dass ein PAR-Plan erstellt wurde, ansonsten aber keine Dokumentation. Ein PAR-Plan ersetzt die Dokumentation nicht, insb. dokumentiert der PAR-Plan nicht die Vorbehandlung. Nach dem Behandlungsplan fand der letzte Besuch des Patienten am 31.12.2013 statt, der nächste Besuch dann erst am 22.01.2015 und es wird sogleich der PAR-Plan erstellt. Insofern fehlt es an jeglicher Vorbehandlung. Auch in den übrigen Behandlungsfällen fehlt es an einer Dokumentation einer ausreichenden Vorbehandlung.

Im Ergebnis war daher die Absetzung der PAR-Behandlungen von der Kammer nicht zu beanstanden.

Gleichfalls nicht zu beanstanden waren die Absetzungen im KB-Bereich. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Beklagten, weshalb sie von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 136 Abs. 3 SGG). Die Klägerin hat hierzu nur vorgetragen, es sei eine umfangreiche Dokumentation über die Vorbehandlung/Diagnose/Nachkontrolle/usw. vorhanden. Diese hat sie jedenfalls auch in den in diesem Bereich strittigen Fällen nicht vorgelegt, wie eine Überprüfung der vollständig besetzten Kammer ergeben hat. Im Behandlungsfall Nr. 8 ergibt sich ein Anhaltspunkt für die Behandlungsweise allenfalls im Behandlungsplan durch die Formulierung "Proxismus, Myalgie". Ansonsten beschränkt sich die Dokumentation auf die Abrechungsnummern und sog. Behandlungskürzel. Es wird nicht dokumentiert, warum und wie lange behandelt wird, ob eine Besserung eingetreten ist. Im Behandlungsfalls Nr. 21 zeigt sich das gleiche Bild. Es fehlt die Dokumentation. Auch die übrigen Unterlagen beschränken sich weitgehend auf die Angabe "Proxismus".

Insofern war die Absetzung der KB-Behandlungen von der Kammer nicht zu beanstanden.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Sprungrevision war nach § 160 SGG zuzulassen, da die Frage der Wahlfeststellung von grundsätzlicher Bedeutung ist und weiterer Konturierung bedarf.
Rechtskraft
Aus
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