S 14 R 70/19 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 R 70/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 241/19 BER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der am 30.01.2019 eingegangene Antrag des Antragstellers vom 25.01.2019 auf einstweiligen Rechtschutz wird abgelehnt. Die Beteiligten haben untereinander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine teilweise Verrechnung seiner Rentenauszahlungsansprüche mit Ansprüchen der beigeladenen Bahn-BKK gegen ihn, die auf rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen aus den 1990er Jahren für ehemals Beschäftigte eines früheren Unternehmens des Antragstellers nebst darauf bezogener Säumniszuschläge beruhen. Der am 00.00.1954 geborene Antragsteller bezieht seit 01.02.2018 von der Antragsgegnerin Regelaltersrente iHv monatlich 714,44 EUR brutto bzw. 636,93 Euro netto. Die beigeladene Bahn-BKK machte mit einem am 03.01.2018 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben vom 29.12.2017 ein Verrechnungsersuchen über eine Forderung gegen den Antragsteller auf Zahlung rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.12.1997 iHv 31.699,83 Euro (Hauptforderung: 9.404,33 Euro, Säumniszuschläge über 20 Jahre: 22.295,50 Euro ) geltend. Die Antragsgegnerin hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 23.04.2018 zur beabsichtigten Verrechnung von 318,82 Euro monatlich von der Netto-Monatsrente zu Gunsten der Bahn-BKK an und wies auf die Möglichkeit hin, die Hilfebedürftigkeit nachzuweisen. Der Antragsteller antwortete, dass seine Ansprüche auf Altersrente weit unter jeder Pfändungsfreigrenze, auch bei Mit-Berücksichtigung seiner Ehefrau, lägen. Zudem mache das Forderungsbegehren für ihn ja keinen Sinn. Er bezweifle das Recht der Antragsgegnerin, für andere Einrichtungen Geld einzutreiben. Durch die Verrechnung würde Hilfebedürftigkeit nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) eintreten. Schließlich wies der Antragsteller, damals noch anwaltlich vertreten, auf die Belastungen durch laufende monatliche Zahlungen für die von ihm und seiner Ehefrau genutzte Mietwohnung hin. Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 16.11.2018 den bestandskräftig festgestellten Anspruch der Bahn-BKK in Höhe von 31.699,83 Euro mit der Altersrente des Antragstellers nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I verrechnet. Die Verrechnung erfolgte darin ab 01.12.2018 beginnend mit dem Betrag von 329,09 Euro monatlich bis zur Tilgung der Forderung. Dagegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 26.11.2018, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 27.11.2018, Widerspruch und führte u,a, in der Folgezeit aus, er selbst und seine Ehefrau verfügten über kein Vermögen. Er sei in jedem Fall auf die ungekürzte Altersrente angewiesen. Im Übrigen führte er u.a. aus, gegenüber der Bahn-BKK bemühe er sich um interne Regelungen. Er könne monatlich 100 Euro, aber auch nicht mehr, an die Beigeladene zahlen. Auf Nachfrage konnte die Beigeladene am 17.12.2018 keine Ratenzahlungsverhandlungen oder gar Vereinbarungen mit dem Antragsteller bestätigen. Die vormaligen Bevollmächtigten des Antragstellers haben laut Schreiben vom 23.01.2019 die anwaltliche Vertretung des Antragstellers niedergelegt. Zur Frage der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII erhielt die Antragsgegnerin auf telefonische Anfragen am 04.01.2019 und 08.01.2019 vom zuständigen Sozialhilfeträger, dem Kreis C., die Auskunft, auch unter Berücksichtigung der eigenen Altersrente der Ehefrau des Antragstellers und der von beiden Eheleuten bewohnten, nach den einschlägigen Maßgaben des SGB XII zu groß bemessenen Wohnung, liege unter Berücksichtigung der Verrechnung über nunmehr 328,91 Euro monatlich zu Gunsten der Beigeladenen kein Sozialhilfe-Bedarf des Antragstellers vor. Am 30.01.2019 beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom 25.01.2019 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutz "nach § 86 a" beim Sozialgericht Münster (SG) und führte aus, die Vollstreckung sei auszusetzen. Er liege unterhalb des Existenzminimums und könne mit 600 Euro sein Leben nicht bestreiten. Er gerate immer tiefer in die Schuldenfalle. Vorgelegt hat er zuletzt auch noch Kopie des Rentenbescheides der Antragsgegnerin vom 13.02.2019, wonach nunmehr 329,28 Euro monatlich einbehalten werden. Auch dagegen hat der Antragsteller mit einem am 20.02.2019 bei Gericht eingegangen Schreiben Widerspruch eingelegt. Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 27.11.2018 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2018 zur Verrechnung in Höhe von 328,91 Euro monatlich zu Gunsten der Beigeladenen anzuordnen. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag des Antragstellers vom 25.01.2019 abzulehnen. Die Verrechnung sei rechtmäßig. Durch die Verrechnung würde auch keine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII eintreten. Vielmehr habe die telefonisch abgefragte Bedarfsberechnung beim Kreis C. ergeben, dass keine Sozialhilfebedürftigkeit des Antragstellers angesichts Zusammenrechnung der gemeinsamen Einkünfte beider Ehepartner vorliege. Der Sozialhilfeträger bereite einen entsprechenden Widerspruchsbescheid für den Antragsteller vor, werde den Bescheid jedoch voraussichtlich nicht vor dem Monat März 2019 erteilen. Die am 12.02.2019 vom Gericht beigeladene Bahn-BKK hat sich auf ihr Verrechnungsersuchen vom 29.12.2017 bezogen und keinen Anhalt für eine abweichende Entscheidung zu Gunsten des Antragstellers erblickt. Auch ihrer Ansicht nach ist dem Eilantrag nicht zu entsprechen. Das Gericht hat noch eine schriftliche Bedarfsberechnung des Kreises C. als Sozialhilfeträger vom 19.02.2019 beigezogen. Der Kreis bestätigt als zuständige Stelle im Sinne des SGB XII, dass keine Bedürftigkeit des Antragstellers angesichts Zusammenrechnung der gemeinsamen Einkünfte beider Ehepartner –namentlich der beiden Altersrenten und der Verletztenrente des Antragstellers aus der der gesetzlichen Unfallversicherung - vorliege. Der Sozialhilfeträger hat zudem mitgeteilt, dass der Erlass eines abschlägigen Widerspruchsbescheides im März 2019 vorgesehen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

II.
Der am 30.01.2019 eingegangene Eilantrag ist nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) formgerecht und auch im Übrigen zulässig. Der Antrag des Antragstellers vom 25.01.2019, auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 27.11.2018 gegen die Verrechnung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.11.2018 ist allerdings unbegründet. Denn der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 27.11.2018 gegen den Verrechnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 16.11.2018 glaubhaft gemacht. Gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen im Übrigen weder ernstliche Zweifel noch führt die Vollziehung für den Antragssteller zu unbilliger Härte.

Gem. § 86a Abs. 1 S. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Durch die Verrechnung nach § 52 SGB I wird der Rentenanspruch des Antragstellers zum Teil bei fortbestehendem Anspruch mit Forderungen der Beigeladenen anteilig aufgezehrt. Der Entfall der aufschiebenden Wirkung folgt hierbei sodann aus § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Norm besagt, dass die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten entfällt. Vorliegend richtet sich die Klage nicht gegen die Entscheidung über eine Beitragspflicht. Denn solcherart Entscheidungen, namentlich die entsprechenden Beitragsbescheide der Beigeladenen, sind hier nicht angegriffen worden und waren im Übrigen bereits (langjährig) bestandskräftig. Gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Verrechnung stellt hingegen eine Anforderung von Beiträgen iSv § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG dar. Der Begriff der Anforderung ist abgaben- und kostenrechtlich nicht definiert. Er ist folglich entsprechend der Funktion des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG auszulegen. Erfasst wird zunächst der Leistungs- bzw. Heranziehungsbescheid, mithin die behördliche Geldanforderung als solche. Nach Sinn und Zweck meint § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei freiwillig nicht befolgtem Leistungsbescheid darüber hinaus die Verwirklichung eines Bescheides durch Vollstreckungsmaßnahmen als besonders intensive Form der Anforderung. (vgl. für die Parallelnorm des § 80 VwGO Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hg.), VwGO, 20. Erg.-Lief. 2010, § 80 Rn. 121). Unter Anforderung sind nicht nur Geldanforderungen zu verstehen, sondern alle Verwaltungsakte, die zur Realisierung des behördlichen Anspruchs auf öffentliche Abgaben ergehen (vgl. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, V. Kap. Rn. 14; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 86a Rn. 13a).

Damit beinhaltet § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG eine vorweggenommene generalisierende gesetzliche Interessenabwägung zugunsten der öffentlichen Haushalte für den sozialrechtlichen Bereich. Mithin überträgt die Vorschrift den Vorrang der Finanzierungssicherheit auf die Bedürfnisse des Sozialrechts. Der Gesetzgeber verlagert das Vollzugsrisiko in diesen Fällen auf den Bescheids-Adressaten, um so die Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger zu gewährleisten ( Krodel, Sozialgerichtliches Eilverfahren, 2. Aufl. 2008, Rn. 105). Bei der vorliegenden Verrechnung gem. § 52 SGB I handelt es sich um eine Entscheidung zur Anforderung von Beiträgen i. S. d. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (LSG) Beschluss vom 14.02.2011 – L 5 R 17/11 B ER, juris Rn. 11, ebenso Krodel , aaO., 2. Aufl. 2008, Rn. 107-110, vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 21.03.2016.- L 1 R 471/15 B ER, juris ; aA noch LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 02.09.2010 – L 3 R 347/09 B ER, wonach § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG einschlägig sei; jeweils nach juris). In diesen Fällen kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage ganz oder teilweise anordnen (§86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Einen ausdrücklichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet danach hier aufgrund folgender Interessenabwägung: Je größer die Erfolgsaussichten, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Ist der in der Hauptsache zulässige Rechtsbehelf (Widerspruch bzw. Klage) aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Dem gegenüber ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wenn der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt wird. Dann ist auf der Basis einer summarischen Prüfung der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher als der Misserfolg (vgl. Hessisches LSG Beschluss vom 26.03.2009 - L 1 KR 331/08 B ER, juris Rn. 25; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rdnr. 12b und § 86a Rn. 27a, mwN). Sind Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes nicht derart eindeutig zu beurteilen, sind neben den Erfolgsaussichten weitere Gesichtspunkte in die Abwägungsentscheidung einzustellen, insbesondere auch eine Folgenabwägung sowie die Berücksichtigung des Regel-Ausnahmeverhältnisses nach § 86a Abs. 2 SGG (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 12 ff).

Am Maßstab des Vorstehenden kommt – auf der Basis des aktuellen Sach- und Streitstandes – die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht, weil der angegriffene Bescheid nicht offensichtlich rechtswidrig ist und die Vollziehung für den Antragsteller auch keine unbillige Härte bedeutet. In formeller Hinsicht geht das Gericht mit der maßgeblich vom 13. Senat des Bundessozialgerichts – BSG - geformten Rechtsprechungslinie davon aus, dass die Verrechnung nach § 52 SGB I durch Bescheid, also Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X, erfolgt (vgl. BSG Beschluss v. 25.02.2010 – B 13 R 76/09 R, juris, - Großer Senat des BSG Beschluss vom 31.08.2011 - GS 2/10 -, juris - dazu auch: Schäfer, wolters- kluwer- online Kommentar zum SGB I, Stand 30.10.2016, § 52 Rn. 2 ff., § 51 ff Rn. 2 ff ,mwN). Mithin war das Handeln der Antragsgegnerin nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die ausgesprochene Verrechnungserklärung nicht in dieser Handlungsform hätte erfolgen dürfen. Mit dem Verwaltungsakt hat die Antragsgegnerin die zutreffende Handlungsform gewählt (so bereits BSG Beschluss v. 25.02.2010 – B 13 R 76/09 R, juris Rn. 15). Rechtsgrundlage des Verwaltungshandelns ist hier § 52 SGB I. Nach dieser Norm kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger – die Antragsgegnerin – mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers – der beigeladenen Bahn-BKK – deren Ansprüche gegen den Berechtigten – den Antragsteller – mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufendende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig iSd Vorschriften des SGB XII oder des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wird. Dabei ist die Verrechnung nach § 52 SGB I eine Sonderform der Aufrechnung nach § 51 SGB I in dem Sinne, dass es bei der Verrechnung an der Gegenseitigkeit der Forderung fehlt, weil die noch offenen Beiträge vorliegend eben der Beigeladenen und nicht der Antragsgegnerin zustehen. Gesamtsozialversicherungsbeiträge sind solche iSd § 51 Abs. 2 SGB I, mit denen nach § 52 SGB I eine Verrechnung durchgeführt werden kann. Die sich gegenüberstehenden Forderungen – die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der Anspruch auf Altersrente – sind weiterhin Geldleistungsansprüche nach § 51 SGB I und damit gleichartig.

Auch ist die Verrechnung durch die Antragsgegnerin formell nicht zu beanstanden. Vor Erlass des Bescheides hat sie den Antragsteller u.a. angehört, § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die materiellen Einzelvoraussetzungen der Verrechnung nach § 52 SGB I iVm § 51 SGB I als Grundmodell ( vgl. Schäfer, wolters-kluwer online-Kommentar zum SGB I, Stand 30.10.2016, § 52 Rn. 2 ,mwN) sind ebenso erfüllt, nämlich: ein Verrechnungsersuchen, hier in Gestalt des Schreibens der Beigeladenen vom 29.12.2017, die Aufrechnungslage iSv § 51 SGB I unter Verzicht auf die Voraussetzung der Gegenseitigkeit und schließlich die Ermächtigung des anderen Leistungsträgers. Der Antragsgegnerin lag die wirksame Ermächtigungserklärung als empfangsbedürftige Willenserklärung, die zu der Befugnis des ermächtigten Leistungserbringers führt, im eigenen Namen dessen Forderung zu verrechnen (Seewald in Kassler Kommentar, § 52 SGB I, Rn. 8 f), vor. Als empfangsbedürftige Willenserklärung muss die Ermächtigungserklärung hinreichend substantiiert sein. Sie muss Art und Umfang der Forderung so genau bezeichnen, dass der Ermächtigte als Empfänger der Willenserklärung ohne weiteres eine substantiierte Verrechnungserklärung abgeben kann (BSG Urteil vom 24.07.2003 - B 4 RA 60/02 R - juris). Das Verrechnungsersuchen der Bahn BKK vom 27.12.2017 war hier so hinreichend bestimmt. Die Aufrechnungslage folgt daraus, dass die Forderung der Beigeladenen auf Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen nebst Säumniszuschlägen nach den Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) fällig und bestandskräftig. Die von dieser Verrechnungsermächtigung der Bahn BKK vom 27.12.2017 an die Antragsgegnerin erfassten und gegen den Antragsteller geltend zu machenden Ansprüche auf Zahlung rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge waren entstanden und fällig. Die Forderung beruht auf entsprechenden Beitragsbescheiden , § 28f Abs.3 Satz 3 SGB IV. Diese lagen der Beigeladenen vor und waren Bestandteil der Verwaltungsentscheidung. Die Forderung ist zudem ersichtlich zwischenzeitlich durch erhebliche Säumniszuschläge – gesetzeskonform bei 20 Jahre andauerndem Verwaltungsverfahren - angewachsen. Die aufgelaufenen Säumniszuschläge selbst waren wiederum zu Recht bei den Beitragsansprüchen iSv § 51 Abs. 2 SGB I zu berücksichtigen, weil sie als Nebenforderung Teil der Beitragsforderung sind( ebenso bereits Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 51 SGB I, Rn. 26). Eine Verjährung der Beitragsforderungen war schließlich auch nicht eingetreten, da wegen der Bestandskraft der Beitragsnachweise gem. § 52 Abs. 2 SGB X die 30-jährige Verjährungsfrist gilt. Die Antragsgegnerin hat zudem ermessenskonform gehandelt. Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es mit § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I zu verlangen, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (überhaupt) ausübt, und dass er dabei im Übrigen auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält ( vgl. Lilge, SGB I 4. Auflage 2016 § 52 Rn. 4 a). Es steht also im pflichtgemäßen Ermessen des für die Geldleistung zuständigen Leistungsträgers ( vgl. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I ), ob er die Verrechnung gegenüber dem Berechtigten vornimmt ("Ermessens-Kann"), wobei zudem die wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsempfängers und haushaltsrechtliche Erwägungen zu berücksichtigen hat ( vgl. Voelzke, in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl. § 51 Rn 64-67; Thelen, DAngVers 1987, 111; Timme, in: LPK-SGB I, 3. Aufl. § 52 Rn. 3; Hauck, in: Hauck/Noftz, SGB I, K § 52 Rn 7, 8; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl. § 52 Rn 6, 7; Seewald, in: KassKomm, SGB I, § 51 Rn 13 a, Fassung 4/2012; BSG Urt. v. 7. 2. 2012 - B 13 R 85/09 R – juris Rn 65, 66 m. w. N. = SGb 2012, 217). Diese in eingeschränktem Umfang überprüfbare Ermessensentscheidung liegt auch bei dem Verrechnungsbescheid vom 16.11.2018 vor. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin ist sachgerecht. Der für die Sozialleistung zuständige Leistungsträger – hier die Antragsgegnerin als Träger der Rentenversicherung nach dem SGB VI - hat bei der Ermessensentscheidung identische Erwägungen anzustellen wie in den Fällen des § 51 SGB I ( Schäfer, wolters-kluwer- online Kommentar zum SGB I, Stand 30.10.2016,§ 51 Rn. 2, 3). Die betragsmäßige Begrenzung und weitere Kriterien, insbesondere auch die Belange des ermächtigenden Leistungsträgers, sind mit zu berücksichtigen. Namentlich gilt bei Verrechnung einer Renten-(nach)zahlung mit Ansprüchen auf rückständige Sozialversicherungsbeiträge, dass keine Sozialhilfebedürftigkeit eintreten darf und der für die Sozialleistung zuständige Leistungsträger dies zu überprüfen hat ( siehe ebenso Schäfer, wolters-kluwer- online Kommentar zum SGB I, Stand 30.10.2016,§ 52 Rn. 2,mwN). Das war hier mit den Nachfragen der Antragsgegnerin beim Kreis Borken als SGB XII-Leistungsträger im Laufe des Januar 2019 erkennbar und auch hinreichend klarstellend geschehen. Nach dem aktenkundigen Ergebnis dieser Erkundigungen wiederum konnte die Antragsgegnerin zu Recht die Interessen der Versichertengemeinschaft an der sachgerechten Verwendung der Mittel hierfür vorrangig halten. Weitere etwaige Ermessensfehler der Antragsgegnerin sind auch im Übrigen im Rahmen summarischer Überprüfung hier nicht feststellbar. Zudem gilt, dass etwaige Einwände des Antragstellers gegen Grund und Höhe der Beitragsforderung aus den 1990er Jahren für damalige unternehmerische Tätigkeiten allenfalls gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen (gewesen) wären. Die Pfändungsfreigrenzen der Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 850 a ff ZPO, sind entgegen der Vorstellung des Antragstellers vom Eingreifen des allgemein pfändungsfreien Existenzminimums hier gerade nicht zu beachten. Denn die Vorschriften zur Auf- und Verrechnung der §§ 51 Abs. 2, 52 SGB I stellen besondere Regelungen dar, die einen Zugriff auf das grundsätzlich unpfändbare Vermögen des Betroffenen für die Fälle erlaubt, wenn Beiträge nicht entrichtet oder zu Unrecht Sozialleistungen gewährt wurden und der Betroffene dadurch nicht hilfebedürftig wird. Diese Privilegierung der Sozialleistungsträger gegenüber anderen Gläubigern, die die Vorschrift des § 394 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu beachten haben, ist vom Gesetzgeber aus sozialpolitischen und verwaltungstechnischen Gründen so gewollt. Das Interesse an der vollständigen und rechtzeitigen Realisierung der Einnahmen zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Systems der sozialen Sicherung nach Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz überwiegt als Interesse der Versichertengemeinschaft das Interesse des Antragstellers an einer ungekürzten Auszahlung des Rentenanspruchs (vgl. BSG Urteil vom 7.02.2012 - B 13 R 85/09 R -; Thüringer LSG Beschluss vom 18.07. 2011 - L 6 R 95/11 B ER; Sächsisches LSG Urteil vom 6.06.2012 - L 3 R 314/11 -; Bayerisches LSG Urteil vom 23.04.2013 - L 20 R 819/09 -; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 29.01.2015 - L 2 R 148/13 -, jeweils nach juris). Der Gesetzgeber hat aus sozialpolitischen und verwaltungstechnischen Gründen die Leistungsträger gegenüber anderen Gläubigern privilegiert. Die Aufrechnung wird nicht einmal durch ein Insolvenzverfahren berührt ( vgl. ebenfalls Schäfer, wolters-kluwer- online Kommentar zum SGB I, Stand 30.10. 2016, § 51 Rn. 2 ff und § 52 Rn. 2 ff., jeweils mwN). Die Verrechnung erfasst auch zu Recht die Zahlungsansprüche des Antragstellers. Die sind seine Rechte aus der ihm zuerkannten Regelaltersrente , die jeweils bereits entstanden und erfüllbar war (§ 118 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI). Laufende Geldleistungen sind solche, auf die der Berechtigte einen dem Grunde nach widerkehrenden Anspruch hat Das Gericht kommt nach Abwägung aller maßgeblichen Punkte und bei der im Eilverfahren gebotenen, grundsätzlich aber auch hinreichenden summarischen Prüfung nach derzeitigem Kenntnisstand dazu, dass aktuell das Aussetzungsinteresse des Antragstellers keineswegs das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Durchführung der Verrechnung gem. §§ 52, 51 SGB I zu Gunsten der Beigeladenen überwiegt. Denn der Antragsteller hat keine Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB XII ,trotz wiederholter Aufforderung durch die Antragsgegnerin im Laufe von rund 12 Monaten vorgerichtlicher Korrespondenz, plausibel gemacht geschweige denn nachgewiesen. Zudem ist derzeit bis zur angekündigten Widerspruchsentscheidung des Kreises C. als SGB XII-Träger gegenüber dem Antragsteller im März 2019 die Berechnung der Antragsgegnerin durch den Kreis C. vom 19.02.2019 gegenüber dem Gericht als zutreffend anzusehen. Damit hat der Antragsteller bei gemeinsamer Lastentragung im Rahmen der der ehelichen Gemeinschaft mit seiner Ehefrau eben gerade keinen Hilfebedarf nach dem SGB XII glaubhaft gemacht. Mit den in die aktenkundige Berechnung des Kreises Borken vom 19.02.2019 im Einzelnen eingestellten Beträgen, die den SGB XII Hilfebedarf keinesfalls stützen, war die vom Antragsteller begehrte aufschiebenden Wirkung des am 27.11.2018 bei der Antragsgegnerin eingegangen Widerspruchs zu versagen. Die eher explizit schlichten Erklärungen des Antragstellers zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergeben für die gerichtliche Entscheidungsfindung abschließend auch nichts Abweichendes (Hessisches LSG Urteil vom 27.01.2012 - L 5 R 40/11 , juris). Es geht zu seinem Nachteil, dass ihm die Glaubhaftmachung als eigene Obliegenheit nicht gelungen ist. Es fehlte es an der Basis für eine abweichende Entscheidung. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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