S 9 KR 61/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 61/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 61/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 962,88 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine stationäre Behandlung der Versicherten Q. in der Zeit vom 19.05.2004 - 25.05.2004.

Die 1900 geborene Versicherte wurde in der Zeit vom 02.03.2004 bis 25.05.2004 stationär in der klägerischen Klinik behandelt. Der Entlassungsbericht vom 08.06.2004 führt folgende Diagnosen auf:
Bulimia nervosa, mittelgradige depressive Episode, histrionische Persönlichkeitsstörung.

Die Beklagte übernahm die Kosten der stationären Behandlung bis einschließlich 18.05.2004. Eine darüber hinausgehende Kostenübernahme lehnte die Beklagte ab. Sie nimmt Bezug auf ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Westfalen-Lippe vom 17.02.2005. Dr. G. vertrat in diesem Gutachten die Auffassung, eine Kostenübernahme bis 19.05.2004 sei vertretbar.

Der Kläger hat am 17.06.2004 Klage erhoben. Zur Begründung führte er aus, die stationäre Behandlung der Versicherten bis 25.05.2004 sei medizinisch notwendig gewesen. Hintergrund der Erkrankung der Versicherten sei u. a. ein familiärer Konflikt zu der Mutter gewesen. Erst im Zuge der Behandlung sei für die Versicherte deutlich geworden, dass die Mutter einen Auszug aus der bis dato gemeinsamen Wohnung gewünscht habe. Hierüber sei es zu einer depressiven Dekompensation der Versicherten gekommen. In der weiteren Folge sei die Versicherte dann zielstrebig auf die Entlassung in eine eigene Wohnung vorbereitet worden. Eine solche Wohnung habe schon während der Behandlungszeit der Versicherten gefunden werden können. Erst durch diese Konkretisierung des künftigen Alleinlebens sei dann die Dekompensation der Versicherten in Bezug auf die bevorstehende Entlassung eingetreten. Dies sei weder konkret voraussehbar gewesen noch habe einer solchen Dekompensation frühzeitig entgegengewirkt werden können. Ein angemessene Verlängerung der Behandlung bis 25.05.2004 sei aus Sicht der behandelnden Ärzte notwendig gewesen, um die Gefahr eines Rückfalles zu vermeiden.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 962,88 nebst Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über den Basiszinssatz der EZB seit dem 07.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf ein weiteres Gutachten von Dr. G. vom MdK.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Professor Dr. C., Institut für medizinische Begutachtung C ...
Wegen des Inhalts des Gutachtens wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Krankenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die Übernahme der Kosten für die weitere stationäre Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 19.05.2004 bis abgelehnt.

Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten in der Zeit vom 19.05.2004 bis 25.05.2004 nicht medizinisch notwendig war. Der Sachverständige Professor Dr. C. kommt in seinem Gutachten vom 15.02.2006 zu dem Ergebnis, dass eine Entlassung der Versicherten aus der stationären Behandlung schon zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfolgen können, jedenfalls zum 19.05.2004. Der Sachverständige weist darauf hin, dass aus der Krankenakte der klägerischen Klinik nicht hervorgeht, mit welcher medizinischen Indikation die stationäre Aufnahme begründet wurde. Dem Verlaufsbericht über die Behandlung der Versicherten ist zu entnehmen, dass die Behandlung von der Psychotherapeutin Frau Dipl.-Psychol. N., bei der sich die Versicherte seit gut einem Jahr in Behandlung befand, empfohlen wurde. Der Sachverständige geht aufgrund der Angaben in der Krankenakte davon aus, dass die Aufnahme in die klägerische Klinik aufgrund einer sich zuspitzenden Krisensituation erfolgte, wenngleich dies nicht zwingend in der Krankenakte dokumentiert ist. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass seit Anfang Mai eine Fortsetzung der psychotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen im stationären Rahmen nicht mehr zu begründen gewesen sei. Die Krankenhausärzte hätten "ex ante" erkennen müssen, dass von der Versicherten geklagten Beschwerden die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu begründen vermochten. Im Rahmen einer ärztlichen Visite zeigte sich, dass die Versicherte sich mit der Lösung aus dem Elternhaus auseinandersetzte und auch eine eigene Wohnung gefunden hatte. Dieses ist der Zeitpunkt, zu dem nach Überzeugung des Sachverständigen die stationäre Behandlung nicht fortgesetzt werden musste, sondern vielmehr die angestrebte Loslösung vom Elternhaus hätte bewirkt werden müssen. Der Kontakt zu der Dipl.-Psychol. N., die die Versicherte zuvor behandelt hatte, sei zu diesem Zeitpunkt auch bereits wieder hergestellt worden. Gerade um einer regressionsfördernden Entwicklung entgegenzuwirken, sei die Entlassung aus der stationären Behandlung zu einem früheren Zeitpunkt notwendig gewesen.

Die Kammer folgt dem Inhalt des überzeugenden und schlüssig begründeten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C. im vollen Umfange. Die Beurteilung der Frage der medizinischen Notwendigkeit einer weiteren stationären Krankenhausbehandlung durch den Sachverständigen erfolgte aufgrund der Dokumentation der klägerischen Klinik. Anhaltspunkte, die die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung für den hier streitigen Zeitraum zu begründen vermöchten, finden sich in der Krankenakte gerade nicht. Die Stellungnahme von Prof. Dr. I. vom 30.06.2006 vermag nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Soweit Prof. Dr. I. die Auffassung vertritt, es habe sich bei der Behandlung nicht um eine Krisenintervention gehandelt, sondern um eine psychosomatische/psychotherapeutische Krankenhausbehandlung, vermag die Kammer hierin keinen Widerspruch zu dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C. zu erkennen. Der Sachverständige Prof. Dr. C. hat, wie bereits oben ausgeführt, mangels konkreter Angaben in der Dokumentation der klägerischen Klinik aufgrund der Gesamtumstände der Behandlung, soweit sie sich aus der Krankenakte ergeben, gefolgert, dass die Aufnahme in die klägerische Klinik nach gut einjähriger ambulanter psychotherapeutischer Behandlung bei der Dipl.-Psychol. N. erforderlich wurde wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Sinne einer Zunahme der psychischen Symptomatik. In diesem Sinne handelt es sich um eine Krisenintervention mit den Mitteln einer stationären Psychotherapie. Anhand der dokumentierten Krankengeschichte ist auch unter Berücksichtigung der Angaben von Prof. Dr. I. die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung im streitigen Zeitraum nicht zu begründen.

Die Kammer hat auch keine Zweifel daran, dass der Sachverständige Prof. Dr. C., als Arzt für Neurologie und Psychiatrie und ehemaliger Direktor und leitender Arzt der rheinischen Kliniken Köln die erforderlichen Fachkenntnisse besitzt, um den hier streitigen Sachverhalt sachverständig beurteilen zu können.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 VWGO.
Rechtskraft
Aus
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