L 4 KR 2220/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 3577/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2220/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. April 2017 werden zurückgewiesen.

Die Beklagten erstatten der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Mitgliedschaft bei den Beklagten ab dem 1. Mai 2016.

Die 1962 geborene Klägerin war ab 1. Oktober 2010 selbständig als Immobilienkauffrau tätig und privat kranken- und pflegeversichert.

Am 15./18. April 2016 schloss sie zum 1. Mai 2016, befristet bis zum 30. April 2017, mit der P GmbH (im Folgenden PH) einen Arbeitsvertrag (AV) über eine Beschäftigung als Wohnmaklerin in der Immobilienvermittlung. Vereinbart wurde eine sechsmonatige Probezeit mit einer Frist zur ordentlichen Kündigung von zwei Wochen. Nach § 3 AV war der Mitarbeiter vollbeschäftigt und setzte seine ganze Arbeitskraft im Interesse der Gesellschaft ein. Zum Entgelt wurde im AV kein konkreter Betrag geregelt, sondern in § 4 AV auf kollektivrechtliche Regelungen, insbesondere die Betriebsvereinbarung der PH, verwiesen. Nach dieser wurden neben dem Grundgehalt eine Kaufvertragsprämie bei erfolgreichem notariellen Abschluss in Höhe von je EUR 300,00 sowie eine Provisionsbeteiligung bei Überschreiten einer Nettoumsatzgrenze von EUR 105.000,00 jährlich gezahlt. Diese betrug zunächst 20 % und konnte sich steigern. § 7 AV erlaubte Nebenbeschäftigungen nur mit Zustimmung der Arbeitgeberin. Der Mitarbeiter durfte danach insbesondere während der Dauer seines Anstellungsverhältnisses weder selbständig noch bei einer anderen Person oder Firma in irgendeiner Form im Geschäftszweig der Gesellschaft eine Konkurrenztätigkeit ausüben.

Am 22. April 2016 meldete die Klägerin ihr Gewerbe zum 30. April 2016 wegen vollständiger Aufgabe des gesamten Betriebes ab.

Zum 1. Mai 2016 nahm die Klägerin die Tätigkeit für die PH auf. Zunächst befand sie sich in einer Einarbeitungsphase im Bürostandort U., um interne Systeme und Prozesse zu erlernen. In diesem Zusammenhang absolvierte sie mit anderen Mitarbeitern der PH vom 9. bis 20. Mai 2016 eine ganztägige interne Einführungsschulung in Vollzeit mit auswärtiger Unterbringung. Anschließend war sie wiederum im Büro in U. tätig zur weiteren Einführung und Unterstützung der dortigen Arbeiten. Es bestand eine Kernzeit von 8.30 bis 17.00 Uhr. Eine Nebentätigkeit meldete die Klägerin nicht an. PH meldete die Klägerin am 20. Mai 2016 bei der Beklagten zu 1 als zuständiger Einzugsstelle zum 1. Mai 2016 als versicherungspflichtig Beschäftigte an. Die Verdienstabrechnung vom 23. Mai 2016 für Mai 2016 wies ein Gesamtbruttoentgelt in Höhe von EUR 2.200,00 (EUR 1.476,55 netto) sowie die Sozialversicherungsbeiträge aus. Das Entgelt für Mai sowie anteilig für Juni 2016 – Austritt am 1. Juni 2016 – wurde ausbezahlt, die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt (Lohnkonto der PH).

Bereits unter dem 22. April 2016 beantragte die Klägerin die Mitgliedschaft bei den Beklagten zum 1. Mai 2016. Dabei gab sie an, ab 1. Mai 2016 als Angestellte mit monatlichem Brutto in Höhe von EUR 2.200,00 beschäftigt zu sein, und verneinte, nebenher noch selbständig tätig zu sein. Mit formlosen Schreiben der Beklagten zu 1 vom 25. April 2016 begrüßte diese die Klägerin als Mitglied und übersandte ihr eine Mitgliedsbescheinigung mit Mehrfertigung für die Arbeitgeberin.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 15. Juni 2016 und bot eine einvernehmliche Beendigung zum 1. Juni 2016 an. PH bestätigte die Kündigung zum 1. Juni 2016 mit Schreiben vom 13. Juni 2016. In ihrem Lohnkonto wurde ein Ausscheiden zum 1. Juni 2016 gebucht. Am 13. Juni 2016 meldete die Klägerin zum 1. Mai 2016 ein Gewerbe als Immobilienbüro und Maklertätigkeit (§ 34c Gewerbeordnung [GewO]) als Neugründung an, das nicht (vorerst) im Nebenerwerb geführt werde.

Am 22. Juni 2016 beantragte sie bei der Beklagten zu 1 die Durchführung der freiwilligen Versicherung ab 1. Juni 2016. Dabei gab sie an, seit 2010 selbständig tätig zu sein. Ihre Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bezifferte sie auf EUR 35.000,00 jährlich.

Mit formlosen Schreiben vom 23. Juni 2016 (Betreff: "Hauptberufliche selbständige Tätigkeit – Ihre Beschäftigung bei dem Arbeitgeber [PH]") führte die Beklagte zu 1 Folgendes aus: "Sie sind bei der [Beklagten zu 1 und 2] als Beschäftigte kranken- und pflegeversichert. Seit 1. Mai 2016 haben Sie eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Damit ich prüfen kann, ob die hauptberuflich selbständig tätig oder als Arbeitnehmer versicherungspflichtig sind, füllen Sie bitte beiliegenden Fragebogen aus ".

Im übersandten Fragebogen vom 28. Juni 2016 gab die Klägerin als Beginn der selbständigen Tätigkeit "2010 und wieder ab 5/2016" sowie als Änderung der selbständigen Tätigkeit "im Mai angestellt bei [PH]" an. Inhalt der selbständigen Tätigkeit sei ein Immobilienbüro; der wöchentliche Arbeitsaufwand liege bei 40 Stunden. Auf die Frage, ob das Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit ihre einzige Einnahmequelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts sei, antwortete sie "(ab Juni), ja". Die Höhe der jährlichen Einkünfte bezifferte sie auf EUR 35.000,00 bis EUR 40.000,00. Die Neuanmeldung sei im Juni 2016 rückwirkend für Mai (2016) erfolgt. Sie stehe nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Sie legte in der Folge vor Teile des Einkommensteuerbescheides 2014 (Einkommen aus Gewerbetrieb EUR 35.887,00; sonstige Einkünfte EUR 13.703,00), einen "Vorjahresvergleich Juni 2016" des Rechnungswesens mit einheitlich ausgewiesen Umsätzen, Kosten und Betriebsergebnis von Januar bis Juni 2016 (1. Halbjahr 2015 EUR 54.995,61; 1. Halbjahr 2016 EUR - 3.507,27) sowie den AV als "Nachweis für Vollzeitstelle". Mit Schreiben vom 6. August 2016 bat sie um Mitteilung der Beitragshöhe und führte ergänzend aus, sie sei im Mai (2016) in Vollzeit bei PH beschäftigt gewesen, ihr Gewerbe sei abgemeldet gewesen. Nach der Kündigung habe sie es rückwirkend angemeldet, weil es steuerlich so einfacher gewesen sei. Im Mai habe sie das Gewerbe nicht ausgeübt und keine Einnahmen aus Selbständigkeit gehabt.

Mit Bescheid zur "Kranken- und Pflegeversicherung" vom 10. August 2016 lehnte die Beklagte zu 1 sinngemäß die Durchführung der Mitgliedschaft ab. Die Klägerin sei seit 1. Mai 2016 hauptberuflich selbständig tätig. Mit einem Arbeitsaufwand von 40 Stunden wöchentlich und einem monatlichen Gewinn in Höhe von EUR 3.333,33 überwiege die selbständige Tätigkeit die Beschäftigung, aus der die Klägerin nur ca. EUR 1.136,50 erziele. Eine Mitgliedschaft sei daher nicht zustande gekommen.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, im Mai 2016 in Vollzeit beschäftigt gewesen zu sein. PH sei durch einen Headhunter auf sie zugekommen; es sei nicht ihr Plan gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2016 wies der gemeinsame Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Eine Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten sei nicht zustande gekommen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 9. November 2016 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) auf Feststellung der Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung seit 1. Mai 2016. Ihr bisheriges Gewerbe habe sie zum 30. April 2016 abgemeldet und sei im Mai 2016 auch nicht neben ihrer Angestelltentätigkeit selbständig tätig geworden. Im Mai 2016 habe sie eine zweiwöchige Fortbildungsveranstaltung der PH besucht. PH habe sie zur Sozialversicherung angemeldet und Sozialversicherungsbeiträge für sie abgeführt. Recht schnell habe sie jedoch erkannt, dass sich die abhängige Beschäftigung bei PH nicht so gestalten werde, wie erhofft, und sich daher im Juni 2016 wieder selbständig gemacht.

Die Beklagten traten der Klage entgegen und führten aus, im Mai 2016 sei die Klägerin sowohl angestellt als auch selbständig tätig gewesen. Unter Berücksichtigung der rückwirkenden Gewerbeanmeldung zum 1. Mai 2016 sei von einer ununterbrochenen Ausübung einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. In der selbständigen Tätigkeit sei im Durchschnitt 40 Stunden pro Woche gearbeitet und ein geschätzter Gewinn von EUR 40.000,00 erwirtschaftet worden. In der abhängigen Beschäftigung habe die Klägerin im EUR Mai 2.273,00 verdient, so dass die wirtschaftliche Bedeutung der selbständigen Erwerbstätigkeit überwogen habe. Weder im Schreiben vom 25. April noch vom 23. Juni 2016 liege mangels verbindlicher Regelung ein Verwaltungsakt über das Bestehen einer Mitgliedschaft der Klägerin. Weder ein Begrüßungsschreiben noch eine Mitgliedschaftsbescheinigung stelle nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) einen Verwaltungsakt dar.

Mit Urteil vom 11. April 2017 hob das SG den Bescheid vom 10. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2016 auf und stellte fest, dass die Klägerin seit dem 1. Mai 2016 bei der Beklagten zu 1 krankenversichertes und bei der Beklagten zu 2 pflegeversichertes Mitglied sei. Schon der Wortlaut des Schreibens vom 25. April 2016 könne als Feststellung einer Mitgliedschaft ausgelegt werden. Jedenfalls das Schreiben vom 23. Juni 2016 stelle einen feststellenden Verwaltungsakt über das Bestehen der versicherungspflichtigen Beschäftigung und damit der Mitgliedschaft ab dem 1. Mai 2016 dar. Mangels Aufhebung sei dieser Bescheid für die Beteiligten bindend. Unabhängig davon sei ein Überwiegen der selbständigen Tätigkeit gegenüber der Beschäftigung im Mai 2016 nicht nachgewiesen. Nach Ende der Versicherungspflicht aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses sei die Klägerin aufgrund der obligatorischen Anschlussversicherung freiwillig kranken- und damit auch sozial pflegeversichert.

Gegen dieses ihnen am 16. Mai 2017 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 6. Juni 2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens insbesondere ausgeführt, zum Zeitpunkt der Ausstellung der Mitgliedsbescheinigung und des Begrüßungsschreibens hätten der Beklagten zu 1 lediglich die Angaben aus dem Mitgliedsantrag vom 22. April 2016 vorgelegen. Weitergehende Prüfschritte auch im Hinblick auf die bekannte Vorversicherung in der privaten Krankenversicherung seien nicht fristgerecht möglich gewesen. Da der tatsächliche Arbeitsbeginn mit dem 1. Mai 2016 noch in der Zukunft gelegen habe, sei noch nicht klar gewesen, ob die Beschäftigung wirklich aufgenommen werde. Der vorliegende Sachverhalt bilde genau die Umstände ab, die das BSG dazu veranlasst habe, in einem Begrüßungsschreiben keinen Verwaltungsakt zu sehen. Das Schreiben vom 23. Juni 2016 stelle nur ein Begleitschreiben zur Übersendung eines Fragebogens dar, aus dem sich eindeutig ergebe, dass das Bestehen einer Versicherungspflicht gerade geprüft werden solle. Die Ausübung einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit bereits im Mai 2016 neben der Beschäftigung ergebe sich bereits aus den eigenen Angaben der Klägerin. Die Aufnahme des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei nur erfolgt, um eine Versicherungspflicht bei den Beklagten hervorzurufen. Nach dem Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 19. Mai 2011 (L 10 KR 52/07 – juris) trete Versicherungspflicht auch bei tatsächlicher Begründung eines Arbeitsverhältnisses nicht ein, wenn dies allein oder im Wesentlichen in der Absicht geschehe, Krankenversicherungsschutz zu erlangen und die Tätigkeit unter Berufung auf eine bekannte Arbeitsunfähigkeit erst gar nicht angetreten oder alsbald wieder aufgegeben werde. Vor einer solchen missbräuchlichen Rechtsgestaltung sei die Versichertengemeinschaft zu schützen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. April 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, insbesondere im Winter 2016 sei ihr Immobiliengeschäft wirtschaftlich in eine kritische Phase gekommen. Nach langen Überlegungen habe sie sich entschieden, ihre Selbständigkeit aufzugeben und als angestellte Immobilienmaklerin bei einem größeren Unternehmen tätig zu werden. In dieser Phase sei auch ein Headhunter der PH an sie herangetreten. Diesen sich bietenden "Strohhalm" habe sie ergriffen. Erst nach Aufnahme der Beschäftigung, dann aber sehr schnell, sei ihr klargeworden, dass die Tätigkeit als Angestellte für sie unpassend sei. Es sei ihr nie darum gegangen, die Voraussetzungen einer Versicherung bei den Beklagten zu konstruieren.

Der Senat hat den Regionalleiter der PH und damaligen Vorgesetzten der Klägerin H. zunächst schriftlich und schließlich durch den Berichterstatter im Erörterungstermin persönlich vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf dessen Schreiben vom 19. September 2017 und das Protokoll vom 17. Oktober 2018 verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des Senats und des SG sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind auch im Übrigen zulässig. Sie bedurften insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Feststellung ihrer Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten ab dem 1. Mai 2016. Streitbefangen ist der dies ablehnende Bescheid vom 10. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2016. Bereits dem Bescheid vom 10. August 2016 ist durch die Angabe "Kranken- und Pflegeversicherung" hinreichend deutlich zu entnehmen, dass sich die Ablehnung auf die Mitgliedschaft nicht nur in der Kranken-, sondern auch der Pflegeversicherung bezieht. Durch die Bescheidung des Widerspruchs in der Sache hat die Beklagte zu 2 deutlich gemacht, dass sie den Bescheid vom 10. August 2016 für sich gelten lassen will.

3. Die Berufungen der Beklagten sind nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht den Bescheid vom 10. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2016 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin bei den Beklagten ab dem 1. Mai 2016 als Beschäftigte versicherungspflichtig und ab 2. Juni 2016 bei der Beklagten zu 1 freiwillig krankenversichert und damit bei der Beklagten zu 2 weiterhin sozial pflegeversichert ist.

a) Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich die Mitgliedschaft der Klägerin als versicherungspflichtig Beschäftigte ab dem 1. Mai 2016 nicht bereits aus einer bindenden Feststellung durch Verwaltungsakt. Weder das Schreiben vom 25. April 2016 (dazu aa) noch das vom 23. Juni 2016 (dazu bb) stellen Verwaltungsakte dar.

Ob ein Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), also insbesondere eine verbindliche Regelung eines Einzelfalles, getroffen wurde, ist durch Auslegung nach dem objektiven Sinngehalt der Erklärung, wie ihn der Empfänger der Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste, zu bestimmen (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 31 Rn. 26 m.w.N.).

aa) Die Übersendung der Mitgliedsbescheinigung durch das Begrüßungsschreiben vom 25. April 2016 traf nach diesen Maßstäben keine Regelung über das Bestehen einer Versicherungspflicht als Beschäftigte ab dem 1. Mai 2016.

Eine Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V stellt keinen Verwaltungsakt mit einer Regelung zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Eine solche Bescheinigung ist bei der Krankenkassenwahl – wie hier wegen Fehlens einer vorherigen Krankenkasse – auszustellen. Deren Wortlaut enthält keine Erklärung zum versicherungsrechtlichen Status, sondern stellt auf die "Mitgliedschaft" ab, was eine Krankenkassenmitgliedschaft nach §§ 173 ff. SGB V meint und nicht kongruent ist mit einer versicherungsrechtlichen Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger in der gesetzlichen Krankenversicherung, deren Beginn und Ende in §§ 186 ff. SGB V geregelt ist. Die Mitgliedsbescheinigung dient der Vorlage bei der zur Meldung verpflichteten Stelle (§ 175 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 SGB V), also in erster Linie der Information dieser Stelle über die ausgeübte Krankenkassenwahl, damit diese die Meldung bei der richtigen (der gewählten) Krankenkasse vornehmen und den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an diese abführen kann (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 12 KR 11/10 R – juris, Rn. 18 ff.). Entgegen der Ansicht des SG gilt dies nicht nur bei einer für einen Krankenkassenwechsel ausgestellten Bescheinigung, sondern auch bei erstmaliger Krankenkassenwahl. Dass diese keine Entscheidung über die Versicherungspflicht enthält, kann ein verständiger Empfänger auch daraus entnehmen, dass diese schon vor Beginn der Versicherungspflicht ausgestellt werden kann, wenn das Wahlrecht zulässigerweise bereits vor Eintritt in eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wird (BSG, a.a.O., Rn. 24).

Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall. Die Mitgliedsbescheinigung wurde der Klägerin nach vorheriger privater Krankenversicherung bei erstmaliger Krankenkassenwahl zur Vorlage bei der Arbeitgeberin als zuständiger Stelle für die Anmeldung und die Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags übersandt. Der Wortlaut bietet keinen Anhaltspunkt für eine anderweitige Auslegung. Gleiches gilt für das Begrüßungsschreiben vom 25. April 2016. Dieses geht weder nach Inhalt noch Wortlaut über die mit ihm verschickte Bescheinigung hinaus. Auch in diesem wird nur die Mitgliedschaft genannt, nicht die Versicherungspflicht.

bb) Das Schreiben vom 23. Juni 2016 stellt ebenfalls keinen feststellenden Verwaltungsakt dar.

Bereits seine Form lässt einen objektiven Empfänger darin keinen Verwaltungsakt erkennen. Es ist weder als "Bescheid" o.ä. bezeichnet noch enthält es eine Rechtsbehelfsbelehrung. Auch der Inhalt lässt sich bei objektiver Betrachtung nicht als einseitige Rechtsfolgensetzung durch die Beklagte zu 1 verstehen. Vielmehr ist dem Wortlaut eindeutig zu entnehmen, dass eine Prüfung der Versicherungspflicht nach Rücksendung des – mit dem Schreiben erst übersandten – Fragebogens getroffen werden soll ("Damit ich prüfen kann, ob Sie hauptberuflich selbständig tätig oder als Arbeitnehmer versicherungspflichtig sind"). Auch dem ersten Satz dieses Schreibens ("Sie sind bei der [Beklagten] als Beschäftigte kranken- und pflegeversichert.") ist kein Rechtsbindungswille der Beklagten zu 1 zu entnehmen, bereits eine verbindliche Feststellung zu treffen. Ein sinnvoller Inhalt einer unterstellten Feststellung ließe sich nicht ermitteln. Der Beginn der genannten Versicherungspflicht als Beschäftigte wird nicht bestimmt. Den Umständen nach konnte eine Feststellung einer solchen Versicherungspflicht nicht für die Zeit bis zum 30. April 2016 erfolgen. Denn die Klägerin war bis zu diesem Zeitpunkt unbestritten selbständig tätig. Die Feststellung könnte sich daher nur auf die Zeit ab dem 1. Mai 2016 beziehen, an dem das Beschäftigungsverhältnis beginnen sollte. Nach dem Inhalt des Schreibens sollte aber gerade zu diesem Zeitpunkt auch die selbständige Tätigkeit aufgenommen worden sein, derentwegen das Bestehen einer Versicherungspflicht ab dem 1. Mai 2016 geprüft werden sollte. Daher konnte aus Sicht eines objektiven Dritten keine Feststellung der Mitgliedschaft als Beschäftigte ab dem 1. Mai 2016 erfolgen. Der erste Satz des Schreibens lässt somit allenfalls erkennen, dass die Beklagte zu 1 von einer dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung ausging, aber die tatsächliche Versicherungspflicht wegen einer möglicherweise entgegenstehenden hauptberuflichen Selbständigkeit gerade geprüft werden sollte. Es wurde somit nicht mehr mitgeteilt, als dass die Klägerin als versicherungspflichtig Beschäftigte gemeldet ist.

b) Die Klägerin war jedoch vom 1. Mai bis 1. Juni 2016 als versicherungspflichtig Beschäftigte Mitglied der Beklagten (dazu aa). Diese Versicherungspflicht ist nicht wegen hauptberuflicher Selbständigkeit entfallen (dazu bb). Seit dem 1. Juni 2016 ist die Klägerin bei der Beklagten zu 1 freiwillig kranken- und damit bei der Beklagten zu 2 (weiterhin) sozial pflegeversichert (dazu cc).

aa) Die Klägerin unterlag vom 1. Mai bis 1. Juni 2016 der Versicherungspflicht als Beschäftigte.

(1) Die Klägerin nahm zum 1. Mai 2016 eine entgeltliche Beschäftigung bei PH auf.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sowie § 20 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sind versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Klägerin ab dem 1. Mai 2016 abhängig beschäftigt. Dies entnimmt der Senat den Regelungen des AV und der Meldung der Arbeitgeberin zur Sozialversicherung. Der AV wurde ausdrücklich als Arbeitsvertrag geschlossen. Die Klägerin war als Mitarbeiterin "vollbeschäftigt" und schuldete den Einsatz ihrer ganzen Arbeitskraft im Interesse der PH (§ 3 AV). Hierfür erhielt sie ein – im Einzelnen näher bestimmtes – Entgelt. Diese Regelungen wurden auch tatsächlich umgesetzt. Die Klägerin nahm die Arbeit auf und unterstellte sich dem Direktionsrecht der PH. So haben der Zeuge H. und die Klägerin übereinstimmend angegeben, dass diese sich zunächst in einer Einarbeitungsphase im Bürostandort U. befand, um interne Systeme und Prozesse zu erlernen. In diesem Zusammenhang absolvierte sie mit anderen Mitarbeitern der PH vom 9. bis 20. Mai 2016 eine ganztägige interne Einführungsschulung in Vollzeit mit auswärtiger Unterbringung. Anschließend war sie nach den glaubhaften Angaben des Zeugen wiederum im Büro in U. tätig zur weiteren Einführung und Unterstützung der dortigen Arbeiten. Es bestand eine Kernzeit von 8.30 bis 17.00 Uhr. Die Entgelte für Mai (in Höhe EUR 2.200,00 brutto, EUR 1.476,55 netto) sowie anteilig für Juni 2016 wurden tatsächlich ausbezahlt und die Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt. Dies entnimmt der Senat den vorgelegten Auszügen des Lohnkontos der PH (Bl. 23/25 der Senatsakte) und der Verdienstabrechnung vom 23. Mai 2016 für Mai 2016. Die PH meldete die Klägerin am 20. Mai 2016 bei der Beklagten zu 1 als zuständiger Einzugsstelle zum 1. Mai 2016 als versicherungspflichtig Beschäftigte an (vorgelegte Meldebescheinigung, Bl. 7 der SG-Akte).

(2) Das Beschäftigungsverhältnis ist weder unwirksam noch im Hinblick auf die daraus folgende Versicherungspflicht rechtsmissbräuchlich.

(a) Die Begründung eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses setzt Willenserklärungen mit der ernsthaften Absicht voraus, die gegenseitigen Pflichten des vereinbarten Arbeitsverhältnisses tatsächlich einzugehen. Wird das Beschäftigungsverhältnis durch ein nach § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtiges Scheingeschäft vorgetäuscht, so wird keine die Versicherungspflicht auslösende Beschäftigung ausgeübt (Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand August 2017, § 5 Rn. 156 m.w.N.).

Ein solches Scheingeschäft liegt hier nicht vor. Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig (§ 117 Abs. 1 BGB). Der Senat sieht keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin und die PH bzw. die für diese handelnden Personen einig gewesen wären, den geschlossenen Arbeitsvertrag nur zum Schein zu begründen und tatsächlich nicht durchführen zu wollen. Auch die Beklagten haben solche nicht konkret bezeichnet. Die tatsächlich vorliegenden Umstände sprechen vielmehr dagegen. Der Zeuge H. hat in seiner Aussage im Erörterungstermin bestätigt, dass im Frühjahr 2016 bei PH eine Stelle in U. offen war, die sie dringend besetzen wollte. Zu diesem Zweck wurde der AV mit der Klägerin geschlossen. Sie zahlte der Klägerin bereits in der Einarbeitungsphase das volle Grundgehalt und übernahm die Kosten der mehrtägigen Schulung mit auswärtiger Unterbringung. Sie meldete die Klägerin zur Sozialversicherung an und führte tatsächlich die Gesamtsozialversicherungsbeiträge ab. Es widerspräche den wirtschaftlichen Interessen der PH, dies in der Aussicht zu machen, dass eine Beschäftigung nur zum Schein oder nur für kurze Zeit durchgeführt werden sollte. Hinweise auf ein kollusives Verhalten bieten sich nicht. Die Klägerin hat sich ihrerseits tatsächlich dem Direktionsrecht unterstellt, hat die Einarbeitung mit Schulungsmaßnahme durchgeführt und ist danach auch tätig geworden. Dies entnimmt der Senat der Aussage des Zeugen H., an deren Glaubhaftigkeit keine Zweifel bestehen. Auch die Beklagten haben solche nicht geltend gemacht. Daher sieht der Senat auch keinen Hinweis auf einen geheimen Vorbehalt der Klägerin, das Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen. Ein solcher wäre nach § 116 Satz 1 BGB allerdings ohnehin unbeachtlich.

(b) Der Versicherungspflicht steht vorliegend auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten entgegen.

Auch bei tatsächlicher Begründung eines Arbeitsverhältnisses tritt Versicherungspflicht gegebenenfalls nicht ein, wenn dies nämlich allein oder im Wesentlichen in der Absicht geschieht, Krankenversicherungsschutz zu erlangen und die Tätigkeit unter Berufung auf eine bekannte Arbeitsunfähigkeit erst gar nicht anzutreten oder alsbald wieder aufzugeben. Vor einer solchen missbräuchlichen Rechtsgestaltung ist die Versichertengemeinschaft zu schützen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. Mai 2011 – L 10 KR 52/07 – juris, Rn. 23 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 29. September 1998 – B 1 KR 10/96 R – juris, Rn. 19; ebenso Gerlach, a.a.O., jeweils auch zum Weiteren). In Fällen, in denen die Umstände ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse nahelegen, bedarf es einer sorgfältigen Aufklärung dieser Umstände und der von den Arbeitsvertragsparteien wirklich verfolgten Absichten. Zusätzliche Ermittlungen sind beispielsweise erforderlich, wenn bereits bei der Arbeitsaufnahme Arbeitsunfähigkeit besteht, dieses bekannt ist und die Arbeit alsbald aufgegeben wird. Liegt außerdem eine familiäre oder verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Arbeitsvertragsparteien vor, ist eine offensichtlich vom üblichen Rahmen abweichende Lohnhöhe vereinbart, hat der Betroffene einen anderweitigen Versicherungsschutz verloren oder ist eine rückwirkende Anmeldung bei der Krankenkasse nach zwischenzeitlichem Auftreten einer kostenaufwendigen Erkrankung erfolgt, kann von einer Versicherungspflicht nur ausgegangen werden, wenn weitere Tatsachen diese Verdachtsmomente entkräften (vgl. Urteil des Senats vom 16. Oktober 2015 – L 4 KR 567/14 – nicht veröffentlicht, m.w.N.).

Vorliegend liegt allein einer der genannten Umstände vor, dass nämlich die Klägerin die Tätigkeit alsbald wieder aufgegeben hat. Sie war jedoch weder zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages, des Beginns der Beschäftigung noch deren Aufgabe arbeitsunfähig oder überhaupt behandlungsbedürftig erkrankt. Die Beschäftigung der Klägerin erfolgte zu den auch für andere Arbeitnehmer der PH geltenden Arbeits- und Entgeltbedingungen. Eine rechtsmissbräuchliche Begründung der Versicherungspflicht mit Blick auf einen damit sofort realisierten Leistungsanspruch ist daher nicht gegeben. Des Weiteren sprechen die bereits unter (a) genannten Umstände gegen eine rechtsmissbräuchliche Rechtsgestaltung und insbesondere gegen ein kollusives Verhalten der PH. Die Klägerin erreicht zwar durch die Aufnahme und Beendigung der Beschäftigung im Anschluss die Möglichkeit der freiwilligen Krankenversicherung (dazu unten). Diesen Versicherungsschutz finanziert sie jedoch mit eigenen Beiträgen. Eine sofortige Leistungsinanspruchnahme nach Begründung der Versicherung stand nicht im Raum. Solches behaupten auch die Beklagten nicht.

(3) Eine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3a Satz 1 SGB V scheidet aus, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns am 1. Mai 2016 53 Jahre alt war und damit das 55. Lebensjahr bei Eintritt der Versicherungspflicht noch nicht vollendet hatte.

(4) Die Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigte begann nach § 186 Abs. 1, § 50 SGB XI mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, also dem 1. Mai 2016. Die Klägerin hat die Beklagte zu 1 nach §§ 173 Abs. 1, 175 Abs. 1 SGB V wirksam als Krankenkasse gewählt. Dem folgt für die Pflegeversicherung die Mitgliedschaft bei der Beklagten zu 2 (§ 48 Abs. 1 SGB XI).

bb) Eine die Versicherungspflicht ausschließende hauptberufliche Selbständigkeit lag im Mai 2016 nicht vor.

Nach § 5 Abs. 5 SGB V (hier in der ab 23. Juli 2015 geltenden Fassung durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG] vom 16. Juli 2015, BGBl. I, S. 1211), für die Pflegeversicherung i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, ist nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Der Senat kann bereits nicht feststellen, dass die Klägerin tatsächlich im Mai 2016 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat.

Für eine bereits im Mai 2016 ausgeübte selbständige Tätigkeit sprechen zunächst die eigenen Angaben der Klägerin im Antrag vom 22. Juni 2016 und im Fragebogen vom 28. Juni 2016. Als Beginn der selbständigen Tätigkeit gab sie im Antrag 2010 an und im Fragebogen "2010 und wieder ab 5/2016". Gleiches gilt für die Antwort im Fragebogen auf die Frage nach dem "alleinigen" Einkommen aus Selbständigkeit ("ab Juni"), die Gewerbeanmeldung zum 1. Mai 2016 sowie die einheitliche Gewinn-/Verlustermittlung für 1. Halbjahr 2016, ohne den Mai 2016 auszunehmen.

Andererseits erfolgte die Gewerbeanmeldung zum 1. Mai 2016 erst rückwirkend am 13. Juni 2016. Zuvor hatte die Klägerin das Gewerbe am 22. April zum 30. April 2016 wegen der vollständigen Aufgabe des Betriebes abgemeldet. Zur Begründung der rückwirkenden Gewerbeanmeldung wie auch der einheitlichen Gewinn/Verlustermittlung gab sie steuerliche Gründe an. Etwaige Folgen unzutreffender Angaben gegenüber der Finanzverwaltung sind vorliegend nicht relevant. Bereits im Fragebogen vom 28. Juni 2016 hatte sie zumindest als Änderung der selbständigen Tätigkeit auf das Beschäftigungsverhältnis hingewiesen ("im Mai angestellt bei [PH]"). Eine tatsächliche selbständige Tätigkeit als Immobilienmaklerin war bei der PH als Arbeitgeberin nicht gemeldet und wäre von dieser auch nicht akzeptiert worden. Dies hat der Zeuge H. bestätigt. Angesichts der Vollzeittätigkeit mit Kernzeiten von werktäglich von 8.30 bis 17.00 Uhr und der ganztätigen Einführungsschulung vom 9. bis 20. Mai 2016 mit auswärtiger Unterbringung erscheint eine daneben durchgeführte selbständige Tätigkeit zumindest fraglich.

(2) Selbst bei Annahme einer selbständigen Tätigkeit bereits im Mai 2016 wurde diese jedenfalls nicht hauptberuflich i.S.d. § 5 Abs. 5 SGB V ausgeübt.

Hauptberuflich ist eine selbständige Tätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet. Maßgeblich sind immer die Umstände des Einzelfalls. Ist die betreffende Person mehr als halbtags als Beschäftigter tätig, wird daneben in der Regel keine hauptberufliche selbständige Tätigkeit mehr möglich sein; eine andere Bewertung kann sich jedoch unter Berücksichtigung des aus der selbständigen Tätigkeit erzielten Einkommens ergeben, wenn dieses etwa die Hauptquelle des Lebensunterhalts bildet und die Einnahmen aus der Beschäftigung bei weitem übersteigt. Geboten ist jeweils eine vorausschauende Sichtweise (Felix in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 5 Rn. 111 m.w.N.).

Die Klägerin war bei PH ab dem 1. Mai 2016 in Vollzeit beschäftigt (vgl. § 3 AV). Es galten Kernzeiten von werktäglich von 8.30 bis 17.00 Uhr. Dies entnimmt der Senat der Aussage des Zeugen H ... Wie oben festgestellt, wurde das Beschäftigungsverhältnis nach diesen Bedingungen auch tatsächlich durchgeführt. Des Weiteren nahm die Klägerin im Mai 2016 an der zwölftägigen Schulungsmaßnahme teil, die ganztätig mit auswärtiger Unterbringung durchgeführt wurde. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Tätigkeit eines Immobilienmaklers teilweise außerhalb der üblichen Geschäftszeiten und am Wochenende ausgeübt wird, verblieb neben der Beschäftigung bei vorausschauender Betrachtung nicht ausreichend Zeit für eine diese überwiegende selbständige Tätigkeit. Außerdem waren auch im Beschäftigungsverhältnis gegebenenfalls Wochenend- und Feiertagsarbeiten geschuldet. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Vergütungsregelung in § 4 Abs. 2 AV. Die Angabe im Fragebogen über einen zeitlichen Arbeitsaufwand für die selbständige Tätigkeit von 40 Stunden wöchentlich bezog sich ersichtlich auf die Umstände ab Juni 2016, in dem der Fragebogen ausgefüllt wurde. Denn die Klägerin wies darin auch ausdrücklich auf die "Änderung" im Mai 2016 wegen der Anstellung bei PH hin.

Ein deutliches Übersteigen des Entgelts aus der selbständigen Tätigkeit gegenüber dem Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung war bei vorausschauender Betrachtung nicht gegeben. Für die Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit ist das aus dem vorgelegten Vorjahresvergleich Juni 2016 ersichtliche vorläufige Ergebnis für die vorausschauende Betrachtung für die Tätigkeit ab Mai 2016 nicht aussagekräftig. Ausgewiesen werden dort keine Jahresergebnisse aus zwölf Monaten, sondern nur die Ergebnisse aus den ersten Halbjahren 2015 und 2016 (jeweils Januar bis Juni). Danach erzielte die Klägerin aus der damaligen Tätigkeit ebenfalls als Immobilienmaklerin für Januar bis Juni 2015 zwar ein Einkommen in Höhe von EUR 56.285,61. Die Einnahmen im zweiten Halbjahr 2015 sind jedoch nicht bekannt. Die weitere Entwicklung im ersten Halbjahr 2016 (negatives Ergebnis in Höhe von - EUR 3.507,27) spricht jedoch dagegen, für die – unterstellt – wiederaufgenommene Tätigkeit ab Mai 2016 prognostisch die hohen Einnahmen aus dem ersten Halbjahr 2015 zugrunde zu legen. Der Senat legt daher die von der Klägerin selbst angegebene Gewinnerwartung in Höhe von EUR 35.000,00 bis EUR 40.000,00 jährlich zugrunde, damit ein monatliches Arbeitseinkommen in Höhe von ca. EUR 2.917,00 bis EUR 3.333,00. Dem steht aus der Beschäftigung zunächst ein Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 2.200,00 brutto monatlich (EUR 1.476,55 netto) gegenüber. Da eine vorausschauende Betrachtung zum Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung anzustellen ist, sind allerdings auch mögliche Provisionsansprüche einzubeziehen. Solche ergeben sich aus dem Verweis auf die Betriebsvereinbarung der PH in § 4 Abs. 1 AV. Im Einzelnen wurde neben dem Grundgehalt eine Provisionsbeteiligung bei Überschreiten einer Nettoumsatzgrenze von EUR 105.000,00 jährlich gezahlt. Diese betrug zunächst 20 % und konnte sich steigern. Des Weiteren wurde eine Kaufvertragsprämie bei erfolgreichem notariellen Abschluss in Höhe von je EUR 300,00 gezahlt. Dies entnimmt der Senat der Aussage des Zeugen H ... Bei Berücksichtigung der geringst möglichen Provisionsbeteiligung (20 % aus EUR 105.000,00) ergäbe sich ein zusätzliches Arbeitsentgelt monatlich in Höhe von EUR 1.750,00 und ein Gesamtarbeitsentgelt in Höhe von EUR 3.950,00, was über dem prognostischen Arbeitseinkommen aus der selbständigen Tätigkeit läge.

cc) Ab dem 2. Juni 2016 war die Klägerin bei der Beklagten zu 1 freiwillig kranken- und bei der Beklagten sozial pflegeversichert.

Nach § 188 Abs. 4 SGB V (in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2b Buchst. b des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15. Juli 2013, BGBl. I, S. 2423) setzt sich für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten seinen Austritt. Der Austritt wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Satz 1 gilt nicht für Personen, deren Versicherungspflicht endet, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt sind oder ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Absatz 2 SGB V besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Damit setzt sich bei Ende der Versicherungspflicht oder der Familienversicherung die Mitgliedschaft gleichsam automatisch als freiwillige Versicherung fort, ohne dass es auf die in § 9 SGB V im Übrigen genannten Voraussetzungen ankäme. Unerheblich ist insbesondere, ob die Vorversicherungszeit des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V erfüllt wurde (Felix, a.a.O., § 188 Rn. 20). Nach § 20 Abs. 3 SGB XI sind freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

Die Versicherungspflicht der Klägerin endete vorliegend am 1. Juni 2016 mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Einen Austritt erklärte die Klägerin nicht, vielmehr begehrt sie gerade die Mitgliedschaft, wie im Antrag vom 22. Juni 2016 zum Ausdruck kommt. Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V sind vorliegend nicht erfüllt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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