L 4 KR 3182/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 KR 233/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3182/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. August 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung weiterer Kosten ihres Prozessbevollmächtigten (eines Rentenberaters) in Höhe von EUR 1.172,20 für ein Widerspruchsverfahren.

Die Beklagte zahlte der 1953 geborenen Klägerin Krankengeld. Sie forderte die Klägerin auf, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen (Bescheid vom 14. März 2017). Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 4. April 2017 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, der Bescheid vom 14. März 2017 sei ein Standardschreiben, welches die Voraussetzungen an eine Ausübung von Ermessen nie erfüllen könne. Des Weiteren habe sie einen Antrag auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Rentenbeginn zum 1. Juni 2017 gestellt. Bereits der Antrag auf Altersrente schließe einen Anspruch auf medizinische Rehabilitation aus. Unter dem 12. Mai 2017 unterrichtete die Beklagte die Klägerin, sie (die Beklagte) gebe dem Widerspruch der Klägerin gegen die Aufforderung zur Rehabilitation statt.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin übersandte der Beklagten die Vergütungsrechnung vom 17. Mai 2017 über insgesamt EUR 1.555,93, die sich aus folgenden Einzelbeträgen auf der Grundlage des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) zusammensetzt:

Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG EUR 640,00 Einigungs- oder Erledigungsgebühr sozialrechtliche Angelegenheit § 3 RVG, Nr. 1005 VV RVG EUR 640,00 Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG EUR 20,00 Dokumentenpauschale (15 Kopien) Nr. 7000 VV RVG EUR 7,50 Nettobetrag EUR 1.307,50 19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG EUR 248,43 Gesamtbetrag EUR 1.555,93.

Der Prozessbevollmächtigte begründete seine Vergütungsrechnung dahin, es hätten mehrere Besprechungen stattgefunden und es sei zu entscheiden gewesen, ob ein Rentenantrag gestellt werde oder nicht. Der Antrag einer Rehabilitationsmaßnahme hätte das Rentenverfahren behindert und verzögert, unabhängig davon, ob es sich um einen Antrag auf Altersrente oder einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gehandelt hätte.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 23. Mai 2017 die Vergütung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wie folgt fest:

Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG EUR 300,00 Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG EUR 20,00 Dokumentenpauschale (15 Kopien) Nr. 7000 VV RVG EUR 7,50 Nettobetrag EUR 327,50 19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG EUR 62,23 Gesamtbetrag EUR 389,73.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 9. August 2017, an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin adressiert). Im Vordergrund habe die Bewertung eines medizinischen Sachverhaltes gestanden. Die Auswertung des medizinischen Sachverhaltes bzw. der Gutachten sei nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) im sozialgerichtlichen Verfahren bereits so alltäglich, dass hieraus allein eine besondere Schwierigkeit nicht angenommen werden könne (Verweis auf das Urteil vom 26. Februar 1992 – 9a RVs 3/90 – juris). Es sei lediglich ein Ansatz einer Geschäftsgebühr in Höhe von EUR 300,00 anerkennungs- und erstattungsfähig. Die Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. Die (zur Vergütungsrechnung) eingereichte Begründung reiche nicht aus, um die vom BSG genannten Voraussetzungen zur Frage der Erstattung der Erledigungsgebühr im Widerspruchsverfahren zu erfüllen (Verweis auf die Urteile vom 7. November 2006 – B 1 KR 13/06 R – juris, – B 1 KR 22/06 R – juris, – B 1 KR 23/06 R – juris).

Die Klägerin erhob am 15. Januar 2018 Klage beim SG und behauptete, der Widerspruchsbescheid sei ihrem Prozessbevollmächtigten am 23. Dezember 2017 zugegangen (Vorlage einer Kopie des Widerspruchsbescheids, die den Eingangsstempel des Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit dem Datum 23. Dezember 2017 enthält). Unter Wiederholung bisherigen Vorbringens vertrat sie die Auffassung, ausnahmsweise sei die Erledigungsgebühr entstanden und es gebe keinen Rechtsgrund, dass die Höchstgebühr bei derart gelagerten Fällen nicht auch entstehen könne.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. August 2018 ab. Der Ansatz der geltend gemachten Geschäftsgebühr sei nach den Umständen des Einzelfalles nicht zu rechtfertigen und daher unbillig. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei sowohl vom Arbeitsaufwand als auch von der Dauer des Verfahrens als unterdurchschnittlich anzusehen. Der Widerspruch sei in einem kurzen Schreiben begründet worden. Weitere Korrespondenz zwischen den Beteiligten sei nicht erfolgt. Ob und wie häufig bzw. mit wem die Besprechungen durchgeführt worden seien, sei nicht näher dargelegt worden. Ein entsprechender Zeitaufwand könne daher vorliegend nicht berücksichtigt werden. Auch die Schwierigkeit sei höchstens als unterdurchschnittlich einzustufen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin seien nicht bekannt. Ein besonderes Haftungsrisiko für den Prozessbevollmächtigten sei nicht ersichtlich. Die Bedeutung der Sache für die Klägerin stelle sich als durchschnittlich bis überdurchschnittlich dar. Auch wenn von überdurchschnittlicher Bedeutung auszugehen wäre, lasse sich allein daraus jedoch nicht der Ansatz der Mittelgebühr oder gar der geltend gemachten Höchstgebühr rechtfertigen. Die Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. Sie setze eine kausale Mitwirkung des Rechtsanwalts zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreites voraus, die über das Maß desjenigen hinausgehe, dass schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten werde. Anhaltspunkte für eine solche qualifizierte Mitwirkungshandlung lägen nicht vor.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 10. August 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. September 2018 Berufung eingelegt. Die Berufung hat sie nicht begründet.

Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. August 2018 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. August 2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von EUR 1.172,20 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (sachgerecht gefasst),

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG). Denn der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt eine weitere Vergütung von EUR 1.172,20.

2. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf eine weitere Vergütung von EUR 1.172,20.

a) Der Senat geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass sie die Klage fristgerecht erhob. Es lässt sich nicht feststellen, dass – anders als in der Klageschrift angegeben – der Widerspruchsbescheid vom 9. August 2017 ihrem Prozessbevollmächtigten vor dem 23. Dezember 2017 bekannt gegeben worden war. Zweifel könnten insoweit bestehen, als der Prozessbevollmächtigte im Widerspruchsschreiben vom 8. Juni 2017 – wie in seinen Widerspruchschreiben üblich – auf die dreimonatige Frist des § 88 Abs. 2 SGG hinwies und ankündigte, nach Ablauf der Frist ohne weitere Erinnerungen Untätigkeitsklage erheben zu wollen. Obgleich der Widerspruchsbescheid innerhalb der dreimonatigen Frist des § 88 Abs. 2 SGG (8. September 2017) nicht bekannt gegeben war, wurde keine Untätigkeitsklage erhoben. Die Fiktion der Bekanntgabe nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) greift nicht ein. Denn in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte befindet sich kein Vermerk über die Aufgabe des Widerspruchsbescheids zur Post.

b) Die Klage ist unbegründet.

aa) Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte, dass diese ihr die für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 14. März 2017 entstandenen notwendigen Aufwendungen ihres Prozessbevollmächtigten erstattet.

(1) Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Denn die Beklagte hob auf den Widerspruch der Klägerin ihren Bescheid vom 14. März 2017 auf.

(2) Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist weiter, dass der Widerspruchsführer tatsächlich Aufwendungen im Widerspruchsverfahren gegen einen konkreten Verwaltungsakt hatte. Insoweit ist Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten tatsächlich ausgesetzt ist (vgl. Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 6. Dezember 2013 – L 4 KR 5089/11 –, nicht veröffentlicht; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Februar 2012 – L 11 KR 4076/11 –, nicht veröffentlicht). Zu Gunsten der Klägerin geht der Senat davon aus, dass sie einer Vergütungsforderung ihres Prozessbevollmächtigten in der gegenüber der Beklagten geltend gemachten Höhe ausgesetzt ist, obgleich sie nicht darlegte, dass ihr Prozessbevollmächtigter mit einer Forderung in der geltend gemachten Höhe an sie herantrat.

(3) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind nach § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Kostenentscheidung bestimmt nach § 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war. Eine ausdrückliche Bestimmung der Beklagten, dass die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin notwendig war, traf die Beklagte nicht. Sie ergibt sich aber sinngemäß daraus, dass die Beklagte im Bescheid vom 17. Mai 2017 erstattungsfähige Gebühren und Auslagen festsetzte.

bb) Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch gegen die Beklagte, dass diese ihr die für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 14. März 2017 entstandenen notwendigen Aufwendungen ihres Prozessbevollmächtigten in der geltend gemachten Höhe von EUR 1.555,93 erstattet. Die Höhe der Geschäftsgebühr mit EUR 300,00 sowie der unterbliebene Ansatz einer Erledigungsgebühr sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 4 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (EGRDG) gilt für die Vergütung von Rentenberatern das RVG. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen – wie vorliegend für ein Verfahren betreffend die Aufforderung nach § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), einen Antrag auf eine Rehabilitationsmaßnahme zu stellen – das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Absatz 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs. 2 RVG). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem VV der Anlage 1 zum RVG (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (Satz 1). Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden (Satz 2). Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4).

(1) Nach Nr. 2302 Nr. 1 VV erhält der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) von EUR 50,00 bis 640,00. Eine Gebühr von mehr als EUR 300,00 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

Die Höhe der Geschäftsgebühr kann nicht mehr als EUR 300,00 betragen, weil sowohl Umfang als auch Schwierigkeit der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin allenfalls als durchschnittlich zu bewerten sind. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste. Eine durchschnittliche Tätigkeit umfasst bezüglich des (zeitlichen) Umfangs den Aufwand für eine Besprechung und Beratung, das Anfordern von Unterlagen, deren Sichtung, eine Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, die Auseinandersetzung hiermit und mit dem von der Behörde herangezogenen Sachverhalt einschließlich Beweismitteln, den Schriftverkehr mit dem Mandanten und der Behörde sowie ergänzend alle Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09 R – juris, Rn. 28 f).

Der Umfang der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin erschöpfte sich im Widerspruchsverfahren auf die Fertigung des Widerspruches und dessen Begründung, in welcher er vorrangig auf den gestellten Antrag auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen verwies. Dass mehrere Besprechungen erforderlich gewesen sein sollen, um zu entscheiden, ob die Klägerin eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt, ist nicht belegt. Besondere Schwierigkeiten wies das Widerspruchsverfahren nicht auf. Für einen Rentenberater, der unter Hinweis auf die ihm als Alterlaubnisinhaber registrierte Rechtsberatungstätigkeit der Auffassung ist, er sei in allen Bereichen des Sozialrechts vertretungsbefugt, kann ein Verwaltungsverfahren nach § 51 SGB V keine überdurchschnittliche Schwierigkeit haben. Es zählt vielmehr zu den Grundlagen einer Tätigkeit im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (so bereits Urteil des Senats vom 6. Dezember 2013 – L 4 KR 5089/11 –, nicht veröffentlicht; ebenfalls den Prozessbevollmächtigten der Klägerin betreffend). Dies gilt insbesondere, wenn der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2017 – wie in der Begründung des Widerspruchs behauptet – ein "Standardschreiben" war. Demgemäß war es für die Begründung des Widerspruchs weder erforderlich, vorhandene Akten aufwendig durchzuarbeiten, noch sich mit medizinischen Befunden und schwierigen Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Aufgrund dessen ist auch ein über das gewöhnliche hinausgehende Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht erkennbar. Schließlich war die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin nicht überdurchschnittlich. Das Begehren der Klägerin war vorrangig darauf gerichtet, den Anspruch auf Krankengeld aufrechtzuerhalten und nicht zu einem früheren Zeitpunkt als nötig Rente wegen Erwerbsminderung oder eine Altersrente zu beziehen. Allerdings lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 14. März 2017 die Voraussetzungen für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Kürzung des Zugangsfaktors vor, so dass jedenfalls insoweit keine wirtschaftlichen Einbußen durch einen vorzeitigen Bezug einer Altersrente gegeben waren.

(2) Nach Nr. 1005 VV erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr bei Einigung oder Erledigung in einem Verwaltungsverfahren in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) in Höhe der Geschäftsgebühr. Die Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (Erläuterungen zu Nr. 1002 VV). Eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens kann nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue Beweismittel, etwa während des Vorverfahrens neu erstattete Befundberichte oder fachliche Stellungnahmen, beibringt (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 11 AL 15/12 R – juris, Rn. 16, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ergriff über die Widerspruchseinlegung und die notwendige Begründung des Widerspruchs hinaus keinerlei auf Erledigung des Verfahrens gerichteten Maßnahmen. Eine weitere Tätigkeit war aus Sicht des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch nicht notwendig. Denn mit dem Bezug der beantragten und der Klägerin dann ab 1. Juni 2017 gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen, waren nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Leistungen zur Teilhabe ausgeschlossen.

(3) Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geforderte Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG i.H.v. EUR 20,00 sowie die Dokumentenpauschale gemäß Nr. VV RVG i.H.v. EUR 7,50 erstattete die Beklagte. Sie berechnete die sich nach Nr. 7002 VV RVG ergebende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG zutreffend.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

5. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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