L 1 AS 4498/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 772/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4498/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20.10.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Rücknahme der Bewilligung und Rückforderung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 30.09.2012 wegen von dem Ehemann der Klägerin erzieltem Einkommen.

Die 1979 geborene Klägerin und ihr 1971 geborener Ehemann bezogen seit dem Jahr 2006 gemeinsam mit ihren beiden 2001 und 2003 geborenen Kindern Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II von dem Jobcenter O. als Rechtsvorgänger des Beklagten, der als sog. "Optionskommune" ab dem 01.01.2012 als Leistungsträger zuständig geworden ist (im Folgenden einheitlich: Beklagter).

Am 10.01.2005 meldete der Ehemann der Klägerin bei der Gemeinde M. unter der gemeinsamen Wohnanschrift B.-Straße x, xyxyx M., rückwirkend zum 01.06.2004 ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Laserschweißen von Werkzeugen und Formen (Reparatur und Änderungen)" an. Mit Schreiben vom 15.04.2009 forderte ihn die Gemeinde M. auf, den Gegenstand des angemeldeten Gewerbes zu erweitern, nachdem ein Gemeindemitarbeiter mitgeteilt habe, dass er auch Altwaren zum Verschrotten annehme. Hierauf erweiterte er sein Gewerbe am 01.05.2009 um den Gegenstand "An- und Verkauf von Gebrauchtwagen, Hebewagen, Transportfahrzeugen, Handel mit Altmaterialien und Reststoffen, Zerlegung von Altwaren". Am 23.03.2011 meldete er sein Gewerbe zum 31.03.2011 ab. Als Grund gab er an: "Umzug".

Am 03.11.2011 meldete die Klägerin bei der Gemeinde M. zum 01.11.2011 ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Schlosser- und Schweißarbeiten" an, welches sie am 17.01.2012 zum 31.01.2012 mit der Bemerkung "lohnt sich nicht" wieder abmeldete.

Die beiden Kinder bezogen im streitigen Zeitraum Kindergeld von monatlich je 184 EUR.

Auf den Antrag des Ehemannes der Klägerin als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft vom 23.03.2011 gewährte der Beklagte diesem, der Klägerin und ihren beiden Kindern mit Bescheid vom 23.03.2011 für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 wegen voraussichtlichen Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit vorläufig Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 11.04.2011, der durch die Änderungsbescheide vom 24.05.2011, 19.07.2011 und 11.08.2011 abgeändert wurde, erfolgte die endgültige Bewilligung von SGB II-Leistungen gegenüber den Genannten.

In seinem Weiterbewilligungsantrag vom 11.08.2011 gab der Ehemann der Klägerin als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft an, dass von den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft weder eine abhängige noch eine selbständige Tätigkeit ausgeübt werde und bis auf das Kindergeld keine Einnahmen erzielt würden. Er bestätigte, dass er das Merkblatt "Arbeitslosengeld II/Sozialgeld" erhalten habe und dessen Inhalt kenne. Hierauf bewilligte der Beklagte mit an ihren Ehemann als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft gerichtetem Bescheid vom 12.08.2011 diesem, der Klägerin und den beiden gemeinsamen Kindern für den Zeitraum ab dem 01.10.2011 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II von monatlich insgesamt 1.261,00 EUR, davon entfallend auf die Klägerin 445,75 EUR (328 EUR Regelleistung und 117,75 EUR KdU). Aufgrund der anstehenden Umstellung der Trägerschaft auf den beklagten Landkreis als Optionskommune wurde die Leistungsgewährung befristet auf den 31.01.2012. Mit Bescheid vom 31.01.2012 gewährte der nunmehr als Optionskommune zuständige Beklagte der Klägerin, ihrem Ehemann und den beiden Kindern SGB II-Leistungen für Februar und März 2012 in Höhe von monatlich 1.279,00 EUR, davon entfallend auf die Klägerin 457,75 EUR (337 EUR Regelleistung und 117,75 EUR KdU). In seinem Weiterbewilligungsantrag vom 02.04.2012 für den Folgezeitraum ab dem 01.04.2012 machte der Ehemann der Klägerin mit dem vorangegangenen Antrag vom 11.08.2011 deckungsgleiche Angaben. Mit Bescheid vom 02.04.2012 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.10.2012 Leistungen in unveränderter Höhe. Mit Änderungsbescheiden vom 05.06.2012 und vom 02.08.2012 gewährte der Beklagte für die Monate Juni 2012 um 481,70 EUR und August 2012 um 999 EUR erhöhte Kosten der Unterkunft und Heizung (Brennstoffbeihilfe). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheide und die tabellarische Darstellung im mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 20.10.2016 Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 03.09.2012 teilte das Hauptzollamt U. (HZA) dem Beklagten mit, es liege eine Meldung vor, wonach vom Ehemann der Klägerin Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zumindest vom 01.04.2011 bis zum 29.12.2011 erzielt worden sei. Zur weiteren Bearbeitung seien Angaben des Beklagten erforderlich.

Mit weiterem Schreiben vom 28.09.2012 teilte das HZA dem Beklagten mit, der Ehemann der Klägerin habe laut den vorliegenden Unterlagen im Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 29.12.2011 bei der Firma Sch. AG als Privatanlieferer Altmetall im Wert von 21.821,64 EUR angeliefert. Beigefügt war dem Schreiben eine Aufstellung u.a. über das Datum der Anlieferung, die Niederlassung, Art und Menge der eingelieferten Gegenstände und die Höhe der dafür gewährten Bargutschrift. Die Anlieferungen erfolgten ausweislich der Aufstellung sämtlich mit einem Fahrzeug mit dem Kennzeichen YY-zx xxz.

Das daraufhin vom Beklagten eingeleitete Verfahren zur Aufhebung und Rückforderung überzahlter SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.12.2011 war Gegenstand des Berufungsverfahrens L 1 U 4496/16, über das der Senat mit Urteil vom heutigen Tag ebenfalls entschieden hat.

Mit Schreiben vom 25.03.2013 teilte das HZA Ulm dem Beklagten mit, der Ehemann der Klägerin habe als Privatanlieferer im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 06.03.2013 erneut bei der Fa. Sch. AG Altmetall im Wert von 24.197,49 EUR angeliefert. Beigefügt war dem Schreiben wieder eine Aufstellung u.a. über das Datum der Anlieferung, die Niederlassung, Art und Menge der eingelieferten Gegenstände und die Höhe der dafür gewährten Bargutschrift. Die diesem von der Fa. Sch. Recycling AG, Sch. G., für Schrotteinlieferungen gutgeschriebenen Beträge beliefen sich im Monat Januar 2012 in Summe auf 1.702,95 EUR, im Februar 2012 auf 2.014,78 EUR, im März auf 3.417,01 EUR, im April auf 5.198,55 EUR, im Mai auf 2.567,80 EUR, im Juni auf 1.823,25 EUR, im Juli auf 2.936,60 EUR, im August auf 1.432,31 EUR und im September 2012 auf 893,06 EUR. Die Anlieferungen erfolgten ausweislich der Aufstellung von Januar bis August 2012 sämtlich mit einem Fahrzeug mit dem Kennzeichen YY-zx xxz, ab September dann auch mit anderen Fahrzeugen (Kennzeichen ZZ-xx yyy, YY-xy xxx und YY-yy xxx).

Mit Anhörungsschreiben vom 19.06.2013 hörte der Beklagte den Ehemann der Klägerin unter Verweis auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zur beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung der ihm und den Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.09.2012 gewährten SGB II-Leistungen wegen nicht mitgeteilter Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit an.

Am 27.11.2013 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin unter Verweis auf §§ 45, 50 SGB X drei Rücknahme- und Erstattungsbescheide. Mit dem ersten Bescheid nahm er die Leistungsbewilligung vom 12.08.2011 für den Monat Januar 2012 ganz zurück und forderte von ihr 608,22 EUR zurück, mit einem weiteren Bescheid verfügte er die Rücknahme der Leistungsbewilligung vom 31.01.2012 für Februar und März 2012 unter gleichzeitiger Rückforderung der erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.156,16 EUR. Mit dem dritten Bescheid veranlasste er die vollständige Rücknahme der Leistungsbewilligung mit Bescheiden vom 02.04.2012, 05.06.2012 und 02.08.2012 für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.07.2012 und die teilweise Rücknahme vom 01.08.2012 bis 30.09.2012 und forderte von der Klägerin die Erstattung von 3.323,98 EUR (jeweils monatsgenau nach Beträgen aufgelistet). Die Entscheidungen begründete er damit, dass wegen der Einkünfte, die ihr Ehemann ab dem 01.12.2012 erzielt habe, die dem Beklagten nicht bekannt gewesen seien, keine Hilfebedürftigkeit in der bisher festgestellten Höhe bestanden habe. Die fehlerhaften Bewilligungen seien erfolgt, weil sie zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Außerdem sei ihr bekannt gewesen, dass die Bewilligung fehlerhaft gewesen sei (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheide Bezug genommen. Parallel dazu hob der Beklagte mit drei weiteren Bescheiden vom 27.11.2013 die Leistungsbewilligung gegenüber dem Ehemann der Klägerin und den gemeinsamen Kindern für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.09.2012 auf und forderte auch von diesen die überzahlten Leistungen zurück (hierzu s. Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren L 1 U 4497/16).

Ebenfalls unter dem 27.11.2013 erließ der Beklagte gegenüber dem Ehemann der Klägerin als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft einen Änderungsbescheid, mit welchem diesem, der Klägerin und ihren beiden Kindern für August 2012 SGB II-Leistungen in Höhe von insgesamt 875,69 EUR und für September 2012 von 415,94 EUR gewährt wurden.

Der von der Klägerin mit der Begründung erhobene Widerspruch, die verlangten Unterlagen des Steuerberaters seien zur Verfügung gestellt worden, wurde vom Beklagten mit drei Widerspruchsbescheiden vom 06.02.2014 (Az. W 135/14, W 136/14 und W 137/14) zurückgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum SG Ulm erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie habe zeitweise Aufstockungen zum Erwerbseinkommen erhalten. Die Rückforderungen seien unbegründet, die Aufstockungen seien begründet gewesen. Dies werde im Rahmen des Verfahrens geklärt werden.

Der Beklagte ist der Klage unter Berufung auf die angefochtenen Bescheide entgegengetreten.

Das SG hat, nachdem die Klage trotz Aufforderung nicht weiter begründet worden ist und zu einem Erörterungstermin vom 15.10.2015 weder die Klägerin noch ihr Bevollmächtigter erschienen sind, die Akten des parallel anhängigen Verfahrens S 6 AS 2745/13 (Aufhebung und Rückforderung von Leistungen für den Zeitraum 01.04.2011 bis 31.12.2011) beigezogen. Die Klägerin, ihr Ehemann und ihre beiden Kinder haben dort als Kläger auf den Vorhalt des Beklagten, die angerechneten Einkünfte ab dem 01.04.2011 hätten nicht aus der zuvor abgemeldeten selbständigen Tätigkeit gestammt, sondern aus Privatanlieferungen des Ehemannes der Klägern, mit Schriftsatz vom 20.05.2015 eingeräumt, dass dieser als Haushaltsvorstand nach Aufgabe des Gewerbes noch gefälligkeitshalber Entsorgungen vorgenommen habe, nachdem er von Kunden angesprochen worden sei, er würde doch Schrott entsorgen. Außerdem habe er auch unter seinem Namen im Bekanntenkreis an die Firma Sch. in Aalen anliefern lassen. Auf Grund seiner langjährigen Geschäftsbeziehung zur Firma Sch. hätten Anlieferungen reibungslos verlaufen können. Er habe seine gesamte Buchhaltung mit Gewinn- und Verlustmeldungen dem Beklagten zur Verfügung gestellt, so dass volle Transparenz bestanden habe.

In einem Erörterungstermin im Verfahren S 6 AS 2745/13 vom 21.04.2016 hat der Ehemann der Klägerin im Wesentlichen angegeben, ab dem 31.03.2011 hinaus seien zwar Schrottlieferungen über seinen Namen gelaufen, er habe selbst keine Einnahmen daraus erzielt. Zwar könne jedermann bei der Firma Sch. Schrott abliefern, aber auf seinen Namen seien bessere Konditionen vereinbart gewesen. Die Einnahmen seien in die Vereinskasse eines Motorradclubs mit dem Namen "zzzz-MC" geflossen, der damals aus ca. neun bis zwölf Mitgliedern bestanden hätte und dem der Ehemann der Klägerin bis Mitte/Ende 2013 angehört habe. Sie hätten ein Vereinsheim für den Club anschaffen wollen und seien auf die Idee gekommen, zur Finanzierung Schrott bei der Firma Sch. abzuliefern. Dieser sei teilweise bei ihm vor dem Hof oder bei anderen Clubmitgliedern abgelagert worden. Entweder er oder ein anderes Clubmitglied hätte dann den Schrott zur Firma Sch. gebracht. Die Schrottanlieferungen seien seinem Konto bei der Firma Sch. gutgeschrieben worden. Die Barauszahlungen seien nur an ihn erfolgt. Er habe das Geld dann in die Clubkasse eingezahlt, die sich bei einem anderen Vereinsmitglied zuhause befunden habe. Ein Bankkonto sei nicht angelegt worden. Er habe kein Geld zurückbehalten. Zum Verbleib des Geldes konnte er keine Angaben machen. Er hat darüber hinaus angegeben, dass es sich bei den Fahrzeugen mit den Kennzeichen YY-zx xxz und YY-zz xxx um seine Fahrzeuge, einen Pritschen-Lkw und einen Privat-Pkw, gehandelt habe. Mit diesen Fahrzeugen, die entweder er selbst oder andere Clubmitglieder gefahren hätten, seien die Schrottanlieferungen erfolgt. Die Klägerin sei kein Clubmitglied gewesen und habe mit den Schrottanlieferungen nichts zu tun gehabt.

Das SG hat sodann die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20.10.2016 abgewiesen. Es hat die Klägerin wegen des Zuflusses berücksichtigungsfähigen Einkommens aus Privatanlieferungen von Schrott im streitigen Zeitraum nicht in der zunächst zuerkannten Höhe als hilfebedürftig angesehen. Durch die Lieferungen an die Firma Sch. Altmetall AG und die Barauszahlungen habe sich der Marktwert des Schrottes realisiert und sei ihr in der Höhe wie in der Aufstellung des HZA genannt im jeweiligen Monat als Einkommen zugeflossen. Es habe sich um Einnahmen gehandelt, die zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden hätten. Dessen Zufluss hätte die Klägerin in der Klageschrift auch sinngemäß eingeräumt. Weitere Ermittlungen seien mangels Mitwirkung der Klägerin nicht veranlasst gewesen.

Gegen den am 27.10.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin anwaltlich vertreten am 28.11.2016 beim SG Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Erlös aus den Schrottverkäufen sei ihrem Ehemann nach Aufgabe seines Gewerbes gerade nicht zugeflossen. Er habe vielmehr andere an seinen Kontakten und seiner Kundennummer bei der Sch. AG partizipieren lassen. Dies sei ihm Wesentlichen sein damaliger Verein, ein Motorradclub, gewesen, der heute nicht mehr existiere. Der Zeuge N. könne über die Vereinseinnahmen Auskunft geben und bestätigen, dass die Erlöse aus dem Schrottverkauf nach der Gewerbeauflösung durch den Ehemann der Klägerin dem Verein zugeflossen seien. Der Zeuge W., der Schrott für den Verein gesammelt und zur Abnahme bei der Sch. AG verbracht habe, könne über diese Tätigkeit Auskunft geben. Der Zeuge WX., der in der Finanzierungsberatung tätig sei, könne über die letztlich gescheiterten Pläne, ein Vereinslokal anmieten zu wollen und sich hierzu Barmittel aus dem Schrottverkauf zu verschaffen, Auskunft erteilen.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20.10.2016 und die Bescheide der Beklagten vom 27.11.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 06.02.2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des SG für zutreffend.

Der Senat hat die Akten des HZA U. und die Akten S 4 AS 226/11 und S 6 AS 2745/13 des SG Ulm beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Sache entscheiden. Die durch einen Rechtsanwalt vertretene Klägerin wurde durch die Terminbestimmung vom 28.11.2018, die ihrem Bevollmächtigten am Folgetag zugestellt worden ist, rechtzeitig vor dem Termin über dessen Zeit und Ort informiert (§§ 110 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie wurde auch darüber informiert, dass es ihr freisteht, zu der Verhandlung zu erscheinen und auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten (bzw. Bevollmächtigten) Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann. Weder haben die Klägerin oder ihr Bevollmächtigter angekündigt zu dem Termin erscheinen zu wollen noch haben sie vor dem Termin dessen Verlegung beantragt (§ 202 SGG i.V.m. 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die telefonische Mitteilung ihres Prozessbevollmächtigten, der den beiden zeitlich vorhergehenden Terminen, in denen er Mitglieder der damaligen Bedarfsgemeinschaft ebenfalls vertreten hat, ferngeblieben ist, er könne frühestens um 15.15 Uhr erscheinen, die dem Senat während der bereits laufenden Verhandlung von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle übermittelt worden ist, stellte keinen Vertagungsantrag dar. Einer Entscheidung durch den Senat nach § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 2. HS ZPO darüber bedurfte es daher nicht. Hierzu hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Senat zumindest sinngemäß zum Ausdruck bringen müssen, an der Verhandlung teilnehmen zu wollen, weshalb er um deren Vertagung bitte (vgl. - zum Verlegungsantrag - BSG, Beschluss vom 18. August 1999 – B 2 U 313/98 B –, Rn. 9, juris). Die bloße Bekanntgabe der Verhinderung genügt nicht.

Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), mit der sich die Klägerin gegen die vom Beklagten ihr gegenüber am 27.11.2013 erlassenen (Teil-)Rücknahme- und Erstattungsbescheide sowie den im Zusammenhang damit ergangenen Änderungsbescheid vom 27.11.2013 wendet, ist zulässig, aber nicht begründet. Den an den Ehemann der Klägerin als Haushaltsvorstand gerichteten Änderungsbescheid vom 27.11.2013 sieht der Senat als mitangefochten an, da dieser mit dem (Teil-)Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis 30.09.2012 eine rechtliche Einheit bildet (BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr. 12, Rn. 28, nach juris). Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat im streitigen Zeitraum die mit den angefochtenen Bescheiden zurückgeforderten SGB II-Leistungen zu Unrecht bezogen. Mangels Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 Abs. 1 SGB II hatten die Klägerin sowie die weiteren Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft (Ehemann, Kinder) vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 überhaupt keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Lediglich im August und im September 2012 hatte die Bedarfsgemeinschaft noch einen teilweise ungedeckten Bedarf und damit korrespondierend einen SGB II-Leistungsanspruch in Höhe von insgesamt 875,69 EUR (August) bzw. in Höhe von 415,94 EUR (September), wie vom Beklagten unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11b SGB II mit Änderungsbescheid vom 27.11.2013 festgestellt.

Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Nachdem die Leistungsbewilligungen für den hier streitgegenständlichen Zeitraum sämtlich von Anfang an (für August und September 2012 teilweise) rechtswidrig waren, ist Rechtsgrundlage für die Rücknahme § 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB II - in der hier anzuwenden und bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung - und § 330 Abs. 2 SGB III. Die insoweit zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen hat das SG in dem mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidung Bezug und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG hier von einer erneuten Darstellung ab.

Die Bescheide sind formell rechtmäßig. Offenbleiben kann, ob das lediglich an den Ehemann der Klägerin gerichtete Anhörungsschreiben vom 29.06.2013, in dem zudem mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht die zutreffende Rechtsgrundlage für die später ergangenen Rücknahme- und Erstattungsbescheide herangezogen worden ist, allen Erfordernissen einer wirksamen Anhörung entsprochen hat. Denn ein etwaiger Anhörungsmangel ist jedenfalls in den nachfolgend durchgeführten Widerspruchsverfahren, in denen die Klägerin Gelegenheit zur Äußerung zu allen entscheidungserheblichen Umständen hatte, geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).

Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Angesichts der Gutschriften auf dem bei der Firma Sch. Recycling AG bestehenden Konto des Ehemannes der Klägerin, die sich im Monat Januar 2012 auf insgesamt 1.702,95 EUR, im Februar 2012 auf 2.014,78 EUR, im März auf 3.417,01 EUR, im April auf 5.198,55 EUR, im Mai auf 2.567,80 EUR, im Juni auf 1.823,25 EUR, im Juli auf 2.936,60 EUR, im August auf 1.432,31 EUR und im September 2012 auf 893,06 EUR belaufen haben und die als Einkommenszufluss anzusehen sind, waren die Klägerin, ihr Ehemann und die beiden gemeinsamen Kinder vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 überhaupt nicht und im August und im September 2012 nur teilweise in Höhe von 875,69 EUR (davon auf die Klägerin entfallend 270,81 EUR) bzw. von 415,94 EUR (davon auf die Klägerin entfallend 147,89 EUR) hilfebedürftig nach dem SGB II. Die Rechtswidrigkeit der infolge falscher bzw. unzureichender Angaben des Ehemannes der Klägerin zu seinem Einkommen ergangenen Bewilligungsbescheide kannte diese oder kannte sie zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X).

Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren, hier erfüllten - Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II) insbesondere Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1, und 4 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gilt (im Grundsatz) jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist (BSG 16.04.2013 - B 14 AS 71/12 R- SozR 4-4200 § 9 Nr.12, Rn. 16). Bei Personen, die wie die Klägerin mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit sind ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf die zu dessen Sicherung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten gegenüberzustellen (Urteil des BSG vom 20.02.2014, B 14 AS 10/13 R – SozR 4-4200 § 12 Nr. 23, juris, Rn. 13).

Den monatlichen Hilfebedarf der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin nach dem SGB II hat der Beklagte für den streitigen Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.09.2012 in den auf den streitigen Zeitraum entfallenden Bewilligungsbescheiden zutreffend mit insgesamt 1.647,00 EUR errechnet, wobei sich wegen der Bewilligung von Brennstoffbeihilfen in Höhe von 481,70 EUR im Monat Juni 2012 und von 999 EUR im Monat September 2012 die Summe der Bedarfe auf 2128,70 EUR (Juni) bzw. 2.646 EUR (September) erhöht hat. Dem standen als monatliche Einnahmen jeweils 368 EUR Kindergeld gegenüber.

Bei zusätzlicher bedarfsmindernder Anrechnung der Gutschriften auf dem bei der Firma Sch. Recycling AG bestehenden Konto des Klägers Ziff. 1 war die aus der Klägerin, ihrem Ehemann und den gemeinsamen Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft in der Lage, vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 ihren Bedarf vollständig aus eigenem laufendem Einkommen zu decken. Lediglich im vom 01.08.2012 bis zum 30.09.2012 bestand auch unter Berücksichtigung der Gutschriften auf dem Firmenkonto wegen der Schrottanlieferungen ein ungedeckter Restbedarf in Höhe von 875,69 EUR (August) bzw. 415,94 EUR (September), wie im Änderungsbescheid vom 27.11.2013 vom Beklagten zutreffend festgestellt.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB 2 in der hier anzuwendenden, ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung vom 13.5.2011 (a.F.) sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.08.2013 – B 14 AS 78/12 RSozR 4-4200 § 11 Nr. 6, juris, Rn. 27 m.w.N.) von Folgendem auszugehen: Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie, grundlegend BSG Urteile vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 Rn. 23 und vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, Rn. 18; vgl. ferner BSG Urteile vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30, Rn. 15 und vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 42 Rn. 10). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (z.B. Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (z.B. Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen (Zufluss) ab (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 32/14 R –, juris, Rn. 14, zu einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt).

Der Beklagte ist bei ihren Berechnungen zu Recht davon ausgegangen, dass die bei den Schrottanlieferungen jeweils dem "Firmenkonto" (Kreditorenkonto) des Ehemannes der Klägerin gutgeschriebenen Guthabenbeträge diesem zum Zeitpunkt der Anlieferung/Gutschrift als Einkommen zugeflossen sind. Zwar wurde durch die Gutschrift auf dem Kreditorenkonto der Firma Sch. Recycling AG zunächst nur eine Forderung gegenüber dieser begründet. Da sich Ehemann der Klägerin die Guthabenbeträge allerdings jederzeit auszahlen lassen konnte, wovon der Senat gestützt auf die in den Akten des HZA Ulm vorhandenen Auszahlungsquittungen die Einlassungen der vor dem HZA U. am 03.04.2014 als Zeugin gehörten Einkäuferin D., deren Aussage im Urkundsbeweis verwertet wurde, überzeugt ist, bestand eine enge Vergleichbarkeit des "Firmenkontos" mit einem Bankkonto, so dass hier ein Zufluss bereits zum Zeitpunkt der Gutschrifterteilung erfolgt ist.

Es handelte sich bei den Einkünften aufgrund der Schrottverkäufe um laufende Einnahmen, die für den Monat ihres Zuflusses zu berücksichtigen waren (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F.).

Betriebsausgaben sind bei der Anrechnung von den nachgewiesenen Einkünften nicht abzuziehen: Angaben zu Betriebsausgaben im streitigen Zeitraum hat die Klägerin nicht gemacht, Unterlagen zum Beleg von Betriebsausgaben für den hier streitigen Zeitraum nicht vorgelegt. Tatsächlich hat ihr Ehemann die Einnahmen auch nicht im Rahmen eines selbständigen Gewerbes erzielt, sondern als sog. Privatanlieferer.

Vorliegend ändert der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin das vom Guthabenkonto in regelmäßigen Zeitabständen in bar abgehobene Geld nach Empfang jeweils in die Vereinskasse seines Motorradclubs eingezahlt haben will, was der Senat zu ihren Gunsten als wahr unterstellt, nichts an der grundsicherungsrechtlichen bedarfsmindernden Berücksichtigungsfähigkeit des erzielten Einkommens. Hilfebedürftige Personen müssen ihr Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn sie sich dadurch außerstande setzen, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Mit bedürftigkeitsabhängigen Grundsicherungsleistungen soll nicht zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten beigetragen werden. Freiwillige Zahlungen an Dritte können nicht vom Einkommen abgesetzt werden, unabhängig davon, ob ihnen fällige Forderungen gegenüberstehen (vgl. bereits BSG, Urteil vom 19.09.2008 – B 14/7b AS 10/07 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 18, juris, Rn. 25).

Anderes würde nur dann gelten, wenn es sich bei den dem Guthabenkonto des Ehemannes der Klägerin bei der Firma Sch. Recycling AG gutgeschriebenen Beträgen um (verdecktes) Treuhandvermögen gehandelt hätte, das wirtschaftlich ausschließlich dem Motorradclub "zzzz MC" zuzuordnen gewesen wäre. Das war aber hier nicht der Fall. Ein verdecktes Treuhandverhältnis führt im Falle seines Bestehens zwar selbst dann, wenn der Treuhänder das Vermögensrecht als Vollrecht erworben hat, aufgrund seiner schuldrechtlichen (Herausgabe-) Verpflichtung, die auf dem Vermögensgegenstand lastet, dazu, dass dieser für den Treuhänder nicht verwertbar oder die Verwertung unzumutbar ist, und er daher im Rahmen der Bedürftigkeit nicht zu berücksichtigen ist (vgl. auch zum Folgenden, Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.07.2012 - L 5 AS 55/10 -, Rn. 67, juris; BSG, Urteile vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R, juris, und vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 R, juris).

Zu prüfen ist in Fällen einer behaupteten verdeckten Treuhandvereinbarung allerdings zunächst, ob es überhaupt eine Treuhandvereinbarung gegeben hat, und - falls ja - ob diese Abrede dem wirklichen Willen der Beteiligten entsprach oder etwa ein sog Scheingeschäft nach § 117 BGB darstellte mit dem Ziel, nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorzurufen, nicht aber die damit verbundenen Rechtsfolgen eintreten lassen zu wollen (BGH NJW 1980, 1572). Um zu klären, ob das Guthaben auf einem angeblichen Treuhandkonto als (nicht) zum Vermögen des Kontoinhabers gehörendes Treugut anzusehen ist, sind insbesondere Feststellungen zu Herkunft und Verwendungszweck der auf dieses Konto eingezahlten Gelder erforderlich (BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 49/05 R -, Rn. 25, 26, juris, unter Verweis auf BGH, Urteil vom 01.07.1993 - IX ZR 251/92 = NJW 1993, 2622 zu II.2.b der Gründe).

Das BSG hat für die Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verwiesen (BSG, Urteil vom 24.05.2006 – B 11a AL 7/05 RBSGE 96, 238-246, SozR 4-4220 § 6 Nr 4, Rn. 27), wonach ein strenger Maßstab anzulegen ist; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein (vgl BFH, Urteil vom 15. Juli 1997 - VIII R 56/93 - BFHE 183, 518 unter Bezugnahme auf die Beweisregel in § 159 Abs. 1 Abgabenordnung). Ergänzend ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) heranzuziehen, wonach ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Frage, ob eine wirksame Treuhandvereinbarung geschlossen wurde, die Separierung des Treuguts ist (Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 12/08 - NVwZ 2009, 395-398, Rn. 20, nach juris).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der Senat nach Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalls (§ 103, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) davon überzeugt, dass die dem Firmenkonto des Ehemannes der Klägerin aufgrund von Schrotteinlieferungen gutgeschriebenen Geldbeträge nicht treuhänderisch gebunden waren. Es fehlt an einer wirksamen Treuhandabrede, selbst wenn man dessen Vortrag zur Schrottsammlung für ein geplantes Vereinsheim für den Motorradclub "zzzz MC" als zutreffend zugrunde legt. Das ergibt sich hier bereits daraus, dass auf dem Konto eine Vermischung von Guthaben, die durch Einlieferungen durch den Ehemann der Klägerin "auf eigene Rechnung" entstanden sind und von Guthaben, die aufgrund der Anlieferung von für das geplante Vereinsheim vom Ehemann der Klägerin und weiteren Vereinsmitgliedern des "zzzz MC" gesammeltem Schrott entstanden sind, eingetreten ist.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Ehemann der Klägerin im streitigen Zeitraum auch Schrott "auf eigene Rechnung" als Privatablieferer bei der Firma Sch. Recycling AG abgegeben hat. Das ergibt sich nicht nur aus den Einlassungen der dortigen Kläger im SG-Verfahren S 6 AS 2745/13 im Schriftsatz vom 20.05.2015 wonach er nach Aufgabe des Gewerbes noch gefälligkeitshalber Entsorgungen vorgenommen hat, nachdem er von Kunden angesprochen wurde. Auch die Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift, dass es sich bei den Personen, die an seinem Kontakt zu und seiner Kundennummer bei der Sch. Recycling AG partizipiert haben, "im Wesentlichen" um seinen damaligen Verein gehandelt habe, sprechen dafür, dass weiterhin auch Schrotteinlieferungen durch den Ehemann der Klägerin erfolgt sind, die nicht aus der (behaupteten) für den Motorradclub initiierten Sammlung stammten. Hierfür sprechen schließlich auch die Anzahl der Anlieferungen und der Umstand, dass diese im streitigen Zeitraum fast ausschließlich mit dem vormaligen Firmen-LKW getätigt worden sind, den der Ehemann der Klägerin vor dem 01.04.2011 nach seinen Angaben für monatlich 920 EUR von seinem Onkel gemietet hatte, was der Senat den in den Verwaltungsakten enthaltenen Quittungen entnimmt. Es ist in keiner Weise dargetan und für den Senat im Übrigen auch nicht vorstellbar, aus welchen Mitteln der Ehemann der Klägerin als SGB II-Leistungsempfänger Betriebskosten für diesen Lkw getragen haben will, ohne aus seiner Tätigkeit irgendwelche Einkünfte zu erzielen.

Die Klägerin hätte die Rechtswidrigkeit aller für die streitigen Zeiträume ergangenen Bewilligungsbescheide, die daraus resultierte, dass ihr Ehemann die Angabe der von ihm durch Schrottanlieferungen erzielten Einkünfte bei der Antragstellung für die Leistungen in den streitigen Zeiträumen unterlassen hat, kennen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3, 2. Halbs. SGB X). Dies ist dann der Fall, wenn der Betroffene schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (st. Rspr., vgl. bereits BSG, Urteil vom 31.8.1976 – 7 RAr 112/74BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; ebenfalls BSGE 62, 32, 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2 und Urteil vom 8.2.2001 – B 11 AL 21/00 RSozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: stRspr, vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R = SozR 4-2500 § 240 Nr. 19 RdNr. 30 m.w.N.). Auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides hierzu, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich noch auszuführen, dass der Klägerin die Fortsetzung der Schrottverwertung durch ihren Ehemann bereits deshalb nicht verborgen geblieben sein kann, weil der Schrott nach seinen Angaben auch vor dem Hof des gemeinsamen Wohnanwesens abgelagert worden ist. Außerdem wurde der Schrott ausweislich der in den Akten des HZA U. enthaltenen Quittungen zum großen Teil sortenrein angeliefert, was erhebliche Vorarbeiten voraussetzt, die nicht im Verborgenen geleistet werden konnten.

Der Beklagte war deshalb berechtigt, die für die streitigen Zeiträume ergangenen Bewilligungsbescheide (für August und September 2012 teilweise) zurückzunehmen. Die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten.

Die Klägerin hat die zu Unrecht erbrachten Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der von der Beklagten errechneten Rückforderungsbeträge hat weder der Senat, noch wurde eine Unrichtigkeit im Berufungsverfahren geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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