Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 6894/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 270/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 70.
Die am xx. xx 1953 geborene und im Landkreis B. wohnhafte, verheiratete Klägerin, die als Sachbearbeiterin bei einer Krankenkasse beschäftigt war, beantragte erstmals am 8. Juli 2003 die Feststellung des bei ihr bestehenden GdB. Nachdem der Beklagte zunächst einen GdB von 20 seit dem 1. Januar 2003 feststellte, half er ihrem Widerspruch insoweit ab, dass ein Gesamt-GdB von 30 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Polyarthrose (Einzel-GdB 20) und einem klimakterischen Syndrom, einem psychovegetativen Erschöpfungssyndrom und einer Migräne (Einzel-GdB 20) zuzuerkennen sei. Die Klägerin nahm ihren Widerspruch daraufhin im Übrigen zurück.
Am 18. Dezember 2004 beantragte sie die Erhöhung des bei ihr festgestellten GdB. Nachdem der Beklagte dies im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ablehnte, schlossen die Beteiligten vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) in einem nachfolgenden Klageverfahren (S 21 SB 3639/06) am 19. Februar 2008 einen Vergleich dahingehend, dass sich der Beklagte verpflichtete, bei der Klägerin ab dem 22. Dezember 2005 einen GdB von 40 und ab dem 1. Juni 2007 einen GdB von 50 festzustellen. Dem lagen als Funktionsbeeinträchtigungen eine Depression, funktionelle Organbeschwerden, Migräne, ein Fibromyalgiesyndrom, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bluthochdruck, Verlust der Gebärmutter und der Eierstöcke, ein klimakterisches Syndrom, chronische Bronchitis, chronische Nebenhöhlenentzündung und Funktionsbehinderungen beider Hüftgelenke zugrunde. Der Ausführungsbescheid des Beklagten erging am 4. April 2008.
Am 22. März 2016 beantragte die mittlerweile seit Juli 2010 berentete Klägerin erneut die Erhöhung ihres GdB sowie die Zuerkennung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (erhebliche Gehbehinderung). Bei ihr bestünden Hüftgelenkstotalendoprothesen (Hüft-TEP) beidseits, eine Rhizarthrose links, eine Außenmeniskopathie, ein Lymphödem beidseits, eine Osteochondrose L4/L5, eine Blockierung der Lendenwirbesäule (LWS) und des Illiosakralgelenks (ISG), eine Struma nodosa und eine Hyperlipidämie. Hierzu legte die Klägerin verschiedene Behandlungs- und Befundberichte vor. Eine Aufstellung der Behandlungsdaten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. vom 5. November 2013 bis zum 10. März 2016 enthielt für den 5. November 2013 die Feststellung eines deutlichen Druckschmerzes über dem Sattelgelenk links und die Diagnosen einer Coxarthrose links, einer Rhizarthrose links, einer Außenmeniskopathie und für den 6. Februar 2014 eines Lymphödems beider Beine. An der LWS bestehe ein Beckenschiefstand, etwas Hartspann beidseits paravertebral, jedoch keine Blockierungen. An der Halswirbelsäule (HWS) bestehe ein deutlicher Hartspann und eine deutlich konzentrisch eingeschränkte Beweglichkeit auch mit Muskeldruckschmerz. Am 22. Juli 2014 wurden Osteochondrosen L4-S1 diagnostiziert. Im November 2014 erfolgte erneut eine Behandlung wegen Beeinträchtigungen an der LWS, am 15. April 2015 wegen Beeinträchtigungen am ISG und am 7. September 2015 wiederum wegen der LWS. Es bestehe etwas Hartspann um L5, dort auch etwas Druckschmerz, keine Blockierungen. An der HWS liege ein geringer Hartspann bei kaum eingeschränkter Beweglichkeit und einem geringen Muskeldruckschmerz vor. Nach dem Befund der Internistin und Endokrinologin Dr. V. vom 18. November 2015 sei eine arterielle Hypertonie, eine Fibromyalgie, eine Struma nodosa und eine Hyperlipidämie zu diagnostizieren. Die Klägerin beklage massive Schwitzbeschwerden. Sonographisch stelle sich die Schilddrüse im Wesentlichen unverändert und ohne Größenprogredienz einer kleinen zystischen Struktur sowie ohne Hinweis auf eine Autoimmunthyreoditis dar. Nach dem Entlassungsbericht des Prof. Dr. F., Celenus S.-Klinik, vom 23. Februar 2015 sei bei der Klägerin die Implantation einer zementfreien Hüft-TEP links erfolgt. Am Entlasstag sei das Gangbild zu ebener Erde ohne Unterarmgehstützen noch diskret links hüftschonhinkend, insgesamt flüssig und flott gewesen. Die Beweglichkeit des Hüftgelenks links betrage in Extension/Flexion 0-0-90°. Der Bericht des Prof. Dr. F. zur Implantation einer Hüft-TEP rechts vom 18. April 2013 enthält die gleichen Befunde für die rechte Seite. Nach dem Bericht des Phlebologen Dr. S. vom 9. März 2014 bestehe bei der Klägerin eine Lipohypertrophie mit Lipödem beider Beine an beiden Außenknöcheln sowie an den Knien und Oberschenkeln innenseitig. Eine regelmäßige manuelle Lymphdrainage werde vorgeschlagen, des Weiteren regelmäßiges Tragen der verordneten Kompressionsstrümpfe. Dr. H., Kurpark-Klinik Ü. am B. - Klinik für ernährungsabhängige Krankheiten, berichtete am 13. Mai 2014 unter anderem, bei der Klägerin bestehe eine psychovegetative Erschöpfung. Die Klägerin gebe an, sie leide an Erschöpfung und immer wieder unter depressiven Verstimmungen, diese würden sich vor allem in der dunklen Jahreszeit zeigen. Der Blutdruck habe bei Aufnahme 146/90 mmHg betragen.
Am 4. April 2016 bewertete der Versorgungsarzt Dr. W. die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin dahingehend, dass für eine Depression, funktionelle Organbeschwerden, eine Migräne und ein Fibromyalgiesyndrom ein Einzel-GdB von 30, für eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule ein Einzel-GdB von 20, für einen Bluthochdruck ein Einzel-GdB von 20 und für eine Gebrauchseinschränkung beider Beine, Gebrauchseinschränkung beider Füße bei degenerativen Gelenkveränderungen und Hüftgelenksendoprothesen beidseits ebenfalls ein Einzel-GdB von 20 anzusetzen sei. Der Verlust der Gebärmutter, Verlust der Eierstöcke und das klimakterische Syndrom bedinge einen Einzel-GdB von 10, ebenso die chronische Bronchitis mit chronischer Nebenhöhlenentzündung und eine Gebrauchseinschränkung der linken Hand. Der Gesamt-GdB betrage 50. Eine Schilddrüsenerkrankung und eine Fettstoffwechselstörung bedingten jeweils keinen Einzel-GdB von mindestens 10.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2016 lehnte der Beklagte darauf die Feststellung eines höheren GdB sowie die Zuerkennung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ab. Die Verhältnisse, die der letzten Feststellung zugrunde lagen, hätten sich durch das Hinzukommen weiterer Funktionsbeeinträchtigungen zwar geändert, Auswirkungen auf den festgestellten GdB ergäben sich hierdurch jedoch nicht. Die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsstörungen im Bereich der unteren Gliedmaßen wirkten sich nicht in dem Maße auf die Gehfähigkeit aus, als dass hierdurch eine Einschränkung des Gehvermögens in dem geforderten Ausmaß eingetreten sei.
Am 17. Juni 2016 legte die Klägerin Widerspruch gegen diese Entscheidung ein. Nachdem zunächst keine Begründung des Widerspruchs einging, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2016 unter Vertiefung seiner Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid zurück.
Am 12. Dezember 2016 hat die Klägerin daraufhin Klage beim SG erhoben. Sie leide an mittelgradigen Beschwerden der HWS und der LWS. Sie habe nach wie vor erhebliche Schmerzen im Bereich beider Beine und die Gehfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Auch die durch die Rhizarthrose bedingte Gebrauchseinschränkung der linken Hand sei nicht berücksichtigt. Bedingt durch die Gebrauchseinschränkung beider Beine und beider Füße bei degenerativen Gelenkveränderungen sowie dem Vorhandensein von Lymphödemen habe sie erhebliche Schwierigkeiten eine Wegstrecke von 2 km innerhalb einer halben Stunde zurückzulegen.
Das SG hat durch Anhörung der behandelnden Ärzte Dr. S., Dr. V., Dr. H., Dr. R., Dr. S. und Priv. Doz. Dr. K. Beweis erhoben. Der Hausarzt Dr. S. hat unter Vorlage eines bis Januar 2004 zurückreichenden Berichtskonvoluts am 19. Juni 2017 mitgeteilt, eine 24-Stunden Blutdruckmessung am 7. April 2016 habe normale Durchschnittswerte (133/77 mmHg) mit einer guten Nachtabsenkung gezeigt. Die Medikation der Antihypertensiva sei ausreichend. Am 25. April 2016 habe die Klägerin über Schmerzen im Bereich der rechten unteren Rippen und rechts der Brustwirbelsäule, wohl im Rahmen einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, geklagt. Diese werde als mittelgradig eingestuft. Zur Fibromyalgie finden sich in den vorgelegten Berichten, abgesehen von wiederholender Benennung der Diagnose, zwei Behandlungsberichte. Nach dem Entlassungsbericht des Priv. Doz. Dr. F., Rheuma-Zentrum B., vom 25. April 2006 sei die Klägerin aufgrund von sich verstärkenden generalisierten Schmerzen an sämtlichen Körperregionen, entsprechend einer akuten Schmerzexacerbationen bei Fibromyalgie aufgenommen worden. Diese sei kombiniert mit zunehmenden Schlafstörungen, morgendlicher Erschöpfung, multiplen funktionellen und vegetativen Beschwerden und jetzt einhergehend mit einer deutlichen Funktionsbehinderung im Alltag. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen hätten als Ursache für die Schmerzexacerbation ausgeschlossen werden können. Desweitern liege eine Depression vor, die zurzeit als mittelgradig einzustufen sei. Nach den schriftlichen Darlegungen des Dr. U., F. Klinik B., vom 24. Mai 2007 klage die Klägerin über zunehmende belastungsbedingte Schmerzen in beiden Hüftgelenken, rezidivierend auftretende Nackenschmerzen, Schmerzen in den Finger- und Zehengelenken beidseits, chronisch rezidivierend auftretende diffuse Muskelschmerzen der oberen und unteren Extremitäten, des Weiteren über eine psychophysische Erschöpfung mit depressiven Verstimmungen. Im Übrigen findet sich zum psychischen Bereich, neben dem bereits im Antragsverfahren vorgelegten Bericht des Dr. H., ein weiterer vom 25. Mai 2009, nach welchem sich die Klägerin in die dortige Klinik wegen psychovegetativer Erschöpfung und Depressionen begeben habe. Nach dem Bericht des Allgemeinmediziners v.M., T. Sanatorium für Naturheilverfahren, über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 13. Juni bis 11. Juli 2004 bestehe u.a. eine depressive Stimmungslage und HWS-BWS-Myogelosen. Anlass der Kur sei eine ausgeprägte psychisch-physische Erschöpfungssituation mit Schlafstörungen aufgrund von privaten Existenzängsten sowie eines Trauerfalls und zunehmende polyarthrotische Beschwerden vor allem im Bereich der Füße, der rechten Hüfte und der Hände. Nach den Ausführungen des PD Dr. S. vom 17. Dezember 2006 sei am 12. Dezember 2006 eine abdominelle Hysterektomie mit Adnexektomie beidseits durchgeführt worden. Dr. V. hat am 21. Juni 2017 mitgeteilt, die Struma nodosa werde antihyperplastisch mit Thyronajod behandelt. Eine relevante Einschränkung bestehe hierdurch jedoch nicht. Die Psychiaterin Dr. H. hat mit Schreiben vom 20. Juni 2017 ausgeführt, bei der Klägerin seien Depressionen und Ängste zu diagnostizieren. Der Antrieb sei unauffällig, die Affektivität ängstlich, depressiv, der formale und inhaltliche Gedankengang unauffällig. Sie sei hinsichtlich einer selbständigen Lebensführung nicht eingeschränkt, die familiäre Integration sei gegeben, die Integration außerfamiliär vermindert. Es bestünden leichte Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und keine sozialen Anpassungsstörungen. Sie stimme der Zuordnung eines GdB von 30 zur Depression seitens der Versorgungsärztlichen Dienstes zu. Dr. R. hat mit Schreiben vom 6. Juli 2017 erklärt, die Auffassung des Versorgungsärztlichen Dienstes auf orthopädischem Gebiet zu teilen. Nach der beigefügten Behandlungsaufstellung hat Dr. R. am 11. April 2016 an der HWS einen geringen Hartspann, kaum eingeschränkte Beweglichkeit und einen geringen Muskeldruckschmerz bei intakten Reflexen, Sensibilität und Motorik befundet. Nach einem Eintrag vom 23. Januar 2017 bestehe noch ein Blockierungsgefühl der LWS bei Besserung durch Krankengymnastik, ein Beckentiefstand links, etwas Hartspann und Druckschmerz an den ISG-Punkten. der Fingerbodenabstand betrage 5 cm, hier auch eine Blockade. Unter dem 5. April 2017 findet sich ein im Wesentlichen gleichlautender Befund zur LWS. Nach dem Eintrag vom 9. Mai 2017 zeige sich an beiden Hüften eine Flexion/Extension von 100/0/0°, eine Innenrotation bis 20° und eine Außenrotation bis 45°. Es bestehe kein Hinweis auf Implantatsdislokation, Implantatversagen oder -lockerung. Dr. S. hat am 17. Juli 2017 berichtet, es bestehe eine Lipohypertrophie mit Lipödem an beiden Außenknöcheln sowie an den Knien und Oberschenkeln innenseitig, das Stemmer-Zeichen sei negativ. Die Beschwerden würden als mittelgradig beurteilt. Die Schwellneigung der Beine aufgrund der Lipohypertrophie und den gelegentlich auftretenden Lipödemen sei nicht nur vorübergehend. Den GdB auf seinem Fachgebiet schätze er auf maximal 20 ein. Der Orthopäde Priv. Doz. Dr. K. hat mit Schreiben vom 1. August 2017 mitgeteilt, die Klägerin zuletzt am 29. Januar 2016 untersucht zu haben. Der Gang sei unauffällig gewesen, die Beweglichkeit im Hüftgelenk frei bei freier Streckung beidseits, die Beugung rechts und links gut bis 120° aktiv möglich.
Das SG hat die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 22. Dezember 2017, der Klägerin am 29. Dezember 2017 zugestellt, abgewiesen. Die bisherige Zuerkennung eines GdB von 50 stelle eine sehr wohlwollende Einschätzung dar. Ein GdB von mehr als 50 sei nicht zu rechtfertigen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" lägen nicht vor.
Hierauf hat die Klägerin am 18. Januar 2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die vom SG festgestellten Teil-GdB für die Funktionssysteme Nervensystem und Psyche und der Halte- und Bewegungsorgane könnten nicht überzeugen. Hierzu hat sie verschiedene Behandlungsberichte vorgelegt. Nach einem Bericht der Dr. H. vom 1. Februar 2018 sei eine Angst- und depressive Störung, gemischt und eine mittelgradige depressive Episode zu diagnostizieren. Sie sei ängstlich, unsicher, innerlich angespannt und immer wieder in bestimmten Tiefphasen mit Nervosität. Der Antrieb sei gebremst, sie ziehe sich zurück und die Stimmung sei gedrückt. Ausweislich eines Berichts des Dr. R. vom 1. Februar 2018 schildere die Klägerin Schmerzen der Lendenwirbelsäule seit einem Monat mit kurzzeitiger Besserung mit Physio(-therapie). An der LWS bestehe etwas Hartspann beidseits paravertebral um L5, hier auch Muskeldruckschmerz und Myogelosen. Der Finger-Boden-Abstand betrage 25 cm. Es lägen keine Blockierungen vor, die Sensibilität, Motorik und Reflexe seien seitengleich Intakt. Es bestehe etwas Schwellung und auch ein Lipödem, links mehr als rechts, recht gut beweglich. Die Mindestmobilität von 20 kg Belastbarkeit und über 20° Bewegungsausmaß im oberen Sprunggelenk werde weit übertroffen. An der HWS befinde sich ein deutlicher Hartspann mit auch deutlich konzentrisch eingeschränkter Beweglichkeit mit Muskeldruckschmerz. Die Reflexe, Sensibilität und Motorik seien aber seitengleich intakt. Es finde sich keine Blockierung an der HWS oder der oberen BWS. Nach den Darlegungen der Anästhesistin und Schmerztherapeutin Dr. C., Schmerzpraxis B., vom 12. November 2018 bestehe eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, ein multilokuläres Schmerzsyndrom bei Polyarthrosen und ein Fibromyalgiesyndrom. Die Klägerin leide seit ungefähr 20 Jahren unter vermehrtem Schwitzen und wiederkehrenden Schwitzattacken. Begleitend verspanne sich inzwischen die Muskulatur, es sei alles steif und es tue alles weh, so die Klägerin. Unter der aktuellen psychiatrischen Mitbehandlung und medikamentöser Therapie sei sie wesentlich ruhiger und das Schwitzen geringer. Es bestehe eine Einschlafstörung und sie leide unter Müdigkeit und Erschöpfung. Ihre Schmerzen seien wandernd, der Schmerzcharakter überwiegend drückend, in den Fingern stechend. Sie nehme Amineurin und Sertralin. In der Kindheit habe sie unter schweren Migräneattacken gelitten, die verschwunden seien, als ihr Vater verstorben sei. Die Stand- und Gangprüfungen seien unauffällig. Die Hüftinnen- und -außenrotation sei links endgradig schmerzhaft. Es bestehe ein generalisiertes Schmerzsyndrom mit Erschöpfung bei Hinweisen für schmerzbiographische Faktoren, die die Entwicklung einer stressinduzierten Hyperalgesie (im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms) begünstigen könnten. Ein großer Leidensdruck bestehe auch aufgrund der starken Schwitzattacken, differenzialdiagnostisch Hyperhidrosis, differenzialdiagnostisch Schweißausbrüche im Rahmen einer Angsterkrankung. In einem Bericht vom 17. Oktober 2018 führt der Facharzt für HNO-Heilkunde und Schlafmedizin Dr. B. aus, bei der Klägerin bestehe der Verdacht auf ein obstruktives Schlafapnoesyndrom. Die weitere schlafmedizinische Abklärung im Schlaflabor werde empfohlen. Im Erörterungstermin vom 29. November 2018 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sich demnächst in eine stationäre Behandlung auch im Hinblick auf ihre Angstsymptomatik zu begeben. Bezüglich des Verdachts auf eine Schlafapnoe sei eine Untersuchung im Schlaflabor für den Februar 2019 vorgesehen. Weiter sei das Lymphödem nicht ausreichend berücksichtigt, welches zu geschwollenen Knöcheln und Gangbeschwerden führe sowie eine Lymphdrainage erforderlich mache.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2016 zu verpflichten, bei ihr unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 4. April 2008 ab dem 22. März 2016 eine Grad der Behinderung in Höhe von mindestens 70 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vorgetragen, die Feststellung eines GdB von 50 sei eine äußerst wohlwollende Bewertung.
Der Senat hat durch Befragung der Dr. H. und des Dr. R. als sachverständige Zeugen Beweis erhoben. Dr. H. hat am 25. Juli 2018 mitgeteilt, die Klägerin habe sich im Juni, Juli, September, November 2017 und Februar sowie April 2018 in ihrer Praxis vorgestellt. Der Verlauf sei geprägt von sehr wechselnden Stimmungen. Zunächst sei es der Klägerin besser gegangen, so dass sie erwogen habe, die Medikamente abzusetzen. Im Juli 2017 habe sich dann die Stimmung wieder verschlechtert. Die Klägerin habe berichtet, sie könne nicht schlafen, grübele wieder ohne Ende, hätte Heißhungerattacken und wäre ängstlich und unruhig, so dass erneut die Medikation mit Sertralin begonnen worden sei. Im September 2017 sei es dann wieder besser gegangen, im November 2017 habe sie über eine wieder schlechte Zeit berichtet. Im Februar 2018 habe die Klägerin mitgeteilt, ausgeprägte Schlafstörungen zu haben, sie sei nervös, unruhig, stehe neben sich. Sie komme nicht in die Gänge brauche dann einen Mittagsschlaf, gehe erst nach Mitternacht ins Bett. Im April 2018 habe sie dann berichtet, dass es wieder besser gehe, die Sonne tue ihr gut, insgesamt der Frühling und sie sei wieder zuversichtlicher. Dr. R. hat am 1. August 2018 einen nuklearmedizinischen Befund der Priv-Doz. Dr. E. vom 26. März 2018 über eine Dreiphasen-Skelettszintigraphie vorgelegt. Danach bestehe eine aktivierte Arthrose des Daumensattelgelenks links und des Fingergelenks DIP D4 (Endgelenk des Digitus manus – Fingers – 4) links. Es zeige sich eine Polyarthrose beider Fingergelenke mit Aktivierung im DIP D3 rechts, geringer ausgeprägt im DIP 2 links und Arthrose mit diskreten Zeichen einer Aktivierung auch des Daumensattelgelenks rechts, der Fußwurzel links sowie der AC-Gelenke. Nach dem von Dr. R. vorgelegten Behandlungsdatenauszug habe sich die Klägerin nach dem 1. Februar 2018 noch am 20. Februar 2018 vorgestellt. Es bestünden weiter Schmerzen der Lendenwirbelsäule. Es zeige sich etwas Hartspann und etwas Druckschmerz. Der Finger-Boden-Abstand betrage 5 cm und es lägen keine Blockierungen vor. Sensibilität, Motorik und Reflexe seien seitengleich intakt. Die Gangvaria seien darstellbar, der Lasègue negativ.
Der Senat hat die Beteiligten im Erörterungstermin vom 29. November 2018 zur Möglichkeit der Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung unter Beteiligung ehrenamtlicher Richter angehört. Diese haben ihr Einverständnis erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakte des Beklagten und die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m.w.N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, wobei sich das Rechtsmittel der Klägerin auf die Feststellung eines GdB von 70 beschränkt. Der in der Klage noch verfolgte Anspruch auf die Zuerkennung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ist in der Berufung nicht weiterverfolgt worden.
Grundlage für den Klageanspruch ist insoweit § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem den Vergleich im Verfahren S 21 SB 3639/06 beim SG konkretisierenden Bescheid vom 4. April 2008 über die Feststellung des GdB mit 50 seit dem 1. Juni 2007 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Denn Anknüpfungspunkt eines Anspruchs aus § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X und auch Vergleichsmaßstab bleibt insoweit der Ausführungsbescheid, der den Vergleich vollzogen hat (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 20. Oktober 2016 - L 6 U 34/16 – juris, Rz. 46). Entgegen älterer Rechtsprechung (so noch Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 V 82/02 B -, juris, Rz. 6) kommt auch einem Ausführungsbescheid Regelungswirkung nach § 31 SGB X zu (Urteil des Senats vom 29. April 2014 – L 6 VK 934/12 –, juris, Rz. 21). Dafür spricht nicht nur der äußere Schein des Bescheids, der einen Regelungswillen der Behörde - nämlich zur Umsetzung des Vergleichs - dartut, sondern auch, dass nicht der Vergleich, sondern erst der Ausführungsbescheid Vollstreckungsgrundlage ist (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5459/11 -, juris, Rz. 26). Zum anderen ist ein Anspruch aus § 48 Abs. 1 SGB X auch gegen einen Ausführungsbescheid nicht ausgeschlossen, auch wenn diesem ein Vergleich zu Grunde liegt. Ein gerichtlicher Vergleich über Sozialleistungen, der - neben seiner prozessrechtlichen Bedeutung - einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne von § 54 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (vgl. auch § 779 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) darstellt, schränkt nur eine spätere Rücknahme des Ausführungsbescheids zu Gunsten (§ 44 Abs. 1, Abs. 2 SGB X) oder zu Ungunsten (§ 45 SGB X) des Leistungsempfängers ein (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2011 – L 10 R 3494/08 –, juris, Rz. 32). Soweit ein Vergleich in die Zukunft gerichtet ist, kann er zwar grundsätzlich auch eine Abänderung wegen späterer Veränderungen hindern. Diese Situation wird nämlich in den Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in § 59 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB X (vgl. § 313 Abs. 1 und 3 BGB) erfasst, die nach § 61 Satz 1 SGB X auch dem § 48 Abs. 1 SGB X vorgehen müssten. Eine solche Auslegung eines Vergleichs würde jedoch unter Umständen bedeuten, dass der Leistungsempfänger auf eine (höhere) Sozialleistung für die Zukunft verzichtet. Einen solchen Verzicht könnte er nach § 46 Abs. 1 Halbsatz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) jederzeit widerrufen. Aus diesem Grunde steht einer Auslegung, wonach auch künftige Abänderungen nicht mehr nach § 48 Abs. 1 SGB X, sondern nur nach § 59 Abs. 1 SGB X erfolgen können, auch die Vorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X entgegen, wonach eine Behörde in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht mehr regeln kann, als ihr an Verwaltungsaktbefugnis zukommt. Durch Verwaltungsakt kann sie aber nicht die Anwendbarkeit des § 48 SGB X ausschließen (Urteil des Senats vom 29. April 2014 – L 6 VK 934/12 –, juris, Rz. 20). Jedenfalls kann ein Ausschluss des § 48 Abs. 1 SGB X durch Vergleich aus diesen Gründen allenfalls dann angenommen werden, wenn die Vertragsparteien eine entsprechende, eindeutige Klausel aufnehmen, wonach auch nach einer zukünftigen Änderung der Verhältnisse eine Anpassung nur nach § 59 Abs. 1 SGB X möglich sein solle, wobei dann weiter zu prüfen wäre, ob die Vertragsparteien überhaupt gesetzliche Pflichten in einem Vergleich abbedingen können (Urteil des Senats, a.a.O.). Ohne eine solche ausdrückliche Absprache ist der Vergleich so nicht auszulegen. Dies entspricht auch der jahrzehntelangen Auslegung gerichtlicher Vergleiche in der Sozialgerichtsbarkeit (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5459/11 -, juris, Rz. 26). Dies heißt insbesondere, dass eine Abänderung nach einer wesentlichen Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht erst dann verlangt werden kann, wenn ein Festhalten an dem Vergleich und dem Ausführungsbescheid unzumutbar erscheint.
Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung zum Zeitpunkt der Entscheidung (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34).
In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 4. April 2008 zugrunde lagen, ist keine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bedingen auch weiterhin keinen höheren Gesamt-GdB als 50.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 152 Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der aktuellen, seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234). Nach § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Solange diese Rechtsverordnung nicht erlassen ist, gelten nach der Übergangs-regelung in § 241 Abs. 5 SGB IX – wie bisher schon – die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der auf Grund des § 30 Absatz 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierbei handelt es sich um die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungs-folgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG regelt (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 2/13 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 18, Rz. 10 m.w.N. und vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bislang keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 4. April 2008 festgestellten GdB von 50 begründen.
Im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" sind die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin ausreichend mit einem Teil-GdB von 30 bemessen. Für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen in Form von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ist ein Teil-GdB von 0 bis 20 anzusetzen, für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ein Teil-GdB von 30 bis 40 sowie für schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen Anpassungsschwierigkeiten ein Teil-GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten ein Teil-GdB von 80 bis 100 (VG, Teil B, Nr. 3.7). In diesem Rahmen ist auch das Schmerzsyndrom der Klägerin in Form einer Fibromyalgie zu bewerten, da derartige Somatisierungs-Syndrome jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog und damit hier entsprechend einer somatoformen Störung zu beurteilen sind (VG, Teil B, Nr. 18.4, Urteil des Senats vom 2. Februar 2017 - L 6 SB 1639/16, nicht veröffentlicht).
Die behandelnde Psychiaterin und Psychotherapeutin der Klägerin, Dr. H., hat im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens noch über einen unauffälligen Antrieb bei ängstlicher, depressiver Affektivität berichtet. Die selbständige Lebensführung hat sie als nicht eingeschränkt und die familiäre Integration als gegeben angesehen, lediglich die Integration außerfamiliär aufgrund der Ängste und Depressionen der Klägerin als vermindert. Dies hat Dr. H. nachvollziehbar als leichte Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingestuft und keine sozialen Anpassungsstörungen gesehen. Ihrer Bewertung des diesbezüglichen Teil-GdB mit 30 kann im Hinblick auf diese lediglich leichten Beeinträchtigungen zumindest nur bezogen auf die Depression nicht gefolgt werden. Soweit Dr. H. im Berufungsverfahren über im wesentlichen zweimonatliche Behandlungsabstände bei einem stark schwankenden Befund hinsichtlich Antrieb, Stimmung und Affekt berichtet hat, ist trotz zeitweise erheblich gebesserter Phasen, in welchen die Klägerin gänzlich auf eine Medikation im Hinblick auf die psychischen Beeinträchtigungen verzichten konnte, unter Berücksichtigung der fortdauernden Behandlungsbedürftigkeit, welche in der Vergangenheit und auch aktuell stationäre Behandlungen erforderlich gemacht hat, isoliert betrachtet ein Teil-GdB im oberen Bereich der leichteren psychischen Störungen mit 20 anzusetzen. Hierin sind die wiederkehrenden und belastenden Schwitzattacken ebenso wie die in dem Bericht der Dr. C. vom 12. November 2018 aufgeführten Müdigkeit und Erschöpfung miterfasst. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Auswirkungen des Schmerzsyndroms bzw. der Fibromyalgie, welche sich in wechselnden Ganzkörperschmerzen, insbesondere auch im muskulären Bereich, zeigt, ist ein Teil-GdB von 30 vertretbar. Da die Klägerin nach den vorliegenden medizinischen Erkenntnissen über Jahre keine Behandlungen des Fibromyalgiesyndroms eingehen musste und erst im Jahr 2018 wieder eine schmerztherapeutische Behandlung aufgenommen hat, welche sich noch in einem relativ niedrigschwelligen Bereich bewegt, stellt diese Teil-GdB-Bewertung die Ausschöpfung der Bewertungsmöglichkeiten in diesem Bereich dar, zumal, worauf Versorgungsarzt Dr. R. zu Recht hinweist, eine Überschneidung zum orthopädischen Fachgebiet zu beachten ist, da die Funktionseinschränkungen nicht doppelt berücksichtigt werden können.
Für das Funktionssystem "Rumpf" ist aufgrund der Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule ein Teil-GdB von 20 anzusetzen. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für Kollagenosen und Vaskulitiden. Bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten (z. B. Osteoporose, Osteopenie bei hormonellen Störungen, gastrointestinalen Resorptionsstörungen, Nierenschäden) ist der GdB vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdB.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Nach den vorliegenden medizinischen Befunden, insbesondere den Berichten des behandelnden Orthopäden Dr. R., bestehen bei der Klägerin zwar degenerative Veränderungen an der HWS und LWS, welche sich in wiederkehrenden Schmerzen und Muskelverspannungen äußern. Nach den Behandlungsdaten des Dr. R. liegen zwischen dem Auftreten dieser Beschwerden jedoch regelmäßig mehrere Monate, lediglich hinsichtlich der LWS sind zweitweise länger anhaltende Beschwerden dokumentiert. Die Beweglichkeit ist nach der Befundlage zumeist nicht oder kaum beeinträchtigt. Anhaltspunkte für Nervenwurzelreizerscheinungen oder weitergehende, von der Wirbelsäule ausgehende Funktionsbeeinträchtigungen bestehen nicht. Im Bereich der Brustwirbelsäule beschränken sich die dokumentierten Beschwerden der Klägerin im Wesentlichen auf ein Schmerzgeschehen im April 2016, welches Dr. S. berichtet hat. Der Beklagte und ebenso das SG haben den diesbezüglichen Teil-GdB daher zutreffend mit einem Teil-GdB von 20, wie er Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen an einem Wirbelsäulenabschnitt entspricht, bewertet. Die Schwelle zu mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen an zwei Wirbelsäulenabschnitten, welche den Bewertungsrahmen von 30 bis 40 eröffnen würde, ist nicht erreicht. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. R. hat dieser Bewertung zugestimmt.
Im Funktionssystem "Beine" besteht ebenfalls ein Teil-GdB von 20. Bei der Bewertung von Endoprothesen geben die VG den für bestmögliche Behandlungsergebnisse geltenden Mindest-GdB an. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen. Die Versorgungsqualität kann insbesondere durch Beweglichkeits- und Belastungseinschränkung, Nervenschädigung, deutliche Muskelminderung oder eine ausgeprägte Narbenbildung beeinträchtigt sein. Bei einseitiger Endoprothese beträgt der GdB mindestens 10, bei beidseitiger Endoprothese des Hüftgelenks mindestens 20 (VG, Teil B, Nr. 18.12). Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig sind mit einem Teil-GdB von 10 bis 20 und beidseitig mit einem Teil-GdB von 10 bis 30 zu bewerten. Bei einer Bewegungseinschränkung mittleren Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-30-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig kann ein Teil-GdB von 30 und beidseitig ein Teil-GdB von 50 vergeben werden.
Bei der Klägerin bestehen beidseits Hüft-TEP mit guter Beweglichkeit. Wie Dr. R. am 12. Juli 2017 gegenüber dem SG berichtet hat, liegt die Beweglichkeit der Hüftgelenke beidseits in Flexion/Extension bei 100-0-0°, in der Innenrotation bei 20°, in der Außenrotation bei 45°. Hinweise auf eine Implantatsdislokation, Implantatversagen oder Lockerung fanden sich nicht. Priv. Doz. Dr. K. hat hinsichtlich einer Untersuchung am 29. Januar 2016 sogar eine noch bessere Beweglichkeit der Hüftgelenke mit freier Streckung und Beugung beidseits bis 120° berichtet. Auch nach dem Bericht der Dr. C. vom 12. November 2018 hat sich lediglich eine endgradige Einschränkung der Hüftinnen- und -außenrotation links gezeigt. Im Bereich der Beine sind daneben keine funktionsrelevanten und überdauernden Beeinträchtigungen festzustellen. Im Bereich der Knie bestand nach den Behandlungsdaten des Dr. R. im November 2013 eine Außenmeniskopathie bei Schmerzen im rechten Knie. Für den Juli 2014 sind Knieschmerzen links, ohne Schwellung und Erguss und mit einer Beweglichkeit von 130-0-0° in Flexion/Extension beim stabilem Kapsel-Band-Apparat verzeichnet. Überdauernde und nicht lediglich akute Beeinträchtigungen sind damit nicht dokumentiert. Selbst bei Annahme des Fortbestehens dieser Beeinträchtigungen ist hierfür kein Teil-GdB zu vergeben (VG, Teil B, Nr. 18.14).
Im Funktionssystem "Innere Sekretion und Stoffwechsel" ist für die beidseitigen Lipödeme der Klägerin ein Teil-GdB von 10 anzusetzen. Mangels konkreter Vorgaben der VG zur Einordnung des Lipödems (vgl. VG, Teil B, Nr. 15.3), ist im Rahmen einer analogen Bewertung auf das zu vergleichbaren Auswirkungen führende Erkrankungsbild des Lymphödems zurückzugreifen (ebenso: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 03. Dezember 2014 – L 7 SB 69/09 –, Rz. 44ff., juris). Ein Lymphödem an einer Gliedmaße ohne wesentliche Funktionsbehinderung und mit Erfordernis einer Kompressionsbandage rechtfertigt einen GdB von 0 bis 10, ein Lymphödem mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) je nach Funktionseinschränkungen einen GdB von 20 bis 40 und mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße je nach Ausmaß einen GdB von 50 bis 70 sowie bei Gebrauchsunfähigkeit der ganzen Gliedmaße einen GdB von 80 (VG, Teil B, Nr. 9.2.3). Nach der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Phlebologen Dr. S. vom 17. Juli 2017 besteht bei der Klägerin eine Schwellneigung beider Beine aufgrund einer Lipohypertrophie mit gelegentlich auftretenden, mithin nicht durchgehend bestehenden Lipödemen. Die Klägerin ist mit Kompressionsstrümpfen versorgt und hat jedenfalls in der Vergangenheit manuelle Lymphdrainagen erhalten. Stärkere Umfangsvermehrungen von mehr als 3 cm und insbesondere diesbezügliche Funktionseinschränkungen sind jedoch im gesamten Verlauf nicht objektiviert. Nach den Befunddaten des Dr. R. war die Klägerin im Bereich des Auftretens der Lipödeme, den Sprunggelenken aber auch bis in den Kniebereich, in der Beweglichkeit nicht eingeschränkt.
Im Funktionssystem "Herz und Kreislauf" ist für den Bluthochdruck dagegen kein Teil-GdB zu vergeben. Für eine Hypertonie (Bluthochdruck) in leichter Form mit keinen oder geringen Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) ist nach den VG ein GdB von 0 bis 10 vorgesehen, in mittelschwerer Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung ein GdB von 20 bis 40, in schwerer Form mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung ein GdB von 50 bis 100 und in maligner Form mit einem diastolischen Blutdruck konstant über 130 mm Hg; Fundus hypertonicus III-IV (Papillenödem, Venenstauung, Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen) sowie unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn) ein GdB von 100 (VG, Teil B 9.3).
Wie Dr. S. berichtet hat, bestehen normale Blutdruckdurchschnittswerte mit einem Blutdruck von 133/77 mmHg nach der 24-Stunden-Blutdruckmessung vom 7. April 2016. Anhaltspunkte für eine relevante Änderung der Blutdrucklage oder für blutdruckbedingte Organveränderungen bestehen nicht.
Die Veränderungen an der Schilddrüse der Klägerin in Form einer Struma nodosa sind nach der sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Endokrinologin Dr. V. gegenüber dem SG vom 23. Juni 2017 gut behandelbar und ohne funktionelle Auswirkungen, so dass kein Teil-GdB in Ansatz zu bringen ist (VG, Teil B, Nr. 15.6). Die Entfernung der Gebärmutter ist bei der 1953 geborenen Klägerin nicht mit einem Teil-GdB zu bewerten (VG, Teil B, Nr. 14.2), die Entfernung beider Eierstöcke mit einem Teil-GdB von 10 (VG, Teil B, Nr. 14.3). Für das frühere Migräneleiden der Klägerin, das sie in den Vordergrund ihrer Berufungsbegründung gestellt hat, ist indessen kein Teil-GdB mehr zu vergeben (VG, Teil B, Nr. 2.3). Den vorliegenden Berichten ist seit Jahren keine Behandlung diesbezüglich mehr zu entnehmen und die Klägerin hat selbst nach dem Bericht der Dr. C. vom 12. November 2018 mitgeteilt, dass die Migräne-Attacken mit dem Versterben des Vaters verschwunden sind. Die Fingerarthrosen der Klägerin, insbesondere in Gestalt einer Rhizarthrose links, sind mit einem Teil-GdB von 10, welcher bereits dem Verlust des Daumenendgliedes und des halben Grundgliedes entspricht (VG, Teil B, Nr. 18.13) ausreichend bewertet, da sich die daraus folgenden Einschränkungen insbesondere auf ein Schmerzgeschehen und nicht auf erheblichere Beeinträchtigungen der Funktions-, insbesondere Greiffähigkeit der Hände erstrecken. Eine chronische Bronchitis mit chronischer Nebenhöhlenentzündung und ein klimakterisches Syndrom sind nach der aktuellen Befundlage nicht mehr festzustellen.
Die von Dr. B. am 17. Oktober 2018 geäußerte Verdachtsdiagnose eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms bedarf der schlafmedizinischen Abklärung und ist daher bislang nicht nachgewiesen, insbesondere nicht in einem Umfang, der einen Teil-GdB rechtfertigen würde (VG, Teil B, Nr. 8.7).
Damit ist für die Bewertung des Gesamt-GdB der Klägerin von dem Teil-GdB von 30 für die Beeinträchtigungen im Funktionssystem Nervensystem und Psyche auszugehen. Hinzu treten die Teil-GdB von jeweils 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule und durch die beidseitige Hüft-TEP. Im Hinblick auf die Überschneidungen zwischen dem Fibromyalgiesyndrom und den Beeinträchtigungen an der Wirbelsäule ist die bisherige Bewertung des Gesamt-GdB mit 50 als äußerst weitreichend zu beurteilen. Selbst unter Annahme eines zusätzlichen Teil-GdB für ein - derzeit nicht gesichertes - Schlafapnoesyndrom mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung wäre bei dieser Gesamtlage eine Erhöhung des Gesamt-GdB nicht angezeigt. Die weiter hinzukommenden Teil-GdB-Werte von 10 wirken sich nicht erhöhend aus (VG, Teil A, Nr. 3d) ee)). Ein Anspruch auf einen höheren GdB als bislang festgestellt besteht daher nicht.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 70.
Die am xx. xx 1953 geborene und im Landkreis B. wohnhafte, verheiratete Klägerin, die als Sachbearbeiterin bei einer Krankenkasse beschäftigt war, beantragte erstmals am 8. Juli 2003 die Feststellung des bei ihr bestehenden GdB. Nachdem der Beklagte zunächst einen GdB von 20 seit dem 1. Januar 2003 feststellte, half er ihrem Widerspruch insoweit ab, dass ein Gesamt-GdB von 30 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Polyarthrose (Einzel-GdB 20) und einem klimakterischen Syndrom, einem psychovegetativen Erschöpfungssyndrom und einer Migräne (Einzel-GdB 20) zuzuerkennen sei. Die Klägerin nahm ihren Widerspruch daraufhin im Übrigen zurück.
Am 18. Dezember 2004 beantragte sie die Erhöhung des bei ihr festgestellten GdB. Nachdem der Beklagte dies im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ablehnte, schlossen die Beteiligten vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) in einem nachfolgenden Klageverfahren (S 21 SB 3639/06) am 19. Februar 2008 einen Vergleich dahingehend, dass sich der Beklagte verpflichtete, bei der Klägerin ab dem 22. Dezember 2005 einen GdB von 40 und ab dem 1. Juni 2007 einen GdB von 50 festzustellen. Dem lagen als Funktionsbeeinträchtigungen eine Depression, funktionelle Organbeschwerden, Migräne, ein Fibromyalgiesyndrom, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bluthochdruck, Verlust der Gebärmutter und der Eierstöcke, ein klimakterisches Syndrom, chronische Bronchitis, chronische Nebenhöhlenentzündung und Funktionsbehinderungen beider Hüftgelenke zugrunde. Der Ausführungsbescheid des Beklagten erging am 4. April 2008.
Am 22. März 2016 beantragte die mittlerweile seit Juli 2010 berentete Klägerin erneut die Erhöhung ihres GdB sowie die Zuerkennung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (erhebliche Gehbehinderung). Bei ihr bestünden Hüftgelenkstotalendoprothesen (Hüft-TEP) beidseits, eine Rhizarthrose links, eine Außenmeniskopathie, ein Lymphödem beidseits, eine Osteochondrose L4/L5, eine Blockierung der Lendenwirbesäule (LWS) und des Illiosakralgelenks (ISG), eine Struma nodosa und eine Hyperlipidämie. Hierzu legte die Klägerin verschiedene Behandlungs- und Befundberichte vor. Eine Aufstellung der Behandlungsdaten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. vom 5. November 2013 bis zum 10. März 2016 enthielt für den 5. November 2013 die Feststellung eines deutlichen Druckschmerzes über dem Sattelgelenk links und die Diagnosen einer Coxarthrose links, einer Rhizarthrose links, einer Außenmeniskopathie und für den 6. Februar 2014 eines Lymphödems beider Beine. An der LWS bestehe ein Beckenschiefstand, etwas Hartspann beidseits paravertebral, jedoch keine Blockierungen. An der Halswirbelsäule (HWS) bestehe ein deutlicher Hartspann und eine deutlich konzentrisch eingeschränkte Beweglichkeit auch mit Muskeldruckschmerz. Am 22. Juli 2014 wurden Osteochondrosen L4-S1 diagnostiziert. Im November 2014 erfolgte erneut eine Behandlung wegen Beeinträchtigungen an der LWS, am 15. April 2015 wegen Beeinträchtigungen am ISG und am 7. September 2015 wiederum wegen der LWS. Es bestehe etwas Hartspann um L5, dort auch etwas Druckschmerz, keine Blockierungen. An der HWS liege ein geringer Hartspann bei kaum eingeschränkter Beweglichkeit und einem geringen Muskeldruckschmerz vor. Nach dem Befund der Internistin und Endokrinologin Dr. V. vom 18. November 2015 sei eine arterielle Hypertonie, eine Fibromyalgie, eine Struma nodosa und eine Hyperlipidämie zu diagnostizieren. Die Klägerin beklage massive Schwitzbeschwerden. Sonographisch stelle sich die Schilddrüse im Wesentlichen unverändert und ohne Größenprogredienz einer kleinen zystischen Struktur sowie ohne Hinweis auf eine Autoimmunthyreoditis dar. Nach dem Entlassungsbericht des Prof. Dr. F., Celenus S.-Klinik, vom 23. Februar 2015 sei bei der Klägerin die Implantation einer zementfreien Hüft-TEP links erfolgt. Am Entlasstag sei das Gangbild zu ebener Erde ohne Unterarmgehstützen noch diskret links hüftschonhinkend, insgesamt flüssig und flott gewesen. Die Beweglichkeit des Hüftgelenks links betrage in Extension/Flexion 0-0-90°. Der Bericht des Prof. Dr. F. zur Implantation einer Hüft-TEP rechts vom 18. April 2013 enthält die gleichen Befunde für die rechte Seite. Nach dem Bericht des Phlebologen Dr. S. vom 9. März 2014 bestehe bei der Klägerin eine Lipohypertrophie mit Lipödem beider Beine an beiden Außenknöcheln sowie an den Knien und Oberschenkeln innenseitig. Eine regelmäßige manuelle Lymphdrainage werde vorgeschlagen, des Weiteren regelmäßiges Tragen der verordneten Kompressionsstrümpfe. Dr. H., Kurpark-Klinik Ü. am B. - Klinik für ernährungsabhängige Krankheiten, berichtete am 13. Mai 2014 unter anderem, bei der Klägerin bestehe eine psychovegetative Erschöpfung. Die Klägerin gebe an, sie leide an Erschöpfung und immer wieder unter depressiven Verstimmungen, diese würden sich vor allem in der dunklen Jahreszeit zeigen. Der Blutdruck habe bei Aufnahme 146/90 mmHg betragen.
Am 4. April 2016 bewertete der Versorgungsarzt Dr. W. die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin dahingehend, dass für eine Depression, funktionelle Organbeschwerden, eine Migräne und ein Fibromyalgiesyndrom ein Einzel-GdB von 30, für eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule ein Einzel-GdB von 20, für einen Bluthochdruck ein Einzel-GdB von 20 und für eine Gebrauchseinschränkung beider Beine, Gebrauchseinschränkung beider Füße bei degenerativen Gelenkveränderungen und Hüftgelenksendoprothesen beidseits ebenfalls ein Einzel-GdB von 20 anzusetzen sei. Der Verlust der Gebärmutter, Verlust der Eierstöcke und das klimakterische Syndrom bedinge einen Einzel-GdB von 10, ebenso die chronische Bronchitis mit chronischer Nebenhöhlenentzündung und eine Gebrauchseinschränkung der linken Hand. Der Gesamt-GdB betrage 50. Eine Schilddrüsenerkrankung und eine Fettstoffwechselstörung bedingten jeweils keinen Einzel-GdB von mindestens 10.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2016 lehnte der Beklagte darauf die Feststellung eines höheren GdB sowie die Zuerkennung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ab. Die Verhältnisse, die der letzten Feststellung zugrunde lagen, hätten sich durch das Hinzukommen weiterer Funktionsbeeinträchtigungen zwar geändert, Auswirkungen auf den festgestellten GdB ergäben sich hierdurch jedoch nicht. Die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsstörungen im Bereich der unteren Gliedmaßen wirkten sich nicht in dem Maße auf die Gehfähigkeit aus, als dass hierdurch eine Einschränkung des Gehvermögens in dem geforderten Ausmaß eingetreten sei.
Am 17. Juni 2016 legte die Klägerin Widerspruch gegen diese Entscheidung ein. Nachdem zunächst keine Begründung des Widerspruchs einging, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2016 unter Vertiefung seiner Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid zurück.
Am 12. Dezember 2016 hat die Klägerin daraufhin Klage beim SG erhoben. Sie leide an mittelgradigen Beschwerden der HWS und der LWS. Sie habe nach wie vor erhebliche Schmerzen im Bereich beider Beine und die Gehfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Auch die durch die Rhizarthrose bedingte Gebrauchseinschränkung der linken Hand sei nicht berücksichtigt. Bedingt durch die Gebrauchseinschränkung beider Beine und beider Füße bei degenerativen Gelenkveränderungen sowie dem Vorhandensein von Lymphödemen habe sie erhebliche Schwierigkeiten eine Wegstrecke von 2 km innerhalb einer halben Stunde zurückzulegen.
Das SG hat durch Anhörung der behandelnden Ärzte Dr. S., Dr. V., Dr. H., Dr. R., Dr. S. und Priv. Doz. Dr. K. Beweis erhoben. Der Hausarzt Dr. S. hat unter Vorlage eines bis Januar 2004 zurückreichenden Berichtskonvoluts am 19. Juni 2017 mitgeteilt, eine 24-Stunden Blutdruckmessung am 7. April 2016 habe normale Durchschnittswerte (133/77 mmHg) mit einer guten Nachtabsenkung gezeigt. Die Medikation der Antihypertensiva sei ausreichend. Am 25. April 2016 habe die Klägerin über Schmerzen im Bereich der rechten unteren Rippen und rechts der Brustwirbelsäule, wohl im Rahmen einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, geklagt. Diese werde als mittelgradig eingestuft. Zur Fibromyalgie finden sich in den vorgelegten Berichten, abgesehen von wiederholender Benennung der Diagnose, zwei Behandlungsberichte. Nach dem Entlassungsbericht des Priv. Doz. Dr. F., Rheuma-Zentrum B., vom 25. April 2006 sei die Klägerin aufgrund von sich verstärkenden generalisierten Schmerzen an sämtlichen Körperregionen, entsprechend einer akuten Schmerzexacerbationen bei Fibromyalgie aufgenommen worden. Diese sei kombiniert mit zunehmenden Schlafstörungen, morgendlicher Erschöpfung, multiplen funktionellen und vegetativen Beschwerden und jetzt einhergehend mit einer deutlichen Funktionsbehinderung im Alltag. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen hätten als Ursache für die Schmerzexacerbation ausgeschlossen werden können. Desweitern liege eine Depression vor, die zurzeit als mittelgradig einzustufen sei. Nach den schriftlichen Darlegungen des Dr. U., F. Klinik B., vom 24. Mai 2007 klage die Klägerin über zunehmende belastungsbedingte Schmerzen in beiden Hüftgelenken, rezidivierend auftretende Nackenschmerzen, Schmerzen in den Finger- und Zehengelenken beidseits, chronisch rezidivierend auftretende diffuse Muskelschmerzen der oberen und unteren Extremitäten, des Weiteren über eine psychophysische Erschöpfung mit depressiven Verstimmungen. Im Übrigen findet sich zum psychischen Bereich, neben dem bereits im Antragsverfahren vorgelegten Bericht des Dr. H., ein weiterer vom 25. Mai 2009, nach welchem sich die Klägerin in die dortige Klinik wegen psychovegetativer Erschöpfung und Depressionen begeben habe. Nach dem Bericht des Allgemeinmediziners v.M., T. Sanatorium für Naturheilverfahren, über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 13. Juni bis 11. Juli 2004 bestehe u.a. eine depressive Stimmungslage und HWS-BWS-Myogelosen. Anlass der Kur sei eine ausgeprägte psychisch-physische Erschöpfungssituation mit Schlafstörungen aufgrund von privaten Existenzängsten sowie eines Trauerfalls und zunehmende polyarthrotische Beschwerden vor allem im Bereich der Füße, der rechten Hüfte und der Hände. Nach den Ausführungen des PD Dr. S. vom 17. Dezember 2006 sei am 12. Dezember 2006 eine abdominelle Hysterektomie mit Adnexektomie beidseits durchgeführt worden. Dr. V. hat am 21. Juni 2017 mitgeteilt, die Struma nodosa werde antihyperplastisch mit Thyronajod behandelt. Eine relevante Einschränkung bestehe hierdurch jedoch nicht. Die Psychiaterin Dr. H. hat mit Schreiben vom 20. Juni 2017 ausgeführt, bei der Klägerin seien Depressionen und Ängste zu diagnostizieren. Der Antrieb sei unauffällig, die Affektivität ängstlich, depressiv, der formale und inhaltliche Gedankengang unauffällig. Sie sei hinsichtlich einer selbständigen Lebensführung nicht eingeschränkt, die familiäre Integration sei gegeben, die Integration außerfamiliär vermindert. Es bestünden leichte Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und keine sozialen Anpassungsstörungen. Sie stimme der Zuordnung eines GdB von 30 zur Depression seitens der Versorgungsärztlichen Dienstes zu. Dr. R. hat mit Schreiben vom 6. Juli 2017 erklärt, die Auffassung des Versorgungsärztlichen Dienstes auf orthopädischem Gebiet zu teilen. Nach der beigefügten Behandlungsaufstellung hat Dr. R. am 11. April 2016 an der HWS einen geringen Hartspann, kaum eingeschränkte Beweglichkeit und einen geringen Muskeldruckschmerz bei intakten Reflexen, Sensibilität und Motorik befundet. Nach einem Eintrag vom 23. Januar 2017 bestehe noch ein Blockierungsgefühl der LWS bei Besserung durch Krankengymnastik, ein Beckentiefstand links, etwas Hartspann und Druckschmerz an den ISG-Punkten. der Fingerbodenabstand betrage 5 cm, hier auch eine Blockade. Unter dem 5. April 2017 findet sich ein im Wesentlichen gleichlautender Befund zur LWS. Nach dem Eintrag vom 9. Mai 2017 zeige sich an beiden Hüften eine Flexion/Extension von 100/0/0°, eine Innenrotation bis 20° und eine Außenrotation bis 45°. Es bestehe kein Hinweis auf Implantatsdislokation, Implantatversagen oder -lockerung. Dr. S. hat am 17. Juli 2017 berichtet, es bestehe eine Lipohypertrophie mit Lipödem an beiden Außenknöcheln sowie an den Knien und Oberschenkeln innenseitig, das Stemmer-Zeichen sei negativ. Die Beschwerden würden als mittelgradig beurteilt. Die Schwellneigung der Beine aufgrund der Lipohypertrophie und den gelegentlich auftretenden Lipödemen sei nicht nur vorübergehend. Den GdB auf seinem Fachgebiet schätze er auf maximal 20 ein. Der Orthopäde Priv. Doz. Dr. K. hat mit Schreiben vom 1. August 2017 mitgeteilt, die Klägerin zuletzt am 29. Januar 2016 untersucht zu haben. Der Gang sei unauffällig gewesen, die Beweglichkeit im Hüftgelenk frei bei freier Streckung beidseits, die Beugung rechts und links gut bis 120° aktiv möglich.
Das SG hat die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 22. Dezember 2017, der Klägerin am 29. Dezember 2017 zugestellt, abgewiesen. Die bisherige Zuerkennung eines GdB von 50 stelle eine sehr wohlwollende Einschätzung dar. Ein GdB von mehr als 50 sei nicht zu rechtfertigen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" lägen nicht vor.
Hierauf hat die Klägerin am 18. Januar 2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die vom SG festgestellten Teil-GdB für die Funktionssysteme Nervensystem und Psyche und der Halte- und Bewegungsorgane könnten nicht überzeugen. Hierzu hat sie verschiedene Behandlungsberichte vorgelegt. Nach einem Bericht der Dr. H. vom 1. Februar 2018 sei eine Angst- und depressive Störung, gemischt und eine mittelgradige depressive Episode zu diagnostizieren. Sie sei ängstlich, unsicher, innerlich angespannt und immer wieder in bestimmten Tiefphasen mit Nervosität. Der Antrieb sei gebremst, sie ziehe sich zurück und die Stimmung sei gedrückt. Ausweislich eines Berichts des Dr. R. vom 1. Februar 2018 schildere die Klägerin Schmerzen der Lendenwirbelsäule seit einem Monat mit kurzzeitiger Besserung mit Physio(-therapie). An der LWS bestehe etwas Hartspann beidseits paravertebral um L5, hier auch Muskeldruckschmerz und Myogelosen. Der Finger-Boden-Abstand betrage 25 cm. Es lägen keine Blockierungen vor, die Sensibilität, Motorik und Reflexe seien seitengleich Intakt. Es bestehe etwas Schwellung und auch ein Lipödem, links mehr als rechts, recht gut beweglich. Die Mindestmobilität von 20 kg Belastbarkeit und über 20° Bewegungsausmaß im oberen Sprunggelenk werde weit übertroffen. An der HWS befinde sich ein deutlicher Hartspann mit auch deutlich konzentrisch eingeschränkter Beweglichkeit mit Muskeldruckschmerz. Die Reflexe, Sensibilität und Motorik seien aber seitengleich intakt. Es finde sich keine Blockierung an der HWS oder der oberen BWS. Nach den Darlegungen der Anästhesistin und Schmerztherapeutin Dr. C., Schmerzpraxis B., vom 12. November 2018 bestehe eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, ein multilokuläres Schmerzsyndrom bei Polyarthrosen und ein Fibromyalgiesyndrom. Die Klägerin leide seit ungefähr 20 Jahren unter vermehrtem Schwitzen und wiederkehrenden Schwitzattacken. Begleitend verspanne sich inzwischen die Muskulatur, es sei alles steif und es tue alles weh, so die Klägerin. Unter der aktuellen psychiatrischen Mitbehandlung und medikamentöser Therapie sei sie wesentlich ruhiger und das Schwitzen geringer. Es bestehe eine Einschlafstörung und sie leide unter Müdigkeit und Erschöpfung. Ihre Schmerzen seien wandernd, der Schmerzcharakter überwiegend drückend, in den Fingern stechend. Sie nehme Amineurin und Sertralin. In der Kindheit habe sie unter schweren Migräneattacken gelitten, die verschwunden seien, als ihr Vater verstorben sei. Die Stand- und Gangprüfungen seien unauffällig. Die Hüftinnen- und -außenrotation sei links endgradig schmerzhaft. Es bestehe ein generalisiertes Schmerzsyndrom mit Erschöpfung bei Hinweisen für schmerzbiographische Faktoren, die die Entwicklung einer stressinduzierten Hyperalgesie (im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms) begünstigen könnten. Ein großer Leidensdruck bestehe auch aufgrund der starken Schwitzattacken, differenzialdiagnostisch Hyperhidrosis, differenzialdiagnostisch Schweißausbrüche im Rahmen einer Angsterkrankung. In einem Bericht vom 17. Oktober 2018 führt der Facharzt für HNO-Heilkunde und Schlafmedizin Dr. B. aus, bei der Klägerin bestehe der Verdacht auf ein obstruktives Schlafapnoesyndrom. Die weitere schlafmedizinische Abklärung im Schlaflabor werde empfohlen. Im Erörterungstermin vom 29. November 2018 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sich demnächst in eine stationäre Behandlung auch im Hinblick auf ihre Angstsymptomatik zu begeben. Bezüglich des Verdachts auf eine Schlafapnoe sei eine Untersuchung im Schlaflabor für den Februar 2019 vorgesehen. Weiter sei das Lymphödem nicht ausreichend berücksichtigt, welches zu geschwollenen Knöcheln und Gangbeschwerden führe sowie eine Lymphdrainage erforderlich mache.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2016 zu verpflichten, bei ihr unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 4. April 2008 ab dem 22. März 2016 eine Grad der Behinderung in Höhe von mindestens 70 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vorgetragen, die Feststellung eines GdB von 50 sei eine äußerst wohlwollende Bewertung.
Der Senat hat durch Befragung der Dr. H. und des Dr. R. als sachverständige Zeugen Beweis erhoben. Dr. H. hat am 25. Juli 2018 mitgeteilt, die Klägerin habe sich im Juni, Juli, September, November 2017 und Februar sowie April 2018 in ihrer Praxis vorgestellt. Der Verlauf sei geprägt von sehr wechselnden Stimmungen. Zunächst sei es der Klägerin besser gegangen, so dass sie erwogen habe, die Medikamente abzusetzen. Im Juli 2017 habe sich dann die Stimmung wieder verschlechtert. Die Klägerin habe berichtet, sie könne nicht schlafen, grübele wieder ohne Ende, hätte Heißhungerattacken und wäre ängstlich und unruhig, so dass erneut die Medikation mit Sertralin begonnen worden sei. Im September 2017 sei es dann wieder besser gegangen, im November 2017 habe sie über eine wieder schlechte Zeit berichtet. Im Februar 2018 habe die Klägerin mitgeteilt, ausgeprägte Schlafstörungen zu haben, sie sei nervös, unruhig, stehe neben sich. Sie komme nicht in die Gänge brauche dann einen Mittagsschlaf, gehe erst nach Mitternacht ins Bett. Im April 2018 habe sie dann berichtet, dass es wieder besser gehe, die Sonne tue ihr gut, insgesamt der Frühling und sie sei wieder zuversichtlicher. Dr. R. hat am 1. August 2018 einen nuklearmedizinischen Befund der Priv-Doz. Dr. E. vom 26. März 2018 über eine Dreiphasen-Skelettszintigraphie vorgelegt. Danach bestehe eine aktivierte Arthrose des Daumensattelgelenks links und des Fingergelenks DIP D4 (Endgelenk des Digitus manus – Fingers – 4) links. Es zeige sich eine Polyarthrose beider Fingergelenke mit Aktivierung im DIP D3 rechts, geringer ausgeprägt im DIP 2 links und Arthrose mit diskreten Zeichen einer Aktivierung auch des Daumensattelgelenks rechts, der Fußwurzel links sowie der AC-Gelenke. Nach dem von Dr. R. vorgelegten Behandlungsdatenauszug habe sich die Klägerin nach dem 1. Februar 2018 noch am 20. Februar 2018 vorgestellt. Es bestünden weiter Schmerzen der Lendenwirbelsäule. Es zeige sich etwas Hartspann und etwas Druckschmerz. Der Finger-Boden-Abstand betrage 5 cm und es lägen keine Blockierungen vor. Sensibilität, Motorik und Reflexe seien seitengleich intakt. Die Gangvaria seien darstellbar, der Lasègue negativ.
Der Senat hat die Beteiligten im Erörterungstermin vom 29. November 2018 zur Möglichkeit der Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung unter Beteiligung ehrenamtlicher Richter angehört. Diese haben ihr Einverständnis erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakte des Beklagten und die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m.w.N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, wobei sich das Rechtsmittel der Klägerin auf die Feststellung eines GdB von 70 beschränkt. Der in der Klage noch verfolgte Anspruch auf die Zuerkennung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ist in der Berufung nicht weiterverfolgt worden.
Grundlage für den Klageanspruch ist insoweit § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem den Vergleich im Verfahren S 21 SB 3639/06 beim SG konkretisierenden Bescheid vom 4. April 2008 über die Feststellung des GdB mit 50 seit dem 1. Juni 2007 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Denn Anknüpfungspunkt eines Anspruchs aus § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X und auch Vergleichsmaßstab bleibt insoweit der Ausführungsbescheid, der den Vergleich vollzogen hat (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 20. Oktober 2016 - L 6 U 34/16 – juris, Rz. 46). Entgegen älterer Rechtsprechung (so noch Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 V 82/02 B -, juris, Rz. 6) kommt auch einem Ausführungsbescheid Regelungswirkung nach § 31 SGB X zu (Urteil des Senats vom 29. April 2014 – L 6 VK 934/12 –, juris, Rz. 21). Dafür spricht nicht nur der äußere Schein des Bescheids, der einen Regelungswillen der Behörde - nämlich zur Umsetzung des Vergleichs - dartut, sondern auch, dass nicht der Vergleich, sondern erst der Ausführungsbescheid Vollstreckungsgrundlage ist (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5459/11 -, juris, Rz. 26). Zum anderen ist ein Anspruch aus § 48 Abs. 1 SGB X auch gegen einen Ausführungsbescheid nicht ausgeschlossen, auch wenn diesem ein Vergleich zu Grunde liegt. Ein gerichtlicher Vergleich über Sozialleistungen, der - neben seiner prozessrechtlichen Bedeutung - einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne von § 54 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (vgl. auch § 779 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) darstellt, schränkt nur eine spätere Rücknahme des Ausführungsbescheids zu Gunsten (§ 44 Abs. 1, Abs. 2 SGB X) oder zu Ungunsten (§ 45 SGB X) des Leistungsempfängers ein (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2011 – L 10 R 3494/08 –, juris, Rz. 32). Soweit ein Vergleich in die Zukunft gerichtet ist, kann er zwar grundsätzlich auch eine Abänderung wegen späterer Veränderungen hindern. Diese Situation wird nämlich in den Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in § 59 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB X (vgl. § 313 Abs. 1 und 3 BGB) erfasst, die nach § 61 Satz 1 SGB X auch dem § 48 Abs. 1 SGB X vorgehen müssten. Eine solche Auslegung eines Vergleichs würde jedoch unter Umständen bedeuten, dass der Leistungsempfänger auf eine (höhere) Sozialleistung für die Zukunft verzichtet. Einen solchen Verzicht könnte er nach § 46 Abs. 1 Halbsatz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) jederzeit widerrufen. Aus diesem Grunde steht einer Auslegung, wonach auch künftige Abänderungen nicht mehr nach § 48 Abs. 1 SGB X, sondern nur nach § 59 Abs. 1 SGB X erfolgen können, auch die Vorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X entgegen, wonach eine Behörde in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht mehr regeln kann, als ihr an Verwaltungsaktbefugnis zukommt. Durch Verwaltungsakt kann sie aber nicht die Anwendbarkeit des § 48 SGB X ausschließen (Urteil des Senats vom 29. April 2014 – L 6 VK 934/12 –, juris, Rz. 20). Jedenfalls kann ein Ausschluss des § 48 Abs. 1 SGB X durch Vergleich aus diesen Gründen allenfalls dann angenommen werden, wenn die Vertragsparteien eine entsprechende, eindeutige Klausel aufnehmen, wonach auch nach einer zukünftigen Änderung der Verhältnisse eine Anpassung nur nach § 59 Abs. 1 SGB X möglich sein solle, wobei dann weiter zu prüfen wäre, ob die Vertragsparteien überhaupt gesetzliche Pflichten in einem Vergleich abbedingen können (Urteil des Senats, a.a.O.). Ohne eine solche ausdrückliche Absprache ist der Vergleich so nicht auszulegen. Dies entspricht auch der jahrzehntelangen Auslegung gerichtlicher Vergleiche in der Sozialgerichtsbarkeit (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5459/11 -, juris, Rz. 26). Dies heißt insbesondere, dass eine Abänderung nach einer wesentlichen Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht erst dann verlangt werden kann, wenn ein Festhalten an dem Vergleich und dem Ausführungsbescheid unzumutbar erscheint.
Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung zum Zeitpunkt der Entscheidung (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34).
In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 4. April 2008 zugrunde lagen, ist keine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bedingen auch weiterhin keinen höheren Gesamt-GdB als 50.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 152 Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der aktuellen, seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234). Nach § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Solange diese Rechtsverordnung nicht erlassen ist, gelten nach der Übergangs-regelung in § 241 Abs. 5 SGB IX – wie bisher schon – die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der auf Grund des § 30 Absatz 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierbei handelt es sich um die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungs-folgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG regelt (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 2/13 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 18, Rz. 10 m.w.N. und vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bislang keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 4. April 2008 festgestellten GdB von 50 begründen.
Im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" sind die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin ausreichend mit einem Teil-GdB von 30 bemessen. Für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen in Form von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ist ein Teil-GdB von 0 bis 20 anzusetzen, für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ein Teil-GdB von 30 bis 40 sowie für schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen Anpassungsschwierigkeiten ein Teil-GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten ein Teil-GdB von 80 bis 100 (VG, Teil B, Nr. 3.7). In diesem Rahmen ist auch das Schmerzsyndrom der Klägerin in Form einer Fibromyalgie zu bewerten, da derartige Somatisierungs-Syndrome jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog und damit hier entsprechend einer somatoformen Störung zu beurteilen sind (VG, Teil B, Nr. 18.4, Urteil des Senats vom 2. Februar 2017 - L 6 SB 1639/16, nicht veröffentlicht).
Die behandelnde Psychiaterin und Psychotherapeutin der Klägerin, Dr. H., hat im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens noch über einen unauffälligen Antrieb bei ängstlicher, depressiver Affektivität berichtet. Die selbständige Lebensführung hat sie als nicht eingeschränkt und die familiäre Integration als gegeben angesehen, lediglich die Integration außerfamiliär aufgrund der Ängste und Depressionen der Klägerin als vermindert. Dies hat Dr. H. nachvollziehbar als leichte Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingestuft und keine sozialen Anpassungsstörungen gesehen. Ihrer Bewertung des diesbezüglichen Teil-GdB mit 30 kann im Hinblick auf diese lediglich leichten Beeinträchtigungen zumindest nur bezogen auf die Depression nicht gefolgt werden. Soweit Dr. H. im Berufungsverfahren über im wesentlichen zweimonatliche Behandlungsabstände bei einem stark schwankenden Befund hinsichtlich Antrieb, Stimmung und Affekt berichtet hat, ist trotz zeitweise erheblich gebesserter Phasen, in welchen die Klägerin gänzlich auf eine Medikation im Hinblick auf die psychischen Beeinträchtigungen verzichten konnte, unter Berücksichtigung der fortdauernden Behandlungsbedürftigkeit, welche in der Vergangenheit und auch aktuell stationäre Behandlungen erforderlich gemacht hat, isoliert betrachtet ein Teil-GdB im oberen Bereich der leichteren psychischen Störungen mit 20 anzusetzen. Hierin sind die wiederkehrenden und belastenden Schwitzattacken ebenso wie die in dem Bericht der Dr. C. vom 12. November 2018 aufgeführten Müdigkeit und Erschöpfung miterfasst. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Auswirkungen des Schmerzsyndroms bzw. der Fibromyalgie, welche sich in wechselnden Ganzkörperschmerzen, insbesondere auch im muskulären Bereich, zeigt, ist ein Teil-GdB von 30 vertretbar. Da die Klägerin nach den vorliegenden medizinischen Erkenntnissen über Jahre keine Behandlungen des Fibromyalgiesyndroms eingehen musste und erst im Jahr 2018 wieder eine schmerztherapeutische Behandlung aufgenommen hat, welche sich noch in einem relativ niedrigschwelligen Bereich bewegt, stellt diese Teil-GdB-Bewertung die Ausschöpfung der Bewertungsmöglichkeiten in diesem Bereich dar, zumal, worauf Versorgungsarzt Dr. R. zu Recht hinweist, eine Überschneidung zum orthopädischen Fachgebiet zu beachten ist, da die Funktionseinschränkungen nicht doppelt berücksichtigt werden können.
Für das Funktionssystem "Rumpf" ist aufgrund der Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule ein Teil-GdB von 20 anzusetzen. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für Kollagenosen und Vaskulitiden. Bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten (z. B. Osteoporose, Osteopenie bei hormonellen Störungen, gastrointestinalen Resorptionsstörungen, Nierenschäden) ist der GdB vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdB.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Nach den vorliegenden medizinischen Befunden, insbesondere den Berichten des behandelnden Orthopäden Dr. R., bestehen bei der Klägerin zwar degenerative Veränderungen an der HWS und LWS, welche sich in wiederkehrenden Schmerzen und Muskelverspannungen äußern. Nach den Behandlungsdaten des Dr. R. liegen zwischen dem Auftreten dieser Beschwerden jedoch regelmäßig mehrere Monate, lediglich hinsichtlich der LWS sind zweitweise länger anhaltende Beschwerden dokumentiert. Die Beweglichkeit ist nach der Befundlage zumeist nicht oder kaum beeinträchtigt. Anhaltspunkte für Nervenwurzelreizerscheinungen oder weitergehende, von der Wirbelsäule ausgehende Funktionsbeeinträchtigungen bestehen nicht. Im Bereich der Brustwirbelsäule beschränken sich die dokumentierten Beschwerden der Klägerin im Wesentlichen auf ein Schmerzgeschehen im April 2016, welches Dr. S. berichtet hat. Der Beklagte und ebenso das SG haben den diesbezüglichen Teil-GdB daher zutreffend mit einem Teil-GdB von 20, wie er Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen an einem Wirbelsäulenabschnitt entspricht, bewertet. Die Schwelle zu mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen an zwei Wirbelsäulenabschnitten, welche den Bewertungsrahmen von 30 bis 40 eröffnen würde, ist nicht erreicht. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. R. hat dieser Bewertung zugestimmt.
Im Funktionssystem "Beine" besteht ebenfalls ein Teil-GdB von 20. Bei der Bewertung von Endoprothesen geben die VG den für bestmögliche Behandlungsergebnisse geltenden Mindest-GdB an. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen. Die Versorgungsqualität kann insbesondere durch Beweglichkeits- und Belastungseinschränkung, Nervenschädigung, deutliche Muskelminderung oder eine ausgeprägte Narbenbildung beeinträchtigt sein. Bei einseitiger Endoprothese beträgt der GdB mindestens 10, bei beidseitiger Endoprothese des Hüftgelenks mindestens 20 (VG, Teil B, Nr. 18.12). Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig sind mit einem Teil-GdB von 10 bis 20 und beidseitig mit einem Teil-GdB von 10 bis 30 zu bewerten. Bei einer Bewegungseinschränkung mittleren Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-30-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig kann ein Teil-GdB von 30 und beidseitig ein Teil-GdB von 50 vergeben werden.
Bei der Klägerin bestehen beidseits Hüft-TEP mit guter Beweglichkeit. Wie Dr. R. am 12. Juli 2017 gegenüber dem SG berichtet hat, liegt die Beweglichkeit der Hüftgelenke beidseits in Flexion/Extension bei 100-0-0°, in der Innenrotation bei 20°, in der Außenrotation bei 45°. Hinweise auf eine Implantatsdislokation, Implantatversagen oder Lockerung fanden sich nicht. Priv. Doz. Dr. K. hat hinsichtlich einer Untersuchung am 29. Januar 2016 sogar eine noch bessere Beweglichkeit der Hüftgelenke mit freier Streckung und Beugung beidseits bis 120° berichtet. Auch nach dem Bericht der Dr. C. vom 12. November 2018 hat sich lediglich eine endgradige Einschränkung der Hüftinnen- und -außenrotation links gezeigt. Im Bereich der Beine sind daneben keine funktionsrelevanten und überdauernden Beeinträchtigungen festzustellen. Im Bereich der Knie bestand nach den Behandlungsdaten des Dr. R. im November 2013 eine Außenmeniskopathie bei Schmerzen im rechten Knie. Für den Juli 2014 sind Knieschmerzen links, ohne Schwellung und Erguss und mit einer Beweglichkeit von 130-0-0° in Flexion/Extension beim stabilem Kapsel-Band-Apparat verzeichnet. Überdauernde und nicht lediglich akute Beeinträchtigungen sind damit nicht dokumentiert. Selbst bei Annahme des Fortbestehens dieser Beeinträchtigungen ist hierfür kein Teil-GdB zu vergeben (VG, Teil B, Nr. 18.14).
Im Funktionssystem "Innere Sekretion und Stoffwechsel" ist für die beidseitigen Lipödeme der Klägerin ein Teil-GdB von 10 anzusetzen. Mangels konkreter Vorgaben der VG zur Einordnung des Lipödems (vgl. VG, Teil B, Nr. 15.3), ist im Rahmen einer analogen Bewertung auf das zu vergleichbaren Auswirkungen führende Erkrankungsbild des Lymphödems zurückzugreifen (ebenso: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 03. Dezember 2014 – L 7 SB 69/09 –, Rz. 44ff., juris). Ein Lymphödem an einer Gliedmaße ohne wesentliche Funktionsbehinderung und mit Erfordernis einer Kompressionsbandage rechtfertigt einen GdB von 0 bis 10, ein Lymphödem mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) je nach Funktionseinschränkungen einen GdB von 20 bis 40 und mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße je nach Ausmaß einen GdB von 50 bis 70 sowie bei Gebrauchsunfähigkeit der ganzen Gliedmaße einen GdB von 80 (VG, Teil B, Nr. 9.2.3). Nach der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Phlebologen Dr. S. vom 17. Juli 2017 besteht bei der Klägerin eine Schwellneigung beider Beine aufgrund einer Lipohypertrophie mit gelegentlich auftretenden, mithin nicht durchgehend bestehenden Lipödemen. Die Klägerin ist mit Kompressionsstrümpfen versorgt und hat jedenfalls in der Vergangenheit manuelle Lymphdrainagen erhalten. Stärkere Umfangsvermehrungen von mehr als 3 cm und insbesondere diesbezügliche Funktionseinschränkungen sind jedoch im gesamten Verlauf nicht objektiviert. Nach den Befunddaten des Dr. R. war die Klägerin im Bereich des Auftretens der Lipödeme, den Sprunggelenken aber auch bis in den Kniebereich, in der Beweglichkeit nicht eingeschränkt.
Im Funktionssystem "Herz und Kreislauf" ist für den Bluthochdruck dagegen kein Teil-GdB zu vergeben. Für eine Hypertonie (Bluthochdruck) in leichter Form mit keinen oder geringen Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) ist nach den VG ein GdB von 0 bis 10 vorgesehen, in mittelschwerer Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung ein GdB von 20 bis 40, in schwerer Form mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung ein GdB von 50 bis 100 und in maligner Form mit einem diastolischen Blutdruck konstant über 130 mm Hg; Fundus hypertonicus III-IV (Papillenödem, Venenstauung, Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen) sowie unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn) ein GdB von 100 (VG, Teil B 9.3).
Wie Dr. S. berichtet hat, bestehen normale Blutdruckdurchschnittswerte mit einem Blutdruck von 133/77 mmHg nach der 24-Stunden-Blutdruckmessung vom 7. April 2016. Anhaltspunkte für eine relevante Änderung der Blutdrucklage oder für blutdruckbedingte Organveränderungen bestehen nicht.
Die Veränderungen an der Schilddrüse der Klägerin in Form einer Struma nodosa sind nach der sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Endokrinologin Dr. V. gegenüber dem SG vom 23. Juni 2017 gut behandelbar und ohne funktionelle Auswirkungen, so dass kein Teil-GdB in Ansatz zu bringen ist (VG, Teil B, Nr. 15.6). Die Entfernung der Gebärmutter ist bei der 1953 geborenen Klägerin nicht mit einem Teil-GdB zu bewerten (VG, Teil B, Nr. 14.2), die Entfernung beider Eierstöcke mit einem Teil-GdB von 10 (VG, Teil B, Nr. 14.3). Für das frühere Migräneleiden der Klägerin, das sie in den Vordergrund ihrer Berufungsbegründung gestellt hat, ist indessen kein Teil-GdB mehr zu vergeben (VG, Teil B, Nr. 2.3). Den vorliegenden Berichten ist seit Jahren keine Behandlung diesbezüglich mehr zu entnehmen und die Klägerin hat selbst nach dem Bericht der Dr. C. vom 12. November 2018 mitgeteilt, dass die Migräne-Attacken mit dem Versterben des Vaters verschwunden sind. Die Fingerarthrosen der Klägerin, insbesondere in Gestalt einer Rhizarthrose links, sind mit einem Teil-GdB von 10, welcher bereits dem Verlust des Daumenendgliedes und des halben Grundgliedes entspricht (VG, Teil B, Nr. 18.13) ausreichend bewertet, da sich die daraus folgenden Einschränkungen insbesondere auf ein Schmerzgeschehen und nicht auf erheblichere Beeinträchtigungen der Funktions-, insbesondere Greiffähigkeit der Hände erstrecken. Eine chronische Bronchitis mit chronischer Nebenhöhlenentzündung und ein klimakterisches Syndrom sind nach der aktuellen Befundlage nicht mehr festzustellen.
Die von Dr. B. am 17. Oktober 2018 geäußerte Verdachtsdiagnose eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms bedarf der schlafmedizinischen Abklärung und ist daher bislang nicht nachgewiesen, insbesondere nicht in einem Umfang, der einen Teil-GdB rechtfertigen würde (VG, Teil B, Nr. 8.7).
Damit ist für die Bewertung des Gesamt-GdB der Klägerin von dem Teil-GdB von 30 für die Beeinträchtigungen im Funktionssystem Nervensystem und Psyche auszugehen. Hinzu treten die Teil-GdB von jeweils 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule und durch die beidseitige Hüft-TEP. Im Hinblick auf die Überschneidungen zwischen dem Fibromyalgiesyndrom und den Beeinträchtigungen an der Wirbelsäule ist die bisherige Bewertung des Gesamt-GdB mit 50 als äußerst weitreichend zu beurteilen. Selbst unter Annahme eines zusätzlichen Teil-GdB für ein - derzeit nicht gesichertes - Schlafapnoesyndrom mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung wäre bei dieser Gesamtlage eine Erhöhung des Gesamt-GdB nicht angezeigt. Die weiter hinzukommenden Teil-GdB-Werte von 10 wirken sich nicht erhöhend aus (VG, Teil A, Nr. 3d) ee)). Ein Anspruch auf einen höheren GdB als bislang festgestellt besteht daher nicht.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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