Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SB 1881/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2426/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Mai 2017 insoweit aufgehoben, als der Beklagte verpflichtet worden ist, bei dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 einen höheren Grad der Behinderung als 40 festzustellen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Der Beklagte erstattet dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Das beklagte xx wendet sich mit seiner Berufung gegen seine Verurteilung zur Zuerkennung (behördlichen Feststellung) eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 bei dem Kläger.
Der Kläger ist im Jahre 1956 geboren, Deutscher, wohnt im Inland, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er war bzw. ist als gelernter Maschinenbauer mit Meistertitel berufstätig.
Er leidet im Wesentlichen an einem Morbus Ahlbäck (eine mit Durchblutungsstörungen assoziierte aseptische Osteonekrose) des linken Kniegelenks mit Auswirkungen auf den Oberschenkel und die Hüfte (vgl. M87.06 der ICD-10 GM, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, Deutsche Ausgabe). Bereits im September 2009 war ihm deswegen eine zementierte unicondyläre Schlittenprothese des linken Kniegelenks implantiert worden. Der Beklagte hatte ihm erstmals mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 einen GdB von 30 wegen einer "Kniegelenksendoprothese links" zuerkannt.
Am 17. Dezember 2013 stellte er Antrag auf Neufeststellung. Er gab als zusätzlichen Schaden eine Coxarthrose links an. Er legte die Entlassbriefe der A.-Kliniken vom 17. Oktober 2013 und der Rehabilitations-Klinik H. vom 18. November 2013 vor. Daraus ergab sich, dass ihm wegen der Coxarthrose links am 11. Oktober 2013 eine nicht zementierte Hüftgelenks-Totalendo-prothese (TEP) links implantiert worden war. Bei der Anschlussheilbehandlung in H. waren die Rehabilitationsziele vollständig erreicht worden, bei der Entlassung bestand ein koordinierter, schmerzfreier 2-Punkte-Gang (Vollbelastung bei Benutzung zweier Gehhilfen), die freie Gehstrecke betrug 1 km, am linken Hüftgelenk betrugen die Flexion 110° und die Abduktion 40°, am linken Kniegelenk bestand bei reizlosen Wundverhältnissen ein deutliches vorderes Schubladenphänomen, Medikamente wurden nicht mehr eingenommen. Die Einschränkungen des rechten Hüftgelenks (Flexion/Extension 130/0/10°, Abduktion 50°) bestanden fort. Der Kläger wurde mit einigen qualitativen Einschränkungen (Heben und Tragen über 15 kg, Tätigkeiten in kniender, hockender oder gebückter Stellung, auf Leitern und Gerüsten, mit häufiger Steigbelastung oder Dauerstehen) als vollschichtig leistungsfähig für leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2014 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar lägen nunmehr eine Kniegelenksendoprothese links, eine Hüftgelenks-TEP links und eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks vor. Die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen seien nach Auswertung aller vorliegender Befunde jedoch weiterhin mit dem schon zuerkannten GdB zu bewerten.
Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, er sei in seiner Berufstätigkeit als Wassermeister erheblich eingeschränkt. Die Beeinträchtigungen an der rechten Hüfte hätten zugenommen, nunmehr stehe auch dort eine TEP-Implantation an. Im weiteren Verlauf legte er den Rehabilitationsbericht der Kliniken H. vom 11. März 2014 vor. Daraus ergab sich, dass ihm am 7. Februar 2014 auch am rechten Hüftgelenk eine zementfreie TEP implantiert worden war. Das Körpergewicht war - bei einer Körpergröße von 182 cm - von ehedem 89 auf 94 kg gestiegen. Bei der Entlassung betrug die Gehstrecke an zwei Unterarmgehstützen wiederum "über 1 km", ein Stockwerk konnte problemlos bewältigt werden, der Kläger gab Schmerzen nur noch bei Belastung an, die Flexion/Extension des rechten Hüftgelenks betrug 90/0/0°, die Abduktion 45°, das rechte Bein war gestreckt von der Unterlage abhebbar. Die Ziele der Rehabilitation wurden als noch nicht vollständig erreicht bezeichnet. Bei der Entlassung wurde das Leistungsvermögen nunmehr nur noch für leichte, nicht mehr auch für teilweise mittelschwere Tätigkeiten, beschrieben.
Der Versorgungsmedizinische Dienst des Beklagten schlug nach Auswertung der Unterlagen Teil-GdB-Werte von 10 für die Kniegelenks-Teilendoprothese links und von 20 für die Hüftgelenks-TEP bds. vor. Der schon zuerkannte GdB von 30 sei eher zu hoch. Eine besondere berufliche Betroffenheit könne im Recht der behinderten Menschen nicht berücksichtigt werden.
Es erging daraufhin der zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2014. Auch wenn neue Behinderungen dazugekommen seien, habe sich der Gesamt-GdB, der sich an den Funktionsbeeinträchtigungen orientiere, nicht erhöht. Insoweit verwies der Beklagte auch auf die neuen, im Dezember 2013 in Kraft getretenen Regelungen für die Bewertung von Endoprothesen.
Hiergegen hat der Kläger am 12. Juni 2014 Klage bei dem Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die neuen Regelungen über die Bewertung von Endoprothesen gingen von Mindest-GdB-Werten aus. Diese müssten hier erhöht werden, da bei ihm nicht die bestmöglichen Behandlungsergebnisse erreicht worden seien. Insoweit hat der Kläger auf Schwierigkeiten beim Aufstehen aus der Hocke, Schmerzen insbesondere bei Kälte und nasskalter Witterung, erhebliche Hautverfärbungen an der linken Hüfte und erheblichen, einschießenden Schmerzen im linken Kniegelenk verwiesen.
Das SG hat sodann die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Auf die Aussagen des Allgemeinmediziners Dr. P. (eingegangen am 1. September 2014) und des Chirurgen und Orthopäden Dr. H. vom 1. Oktober 2014 wird Bezug genommen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG das fachorthopädische Gutachten des Dr. B. vom 7. Mai 2015 erhoben. Dieser hat Teil-GdB-Werte von 20 für die Hüftgelenks-TEP-Versorgung bds. und von ebenfalls 20 für die Kniegelenks-Teil-Endoprothese vorgeschlagen. Während an den Hüften noch, auch in Anbetracht der besser werdenden Ergebnisse im Langzeitverlauf, von einem zufriedenstellenden Behandlungsergebnis auszugehen sei, bestehe am linken Kniegelenk eine Kapselschwellung mit femopatellarer Schmerzsymptomatik sodass der Mindest-GdB zu erhöhen sei. Weitere, leichte Funktionsbeeinträchtigungen an den Schultern und an der Lendenwirbelsäule seien mit Teil-GdB-Werten von je 10 zu bewerten. In der Summe, so Dr. B., sei für die unteren Extremitäten von einem GdB von 40 auszugehen, da sich Einzelbehinderungen an paarigen Extremitäten immer negativ beeinflussten und der Zustand durchaus mit dem Verlust eines Fußes zu vergleichen sei. Auch der Gesamt-GdB sei daher mit 40 anzunehmen.
Im August 2015 hat der Kläger unter Vorlage aktueller Arztberichte eine akute erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes mitgeteilt. Die Hüft-TEP links habe sich gelockert, vor¬aussichtlich werde eine Revisions-OP stattfinden. Im weiteren Verlauf hat er den Entlassbrief der A.-Kliniken vom 14. Oktober 2015 eingereicht. Daraus ergab sich, dass sich die Hüft-TEP links gelockert infiziert und eine analgetisch nicht mehr beherrschbare Schmerzsymptomatik vorgelegen hatte, bevor die TEP am 22. September 2015 entnommen und am 6. Oktober 2015 reim¬plantiert worden war. Die Mobilisation war zunehmend gelungen, bei der Entlassung hatten die Extension/Flexion der Hüfte links bei 0/0/120° und die Außen-/Innenrotation bei 30/0/10° gelegen. Für das linke Knie war eine Streckung/Beugung von 0/0/140° angegeben worden. Der Kläger war auf Stationsebene und auf der Treppe an Unterarmgehstützen mobil.
Im Januar 2016 hat der Kläger von einer erneuten Verschlechterung berichtet. Aus den Entlassbriefen der A.-Kliniken vom 11. Dezember 2015 und vom 11. Januar 2016 ergab sich, dass sich erneut eine Infektion der Hüft-TEP links mit Fistelbildung eingestellt hatte, weswegen die Hüft-TEP am 17. November 2015 vollständig entfernt und am 4. Januar 2016 eine neue Hüft-TEP implantiert worden war. Nach der Operation hatte der Kläger mit schmerzadaptierter Vollbelastung gut remobilisiert werden. Ausweislich des Entlassungsberichts der Kliniken H. vom 22. Februar 2016 kam es während der Anschlussheilbehandlung vom 13. Januar bis 11. Februar 2016 am 6. oder 7. Februar 2016 beim Duschen im Sitzen zu einer Luxation der Hüft-TEP links, die noch am gleichen Tage geschlossen reponiert wurde. Bei der Entlassung betrugen an der linken Hüfte die Streckung/Beugung 0/0/100°, die Abduktion 40° und die Außen-/Innenrotation 30/0/10°. Außerdem lag ein Beckentiefstand 0,5 cm vor. Die Gehstrecke an zwei Unterarmgehstützen wurde mit 3 km angegeben. Für den ausgeübten Beruf eines Wassermeisters nahm die Klinik ein Restleistungsvermögen von unter 3 Stunden und damit Berufsunfähigkeit an. Eine Teilerwerbsminderungsrente wollte der Kläger noch nicht in Anspruch nehmen, sondern ggfs. eine innerbetriebliche Umsetzung erreichen.
Der Kläger hat den Bericht über eine Notfallbehandlung in der Klinik S. vom 21. Juni 2016 zur Akte gereicht. Daraus ergab sich, dass die Hüft-TEP links an jenem Tage erneut luxiert war und der Notarzt sie in Kurznarkose vor Ort reponiert hatte. Bei einer anschließenden Vorstellung in der Klinik wurde eine erneute Revisions-OP angeraten, die der Kläger jedoch noch nicht wünschte, die Extension/Flexion wurde mit 0/0/90° angegeben (Bericht vom 23. Juni 2016).
Von Amts wegen hat das SG das fachorthopädische Gutachten des Dr. H. vom 31. Juli 2016 erhoben. Der Sachverständige hat mitgeteilt, der wieder vollschichtig berufstätige Kläger beschränke das Spazierengehen zurzeit ohne Gehstöcke auf 1 km und mit Gehstöcken auf 2 bis 3 km. In gemächlichem Tempo könne er eine Stunde Fahrrad fahren. Er vermöge eine Stunde sitzen, einige Tage zuvor sei er auf einer zweistündigen Freilufttheatervorstellung gewesen. Das Stehen traue er sich eine Stunde zu. Er vermeide extreme Bewegungen aus Angst vor einer erneuten Luxation. Schmerzmittel müsse er nicht einnehmen. Die Beugung/Streckung des linken Hüftgelenks betrage 110/0/0°, die Abduktion 30°, die Rotation 30/0/5°. Die entsprechenden Werte rechts betrügen 120/0/0°, 40° und 40/0/10°. Am linken Knie sei der Bandapparat stabil, es beständen keine Reizungen oder Ruheschmerzen, aber Belastungsschmerzen und ein deutliches Reibegeräusch. Die Beugung/Streckung sei bis 140/0/0° möglich (rechts 145/0/0°). Dr. H. hat für das linke Kniegelenk einen Teil-GdB von 20 vorgeschlagen, weil ein suboptimales Behandlungsergebnis vorliege. Das rechte Hüftgelenk sei bei gutem Ergebnis der endo-prothetischen Versorgung mit dem Mindest-GdB von 10 ausreichend bewertet. Für das linke Hüftgelenk sei ein GdB von 30 vorzuschlagen. Dabei seien die belastungsabhängige Schmerzsymptomatik und die Luxationsneigung zu berücksichtigen. Daraus folge für beide Hüften zusammen ein GdB von 40. Für den aktuellen Zustand, sei danach auch ein Gesamt-GdB von 40 nicht eindeutig falsch, er selbst halte aber einen Gesamt-GdB von 50 nicht für übertrieben. Dabei sei auch die ständige Ungewissheit im Zusammenhang mit der Stabilität des linken Hüftgelenks zu berücksichtigen. Für die Vergangenheit hat Dr. H. für verschiedene Zeiträume GdB-Werte von 40, für andere von 50 unter Gewährung des Nachteils-ausgleichs (Merkzeichens) "G" (gehbehindert) vorgeschlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.
Am 3. September 2016 kam es beim Anziehen von Strümpfen zur dritten Luxation der Hüft-TEP links, die erneut vom Notarzt vor Ort reponiert wurde (Bericht des Klinikums S. vom 3. September 2016). Daraufhin wurde am 19. Oktober 2016 in den Fachkliniken H. ein Pfannen- und Kopfwechsel bei einer Pfannenfehlpositionierung und nach mehreren Hüft-TEP-Luxationen durchgeführt. Der Kläger absolvierte danach erneut eine Anschlussheilbehandlung, aus der er am 9. Dezember 2016 entlassen wurde. Dabei betrug die Elevation/Flexion 0/0/90°, die Abduktion 30° und die Innen-/Außenrotation 10/0/20°. Die Schmerzen waren auf 2/10 reduziert worden. Die Gehstrecke an Unterarmgehstützen im 4-Punkte-Gang lag bei 2 bis 3 km, das Treppensteigen war über 2 Stockwerke möglich. Berufliche Einschränkungen wurden bei dem Kläger, der inzwischen innerbetrieblich auf einen Schonarbeitsplatz versetzt worden war, nicht gesehen
Der Kläger hat zuletzt noch den MRT-Befundbericht von Dr. G. vom 5. Mai 2017 vorgelegt. Danach bestanden an der rechten Schulter ein Impingement mit ausgeprägt hypertropher Arthrose des AC-Gelenks (Schultereckgelenks), eine Ruptur der Supraspinatussehne, eine Ruptur der Subscapularissehne und eine Ruptur des glenohumeralen Ligaments mit Subluxation der langen Bizepssehne, daneben weitere degenerative Veränderungen
Der Beklagte hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens mehrere Vergleichsangebote vorgelegt, die jeweils einen Gesamt-GdB für unterschiedlich lange, abgeschlossene Zeiträume vorsahen und für Teile der vergangenen Zeiträume auch die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Für die Zukunft war ein Gesamt-GdB von 40 vorgeschlagen worden. Zuletzt, in der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2017, hat der Beklagte nur das - vorletzte - Vergleichsangebot vom 11. Oktober 2016 (GdB 50 und Merkzeichen "G" von 09/2015 bis 06/2016, danach GdB 40) aufrechterhalten. Der Kläger hat alle Vergleichsangebote abgelehnt.
Mit Urteil vom 12. Mai 2017 hat das SG den Bescheid vom 28. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2014 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den GdB mit 50 ab dem 6. August 2015 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. B. und Dr. H. seien ab dem 6. August 2015 Teil-GdB-Werte von 40 für die beiden Hüftgelenke und von 20 für das linke Kniegelenk angemessen. Daraus folge ein Gesamt-GdB von 50. Dieser bestehe fort, zumal der weitere Verlauf nach der Reha-Behandlung in H. nach Dezember 2016 nicht bekannt sei. Für die Zeit vor dem 6. August 2015 sei es allerdings noch nicht zu einer gravierenden Verschlechterung gegenüber den Umständen zurzeit des Bescheids vom 15. Dezember 2009 gekommen, nachdem damals die Funktion der Hüftgelenks-TEP noch als regelgerecht einzustufen gewesen sei.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 8. Juni 2017 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 22. Juni 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Er trägt vor, die Be¬wertung mit einem GdB von 50 bis zum 31. Dezember 2016 entspreche auch seiner jetzigen Einschätzung. Es sei jedoch, auch auf Grund des Reha-Berichts der Kliniken H., ab Januar 2017 von einer Besserung der Gehfähigkeit auszugehen, die Gehstrecke habe 2 bis 3 km betragen. Soweit dem SG der weitere Verlauf nach dem Ende jener Rehabilitation nicht bekannt gewesen sei, beruhe das Urteil allein auf subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Mai 2017 insoweit aufzuheben, als es ihn verurteilt hat, einen Grad der Behinderung von 50 für die Zeit nach dem 31. Dezember 2016 festzustellen und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Berufung oder Anschlussberufung hat er nicht erhoben. Wenn der Beklagte eine Verbesserung des Gesundheitszustandes nach dem Ende der Rehabilitation vorbringe, entbehre dies jeder Grundlage und sei eine Behauptung ins Blaue hinein, weswegen weitere Ermittlungen des SG nicht notwendig gewesen seien.
Der Kläger hat den Ambulanzbrief der Orthopädischen Klinik M. vom 15. August 2017 und den Bericht von Dr. H. vom 4. September 2017 zur Akte gereicht. Die Klinik berichtet darin von einer Supraspinatussehnenruptur und dem Verdacht auf eine Subscapularissehnenruptur im rechten Schultergelenk bei einem Outlet-Impingement und einer klinisch stummen AC-Gelenks-Arthrose, einer beginnenden Omarthrose und einer Bizepssehnentendinitis. Der Kläger habe sich nunmehr nach intensiver krankengymnastischer Übungsbehandlung erneut vorgestellt, der Nachtschmerz sei verschwunden, tagsüber beständen nur noch mäßige Beschwerden, er stehe auch wegen seiner Erfahrungen mit den Operationen an der linken Hüfte einer operativen Rotatorenmanschettennaht verständlicherweise sehr zurückhaltend gegenüber. Die Beweglichkeit der rechten Schulter sei aktiv und passiv in allen Ebenen frei, es bestehe ein Druckschmerz im Bereich Sulcus bicipitalis, der Speed-Test sei positiv, die pDMS (periphere Durchblutung/Motorik/Sensibilität) sei intakt. Dr. H. berichtet von einem Druckschmerz an beiden Fugen des Ilio-Sakral-Gelenks (ISG) bei intakter pDMS und von radiologisch festgestellten Veränderungen der LWS (Steilstellung ohne Höhenminderung, Spondylophyten und Spondylarthrosen im unteren Bereich). Zu diagnostizieren sei ein LWS-Syndrom (M47.26 ICD-10 GM), das mit Ibuprofen und Physiotherapie zu behandeln sei.
Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger in dem Erörterungstermin am 20. Oktober 2017 persönlich angehört. Er hat mitgeteilt, seit der letzten Operation im Oktober 2016 sei es nicht zu weiteren Luxationen der Hüft-TEP gekommen. Er habe aber weiterhin Schmerzen an der Hüfte. Er nehme Ibuprofen 600 mg an fünf Tagen die Woche, meist eine Tablette, gelegentlich mehr. Das Gehen falle weiterhin schwer, es bestehe Wetterfühligkeit. Er sei weiterhin berufstätig, aber an manchen Tagen sehr erschöpft. Er wolle eigentlich weiterarbeiten und nicht vorzeitig in Altersrente gehen. Die Physiotherapie wegen der Schultern sei inzwischen beendet, wegen der Hüfte links werde sie fortgeführt. Den rechten Arm könne er über die Waagerechte hinaus heben - dies hat der Kläger in dem Erörterungstermin auch demonstriert. Nachdem der Berichterstatter Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt hatte, haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich beide Beteiligte mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung des Beklagten ist nach § 143 SGG statthaft und war nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da keine Leistungen, sondern behördliche Feststellungen in Streit stehen. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Beklagte form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG).
Der Beklagte hat seine Berufung in zeitlicher Hinsicht auf seine Verurteilung ab dem 1. Januar 2017 beschränkt. Der Kläger hat, wie ausgeführt, keine Berufung erhoben, sodass auch der Zeitraum zwischen der Stellung des Neufeststellungsantrags am 17. Dezember 2003 und dem 6. August 2015, ab dem das SG den Beklagten verurteilt hat, nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist. Wegen der Höhe des GdB hat der Beklagte allerdings keine Beschränkung ausgesprochen. Sein Antrag richtet sich allgemein gegen seine Verurteilung zur Feststellung eines GdB von 50. Er hat das Urteil nicht nur insoweit angegriffen, als er zur Feststellung eines GdB von mehr als 40 verurteilt worden ist. Daher ist - für den noch streitigen Zeitraum ab Januar 2017 - die gesamte Spanne zwischen dem GdB von 30, den der Beklagte mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 zuerkannt hatte, und dem GdB von 50, den das SG ausgeurteilt hat, in Streit.
Auf dieser Basis hat die Berufung des Beklagten nur teilweise Erfolg. Er wendet sich zwar zu Recht dagegen, ab Januar 2017 einen GdB von 50 feststellen zu müssen. Aber das SG hat ihn - für diesen Zeitraum - zumindest teilweise zu Recht verpflichtet, einen höheren GdB als 30 festzustellen. Ab Januar 2017 beträgt der GdB des Klägers 40.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht weist der Senat darauf hin, dass sich die gerichtliche Nachprüfung im Rahmen einer Leistungsklage, zu der auch die hier erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG gehört, nach der Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der jeweiligen Tatsacheninstanz richtet (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34). Im Falle eines Urteils ohne mündliche Verhandlung ist dies der Tag der Entscheidung, mithin der 21. Februar 2019.
Wegen dieses Grundsatzes sind der Entscheidung des Senats in rechtlicher Hinsicht die neuen Vorschriften des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) zu Grunde zu legen, die durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) ab dem 1. Januar 2018 in Kraft gesetzt worden sind. Auf tatsächlicher Ebene berücksichtigt der Senat ferner weitere Behinderungen oder sonstige Gesundheitsschäden, auch wenn diese während des Verfahrens erst entstanden sein sollten. Dies gilt insbesondere für die nunmehr geltend gemachte Hörminderung und die Veränderungen im Bereich der Kniegelenke.
Nach § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX n.F. stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Die Einzelheiten und die konkreten Vorgaben zur Ermittlung des GdB sind dabei auf Grund der Regelungen des § 153 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 5 SGB IX – wie bisher schon – nach den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" (VG), der Anlage zu § 2 der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), zu bestimmen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 2/13 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 18, juris, Rz. 10). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben.
Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e).
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird (Urteil des Senats vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rz. 29 ff.).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht unterliegt der Anspruch des Klägers den zusätzlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), weil der Beklagte bei ihm schon vor dem hier streitigen Antrag - mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 - einen GdB festgestellt hatte. Nach dieser Vorschrift ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Bei der Feststellung eines GdB - wie hier durch den Bescheid vom 15. Dezember 2009 - handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 – L 6 SB 5459/11 –, Juris, Rz. 25).
Bei dem Kläger hat sich zwar auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 eine wesentliche Veränderung gegenüber dem Gesundheitszustand ergeben, der dem Bescheid vom 15. Dezember 2009 zu Grunde lag. Jedoch war diese Verschlechterung nicht derart gravierend, dass auch für diesen Zeitraum ein GdB von 50 vorlag. Vielmehr ist nur von einem GdB von 40 auszugehen.
Dieser GdB ist allein durch die Beeinträchtigungen im Funktionssystem "untere Gliedmaßen" bedingt. In anderen Funktionssystemen, insbesondere an der rechten Schulter (obere Gliedmaßen) und an der Lendenwirbelsäule (Funktionssystem Rumpf) liegen dagegen bei dem Kläger keine Beeinträchtigungen vor, die zu einer Erhöhung des GdB führen können.
Der Senat bewertet auch die Funktionsstörungen des Klägers an beiden Hüften im Funktionssystem der unteren Gliedmaßen. Dem entspricht es, dass diese Schädigungen in den VG in Teil B Nr. 18.14 bei den anderen Schäden der unteren Gliedmaßen geregelt sind und nicht z.B. zusammen mit den Bewertungen von Schäden der Wirbelsäule (VG, Teil B Nr. 18.9). Bei der Bewertung zu berücksichtigen sind dabei aber auch die Vorschriften der VG, Teil B Nr. 18.12, die besonders für Endoprothesen im Bereich der Großgelenke gelten und die Ende 2010 verändert worden sind, worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat.
Der Kläger ist mit Total-TEPs an beiden Hüftgelenken versorgt. Daraus folgt nach den VG, Teil B Nr. 18.12 ein GdB von 20 "mindestens". Dieser Mindest-GdB gilt für Endoprothesen bei bestmöglichem Behandlungsergebnis. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen, was insbesondere beeinträchtigt bei Beweglichkeits- und Belastungseinschränkungen, Nervenschädigungen, eine deutliche Muskelminderung oder eine ausgeprägte Narbenbildung der Fall ist. Die "üblicherweise gebotenen Beschränkungen" werden dagegen von den in der GdB-Tabelle angegebenen Werten eingeschlossen.
Bei dem Kläger nun ist auf der rechten Seite von einem bestmöglichen Behandlungsergebnis auszugehen. Insoweit stützt sich der Senat auf die Feststellungen aus dem Amtsgutachten von Dr. H. vom 31. Juli 2016. Hierbei handelt es sich bezogen auf die rechte Hüfte um die jüngsten Untersuchungen. Der Kläger hat für die rechte Hüfte auch keine Veränderungen in der Zeit danach mitgeteilt. Am rechten Hüftgelenk bestanden schon bei Dr. H. keine nennenswerten Bewegungs- oder Belastungseinschränkungen. Die Beugung/Streckung war mit 120/0/0°, das Abspreizen/Heranführen mit 40/0/30° und die Innen-/Außenrotation mit 10/0/40° normgerecht. Narben oder andere Reizerscheinungen an der rechten Hüfte lagen nicht vor. Liegend bestand auch kein Stauchungsschmerz (vgl. S. 13 Gutachten, damals sogar noch bei beiden Hüftgelenken). Bildgebend konnte Dr. H. feststellen (S. 15), dass die TEP rechts regelgerecht implantiert war und keine Lockerungszeichen vorlagen. Hiernach war sein damaliger Vorschlag, einen GdB von 10 für die rechte Hüfte anzusetzen, richtig. Die Bewertung trifft auch weiterhin zu.
Dagegen hat sich der Zustand der linken Hüfte seit der Untersuchung bei Dr. H. deutlich verändert. Nach Lockerungen und Infektionen waren mehrfache Revisionsoperationen nötig, und zuletzt ist nach mehrfachen Luxationen des Hüftgelenks festgestellt worden, dass die Hüft-TEPs in den A.-Kliniken bislang in einer gewissen Fehlstellung implantiert worden waren. Daraufhin wurde am 19. Oktober 2016 in den Kliniken H. ein Pfannen- und Kopfwechsel durchgeführt. Seitdem nun ist es nicht mehr zu Luxationen gekommen, wie der Kläger zuletzt bei seiner Anhörung am 20. Oktober 2017bestätigt hat. Dieser Umstand kann daher nicht mehr, wie noch von Dr. H. vorgeschlagen, für eine Erhöhung des Mindest-GdB herangezogen werden. Dagegen ist weiterhin von einer eingeschränkten Beweglichkeit des linken Hüftgelenks auszugehen. Bei der Entlassung aus der Rehabilitation im Dezember 2016 war die Streckung frei, aber die Beugung auf den rechten Winkel eingeschränkt (0/0/90°). Eine einseitige Bewegungseinschränkung eines Hüftgelenks bedingt allerdings nach den VG, Teil B Nr. 18.14, einen GdB von 10 bis 20 - erst - bei einer restlichen Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Bei dem Kläger war die Streckung dagegen frei. Nach den Ausführungen im Entlassungsbericht der Kliniken H. war die TEP nach der erneuten Operation wieder regelgerecht und fest eingesetzt, es fand sich am linken Hüftgelenk nur eine reizlose Narbe und die vom Kläger angegebene Verfärbung im Sinne eines Hämatoms wurde nicht beschrieben. Dagegen bestanden - und bestehen weiterhin - Belastungsschmerzen. Diese Schmerzen wurden bereits in dem Rehabilitationsbericht erwähnt und auf der Schmerzskala mit 2/10 bewertet. Die Medikation von 600 mg Ibuprofen, die schon nach dem Rehabilitationsbericht weiterhin durchgeführt werden sollte (mit 1-0-1 Dosen pro Tag), findet nach den Angaben des Klägers in dem Erörterungstermin nahezu unverändert immer noch statt (ein bis zwei Tabletten an fünf Tagen pro Woche). Dies ist eine durchaus erhebliche Medikation. Hinzu kommt eine diskrete Beinlängenverkürzung links um 0,5 cm, die zwar für sich keinen GdB bedingen würde (da sie keine 2,5 cm erreicht, vgl. die VG, Teil 18.14), aber im Rahmen der Bewertung der Hüft-TEP berücksichtigt werden kann. Das Gehvermögen des Klägers letztlich ist weiterhin geringfügig eingeschränkt, so benutzte er bei der Entlassung aus der Rehabilitation noch Unterarmgehstützen und bei seiner Anhörung im Oktober 2017 lief zumindest weiterhin die Physiotherapie wegen der linken Hüfte.
Wegen der danach teilweise eingeschränkten Versorgungsqualität bei der einen Hüfte ist es angemessen, den Mindest-GdB von 20 für die Hüftgelenks-TEP-Versorgung bds. auf 30 zu erhöhen.
Für das linke Kniegelenk ist eine Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 vertretbar. Insoweit schließt sich der Senat auch hier den Feststellungen und Schlussfolgerungen Dr. H.s an. Diese sind nach wie vor zu Grunde zu legen, weil sich nach den Angaben des Klägers auch am linken Knie seit der Untersuchung bei Dr. H. keine Veränderungen ergeben haben. Für eine einseitige Kniegelenks-Teil-Endoprothese (zu der auch die hier implantiere Schlittenprothese gehört) sehen die VG, Teil B Nr. 18.12, einen Mindest-GdB von 10 vor. Bei dem Kläger ist die Versorgungsqualität aber auch hier - leicht - eingeschränkt. Die verbliebenen Beeinträchtigungen allein würden zwar nach den Vorgaben der VG, Teil B Nr. 18.14, keinen GdB von 20 bedingen. Aber sie sind doch nicht so geringfügig, dass von einer Erhöhung des Mindest-GdB für die Prothese abgesehen werden müsste. Zwar ist die Beweglichkeit nur geringfügig eingeschränkt. Die Beugung/Streckung war bei Dr. H. noch bis 140/0/0° möglich, bei der Rehabilitation in H. Ende 2016 wurden noch 125/0/0° festgestellt. Ein GdB käme aber erst bei einer Einschränkung der Beugung auf 90° in Betracht. Ferner sehen die VG einen GdB von 10 bei einer muskulär noch kompensierbaren Lockerung des Kniebandapparats vor. Insoweit ist bei dem Kläger nicht von vollständiger Stabilität auszugehen, auch wenn Dr. H. bei der Begutachtung keine gravierenden Instabilitäten feststellen konnte. Bereits in dem Rehabilitationsbericht der Klinik H. vom 18. November 2013 bestand am linken Knie ein deutliches vorderes Schubladenphänomen. Und letztlich liegen bei dem Kläger an diesem Knie erhebliche, nach seinen Schilderungen einschießende Schmerzen vor. Dr. H. hat insoweit ausgeführt, es liege eine Auftreibung der Gelenkkonturen mit einem deutlichen Reibegeräusch vor, was auf eine Schädigung der nicht ersetzten Teile des Kniegelenks hindeute. Auch wenn danach bei dem Kläger nicht von einem anhaltenden Reizzustand auszugehen ist, der nach den VG, Teil B Nr. 18.14, auch ohne Bewegungseinschränkung einen GdB von 0 bis 30 bedingt, so ist es doch gerechtfertigt, den Mindest-GdB auf 20 zu erhöhen.
Aus diesen beiden GdB-Werten ergibt sich in entsprechender Anwendung der Regelungen über die Bildung des Gesamt-GdB (VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe d) für die unteren Gliedmaßen ein GdB (Teil-GdB) von 40. Eine weitere Erhöhung, weil beide Hüftgelenke und damit paarige Gliedmaßen betroffen sind, scheidet aus. Dem früheren entsprechenden Vorschlag von Dr. B. in seinem Gutachten vom 7. Mai 2015 ist nicht zu folgen. Die VG bewerten in Teil B Nr. 18.12 eine beidseitige endoprothetische Versorgung bereits höher als eine einseitige. Damit ist die besondere Betroffenheit paariger Gliedmaßen abschließend erfasst.
An der rechten Schulter liegen keine Funktionseinbußen vor, die einen GdB von 10 oder 20 bedingen würden. Auch wenn der Kläger die Rupturen im Sehnenbereich der Rotatorenmanschette nicht hat operieren, sondern nur physiotherapeutisch hat behandeln lassen, liegt eine ausreichende Beweglichkeit vor. Der Senat stützt sich insoweit auf die Feststellungen der Orthopädischen Klinik M. in dem Bericht vom 15. August 2017. Danach war die Beweglichkeit der Arme in allen Ebenen sowohl aktiv als auch passiv frei. Hieran hat sich auch in der Zeit danach nichts geändert, wie sich aus den Feststellungen in dem Erörterungstermin am 20. Oktober 2017 ergibt. Ein GdB von 20 kommt aber z.B. erst bei einer Einschränkung der Armhebung auf 90° oder weniger in Betracht (VG, Teil B Nr. 18.13). Weitere nennenswerte Einschränkungen bestanden bei der Vorstellung in M. nicht, so gab es nur noch tagsüber - leichte - Schmerzbeschwerden.
Auch der Rumpf begründet keinen weiteren GdB. Aus dem Befundbericht von Dr. H. vom 4. September 2017 ergeben sich nur bildgebend festgestellte Veränderungen, aber keine funktionellen Einschränkungen. Auch insoweit kann auf den Entlassungsbericht der Klinik H. vom 9. Dezember 2016 zurückgegriffen werden. Dort waren an der Wirbelsäule keine Beeinträchtigungen festgestellt worden. Insbesondere waren die Dornfortsätze, die Beckenkonturen und das ISG als schmerzfrei (ohne auffälligen Druck-, Klopf- oder Kompressionsschmerz) beschrieben worden, die paravertebrale Muskulatur war nicht auffällig druckempfindlich oder verhärtet.
Weitere Behinderungen in anderen Funktionssystemen sind nicht vorgetragen oder erkennbar. Insbesondere hat auch der Hausarzt, Dr. P., in seiner Zeugenaussage vom 27. August bzw. 1. September 2016 vor dem SG allein die bekannten orthopädischen Beeinträchtigungen genannt. Den Blutdruck hat er mit 150/90 mmHg angegeben, woraus sich nach den VG, Teil B Nr. 9.3 kein GdB, jedenfalls kein GdB von mehr als 10, ergibt.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung eines Gesamt-GdB, wonach einzelne Teil-GdB nicht addiert werden dürfen und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 begründen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigungen führen, ist im Falle des Klägers ab Januar 2017 kein GdB von mehr als 40 festzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht verteidigen konnte, erscheint es angemessen, dem Beklagten nur eine geringe Kostenquote aufzuerlegen. Für eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenregelung bestand kein Anlass, weil der Beklagte das Urteil des SG vom 12. Mai 2017 nur eingeschränkt angefochten, das Urteil also weitgehend Bestand hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Der Beklagte erstattet dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Das beklagte xx wendet sich mit seiner Berufung gegen seine Verurteilung zur Zuerkennung (behördlichen Feststellung) eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 bei dem Kläger.
Der Kläger ist im Jahre 1956 geboren, Deutscher, wohnt im Inland, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er war bzw. ist als gelernter Maschinenbauer mit Meistertitel berufstätig.
Er leidet im Wesentlichen an einem Morbus Ahlbäck (eine mit Durchblutungsstörungen assoziierte aseptische Osteonekrose) des linken Kniegelenks mit Auswirkungen auf den Oberschenkel und die Hüfte (vgl. M87.06 der ICD-10 GM, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, Deutsche Ausgabe). Bereits im September 2009 war ihm deswegen eine zementierte unicondyläre Schlittenprothese des linken Kniegelenks implantiert worden. Der Beklagte hatte ihm erstmals mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 einen GdB von 30 wegen einer "Kniegelenksendoprothese links" zuerkannt.
Am 17. Dezember 2013 stellte er Antrag auf Neufeststellung. Er gab als zusätzlichen Schaden eine Coxarthrose links an. Er legte die Entlassbriefe der A.-Kliniken vom 17. Oktober 2013 und der Rehabilitations-Klinik H. vom 18. November 2013 vor. Daraus ergab sich, dass ihm wegen der Coxarthrose links am 11. Oktober 2013 eine nicht zementierte Hüftgelenks-Totalendo-prothese (TEP) links implantiert worden war. Bei der Anschlussheilbehandlung in H. waren die Rehabilitationsziele vollständig erreicht worden, bei der Entlassung bestand ein koordinierter, schmerzfreier 2-Punkte-Gang (Vollbelastung bei Benutzung zweier Gehhilfen), die freie Gehstrecke betrug 1 km, am linken Hüftgelenk betrugen die Flexion 110° und die Abduktion 40°, am linken Kniegelenk bestand bei reizlosen Wundverhältnissen ein deutliches vorderes Schubladenphänomen, Medikamente wurden nicht mehr eingenommen. Die Einschränkungen des rechten Hüftgelenks (Flexion/Extension 130/0/10°, Abduktion 50°) bestanden fort. Der Kläger wurde mit einigen qualitativen Einschränkungen (Heben und Tragen über 15 kg, Tätigkeiten in kniender, hockender oder gebückter Stellung, auf Leitern und Gerüsten, mit häufiger Steigbelastung oder Dauerstehen) als vollschichtig leistungsfähig für leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2014 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar lägen nunmehr eine Kniegelenksendoprothese links, eine Hüftgelenks-TEP links und eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks vor. Die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen seien nach Auswertung aller vorliegender Befunde jedoch weiterhin mit dem schon zuerkannten GdB zu bewerten.
Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, er sei in seiner Berufstätigkeit als Wassermeister erheblich eingeschränkt. Die Beeinträchtigungen an der rechten Hüfte hätten zugenommen, nunmehr stehe auch dort eine TEP-Implantation an. Im weiteren Verlauf legte er den Rehabilitationsbericht der Kliniken H. vom 11. März 2014 vor. Daraus ergab sich, dass ihm am 7. Februar 2014 auch am rechten Hüftgelenk eine zementfreie TEP implantiert worden war. Das Körpergewicht war - bei einer Körpergröße von 182 cm - von ehedem 89 auf 94 kg gestiegen. Bei der Entlassung betrug die Gehstrecke an zwei Unterarmgehstützen wiederum "über 1 km", ein Stockwerk konnte problemlos bewältigt werden, der Kläger gab Schmerzen nur noch bei Belastung an, die Flexion/Extension des rechten Hüftgelenks betrug 90/0/0°, die Abduktion 45°, das rechte Bein war gestreckt von der Unterlage abhebbar. Die Ziele der Rehabilitation wurden als noch nicht vollständig erreicht bezeichnet. Bei der Entlassung wurde das Leistungsvermögen nunmehr nur noch für leichte, nicht mehr auch für teilweise mittelschwere Tätigkeiten, beschrieben.
Der Versorgungsmedizinische Dienst des Beklagten schlug nach Auswertung der Unterlagen Teil-GdB-Werte von 10 für die Kniegelenks-Teilendoprothese links und von 20 für die Hüftgelenks-TEP bds. vor. Der schon zuerkannte GdB von 30 sei eher zu hoch. Eine besondere berufliche Betroffenheit könne im Recht der behinderten Menschen nicht berücksichtigt werden.
Es erging daraufhin der zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2014. Auch wenn neue Behinderungen dazugekommen seien, habe sich der Gesamt-GdB, der sich an den Funktionsbeeinträchtigungen orientiere, nicht erhöht. Insoweit verwies der Beklagte auch auf die neuen, im Dezember 2013 in Kraft getretenen Regelungen für die Bewertung von Endoprothesen.
Hiergegen hat der Kläger am 12. Juni 2014 Klage bei dem Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die neuen Regelungen über die Bewertung von Endoprothesen gingen von Mindest-GdB-Werten aus. Diese müssten hier erhöht werden, da bei ihm nicht die bestmöglichen Behandlungsergebnisse erreicht worden seien. Insoweit hat der Kläger auf Schwierigkeiten beim Aufstehen aus der Hocke, Schmerzen insbesondere bei Kälte und nasskalter Witterung, erhebliche Hautverfärbungen an der linken Hüfte und erheblichen, einschießenden Schmerzen im linken Kniegelenk verwiesen.
Das SG hat sodann die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Auf die Aussagen des Allgemeinmediziners Dr. P. (eingegangen am 1. September 2014) und des Chirurgen und Orthopäden Dr. H. vom 1. Oktober 2014 wird Bezug genommen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG das fachorthopädische Gutachten des Dr. B. vom 7. Mai 2015 erhoben. Dieser hat Teil-GdB-Werte von 20 für die Hüftgelenks-TEP-Versorgung bds. und von ebenfalls 20 für die Kniegelenks-Teil-Endoprothese vorgeschlagen. Während an den Hüften noch, auch in Anbetracht der besser werdenden Ergebnisse im Langzeitverlauf, von einem zufriedenstellenden Behandlungsergebnis auszugehen sei, bestehe am linken Kniegelenk eine Kapselschwellung mit femopatellarer Schmerzsymptomatik sodass der Mindest-GdB zu erhöhen sei. Weitere, leichte Funktionsbeeinträchtigungen an den Schultern und an der Lendenwirbelsäule seien mit Teil-GdB-Werten von je 10 zu bewerten. In der Summe, so Dr. B., sei für die unteren Extremitäten von einem GdB von 40 auszugehen, da sich Einzelbehinderungen an paarigen Extremitäten immer negativ beeinflussten und der Zustand durchaus mit dem Verlust eines Fußes zu vergleichen sei. Auch der Gesamt-GdB sei daher mit 40 anzunehmen.
Im August 2015 hat der Kläger unter Vorlage aktueller Arztberichte eine akute erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes mitgeteilt. Die Hüft-TEP links habe sich gelockert, vor¬aussichtlich werde eine Revisions-OP stattfinden. Im weiteren Verlauf hat er den Entlassbrief der A.-Kliniken vom 14. Oktober 2015 eingereicht. Daraus ergab sich, dass sich die Hüft-TEP links gelockert infiziert und eine analgetisch nicht mehr beherrschbare Schmerzsymptomatik vorgelegen hatte, bevor die TEP am 22. September 2015 entnommen und am 6. Oktober 2015 reim¬plantiert worden war. Die Mobilisation war zunehmend gelungen, bei der Entlassung hatten die Extension/Flexion der Hüfte links bei 0/0/120° und die Außen-/Innenrotation bei 30/0/10° gelegen. Für das linke Knie war eine Streckung/Beugung von 0/0/140° angegeben worden. Der Kläger war auf Stationsebene und auf der Treppe an Unterarmgehstützen mobil.
Im Januar 2016 hat der Kläger von einer erneuten Verschlechterung berichtet. Aus den Entlassbriefen der A.-Kliniken vom 11. Dezember 2015 und vom 11. Januar 2016 ergab sich, dass sich erneut eine Infektion der Hüft-TEP links mit Fistelbildung eingestellt hatte, weswegen die Hüft-TEP am 17. November 2015 vollständig entfernt und am 4. Januar 2016 eine neue Hüft-TEP implantiert worden war. Nach der Operation hatte der Kläger mit schmerzadaptierter Vollbelastung gut remobilisiert werden. Ausweislich des Entlassungsberichts der Kliniken H. vom 22. Februar 2016 kam es während der Anschlussheilbehandlung vom 13. Januar bis 11. Februar 2016 am 6. oder 7. Februar 2016 beim Duschen im Sitzen zu einer Luxation der Hüft-TEP links, die noch am gleichen Tage geschlossen reponiert wurde. Bei der Entlassung betrugen an der linken Hüfte die Streckung/Beugung 0/0/100°, die Abduktion 40° und die Außen-/Innenrotation 30/0/10°. Außerdem lag ein Beckentiefstand 0,5 cm vor. Die Gehstrecke an zwei Unterarmgehstützen wurde mit 3 km angegeben. Für den ausgeübten Beruf eines Wassermeisters nahm die Klinik ein Restleistungsvermögen von unter 3 Stunden und damit Berufsunfähigkeit an. Eine Teilerwerbsminderungsrente wollte der Kläger noch nicht in Anspruch nehmen, sondern ggfs. eine innerbetriebliche Umsetzung erreichen.
Der Kläger hat den Bericht über eine Notfallbehandlung in der Klinik S. vom 21. Juni 2016 zur Akte gereicht. Daraus ergab sich, dass die Hüft-TEP links an jenem Tage erneut luxiert war und der Notarzt sie in Kurznarkose vor Ort reponiert hatte. Bei einer anschließenden Vorstellung in der Klinik wurde eine erneute Revisions-OP angeraten, die der Kläger jedoch noch nicht wünschte, die Extension/Flexion wurde mit 0/0/90° angegeben (Bericht vom 23. Juni 2016).
Von Amts wegen hat das SG das fachorthopädische Gutachten des Dr. H. vom 31. Juli 2016 erhoben. Der Sachverständige hat mitgeteilt, der wieder vollschichtig berufstätige Kläger beschränke das Spazierengehen zurzeit ohne Gehstöcke auf 1 km und mit Gehstöcken auf 2 bis 3 km. In gemächlichem Tempo könne er eine Stunde Fahrrad fahren. Er vermöge eine Stunde sitzen, einige Tage zuvor sei er auf einer zweistündigen Freilufttheatervorstellung gewesen. Das Stehen traue er sich eine Stunde zu. Er vermeide extreme Bewegungen aus Angst vor einer erneuten Luxation. Schmerzmittel müsse er nicht einnehmen. Die Beugung/Streckung des linken Hüftgelenks betrage 110/0/0°, die Abduktion 30°, die Rotation 30/0/5°. Die entsprechenden Werte rechts betrügen 120/0/0°, 40° und 40/0/10°. Am linken Knie sei der Bandapparat stabil, es beständen keine Reizungen oder Ruheschmerzen, aber Belastungsschmerzen und ein deutliches Reibegeräusch. Die Beugung/Streckung sei bis 140/0/0° möglich (rechts 145/0/0°). Dr. H. hat für das linke Kniegelenk einen Teil-GdB von 20 vorgeschlagen, weil ein suboptimales Behandlungsergebnis vorliege. Das rechte Hüftgelenk sei bei gutem Ergebnis der endo-prothetischen Versorgung mit dem Mindest-GdB von 10 ausreichend bewertet. Für das linke Hüftgelenk sei ein GdB von 30 vorzuschlagen. Dabei seien die belastungsabhängige Schmerzsymptomatik und die Luxationsneigung zu berücksichtigen. Daraus folge für beide Hüften zusammen ein GdB von 40. Für den aktuellen Zustand, sei danach auch ein Gesamt-GdB von 40 nicht eindeutig falsch, er selbst halte aber einen Gesamt-GdB von 50 nicht für übertrieben. Dabei sei auch die ständige Ungewissheit im Zusammenhang mit der Stabilität des linken Hüftgelenks zu berücksichtigen. Für die Vergangenheit hat Dr. H. für verschiedene Zeiträume GdB-Werte von 40, für andere von 50 unter Gewährung des Nachteils-ausgleichs (Merkzeichens) "G" (gehbehindert) vorgeschlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.
Am 3. September 2016 kam es beim Anziehen von Strümpfen zur dritten Luxation der Hüft-TEP links, die erneut vom Notarzt vor Ort reponiert wurde (Bericht des Klinikums S. vom 3. September 2016). Daraufhin wurde am 19. Oktober 2016 in den Fachkliniken H. ein Pfannen- und Kopfwechsel bei einer Pfannenfehlpositionierung und nach mehreren Hüft-TEP-Luxationen durchgeführt. Der Kläger absolvierte danach erneut eine Anschlussheilbehandlung, aus der er am 9. Dezember 2016 entlassen wurde. Dabei betrug die Elevation/Flexion 0/0/90°, die Abduktion 30° und die Innen-/Außenrotation 10/0/20°. Die Schmerzen waren auf 2/10 reduziert worden. Die Gehstrecke an Unterarmgehstützen im 4-Punkte-Gang lag bei 2 bis 3 km, das Treppensteigen war über 2 Stockwerke möglich. Berufliche Einschränkungen wurden bei dem Kläger, der inzwischen innerbetrieblich auf einen Schonarbeitsplatz versetzt worden war, nicht gesehen
Der Kläger hat zuletzt noch den MRT-Befundbericht von Dr. G. vom 5. Mai 2017 vorgelegt. Danach bestanden an der rechten Schulter ein Impingement mit ausgeprägt hypertropher Arthrose des AC-Gelenks (Schultereckgelenks), eine Ruptur der Supraspinatussehne, eine Ruptur der Subscapularissehne und eine Ruptur des glenohumeralen Ligaments mit Subluxation der langen Bizepssehne, daneben weitere degenerative Veränderungen
Der Beklagte hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens mehrere Vergleichsangebote vorgelegt, die jeweils einen Gesamt-GdB für unterschiedlich lange, abgeschlossene Zeiträume vorsahen und für Teile der vergangenen Zeiträume auch die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Für die Zukunft war ein Gesamt-GdB von 40 vorgeschlagen worden. Zuletzt, in der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2017, hat der Beklagte nur das - vorletzte - Vergleichsangebot vom 11. Oktober 2016 (GdB 50 und Merkzeichen "G" von 09/2015 bis 06/2016, danach GdB 40) aufrechterhalten. Der Kläger hat alle Vergleichsangebote abgelehnt.
Mit Urteil vom 12. Mai 2017 hat das SG den Bescheid vom 28. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2014 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den GdB mit 50 ab dem 6. August 2015 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. B. und Dr. H. seien ab dem 6. August 2015 Teil-GdB-Werte von 40 für die beiden Hüftgelenke und von 20 für das linke Kniegelenk angemessen. Daraus folge ein Gesamt-GdB von 50. Dieser bestehe fort, zumal der weitere Verlauf nach der Reha-Behandlung in H. nach Dezember 2016 nicht bekannt sei. Für die Zeit vor dem 6. August 2015 sei es allerdings noch nicht zu einer gravierenden Verschlechterung gegenüber den Umständen zurzeit des Bescheids vom 15. Dezember 2009 gekommen, nachdem damals die Funktion der Hüftgelenks-TEP noch als regelgerecht einzustufen gewesen sei.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 8. Juni 2017 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 22. Juni 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Er trägt vor, die Be¬wertung mit einem GdB von 50 bis zum 31. Dezember 2016 entspreche auch seiner jetzigen Einschätzung. Es sei jedoch, auch auf Grund des Reha-Berichts der Kliniken H., ab Januar 2017 von einer Besserung der Gehfähigkeit auszugehen, die Gehstrecke habe 2 bis 3 km betragen. Soweit dem SG der weitere Verlauf nach dem Ende jener Rehabilitation nicht bekannt gewesen sei, beruhe das Urteil allein auf subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Mai 2017 insoweit aufzuheben, als es ihn verurteilt hat, einen Grad der Behinderung von 50 für die Zeit nach dem 31. Dezember 2016 festzustellen und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Berufung oder Anschlussberufung hat er nicht erhoben. Wenn der Beklagte eine Verbesserung des Gesundheitszustandes nach dem Ende der Rehabilitation vorbringe, entbehre dies jeder Grundlage und sei eine Behauptung ins Blaue hinein, weswegen weitere Ermittlungen des SG nicht notwendig gewesen seien.
Der Kläger hat den Ambulanzbrief der Orthopädischen Klinik M. vom 15. August 2017 und den Bericht von Dr. H. vom 4. September 2017 zur Akte gereicht. Die Klinik berichtet darin von einer Supraspinatussehnenruptur und dem Verdacht auf eine Subscapularissehnenruptur im rechten Schultergelenk bei einem Outlet-Impingement und einer klinisch stummen AC-Gelenks-Arthrose, einer beginnenden Omarthrose und einer Bizepssehnentendinitis. Der Kläger habe sich nunmehr nach intensiver krankengymnastischer Übungsbehandlung erneut vorgestellt, der Nachtschmerz sei verschwunden, tagsüber beständen nur noch mäßige Beschwerden, er stehe auch wegen seiner Erfahrungen mit den Operationen an der linken Hüfte einer operativen Rotatorenmanschettennaht verständlicherweise sehr zurückhaltend gegenüber. Die Beweglichkeit der rechten Schulter sei aktiv und passiv in allen Ebenen frei, es bestehe ein Druckschmerz im Bereich Sulcus bicipitalis, der Speed-Test sei positiv, die pDMS (periphere Durchblutung/Motorik/Sensibilität) sei intakt. Dr. H. berichtet von einem Druckschmerz an beiden Fugen des Ilio-Sakral-Gelenks (ISG) bei intakter pDMS und von radiologisch festgestellten Veränderungen der LWS (Steilstellung ohne Höhenminderung, Spondylophyten und Spondylarthrosen im unteren Bereich). Zu diagnostizieren sei ein LWS-Syndrom (M47.26 ICD-10 GM), das mit Ibuprofen und Physiotherapie zu behandeln sei.
Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger in dem Erörterungstermin am 20. Oktober 2017 persönlich angehört. Er hat mitgeteilt, seit der letzten Operation im Oktober 2016 sei es nicht zu weiteren Luxationen der Hüft-TEP gekommen. Er habe aber weiterhin Schmerzen an der Hüfte. Er nehme Ibuprofen 600 mg an fünf Tagen die Woche, meist eine Tablette, gelegentlich mehr. Das Gehen falle weiterhin schwer, es bestehe Wetterfühligkeit. Er sei weiterhin berufstätig, aber an manchen Tagen sehr erschöpft. Er wolle eigentlich weiterarbeiten und nicht vorzeitig in Altersrente gehen. Die Physiotherapie wegen der Schultern sei inzwischen beendet, wegen der Hüfte links werde sie fortgeführt. Den rechten Arm könne er über die Waagerechte hinaus heben - dies hat der Kläger in dem Erörterungstermin auch demonstriert. Nachdem der Berichterstatter Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt hatte, haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich beide Beteiligte mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung des Beklagten ist nach § 143 SGG statthaft und war nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da keine Leistungen, sondern behördliche Feststellungen in Streit stehen. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Beklagte form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG).
Der Beklagte hat seine Berufung in zeitlicher Hinsicht auf seine Verurteilung ab dem 1. Januar 2017 beschränkt. Der Kläger hat, wie ausgeführt, keine Berufung erhoben, sodass auch der Zeitraum zwischen der Stellung des Neufeststellungsantrags am 17. Dezember 2003 und dem 6. August 2015, ab dem das SG den Beklagten verurteilt hat, nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist. Wegen der Höhe des GdB hat der Beklagte allerdings keine Beschränkung ausgesprochen. Sein Antrag richtet sich allgemein gegen seine Verurteilung zur Feststellung eines GdB von 50. Er hat das Urteil nicht nur insoweit angegriffen, als er zur Feststellung eines GdB von mehr als 40 verurteilt worden ist. Daher ist - für den noch streitigen Zeitraum ab Januar 2017 - die gesamte Spanne zwischen dem GdB von 30, den der Beklagte mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 zuerkannt hatte, und dem GdB von 50, den das SG ausgeurteilt hat, in Streit.
Auf dieser Basis hat die Berufung des Beklagten nur teilweise Erfolg. Er wendet sich zwar zu Recht dagegen, ab Januar 2017 einen GdB von 50 feststellen zu müssen. Aber das SG hat ihn - für diesen Zeitraum - zumindest teilweise zu Recht verpflichtet, einen höheren GdB als 30 festzustellen. Ab Januar 2017 beträgt der GdB des Klägers 40.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht weist der Senat darauf hin, dass sich die gerichtliche Nachprüfung im Rahmen einer Leistungsklage, zu der auch die hier erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG gehört, nach der Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der jeweiligen Tatsacheninstanz richtet (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34). Im Falle eines Urteils ohne mündliche Verhandlung ist dies der Tag der Entscheidung, mithin der 21. Februar 2019.
Wegen dieses Grundsatzes sind der Entscheidung des Senats in rechtlicher Hinsicht die neuen Vorschriften des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) zu Grunde zu legen, die durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) ab dem 1. Januar 2018 in Kraft gesetzt worden sind. Auf tatsächlicher Ebene berücksichtigt der Senat ferner weitere Behinderungen oder sonstige Gesundheitsschäden, auch wenn diese während des Verfahrens erst entstanden sein sollten. Dies gilt insbesondere für die nunmehr geltend gemachte Hörminderung und die Veränderungen im Bereich der Kniegelenke.
Nach § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX n.F. stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Die Einzelheiten und die konkreten Vorgaben zur Ermittlung des GdB sind dabei auf Grund der Regelungen des § 153 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 5 SGB IX – wie bisher schon – nach den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" (VG), der Anlage zu § 2 der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), zu bestimmen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 2/13 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 18, juris, Rz. 10). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben.
Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e).
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird (Urteil des Senats vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rz. 29 ff.).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht unterliegt der Anspruch des Klägers den zusätzlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), weil der Beklagte bei ihm schon vor dem hier streitigen Antrag - mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 - einen GdB festgestellt hatte. Nach dieser Vorschrift ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Bei der Feststellung eines GdB - wie hier durch den Bescheid vom 15. Dezember 2009 - handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 – L 6 SB 5459/11 –, Juris, Rz. 25).
Bei dem Kläger hat sich zwar auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 eine wesentliche Veränderung gegenüber dem Gesundheitszustand ergeben, der dem Bescheid vom 15. Dezember 2009 zu Grunde lag. Jedoch war diese Verschlechterung nicht derart gravierend, dass auch für diesen Zeitraum ein GdB von 50 vorlag. Vielmehr ist nur von einem GdB von 40 auszugehen.
Dieser GdB ist allein durch die Beeinträchtigungen im Funktionssystem "untere Gliedmaßen" bedingt. In anderen Funktionssystemen, insbesondere an der rechten Schulter (obere Gliedmaßen) und an der Lendenwirbelsäule (Funktionssystem Rumpf) liegen dagegen bei dem Kläger keine Beeinträchtigungen vor, die zu einer Erhöhung des GdB führen können.
Der Senat bewertet auch die Funktionsstörungen des Klägers an beiden Hüften im Funktionssystem der unteren Gliedmaßen. Dem entspricht es, dass diese Schädigungen in den VG in Teil B Nr. 18.14 bei den anderen Schäden der unteren Gliedmaßen geregelt sind und nicht z.B. zusammen mit den Bewertungen von Schäden der Wirbelsäule (VG, Teil B Nr. 18.9). Bei der Bewertung zu berücksichtigen sind dabei aber auch die Vorschriften der VG, Teil B Nr. 18.12, die besonders für Endoprothesen im Bereich der Großgelenke gelten und die Ende 2010 verändert worden sind, worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat.
Der Kläger ist mit Total-TEPs an beiden Hüftgelenken versorgt. Daraus folgt nach den VG, Teil B Nr. 18.12 ein GdB von 20 "mindestens". Dieser Mindest-GdB gilt für Endoprothesen bei bestmöglichem Behandlungsergebnis. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen, was insbesondere beeinträchtigt bei Beweglichkeits- und Belastungseinschränkungen, Nervenschädigungen, eine deutliche Muskelminderung oder eine ausgeprägte Narbenbildung der Fall ist. Die "üblicherweise gebotenen Beschränkungen" werden dagegen von den in der GdB-Tabelle angegebenen Werten eingeschlossen.
Bei dem Kläger nun ist auf der rechten Seite von einem bestmöglichen Behandlungsergebnis auszugehen. Insoweit stützt sich der Senat auf die Feststellungen aus dem Amtsgutachten von Dr. H. vom 31. Juli 2016. Hierbei handelt es sich bezogen auf die rechte Hüfte um die jüngsten Untersuchungen. Der Kläger hat für die rechte Hüfte auch keine Veränderungen in der Zeit danach mitgeteilt. Am rechten Hüftgelenk bestanden schon bei Dr. H. keine nennenswerten Bewegungs- oder Belastungseinschränkungen. Die Beugung/Streckung war mit 120/0/0°, das Abspreizen/Heranführen mit 40/0/30° und die Innen-/Außenrotation mit 10/0/40° normgerecht. Narben oder andere Reizerscheinungen an der rechten Hüfte lagen nicht vor. Liegend bestand auch kein Stauchungsschmerz (vgl. S. 13 Gutachten, damals sogar noch bei beiden Hüftgelenken). Bildgebend konnte Dr. H. feststellen (S. 15), dass die TEP rechts regelgerecht implantiert war und keine Lockerungszeichen vorlagen. Hiernach war sein damaliger Vorschlag, einen GdB von 10 für die rechte Hüfte anzusetzen, richtig. Die Bewertung trifft auch weiterhin zu.
Dagegen hat sich der Zustand der linken Hüfte seit der Untersuchung bei Dr. H. deutlich verändert. Nach Lockerungen und Infektionen waren mehrfache Revisionsoperationen nötig, und zuletzt ist nach mehrfachen Luxationen des Hüftgelenks festgestellt worden, dass die Hüft-TEPs in den A.-Kliniken bislang in einer gewissen Fehlstellung implantiert worden waren. Daraufhin wurde am 19. Oktober 2016 in den Kliniken H. ein Pfannen- und Kopfwechsel durchgeführt. Seitdem nun ist es nicht mehr zu Luxationen gekommen, wie der Kläger zuletzt bei seiner Anhörung am 20. Oktober 2017bestätigt hat. Dieser Umstand kann daher nicht mehr, wie noch von Dr. H. vorgeschlagen, für eine Erhöhung des Mindest-GdB herangezogen werden. Dagegen ist weiterhin von einer eingeschränkten Beweglichkeit des linken Hüftgelenks auszugehen. Bei der Entlassung aus der Rehabilitation im Dezember 2016 war die Streckung frei, aber die Beugung auf den rechten Winkel eingeschränkt (0/0/90°). Eine einseitige Bewegungseinschränkung eines Hüftgelenks bedingt allerdings nach den VG, Teil B Nr. 18.14, einen GdB von 10 bis 20 - erst - bei einer restlichen Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Bei dem Kläger war die Streckung dagegen frei. Nach den Ausführungen im Entlassungsbericht der Kliniken H. war die TEP nach der erneuten Operation wieder regelgerecht und fest eingesetzt, es fand sich am linken Hüftgelenk nur eine reizlose Narbe und die vom Kläger angegebene Verfärbung im Sinne eines Hämatoms wurde nicht beschrieben. Dagegen bestanden - und bestehen weiterhin - Belastungsschmerzen. Diese Schmerzen wurden bereits in dem Rehabilitationsbericht erwähnt und auf der Schmerzskala mit 2/10 bewertet. Die Medikation von 600 mg Ibuprofen, die schon nach dem Rehabilitationsbericht weiterhin durchgeführt werden sollte (mit 1-0-1 Dosen pro Tag), findet nach den Angaben des Klägers in dem Erörterungstermin nahezu unverändert immer noch statt (ein bis zwei Tabletten an fünf Tagen pro Woche). Dies ist eine durchaus erhebliche Medikation. Hinzu kommt eine diskrete Beinlängenverkürzung links um 0,5 cm, die zwar für sich keinen GdB bedingen würde (da sie keine 2,5 cm erreicht, vgl. die VG, Teil 18.14), aber im Rahmen der Bewertung der Hüft-TEP berücksichtigt werden kann. Das Gehvermögen des Klägers letztlich ist weiterhin geringfügig eingeschränkt, so benutzte er bei der Entlassung aus der Rehabilitation noch Unterarmgehstützen und bei seiner Anhörung im Oktober 2017 lief zumindest weiterhin die Physiotherapie wegen der linken Hüfte.
Wegen der danach teilweise eingeschränkten Versorgungsqualität bei der einen Hüfte ist es angemessen, den Mindest-GdB von 20 für die Hüftgelenks-TEP-Versorgung bds. auf 30 zu erhöhen.
Für das linke Kniegelenk ist eine Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 vertretbar. Insoweit schließt sich der Senat auch hier den Feststellungen und Schlussfolgerungen Dr. H.s an. Diese sind nach wie vor zu Grunde zu legen, weil sich nach den Angaben des Klägers auch am linken Knie seit der Untersuchung bei Dr. H. keine Veränderungen ergeben haben. Für eine einseitige Kniegelenks-Teil-Endoprothese (zu der auch die hier implantiere Schlittenprothese gehört) sehen die VG, Teil B Nr. 18.12, einen Mindest-GdB von 10 vor. Bei dem Kläger ist die Versorgungsqualität aber auch hier - leicht - eingeschränkt. Die verbliebenen Beeinträchtigungen allein würden zwar nach den Vorgaben der VG, Teil B Nr. 18.14, keinen GdB von 20 bedingen. Aber sie sind doch nicht so geringfügig, dass von einer Erhöhung des Mindest-GdB für die Prothese abgesehen werden müsste. Zwar ist die Beweglichkeit nur geringfügig eingeschränkt. Die Beugung/Streckung war bei Dr. H. noch bis 140/0/0° möglich, bei der Rehabilitation in H. Ende 2016 wurden noch 125/0/0° festgestellt. Ein GdB käme aber erst bei einer Einschränkung der Beugung auf 90° in Betracht. Ferner sehen die VG einen GdB von 10 bei einer muskulär noch kompensierbaren Lockerung des Kniebandapparats vor. Insoweit ist bei dem Kläger nicht von vollständiger Stabilität auszugehen, auch wenn Dr. H. bei der Begutachtung keine gravierenden Instabilitäten feststellen konnte. Bereits in dem Rehabilitationsbericht der Klinik H. vom 18. November 2013 bestand am linken Knie ein deutliches vorderes Schubladenphänomen. Und letztlich liegen bei dem Kläger an diesem Knie erhebliche, nach seinen Schilderungen einschießende Schmerzen vor. Dr. H. hat insoweit ausgeführt, es liege eine Auftreibung der Gelenkkonturen mit einem deutlichen Reibegeräusch vor, was auf eine Schädigung der nicht ersetzten Teile des Kniegelenks hindeute. Auch wenn danach bei dem Kläger nicht von einem anhaltenden Reizzustand auszugehen ist, der nach den VG, Teil B Nr. 18.14, auch ohne Bewegungseinschränkung einen GdB von 0 bis 30 bedingt, so ist es doch gerechtfertigt, den Mindest-GdB auf 20 zu erhöhen.
Aus diesen beiden GdB-Werten ergibt sich in entsprechender Anwendung der Regelungen über die Bildung des Gesamt-GdB (VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe d) für die unteren Gliedmaßen ein GdB (Teil-GdB) von 40. Eine weitere Erhöhung, weil beide Hüftgelenke und damit paarige Gliedmaßen betroffen sind, scheidet aus. Dem früheren entsprechenden Vorschlag von Dr. B. in seinem Gutachten vom 7. Mai 2015 ist nicht zu folgen. Die VG bewerten in Teil B Nr. 18.12 eine beidseitige endoprothetische Versorgung bereits höher als eine einseitige. Damit ist die besondere Betroffenheit paariger Gliedmaßen abschließend erfasst.
An der rechten Schulter liegen keine Funktionseinbußen vor, die einen GdB von 10 oder 20 bedingen würden. Auch wenn der Kläger die Rupturen im Sehnenbereich der Rotatorenmanschette nicht hat operieren, sondern nur physiotherapeutisch hat behandeln lassen, liegt eine ausreichende Beweglichkeit vor. Der Senat stützt sich insoweit auf die Feststellungen der Orthopädischen Klinik M. in dem Bericht vom 15. August 2017. Danach war die Beweglichkeit der Arme in allen Ebenen sowohl aktiv als auch passiv frei. Hieran hat sich auch in der Zeit danach nichts geändert, wie sich aus den Feststellungen in dem Erörterungstermin am 20. Oktober 2017 ergibt. Ein GdB von 20 kommt aber z.B. erst bei einer Einschränkung der Armhebung auf 90° oder weniger in Betracht (VG, Teil B Nr. 18.13). Weitere nennenswerte Einschränkungen bestanden bei der Vorstellung in M. nicht, so gab es nur noch tagsüber - leichte - Schmerzbeschwerden.
Auch der Rumpf begründet keinen weiteren GdB. Aus dem Befundbericht von Dr. H. vom 4. September 2017 ergeben sich nur bildgebend festgestellte Veränderungen, aber keine funktionellen Einschränkungen. Auch insoweit kann auf den Entlassungsbericht der Klinik H. vom 9. Dezember 2016 zurückgegriffen werden. Dort waren an der Wirbelsäule keine Beeinträchtigungen festgestellt worden. Insbesondere waren die Dornfortsätze, die Beckenkonturen und das ISG als schmerzfrei (ohne auffälligen Druck-, Klopf- oder Kompressionsschmerz) beschrieben worden, die paravertebrale Muskulatur war nicht auffällig druckempfindlich oder verhärtet.
Weitere Behinderungen in anderen Funktionssystemen sind nicht vorgetragen oder erkennbar. Insbesondere hat auch der Hausarzt, Dr. P., in seiner Zeugenaussage vom 27. August bzw. 1. September 2016 vor dem SG allein die bekannten orthopädischen Beeinträchtigungen genannt. Den Blutdruck hat er mit 150/90 mmHg angegeben, woraus sich nach den VG, Teil B Nr. 9.3 kein GdB, jedenfalls kein GdB von mehr als 10, ergibt.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung eines Gesamt-GdB, wonach einzelne Teil-GdB nicht addiert werden dürfen und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 begründen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigungen führen, ist im Falle des Klägers ab Januar 2017 kein GdB von mehr als 40 festzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht verteidigen konnte, erscheint es angemessen, dem Beklagten nur eine geringe Kostenquote aufzuerlegen. Für eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenregelung bestand kein Anlass, weil der Beklagte das Urteil des SG vom 12. Mai 2017 nur eingeschränkt angefochten, das Urteil also weitgehend Bestand hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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