Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1493/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1109/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztengeld über den 30.09.2015 hinaus streitig.
Der am 1956 geborene Kläger erlitt am 23.10.1996 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Industriemeister bei der H. GmbH in S. einen Unfall, als er stolperte, auf den linken Arm und die linke Schulter fiel und sich dabei eine Schulterluxation links (nachfolgend ärztlich reponiert) mit Hill-Sachs- und Bankart-Läsion zuzog (vgl. Durchgangsarztbericht vom 23.10.1996, Bl. 124 VerwA; Arztbrief der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik D. vom 31.10.1996, Bl. 120 f. VerwA). Nach einer ersten Reluxation im Juni 2006 mit Reposition im Städtischen Krankenhaus H. (Notfallbericht vom 04.06.2006, Bl. 125 VerwA) kam es am 15.11.2014 zu einer weiteren Luxation mit ärztlicher Reposition. Die daraufhin am 19.11.2014 durchgeführte Mangnetresonanztomographie (MRT) zeigte u.a. eine Teilruptur des mittleren glenohumeralen Bandes, eine Ruptur des oberen glenohumeralen Bandes, eine Tendinopathie der Supraspinatussehne mit Teilruptur im Ansatz sowie eine Pulleyläsion (vgl. Befund vom 19.11.2014, Bl. 37 VerwA), worauf im Rahmen einer Schulterarthroskopie am 02.02.215 insbesondere das vordere und obere Labrum sowie die Supraspinatussehne rekonstruiert und die freien Gelenkkörper entfernt wurden (vgl. OP-Bericht vom 02.02.2015, Bl. 34 VerwA). Am 09.03.2015 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.
Nach Auffassung der Beklagte waren die Reluxationen sowie die erfolgte Operation ursächlich auf die traumatische Schulterluxation aus dem Jahr 1996 zurückzuführen (so auch die Beratungsärztin der Beklagten, Dr. K. , Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bl. 189 VerwA), weshalb sie zur Prüfung eines Rentenanspruchs einen Befundbericht des Dr. P. , Chefarzt im P. -Klinikum Bad K. , veranlasste, der den Kläger im September 2015 untersuchte (vgl. Bericht vom 30.09.2015, Bl. 254 ff. VerwA). Dabei ermittelte er bei den Funktionsprüfungen im Bereich der linken Schulter folgende Messwerte: Abduktion (= Arm seitwärts) 110 Grad, Anteversion (= Armvorhebung) 125 Grad, Außen-/Innenrotation (= auswärts-/einwärtsdrehen) bei anliegendem Oberarm 40/0/90, Außen-/Innenrotation bei in 90 Grad abgespreiztem Arm 70/0/70. In der sodann eingeholten weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme führte Dr. K. aus, dass sich die Schulter wieder als stabil erweise und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) angesichts der Schulterfunktion aktuell mit 10 vom Hundert (v.H.) zu bemessen sei, eine Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v.H. für acht Monate (bis zur Auftrainierung der Kraft) jedoch angemessen erscheine.
Mit Bescheid vom 17.12.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 09.03.2015 bis 30.09.2015 - insoweit betrage die MdE 20 v.H. - eine Rente in Höhe von insgesamt 4.402,37 EUR. Einen darüber hinaus gehenden Rentenanspruch lehnte sie ab, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers nachfolgend nicht mehr in einem rentenberechtigenden Grad gemindert sei. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die im September 2015 dokumentierte Funktionsbeeinträchtigung habe sich nachfolgend nicht gebessert. Auch nach ärztlicher Beurteilung sei davon auszugehen, dass die Funktionseinschränkung in gleichem Umfang fortbestehe. Die Beklagte veranlasste eine weitere Untersuchung durch Dr. P. , der den Kläger im Januar 2016 erneut untersuchte und folgende Funktionsparameter dokumentierte: Abduktion aktiv 100 Grad, passiv 120 Grad; Anteversion aktiv 100 Grad, passiv 130 Grad, Außen-/Innenrotation bei anliegendem Oberarm 70/0/80 (vgl. Bericht vom 27.01.2016, Bl. 311 ff. VerwA). Mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch mit der weiteren Begründung zurück, die funktionellen Beeinträchtigungen bedingten bereits seit dem Untersuchungszeitpunkt im September 2015 keine MdE um 20 v.H. Für die davor liegende Zeit sei die Rente unter der Annahme einer stärkeren Bewegungseinschränkung nach Beginn der Arbeitsfähigkeit bis zur Untersuchung gewährt worden.
Am 04.04.2016 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt, wonach sich die Bewegungseinschränkung, wie sie Dr. P. im September 2015 dokumentiert habe, nicht gebessert habe und von Anfang an gleichgeblieben sei.
Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H. auf Grund Untersuchung des Klägers im Juni 2016 sowie dessen ergänzende Stellungnahme eingeholt. Der Sachverständige hat für den Bereich der linken Schulter folgende Bewegungsmaße dokumentiert: Abduktion assistiv 105 Grad, aktiv 90 Grad (rechts 150 Grad); Anteversion assistiv 120 Grad, aktiv 110 Grad (rechts 170 Grad); Außenrotation bei anliegendem Oberarm passiv 25 Grad, aktiv 20 Grad, (rechts 50 Grad); Außen-/Innenrotation bei in 90 Grad abgespreiztem Arm 70/0/60 (rechts 90/0/100). Die MdE hat er mit 20 v.H. eingeschätzt und dies damit begründet, dass die MdE nach den aktuellen Begutachtungstabellen bei einer Schulterbeweglichkeit von 0/0/120 mit 15 v.H. bewertet werde und im Alltag für die Gebrauchsfähigkeit zusätzlich auch die Rotationsfähigkeit, insbesondere nach außen, und die Abspreizung des Armes relevant sei. Zudem sei bei einer arthrotischen Veränderung der Schmerz und die Kraftminderung zu berücksichtigen, weshalb eine MdE um 20 v.H. angemessen sei. Die Beklagte hat Einwendungen gegen diese Einschätzung erhoben und hierzu sowie zu der vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. H. die beratungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin für Chirurgie Dr. H. vorgelegt.
Mit Urteil vom 31.01.2017 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 17.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2016 verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. auch über den 30.09.2015 hinaus zu gewähren. Es hat sich dabei auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. gestützt und ausgeführt, dass zwar erst die Einschränkung der Armvorhebung auf 90 Grad mit einer MdE um 20 v.H. und eine Einschränkung bis 120 Grad mit einer MdE um 10 v. H. bemessen werde, beim Kläger jedoch zusätzlich eine Einschränkung bei der Abspreizung und Außenrotation zu berücksichtigen sei, die im Zusammenwirken mit der Armvorhaltung bei einer Vielzahl von im Arbeitsleben erforderlichen Bewegungsabläufen von Bedeutung sei, weshalb es gerechtfertigt sei, den Erfahrungswert um 5 v.H. auf 15 v.H. anzuheben. Zu dieser Bewegungseinschränkung komme eine Omarthose der linken Schulter hinzu, aus der eine erhebliche Schmerzsymptomatik und Kraftminderung resultiere, so dass sich eine MdE um 20 v.H. rechtfertige.
Gegen das ihr am 27.02.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.03.2017 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, Maßstab für die Bemessung der MdE sei der Ausfall von Körper- oder Gliedmaßenfunktionen, nicht aber anatomische Defekte oder sonstigen Schäden. Arthrotische Veränderungen könnten zwar Unfallfolgen sein, hingegen erhielten sie bei der Beurteilung der MdE erst Relevanz, wenn sie das betroffene Gelenk nachhaltig in seiner Funktion beeinflussten. Angesichts der von Dr. P. und dem Sachverständigen Dr. H. erhobenen Befunde könne der Unfallfolgezustand ausgehend von der als Hauptkriterium zu berücksichtigenden und mit einer MdE um 10 v.H. zu bewertenden Schultervorhebung unter zusätzlicher Berücksichtigung der Einschränkung für die Rotation (allenfalls) mit einer MdE um 15 v.H. bewertet werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht geltend, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb als Hauptkriterium die Anteversion heranzuziehen sein solle, obwohl sich die übrigen Einschränkungen bei seiner Tätigkeit ebenso nachteilig auswirkten. Die als Anlage vorgelegten Fotos, die seine Arbeitssituation darstellten, ließen erkennen, dass er nicht nur auf die Armvorhebung, sondern auch auf die Abduktion und die Außenrotation angewiesen sei. Entsprechend liege auch eine besondere berufliche Betroffenheit vor.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 17.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2016 insoweit, als die Beklagte es ablehnte dem Kläger auch über den 30.09.2015 hinaus Verletztenrente zu gewähren. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässigerweise mit der insoweit erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.
Das SG hätte die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide nicht verurteilen dürfen, dem Kläger über den 30.09.2015 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren. Denn insoweit erweisen sich diese Bescheide als rechtmäßig und verletzen den Kläger daher auch nicht in seinen Rechten. Die beim Kläger im Bereich der linken Schulter verbliebenen Unfallfolgen rechtfertigen jedenfalls ab 01.10.2015 nicht die Bemessung mit einer rentenberechtigenden MdE um 20 v.H., weshalb dem Kläger über den 30.09.2015 hinaus Verletztenrente auch nicht zusteht.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert - was beim Kläger nicht der Fall ist - und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII), wobei Folgen eines Versicherungsfalls nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Ausgehend hiervon ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die Folgen des Unfalls vom 23.10.1996 - diese führten rechtlich wesentlich zu den Reluxationen im Juni 2006 und November 2014 sowie der im Februar 2015 notwendig gewordenen Schulterrekonstruktion mit den verbliebenen funktionellen Einschränkungen - jedenfalls ab 01.10.2015 keine MdE in einem rentenberechtigenden Grade um 20 v.H. bedingten, so dass dem Kläger Verletztenrente ab diesem Zeitpunkt nicht (mehr) zustand. Soweit der Kläger im Widerspruchs- und Klageverfahren geltend gemacht hat, dass hinsichtlich der von Dr. P. anlässlich seiner Untersuchung am 30.09.2015 dokumentierten Befunde keine Besserung eingetreten sei, kommt es hierauf nicht an. Denn schon die von Dr. P. anlässlich dieser Untersuchung erhobenen Befunde rechtfertigten nicht die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H und im Hinblick auf den Zeitraum vom 09.03.2015 bis 30.09.2015, für den Verletztenrente bewilligt wurde, unterstellte die Beklagte lediglich, und zwar zu Gunsten des Klägers, dass die funktionellen Einschränkungen einen rentenberechtigten Grad erreichten. Hierauf hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 09.03.2016 auch ausdrücklich hingewiesen. Unter dem Gesichtspunkt eines gleichbleibenden Beschwerdebildes seit der Untersuchung durch Dr. P. im September 2015 lässt sich ein Rentenanspruch über den 30.09.2015 hinaus daher nicht begründen.
Als Folge der unfallbedingt am 02.02.2015 notwendig gewordenen operativen Schulterrekonstruktion links ist beim Kläger im linken Schultergelenk eine Bewegungseinschränkung für die Abduktion, Anteversion und Rotation verblieben. Dies ergibt sich aus den von Dr. P. anlässlich seiner Untersuchungen im September 2015 und Januar 2016 sowie den von dem Sachverständige Dr. H. nachfolgend im Juni 2016 dokumentierten Befunden. Dabei hat sich bei der zuletzt erfolgten Untersuchung im Vergleich zu den Voruntersuchungen eine gewisse Verschlechterung gezeigt.
Die dokumentierten Bewegungseinschränkungen rechtfertigen es nach den von der Rechtsprechung und den vom versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze nicht, die MdE mit 20 v.H. zu bemessen.
Nach dem vom Senat bei der Bemessung der MdE regelmäßig zu Grunde gelegten Werk von Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 560 wird eine Bewegungseinschränkung vorwärts/seitwärts bis 120 Grad (Rotation frei) mit einer MdE um 10 v.H. und eine Bewegungseinschränkung vorwärts/seitwärts bis 90 Grad (Rotation frei) mit einer MdE um 20 v.H. bewertet.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe hat keiner der mit den Unfallfolgen des Klägers befassten Ärzte eine Bewegungseinschränkung dokumentiert, die schon allein wegen der eingeschränkten Vor- bzw. Seithebung (bis 90 Grad) des linken Armes die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H. rechtfertigen würde. Denn Dr. P. hat insoweit Messwerte von 125 Grad und 110 Grad (September 2015) bzw. jeweils 100 Grad (im Januar 2016) dokumentiert und Dr. H. hat die Vorhebung mit 120 Grad und die Seithebung mit 105 Grad (jeweils assistiv) ermittelt. Soweit er die Seithebung aktiv mit lediglich 90 Grad und damit grenzwertig angegeben hat, ändert dies nichts, da es sich insoweit um einen im Wesentlichen von der Mitwirkung des Betroffenen abhängigen Messwert handelt und das "assistive" Bewegungsmaß, d.h. die mit verbaler Unterstützung und sanftem Druck durch einen Finger des Sachverständigen unter Berücksichtigung der Schmerzgrenzen durchgeführte Bewegung, auf eine eher bessere Beweglichkeit hinweist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 22.02.2018, L 10 U 193/15).
Ausgehend hiervon kann für die Einschränkung der Armvorhebung zunächst lediglich eine MdE um 10 v.H. in Ansatz gebracht werden. Für den Zeitpunkt September 2015 erscheint dies angesichts des von Dr. P. ermittelten Messwertes von 125 Grad zwar überhöht, da mit dieser Beweglichkeit eine MdE um 10 v.H. nicht erreicht wäre. Allerdings unterschied Dr. P. bei den im September 2015 dokumentierten Messwerten - anders als anlässlich seiner nachfolgenden Untersuchung im Januar 2016 - nicht zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit, so dass nicht auszuschließen ist, dass er insoweit passive Bewegungsmaße festhielt, die der Beurteilung nach Auffassung des Senats nicht maßgeblich zu Grunde gelegt werden können. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind die tatsächlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens maßgebend und im Erwerbsleben kann regelmäßig nur das aktive Leistungsvermögen umgesetzt werden (Senatsurteil vom 22.02.2018, a.a.O. mit weiteren Hinweisen). Der Senat geht zu Gunsten des Klägers daher davon aus, dass die Bewegungseinschränkung für die Armvorhebung auch schon im September 2015 eine MdE um 10 v.H. rechtfertigte. Auch das SG hat ausgehend von der eingeschränkten Armvorhebung zunächst eine MdE um 10 v.H. in Ansatz gebracht.
Angesichts der beim Kläger darüber hinaus auch eingeschränkten Rotationsfähigkeit hat das SG diesen Wert zu Recht erhöht. So gehen auch die oben dargelegten Erfahrungswerte ausdrücklich von einer uneingeschränkten Rotationsfähigkeit aus ("Rotation frei"), weshalb eine zusätzliche Einschränkung der Rotation, die weitergehende funktionelle Einschränkungen bedingt, zusätzlich zu berücksichtigen ist. Insoweit hat der Sachverständige Dr. H. überzeugend darauf hingewiesen, dass für die Gebrauchsfähigkeit des Armes zwar die Elevationsfähigkeit eine wichtige Bewegungsrichtung ist, diese jedoch essentiell durch eine Abspreizbewegung und die Rotationsfähigkeit ergänzt wird. So wird beim Heben und Greifen nach Gegenständen in höherer Etage regelmäßig eine Abspeizung und Außenrotation des Armes vorgenommen, so dass letztlich eine Bewegungskombination erfolgt, bei der sich die Armhebung nach vorne nur als Teilaspekt darstellt. Soweit Dr. H. daher ausgeführt hat, dass die Abspreizbewegung im Rahmen beruflicher Tätigkeiten kaum und Rotationsbewegungen noch weniger von Relevanz seien, überzeugt dies den Senat nicht. Entgegen der Auffassung der Dr. H. wird dies insbesondere auch nicht dadurch bestätigt, dass bei der Bemessung der MdE die Schultervorhebung nach Schönberger, Mehrtens, Valentin (a.a.O.) als Hauptkriterium heranzuziehen ist. Denn die Schultervorhebung wird damit zwar begrifflich als bedeutsames Kriterium angesehen, jedoch gleichwohl nicht als das allein maßgebliche Kriterium, zumal den oben dargelegten Erfahrungssätzen gerade zu Grunde liegt, dass eine freie Rotation vorliegt.
Soweit das SG, ausgehend von den dargelegten Erfahrungswerten (vorwärts/seitwärts bis 120 Grad, Rotation frei, MdE 10 v.H.), für die darüber hinaus von Dr. H. dokumentierte und in erster Linie relevante Einschränkung der Außenrotation bei anliegendem Oberarm um ca. die Hälfte eine moderate Erhöhung der MdE auf 15 v.H. vorgenommen hat, erscheint dies ohne weiteres nachvollziehbar und auch sachgerecht. Hiergegen hat die Beklagte im Berufungsverfahren im Grunde genommen auch keine Einwände mehr erhoben. Denn sie hat ausgehend von der "begleitend" zu wertenden Einschränkung der Rotation lediglich noch geltend gemacht, dass - entgegen der Ansicht des SG - wegen der unfallbedingten Omarthose der linken Schulter keine weitere Erhöhung der MdE vorzunehmen sei.
Der Senat teilt die insoweit vertretene Auffassung der Beklagten. Denn die arthrotischen Veränderungen im linken Schultergelenk schränken den Kläger über die o.g. Bewegungseinschränkungen hinaus in seinen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens nicht zusätzlich weiter ein. So hat der Sachverständige Dr. H. die beim Kläger vorliegende Bewegungseinschränkung ebenso wie die Kraftminderung im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich auf die bildgebend und auch klinisch zu objektivierende Arthrose im Schultergelenk zurückgeführt (vgl. Bl. 60 SG-Akte), so dass die Folgen der Omarthose bereits in den beschriebenen Bewegungseinschränkungen ihren Ausdruck finden. Hierin spiegelt sich zudem auch die Schmerzsituation wieder, da nach den Ausführungen des Sachverständigen (vgl. Bl. 60 SG-Akte) die endgradige Bewegung jeweils erheblich schmerzhaft gewesen sei. Dr. H. hat aus den genannten Gründen dann im Weiteren auch selbst bekräftigt, dass er eine MdE von 15 v.H. allein in Anbetracht des Bewegungsmaßes für gerechtfertigt halte. Er hat die funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers damit letztlich mit einer MdE um 15 v.H. bewertet. Angesichts dieser Ausführungen erschließt sich nicht, weshalb der Sachverständige in der Zusammenschau - so seine Ausführungen Bl. 64 SG-Akte - dann bei der MdE-Einschätzung von 20 v.H., wie in seinem Gutachten vorgenommen, verblieben ist. Schließlich hat er im Rahmen seines Gutachtens allein schon für die eingeschränkte Schultervorhebung (Schulterbeweglichkeit 0/0/120) eine MdE um 15 v.H. (statt 10 v.H., s.o.) in Ansatz gebracht und die Erhöhung auf eine MdE um 20 v.H. gerade mit der eingeschränkten Rotationsfähigkeit und Abspreizung, der Kraftminderung und des Schmerzes begründet. Damit hat er die genannten Gesichtspunkte jedoch auch in seinem Gutachten selbst nicht mit einem Erhöhungsanteil von 10 Prozentpunkten berücksichtigt, so dass sich ausgehend von einer MdE um 10 v.H. für die Einschränkung der Schultervorhebung mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. zwar eine MdE um 15 v.H., nicht jedoch eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. rechtfertigen lässt.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren dargelegt hat, dass er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit nicht hauptsächlich durch die Einschränkung bei der Armvorhebung beeinträchtigt sei, die eingeschränkte Abduktion und Rotation sich vielmehr gleichermaßen nachteilig auswirkten, ist darauf hinzuweisen, dass sich die MdE - wie bereits dargelegt - abstrakt nach dem Verlust an Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens richtet, so dass es im Einzelfall nicht darauf ankommt, ob und inwieweit der Versicherte durch die Unfallfolgen in der konkret ausgeübten Tätigkeit beeinträchtigt ist.
Nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII sind bei der Bemessung der MdE zwar Nachteile zu berücksichtigen, die der Verletzte dadurch erleidet, dass er bestimmte, von ihm erworbene berufliche Kenntnisse und Erfahrungen in Folge des Arbeitsunfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann, soweit sie nicht durch sonstige zumutbare Fähigkeiten ausgeglichen werden. Allerdings liegt beim Kläger eine solche besondere berufliche Betroffenheit nach Auffassung des Senats nicht vor.
Die ständige Rechtsprechung versteht die Regelung im Sinne einer Härteklausel in Fällen, wo die Versicherten ihre verbliebenen Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs verwerten können. Als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist, hat das BSG (Urteil vom 27.06.2000, B 2 U 14/99 R in SozR 3-2200 § 581 Nr. 7, auch zum gesamten Nachfolgenden) insbesondere das Alter des Verletzten, die Dauer der Ausbildung sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit und auch den Umstand, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete, angesehen. Aus diesen Merkmalen und den außerdem zu beachtenden sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalls kann sich eine höhere Bewertung der MdE nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII ergeben, wenn der Verletzte infolge eines Arbeitsunfalls einen Lebensberuf aufgeben muss und die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann. Bei der Prüfung, ob ein Fall unbilliger Härte gegeben ist, sind die einzelnen Umstände des jeweiligen Falles nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.
Hier übt der Kläger seine berufliche Tätigkeit als Industriemeister bei der H. GmbH weiterhin aus. Er ist weiterhin als Projektleiter tätig, wobei sich zuletzt lediglich das Anforderungsprofil insoweit änderte, als der Kläger - wie er gegenüber Dr. P. angab - vermehrt Innendiensttätigkeiten verrichtet. Ein unzumutbarer sozialer Abstieg ist mit dem Unfall damit nicht einhergegangen. Eine besondere berufliche Betroffenheit besteht daher nicht.
Nach alledem ist die Berufung der Beklagten erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztengeld über den 30.09.2015 hinaus streitig.
Der am 1956 geborene Kläger erlitt am 23.10.1996 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Industriemeister bei der H. GmbH in S. einen Unfall, als er stolperte, auf den linken Arm und die linke Schulter fiel und sich dabei eine Schulterluxation links (nachfolgend ärztlich reponiert) mit Hill-Sachs- und Bankart-Läsion zuzog (vgl. Durchgangsarztbericht vom 23.10.1996, Bl. 124 VerwA; Arztbrief der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik D. vom 31.10.1996, Bl. 120 f. VerwA). Nach einer ersten Reluxation im Juni 2006 mit Reposition im Städtischen Krankenhaus H. (Notfallbericht vom 04.06.2006, Bl. 125 VerwA) kam es am 15.11.2014 zu einer weiteren Luxation mit ärztlicher Reposition. Die daraufhin am 19.11.2014 durchgeführte Mangnetresonanztomographie (MRT) zeigte u.a. eine Teilruptur des mittleren glenohumeralen Bandes, eine Ruptur des oberen glenohumeralen Bandes, eine Tendinopathie der Supraspinatussehne mit Teilruptur im Ansatz sowie eine Pulleyläsion (vgl. Befund vom 19.11.2014, Bl. 37 VerwA), worauf im Rahmen einer Schulterarthroskopie am 02.02.215 insbesondere das vordere und obere Labrum sowie die Supraspinatussehne rekonstruiert und die freien Gelenkkörper entfernt wurden (vgl. OP-Bericht vom 02.02.2015, Bl. 34 VerwA). Am 09.03.2015 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.
Nach Auffassung der Beklagte waren die Reluxationen sowie die erfolgte Operation ursächlich auf die traumatische Schulterluxation aus dem Jahr 1996 zurückzuführen (so auch die Beratungsärztin der Beklagten, Dr. K. , Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bl. 189 VerwA), weshalb sie zur Prüfung eines Rentenanspruchs einen Befundbericht des Dr. P. , Chefarzt im P. -Klinikum Bad K. , veranlasste, der den Kläger im September 2015 untersuchte (vgl. Bericht vom 30.09.2015, Bl. 254 ff. VerwA). Dabei ermittelte er bei den Funktionsprüfungen im Bereich der linken Schulter folgende Messwerte: Abduktion (= Arm seitwärts) 110 Grad, Anteversion (= Armvorhebung) 125 Grad, Außen-/Innenrotation (= auswärts-/einwärtsdrehen) bei anliegendem Oberarm 40/0/90, Außen-/Innenrotation bei in 90 Grad abgespreiztem Arm 70/0/70. In der sodann eingeholten weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme führte Dr. K. aus, dass sich die Schulter wieder als stabil erweise und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) angesichts der Schulterfunktion aktuell mit 10 vom Hundert (v.H.) zu bemessen sei, eine Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v.H. für acht Monate (bis zur Auftrainierung der Kraft) jedoch angemessen erscheine.
Mit Bescheid vom 17.12.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 09.03.2015 bis 30.09.2015 - insoweit betrage die MdE 20 v.H. - eine Rente in Höhe von insgesamt 4.402,37 EUR. Einen darüber hinaus gehenden Rentenanspruch lehnte sie ab, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers nachfolgend nicht mehr in einem rentenberechtigenden Grad gemindert sei. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die im September 2015 dokumentierte Funktionsbeeinträchtigung habe sich nachfolgend nicht gebessert. Auch nach ärztlicher Beurteilung sei davon auszugehen, dass die Funktionseinschränkung in gleichem Umfang fortbestehe. Die Beklagte veranlasste eine weitere Untersuchung durch Dr. P. , der den Kläger im Januar 2016 erneut untersuchte und folgende Funktionsparameter dokumentierte: Abduktion aktiv 100 Grad, passiv 120 Grad; Anteversion aktiv 100 Grad, passiv 130 Grad, Außen-/Innenrotation bei anliegendem Oberarm 70/0/80 (vgl. Bericht vom 27.01.2016, Bl. 311 ff. VerwA). Mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch mit der weiteren Begründung zurück, die funktionellen Beeinträchtigungen bedingten bereits seit dem Untersuchungszeitpunkt im September 2015 keine MdE um 20 v.H. Für die davor liegende Zeit sei die Rente unter der Annahme einer stärkeren Bewegungseinschränkung nach Beginn der Arbeitsfähigkeit bis zur Untersuchung gewährt worden.
Am 04.04.2016 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt, wonach sich die Bewegungseinschränkung, wie sie Dr. P. im September 2015 dokumentiert habe, nicht gebessert habe und von Anfang an gleichgeblieben sei.
Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H. auf Grund Untersuchung des Klägers im Juni 2016 sowie dessen ergänzende Stellungnahme eingeholt. Der Sachverständige hat für den Bereich der linken Schulter folgende Bewegungsmaße dokumentiert: Abduktion assistiv 105 Grad, aktiv 90 Grad (rechts 150 Grad); Anteversion assistiv 120 Grad, aktiv 110 Grad (rechts 170 Grad); Außenrotation bei anliegendem Oberarm passiv 25 Grad, aktiv 20 Grad, (rechts 50 Grad); Außen-/Innenrotation bei in 90 Grad abgespreiztem Arm 70/0/60 (rechts 90/0/100). Die MdE hat er mit 20 v.H. eingeschätzt und dies damit begründet, dass die MdE nach den aktuellen Begutachtungstabellen bei einer Schulterbeweglichkeit von 0/0/120 mit 15 v.H. bewertet werde und im Alltag für die Gebrauchsfähigkeit zusätzlich auch die Rotationsfähigkeit, insbesondere nach außen, und die Abspreizung des Armes relevant sei. Zudem sei bei einer arthrotischen Veränderung der Schmerz und die Kraftminderung zu berücksichtigen, weshalb eine MdE um 20 v.H. angemessen sei. Die Beklagte hat Einwendungen gegen diese Einschätzung erhoben und hierzu sowie zu der vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. H. die beratungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin für Chirurgie Dr. H. vorgelegt.
Mit Urteil vom 31.01.2017 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 17.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2016 verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. auch über den 30.09.2015 hinaus zu gewähren. Es hat sich dabei auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. gestützt und ausgeführt, dass zwar erst die Einschränkung der Armvorhebung auf 90 Grad mit einer MdE um 20 v.H. und eine Einschränkung bis 120 Grad mit einer MdE um 10 v. H. bemessen werde, beim Kläger jedoch zusätzlich eine Einschränkung bei der Abspreizung und Außenrotation zu berücksichtigen sei, die im Zusammenwirken mit der Armvorhaltung bei einer Vielzahl von im Arbeitsleben erforderlichen Bewegungsabläufen von Bedeutung sei, weshalb es gerechtfertigt sei, den Erfahrungswert um 5 v.H. auf 15 v.H. anzuheben. Zu dieser Bewegungseinschränkung komme eine Omarthose der linken Schulter hinzu, aus der eine erhebliche Schmerzsymptomatik und Kraftminderung resultiere, so dass sich eine MdE um 20 v.H. rechtfertige.
Gegen das ihr am 27.02.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.03.2017 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, Maßstab für die Bemessung der MdE sei der Ausfall von Körper- oder Gliedmaßenfunktionen, nicht aber anatomische Defekte oder sonstigen Schäden. Arthrotische Veränderungen könnten zwar Unfallfolgen sein, hingegen erhielten sie bei der Beurteilung der MdE erst Relevanz, wenn sie das betroffene Gelenk nachhaltig in seiner Funktion beeinflussten. Angesichts der von Dr. P. und dem Sachverständigen Dr. H. erhobenen Befunde könne der Unfallfolgezustand ausgehend von der als Hauptkriterium zu berücksichtigenden und mit einer MdE um 10 v.H. zu bewertenden Schultervorhebung unter zusätzlicher Berücksichtigung der Einschränkung für die Rotation (allenfalls) mit einer MdE um 15 v.H. bewertet werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht geltend, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb als Hauptkriterium die Anteversion heranzuziehen sein solle, obwohl sich die übrigen Einschränkungen bei seiner Tätigkeit ebenso nachteilig auswirkten. Die als Anlage vorgelegten Fotos, die seine Arbeitssituation darstellten, ließen erkennen, dass er nicht nur auf die Armvorhebung, sondern auch auf die Abduktion und die Außenrotation angewiesen sei. Entsprechend liege auch eine besondere berufliche Betroffenheit vor.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 17.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2016 insoweit, als die Beklagte es ablehnte dem Kläger auch über den 30.09.2015 hinaus Verletztenrente zu gewähren. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässigerweise mit der insoweit erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.
Das SG hätte die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide nicht verurteilen dürfen, dem Kläger über den 30.09.2015 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren. Denn insoweit erweisen sich diese Bescheide als rechtmäßig und verletzen den Kläger daher auch nicht in seinen Rechten. Die beim Kläger im Bereich der linken Schulter verbliebenen Unfallfolgen rechtfertigen jedenfalls ab 01.10.2015 nicht die Bemessung mit einer rentenberechtigenden MdE um 20 v.H., weshalb dem Kläger über den 30.09.2015 hinaus Verletztenrente auch nicht zusteht.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert - was beim Kläger nicht der Fall ist - und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII), wobei Folgen eines Versicherungsfalls nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Ausgehend hiervon ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die Folgen des Unfalls vom 23.10.1996 - diese führten rechtlich wesentlich zu den Reluxationen im Juni 2006 und November 2014 sowie der im Februar 2015 notwendig gewordenen Schulterrekonstruktion mit den verbliebenen funktionellen Einschränkungen - jedenfalls ab 01.10.2015 keine MdE in einem rentenberechtigenden Grade um 20 v.H. bedingten, so dass dem Kläger Verletztenrente ab diesem Zeitpunkt nicht (mehr) zustand. Soweit der Kläger im Widerspruchs- und Klageverfahren geltend gemacht hat, dass hinsichtlich der von Dr. P. anlässlich seiner Untersuchung am 30.09.2015 dokumentierten Befunde keine Besserung eingetreten sei, kommt es hierauf nicht an. Denn schon die von Dr. P. anlässlich dieser Untersuchung erhobenen Befunde rechtfertigten nicht die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H und im Hinblick auf den Zeitraum vom 09.03.2015 bis 30.09.2015, für den Verletztenrente bewilligt wurde, unterstellte die Beklagte lediglich, und zwar zu Gunsten des Klägers, dass die funktionellen Einschränkungen einen rentenberechtigten Grad erreichten. Hierauf hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 09.03.2016 auch ausdrücklich hingewiesen. Unter dem Gesichtspunkt eines gleichbleibenden Beschwerdebildes seit der Untersuchung durch Dr. P. im September 2015 lässt sich ein Rentenanspruch über den 30.09.2015 hinaus daher nicht begründen.
Als Folge der unfallbedingt am 02.02.2015 notwendig gewordenen operativen Schulterrekonstruktion links ist beim Kläger im linken Schultergelenk eine Bewegungseinschränkung für die Abduktion, Anteversion und Rotation verblieben. Dies ergibt sich aus den von Dr. P. anlässlich seiner Untersuchungen im September 2015 und Januar 2016 sowie den von dem Sachverständige Dr. H. nachfolgend im Juni 2016 dokumentierten Befunden. Dabei hat sich bei der zuletzt erfolgten Untersuchung im Vergleich zu den Voruntersuchungen eine gewisse Verschlechterung gezeigt.
Die dokumentierten Bewegungseinschränkungen rechtfertigen es nach den von der Rechtsprechung und den vom versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze nicht, die MdE mit 20 v.H. zu bemessen.
Nach dem vom Senat bei der Bemessung der MdE regelmäßig zu Grunde gelegten Werk von Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 560 wird eine Bewegungseinschränkung vorwärts/seitwärts bis 120 Grad (Rotation frei) mit einer MdE um 10 v.H. und eine Bewegungseinschränkung vorwärts/seitwärts bis 90 Grad (Rotation frei) mit einer MdE um 20 v.H. bewertet.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe hat keiner der mit den Unfallfolgen des Klägers befassten Ärzte eine Bewegungseinschränkung dokumentiert, die schon allein wegen der eingeschränkten Vor- bzw. Seithebung (bis 90 Grad) des linken Armes die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H. rechtfertigen würde. Denn Dr. P. hat insoweit Messwerte von 125 Grad und 110 Grad (September 2015) bzw. jeweils 100 Grad (im Januar 2016) dokumentiert und Dr. H. hat die Vorhebung mit 120 Grad und die Seithebung mit 105 Grad (jeweils assistiv) ermittelt. Soweit er die Seithebung aktiv mit lediglich 90 Grad und damit grenzwertig angegeben hat, ändert dies nichts, da es sich insoweit um einen im Wesentlichen von der Mitwirkung des Betroffenen abhängigen Messwert handelt und das "assistive" Bewegungsmaß, d.h. die mit verbaler Unterstützung und sanftem Druck durch einen Finger des Sachverständigen unter Berücksichtigung der Schmerzgrenzen durchgeführte Bewegung, auf eine eher bessere Beweglichkeit hinweist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 22.02.2018, L 10 U 193/15).
Ausgehend hiervon kann für die Einschränkung der Armvorhebung zunächst lediglich eine MdE um 10 v.H. in Ansatz gebracht werden. Für den Zeitpunkt September 2015 erscheint dies angesichts des von Dr. P. ermittelten Messwertes von 125 Grad zwar überhöht, da mit dieser Beweglichkeit eine MdE um 10 v.H. nicht erreicht wäre. Allerdings unterschied Dr. P. bei den im September 2015 dokumentierten Messwerten - anders als anlässlich seiner nachfolgenden Untersuchung im Januar 2016 - nicht zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit, so dass nicht auszuschließen ist, dass er insoweit passive Bewegungsmaße festhielt, die der Beurteilung nach Auffassung des Senats nicht maßgeblich zu Grunde gelegt werden können. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind die tatsächlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens maßgebend und im Erwerbsleben kann regelmäßig nur das aktive Leistungsvermögen umgesetzt werden (Senatsurteil vom 22.02.2018, a.a.O. mit weiteren Hinweisen). Der Senat geht zu Gunsten des Klägers daher davon aus, dass die Bewegungseinschränkung für die Armvorhebung auch schon im September 2015 eine MdE um 10 v.H. rechtfertigte. Auch das SG hat ausgehend von der eingeschränkten Armvorhebung zunächst eine MdE um 10 v.H. in Ansatz gebracht.
Angesichts der beim Kläger darüber hinaus auch eingeschränkten Rotationsfähigkeit hat das SG diesen Wert zu Recht erhöht. So gehen auch die oben dargelegten Erfahrungswerte ausdrücklich von einer uneingeschränkten Rotationsfähigkeit aus ("Rotation frei"), weshalb eine zusätzliche Einschränkung der Rotation, die weitergehende funktionelle Einschränkungen bedingt, zusätzlich zu berücksichtigen ist. Insoweit hat der Sachverständige Dr. H. überzeugend darauf hingewiesen, dass für die Gebrauchsfähigkeit des Armes zwar die Elevationsfähigkeit eine wichtige Bewegungsrichtung ist, diese jedoch essentiell durch eine Abspreizbewegung und die Rotationsfähigkeit ergänzt wird. So wird beim Heben und Greifen nach Gegenständen in höherer Etage regelmäßig eine Abspeizung und Außenrotation des Armes vorgenommen, so dass letztlich eine Bewegungskombination erfolgt, bei der sich die Armhebung nach vorne nur als Teilaspekt darstellt. Soweit Dr. H. daher ausgeführt hat, dass die Abspreizbewegung im Rahmen beruflicher Tätigkeiten kaum und Rotationsbewegungen noch weniger von Relevanz seien, überzeugt dies den Senat nicht. Entgegen der Auffassung der Dr. H. wird dies insbesondere auch nicht dadurch bestätigt, dass bei der Bemessung der MdE die Schultervorhebung nach Schönberger, Mehrtens, Valentin (a.a.O.) als Hauptkriterium heranzuziehen ist. Denn die Schultervorhebung wird damit zwar begrifflich als bedeutsames Kriterium angesehen, jedoch gleichwohl nicht als das allein maßgebliche Kriterium, zumal den oben dargelegten Erfahrungssätzen gerade zu Grunde liegt, dass eine freie Rotation vorliegt.
Soweit das SG, ausgehend von den dargelegten Erfahrungswerten (vorwärts/seitwärts bis 120 Grad, Rotation frei, MdE 10 v.H.), für die darüber hinaus von Dr. H. dokumentierte und in erster Linie relevante Einschränkung der Außenrotation bei anliegendem Oberarm um ca. die Hälfte eine moderate Erhöhung der MdE auf 15 v.H. vorgenommen hat, erscheint dies ohne weiteres nachvollziehbar und auch sachgerecht. Hiergegen hat die Beklagte im Berufungsverfahren im Grunde genommen auch keine Einwände mehr erhoben. Denn sie hat ausgehend von der "begleitend" zu wertenden Einschränkung der Rotation lediglich noch geltend gemacht, dass - entgegen der Ansicht des SG - wegen der unfallbedingten Omarthose der linken Schulter keine weitere Erhöhung der MdE vorzunehmen sei.
Der Senat teilt die insoweit vertretene Auffassung der Beklagten. Denn die arthrotischen Veränderungen im linken Schultergelenk schränken den Kläger über die o.g. Bewegungseinschränkungen hinaus in seinen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens nicht zusätzlich weiter ein. So hat der Sachverständige Dr. H. die beim Kläger vorliegende Bewegungseinschränkung ebenso wie die Kraftminderung im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich auf die bildgebend und auch klinisch zu objektivierende Arthrose im Schultergelenk zurückgeführt (vgl. Bl. 60 SG-Akte), so dass die Folgen der Omarthose bereits in den beschriebenen Bewegungseinschränkungen ihren Ausdruck finden. Hierin spiegelt sich zudem auch die Schmerzsituation wieder, da nach den Ausführungen des Sachverständigen (vgl. Bl. 60 SG-Akte) die endgradige Bewegung jeweils erheblich schmerzhaft gewesen sei. Dr. H. hat aus den genannten Gründen dann im Weiteren auch selbst bekräftigt, dass er eine MdE von 15 v.H. allein in Anbetracht des Bewegungsmaßes für gerechtfertigt halte. Er hat die funktionellen Beeinträchtigungen des Klägers damit letztlich mit einer MdE um 15 v.H. bewertet. Angesichts dieser Ausführungen erschließt sich nicht, weshalb der Sachverständige in der Zusammenschau - so seine Ausführungen Bl. 64 SG-Akte - dann bei der MdE-Einschätzung von 20 v.H., wie in seinem Gutachten vorgenommen, verblieben ist. Schließlich hat er im Rahmen seines Gutachtens allein schon für die eingeschränkte Schultervorhebung (Schulterbeweglichkeit 0/0/120) eine MdE um 15 v.H. (statt 10 v.H., s.o.) in Ansatz gebracht und die Erhöhung auf eine MdE um 20 v.H. gerade mit der eingeschränkten Rotationsfähigkeit und Abspreizung, der Kraftminderung und des Schmerzes begründet. Damit hat er die genannten Gesichtspunkte jedoch auch in seinem Gutachten selbst nicht mit einem Erhöhungsanteil von 10 Prozentpunkten berücksichtigt, so dass sich ausgehend von einer MdE um 10 v.H. für die Einschränkung der Schultervorhebung mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. zwar eine MdE um 15 v.H., nicht jedoch eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. rechtfertigen lässt.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren dargelegt hat, dass er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit nicht hauptsächlich durch die Einschränkung bei der Armvorhebung beeinträchtigt sei, die eingeschränkte Abduktion und Rotation sich vielmehr gleichermaßen nachteilig auswirkten, ist darauf hinzuweisen, dass sich die MdE - wie bereits dargelegt - abstrakt nach dem Verlust an Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens richtet, so dass es im Einzelfall nicht darauf ankommt, ob und inwieweit der Versicherte durch die Unfallfolgen in der konkret ausgeübten Tätigkeit beeinträchtigt ist.
Nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII sind bei der Bemessung der MdE zwar Nachteile zu berücksichtigen, die der Verletzte dadurch erleidet, dass er bestimmte, von ihm erworbene berufliche Kenntnisse und Erfahrungen in Folge des Arbeitsunfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann, soweit sie nicht durch sonstige zumutbare Fähigkeiten ausgeglichen werden. Allerdings liegt beim Kläger eine solche besondere berufliche Betroffenheit nach Auffassung des Senats nicht vor.
Die ständige Rechtsprechung versteht die Regelung im Sinne einer Härteklausel in Fällen, wo die Versicherten ihre verbliebenen Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs verwerten können. Als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist, hat das BSG (Urteil vom 27.06.2000, B 2 U 14/99 R in SozR 3-2200 § 581 Nr. 7, auch zum gesamten Nachfolgenden) insbesondere das Alter des Verletzten, die Dauer der Ausbildung sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit und auch den Umstand, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete, angesehen. Aus diesen Merkmalen und den außerdem zu beachtenden sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalls kann sich eine höhere Bewertung der MdE nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII ergeben, wenn der Verletzte infolge eines Arbeitsunfalls einen Lebensberuf aufgeben muss und die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann. Bei der Prüfung, ob ein Fall unbilliger Härte gegeben ist, sind die einzelnen Umstände des jeweiligen Falles nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.
Hier übt der Kläger seine berufliche Tätigkeit als Industriemeister bei der H. GmbH weiterhin aus. Er ist weiterhin als Projektleiter tätig, wobei sich zuletzt lediglich das Anforderungsprofil insoweit änderte, als der Kläger - wie er gegenüber Dr. P. angab - vermehrt Innendiensttätigkeiten verrichtet. Ein unzumutbarer sozialer Abstieg ist mit dem Unfall damit nicht einhergegangen. Eine besondere berufliche Betroffenheit besteht daher nicht.
Nach alledem ist die Berufung der Beklagten erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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